Ad edictum provinciale libri
Ex libro VIII
Gaj. lib. VIII. ad Ed. prov. Die Abstufungen der Verwandschaft finden theils in aufsteigender, theils in absteigender, theils in ungerader, oder Seitenlinie Statt. In aufsteigender Abstufung stehen die Eltern, in absteigender die Kinder; in ungerader, oder von der Seite die Brüder und Schwestern und deren Kinder. 1Die aufsteigende und absteigende Verwandschaft hebt mit der ersten Abstufung an; in ungerader oder Seitenverwandschaft findet aber keine erste Abstufung Statt, und sie fängt daher bei der zweiten an. Daher können in der ersten Abstufung der Verwandschaft Verwandten der aufsteigenden und absteigenden Linie zusammentreffen; von der Seitenlinie kann aber in dieser Abstufung niemals Jemand zusammentreffen, allein in der zweiten und dritten Abstufung und den fernern können Personen aus der Seitenlinie auch mit Verwandten der aufsteigenden Linie zusammentreffen. 2Wir müssen aber bemerken, dass, wenn es sich um eine Erbschaft oder den Nachlassbesitz handelt, nicht immer die Verwandten derselben Abstufung zusammentreffen. 3In der ersten aufsteigenden Abstufung stehen der Vater und die Mutter, in absteigender Sohn und Tochter. 4In zweiter aufsteigender Abstufung stehen Grossvater und Grossmutter, in der absteigenden Enkel und Enkelin, von der Seite Bruder und Schwester. 5In der dritten aufsteigenden Abstufung stehen Grossgrossvater und Grossgrossmutter, in der absteigenden Grossenkel und Grossenkelin, von der Seite des Bruders und der Schwester Sohn und Tochter, und folglich des Vaters Bruder und Schwester und der Mutter Bruder und Schwester. 6In vierter aufsteigender Abstufung stehen Urgrossvater und Urgrossmutter, in absteigender Grossgrossenkel und Grossgrossenkelin, von der Seite des Bruders und der Schwester Enkel und Enkelin, und folglich Grossvatersbruder und Grossvatersschwester, d. h. der Bruder und die Schwester des Grossvaters, Grossmutterbruder und Grossmutterschwester, d. h. der Bruder und die Schwester der Grossmutter, ingleichen die Brüdersöhne und Brüdertöchter, d. h. diejenigen beiderlei Geschlechts, welche von zwei Brüdern erzeugt worden sind, ferner die Schwestersöhne und Schwestertöchter, d. h. diejenigen beiderlei Geschlechts, die von zwei Schwestern geboren worden, gleichsam Verschwisterte, endlich die Geschwisterkinder beiderlei Geschlechts, d. h. die von einem Bruder und einer Schwester abstammen; alle diese nennt man im gemeinen Leben gewöhnlich Geschwisterkinder (consobrinos). 7In fünfter aufsteigender Linie stehen Aeltervater und Aeltermutter, in absteigender Urenkel und Urenkelin, von der Seite Grossenkel und Grossenkelin des Bruders und der Schwester, und folglich Grossgrossvatersbruder und Grossgrossvatersschwester, d. h. Bruder und Schwester des Grossgrossvaters, Grossgrossmutterbruder und Grossgrossmutterschwester, d. h. Bruder und Schwester der Grossgrossmutter, ferner Sohn und Tochter des Vatersbruderssohnes und der Vatersbruderstochter, ingleichen Sohn und Tochter von Schwesterkindern beiderlei Geschlechts und Geschwisterkindern beiderlei Geschlechts, endlich die Grosselterngeschwisterkinder beiderlei Geschlechts, d. h. Sohn und Tochter des Grossvatersbruders und der Grossvatersschwester, und des Grossmutterbruders und der Grossmutterschwester,
Gaj. lib. VIII. ad Ed. prov. In sechster aufsteigender Abstufung stehen Ureltervater und Ureltermutter, in absteigender Urgrossenkel uund Urgrossenkelin, von der Seite des Bruders und der Schwester Grossgrossenkel und Grossgrossenkelin, folglich auch Urgrossvatersbruder und Urgrossvatersschwester, d. h. Bruder und Schwester des Urgrossvaters; Urgrossmutterbruder und Urgrossmutterschwester, d. h. Bruder und Schwester der Urgrossmutter, ingleichen Enkel und Enkelin des Grossvatersbruders und der Grossvatersschwester, sowie die des Grossmutterbruders und der Grossmutterschwester; ferner Enkel und Enkelin des Vatersbruderssohnes und der Vatersbruderstochter, der Muttergeschwisterkinder beiderlei Geschlechts, der Vatersschwesterkinder beiderlei Geschlechts, Sohn und Tochter des Grossgrossvatersbruders und der Grossgrossvatersschwester, und des Grossgrossmutterbruders und der Grossgrossmutterschwester; endlich die Enkel11Qui undoque propagantur; über diese Stelle hat Hotomann, Obs. I. 12. (s. auch Gothofred. zu dies. Stelle) Erklärungen und Verbesserungen versucht; ich habe mich bei der Uebersetzung lediglich an die rechtliche Stufenfolge gehalten. der Vatersbrudersöhne, der Muttergeschwisterkinder und der Vatersschwesterkinder. 1Wie viele Personen im siebenten Grade stehen können, leuchtet aus dem, was wir bisher gesagt haben, zur Genüge ein. 2Wir müssen jedoch bemerken, dass die Personen der Eltern und Kinder allemal doppelt zu verstehen sind; denn unter Grossvater und Grossmutter versteht man sowohl die väterlichen als die mütterlichen, sowie unter Enkeln und Enkelinnen sowohl die vom Sohne als der Tochter; diese Regel werden wir bei allen fernern aufsteigenden und absteigenden Abstufungen befolgen.
Gaj. lib. VIII. ad Ed. prov. Auf den Todesfall erwerben wir, wenn uns wegen Jemandes Tod Gelegenheit zu Theil wird, eine Erwerbung zu machen: mit Ausnahme jener Erwerbungsarten, welche eine eigene Benennung führen; denn sicherlich erlangt auch Derjenige, welcher durch das Erbschafts-, oder Vermächtniss- oder Fideicommissrecht erwirbt, durch den Tod eines Andern Gelegenheit zum Erwerben: aber weil diese Erwerbsarten einen eigenen Namen führen, sind sie darum von jener Begriffsbestimmung ausgeschlossen. 1Julianus hält dafür, wenn auch der Schuldner, welchem eine Forderung erlassen worden, zahlungsunfähig sei, so wäre solches dennoch zu betrachten, als sei ihm eine Schenkung auf den Todesfall gemacht worden. 2Ohne Schenkung aber wird auf den Todesfall erworben, z. B. das Geld, welches ein Bedingtfreier, oder ein Vermächtnissinhaber Jemandem zur Erfüllung einer Bedingung zahlt, es mag der Empfänger ein Fremder, oder der Erbe sein. In dieselbe Classe gehört das Geld, welches Jemand zu dem Ende empfängt, um eine Erbschaft anzutreten, oder nicht anzutreten; dann wer Geld zu dem Ende erhält, um ein Vermächtniss auszuschlagen. Aber auch die Mitgift, welche sich Jemand auf den Todesfall der Frau vom Ehemann stipulirt, wird auf den Todesfall erworben: dergleichen Art Heirathsgüter werden dem Rückfall unterliegende genannt. Hinwiederum wird Dasjenige, was auf den Todesfall geschenkt wird, entweder in Todesgefahr gegeben, oder in Betracht der Sterblichkeit, weil wir einsehen, dass wir ein Mal sterben werden. 3Wenn Du Deinen Schuldner geheissen hast, [zum Behufe einer Schenkung] auf den Todesfall mir oder meinem Gläubiger zehen [tausend Sestertien] zu versprechen, so fragt es sich, was Rechtens sei, wenn jener Schuldner nicht zahlungsfähig ist? Julianus behauptet: Wenn ich stipulirt habe, so scheine ich so viel Geld [auf den Todesfall] erworben zu haben, als wofür der Schuldner zahlungsfähig gewesen: denn [sagt er] wenn auch der Schenker wieder genesen wäre, so hätte er doch nur die Forderung an seinen Schuldner zurückerhalten dürfen. Wenn aber mein Gläubiger stipulirt hat, so scheine ich so viel Geld erhalten zu haben, als sich meine Verbindlichkeit gegen meinen Gläubiger verringert hat. 4Auch ein armer Schuldner, welcher durch Annahme an Zahlungsstatt von seiner Verbindlichkeit befreit worden ist, wird angesehen, als habe er jene ganze Geldsumme, von deren Zahlung er entledigt worden, auf den Todesfall erworben.
Gaj. lib. VIII. ad Ed. prov. Einige Stipulationen sind bestimmt, andere unbestimmt. Bestimmt ist, wo aus der Rede selbst erhellt, was, von welcher Art und wie viel es ist, wie z. B. zehn Goldstiicke, das tusculanische Landgut, der Sclave Stichus, hundert Maass des besten africanischen Getreides, hundert Krüge des besten Campaner Weins.
Gaj. lib. VIII. ad Ed. prov. Nach dem Briefe des höchstseligen Hadrianus wird die Verbindlichkeit unter den Bürgen nicht von Rechtswegen getheilt; und wenn daher einer von ihnen, ehe der auf ihn fallende Theil von ihm eingeklagt worden ist, ohne Erben gestorben, oder in Armuth gerathen sein wird, so gehört der Theil desselben zu der Last der übrigen.
Übersetzung nicht erfasst.