Ad edictum provinciale libri
Ex libro XXX
Gaj. lib. XXX. ad Ed. prov. Wir sind daran zu erinnern, dass zuweilen auch, nachdem [vom Richter] der Eid gefordert worden, es durch Constitutionen der Kaiser erlaubt werde, von Neuem die Sache zu verhandeln, wenn Jemand sagen sollte, dass er neue Beweismittel11Instrumenta. Im engern Sinne bezeichnet zwar dieses Wort nur Urkunden, im weitern aber jedes Beweismittel, und dass hier diese Bedeutung anzunehmen sei, dafür spricht theils der Ausdruck der Basiliken: διακαιώματα, theils Anderes. S. v. Glück a. a. O. S. 393 ff. gefunden habe, deren er sich jetzt allein bedienen wolle. Aber diese Constitutionen scheinen dann Statt zu haben, wenn Jemand vom Richter freigesprochen sein sollte; es pflegen nämlich die Richter oft in zweifelhaften Sachen, nachdem der Eid gefordert worden, zu Gunsten desjenigen zu erkennen, welcher geschworen hat. Wenn aber sonst unter ihnen selbst durch den Eid das Geschäft ausgeglichen sein sollte, so wird es nicht zugegeben, dieselbe Sache wieder zu verhandeln.
Gaj. lib. XXX. ad Ed. prov. Wenn zwischen mir und dir Streit über eine Erbschaft ist, und einige Sachen aus derselben du besitzest, andere ich, so ist kein Hinderniss vorhanden, dass ich Erbschaftsklage wider dich und du wider mich erheben dürfest; wenn du aber wider mich nach bereits rechtlich entschiedener Sache Klage erhebst, so kommt es darauf an, ob erkannt worden ist, dass die Erbschaft mir gebühre, oder nicht; ist Ersteres der Fall, so wird dir die Einrede der rechtlich entschiedenen Sache entgegenstehen, weil dadurch selbst, dass erkannt worden ist, sie sei mein, umgekehrt erkannt zu sein scheint, sie sei nicht dein; wenn aber erkannt worden ist, dass sie nicht mein sei, so wird gar nicht angenommen, dass über dein Recht erkannt worden ist, weil es ja möglich ist, dass die Erbschaft weder mein noch dein sei.
Gaj. lib. XXX. ad Ed. prov. Wenn ich eine mir gehörige Sache von dir gefodert habe, du aber deshalb freigesprochen worden bist, dass du nachgewiesen hast, ohne Arglist aus dem Besitz gekommen zu sein, nachher aber in den Besitz gekommen bist, und ich dann wiederum Klage wider dich erhebe, so wird mir die Einrede der rechtlich entschiedenen Sache nicht schaden.
Ad Dig. 44,4,6Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 342, Note 12.Gaj. lib. XXX. ad Ed. prov. Wenn es durch Hinzuthun des Gläubigers geschehen ist, dass der Schuldner um das Geld kam, welches er zu zahlen im Begriff stand, so wird der Erstere durch die Einrede der Arglist abgewehrt werden. Derselbe Fall tritt ein, wenn der Gläubiger die an seinen Gläubiger geschehene Zahlung des Geldes nicht genehmigen will.