Rerum cottidianarum sive aureorum libri
Ex libro III
Gaj. lib. II. Rer quotid. Aus Missethaten entspringen Verbindlichkeiten, z. B. aus dem Diebstahl, aus Beschädigung, aus Raub, aus Injurien; dieses ist Alles von einer Gattung, denn diese [Verbindlichkeiten] bestehen nur durch eine Thatsache, d. h. durch die Missethat selbst, dahingegen ausserdem die Verbindlichkeiten aus einem Contracte nicht blos durch eine Sache bestehen, sondern auch durch Worte und Einwilligung.
Gaj. lib. III. Aureor. Wenn Jemand eines Abwesenden Geschäfte geführt hat, und zwar in Folge eines Auftrags, so ist es klar, dass zwischen ihnen aus dem Contracte die Auftragsklagen entstehen, deren sie sich gegen einander desfalls bedienen mögen, was der Eine dem Andern dem guten Glauben nach leisten muss; wenn aber ohne geschehenen Auftrag, so hat man zwar ebenfalls angenommen, dass sie sich gegenseitig verbindlich werden, und desfalls sind die Klagen begründet, die Geschäftsführungsklagen heissen, deren sie sich ebenfalls wider einander in Betreff Dessen bedienen können, was vermöge des guten Glaubens Einer dem Andern leisten muss, allein diese Klagen entspringen weder aus einem Contract, noch aus einer Missethat; denn, wer ein Geschäft geführt hat, von dem kann nicht angenommen werden, dass er mit dem Abwesenden vorher contrahirt habe, und ebensowenig ist es eine Missethat, die Verwaltung der Geschäfte eines Andern ohne seinen Auftrag zu übernehmen; noch weit weniger kann aber von Dem, dessen Geschäfte geführt worden sind, und der gar nichts davon gewusst hat, angenommen werden, als habe er contrahirt, oder verbrochen; sondern es ist blos des Nutzens wegen11Wider das strenge Recht. angenommen worden, dass sie einander gegenseitig verpflichtet werden. Dies ist darum so angenommen worden, weil Viele in dem Gedanken auswärts verreisen, bald zurückzukehren, und deshalb Niemandem die Besorgung ihrer Geschäfte auftragen, nachher aber, wenn unvorhergesehene Umstände eintreten, nothgedrungen länger ausbleiben, wo es denn unbillig sein würde, ihre Geschäfte liegen zu lassen. Dies würde aber der Fall sein, wenn Derjenige, welcher sich zur Geschäftsführung versteht, deshalb keine Klage haben sollte, was er nützlicherweise aus eigenen Mitteln aufgewendet hat, oder Der, dessen Geschäfte geführt worden sind, kein Recht hätte, wider Den zu klagen, der sich seiner Geschäfte eigenmächtig angenommen hat. 1Auch Diejenigen werden nicht eigentlich als aus einem Contracte verbindlich betrachtet, die durch die Vormundschaftsklage haften, denn zwischen Vormund und Mündel wird kein Geschäft contrahirt, aber weil sie denn doch aus keiner Missethat haften, so wird angenommen, dass sie gleichsam aus einem Contract haften. Auch in diesem Fall sind die Klagen gegenseitige; denn es hat nicht blos der Mündel wider den Vormund eine Klage, sondern auch umgekehrt der Vormund wider den Mündel, wenn er Etwas auf des Mündels Angelegenheiten verwendet, oder sich für denselben verpflichtet, oder eine ihm gehörige Sache dessen Gläubiger verpfändet hat. 2Ebensowenig wird der Erbe, welcher ein Vermächtniss zu entrichten hat, weder aus einer Missethat, noch aus einem Contract als verpflichtet betrachtet; denn man kann nicht sagen, dass der Vermächtnissinhaber mit dem Erblasser oder dem Erben contrahirt habe, und dass keine Missethat hier vorwalte, ist mehr als klar. 3Es wird ferner Der, wer aus Irrthum des Zahlenden eine Nichtschuld in Empfang genommen hat, gleichsam wie durch ein Darlehn verbindlich, und durch die nemliche Klage gehalten, wie die Schuldner den Gläubigern; allein wer aus diesem Grunde haftet, der kann nicht als aus einem Contracte haftend betrachtet werden, denn wer aus Irrthum gezahlt hat, von dem ist vielmehr anzunehmen, dass er in der Absicht gebe, eine Verbindlichkeit aufzulösen als zu contrahiren. 4Wenn ein Richter einen Rechtsstreit durch einen falschen Ausspruch auf seine Gefahr übernimmt, so wird er nicht eigentlich als durch eine Missethat verbindlich betrachtet, sondern weil er auch nicht aus einem Contracte verbindlich ist, dennoch aber22Utique, nach Flor. angenommen werden muss, dass er einen Fehler begangen habe, wenn auch aus Unverstand, so wird er als gleichsam aus einer Missethat haftend betrachtet. 5Ingleichen wird Derjenige als gleichsam aus einer Missethat haftend betrachtet, aus dessen Stockwerk, gleichviel ob einem eigenen, einem gemietheten, oder solchem, das er umsonst inne hatte, etwas herabgeworfen oder gegossen worden ist, sodass es Jemandem schadet; als eigentlich aus einer Missethat haftend wird er darum nicht betrachtet, weil er meistens wegen eines Andern Schuld, eines Sclaven oder Freien haftet. Diesem steht Der gleich, der da, wo die gewöhnliche Passage vorübergeht, Etwas aufgestellt oder gehangen hat, was, wenn es herabfällt, Jemandem schaden kann. Wenn daher ein Haussohn von seinem Vater getrennt wohnt, und aus seinem Stockwerk Etwas herausgegossen oder geworfen worden ist, oder er Etwas aufgestellt oder aufgehangen hat, dessen Herabfall gefährlich ist, so hat Julianus angenommen, dass wider den Vater weder die Klage wegen des Sonderguts, noch eine Noxalklage ertheilt werden dürfe, sondern wider den Sohn selbst Klage erhoben werden müsse. 6So wird auch ferner der Schiffsrheder, oder der in einer Herberge oder Stallung die Wirthschaft hat, in Rücksicht des Schadens oder Diebstahls, der auf dem Schiff, in der Herberge, oder dem Stall geschehen, als gleichsam aus einer Missethat haftend betrachtet, sobald er nur selbst sich keine Missethat hat zu Schulden kommen lassen, sondern einer von Denen, die auf dem Schiffe, in der Herberge oder der Stallung ihm Dienste leisten; denn da wider ihn keine Klage aus einem Contracte begründet ist, und er dennoch einigermaassen als mit Verschuldung behaftet erscheint, weil er sich des Dienstes schlechter Leute bedient, so wird angenommen, dass er deshalb gleichsam aus einer Missethat hafte.
Übersetzung nicht erfasst.