Ad edictum provinciale libri
Ex libro XI
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Dig. 23,1,8Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. Furor quin sponsalibus impedimento sit, plus quam manifestum est: sed postea interveniens sponsalia non infirmat.
Gaj. lib. XI. ad Ed. provinc. Dass Raserei [der Eingehung] eines Verlöbnisses hinderlich sei, ist mehr als handgreiflich, aber wenn sie nachher eintritt, so entkräftet sie das Verlöbniss nicht.
Dig. 23,2,17Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. Per adoptionem quaesita fraternitas eousque impedit nuptias, donec manet adoptio: ideoque eam, quam pater meus adoptavit et emancipavit, potero uxorem ducere. aeque et si me emancipato illam in potestate retinuerit, poterimus iungi matrimonio. 1Itaque volenti generum adoptare suadetur, ut filiam emancipet11Die Großausgabe liest emanciparet statt emancipet.: similiter suadetur ei, qui nurum velit adoptare, ut emancipet filium. 2Amitam quoque et materteram, item magnam quoque amitam et materteram magnam prohibemur uxorem ducere, quamvis magna amita et matertera quarto gradu sint. utique autem amitam et amitam magnam prohibemur uxorem ducere, etsi per adoptionem nobis coniunctae sint.
Gaj. lib. XI. ad Ed. provinc. Ein durch Adoption entstandenes geschwisterliches Verhältniss (fraternitas) verhindert die Ehe so lange, als die Adoption dauert; und darum werde ich diejenige, welche mein Vater adoptirt und aus der väterlichen Gewalt entlassen hat, zur Frau nehmen können; auf gleiche Weise werden wir auch, wenn er mich aus der Gewalt entlassen, und jene in der Gewalt behalten haben wird, durch die Ehe verbunden werden können. 1Daher wird dem, welcher seinen Schwiegersohn adoptiren will, gerathen, dass er seine Tochter aus der Gewalt entlasse, auf gleiche Weise wird dem, welcher seine Schwiegertochter adoptiren will, gerathen, dass er seinen Sohn aus der Gewalt entlasse. 2Auch werden wir abgehalten, die Vatersschwester und die Mutterschwester, desgleichen die Grossvatersschwester und die Grossmutterschwester zur Frau zu nehmen, obwohl die Grossvatersschwester und Grossmutterschwester auf dem vierten Grade stehen. Schlechterdings aber werden wir abgehalten, die Vatersschwester und Grossvatersschwester zur Frau zu nehmen, auch wenn sie durch Adoption mit uns verbunden sind.
Dig. 23,2,53Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. Nuptiae consistere non possunt inter eas personas quae in numero parentium liberorumve sunt, sive proximi sive ulterioris gradus sint usque ad infinitum.
Gaj. lib. XI. ad Ed prov. Es kann keine Ehe zwischen solchen Personen bestehen, welche in dem Verhältniss von Eltern und Kindern stehn, mögen sie auf dem nächsten Grade [der Verwandschaft] stehen, oder auf einem entfernteren bis ins Unendliche.
Dig. 23,2,55Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. Quin etiam nefas existimatur eam quoque uxorem ducere, quae per adoptionem filia neptisve esse coeperit, in tantum, ut et, si per emancipationem adoptio dissoluta sit, idem iuris maneat. 1Patris adoptivi mei matrem aut materteram aut neptem ex filio uxorem ducere non possum, scilicet si in familia eius sim: alioquin si emancipatus fuero ab eo, sine dubio nihil impedit nuptias, scilicet quia post emancipationem extraneus intellegor.
Gaj. lib. XI. ad Ed. prov. Ja es wird sogar auch für unrecht gehalten, wenn [Jemand] die zur Frau nimmt, welche durch Adoption [seine] Tochter oder Enkelin zu sein angefangen hat, so sehr, dass eben dasselbe Rechtens bleibt, wenn auch durch Entlassung aus der väterlichen Gewalt das Adoptionsverhältniss aufgelöst worden ist. 1Die Mutter, oder Mutterschwester, oder die vom Sohn erzeugte Enkelin meines Adoptivvaters kann ich nicht zur Frau nehmen, nämlich so lange ich mich in der Familie desselben befinde; sonst, wenn ich von ihm aus der väterlichen Gewalt entlassen sein werde, so verhindert ohne Zweifel nichts die Ehe, weil ich nämlich nach der Entlassung aus der väterlichen Gewalt als Fremder angesehen werde.
Dig. 23,3,42Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. Res in dotem datae, quae pondere numero mensura constant, mariti periculo sunt, quia in hoc dantur, ut eas maritus ad arbitrium suum distrahat et quandoque soluto matrimonio eiusdem generis et qualitatis alias restituat vel ipse vel heres eius.
Ad Dig. 23,3,42Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 500, Note 1.Gaj. lib. XI. ad Ed. prov. Solche zum Heirathsgut gegebene Sachen, welche nach Gewicht, Zahl, Maas berechnet werden, stehen auf Gefahr des Ehemannes, weil sie zu dem Zwekc gegeben werden, dass der Ehemann über sie nach seinem Gutdünken verfüge (distrahat,) und entweder er selbst, oder sein Erbe einst nach aufgelöster Ehe andere von derselben Gattung und Beschaffenheit zurückerstatten solle.
Dig. 23,5,4Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. Lex Iulia, quae de dotali praedio prospexit ne id marito liceat obligare aut alienare, plenius interpretanda est, ut etiam de sponso idem iuris sit quod de marito.
Gaj. lib. XI. ad Ed. prov. Das Julische Gesetz, welches in Bezug auf das zum Heirathsgut gehörige Grundstück dafür gesorgt hat, dass es der Ehemann nicht [als Pfand] verbindlich machen oder veräussern dürfe, ist mit Ausdehnung (plenius) zu erklären, so dass auch in Bezug auf den Bräutigam dasselbe Rechtens ist, was in Bezug auf den Ehemann [gilt].
Dig. 24,1,6Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. quia quod ex non concessa donatione retinetur, id aut sine causa aut ex iniusta causa retineri intellegitur: ex quibus causis condictio nasci solet.
Gaj. lib. XI. ad Ed. prov. weil, wenn Etwas aus einer nicht gestatteten Schenkung zurückbehalten wird, man dies entweder als ohne Grund, oder als aus einem unrechtmässigen Grund zurückbehalten ansieht; und aus solchen Gründen pflegt die Condiction zu entstehen.
Dig. 24,1,8Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. Si, antequam servus manumittatur, morte aut divortio solutum fuerit matrimonium, resolvitur donatio: inesse enim condicio donationi videtur, ut manente matrimonio manumittatur.
Gaj. lib. XI. ad Ed. prov. Wenn die Ehe früher, als der Sclav freigelassen wird, durch Tod oder Scheidung aufgelöst sein wird, so wird die Schenkung wieder aufgehoben; denn es scheint in der Schenkung die Bedingung enthalten zu sein, dass er während der Dauer der Ehe freigelassen werden solle.
Dig. 24,1,10Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. quia in hoc tempus excurrit donationis eventus, quo vir et uxor esse desinunt.
Gaj. lib. XI. ad Ed. prov. weil der Erfolg der Schenkung in die Zeit fällt, wo sie aufgehört haben, Mann und Ehefrau zu sein;
Dig. 24,1,42Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. Nuper ex indulgentia principis Antonini recepta est alia causa donationis, quam dicimus honoris causa: ut ecce si uxor viro lati clavi11Die Großausgabe liest clavii statt clavi. petenti gratia donet vel ut equestris ordinis fiat vel ludorum gratia.
Gaj. lib. XI. ad Ed. prov. Neulich ist durch die Gnade des Kaisers Antoninus11Nach v. Glück a. a. O. S. 15. ff. Ant. Pius, nach Zimmern Gesch. d. R. Pr. R. B. 1. §. 93. S. 345. und §. 164. S. 509. Marcus Aurel. Anton. ein neuer Grund zu einer [erlaubten] Schenkung [unter Ehegatten] eingeführt worden, welche wir [Schenkung] um einer Ehrenstelle willen nennen, wie z. B., wenn die Ehefrau dem Manne, damit er um das Ehrenkleid mit dem Purpurstreif22Laticlavii petendi gratia, d. h. um die Senatorenwürde; denn die Tunica mit breitem Purpurstreif war Ehrenzeichen der Senatoren. S. v. Glück a. a. O. S. 19. f. nachsuche, oder damit er [Mitglied] des Ritterstandes werde, oder um der Spiele33Welche die mit obrigkeitlichen Aemtern Bekleideten geben mussten. willen [Etwas] schenken sollte.
Dig. 24,1,61Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. vel senectutem aut valetudinem aut militiam satis commode retineri matrimonium non possit:
Gaj. lib. XI. ad Ed. prov. der [wegen] hohen Alters, oder Krankheit, oder Kriegsdienstes die Ehe nicht wohl beibehalten werden kann;
Dig. 24,2,2Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. Divortium autem vel a diversitate mentium dictum est vel quia in diversas partes eunt, qui distrahunt matrimonium. 1In repudiis autem, id est renuntiatione comprobata sunt haec verba: ‘tuas res tibi habeto’, item haec: ‘tuas res tibi agito’. 2In sponsalibus quoque discutiendis placuit renuntiationem intervenire oportere: in qua re haec verba probata sunt: ‘condicione tua non utor’. 3Sive autem ipsi praesenti renuntietur sive absenti per eum, qui in potestate eius sit cuiusve is eave in potestate sit, nihil interest.
Gaj. lib. XI. ad Ed prov. Die Scheidung ist aber entweder von der Verschiedenheit der Gesinnungen [so] benannt worden, oder weil die, welche die Ehe trennen, sich nach verschiedenen Seiten wenden. 1Bei Kündigungen aber, das heisst bei der Aufsagung, sind diese Worte gebräuchlich geworden: du magst deine Sachen für dich behalten, ingleichen diese: du magst deine Sachen mit dir nehmen44Die erstere Formel sprach wohl die Frau zum Manne, die letztere der Mann zur Frau, wie auch die Basil. XXVIII. t. 7. c. 9. Tom. IV. p. 328. andeuten. S. v. Glück a. a. O. XXIII. S. 130. Anm. 61. — Wächter a. a. O. S. 111 ff. will aus einer Handschrift und gestützt auf andere Gründe statt der ersten Formel (tuas res tibi habeto) lesen: tuas res tibi, abeo (du magst deine Sachen für dich behalten, ich gehe weg) und statt der zweiten (tuas res tibi agito) tuas res tibi, ago (du magst deine Sachen mit dir nehmen, ich jage dich fort).. 2Man hat angenommen, dass auch bei der Trennung eines Verlöbnisses eine Aufsagung vorkommen müsse, und dabei sind diese Worte gebräuchlich geworden: ich will die Verbindung mit dir nicht eingehen55Conditione tua non utor. Die Vulg. liest utar.. 3Es macht aber keinen Unterschied, ob er [oder sie]66Ob der Theil, dem die Ehe oder das Verlöbniss aufgekündigt werden soll. gegenwärtig sei und ihm [oder ihr] selbst, oder ob er [oder sie] abwesend sei und ihm [oder ihr] durch den aufgesagt werde, der sich in seiner [oder ihrer] Gewalt befindet, oder in dessen Gewalt er oder sie sich befindet.
Dig. 24,3,27Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. Si post divortium mortua muliere heres eius cum viro parenteve eius agat, eadem videntur de restituenda dote intervenire, quae ipsa muliere agente observari solent.
Gaj. lib. XI. ad Ed. provinc. Wenn die Frau nach der Scheidung gestorben ist, und der Erbe derselben gegen den Ehemann oder dessen Vater klagen sollte, so scheint eben dasselbe in Bezug auf das Zurückerstatten des Heirathsguts einzutreten, was beobachtet zu werden pflegt, wenn die Frau selbst klagt.
Dig. 41,1,32Gaius libro undecimo ad edictum provinciale. Etiam invitis nobis per servos adquiritur paene ex omnibus causis.
Gaj. lib. XI. ad Ed. prov. Durch unsere Sclaven wird für uns auch ohne unsern Willen fast aus allen möglichen Gründen erworben.