De verborum obligationibus libri
Ex libro I
Gaj. lib. I. de Verb. Oblig. Oft auch werden Gelder dazu verliehen, dass sie zum Schein an Statt der Auszahlung vorkommen sollen.
Gaj. lib. I. de verb. obligat. Wenn ich mir vom Schuldner Etwas unter einer Bedingung stipulirt haben werde, so werde ich den Bürgen sowohl auf diese, als auf eine andere Bedingung verbindlich machen können, wenn ich sie nur verbinde; er wird nemlich, wenn nicht beide eingetreten sein werden, nicht gehalten sein, während der Schuldner in Folge des Eintritts einer einzigen Bedingung gehalten ist. Wenn ich sie aber nicht verbinde, so wird die Lage des Bürgen härter, und er deshalb nicht verbindlich werden, da er ja, möge die gemeinschaftliche Bedingung Beider, oder die eine von beiden eingetreten sein, verpflichtet zu werden scheint, während der Schuldner nicht anders gehalten ist, als wenn die gemeinschaftliche Bedingung eingetreten ist; es wird also der Bürge entweder auf keine Weise gehalten sein, oder, wofür mehr spricht, er wird gehalten sein, wenn die gemeinschaftliche Bedingung zuerst eingetreten ist. 1Auch wenn [der Schuldner und der Bürge] unter verschiedenen Bedingungen gefragt worden sind, kommt es darauf an, welche von beiden zuerst eingetreten ist; wenn die dem Schuldner auferlegte, so wird auch der Bürge gehalten sein, wenn seine Bedingung eingetreten sein wird, gleich als wenn gleich vom Anfang der Schuldner unbedingt [verpflichtet,] der Bürge unter einer Bedingung angenommen worden wäre. Umgekehrt aber ist der Bürge nicht gehalten, wenn die Bedingung desselben zuerst eingetreten ist, gleich als wenn er gleich vom Anfang unbedingt angenommen, während der Schuldner unter einer Bedingung verpflichtet worden wäre. 2Man hat gefragt: Wenn der Schuldner [zur Leistung] eines Grundstücks verbindlich wäre, und der Bürge [für die Leistung] des Niessbrauchs [an demselben] angenommen werde, ob der Bürge dann verbindlich gemacht werde, gleichsam zu weniger, oder ob er nicht verbindlich gemacht werde, gleich als ob zu etwas Anderem? Uns scheint der Zweifel darauf zu beruhen, ob der Niessbrauch ein Theil der Sache, oder etwas Besonderes sei? Aber da der Niessbrauch ein Recht des Grundstücks ist, so würde es unrecht sein, wenn der Bürge aus seinem Versprechen nicht gehalten wäre. 3Von einem Sclaven, kann ein Bürge angenommen werden, sodass sogar der Herr selbst von ihm einen Bürgen für Das, was ihm [dem Herrn] geschuldet wird, richtig annimmt; und es steht nichts im Wege, dass dieser Bürge auch von jenem Sclaven selbst gefragt werde. 4Wenn du von einem Rasenden Etwas stipulirt haben wirst, so ist es gewiss, dass du keinen Bürgen annehmen kannst, weil nicht blos die vorgenommene Stipulation selbst nichtig ist, sondern man annimmt, dass nicht einmal irgend ein Geschäft geführt sei. Wenn ich aber für einen nach dem Recht verbindlichen Rasenden einen Bürgen angenommen haben werde, so ist der Bürge gehalten. 5Das, was man gewöhnlich gesagt hat, dass ein Bürge wegen Uebelthaten nicht angenommen werden könne, darf nicht so verstanden werden, dass Der, gegen welchen ein Diebstahl begangen worden ist, keinen Bürgen für die Strafe des Diebstahls annehmen könne, — denn ein wichtiger Grund macht es räthlich, dass wegen Uebelthaten Strafen erlegt werden, — sondern vielmehr so, dass Niemand mit einem Anderen, mit welchem er einen Diebstahl begangen hat, für den Theil, welchen er von dem Diebstahl sich ausgeantwortet verlangt, einen Bürgen verbindlich machen könne, und dass Der, welcher auf die Auffoderung eines Anderen zur Begehung eines Diebstahls geschritten ist, nicht wegen der Strafe des Diebstahls von Dem, welcher ihn aufgefodert hat, einen Bürgen annehmen könne. Denn, dass in diesen Fällen der Bürge verbindlich werde, das verhindert der Grund, weil nemlich der Bürge zu keinem Rechtsverhältniss zugezogen wird, da eine zu einem schändlichen Grund eingegangene Gesellschaft keine Wirkung hat.
Übersetzung nicht erfasst.
Ex libro II
Gaj. lib. II. de verb. obligat. Wenn ein Sclave oder ein Haussohn so stipulirt hat: Diese oder jene Sache, welche von beiden mir belieben wird, so darf weder der Vater noch der Herr, sondern nur der Sohn oder der Sclave über eine von beiden bestimmen. 1Auch wenn die Person eines Fremden in die Stipulation aufgenommen worden ist, z. B. auf diese Weise: Welche von ihnen Titius auswählen wird, so hat der Stipulator nicht eher ein Recht, eine von beiden zu fodern, als bis Titius die Wahl getroffen hat. 2Ein Unmündiger kann, sobald die Fähigkeit zu sprechen bei ihm eingetreten ist, stipuliren: ist er jedoch in väterlicher Gewalt, so wird er auch nicht einmal unter Ermächtigung seines Vaters verpflichtet: ein Mündiger aber, welcher sich in fremder Gewalt befindet, pflegt ebenso wie ein Hausvater verpflichtet zu werden. Was wir aber von einem unmündigen Sohne sagen, muss auch bei einer unmündigen Haustochter angenommen werden. 3Wenn ich so stipulirt habe: Mir oder dem Titius, und du gelobst, dass du mir geben wolltest, so hast du nach Aller Meinung auf die Frage geantwortet, weil erhellt, dass mir allein die Verbindlichkeit erworben werden sollte; dem Titius aber wird nur rechtsbeständig die Zahlung geleistet. 4Wenn zwischen Denen, welche zu Rom sich befinden, eine solche Stipulation eingegangen worden wäre: Gelobst du heute es zu Carthago zu geben? so glauben Einige, man könne nicht in allen Fällen annehmen, die Stipulation enthalte etwas Unmögliches. Denn es könnte sein, dass sowohl der Stipulator als der Versprechende ein Jeder einige Zeit vorher ihren Verwaltern bekannt gemacht hätten, an diesem Tage werde eine Stipulation eingegangen werden und Befehl gegeben, und zwar der Versprechende seinem Verwalter, zu geben, und der Stipulator dem seinigen, zu empfangen. Sollte das Geschäft auf diese Weise zu Stande gekommen sein, so wird die Stipulation gültig sein. 5Wenn ich mir oder dem Titius stipulire, so wird behauptet, dass nicht eine Sache auf meine Person und eine andere auf die des Titius gestellt werden könne. Z. B. auf mich zehn[tausend Sestertien] und auf den Titius ein Sclave. Ist aber dem Titius diejenige Sache gewährt worden, welche auf ihn gestellt worden war, so könnte der Versprechende, wenn er gleich dadurch nicht dem Rechte selbst zufolge befreit wird, dennoch mit einer Einrede geschützt werden. 6Verschiedene Termine aber können gestellt werden, z. B. mir an den Kalenden des Januar oder dem Titius an den Kalenden des Februar? ja selbst ein zeitigerer Termin kann an die Person des Titius geknüpft werden; z. B. mir an den Kalenden des Februar, dem Titius an den Kalenden des Januar? Denn in diesem Falle versteht man darunter eine auf diese Weise eingegangene Stipulation: Wenn du es dem Titius an den Kalenden des Januar nicht gegeben haben solltest, gelobst du mir alsdann an den Kalenden des Februar zu geben? 7Wiederum kann ich mir aber unbedingt oder dem Titius unter einer Bedingung stipuliren; allein umgekehrt, wenn ich mir unter einer Bedingung, dem Titius aber unbedingt stipulirt habe, wird die ganze Stipulation ungültig sein, insofern nicht die Bedingung in meiner Person zur Existenz kommt, indem, wenn die Verbindlichkeit nicht in meiner Person ihre Kraft erhält, auch der Zusatz nicht gelten kann11Sententia autem est manifesti juris, ubi a me non coeperit obligatio ibi adjenctionem non valere; quia ubi non sit, quod debeatur, ne illud quidem esse possit, quod solvatur vel mihi vel alii. Donell.. Dies kann jedoch nur dann angenommen werden, wenn aufs klärlichste erhellt, dass die Person des Titius unbedingt hinzugefügt worden, indem sonst, wenn ich mir so stipulirt hätte: Gelobst du mir oder dem Titius zu geben, wenn das Schiff aus Afrika ankommen wird? anzunehmen ist, dass die Person des Titius auch unter derselben Bedingung hinzugefügt worden. 8Hieraus erhellt, dass, wenn eine andere Bedingung an meine Person und eine andere an die Person des Titius geknüpft worden, und die Bedingung in meiner Person nicht zur Existenz gekommen, die ganze Stipulation ohne Wirkung ist; tritt aber die Bedingung in meiner Person ein, so kann, wenn sie auch bei dem Titius eintritt, dem Titius Zahlung geleistet werden: wohingegen, wenn sie in der Person des Titius nicht eintritt, er gleichsam für nicht hinzugefügt angesehen wird. 9Aus diesen allen ergiebt sich, dass, wenngleich die Person eines Andern nicht rechtbeständig hinzugefügt worden, nichtsdestoweniger in unserer Person die Stipulation rechtsgültig besteht22Briss. Procedere etiam est: valere, proficere..
Gajus lib. II. de verbor. obligat. Wenn Das, was ich und Titius uns stipuliren, als eine Eigenthümlichkeit einzelner Personen zu betrachten ist, so können wir nicht als zwei Stipulationsberechtigte bestellt werden, z. B. wenn wir uns einen Niessbrauch oder Etwas als Heirathsgut stipuliren, was auch Julianus annimmt. Ebenderselbe sagt: wenn sowohl Titius als Sejus sich zehn oder den Stichus, welcher dem Titius gehört, stipuliren, so können sie nicht als zwei Stipulationsberechtigte angesehen werden, weil dem Titius nur zehn, dem Sejus aber Stichus oder zehn gebühren; welche Meinung darauf hinauskommt, dass, wenn der Verpflichtete auch entweder diesem oder jenem zehn gäbe, oder dem Sejus den Stichus, er nichtsdestoweniger dem Andern verpflichtet bliebe. Man muss jedoch dafür entscheiden, dass, wenn er dem Einen zehn bezahlt, er von dem Anderen befreit wird.
Gaj. lib. II. de verb. obligat. Es ist etwas Anderes, wenn dem Titius nach dem Rechte der Stipulation gezahlt werden kann, als wenn das nachher in Folge meiner Erlaubniss geschieht. Denn Demjenigen, welchem nach dem Recht der Stipulation richtig gezahlt wird, kann auch, wenn ich es verbiete, richtig gezahlt werden; wenn ich aber sonst erlaubt haben werde, dass Jemandem gezahlt werden könne, so wird demselben nicht richtig gezahlt, wenn ich eher, als gezahlt wurde, dem Schuldner angezeigt habe, dass er ihm nicht zahlen sollte.
Ex libro III
Ad Dig. 3,5,38ROHGE, Bd. 4 (1872), S. 217: Liberation eines Schuldners ohne dessen Wissen durch Zahlung bez. Angabe an Zahlungsstatt, Novation eines Dritten.Gaj. lib. III. de Verb. oblig. Jeder befreit dadurch, dass er für einen Andern, obgleich wider dessen Willen und Wissen, eine Verbindlichkeit erfüllt, denselben; was aber Einem geschuldet wird, kann ein Anderer ohne dessen Willen nicht mit Recht einklagen. Denn ein naturrechtlicher sowohl als ein bürgerrechtlicher Grund hat dazu gerathen, dass wir ein fremdes Verhältniss zwar besser, auch wider Wissen und Willen des Andern, machen können, schlechter [aber] nicht.
Idem lib. III. de verb. obligat. Wenn von zwei Stipulationsberechtigten der Eine einmal geklagt hat, ist es ohne Wirkung, wenn der Versprecher dem Andern die Zahlung anbietet.
Gaj. lib. III. de verbor. obligat. Wenn ein Sclave aus dem Vermögen des Herrn dem Herrn oder Niessbraucher [alternativ] stipulirt hat, so wird zwar, wie Julianus schreibt, dem Herrn die Verbindlichkeit erworben, Zahlung aber kann dem Niessbraucher, wie Jedem, welcher der Zahlung halber beigefügt worden ist, geleistet werden. 1Wenn ein gemeinschaftlicher Sclave aus dem Vermögen des einen [Herrn] Etwas stipulirt, so hat man sich mehr dafür entschieden, dass es beiden erworben werde; derjenige aber, aus dessen Vermögen die Stipulation eingegangen ist, kann mit Recht gegen den Gesellschafter mittels der Gemeingutstheilungsklage oder mit der Gesellschaftsklage auf Ausantwortung seines Antheils klagen, und ebenso muss entschieden werden, wenn der Sclave aus seinen Diensten einem der Herren Etwas erwirbt. 2Haben die Herren einzeln selbst stipulirt, dass dieselben zehn dem gemeinschaftlichen Sclaven gegeben werden sollen, und es ist darauf nur eine Antwort erfolgt, so werden es zwei Stipulationsberechtigte sein, indem man angenommen hat, der Herr könne die Entrichtung an den Sclaven stipuliren. 3Sowie ein Sclave, welcher einem der Herren namentlich stipulirt, diesem allein erwirbt, ebenso erwirbt er auch, wie man allgemein angenommen hat, wenn er eine Sache auf den Namen eines des Herren kauft, sie diesem allein; desgleichen kann er, wenn er Geld ausleiht, damit einem der Herren Zahlung geleistet werde, oder wenn er irgend ein Geschäft vornimmt, namentlich ausdrücken, dass an einem der Herren Rückgabe oder Zahlung erfolge. 4Man hat die Frage aufgeworfen, ob ein Erbschaftssclave dem künftigen Erben stipuliren könne? Proculus hat es verneint, weil der Erbe zu der Zeit noch ein Fremder sei. Cassius antwortete, dass er es allerdings könne, weil Derjenige, der hernach Erbe werde, so angesehen werden müsse, als wenn er vom Ableben des Verstorbenen an sein Nachfolger gewesen wäre, welche Ansicht noch durch den Rechtsgrund unterstützt wird, dass die ganze Familie des Erben von dem Tode des Erblassers an als in Trauer33Sie konnte nemlich neun Tage von der Zeit des Ablebens des Erblassers an nicht vor Gericht citirt werden. Glosse. versetzt gedacht wird, wenngleich der Erbe auch erst später eingetreten ist. Es ist daher klar, dass dem Erben durch die Stipulation des Sclaven erworben wird.
Gaj. lib. III. de verb. obligat. Wenn einem unter der Bedingung, wenn ein Schiff aus Asien angelangt sei, verbindlichen Bürgen, welchen ich unter der Bestimmung angenommen habe, dass er nur auf seine Lebenszeit verbindlich sein sollte, seine Verbindlichkeit, während die Bedingung schwebt, durch Acceptilation erlassen, und dieser Bürge, während die Bedingung noch schwebt, gestorben sein sollte, so kann ich die Schuld sogleich vom Schuldner fordern, weil der Eintritt der Bedingung weder eine Forderung gegen die Person des schon Verstorbenen bewirken, noch die Acceptilation bestätigen kann.
Gaj. lib. III. de verb. obligat. Man darf nicht zweifeln, dass ein Sohn oder Sclave, welchem die Verwaltung des Sonderguts gestattet worden ist, auch das Recht habe, Sondergutsschulden zu noviren; jeden Falls, wenn sie selbst stipuliren, vorzüglich, wenn sie auf diese Weise ihre Lage auch verbessern; denn wenn sie einem Andern heissen, dass er stipuliren solle, so kommt es darauf an, ob sie es in der Absicht, zu schenken, dem Andern heissen, oder [in der Absicht,] damit er für den Sohn oder Sclaven selbst ein Geschäft führe; und in diesem [letztern] Falle wird auch die Auftragsklage für das Sondergut erworben. 1Es ist durchaus nicht zu bezweifeln, dass der agnatische Curator eines Wahnsinnigen oder Verschwenders das Recht, zu noviren, habe, wenn dies für den Wahnsinnigen oder Verschwender von Nutzen ist. 2Im Allgemeinen ist zu erinnern, dass Nichts verhindere, durch eine einzige Stipulation mehrere Verbindlichkeiten zu noviren, z. B. wenn man so stipulirt: Gelobst du Das zu geben, was Titius und Sejus mir geben muss? Denn wenngleich Jeder aus einem anderen Grund verbindlich war, so werden doch Beide kraft der Novation befreit, da die Verbindlichkeit beider in der Person eines Einzigen, von welchem wir jetzt stipuliren, zusammentrifft.
Gaj. lib. III. de verb. obligat. Ein Sclave kann auch nicht auf Befehl44Denn das Edict quod jussu bezieht sich zwar auf alle Contracte (L. 10. ex D. de fidejuss. 46. 1.), nicht aber auf Befreiungen. S. Schulting l. l. p. 136. seines Herrn durch Acceptilation erlassen.