Ad edictum provinciale libri
Ex libro VII
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Bei den drei Klagen, wegen Erbtheilung, Theilung etwas Gemeinschaftlichen und der Grenzberichtigung, entsteht die Frage, wer als Kläger anzusehen sei, weil das Interesse Aller als gleich erscheint. Man hat aber den Grundsatz angenommen, dass der als Kläger zu betrachten sei, wer auf Einleitung des Verfahrens angetragen habe;
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Hat der Besitzer, nachdem er sich auf eine Klage eingelassen, einen Sclaven ersessen, so muss er ihn [dennoch] herausgeben, und deshalb für Arglist bürgen; denn es ist Gefahr vorhanden, dass er ihn verpfändet oder freigelassen hat.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Ueberdies muss der Besitzer auch das herausgeben, was er durch den [Sclaven] nach der Einlassung auf die Klage, und zwar nicht aus seinem eigenen Vermögen, erworben hat. Hierin sind auch Erbschaften und Vermächtnisse, die ihm durch den Sclaven zugefallen sind, begriffen; denn es ist nicht genug, ihn selbst auszuliefern, sondern es muss auch aller Zubehör herausgegeben werden, d. h. der Kläger muss alles erhalten, was er gehabt haben würde, wenn ihm der Sclav zu der Zeit ausgeliefert worden wäre, wo sich der Andere auf die Klage einliess. Daher müssen Kinder von Sclavinnen herausgegeben werden, wenn sie auch erst, nachdem der Besitzer ihre Mutter nach der Einlassung auf die Klage ersessen hat, geboren werden; in welchem Fall auch wegen der Kinder ebenso wie wegen der Mutter Uebergabe und Sicherheitsstellung gegen Arglist nöthig ist.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Derjenige, welcher beschlossen hat, eine Sache zu fordern, muss darauf Acht haben, ob er nicht den Besitz durch ein Interdict erlangen kann, weil es weit bequemer ist, selbst zu besitzen und den Gegner zu der Beschwerlichkeit, des Klägers Rolle zu übernehmen11D. h. die Beweislast., zu nöthigen, als, während ein Anderer besitzt, selbst Klage anzustellen.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Hast du ihn etwa Maler oder Bücherabschreiber werden lassen, so kann die richterliche Amtspflicht nur dann zur Schätzung schreiten,
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. oder wenn dem Kläger vorher Anzeige geschehen ist, dass er die Kosten bezahlen möge und er geleugnet hat [, dass der Sclav ihm gehöre, und dann nachher] die Einrede der Arglist vorgeschützt worden ist.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wer eine dingliche Klage erhebt, muss, um nicht vergeblich sich zu bemühen, sich davon unterrichten, ob derjenige, den er belangen will, Besitzer sei, oder arglistig sich des Besitzes entledigt habe. 1Wer mit einer dinglichen Klage belangt wird, wird auch wegen Verschuldung verurtheilt. Verschuldung trifft [z. B.] den Besitzer, der einen Sclaven durch unsichere Gegenden geschickt hat, wenn derselbe umgekommen, oder wer einen von ihm gefordert werdenden Sclaven auf dem Kampfplatz gelassen, wenn derselbe getödtet worden ist; oder auch wer einen von ihm gefordert werdenden Flüchtling nicht bewacht hat, wenn derselbe entflohen ist, oder wer ein von ihm gefordert werdendes Schiff zu ungünstiger Jahreszeit absegeln lässt, wenn es durch Schiffbruch untergeht.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. weil gar nicht angenommen wird, als habe der Gläubiger ein Pfand verkauft.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Dasselbe, was von der Rückforderung ganzer Sachen gesagt worden ist, ist auch von Theilen zu verstehen, und es ist Gegenstand der Amtspflicht des Richters, anzubefehlen, dass auch dasjenige nach Maassgabe des Antheils herausgegeben werde, was zugleich mit dem Theile selbst herausgegeben werden muss. 1Die Rückforderung eines unbestimmten Theiles wird dann gestattet, wenn ein rechtmässiger Grund dazu vorhanden ist. Ein rechtmässiger Grund kann [z. B.] dann vorhanden sein, wenn etwa das Falcidische Gesetz auf ein Testament Anwendung leidet, wegen des unbestimmten Abzugs von den Vermächtnissen, [ein Umstand] worüber der Richter kaum eine Prüfung anstellt; denn der Vermächtnissinhaber, dem [z. B.] ein Sclav vermacht ist, hat eine[n] rechtmässige[n Grund zur Entschuldigung seiner] Unwissenheit, den wievielsten Theil er verlangen soll. Daher wird eine solche Klage ertheilt werden; dasselbe verstehen wir auch von andern Sachen.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Ueber die Zahlung der Preises ist aber nichts ausgedrückt, daher man hieraus die Muthmassung schöpfen kann, dass auch der Prätor nicht der Meinung gewesen sei, als ob auf die Zahlung des Preises etwas ankomme.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wenn wir in Folge rechtmässiger Gründe der Erwerbung erhaltene Sachen verloren haben, so wird zu deren Verfolgung diese Klage gegeben. 1Zuweilen steht Jemandem auch aus rechtmässigem Besitz die Publiciane [doch] nicht zu; denn pfand- und bittweiser Besitz ist zwar rechtmässig, aber aus demselben pflegt diese Klage nicht Statt zu finden, und zwar aus dem Grunde, weil weder der Gläubiger, noch der, welcher um den Besitz gebeten, denselben in der Absicht erhält, dass er sich für den Eigenthümer halten kann. 2Ad Dig. 6,2,13,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 199, Note 6.Wer von einem Minderjährigen gekauft hat, muss den Beweis führen, dass er mit Ermächtigung des Vormundes, und ohne Widerspruch eines Gesetzes gekauft habe. Aber auch wenn er betrogen, unter Ermächtigung eines falschen Vormundes, gekauft hat, wird angenommen, als habe er im guten Glauben gekauft.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Der Niessbrauch kann auf mehrfache Weise bestellt werden, wie z. B. durch Vermächtniss. Es kann aber auch die Eigenheit mit Entziehung des Niessbrauchs vermacht werden, so dass der letztere dem Erben verbleibt. 1Der Niessbrauch kann ferner sowohl in Folge der Erbtheilungs- als der Gemeingutstheilungsklage bestellt werden, wenn der Richter dem Einen die Eigenheit, dem Andern den Niessbrauch zugesprochen hat. 2Man kann aber denselben nicht blos durch sich selbst erwerben, sondern auch durch diejenigen Personen, welche unserm Rechte unterworfen sind. 3Es verbietet nichts, wenn mein Sclav als Erbe eingesetzt worden, die Eigenheit mit Entziehung des Niessbrauchs zu vermachen.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. weil der, welcher den Preis geniesst, nicht weniger zu haben angesehen werden kann, als wer den Niessbrauch der Hauptsache selbst hat.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Sowie die Unterhaltskosten für einen Sclaven, dessen Niessbrauch Jemandem zusteht, treffen denselben ganz natürlich auch die Krankheitskosten.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wenn deinem Sclaven Stichus und dem meinigen, dem Pamphilus, der Niessbrauch vermacht worden ist, so ist ein solches Vermächtniss vorhanden, wie wenn er mir und dir vermacht worden wäre, und deshalb waltet kein Zweifel ob, dass er uns beiden gleichmässig gehöre.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Auch wenn du Jemandem die Eigenheit mit Abzug des Niessbrauchs vermacht hast, so glaubt Julian, dass der letztere nichts desto weniger anwachsen, und nicht angenommen werden könne, als werde ein neuer Niessbrauch erworben.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. und der Niessbrauch so wenig als Uebertrift- und Fusssteigsgerechtigkeit durch Veränderung des Eigenthums verloren geht.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Fleisch und Haut von gefallenem Vieh gehört nicht zur Nutzung, weil mit dem Tode desselben der Niessbrauch erlischt.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wegen Geldes muss aber denen, welche den an demselben vermachten Niessbrauch gewähren müssen, Sicherheit bestellt werden. 1Jener Senatsbeschluss hat aber nicht gerade einen eigentlichen Niessbrauch an Gelde hergestellt; denn ein natürlicher Grund kann auch durch das Ansehen des Senats nicht verändert werden; sondern es entstand in Folge des eingeführten Mittels ein Quasi-Niessbrauch.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wenn der Niessbrauch an Wein, Oel, oder Getreide bestellt worden ist, so muss auf den Vermächtnissinhaber die Eigenheit übertragen, und von ihm Sicherheitsbestellung gefordert werden, dass nach seinem Tode, oder einer Standesrechtsveränderung, diese Gegenstände von derselben Güte herausgegeben, oder die Sachen müssen taxirt, und dann für eine bestimmte Geldsumme Sicherheit bestellt werden; das letztere ist auch bequemer. Dasselbe verstehen wir auch von allen andern Sachen, welche verbrauchbar sind.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Zu dem Niessbrauch an einem Sclaven gehören dessen Dienste und der Lohn dafür.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wir wollen nun vom Gebrauch und dem Wohnen sprechen. 1Es kann nämlich auch der blosse Gebrauch, d. h. ohne die Nutzung bestellt werden, und zwar ganz auf dieselbe Weise, wie der Niessbrauch.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Dass dem Sclaven oder der Sclavin selbst statt ihrer Dienste ein Lohn auferlegt werden könne, scheint dem Labeo zulässig.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. [Die Dienstbarkeiten des] Fahrwegs, des Fusssteigs und der Trift, sowie der Wasserleitung werden fast auf dieselbe Weise bestellt, wie wir es vom Niessbrauch gesagt haben. 1Die Ausübung der Dienstbarkeiten kann durch bestimmte Zeiträume getrennt werden, z. B. so dass Jemand von nach drei Uhr bis um zehn Uhr sich eines gewissen Rechts bedienen solle, oder einen Tag um den andern.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Die Rechte städtischer Grundstücke sind folgende: höher zu bauen und das Licht des Nachbars zu schmälern, oder das Verbot des Höherbauens; die Traufe auf das Dach oder den Hof des Nachbars zu leiten, oder nicht zu leiten, Balken in die Wand des Nachbars zu legen, Erker und Wetterdächer anzulegen, und andere diesen ähnliche.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Auch diese Rechte gehen, wie die von ländlichen Grundstücken, durch Nichtgebrauch während einer bestimmten Zeit verloren; nur waltet der Unterschied vor, dass sie durch Nichtgebrauch nicht unbedingt verloren gehen, sondern nur dann, wenn der Nachbar zugleich seine Freiheit ersitzt; so z. B. verliere ich, wenn dein Gebände dem meinigen insofern dienstbar ist, dass es nicht erhöhet werden darf, um nicht das Licht in meinem Gebäude zu schmälern, und ich die bestimmte Zeit hindurch meine Fenster zugemacht oder verbauet habe, mein Recht nur dann, wenn du während dieser Zeit dein Gebäude erhöhet hast; denn hast du keine Aenderung vorgenommen, so behalte ich die Dienstbarkeit. Ebenso verliere ich, wenn meinem Gebäude [an dem deinigen] das Trammrecht zusteht, und ich den Balken herausgenommen habe, mein Recht nur dann, wenn du das Loch, woraus der Balken genommen worden, zugemauert und die bestimmte Zeit hindurch so behalten hast; unternimmst du hingegen keine Veränderung, so bleibt [jedem] sein22Jus suum; über den Zusatz s. d. Note zur Gött. C. J. Ausgabe. Recht unverändert.
Ad Dig. 8,2,8Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 169a, Note 3c.Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Eine Wand, welche aus einem natürlichen Grunde gemeinschaftlich ist, einzureissen oder herzustellen, ist einer von den Nachbarn [allein] nicht berechtigt, weil er nicht allein Eigenthümer ist.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Die Breite des Fahrweges beträgt nach dem Zwölftafelgesetz in gerader Linie acht Fuss, und im Winkel, d. h. wo sich der Weg biegt, sechzehn.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wenn der Eigenthümer zweier Grundstücke dir das eine unter der Bedingung abtritt, dass das abgetretene demjenigen, welches er selbst zurückbehält, dienstbar sein soll, oder umgekehrt, so wird die Dienstbarkeit als mit vollem Rechte auferlegt angesehen.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wenn beide Grundstücke, [das dienstbare und das herrschende] an denselben Eigenthümer kommen, so findet Vereinigung der Dienstbarkeiten an denselben Statt.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Dass die Dienstbarkeitsberechtigungen durch den Tod oder Standesrechtsveränderung nicht verloren gehen, ist eine bekannte Sache.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Es wird kein Zweifel mehr darüber erhoben, dass aus diesem Gesetze auch wegen freien Personen [zugefügten Schadens] geklagt werden könne, z. B. wenn ein vierfüssiges Thier einen Familienvater, oder einen Familiensohn verwundet hat; es wird nämlich hier nicht auf Entstellung Rücksicht genommen, denn der Körper eines freien Menschen unterliegt keiner Schätzung, sondern auf die zur Heilung verwendeten Kosten, auf die versäumte Arbeit, und zu deren künftigen Verrichtung Jemand untüchtig gemacht worden ist.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Im ersten Hauptstück ist im Aquilischen Gesetze verordnet worden, Wer einen fremden Sclaven, oder eine fremde Sclavin, oder ein vierfüssiges Vieh33Unser Text hat noch die Florentinische mit der Vulgate übereinstimmende Lesart quadrupedem vel pecud., was jedoch schon längst verworfen worden ist; statt vel ist nämlich ve zu lesen. S. Glück X. 353, und die daselbst genannten Interpreten, so wie die Göttinger C. J. Ausgabe. widerrechtlich getödtet hat, soll so viel, als dessen höchster Werth in diesem Jahre betrug, dem Eigenthümer in Gelde zu vergüten schuldig sein. 1Weiter unten wird alsdann verordnet, dass wider den Leugnenden die Klage auf das Doppelte Statt finden solle. 2Wie es also den Anschein hat, so setzt es diejenigen vierfüssigen Thiere unsern Sclaven gleich, welche zum Vieh gerechnet, und heerdenweis gehalten werden, wie Schafe, Ziegen, Ochsen, Pferde, Maulesel und Esel. Ob auch Schweine unter der Benennung Vieh zu verstehen seien, darüber ist Frage erhoben worden; Labeo nimmt die bejahende Meinung ganz richtig an; Hunde gehören aber nicht zum Vieh. Um so weniger gehören wilde Thiere dazu, wie Bären, Löwen, und Panther, Elephanten und Kameele stehen gewissermaassen in der Mitte, denn eines Theils verrichten sie die Dienste von Lastthieren, und andern Theils ist ihre Natur wild; daher müssen sie im ersten Hauptstück mitbegriffen verstanden werden.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wenn ich daher deinen Sclaven, der mir als Strassenräuber nachstellt, getödtet habe, so bin ich gesichert; denn gegen die Gefahr erlaubt ein natürlicher Vernunftgrund die Vertheidigung. 1Einen bei Nacht ergriffenen Dieb erlaubt das Zwölftafelgesetz zu tödten, es muss dies jedoch mit lautem Geschrei kund gethan werden; einen bei Tage ergriffenen erlaubt es unter der Bedingung zu tödten, wenn er sich mit einer Waffe vertheidigt; doch muss dies auch mit Geschrei kund gethan werden.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Dasselbe ist Rechtens, wenn er ein Heilmittel schlecht angewendet hat. Auch wer gut die Ader geschlagen, nachher aber die weitere Behandlung unterlassen hat, ist keineswegs ausser Verantwortung, sondern wird als der Schuld theilhaftig angesehen. 1Auch nimmt man allgemein an, dass der Mauleseltreiber, der aus Unerfahrenheit die Maulthiere nicht hat halten können, wenn sie einen fremden Sclaven überjagt haben, wegen Verschuldung hafte. Dasselbe gilt auch, wenn er die Maulthiere aus Mangel an Kraft nicht hat halten können. Und es scheint wirklich nicht unbillig, Mangel an Kraft zur Schuld zu zählen, denn es muss sich Niemand etwas zutrauen, wobei er einsieht, oder einsehen muss, dass sein Mangel an Kraft einem Andern gefährlich sein könne. Dasselbe gilt in Betreff dessen, der die Gewalt eines Pferdes, worauf er ritt, aus Ungeschicklichkeit oder Mangel an Kraft nicht hat aufhalten können.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Es ist darüber Frage erhoben worden, ob das, was der Proconsul in Betreff eines von einem ganzen Hausgesinde begangenen Diebstahls zu beobachten pflegt, nämlich dass die Verfolgung der Strafe nicht gegen jeden Einzelnen eingeleitet wird, sondern die Gewährung dessen genügt, was, wenn ein Freier allein den Diebstahl begangen hätte, zu gewähren sein würde, auch bei der Klage wegen widerrechtlichen Schadens zu befolgen sei? Man hat sich jedoch mehr für die bejahende Meinung erklärt, und mit Recht; denn weil in Ansehung der Diebstahlsklage der Grund vorwaltet, dass der Eigenthümer nicht sein ganzes Gesinde um eines einzigen Verbrechers willen verlieren soll, und derselbe Grund ähnlicher Weise auch bei der Klage wegen widerrechtlichen Schadens eintritt, so folgt daraus, dass auch dasselbe in beiden Fällen Statt finden müsse, zumal besonders hier der Grund des Verbrechens öfters ein geringfügigerer ist, z. B. wenn der Schaden durch Verschuldung und nicht durch böse Absicht herbeigeführt worden. 1Wenn Jemand denselben Sclaven erst verwundet und nachher auch getödtet hat, so haftet er sowohl wegen der Verwundung, als wegen der Tödtung; denn es sind zwei Verbrechen vorhanden. Etwas Anderes ist es, wenn Jemand einen [Sclaven] auf einmal mit mehreren Wunden getödtet hat; dann findet wegen der Tödtung nur eine Klage Statt.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wer aus mehreren Noxen zu verschiedenen Zeiten Klage erhebt, und in Folge der einen Uebelthat die Herrschaft über den Sclaven erworben hat, dem steht [von da an] keine Klage weiter wider den vorigen Herrn zu, indem die Noxalklage dem Sclaven folgt. Wenn hingegen der Herr bei der ersten Klage vorgezogen hat, die Streitwürderung zu tragen, so haftet er demselben Kläger, oder einem Andern, der aus einer andern Uebelthat Klage erhebt, nichts desto weniger.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. In diesem Fall ist es nothwendig, dass dem Einen vom Grundstück des Andern etwas eigenthümlich zuerkannt werden müsse; wem aber etwas eigenthümlich zuerkannt wird, der muss wiederum für dasjenige, was ihm eigenthümlich zuerkannt worden, zur Erlegung einer bestimmten Summe verurtheilt werden.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Diese Klage gründet sich auf das Zwölftafelgesetz; denn es schien nothwendig, für diejenigen Erben, welche aus der Gemeinschaft treten wollen, eine Klage zu bestellen, in Folge deren die Erbschaftssachen zwischen ihnen getheilt würden. 1Es steht übrigens diese Klage auch demjenigen dem Rechte selbst zufolge zu, der seinen Antheil nicht besitzt; wenn aber derjenige, welcher ihn besitzt, leugnet, dass Jener Miterbe sei, so kann er ihn durch diese Einrede: wenn in der Sache, um welche es sich handele, der Erbschaft in der Entscheidung nicht vorgegriffen werde, abwehren. Wenn er hingegen seinen Antheil besitzt, so schadet ihm die Einrede nichts, wenn auch geleugnet wird, dass er Miterbe sei; hierdurch geschieht es, dass in diesem Fall der Richter, vor dem dieses Verfahren befangen ist, selbst rechtlich erörtert, ob er Miterbe sei. Denn wenn er nicht Miterbe ist, so darf ihm weder etwas zuerkannt, noch der Gegner [zur Herausgabe] an ihn verurtheilt werden.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Allerdings gehört es zuweilen zur Amtspflicht des Richters, Passiv- und Activschulden Einzelnen insgesammt, Anderen Anderes zuzutheilen, weil die Zahlung und Einziehung einzelner Theile oft mit grossen Unannehmlichkeiten verknüpft ist. Diese Zutheilung hat jedoch nicht die Wirkung, dass Einer allein die ganze Schuld übernimmt, oder Einem allein das Ganze verschuldet wird, sondern dass, wenn Klagenerhebung nöthig wird, er theils im eigenen Namen, theils als Geschäftsführer klagen, und wenn wider ihn geklagt werden soll, er theils im eigenen Namen, theils als Geschäftsbesorger belangt werden muss. Denn wiewohl dem Gläubiger freie Wahl bleibt, jeden Einzelnen zu belangen, so haben doch auch diese die Freiheit, an ihrer Statt diejenigen zu stellen, auf welche die Lasten der Klage durch die Amtspflicht des Richters übertragen worden sind.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Sind erbschaftliche Documente vorhanden, so muss der Richter dafür Sorge tragen, dass sie bei dem bleiben, der zum grössern Antheil Erbe ist (die Uebrigen können sich Abschriften davon machen)44S. Glück XI. p. 46. n. 31., und Sicherheit bestellt werde, sie, sobald es nöthig wird, auszuliefern. Wenn Alle zu gleichen Theilen Erben sind, und sie sich nicht unter einander einigen können, bei wem sie in Verwahrung bleiben sollen, so müssen dieselben losen, oder es muss mit allgemeiner Einwilligung oder Stimmenmehrheit ein Freund erwählt werden, bei dem sie in Verwahrung gegeben, oder sie müssen in einem Tempel niedergelegt werden.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wenn einer von den Erben einen Schaden angerichtet hat, so ist es angemessen, dass die Schätzung desselben bei der Erbtheilungsklage nur einfach in Betracht zu ziehen sei.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Gleichfalls muss der Richter auf ähnliche Weise im umgekehrten Fall dafür Sorge tragen, dass nicht dasjenige, was einer von den Erben aus einer Erbschaftssache vereinnahmt oder stipulirt hat, ihm allein zum Vortheil gereiche. Der Richter wird dieses dadurch bewirken, wenn er entweder gegenseitige Abrechnungen zwischen ihnen Statt finden lässt, oder für Sicherheitsleistungen, Gewinn und Verlust gemeinschaftlich zu tragen, sorgt.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Es entspricht der Amtspflicht des Richters, den Verkauf einer oder mehrerer Erbschaftssachen anzubefehlen, und das gelöste Geld dem zu zahlen, dem es vermacht worden ist.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wenn der Testator eine seinem Gläubiger verpfändete Sache einem Miterben zum Voraus vermacht hat, so liegt es in der Amtspflicht des Richters, dieselbe mit gemeinschaftlichem Erbegelde einzulösen, und sie dem zu verschaffen, dem sie auf diese Weise vermacht worden ist.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Ad Dig. 10,3,2 pr.ROHGE, Bd. 14 (1875), Nr. 78, S. 237: Theilungsklage eines Theilhabers an einer Gelegenheitsgesellschaft.Es ist einerlei, ob eine Sache zwischen Mehreren mit oder ohne Gesellschaftsverhältniss gemeinschaftlich ist, denn die Gemeingutstheilungsklage findet in beiden Fällen Statt. Mit Gesellschaftsverhältniss ist eine Sache z. B. unter denen gemeinschaftlich, die dieselbe Sache zusammen gekauft haben; ohne Gesellschaftsverhältniss z. B. unter denen, welchen dieselbe Sache in einem Testamente vermacht worden ist. 1In den drei Doppelklagen: der Erbtheilung, der Gemeingutstheilung und der Grenzberichtigung, fragt es sich, wer der Kläger sei, weil das Verhältniss Aller als gleich erscheint; es spricht aber mehr dafür, den als Kläger zu betrachten, wer auf das Verfahren angetragen hat.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Ueberhaupts müssen wir bemerken, dass, wenn nach dem Untergang einer gemeinschaftlichen Sache derjenige, dem in Folge der [bestandenen] Gemeinschaft etwas geleistet werden muss, deshalb Klage erheben will, ihm die analoge Gemeingutstheilungsklage ertheilt wird, wie wenn z. B. der Kläger Kosten an eine gemeinschaftliche Sache gewendet, oder sein Mitgenosse von der Sache einen Gewinn, z. B. Handdienste und Lohn eines Sclaven, allein gezogen hat; alles dieses ist Gegenstand dieser Klage.
Gaj. lib. VII. ad Ed. provinc. Wenn von dem Käufer der Niessbrauch gefordert werden sollte, so muss der es dem Verkäufer ebenso anzeigen, als der, von dem ein Theil [eines Grundstücks] gefordert wird.
Übersetzung nicht erfasst.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Der Sclave, der im guten Glauben besessen wird, erwirbt für den Besitzer Dasjenige nicht, was aus eines Andern Vermögen herrührt. 1Dass unkörperliche Sachen weder ersessen noch übergeben werden können, ist bekannt. 2Wenn ein Sclave, an dem ein Anderer den Niessbrauch hat, einen Sclaven gekauft hat, und ihm derselbe übergeben worden ist, so ist es, so lange er den Preis noch nicht gezahlt hat, obschwebend, Wem er die Eigenheit erwirbt; zahlt er aus dem Sondergute, was dem Niessbraucher gehört, so wird er als dem Niessbraucher gehörig angesehen; wenn aber aus dem dem Eigenheitsherrn gehörigen Sondergute, so wird angenommen, dass er durch das nachherige Ereigniss dem Eigenheitsherrn gehörig geworden sei.
Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wenn ein Zweien gehöriger Sclave aus dem Vermögen des einen Herrn etwas erworben hat, so wird dies nichtsdestoweniger gemeinschaftlich; aber Derjenige, aus dessen Vermögen es erworben worden ist, kann diese Summe mittels der Gemeingutstheilungsklage zum Voraus verlangen. Denn es ist dem guten Glauben entsprechend, dass Jeder Dasjenige zum Voraus erhalte, was sein Sclave aus seinem Vermögen erworben hat; wenn aber der gemeinschaftliche Sclave etwas woandersher erworben hat, so wird dies für alle Miteigenthümer nach Maassgabe ihres Antheils am Eigenthum erworben.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.