De formula hypothecaria liber singularis
Gaj. lib. sing. de formul. hyp. Eine Hypothek wird durch ein vertragsmässiges Uebereinkommen contrahirt, wenn sich nämlich Jemand anheischig macht, dass ihm gehörige Gegenstände wegen einer Verbindlichkeit als Hypothek verpfändet sein sollen; und es trägt zur Sache nichts aus, mit welchen Worten es geschieht, sowie bei den Verbindlichkeiten, die durch gegenseitige Einwilligung contrahirt werden. Darum wird ein Gegenstand auch dann verpflichtet, wenn man, ohne es schriftlich abzufassen, über die Bestellung der Hypothek an demselben übereingekommen ist und es beweisen kann; denn man nimmt die [Bestellung der Hypotheken blos] darum schriftlich auf, um damit dasjenige, worüber verhandelt worden ist, um so leichter beweisen zu können, und es gilt auch ohnedies dasjenige, was verhandelt worden ist, sobald es erwiesen werden kann, sowie auch die Ehe gültig ist, obwohl keine schriftlichen Gezeugnisse aufgenommen worden sind.
Gaj. lib. sing. de form. hyp. Ad Dig. 20,1,15 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 230, Note 10.Zur Hypothek kann auch dasjenige bestellt werden, was noch nicht vorhanden ist, aber entstehen wird, so dass also hängende Früchte, Kinder von Sclavinnen, Jungen vom Vieh, und Alles, was noch geboren werden wird, als Hypothek verpflichtet werden kann; dies gilt, gleichviel ob der Eigenthümer eines Landgutes über dessen Niessbrauch, oder dasjenige, was noch geboren werden wird, ein Uebereinkommen trifft, oder der Niessbraucher, wie Julianus schreibt. 1Wenn gesagt worden ist, der Gläubiger müsse den Beweis führen, dass die [betreffende] Sache zur Zeit des Uebereinkommens zu dem Vermögen des Schuldners gehörig gewesen sei, so betrifft dies dasjenige Uebereinkommen, was im Besondern geschehen ist, nicht dasjenige, was alltäglich den Sicherheitsbestellungen einverleibt zu werden pflegt, nämlich, dass, während an einigen Sachen ausdrücklich Hypothek bestellt worden, auch das übrige gesammte Vermögen des Schuldners verpflichtet sein solle, gegenwärtiges und zukünftiges, und als wären mithin alle diese Sachen besonders verpfändet worden. 2Wer ihm gehörige Sachen bereits verpfändet hat, und dieselben einem andern zweiten Gläubiger verpfänden will, bevorwortet gewöhnlich, um der Gefahr [der Strafe] zu entgehen, welche diejenigen betrifft, die dieselben Sachen mehrmals verpfänden, dass die Sache z. B. keinen Andern als dem Lucius Titius verpfändet sei, so dass also die Sache insoweit verpflichtet wird, als sie die erste Verbindlichkeit [an Werth] übersteigt, und mithin dasjenige an die Stelle des Unterpfandes oder der Hypothek tritt, was sie mehr werth ist, oder auch ganz und gar, wenn sie von der ersten Schuld befreiet worden ist. Nur würde sich hier noch fragen, ob sich dies so verhalte, wenn es so ausgemacht worden, oder auch wenn man blos dahin übereingekommen, dass an dem Ueberrest Hypothek bestehen solle; allein es wird die ganze Sache für in die Uebereinkunft begriffen erachtet, sobald sie vom ersten Gläubiger befreiet worden ist. Also nicht etwa ein Theil derselben? Nein; es ist, wie wir vorher gesagt haben.
Gaj. lib. sing. de form hyp. Wenn Jemand für eine Frau, die sich verbürgt hat, oder für einen Familiensohn, dem dem Senatsbeschluss zuwider Geld vorgeschossen worden, Hypothek bestellt hat, so ist die Frage, ob diesem zu helfen sei? In Bezug auf den, der für eine Frau eine ihm gehörige Sache verpfändet hat, ist die Frage leichter zu entscheiden; denn man kommt ihm ebenso zur Hülfe, wie dem für die Frau eingetretenen Bürgen dieselbe Einrede ertheilt wird. Doch wird auch in Betreff dessen, der eine ihm gehörige Sache für einen Familiensohn verpfändet hat, dasselbe als gültig behauptet werden können, was in Ansehung seines Bürgen Statt findet.
Gaj. lib. sing. de form. hyp. Wer zuerst ein Darlehn vorgestreckt und Hypothek erhalten hat, ist bevorzugt im Pfandrecht, wenn auch [von Seiten des Schuldners] mit einem Andern schon früher dahin ein Uebereinkommen getroffen worden war, dass, wenn er Geld von ihm empfangen haben würde, ihm eine bestimmte Sache verpfändet sein solle, und er von ihm späterhin dergleichen erhalten hat. Denn es hing, ungeachtet des frühern Uebereinkommens, nicht vom Schuldner ab, das Geld in Empfang zu nehmen. 1Ad Dig. 20,4,11,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 91, Note 1.Ist dasselbe auch dann Rechtens, wenn bei Eingehung einer bedingten Stipulation eine Hypothek bestellt worden ist, während deren Obschwebens ein Anderer ein Darlehn unbedingt vorgestreckt und dieselbe Hypothek erhalten hat, und darauf die Bedingung eintritt, so dass der spätere Gläubiger vorgeht? Hier dürfte sich die Sache anders verhalten; denn wenn eine Bedingung einmal eingetreten ist, so wird die Sache so betrachtet, wie wenn zu der Zeit, wo die Stipulation eingegangen worden ist, dieselbe unbedingt geschlossen worden wäre; dies ist auch besser. 2Ad Dig. 20,4,11,2ROHGE, Bd. 6 (1872), S. 281: Pfandrecht des Vermiethers an den eingebrachten zum Verkaufe bestimmten Waaren des Miethers. Zeitweise und dauernde Bestimmung der Verwendung.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 242, Note 9; Bd. I, § 239, Note 2.Wenn ein Pächter sich dazu verstanden hat, dass dasjenige, was in das [erpachtete] Landgut geführt und geschafft, sowie was daselbst jung werde, an Unterpfands Statt sein solle, er aber, bevor er Etwas hineingeführt, einem Andern daran Hypothek eingeräuunt, und darauf dasselbe erst in das Landgut hineingeführt hat, so wird derjenige bevorzugt sein, dem unbedingt ein besonderes Pfandrecht eingeräumt worden ist, weil [der fragliche Gegenstand] dem erstern nicht in Folge der Uebereinkunft verbindlich wird, sondern durch die Einführung desselben [in das Landgut], was später geschehen ist. 3Ad Dig. 20,4,11,3Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 230, Note 10.Wenn man übereingekommen ist, dass eine erst entstehende Sache an Unterpfands Stelle sein solle, z. B. die Leibesfrucht einer Sclavin, so kommt es darauf an, ob die letztere zur Zeit der Uebereinkunft zum Vermögen des Schuldners gehörig gewesen ist; ebenso kommt es in Ansehung von Früchten, wenn das Uebereinkommen getroffen worden ist, dass sie an Unterpfands Stelle sein sollen, darauf an, ob das Landgut, [worauf sie gewonnen worden,] oder das Recht des Niessbrauchs zur Zeit der Uebereinkunft dem Schuldner gehört habe. 4Wenn der hintere Gläubiger sich zur Zahlung dessen an seinen Vordermann bereit erklärt, was dieser zu fordern hat, so fragt es sich, ob ihm, wenn der erstere Gläubiger die Annahme des Geldes verweigert, die hypothecarische Klage zustehe? Ich behaupte, dass dieselbe dem ersten Gläubiger nicht mehr zustehe, weil es an ihm liegt, das Geld anzunehmen [, mithin also dem zweiten zukommen müsse].
Gaj. lib. sing. ad form. hyp. Wenn der Gläubiger in den Verkauf gewilligt hat, so erlischt die Hypothek; der Einwilligung eines Unmündigen wird jedoch in diesen Fällen nur dann Statt gegeben, wenn er dieselbe in Gegenwart seines Vormundes, oder dieser sie an seiner Statt selbst ertheilt hat, vorausgesetzt, dass der Richter daraus für ihn einen Vortheil oder Befriedigung wahrgenommen hat. 1Wird, wenn der Geschäftsbesorger für eines Andern gesammtes Vermögen, oder ein Verwaltersclav, dem auch [gültiger Weise] Zahlung geleistet werden kann, und der dazu bestellt ist, die Einwilligung ertheilt hat, dieselbe [für den Gläubiger] von Verbindlichkeit sein? Nein, nur wenn ein ausdrücklicher Auftrag dazu erfolgt ist. 2Wenn aber mit dem Geschäftsbesorger des Schuldners das Uebereinkommen getroffen worden ist, dass ein Gegenstand ferner nicht verpfändet sein solle, so wird dies dem Schuldner selbst [, nöthigen Falls] vermöge der Einrede der Arglist, von Nutzen sein. Wenn aber das Uebereinkommen mit dessen Sclaven getroffen worden ist, so muss dasselbe durch die Einrede des vertragsmässigen Uebereinkommens selbst Statt finden. 3Wenn man sich dahin geeinigt, dass die Hälfte [des Pfandes] als ungetheilt veräussert werden solle, so kann man, wenn der verkaufte Gegenstand eine bestimmte Sache war, behaupten, dass sodann nur in Betreff der andern Hälfte Klage erhoben werden könne, ohne dass eine Einrede entgegensteht. 4Das ist aber zu bemerken, dass, wenn Jemand die Hälfte an einer [ihm mit einem Andern] gemeinschaftlich gehörigen Sache zum Unterpfande bestellt hat, und Theilung zwischen ihm und seinem Mitgenossen erfolgt ist, nicht gerade die Hälfte, welche dem zugefallen, der das Pfand bestellt hat, dem Gläubiger verpflichtet ist, sondern es bleibt die Hälfte an beiden Antheilen ungetheilt verpflichtet.
Gaj. lib. sing. de formul. hypothec. Bei einer als Hypothek verbindlichen Sache macht es nichts aus, mit welchen Worten [die Verbindlichkeit] begründet wird11In unserem Text ist die Lesart der Florent. Hdsch. fit in sit verwandelt, in L. 4. D. de pignor. 20. 1. aber fit beibehalten. Zu einer Aenderung jener Lesart ist wohl kein hinreichender Grund vorhanden., sowie dies auch bei den Verbindlichkeiten der Fall ist, welche durch Einwilligung contrahirt werden; und darum wird auch, wenn man ohne eine Urkunde übereingekommen ist, dass eine Sache [Gegenstand] einer Hypothek sein solle, und man [dies] wird beweisen können, die Sache, über welche man übereingekommen ist, [als Hypothek] verbindlich sein. Man setzt aber darum Urkunden über solche [Geschäfte] auf, damit das, was verhandelt worden ist, durch sie desto leichter bewiesen werden könne; es gilt aber auch ohne dieselben das, was verhandelt worden ist, wenn es bewiesen werden kann, sowie auch die Ehe besteht, wenn gleich die Erklärung [der Einwilligung] nicht schriftlich geschehen ist.