Quaestionum libri
Ex libro VII
African. lib. VII. Quaestionum. Ist man dahin übereingekommen, dass ein anderer Prätor, als der, welchem die Gerichtsbarkeit angehört, Recht sprechen solle, und es hat, bevor man ihn um Hülfe Rechtens ersuchte, der Entschluss sich geändert, so wird ohne Zweifel Niemand gezwungen werden, die Uebereinkunft zu halten.
African. lib. VII. Quaest. Du hast meinem Sohn aufgetragen, dass er dir ein Grundstück kaufe; da ich dies erfahren hatte, habe ich selbst es dir gekauft; ich glaube, es macht einen Unterschied, in welcher Absicht ich gekauft habe; denn wenn deswegen, weil ich wusste, was dir nöthig sei, und dass du die Absicht habest, dass du [das Grundstück] gekauft haben wolltest, so werden wir unter uns die Geschäftsführungsklage anstellen, sowie wir klagen würden, wenn überhaupt kein Auftrag eingetreten wäre, oder du dem Titius aufgetragen hättest, und ich, weil ich durch mich das Geschäft vortheilhafter zu Stande bringen konnte, gekauft hätte. Wenn ich aber deswegen gekauft haben sollte, damit [mein] Sohn nicht durch die Auftragsklage gehalten sei, so ist mehr [anzunehmen], dass aus der Person desselben sowohl ich gegen dich die Auftragsklage anstellen könne, als auch du gegen mich die Klage wegen des Sonderguts habest; weil, auch wenn Titius jenen Auftrag übernommen, und ich, damit er nicht in dieser Hinsicht gehalten sei, gekauft hätte, ich gegen den Titius die Gaschäftsführungsklage anstellen würde, und er gegen dich und du gegen ihn die Auftragsklage. Dasselbe findet Statt, auch wenn du meinem Sohn aufgetragen haben solltest, dass er für dich sich verbürge, und ich für dich mich verbürgt haben sollte. 1Wenn [der Fall] vorkommen sollte, du hättest dem Titius aufgetragen, dass er sich für dich verbürge, und ich hätte, weil er aus irgend einem Grund verhindert wurde, dass er sich verbürgte, um sein Versprechen zu lösen, mich verbürgt, so steht mir die Geschäftsführungsklage zu.
African. lib. VII. Quaest. Denn was nur unter diesen Umständen ein Sclav vollführt, wird als durch ihn nach dem Willen des Herrn geschehend anzusehen sein; es wird aber dies noch mehr dann erhellen, wenn etwa entweder über die Landhandelsklage (actio institoria) Frage erhoben oder der Fall gesetzt wird, dass Jemand, welcher älter ist als fünfundzwanzig Jahre, einem Minderjährigen irgend ein Geschäft zur Führung übertragen habe und rücksichtlich desselben hintergangen worden sei.
African. lib. VII. Quaest. Wenn Jemand sich auf so viele einzelne Jahre, als entweder er selbst oder der Versprechende sich in Italien aufhalten werde, etwas feierlich hat versprechen lassen (stipulatus sit) und einer von beiden des Staats wegen abwesend zu sein angefangen haben sollte, so hat der Prätor die Verpflichtung, eine [nach Analogie der rescissorischen Klage] gebildete Klage11Utilis actio ist [im Gegensatze der actio directa, d. i. einer durch die Worte der Gesetze ausdrücklich eingeführten Klage] die durch eine auf den Grund des Gesetzes gebauete extensive Interpretation eingeführte Klage (s. v. Glück Erl. der Pand. 3. Th. 2. Abth. p. 615), oder eine solche Klage, die durch eine billige Auslegung aus dem Grunde eines Civilgesetzes abgeleitet worden ist. einzuführen. Dasselbe werden wir auch dann behaupten, wenn etwa die Stipulation so abgefasst worden ist: wenn er sich innerhalb der nächsten fünf Jahre in Rom aufgehalten haben wird; oder so: wenn er sich in Rom nicht aufgehalten haben wird, sagst du mir, hundert zu geben, feierlich zu?
Idem lib. VII. Quaest. Man hat die Frage aufgeworfen, was Rechtens sei, wenn ich von dir stipulirt hätte, mir den Niessbrauch auf die nächsten zehn Jahre zu überlassen, und fünf Jahre vorüber gegangen sind, während es in deiner Gewalt stand, mir denselben vorzuenthalten? und ebenso, wenn ich von dir stipulirt hätte, die Handarbeit des Stichus mir für die nächsten zehn Jahre zu belassen, und auf ähnliche Weise fünf Jahre verflossen sind? Die Antwort ging dahin: es könne der Niessbrauch und die Handarbeit für diesen Zeitraum mit Recht verlangt werden, weil du die Ursach gewesen bist, dass mir der eine wie der andere nicht zugekommen sind.
African. lib. VII. Quaest. Wenn aber, nachdem der Miteigenthümer eines gemeinschaftlichen Sclaven wegen des Sondergutes auf das Ganze verurtheilt worden, bei dem andern Miteigenthümer dazu gehörige Sachen verloren gehen, so findet nichts desto weniger die analoge Gemeingutstheilungsklage zur Erlangung des Antheils an [dem deshalb erlegten]22Glosse. Gelde Statt; denn ohnedies würde es unbillig sein, wenn der ganze Schaden den, der verklagt worden, allein treffen sollte, indem die Gefahr an Sondergutsgegenständen beiden Herren gemeinschaftlich sein muss. Darum wird auch derjenige, wer im Anftrag des Herrn die Vertheidigung des Sclaven übernommen, alles, was er im guten Glauben entrichtet hat, wieder erlangen, wenn auch das Sondergut nachher verloren gegangen ist. Dies verhält sich so, wenn keines von beiden Schuld ins Spiel kommt; denn wenn der Herr, wider den wegen des Sondergutes Klage erhoben worden, bereit ist, die im Sondergut begriffenen Sachen dem Kläger abzutreten, so muss er, nach seiner [des Africanus] Ansicht, aus Gründen gehört werden, vorausgesetzt, dass er dieses ohne böse Absicht und ohne Zögern thut.
African. lib. VII. Quaest. Wenn derjenige, bei welchem du eine Sache niedergelegt haben wirst, sie bei einem Andern niederlegen sollte, und der sich Etwas aus böser Absicht sollte haben zu Schulden kommen lassen, so ist der, bei welchem du niedergelegt hast, wegen der bösen Absicht desjenigen, bei welchem nachher niedergelegt worden ist, insoweit gehalten, dass er dir seine Klagen abtreten muss.
African. lib. VII. Quaest. Wenn du mir die Erbschaft des Lucius Titius verkauft und hernach dessen Schuldner beerbt hast, so kannst du von mir mit der Klage aus dem Kaufe belangt werden. 1Dasselbe findet noch unstreitiger in dem Falle Statt, wenn Jemand seinen Gläubiger beerbt und die Erbschaft verkauft hat.
African. lib. VII. Quaestion. Ein Vater, hat, als er für seine Tochter ein Heirathsgut gab, paciscirt, dass, wenn die Tochter gestorben wäre und ein oder mehrere Kinder [derselben] sie überlebten, nach Abzug des dritten Theils, das übrige Heirathsgut ihm, oder nach seinem Tode dem oder jenem von seinen Söhnen, welche er in der Gewalt hatte, zurückgegeben werden solle; sodann hat er sich stipulirt, dass dies so geschehen solle; nach seinem Tode war die Frau während der Ehe gestorben und hatte Söhne hinterlassen; man hat gefragt, ob jene aus der Stipulation zwei Dritttheile fordern können? Ich habe zum Bescheid gegeben, dass sie es könnten; denn die Kraft dieser Stipulation bestehe darin, dass, wenn [die Frau] während der Ehe gestorben wäre, das Heirathsgut dem Vater zurückgegeben werden sollte, und es sei eben so anzusehen, als wenn eine solche Stipulation eingegangen worden wäre: du gelobst mir, dass mir oder nach meinem Tode dem Lucius Titius [Etwas] gegeben werden solle, wenn das Schiff aus Asien gekommen sein wird? denn auch wenn nach dem Tode des Stipulators das Schiff gekommen wäre, so werde [das Versprochene] dem Erben geschuldet.
African. lib. VII. Quaest. [Eine Frau,] welche eine bestimmte Geldsumme als Heirathsgut versprochen hatte, hatte Einige zugezogen, welche stipuliren sollten, dass ihnen ein Theil des Heirathsguts nach getrennter Ehe gezahlt würde; sie war, ohne dass sie ein Heirathsgut gegeben hatte, gestorben, indem sie denselben Ehemann zu ihrem Erben hinterliess, der hatte ihre [ihm] Schaden bringende Erbschaft angetreten; er wird nichts desto weniger den Stipulatoren gehalten sein, weil er durch das Antreten der Erbschaft der Schuldnerin gegen seine Forderung (secum) aufgerechnet zu haben schien; auch gehört es weiter nicht zur Sache, dass die Erbschaft nicht zahlungsfähig war, weil sie auch anderen Gläubigern gehalten ist.
Ad Dig. 41,1,40Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 186, Note 12.African. lib. VII. Quaest. Es ist die Frage erhoben worden, ob, wenn Derjenige, dem ein freier Mensch im guten Glauben dient, gestorben, und Derjenige sein Erbe geworden, der da wusste, dass er frei sei, letzterer durch den ersteren erwerben könne? — Dieser, sagt er, kann nicht als Besitzer im guten Glauben betrachtet werden, sobald er anfängt einen Freien wissentlich zu besitzen, weil auch, wenn Jemand sein Landgut vermacht hat, der Erbe, der darum weiss, zweifelsohne an den Früchten davon das Eigenthum nicht erwirbt; um so weniger also dann, wenn der Testator dasselbe, als im guten Glauben gekauft, besessen hat; in Ansehung des Dienstes und der Pflichtleistungen der Sclaven ist nun ganz derselbe Grund zu befolgen, sodass, sie mögen eigene oder fremde, oder vermachte, oder in einem Testamente freigelassene gewesen sein, den Erben, die davon unterrichtet waren, durch dieselben nichts erworben wird; denn das steht sich ohngefähr gleich, dass allemal dann, wenn der Besitzer im guten Glauben die verzehrten Nutzungen von Grundstücken sich zu eigen macht, er auch durch den Sclaven aus dessen Diensten und seinem Vermögen erwirbt.
African. lib. VII. Quaest. Wenn dich dein Sclave von dem Landgute, welches ich, während ich es besass, dir zum Unterpfande gegeben habe, vertrieben hat, so, sagt er, besitzest du dennoch, weil du den Besitz durch den Sclaven selbst behältst. 1Wenn der Pächter, durch den der Eigenthümer besitzt, mit Tode abgegangen ist, so ist es des Nutzens wegen angenommen worden, dass der Besitz durch denselben behalten und fortgesetzt werde, durch dessen Tod nicht sofort der Besitz als unterbrochen zu betrachten ist, sondern erst dann, wenn der Eigenthümer die Besitzerlangung vernachlässigt hat. Dasselbe33Idem statt aliud nach Savigny a. a. O. S. 337. ist anzunehmen, wenn der Pächter freiwillig aus dem Besitz gewichen ist; dies ist jedoch nur dann wahr, wenn inzwischen kein Fremder die Sache in Besitz genommen hat, sondern dieselbe stets bei der Erbschaft des Pächters verblieben ist. 2Ich habe einen dir gehörigen Sclaven im guten Glauben von Titius gekauft und mir übergeben besessen; als ich nachher erfuhr, er gehöre dir, habe ich angefangen ihn zu verstecken, damit du keine Klage erhebest; es kann darum, sagt er, um nichts mehr angenommen werden, dass ich ihn während der [künftigen] Zeit heimlich besessen habe. Denn auf der andern Seite würde ich, wenn ich wissentlich deinen Sclaven vom Nichteigenthümer gekauft und denselben heimlich zu besitzen angefangen, und nachher dich davon in Kenntniss gesetzt habe, deshalb keinesweges aufhören, heimlich zu besitzen. 3Wenn ich meinen Sclaven dem Käufer im guten Glauben heimlich entführt habe, so, hat er sich ausgesprochen, besitze ich nicht heimlich, weil der Eigenthümer weder durch ein bittweises Ersuchen, noch durch den Pacht seiner eigenen Sache gebunden wird, und der Grund eines heimlichen Besitzes von diesen beiden Gründen nicht getrennt werden kann44D. h. heimlicher Besitz an einer eigenen Sache kann ebenso wenig statthaben, als bittweiser oder Pacht derselben..
African. lib. VII. Quaest. Die allgemeine Regel, dass Derjenige, wer da glaubt, Etwas gekauft zu haben, und nicht gekauft hat, nicht als Käufer ersitzen könne, sagt er, ist mit der Beschränkung zu verstehen, wenn der Käufer keinen rechtmässigen Entschuldigungsgrund seines Irrthumes hat; denn wenn der Sclave oder Geschäftsbesorger, dem er eine Sache zu kaufen aufgetragen, ihm vorgeschwatzt hat, dass er gekauft habe, und dann übergeben hat, so spricht mehr für den Eintritt der Ersitzung.
Ad Dig. 44,7,23Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 285, Note 10.Idem lib. VII. Quaest. Es war, wie gewöhnlich, für den Fall, dass, wenn ein zur überseeischen Versendung bestimmtes Darlehn55Trajectitia pecunia, s. Bd. II. S. 616. Anm. 54. nicht zu dem bestimmten Tage zurückgezahlt worden wäre, eine Strafe wegen des Dienstes des [Sclaven], der dasselbe einziehen sollte66Und in der Regel den zur See Gehenden begleitete., zum Gegenstand einer Stipulation gemacht worden; der, welcher es einziehen sollte, liess davon, nachdem er einen Theil eingezogen hatte, ab, und hatte dann nach Verlauf einiger Zeit zu mahnen angefangen. Um Rath befragt, hat er geantwortet: auch für die Zeit, wo er nicht gemahnt worden, könne die Strafe gefodert werden; überhaupt also auch dann, wenn gar keine Mahnung erfolgt sei; und es werde die Stipulation nur dann nicht in Wirksamkeit treten, wenn es nicht an dem Schuldner gelegen, dass er nicht Zahlung leistete; denn sonst werde ja, wenn Derjenige, welcher zu mahnen angefangen, aber, durch Krankheit verhindert, dies nicht weiter fortgesetzt habe, die Strafe nicht verwirkt werden77Dieser Nachsatz steht mit dem Vorherigen dem Anscheine und der Meinung Einiger nach in völligem Widerspruch; Accurs. hilft sich mit einem: quod non est verum. Charondas in der Marginalnote zu dieser Stelle glaubt, es sei zu verstehen, mora könne ante lit. cont. purgirt werden, wenn Object und Interesse angeboten würde; in seinen Verisimil. lib. III. c. 10. erwähnt er diese Schwierigkeit bei Gelegenheit dieser Stelle ebensowenig, wie Noodt de Usur. et foen. lib. III. c. 10. (p. 218. Opp.). Wenn man jedoch den Nachsatz so nimmt, wie in der Uebersetzung geschehen, verschwindet jeder Widerspruch. — Ich lese übrigens mit Flor. alioquin dicendum est.. Deshalb kann aber ein Zweifel entstehen, ob, wenn Jemand gemahnt worden ist und dann selbst sich einen Verzug zu Schulden kommen lässt, die Strafe nemlich auch dann verwirkt werde, obwohl er nachher das Geld anbiete? — Allein richtiger wird auch dies bejahet. Denn auch88Dies geht nicht auf den nächstvorhergehenden Satz, sondern auf den Hauptsatz nec aliter non committi, als Vergleichung bei einem speciellen Beispiel. wenn ein in Folge eines Compromisses erwählter Schiedsrichter die Zahlung einer Summe Geldes zu einem bestimmten Tage befohlen, und es nicht an Dem gelegen hat, dem die Verabreichung anbefohlen worden ist, [dass dies nicht geschehen], wird, hat er geantwortet, die Strafe nicht verwirkt; Servius hat daher richtig die Behauptung aufgestellt, dass, wenn in dem Ausspruch eines Schiedsrichters für die Zahlung kein Tag bestimmt worden sei, ein mässiger Zeitraum als dazu ertheilt betrachtet werde. Dies gilt auch, wenn Etwas unter der Bedingung verkauft worden ist, dass der Kauf rückgängig sein solle, wenn der Kaufpreis nicht bis zu einem bestimmten Tage gezahlt worden wäre.
Idem lib. VII. Quaest. Es ist eine Stipulation auf folgende Art eingegangen worden: Wenn Titius Consul geworden sein wird, gelobst du alsdann von diesem Tage99In diesem hac die liegt der Zweifel, ob es sich auf den Tag der eingegangenen Stipulation oder auf den Zeitpunkt bezieht, wo Titius Consul geworden sein wird. an Jahr für Jahr zehn zu geben? nach drei Jahren tritt die Bedingung ein; nicht mit Unrecht wird gezweifelt, ob wegen einer Schuld für diese [Zwischen] Zeit geklagt werden kann. Er ertheilte zur Antwort: eine solche Stipulation sei rechtsgültig: und zwar so, dass angenommen werde, die Leistung sei darin auch für die [Zwischen]Jahre, welche vor Erfüllung der Bedingung abgelaufen, auf diesen Zeitraum gestellt worden, und dass also in ihr der Sinn liege: dann, wenn Titius Consul geworden sein wird, sollen Jahr für Jahr, auch mit Rücksicht auf die vergangene Zeit zehn gewährt werden.
African. lib. VII. Quaest. Ein Erbe hat von einem Erbschaftsschuldner einen Bürgen erhalten, sodann die Erbschaft dem Trebellianischen [Senatsschluss] gemäss ausgeantwortet; [Africanus] sagt, dass die Verbindlichkeit des Bürgen in ihrem Zustand bleibe, und dass in diesem Falle dasselbe zu beobachten sei, was beobachtet wurde, wenn ein Erbe, gegen welchen der aus der väterlichen Gewalt entlassene Sohn [des Erblassers] den Nachlassbesitz erhalten hat, einen Bürgen angenommen hat. Und darum gehen in beiden Fällen die Klagen über1010Auf den Fideicommissar und den bonorum possessor.. 1Es ist nichts Neues, dass ein Bürge aus zwei Verbindlichkeiten wegen desselben Geldes gehalten sei, denn wenn er auf einen Termin angenommen war, und bald darauf ohne Nebenbestimmung angenommen wird, so ist er aus beiden [Gründen] verbindlich, und wenn ein Bürge Erbe seines Mitbürgen geworden ist, so wird dasselbe stattfinden. 2Ich habe deinem Sclaven Geld dargeliehen, du hast ihn freigelassen, sodann habe ich denselben als Bürgen angenommen. [Africanus] sagt, wenn er sich für ein solches Forderungsrecht verbürge, welches gegen dich innerhalb eines Jahres zustehe1111S. tit. D. quando de peculio act. annalis est. 15. 2., so werde er verbindlich gemacht, wenn aber wegen einer eigenen natürlichen [Verbindlichkeit1212S. l. 13. pr. D. de condict. ind. 12. 6. u. l. 14. D. de obl. et act. 44. 7.], so werde vielmehr nichts ausgerichtet, denn man könne nicht annehmen, dass Jemand dadurch, dass er sich für sich selbst verbürge, verbindlich werde. Wenn aber dieser Sclave, nachdem er freigelassen worden, Erbe seines Bürgen werde, so ist [Africanus] der Meinung gewesen, dass das Verhältniss der Verbürgung fortdauere, und doch nichtsdestoweniger die natürliche Verbindlichkeit bleiben werde, so dass, wenn die civilrechtliche Verbindlichkeit untergehe, [doch] das Gezahlte nicht zurückgefordert werden könne; auch sei dem nicht entgegen, dass, wenn ein Schuldner Erbe seines Bürgen werde, die Bürgschaftsverbindlichkeit aufgehoben werde, weil dann die doppelte civilrechtliche Forderung gegen einen und denselben nicht stattfinden kann. Auch umgekehrt, wenn der Bürge Erbe des Sclaven, nachdem derselbe freigelassen, geworden ist, bleibt dieselbe Forderung gegen ihn, obwohl er auch naturrechtlich gehalten ist, und Niemand sich für sich selbst verbürgen kann. 3Wenn aber der Stipulator den Schuldner zum Erben eingesetzt hat, so vernichtet er die Verbindlichkeit des Bürgen durchaus, mag nun eine civilrechtliche, oder nur eine naturrechtliche Forderung gegen den Schuldner vorhanden gewesen sein, weil nemlich Niemand bei Einem für diesen selbst verbindlich sein kann. Wenn aber derselbe Stipulator den Bürgen zum Erben eingesetzt hat, so hat er ohne Zweifel blos die Verbindlichkeit des Bürgen vernichtet. Ein Beweis dafür ist, dass, wenn der Besitz des Vermögens des Schuldners dem Gläubiger ertheilt worden ist, auf gleiche Weise zu sagen ist, dass der Bürge verbindlich bleibe. 4[Africanus] hat das Gutachten ertheilt, da sowohl du, als auch Titius Schuldner desselben Geldes wäret, so könne Der, welcher sich für dich verbürgt hat, sich auch für den Titius verbürgen, obwohl er [dann] dasselbe Geld ein und demselben schulden würde, auch würde das für den Gläubiger doch nicht ohne Nutzen sein; denn in einigen Fällen würde er davon einen Vortheil haben, z. B. wenn der Bürge Erbe Desjenigen werde, für welchen er sich zuerst verbürgt hätte; denn dann würde, nachdem die frühere Verbindlichkeit [des Bürgen] durch die Vereinigung in einer Person erloschen sei, die spätere fortdauern. 5Wenn der Bürge Erbe des Stipulators geworden ist, so fragt es sich, ob er, gleich als habe er das schuldige Geld von sich selbst eingefordert, gegen den Schuldner die Auftragsklage habe? [Africanus] hat das Gutachten ertheilt, man könne nicht annehmen, dass der Bürge selbst von sich das Geld eingefordert habe; daher wird er vielmehr mit der Klage aus der Stipulation, als mit der Auftragsklage klagen müssen.
African. lib. VII. Quaest. [Africanus] sagt, wenn Jemand stipulirt habe, dass ihm oder dem Titius gegeben werden solle, so sei mehr dafür, dass man nur dann sagen dürfe, es werde dem Titius richtig gezahlt, wenn er in demselben Rechtszustand bleibe, in welchem er sich befunden hat, als die Stipulation eingegangen wurde. Sonst wenn er entweder an Kindesstatt angenommen, oder ins Exil gegangen, oder ihm der Gebrauch des Wassers und Feuers untersagt, oder er Sclave geworden sei, müsse man sagen, dass ihm nicht richtig gezahlt werde; es scheint nämlich in der Stipulation stillschweigend diese Bedingung, wenn er in demselben Rechtsverhältniss bleibt, enthalten zu sein. 1[Africanus] ist der Meinung gewesen, dass, wenn ich meinem Schuldner geheissen, dem Titius zu zahlen, sodann dem Titius verboten, es anzunehmen, und der Schuldner, dies nicht wissend, gezahlt habe, derselbe dann befreit werde, wenn Titius die Gelder nicht in der Absicht angenommen habe, um mit denselben einen Gewinn zu machen; sonst würden sie, weil er einen Diebstahl an denselben begehen wollte, dem Schuldner bleiben, und darum könne für den Schuldner zwar die Befreiung von Rechtswegen nicht eintreten, jedoch sei es billig, dass man ihm mit einer Einrede zu Hülfe komme, wenn er bereit sei, die Diebstahlscondiction, welche er gegen den Titius hat, mir abzutreten; wie es gehalten werde, wenn ein Ehemann, in der Absicht, seiner Ehefrau Etwas zu schenken, seinem Schuldner heisse, ihr zu zahlen; denn auch in diesem Falle werde der Schuldner nicht befreit, weil die Gelder nicht Eigenthum der Frau werden, aber er sei gegen den Ehemann durch eine Einrede zu schützen, wenn er die Condiction, welche er gegen die Frau hat, [dem Ehemann] abtrete1313In der Gebauer-Spang. und der Beckschen Ausg. werden die Worte: si condictionem, quam adversus mulierem habet, praestet, durch den Druck ausgezeichnet, gleich als wären sie die Exceptionsformel. Allein das sollen sie wohl ebensowenig sein, als die weiter oben vorkommenden: si paratus sit, condictionem furt. etc. Es entspricht auch die Fassung derselben keineswegs der der Exceptionen. (S. Zimmern Gesch. d. R. Pr. R. Bd. 3. §. 93.) und auch die Basilica XXVI. 5. 38. T. IV. p. 147. geben sie nicht in jener Eigenschaft wieder.; es würde mir jedoch in dem vorliegenden Falle die Diebstahlsklage nach der Ehescheidung1414Die Worte post divortium, welche A. Faber Conject. III. 19. streichen wollte, erklärt Cujac. ad Afric. Tr. VII. (Opp. ed. Fabrot. T. I. p. 1466) so, dass die Frau nach der Scheidung die Gelder angenommen habe, obgleich sie gewusst habe, dass der Mann sie ihr nicht mehr schenken wollte. zustehen, weil mir daran gelegen sei, dass die Gelder nicht unterschlagen seien. 2Es ist gegen einen Herrn wegen des Sonderguts [seines Sclaven] geklagt worden; derselbe ist verurtheilt worden und hat gezahlt. [Africanus] hat das Gutachten ertheilt, dass auch die für den Sclaven angenommenen Bürgen befreit würden; denn dass dasselbe Geld für mehrere Verhältnisse gezahlt werden könne, dafür diene zum Beweis, dass, wenn Bürgschaft gestellt worden, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, und der verurtheilte Schuldner zahle, nicht blos von der Klage aus dem Urtheil, sondern auch von der aus der Stipulation, sowohl er selbst, als auch die Bürgen befreit würden. Und es sei diesem Falle der weniger ähnlich1515Die gewöhnliche Lesart, auch der Florent. Hdsch. ist: et magis simile est. Accursius hat jedoch auch die Lesart: dissimile bemerkt, und dass diese vorzuziehen sei, darüber s. Cujac. l. l. u. Observatt. XI. c. 34. Auch die Basil. XXVI. 5. 38. (T. IV. p. 147. ex.) geben das Folgende als Gegensatz des Vorhergehenden., dass, wenn der Besitzer einer Erbschaft in der Meinung, dass er Erbe sei, gezahlt habe, der Erbe nicht befreit werde; denn dann würde dies deshalb nicht geschehen, weil jener, da er in seinem Namen ungeschuldetes Geld gegeben, die Zurückforderung desselben hätte. 3Wenn Derjenige, welcher einen Sclaven versprochen hat, einen Bedingtfreien leisten sollte, so glaube ich mehr, dass die Bedingung nicht zu erwarten sei, sondern sowohl der Gläubiger klagen könne, als auch jenem die Condiction zustehe1616Das Gegentheil steht in der l. 9. §. 2. D. de statu lib. 40. 6. Vgl. Faber Conj. II. 7. u. Rational. ad l. 63. D. de cond. indeb.. Wenn aber unterdessen die Bedingung weggefallen sein wird, so wird [der Schuldner] ebenso befreit, als wenn Jemand, während die Bedingung schwebt, aus Irrthum gezahlt hat, und, ehe er condicirte, die Bedingung in Erfüllung gegangen sein wird. Das wird man auf keine Weise passend sagen können, dass, wenn, nachdem Stichus (der Bedingtfreie) gestorben, die Bedingung wegfalle, der Schuldner befreit werde, obwohl er, wenn sie beim Leben des [Stichus] weggefallen wäre, befreit würde, weil du in jenem Falle zu keiner Zeit den Sclaven vollkommen zu dem meinigen gemacht hast; sonst würde wenig fehlen, dass du auch, wenn du einen solchen Sclaven, an welchem ein Anderer den Niessbrauch hat, mir geleistet hättest, und derselbe, während der Niessbrauch noch bestand, verstorben wäre, durch jene Leistung befreit zu sein schienst; was doch auf keine Weise anzunehmen ist, ebensowenig als wenn du einen gemeinschaftlichen Sclaven geleistet hättest, und der verstorben wäre. 4Wenn Jemand sich für einen Schuldner verbürgt hat, welcher zurückgekehrt, und, während er um des Staats willen abwesend war, von der Klage befreit worden ist, sodann ein Jahr1717Nemlich der utilis annus, während dessen vor Justinian (l. 7. C. de temp. in integr. rest. 2. 53.) die Restitution, welche hier wegen der Abwesenheit des Schuldners hätte nachgesucht werden können, verjährte. Eben daraus dass diese Zeit ein tempus utile war, lässt sich auch das Eigenthümliche dieser Stelle am besten erklären, indem, wenn rücksichtlich des Schuldners, nicht aber rücksichtlich des Bürgen während des Jahres experiundi potestas gewesen war, der annus utilis zwar für jenen, nicht aber für diesen abgelaufen war, so dass der Gläubiger gegen den Letztern noch immer Restitution suchen konnte. S. Burchardi die Lehre von der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, S. 529. ff. vergangen ist, ob dann wohl der Bürge befreit wird? Und Julianus nahm dies nicht an, wenn nämlich nicht Gelegenheit, gegen den Bürgen zu verfahren, vorhanden gewesen ist1818„Wenn lediglich der Bürge daran Schuld war, dass der Creditor ihn nicht früher belangen konnte.“ Burchardi a. a. O. S. 531.; aber in diesem Falle müsse aus dem Edict die Klage gegen den Bürgen selbst wiederhergestellt werden1919D. h. es müsse gegen den Bürgen die Restitution noch zugelassen werden, weil der annus utilis rücksichtlich seiner, der ja Schuld daran war, dass der Gläubiger gegen ihn nicht hatte klagen können, noch nicht abgelaufen sei. Hierbei ist auch der Umstand wesentlich, dass nach d. älteren Recht die Bürgen mit dem Hauptschuldner in solidum hafteten, so dass also der Gläubiger, wenn zwar die Verjährungsfrist für den Schuldner, nicht aber auch für den Bürgen abgelaufen war, noch gegen den Letztern Restitution suchen konnte. S. Burchardi a. a. O., ebenso wie gegen den Bürgen, welcher den versprochenen Sclaven getödtet habe. 5Der, welcher sich für dich beim Titius verbürgt hatte, hat für seine Verbindlichkeit ein Pfand bestellt; darauf hat derselbe dich zum Erben eingesetzt. Obwohl du aus dem Bürgschaftsverhältniss nicht gehalten bist, so wird doch nichtsdestoweniger das Pfand verbindlich bleiben. Aber wenn derselbe einen Anderen als Bürgen gestellt, und dann dich zum Erben eingesetzt habe, so sagt [Africanus], sei die Meinung richtiger, dass nachdem die Verbindlichkeit Desjenigen, für welchen die [zweite] Verbürgung geschehen, aufgehoben sei, auch Der, welcher sich verbürgt habe, befreit werde.
Übersetzung nicht erfasst.