De verborum obligationibus libri
Ex libro II
Gaj. lib. II. de verb. obligat. Wenn ein Sclave oder ein Haussohn so stipulirt hat: Diese oder jene Sache, welche von beiden mir belieben wird, so darf weder der Vater noch der Herr, sondern nur der Sohn oder der Sclave über eine von beiden bestimmen. 1Auch wenn die Person eines Fremden in die Stipulation aufgenommen worden ist, z. B. auf diese Weise: Welche von ihnen Titius auswählen wird, so hat der Stipulator nicht eher ein Recht, eine von beiden zu fodern, als bis Titius die Wahl getroffen hat. 2Ein Unmündiger kann, sobald die Fähigkeit zu sprechen bei ihm eingetreten ist, stipuliren: ist er jedoch in väterlicher Gewalt, so wird er auch nicht einmal unter Ermächtigung seines Vaters verpflichtet: ein Mündiger aber, welcher sich in fremder Gewalt befindet, pflegt ebenso wie ein Hausvater verpflichtet zu werden. Was wir aber von einem unmündigen Sohne sagen, muss auch bei einer unmündigen Haustochter angenommen werden. 3Wenn ich so stipulirt habe: Mir oder dem Titius, und du gelobst, dass du mir geben wolltest, so hast du nach Aller Meinung auf die Frage geantwortet, weil erhellt, dass mir allein die Verbindlichkeit erworben werden sollte; dem Titius aber wird nur rechtsbeständig die Zahlung geleistet. 4Wenn zwischen Denen, welche zu Rom sich befinden, eine solche Stipulation eingegangen worden wäre: Gelobst du heute es zu Carthago zu geben? so glauben Einige, man könne nicht in allen Fällen annehmen, die Stipulation enthalte etwas Unmögliches. Denn es könnte sein, dass sowohl der Stipulator als der Versprechende ein Jeder einige Zeit vorher ihren Verwaltern bekannt gemacht hätten, an diesem Tage werde eine Stipulation eingegangen werden und Befehl gegeben, und zwar der Versprechende seinem Verwalter, zu geben, und der Stipulator dem seinigen, zu empfangen. Sollte das Geschäft auf diese Weise zu Stande gekommen sein, so wird die Stipulation gültig sein. 5Wenn ich mir oder dem Titius stipulire, so wird behauptet, dass nicht eine Sache auf meine Person und eine andere auf die des Titius gestellt werden könne. Z. B. auf mich zehn[tausend Sestertien] und auf den Titius ein Sclave. Ist aber dem Titius diejenige Sache gewährt worden, welche auf ihn gestellt worden war, so könnte der Versprechende, wenn er gleich dadurch nicht dem Rechte selbst zufolge befreit wird, dennoch mit einer Einrede geschützt werden. 6Verschiedene Termine aber können gestellt werden, z. B. mir an den Kalenden des Januar oder dem Titius an den Kalenden des Februar? ja selbst ein zeitigerer Termin kann an die Person des Titius geknüpft werden; z. B. mir an den Kalenden des Februar, dem Titius an den Kalenden des Januar? Denn in diesem Falle versteht man darunter eine auf diese Weise eingegangene Stipulation: Wenn du es dem Titius an den Kalenden des Januar nicht gegeben haben solltest, gelobst du mir alsdann an den Kalenden des Februar zu geben? 7Wiederum kann ich mir aber unbedingt oder dem Titius unter einer Bedingung stipuliren; allein umgekehrt, wenn ich mir unter einer Bedingung, dem Titius aber unbedingt stipulirt habe, wird die ganze Stipulation ungültig sein, insofern nicht die Bedingung in meiner Person zur Existenz kommt, indem, wenn die Verbindlichkeit nicht in meiner Person ihre Kraft erhält, auch der Zusatz nicht gelten kann11Sententia autem est manifesti juris, ubi a me non coeperit obligatio ibi adjenctionem non valere; quia ubi non sit, quod debeatur, ne illud quidem esse possit, quod solvatur vel mihi vel alii. Donell.. Dies kann jedoch nur dann angenommen werden, wenn aufs klärlichste erhellt, dass die Person des Titius unbedingt hinzugefügt worden, indem sonst, wenn ich mir so stipulirt hätte: Gelobst du mir oder dem Titius zu geben, wenn das Schiff aus Afrika ankommen wird? anzunehmen ist, dass die Person des Titius auch unter derselben Bedingung hinzugefügt worden. 8Hieraus erhellt, dass, wenn eine andere Bedingung an meine Person und eine andere an die Person des Titius geknüpft worden, und die Bedingung in meiner Person nicht zur Existenz gekommen, die ganze Stipulation ohne Wirkung ist; tritt aber die Bedingung in meiner Person ein, so kann, wenn sie auch bei dem Titius eintritt, dem Titius Zahlung geleistet werden: wohingegen, wenn sie in der Person des Titius nicht eintritt, er gleichsam für nicht hinzugefügt angesehen wird. 9Aus diesen allen ergiebt sich, dass, wenngleich die Person eines Andern nicht rechtbeständig hinzugefügt worden, nichtsdestoweniger in unserer Person die Stipulation rechtsgültig besteht22Briss. Procedere etiam est: valere, proficere..
Gajus lib. II. de verbor. obligat. Wenn Das, was ich und Titius uns stipuliren, als eine Eigenthümlichkeit einzelner Personen zu betrachten ist, so können wir nicht als zwei Stipulationsberechtigte bestellt werden, z. B. wenn wir uns einen Niessbrauch oder Etwas als Heirathsgut stipuliren, was auch Julianus annimmt. Ebenderselbe sagt: wenn sowohl Titius als Sejus sich zehn oder den Stichus, welcher dem Titius gehört, stipuliren, so können sie nicht als zwei Stipulationsberechtigte angesehen werden, weil dem Titius nur zehn, dem Sejus aber Stichus oder zehn gebühren; welche Meinung darauf hinauskommt, dass, wenn der Verpflichtete auch entweder diesem oder jenem zehn gäbe, oder dem Sejus den Stichus, er nichtsdestoweniger dem Andern verpflichtet bliebe. Man muss jedoch dafür entscheiden, dass, wenn er dem Einen zehn bezahlt, er von dem Anderen befreit wird.
Gaj. lib. II. de verb. obligat. Es ist etwas Anderes, wenn dem Titius nach dem Rechte der Stipulation gezahlt werden kann, als wenn das nachher in Folge meiner Erlaubniss geschieht. Denn Demjenigen, welchem nach dem Recht der Stipulation richtig gezahlt wird, kann auch, wenn ich es verbiete, richtig gezahlt werden; wenn ich aber sonst erlaubt haben werde, dass Jemandem gezahlt werden könne, so wird demselben nicht richtig gezahlt, wenn ich eher, als gezahlt wurde, dem Schuldner angezeigt habe, dass er ihm nicht zahlen sollte.