De solutionibus et liberationibus
(Von den Zahlungen und Befreiungen1.)
1Solutio im weitesten Sinne ist mit liberatio, d. h. jeder Beendigungsart einer obligatio, gleichbedeutend. L. 47. D. de v. s. 50. 16. Im engeren hier anzunehmenden Sinne aber ist solutio die wirkliche Leistung Dessen, was man schuldig ist (l. 176. D. eod.), und im engsten die Bezahlung einer Geldsumme. Vergl. auch noch l. 49. 52. 80. h. t. Da das Wort Zahlung in der juristischen Sprache die beiden letzteren Bedeutungen ebenfalls hat, so ist es für solutio gebraucht worden.
1Ad Dig. 46,3,1ROHGE, Bd. 4 (1872), S. 217: Liberation eines Schuldners ohne dessen Wissen durch Zahlung bez. Angabe an Zahlungsstatt, Novation eines Dritten.Ulp. lib. XLIII. ad Sabin. Wenn ein Schuldner, welcher aus mehreren Gründen verbindlich ist, eine einzige Schuld bezahlt, so steht es in dem Ermessen des Zahlenden, zu sagen, welche Schuld er lieber bezahlt wissen wolle, und die, welche er angegeben haben wird, wird bezahlt sein; denn man kann für Das, was man zahlt, einen bestimmten Zweck angeben. Wenn man aber die Schuld nicht angiebt, welche bezahlt sein solle, so steht es in dem Ermessen des Empfängers, auf welche Schuld er es lieber als empfangen annehmen wolle, wenn er es nur auf die Schuld als bezahlt festsetzt, auf welche er es selbst, wenn er schuldete, zahlen würde, und von welcher Schuld er, wenn er schuldete, sich befreien würde, das heisst nicht22Eine Negation ist hier durchaus nothwendig, wenn die folgenden Worte einen passenden Sinn geben sollen. Cujac. Observatt. V. c. 34. nimmt zu diesem Behuf eine Umstellung vor, indem er statt: id est in id debitum, quod non est in controversia etc. schreibt: id est non in id deb., quod est in contr., womit die Basil. XXVI. 5. 1. (T. IV. p. 137.) übereinstimmen. Donellus u. A. hingegen lassen jene Worte unverändert, lesen aber im Folgenden statt: aut in illud etc. haut in ill., wie auch Accursius gelesen zu haben scheint. Vgl. über Alles van de Water Observatt. jur. R. II. c. 14. p. 193 sqq. auf die Schuld, über welche Streit statt findet, oder auf die, für welche der [Schuldner] für einen Anderen sich verbürgt hatte, oder deren Termin noch nicht gekommen war; denn man hat es für ganz billig gehalten, dass der Gläubiger die Angelegenheit des Schuldners so führe, wie er die seinige führen würde. Es wird also dem Gläubiger gestattet, zu bestimmen, auf welche Schuld er es bezahlt wissen wolle, wenn er es nur so bestimmt, wie er es in seiner eigenen Angelegenheit bestimmen würde. Aber er muss es auf der Stelle33In re praesenti. Vgl. über den letzten Theil der Stelle van de Water l. l. p. 195. sqq. bestimmen, das heisst, sogleich sowie gezahlt worden ist,
2Florentin. lib. VIII. Inst. da bei der Verhandlung dieser Sache das Statt findet, dass es sowohl dem Gläubiger freisteht, nicht anzunehmen, als auch dem Schuldner, nicht zu geben, wenn der eine von ihnen es auf eine andere Forderung bezahlt wissen will.
3Ulp. lib. XLIII. ad Sabin. Sonst wird es ihm nachher nicht gestattet. Dieser Umstand wird bewirken, dass er es immer auf das drückendere Schuldverhältniss als bezahlt ansehen muss; denn so würde er es auch bei seiner eigenen Schuld bestimmen. 1Wenn es aber etwa von Keinem von Beiden angegeben sein sollte, so scheint unter den Schuldforderungen, welche eine Zeitbestimmung oder eine Bedingung enthalten haben, die bezahlt zu sein, deren Termin gekommen ist,
4Pompon. lib. XIII. ad Quint. Muc. und eher die, welche ich in eigenem Namen, als die, welche ich für einen Anderen als Bürge schulde, und lieber die, welche mit einer Strafe, als die, welche ohne Strafe geschuldet wird, und lieber die, welche ich mit Bürgschaft, als die, welche ich ohne Bürgschaft schulde.
5Ulp. lib. XLIII. ad Sabin. Rücksichtlich der Schulden aber, welche sofort gefällig sind, ist es bekannt, dass, wenn Etwas unbestimmt gezahlt wird, es auf das drückendere Schuldverhältniss bezahlt zu sein scheine, wenn aber keins drückender ist, das heisst, wenn alle Schuldforderungen sich gleich sind, auf das ältere. Es scheint [aber] Das, was unter Bürgschaft geschuldet wird, drückender zu sein, als Das, was ohne Nebenbestimmung ist. 1Wenn Jemand zwei Bürgen gestellt haben wird, so kann er so zahlen, dass er einen befreit44Vgl. Averanii Interpretatt. jur. II. c. 6.. 2Ad Dig. 46,3,5,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 289, Note 1.Der Kaiser Antoninus hat mit seinem höchstseligen Vater55Antoninus (Caracalla) mit seinem Vater Septimius Severus. rescribirt, wenn der Gläubiger dadurch, dass die Pfänder verkauft worden sind, Geld erhalten, und nun Zinsen zum Theil geschuldet, zum Theil ungeschuldet66D. h. hier civilrechtlich ungeschuldet, nicht aber naturrechtlich. seien, so nütze Das, was auf die Zinsen gezahlt wird, für beide Zinsverhältnisse, sowohl für die geschuldeten, als für die ungeschuldeten; z. B. es würden einige von ihnen in Folge einer Stipulation, andere in Folge eines Pactums geschuldet. Wenn aber die Summe der geschuldeten und der ungeschuldeten Zinsen nicht gleich sein sollte, so ist Das, was gezahlt worden ist, für beide Verhältnisse in gleichem Maasse nicht verhältnissmässig von Nutzen, wie die Worte des Rescripts zeigen. Aber wenn etwa Zinsen nicht geschuldet sind, und Jemand schlechthin Zinsen bezahlt hat, welche er überhaupt gar nicht durch Stipulation versprochen77Erat stipulatus. S. die Bem. zu l. 26. §. 13. D. de cond. ind. 12. 6. hatte, so hat der Kaiser Antoninus mit seinem höchstseligen Vater rescribirt, dass das Gezahlte auf den Hauptstamm gerechnet werde. Demselben Rescript wird aber Folgendes hinzugefügt: Was im Allgemeinen verordnet worden ist, dass das gezahlte Geld zuerst auf die Zinsen anzurechnen sei, scheint sich auf solche Zinsen zu beziehen, welche zu bezahlen, der Schuldner gezwungen werden kann, und sowie die in Folge der in einem Pactum getroffenen Uebereinkunft gezahlten nicht zurückgefodert werden können, so wird Das, was nicht unter dem besondern Namen [als Zinsen] gezahlt worden ist, nicht nach dem [blossen] Ermessen des Gläubigers für bezahlte [Zinsen] gehalten werden88S. die Note bei Gothofred. u. die Basil. XXVI. 5. 5. T. IV. p. 138.. 3Beim Marcellus im zwanzigsten Buche der Digesta wird die Frage aufgeworfen: ob, wenn Jemand seinem Schuldner [die Zahlung] so bescheinigt habe: er nehme das Geld für den Hauptstamm und die Zinsen an, es verhältnissmässig sowohl von dem Hauptstamm, als den Zinsen abgehe, oder zuerst von den Zinsen und dann, wenn Etwas übrig ist, von dem Hauptstamm? Aber ich zweifle nicht, dass eine solche Bescheinigung für den Hauptstamm und für die Zinsen es zulasse, dass zuerst auf die Zinsen [abgerechnet werde,] [und] dass, wenn sodann noch Etwas übrig sei, es auf den Hauptstamm komme;
7Ulp. lib. XLIII. ad Sabin. Wenn [Etwas] aus einem infamirenden und [Etwas] aus einem nicht infamirenden Grund geschuldet wird, so scheint Das bezahlt zu sein, was aus dem infamirenden Grund geschuldet wird. Ebenso99Proinde. S. v. de Water l. l. p. 197 sqq. möchte ich dann, wenn [Etwas] in Folge eines Urtheils und [Etwas] nicht in Folge eines Urtheils geschuldet wird, Das für bezahlt halten, was in Folge des Urtheils geschuldet wird, und so nimmt Pomponius an. Demnach muss man [auch] dann, wenn Etwas in Folge eines Verhältnisses, welches durch Leugnen wächst1010D. h. aus welchem die Klage im Fall, dass der Beklagte leugnet, auf eine höhere Summe gerichtet werden kann. Siehe §. 26. I. de actt. 4. 6., oder aus einem mit einer Strafe verbundenen, geschuldet wird, sagen, dass Das bezahlt zu sein scheine, was die Befreiung von der Strafe mit sich bringt.
9Ulp. lib. XXIV. ad Sabin. Ich habe stipulirt, dass mir oder dem Stichus, dem Sclaven des Sempronius, gezahlt werden soll. Dem Sempronius kann nicht gezahlt werden, obwohl er der Herr des Sclaven ist. 1Derjenige, welcher Zehn schuldet, wird dadurch, dass er die Hälfte zahlt, rücksichtlich der Hälfte [des Gegenstandes] der Verbindlichkeit befreit, und blos die übrigen Fünf bleiben Gegenstand der Verbindlichkeit. Desgleichen ist Der, welcher den Stichus schuldet, nachdem er einen Theil des Stichus gegeben hat, auf den übrigen Theil gehalten. Wer aber einen Sclaven [im Allgemeinen] schuldet, hört dadurch, dass er einen Theil des Stichus giebt, nichtsdestoweniger nicht auf, einen Sclaven zu schulden, sonach kann der Sclave noch von ihm gefordert werden. Aber wenn der Schuldner den übrigen Theil des Stichus geleistet, oder es an dem Kläger gelegen haben wird, dass er ihn nicht annimmt, so wird der Schuldner befreit.
11Pompon. lib. VIII. ad Sabin. Wenn ich stipulirt haben werde: [Gelobst du] mir oder dem Mündel zu geben? so wird der Versprecher dadurch, dass er dem Mündel, [wenngleich] ohne Ermächtigung des Vormunds, zahlt, von der Verbindlichkeit gegen mich befreit werden.
12Ulp. lib. XXX. ad Sabin. Einem wahren Procurator wird richtig gezahlt. Unter einem wahren müssen wir aber Den verstehen, welchem es entweder besonders aufgetragen worden ist, oder welchem die Verwaltung aller Geschäfte aufgetragen worden ist. 1Zuweilen wird jedoch auch einem Nichtprocurator richtig gezahlt, z. B. Dem, dessen Name in die Stipulation gesetzt worden ist, z. B. wenn Jemand stipuliren sollte, [dass] ihm oder dem Titius [gegeben werden solle.] 2Ad Dig. 46,3,12,2ROHGE, Bd. 4 (1872), S. 303: Zahlung an einen zur Geldempfangnahme beauftragten Gehilfen nach Widerruf der Vollmacht.ROHGE, Bd. 10 (1874), S. 381: Wirkung des theilweisen Widerrufs bez. der Beschränkung einer bisher unbeschränkten Vollmacht auf den Verkehr mit dritten Contrahenten.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 307, Note 3.Aber auch, wenn Jemand mir aufgetragen, dass ich dem Titius zahlen solle, sodann verboten haben wird, dass derselbe es annehme, und ich nichtwissend, dass es diesem verboten sei, es anzunehmen, ihm zahlen werde, so werde ich befreit werden; aber wenn ich es gewusst haben werde, so werde ich nicht befreit werden. 3Ein anderes Verhältniss findet statt, wenn man mir den Fall vorlegen sollte, dass Jemand sich oder dem Titius Etwas stipulirt habe; denn in diesem Falle werde ich, wenngleich er es mir verbietet, dem Titius zu zahlen, doch dadurch, dass ich zahle, befreit werden, weil die Stipulation eine bestimmte Bedingung enthalten hat, welche der Stipulator nicht hat verändern können. 4Aber auch, wenn ich nicht einem wahren Procurator zahlen, der Geschäftsherr es aber genehmigen sollte, dass gezahlt worden ist, tritt Befreiung ein; denn die Genehmigung wird dem Auftrag gleichgestellt.
13Julian. lib. LIV. Dig. Genehmigen muss aber der Geschäftsherr dann, wenn er zuerst [von der Zahlung] benachrichtigt worden ist. Aber es ist dies in einem weiteren Sinne1111Ἐν πλάτει. S. die Bem. zu l. 28. pr. D. de probat. 22. 3. u. vgl. l. 12. §. 2. D. ratam rem hab. 46. 8. und mit etwas Zeitraum zu verstehen, sowie bei einem Vermächtniss, wenn das Ausschlagen1212Vgl. hierüber Cujac. ad libb. Juliani Digestor. (Opp. T. VI.) ad h. l. u. Observatt. XXV. 20. desselben in Frage sein würde, etwas Zeitraum dazu genommen würde, weder ein ganz kleiner, noch ein sehr grosser, und also ein solcher, welchen man mehr durch den Verstand begreifen, als durch Worte ausdrücken kann.
14Ulp. lib. XXX. ad Sabin. Wenn aber etwa Jemand so zahlen sollte, dass er, wenn es nicht genehmigt werde, [das Gezahlte] condiciren wolle, so steht, wenn der Geschäftsherr die Zahlung nicht genehmigt haben wird, Dem, welcher gezahlt hat, die Condiction zu. 1Ad Dig. 46,3,14,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 443, Note 5.Es giebt einige Vormünder, welche Ehrenvormünder genannt werden, andere, welche um ihrer Kenntniss der Vermögensverhältnisse willen bestellt werden, noch andere, welche zu dem Zweck bestellt werden, dass sie verwalten sollen. Und dies fügt entweder der Vater hinzu, dass z. B. ein Einziger verwalten solle, oder es wird durch den Willen der Vormünder einem Einzigen die Verwaltung übertragen, oder der Prätor bestimmt es so. Ich behaupte nun, dass, welchen Vormündern auch immer gezahlt sei, auch wenn Ehrenvormündern, — denn auch diese trifft die Gefahr [der Vormundschaft,] — richtig gezahlt werde, wenn ihnen nicht vom Prätor die Verwaltung untersagt sein sollte; denn wenn sie untersagt ist, so wird ihnen nicht richtig gezahlt. Dasselbe behaupte ich auch dann, wenn Jemand wissentlich solchen, welche als verdächtig angeklagt worden sind, zahlen sollte; denn diesen scheint unterdessen die Verwaltung untersagt worden zu sein. 2Wenn aber Jemand einem abgesetzten gezahlt hat, so hat er einem Solchen gezahlt, welcher aufgehört hatte, Vormund zu sein, und darum wird er nicht befreit werden. 3Wie nun, wenn er einem solchen gezahlt hat, an dessen Stelle ein Curator zu bestellen war, z. B. einem für immer oder auf einige Zeit relegirten? Ich behaupte, dass er, wenn er [ihm,] ehe der Curator an die Stelle [desselben] gesetzt wurde, gezahlt hat, befreit werden müsse. 4Aber auch, wenn [Jemand] einem solchen, welcher um des Staats willen sich entfernen wollte, gezahlt hat, so hat er richtig gezahlt; ja sogar auch, wenn er einem abwesenden [gezahlt hat,] wenn nur nicht ein Anderer an die Stelle desselben gesetzt ist. 5Mögen sie aber gesetzliche, oder testamentarische, oder nach vorgängiger Untersuchung bestellte [Vormünder] sein, es wird selbst einem einzigen [von ihnen] richtig gezahlt. 6Ob einem solchen, welcher um seiner Kenntniss [der Vermögensverhältnisse] willen bestellt worden ist, richtig gezahlt werde, ist zu untersuchen, weil er zur Belehrung seiner Mitvormünder bestellt wird. Aber da er Vormund ist, so glaube ich, dass, wenn es nicht verboten sei, ihm zu zahlen, [durch die Zahlung] Befreiung eintrete. 7Auch dem Curator eines Rasenden wird richtig gezahlt; desgleichen dem Curator eines Solchen, welcher selbst allein für sich nicht sorgen kann, entweder wegen seines Alters, oder wegen einer anderen rechtmässigen Ursache; dass aber auch dem Curator eines Mündels richtig gezahlt werde, ist bekannt. 8Dass ein Mündel ohne die Ermächtigung des Vormundes nicht zahlen könne, ist allgemein bekannt; vielmehr werden die Gelder, welche er gegeben haben wird, nicht Eigenthum des Empfängers werden, und vindicirt werden können, freilich, wenn sie verbraucht sein werden, wird er befreit werden.
15Paul. lib. VI. ad Sabin. Einem Mündel kann ohne Ermächtigung des Vormundes nicht gezahlt werden. Aber er kann auch nicht delegiren, weil er auch keine Sache veräussern kann. Wenn jedoch ein Schuldner einem solchen gezahlt hat, und die Gelder unberührt sind, so wird der Schuldner den Mündel, wenn er klagt, mit der Einrede der bösen Absicht zurückweisen.
16Pompon. lib. XV. ad Sabin. Wenn einem Schuldner [die Schuld] unter einer Bedingung erlassen wird, so sieht man es, wenn nachher die Bedingung eintritt, so an, als ob er schon vorher befreit wäre. Und dass dies auch dann eintrete, wenn die Zahlung in der That geschehe, behauptete Aristo; er hat nemlich geschrieben: dass, wenn Jemand unter einer Bedingung Geld versprochen, und es unter der Bedingung gegeben hat, dass es, wenn die Bedingung eingetreten wäre, als Zahlung gelten sollte, er befreit wäre, wenn die Bedingung eintrete, und es nicht im Wege stehe, dass das Geld vorher [wiederum] das seinige geworden ist.
17Idem lib. XIX. ad Sabin. Cassius sagt, dass, wenn ich Jemandem Geld gegeben hätte, damit er es meinem Gläubiger zahlen sollte, keiner von uns beiden befreit werde, wenn er es in seinem Namen gegeben habe, ich nicht, weil es nicht in meinem Namen gegeben sei, jener nicht, weil er fremdes gegeben habe; übrigens sei er auf die Auftragsklage gehalten. Aber wenn der Gläubiger jene Gelder ohne Arglist verbraucht hatte, so wird Der, welcher sie in seinem Namen gezahlt hat, befreit werden, damit nicht, wenn es anders gehalten würde, der Gläubiger einen Gewinn machte.
18Ad Dig. 46,3,18Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 427, Note 4.Ulp. lib. XLI. ad Sabin. Wenn Jemand einem Sclaven, welcher der Einforderung der Gelder vorgesetzt war, nach der Freilassung desselben Zahlung geleistet hatte, so wird es, wenn es in Folge eines Contracts des Herrn geschehen ist, genügen, wenn er nicht gewusst hat, dass derselbe freigelassen sei. Wenn er aber in Folge einer Sondergutsangelegenheit [gezahlt hatte,] so wird er befreit sein, obwohl er gewusst hat, dass derselbe freigelassen sei, wenn er nur nicht gewusst hat, dass demselben das Sondergut entzogen sei. In beiden Fällen aber begeht der Freigelassene, wenn er das in der Absicht, zu unterschlagen, gethan hat1313Die Zahlung angenommen hat., einen Diebstahl gegen seinen [ehemaligen] Herrn. Denn auch wenn ich meinem Schuldner aufgetragen, dass er das Geld dem Titius zahlen sollte, sodann dem Titius verboten haben werde, es anzunehmen, und der Schuldner, dies nicht wissend, es dem Titius, welcher sich für meinen Procurator ausgab, gezahlt haben wird, so wird sowohl der Schuldner befreit werden, als auch Titius auf die Diebstahlsklage gehalten sein.
19Pompon. lib. XXI. ad Sabin. Mein Sclave hat, als er sich als Flüchtling, gleich als wäre er ein Freier, benahm, dir Gelder dargeliehen, welche er mir entwendet hatte. Labeo sagt, dass du mir verbindlich, und, wenn du demselben in der Meinung, er sei frei, Zahlung geleistet habest, von mir befreit werdest; dass du aber, wenn du auf sein Geheiss einem Anderen gezahlt hättest, oder er es genehmigt hätte, nicht befreit werdest; weil in dem ersten Falle die Gelder die meinigen geworden wären, und es so angesehen würde, als wäre mir gezahlt worden. Und darum wird mein Sclave, wenn er Das, was er Namens des Sonderguts dargeliehen hat, einfordert, den Schuldner befreien, wenn er aber delegirt oder novirt, so wird er nicht dasselbe bewirken.
20Pompon. lib. XXII. ad Sabin. Wenn ich meine Sache, welche einem Anderen als Pfand verbindlich war, dir zur Tilgung meiner Schuld geleistet haben werde, so werde ich nicht befreit werden; weil dir die Sache von Dem, welcher sie zum Pfand erhalten hatte, entzogen werden kann.
21Paul. lib. X. ad Sabin. Wenn du, nachdem du Zehn vom Titius stipulirt, vom Sejus soviel stipulirst, als du weniger von jenem erlangt habest, so wird, auch wenn du gegen den Titius geklagt hast, Sejus doch nicht befreit. Denn wie, wenn Titius, nachdem er verurtheilt worden, Nichts leisten kann? Aber auch wenn du zuerst gegen den Sejus geklagt hast, wird Titius in keiner Hinsicht befreit, da es ja ungewiss ist, ob Sejus überhaupt Etwas schulden wird; sonach wird auch, wenn Titius das Ganze gezahlt haben wird, Sejus gar nicht scheinen, Schuldner gewesen zu sein, weil die Bedingung desselben nicht in Erfüllung geht.
23Ad Dig. 46,3,23ROHGE, Bd. 4 (1872), S. 217: Liberation eines Schuldners ohne dessen Wissen durch Zahlung bez. Angabe an Zahlungsstatt, Novation eines Dritten.Pompon. lib. XXIV. ad Sabin. Durch die Zahlung1414Solutione. Diese Florent. Lesart ist dem richtigen Sinne der Stelle gemäss ohne Zweifel der, welche die Vulg. und Haloander haben: Solutionem, vorzuziehen. Auch die Basil. haben sie befolgt. [eines Anderen] und dadurch, dass [ein Anderer] sich für uns auf eine Klage einlässt, können wir auch wider Willen und Wissen befreit werden.
24Ulp. lib. XLVII. ad Sabin. Wenn ein Bürge sich für Zwei auf je Zehn verbürgt hat, so ist er auf Zwanzig verbindlich, und mag er nun Zwanzig, oder je Zehn gezahlt haben, er wird beide Schuldner befreien. Aber wenn er Fünf gezahlt haben wird, so wollen wir sehen, welchen von den Schuldnern er um Fünf erleichtere. Es wird der erleichtert sein, auf welchen die Absicht gerichtet gewesen ist, oder, wenn dies nicht erhellen sollte, so wird die ältere Schuld zu berücksichtigen sein. Dasselbe [findet] auch [dann statt,] wenn Funfzehn gezahlt sein sollten; wenn nämlich erhellen sollte, [auf welche Schuld] die Absicht gerichtet gewesen sei, [so wird diese] um Zehn erleichtert sein, und von der andern werden Fünf [abgehen;] wenn es aber nicht erhellt, so wird die ältere Contractsschuld um Zehn, die andere um Fünf erleichtert sein.
25Pompon. lib. XXXI. ad Sabin. Wenn ein auf einen Theil eingesetzter Erbe die Zehn, welche der Verstorbene versprochen hatte, ganz gezahlt hat, so wird er zwar nach Verhältniss des Theils, zu welchem er Erbe ist, befreit werden, nach Verhältniss des übrigen Theils aber wird er das [Gezahlte] condiciren. Wenn ihm aber eher, als er condicirt, der übrige Theil der Erbschaft angewachsen sein wird, so wird er auch auf diesen Theil verbindlich sein und darum steht ihm nach meiner Meinung, wenn er [das Gezahlte als] eine Nichtschuld condicirt, die Einrede der bösen Absicht entgegen.
26Idem lib. XXXV. ad Sabin. Wenn der Gläubiger das verpfändete Grundstück verkauft, und soviel, als ihm geschuldet wurde, erhalten haben wird, so wird der Schuldner befreit werden. Aber auch wenn der Gläubiger den Kaufpreis dem Käufer erlassen oder von demselben stipulirt hatte, wird der Schuldner nichtsdestoweniger befreit werden. Aber wenn ein verpfändeter Sclave vom Gläubiger verkauft sein wird, wird der Schuldner, solange als zur Zurücknahme [des Sclaven] genöthigt werden kann1515Redhiberi. S. d. Bem. zur Inscr. tit. D. de. aedil. ed. et redh. 21. 1., nicht befreit werden, sowie bei jedem verkauften Pfand, solange der Kauf wieder rückgängig werden kann.
27Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Auch bei der Stipulation und der Klage aus einem Testament kann, wenn die Sache, welche geschuldet wurde, übergeben worden ist, doch noch, solange Etwas an dem Rechte der Sache fehlt, die Sache selbst gefordert werden; z. B. ich kann ein Grundstück fordern, wenn gleich es mir übergeben worden ist, wenn noch irgend ein Recht, wegen dessen man Sicherheitsleistung verlangen kann, übrig sein wird.
28Paul. lib. XXXVIII. ad Ed. Die Schuldner [eines Mündels] werden dadurch, dass sie Dem, welcher als Protutor die Geschäfte führt1616S. d. Bem. zur Inscr. tit. D. de eo, q. pro tut. 27. 5., zahlen, befreit, wenn das Geld in den Nutzen des Mündels gekommen ist.
29Ulp. lib. XXXVIII. ad Ed.1717Vgl. über diese Stelle Cujacius Observatt. XV. 24. u. die in Schultingii Notae ad Digesta ed. Smallenburg T. VII. (L. B. 1832.) p. 102. angef. Schriftsteller. Wenn Stichus und Pamphilus einem gemeinschaftlichen Sclaven versprochen worden sind, so kann nicht dem einen [Herrn desselben] Stichus, dem anderen Pamphilus geleistet werden, sondern es wird [jedem] die Hälfte jedes einzelnen [Sclaven] geschuldet. Und dasselbe ist der Fall, wenn Jemand versprochen hat, dass entweder zwei Stichus, oder zwei Pamphilus gegeben werden sollen, oder wenn er versprochen hat, einem Sclaven, welcher Zweien gemeinschaftlich gehört, zehn Sclaven zu geben; denn es ist ein zweideutiger Ausdruck: zehn Sclaven, ebenso wie zehn Denare, und man kann sich die Hälfte der beiden Sachen auf zwei Arten denken. Aber bei Geldstücken, Oel, Getreide und ähnlichen Sachen, welche in einer allgemeinen Art enthalten sind1818D. h. nicht nach dem Individuum bestimmt sind., wird offenbar das beabsichtigt, dass die Verbindlichkeit der Zahl nach getheilt werde, da dies auch für den Versprecher und den Stipulatoren vortheilhafter ist.
31Idem lib. VII. Disputat. Unter den Künstlern ist ein grosser Unterschied, sowohl rücksichtlich der Anlage, als der Natur, und der Kenntniss, und der Bildung. Darum wird, wenn Jemand versprochen haben wird, dass ein Schiff von ihm gezimmert, oder ein einzeln stehendes Haus gebaut, oder ein Graben gemacht werden solle, und dies besonders beabsichtigt worden ist, dass er es durch seine eigene Arbeit zu Stande bringe, der Bürge den Schuldner nicht befreien, wenn er baut, oder den Graben gräbt, ohne dass der Stipulator einwilligt. Deshalb verursacht auch dann, wenn zu dergleichen Stipulationen: dass es durch dich nicht bewirkt werden solle, dass ich nicht gehen [oder] fahren dürfe, ein Bürge hinzugekommen sein wird, der Bürge dadurch, dass er das Gehen verhindert, den Verfall der Stipulation nicht; und wenn [der Bürge] es dulden sollte, so wird er [dadurch] nicht bewirken, dass die Stipulation nicht verfalle.
32Julian. lib. XIII. Dig. Wenn ein Sclave Namens des Sonderguts dargeliehen, und ihm der Schuldner, da er nicht wusste, dass der Herr gestorben sei, vor dem Antritt der Erbschaft gezahlt haben wird, so wird er befreit werden. Dasselbe wird auch Rechtens sein, wenn der Schuldner dem Sclaven, nachdem derselbe freigelassen worden, gezahlt haben wird, da er nicht wusste, dass ihm das Sondergut nicht gelassen worden sei. Auch wird es keinen Unterschied machen, ob das Geld beim Leben oder nach dem Tod des Herrn gezahlt sei; denn auch in diesem Falle wird der Schuldner befreit, sowie derjenige, welchem von seinem Gläubiger geheissen war, das Geld dem Titius zu zahlen, obwohl der Glambiger gestorben war, nichtsdestoweniger dem Titius richtig zahlt, wenn er es nur nicht gewusst hat, dass der Gläubiger gestorben sei.
33Idem lib. LII. Dig. Wer stipulirt hat, dass ihm oder dem Titius ein Grundstück gegeben werden solle, hat, obwohl das Grundstück dem Titius gegeben worden ist, doch eine Klage, wenn dasselbe nachher entwährt worden ist, ebenso wie wenn er einen Sclaven stipulirt und der Versprecher dem Titius einen Bedingtfreien gegeben hätte, und dieser zur Freiheit gelangt wäre. 1Wer den Stichus oder Pamphilus zu geben versprochen hat, wird, wenn er den Stichus verwundet hat, dadurch, dass er ihn giebt, nicht mehr befreit, als wenn er blos den Stichus versprochen hätte, und denselben, nachdem er von ihm verwundet worden, gäbe. Desgleichen wird Der, welcher einen Sclaven zu geben versprochen hat, und einen von ihm verwundeten anbietet, nicht befreit. Der, gegen welchen geklagt werden wird, wird auch, nachdem er sich auf die Klage eingelassen hat, verurtheilt werden müssen, wenn er einen von ihm verwundeten Sclaven anbietet. Aber auch wenn er einen von einem Anderen verwundeten giebt, wird er zu verurtheilen sein, wenn er einen anderen geben kann.
34Idem lib. LIV. Dig. Wenn Derjenige, welcher einen Sclaven oder Zehn dir oder dem Titius zu geben versprochen hat, dem Titius einen Theil des Sclaven übergeben, bald darauf die Zehn gezahlt haben wird, so wird er nicht vom Titius, sondern von dir den Theil des Sclaven condiciren, gleich als wenn er mit deinem Willen dem Titius eine Nichtschuld gegeben hätte. Und dasselbe wird auch dann Rechtens sein, wenn er, nachdem Titius gestorben, die Zehn gezahlt haben wird, so dass er vielmehr von dir, als von des Titius den Theil des Sclaven condicirt. 1Wenn zwei Correalgläubiger stipulirt haben sollten, dass ein Sclave gegeben werde, und der Versprecher Beiden Hälften verschiedener Sclaven gegeben haben wird, so ist es nicht zweifelhaft, dass er nicht befreit werde. Aber wenn er Beiden Hälften desselben Sclaven gegeben haben wird, so tritt Befreiung ein, weil die gemeinschaftliche Verbindlichkeit bewirken wird, dass Das, was Zweien gezahlt worden ist, einem Einzigen gezahlt zu sein scheint. Denn umgekehrt wenn zwei Bürgen gelobt haben werden, dass ein Sclave gegeben werden solle, so werden sie zwar, wenn sie Hälften verschiedener Sclaven geben, nicht befreit werden; aber wenn sie Hälften desselben Sclaven gegeben haben werden, werden sie befreit werden. 2Ich habe stipulirt, dass mir Zehn, oder dem Titius ein Sclave gegeben werden solle. Wenn dem Titius ein Sclave gegeben ist, so wird der Versprecher von der Verbindlichkeit gegen mich befreit, und ehe der Sclave gegeben wurde, kann ich Zehn fordern. 3Ad Dig. 46,3,34,3ROHGE, Bd. 4 (1872), S. 303: Zahlung an einen zur Geldempfangnahme beauftragten Gehilfen nach Widerruf der Vollmacht.ROHGE, Bd. 10 (1874), S. 381: Wirkung des theilweisen Widerrufs bez. der Beschränkung einer bisher unbeschränkten Vollmacht auf den Verkehr mit dritten Contrahenten.Wenn ich den Titius allen meinen Geschäften vorgesetzt, sodann, ohne dass es meine Schuldner wussten, verboten haben werde, dass derselbe meine Geschäfte verwalte, so werden die Schuldner dadurch, dass sie ihm zahlen, befreit werden; denn wenn Jemand allen seinen Geschäften irgend Einen vorsetzt, so nimmt man an, dass er auch seinen Schuldnern auftrage, dass sie dem Procurator zahlen sollen. 4Wenn, ohne dass ein Auftrag statt fand, der Schuldner fälschlich geglaubt haben wird, dass er mit meinem Willen das Geld zahle, so wird er nicht befreit werden; und darum wird Niemand dadurch, dass er einem Procurator zahlt, welcher sich aus freien Stücken fremden Geschäften unterzieht, befreit werden. 5Auch als ein Flüchtling, welcher sich als Freier benahm, eine Sache verkauft hatte, hat man das Gutachten ertheilt, dass die dem Flüchtling zahlenden Käufer von der Verbindlichkeit gegen den Herrn nicht befreit seien. 6Wenn der Schwiegersohn dem Schwiegervater, ohne Wissen der Tochter1919Welche die Ehefrau des Erstern gewesen war. [desselben], das Heirathsgut gezahlt hatte, so ist er nicht befreit, sondern kann es von dem Schwiegervater condiciren, wenn es nicht etwa die Tochter genehmigt hätte; und der Schwiegersohn ist fast einem Solchen gleich, welcher dem Procurator eines Abwesenden gezahlt hat, weil die Tochter rücksichtlich des Heirathsguts Theilnehmerin und gleichsam Genossin des Vaters bei dem Forderungsrecht war. 7Wenn ich meinem Schuldner geheissen haben werde, das Geld dem Titius zu geben, in der Absicht es demselben zu schenken, so wird, wenn gleich Titius es in der Absicht angenommen hat, um die Gelder zu den meinigen zu machen, der Schuldner nichtsdestoweniger befreit werden. Aber wenn Titius nachher dasselbe Geld mir gegeben hätte, so würden die Gelder die meinigen werden. 8Jemand hatte einen Haussohn, von welchem er einen Bürgen erhalten hatte, zum Erben eingesetzt. Man hat gefragt, ob der Vater gegen den Bürgen klagen könnte, wenn [der Sohn] die Erbschaft auf Befehl des Vaters angetreten hätte? Ich habe gesagt: so oft der Bürgschaftsbesteller Erbe des Bürgschaftsempfängers geworden sei, würden Bürgen darum befreit, weil sie nicht für Jemand und zugleich demselben schulden könnten. 9Wenn der Besitzer bösen Glaubens Das, was er von den Erbschaftsschuldnern eingefordert hatte, Dem, welcher die Erbschaft forderte, ausgeantwortet hatte, so werden die Schuldner befreit werden. 10Wenn ich stipulirt, dass Zehn oder ein Sclave gegeben werden sollten, und zwei Bürgen, den Titius und Maevius, angenommen haben werde, und Titius Fünf gezahlt haben wird, so wird er nicht eher befreit werden, als bis auch Maevius Fünf zahlt; wenn aber Maevius einen Theil des Sclaven gezahlt haben wird, so werden beide verbindlich bleiben. 11Wer sich durch eine immerwährende Einrede schützen kann, fordert das Gezahlte zurück, und wird darum nicht befreit. Daher wird, wenn von zwei Correalschuldnern der eine paciscirt haben wird, dass von ihm Nichts gefordert werden sollte, obwohl er gezahlt haben wird, der andere nichtsdestoweniger verbindlich bleiben.
35Alfen. Var. lib. II. Dig. a Paulo epitom. Was ein Sclave von seinem Sondergut dargeliehen oder niedergelegt hatte, das kann demselben, mag er verkauft oder freigelassen worden sein, richtig gezahlt werden, wenn nicht irgend ein Grund eingetreten ist, aus welchem man abnehmen kann, dass ihm wider Willen Desjenigen, dessen Sclave er damals gewesen war, gezahlt werde. Aber auch wenn Jemand dem Herrn gehöriges Geld von demselben auf Zinsen geborgt hätte, so würde dasselbe Rechtens sein, wenn der Sclave mit Erlaubniss des Herrn das Geschäft desselben geführt hätte; denn es scheint [dann], wer mit dem Sclaven ein Geschäft contrahirt, mit dem Willen des Herrn sowohl von dem [Sclaven das Geld] zu erhalten, als es demselben zu bezahlen.
36Ad Dig. 46,3,36Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 87, Note 2.Julian lib. I. ad Ursej. Feroc. Einige glauben wenn mein Vater mit Hinterlassung einer schwangeren Ehefrau verstorben sei, und ich aus dem Grund des Erbrechts Das, was meinem Vater geschuldet gewesen wäre, ganz gefordert hätte, so hätte ich Nichts eingebüsst2020Nämlich als Strafe der pluris petitio. S. §. 33. I. de act. 4. 6. Vgl. auch Pancirol. Thes. var. lectt. (in Jurispr. Rom. et Att. T. II. p. 1230. sq.) u. Pothier Pand. Justin. Tit. de judic. num. 7.; wenn kein Kind geboren sei, so hätte ich richtig geklagt, weil es in der That wahr gewesen wäre, dass ich der alleinige Erbe gewesen wäre. Julianus bemerkt hierzu: es sei richtiger, dass ich den Theil verloren hätte, auf welchen ich Erbe gewesen wäre, ehe es gewiss gewesen wäre, dass Niemand geboren werde, entweder den vierten Theil, weil drei, oder den sechsten, weil fünf hätten geboren werden können; denn auch Aristoteles2121Es soll sich jedoch bei diesem Schriftsteller keine Stelle finden, in welcher das Angegebene ausgesprochen wäre. S. die Anm. bei Gothofred. habe geschrieben, dass Fünf geboren werden könnten, weil die Gebärmutter der Frauen so viel Behältnisse haben könnte, und es sei zu Rom eine Frau aus Alexandrien in Aegypten [gewesen], welche zugleich Fünf geboren, und damals wohlbehalten gehabt habe2222Vgl. L. 3. 4. D. si pars hered. pet. 5. 4., l. 7. pr. D. de reb. dub. 34. 5. u. Gell. X. 2., und das ist mir auch in Aegypten versichert worden.
37Julian. lib. II. ad Ursej. Feroc. Wenn einer von mehreren Bürgen seinen Theil gezahlt hatte, gleich als hätte er das Geschäft des Schuldners geführt, so ist es ebenso anzusehen, als ob der Schuldner selbst den Theil des einen Bürgen gezahlt hätte, jedoch so, dass [das Gezahlte] nicht vom Hauptstamm abgeht, sondern es wird blos der Bürge befreit, in dessen Namen die Zahlung geschehen sein würde2323Vgl. über diese Stelle Cujac. Observatt. XXVI. 4..
38African. lib. VII. Quaest. [Africanus] sagt, wenn Jemand stipulirt habe, dass ihm oder dem Titius gegeben werden solle, so sei mehr dafür, dass man nur dann sagen dürfe, es werde dem Titius richtig gezahlt, wenn er in demselben Rechtszustand bleibe, in welchem er sich befunden hat, als die Stipulation eingegangen wurde. Sonst wenn er entweder an Kindesstatt angenommen, oder ins Exil gegangen, oder ihm der Gebrauch des Wassers und Feuers untersagt, oder er Sclave geworden sei, müsse man sagen, dass ihm nicht richtig gezahlt werde; es scheint nämlich in der Stipulation stillschweigend diese Bedingung, wenn er in demselben Rechtsverhältniss bleibt, enthalten zu sein. 1[Africanus] ist der Meinung gewesen, dass, wenn ich meinem Schuldner geheissen, dem Titius zu zahlen, sodann dem Titius verboten, es anzunehmen, und der Schuldner, dies nicht wissend, gezahlt habe, derselbe dann befreit werde, wenn Titius die Gelder nicht in der Absicht angenommen habe, um mit denselben einen Gewinn zu machen; sonst würden sie, weil er einen Diebstahl an denselben begehen wollte, dem Schuldner bleiben, und darum könne für den Schuldner zwar die Befreiung von Rechtswegen nicht eintreten, jedoch sei es billig, dass man ihm mit einer Einrede zu Hülfe komme, wenn er bereit sei, die Diebstahlscondiction, welche er gegen den Titius hat, mir abzutreten; wie es gehalten werde, wenn ein Ehemann, in der Absicht, seiner Ehefrau Etwas zu schenken, seinem Schuldner heisse, ihr zu zahlen; denn auch in diesem Falle werde der Schuldner nicht befreit, weil die Gelder nicht Eigenthum der Frau werden, aber er sei gegen den Ehemann durch eine Einrede zu schützen, wenn er die Condiction, welche er gegen die Frau hat, [dem Ehemann] abtrete2424In der Gebauer-Spang. und der Beckschen Ausg. werden die Worte: si condictionem, quam adversus mulierem habet, praestet, durch den Druck ausgezeichnet, gleich als wären sie die Exceptionsformel. Allein das sollen sie wohl ebensowenig sein, als die weiter oben vorkommenden: si paratus sit, condictionem furt. etc. Es entspricht auch die Fassung derselben keineswegs der der Exceptionen. (S. Zimmern Gesch. d. R. Pr. R. Bd. 3. §. 93.) und auch die Basilica XXVI. 5. 38. T. IV. p. 147. geben sie nicht in jener Eigenschaft wieder.; es würde mir jedoch in dem vorliegenden Falle die Diebstahlsklage nach der Ehescheidung2525Die Worte post divortium, welche A. Faber Conject. III. 19. streichen wollte, erklärt Cujac. ad Afric. Tr. VII. (Opp. ed. Fabrot. T. I. p. 1466) so, dass die Frau nach der Scheidung die Gelder angenommen habe, obgleich sie gewusst habe, dass der Mann sie ihr nicht mehr schenken wollte. zustehen, weil mir daran gelegen sei, dass die Gelder nicht unterschlagen seien. 2Es ist gegen einen Herrn wegen des Sonderguts [seines Sclaven] geklagt worden; derselbe ist verurtheilt worden und hat gezahlt. [Africanus] hat das Gutachten ertheilt, dass auch die für den Sclaven angenommenen Bürgen befreit würden; denn dass dasselbe Geld für mehrere Verhältnisse gezahlt werden könne, dafür diene zum Beweis, dass, wenn Bürgschaft gestellt worden, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, und der verurtheilte Schuldner zahle, nicht blos von der Klage aus dem Urtheil, sondern auch von der aus der Stipulation, sowohl er selbst, als auch die Bürgen befreit würden. Und es sei diesem Falle der weniger ähnlich2626Die gewöhnliche Lesart, auch der Florent. Hdsch. ist: et magis simile est. Accursius hat jedoch auch die Lesart: dissimile bemerkt, und dass diese vorzuziehen sei, darüber s. Cujac. l. l. u. Observatt. XI. c. 34. Auch die Basil. XXVI. 5. 38. (T. IV. p. 147. ex.) geben das Folgende als Gegensatz des Vorhergehenden., dass, wenn der Besitzer einer Erbschaft in der Meinung, dass er Erbe sei, gezahlt habe, der Erbe nicht befreit werde; denn dann würde dies deshalb nicht geschehen, weil jener, da er in seinem Namen ungeschuldetes Geld gegeben, die Zurückforderung desselben hätte. 3Wenn Derjenige, welcher einen Sclaven versprochen hat, einen Bedingtfreien leisten sollte, so glaube ich mehr, dass die Bedingung nicht zu erwarten sei, sondern sowohl der Gläubiger klagen könne, als auch jenem die Condiction zustehe2727Das Gegentheil steht in der l. 9. §. 2. D. de statu lib. 40. 6. Vgl. Faber Conj. II. 7. u. Rational. ad l. 63. D. de cond. indeb.. Wenn aber unterdessen die Bedingung weggefallen sein wird, so wird [der Schuldner] ebenso befreit, als wenn Jemand, während die Bedingung schwebt, aus Irrthum gezahlt hat, und, ehe er condicirte, die Bedingung in Erfüllung gegangen sein wird. Das wird man auf keine Weise passend sagen können, dass, wenn, nachdem Stichus (der Bedingtfreie) gestorben, die Bedingung wegfalle, der Schuldner befreit werde, obwohl er, wenn sie beim Leben des [Stichus] weggefallen wäre, befreit würde, weil du in jenem Falle zu keiner Zeit den Sclaven vollkommen zu dem meinigen gemacht hast; sonst würde wenig fehlen, dass du auch, wenn du einen solchen Sclaven, an welchem ein Anderer den Niessbrauch hat, mir geleistet hättest, und derselbe, während der Niessbrauch noch bestand, verstorben wäre, durch jene Leistung befreit zu sein schienst; was doch auf keine Weise anzunehmen ist, ebensowenig als wenn du einen gemeinschaftlichen Sclaven geleistet hättest, und der verstorben wäre. 4Wenn Jemand sich für einen Schuldner verbürgt hat, welcher zurückgekehrt, und, während er um des Staats willen abwesend war, von der Klage befreit worden ist, sodann ein Jahr2828Nemlich der utilis annus, während dessen vor Justinian (l. 7. C. de temp. in integr. rest. 2. 53.) die Restitution, welche hier wegen der Abwesenheit des Schuldners hätte nachgesucht werden können, verjährte. Eben daraus dass diese Zeit ein tempus utile war, lässt sich auch das Eigenthümliche dieser Stelle am besten erklären, indem, wenn rücksichtlich des Schuldners, nicht aber rücksichtlich des Bürgen während des Jahres experiundi potestas gewesen war, der annus utilis zwar für jenen, nicht aber für diesen abgelaufen war, so dass der Gläubiger gegen den Letztern noch immer Restitution suchen konnte. S. Burchardi die Lehre von der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, S. 529. ff. vergangen ist, ob dann wohl der Bürge befreit wird? Und Julianus nahm dies nicht an, wenn nämlich nicht Gelegenheit, gegen den Bürgen zu verfahren, vorhanden gewesen ist2929„Wenn lediglich der Bürge daran Schuld war, dass der Creditor ihn nicht früher belangen konnte.“ Burchardi a. a. O. S. 531.; aber in diesem Falle müsse aus dem Edict die Klage gegen den Bürgen selbst wiederhergestellt werden3030D. h. es müsse gegen den Bürgen die Restitution noch zugelassen werden, weil der annus utilis rücksichtlich seiner, der ja Schuld daran war, dass der Gläubiger gegen ihn nicht hatte klagen können, noch nicht abgelaufen sei. Hierbei ist auch der Umstand wesentlich, dass nach d. älteren Recht die Bürgen mit dem Hauptschuldner in solidum hafteten, so dass also der Gläubiger, wenn zwar die Verjährungsfrist für den Schuldner, nicht aber auch für den Bürgen abgelaufen war, noch gegen den Letztern Restitution suchen konnte. S. Burchardi a. a. O., ebenso wie gegen den Bürgen, welcher den versprochenen Sclaven getödtet habe. 5Der, welcher sich für dich beim Titius verbürgt hatte, hat für seine Verbindlichkeit ein Pfand bestellt; darauf hat derselbe dich zum Erben eingesetzt. Obwohl du aus dem Bürgschaftsverhältniss nicht gehalten bist, so wird doch nichtsdestoweniger das Pfand verbindlich bleiben. Aber wenn derselbe einen Anderen als Bürgen gestellt, und dann dich zum Erben eingesetzt habe, so sagt [Africanus], sei die Meinung richtiger, dass nachdem die Verbindlichkeit Desjenigen, für welchen die [zweite] Verbürgung geschehen, aufgehoben sei, auch Der, welcher sich verbürgt habe, befreit werde.
39African. lib. VIII. Quaest. Mela schreibt im zehnten Buche: wenn ich im Begriff dir Geld zu zahlen, es auf dein Geheiss versiegelt bei einem Wechsler solange, bis es [von denselben] geprüft wäre, niedergelegt habe, so werde es auf deine Gefahr stehen. Und das ist richtig; jedoch mit dem Zusatz, dass vorzüglich darauf gesehen werde, ob es an dir gelegen habe, dass es nicht unverzüglich geprüft wurde; denn dann wird es ebenso anzusehen sein, als wenn du, da ich zum Zahlen bereit war, es aus irgend einem Grunde nicht annehmen wolltest. Doch wird es in diesem Falle nicht schlechterdings immer auf deine Gefahr stehen. Denn wie, wenn ich es zu einer angelegenen Zeit oder an einem ungelegenen Ort angeboten haben sollte? Ich glaube, dass es hiernach folgerichtig ist, dass auch wenn sowohl der Käufer die Gelder, als auch der Verkäufer die Waare, weil sie in sich gegenseitig wenig Zutrauen setzten, niedergelegt haben, sowohl die Gelder auf die Gefahr des Käufers stehen, jeden Falls wenn er selbst Den, bei welchem sie niedergelegt werden sollten, ausgewählt haben wird, als auch nichtsdestoweniger die Waare, weil der Kauf vollendet ist.
40Ad Dig. 46,3,40ROHGE, Bd. 4 (1872), S. 217: Liberation eines Schuldners ohne dessen Wissen durch Zahlung bez. Angabe an Zahlungsstatt, Novation eines Dritten.Marcian. lib. III. Inst. Wenn Jemand für mich meinem Gläubiger gezahlt haben wird, so wird, wenn es gleich ohne mein Wissen geschehen ist, mir die Pfandcontractsklage erworben. Desgleichen müssen, wenn Jemand die Vermächtnisse [für den Erben] gezahlt haben wird, die Vermächtnissnehmer aus dem Besitz weichen, sonst entsteht für den Erben ein Interdict, sodass er sie [aus dem Besitz] entsetzen kann3131Es bezieht sich dies auf die bis auf Justinian (l. 1. 3. §. 2. C. comm. de leg. 6. 43.) übliche missio legatorum vel fideic. servandorum causa in die heredetaria bona. S. tit. D. 36. 4. insbes. l. 11..
41Papin. lib. I. de Adulter. Wenn [der Gläubiger] eines Verbrechens angeklagt worden ist, so hindert Nichts, dass ihm das Geld unterdessen von den Schuldnern richtig gezahlt werde, sonst würden die meisten Unschuldigen den nothwendigen Bedarf entbehren.
42Paul. lib. III. de Adulter. Aber auch das scheint nicht verhindert zu sein, dass von einem Angeklagten seinem Gläubiger gezahlt werde.
43Ulp. lib. II. Regul. In allen Fällen der Befreiungen werden auch die Nebenverbindlichkeiten3232Accessiones. Hier wird der Ausdruck accessio nicht blos, wie in der l. 3. u. 71. pr. D. de fidej. 46. 1. (s. die Anm. 1.), für Nebenpersonen, sondern auch für accessorische Rechte gebraucht. S. v. Buchholtz a. a. O. S. 69. befreit, z. B. die Mitversprecher, die Hypotheken, die Faustpfandrechte, ausser dass, wenn eine Vereinigung in einer Person zwischen dem Gläubiger und den Mitversprechern statt gefunden hat, der Schuldner nicht befreit wird.
44Marcian. lib. II. Regul. Bei Zahlungen geschieht es zuweilen, dass durch eine einzige Zahlung zwei Verbindlichkeiten in einem einzigen Augenblick aufgehoben werden, z. B. wenn Jemand das [von ihm gegebene] Pfand dem Gläubiger zur Bezahlung der Schuld verkauft haben wird; denn es geschieht dann, dass sowohl die Verbindlichkeit aus dem Verkauf, als auch die der Schuld aufgehoben wird3333Van de Water l. l. II. c. 6. p. 144 sqq. will statt ut et ex vendito tollatur obligatio et debiti (was die Glossatoren, Cujac. ad African. Tr. VII. (in Opp. l. l. p. 1467 sqq.) u. A. so verstehen: sowohl die Obligation aus dem Verkauf, in Folge welcher der Gläubiger zur Bezahlung des Kaufgeldes verbindlich war, als auch die frühere Schuld des Schuldners gegen den Gläubiger, womit auch die Basil. XXVI. 5. 44. p. 149. übereinstimmen,) so lesen: ut ex v. toll. obligatio et debitum, d. h. sodass durch den Verkauf die Pfandverbindlichkeit und die Schuld, für welche das Pfand bestellt war, erlöscht.. Ferner3434Die folgenden Beispiele enthalten nicht, wie das erste, solche Fälle, in welchen durch eine Zahlung zwei Obligationen aufgehoben werden, sondern vielmehr solche, in welchen durch eine Zahlung zugleich sowohl eine Obligation aufgehoben, als auch eine neue begründet wird. S. Cujac. l. l., wenn einem Mündel, welcher ohne Ermächtigung des Vormunds Geld zum Darlehn erhalten hat, vom Gläubiger Etwas unter der Bedingung vermacht sein sollte, wenn er jenes Geld gezahlt habe, so scheint der [Mündel] für zwei Verhältnisse gezahlt zu haben, sowohl für seine Schuld, sodass es dem Erben in die Falcidia eingerechnet wird, als auch zur Erfüllung der Bedingung, sodass er das Vermächtniss erhält. Desgleichen, wenn der Niessbrauch an baarem Gelde vermacht sein wird, geschieht es, dass sowohl der Erbe [von seiner Verbindlichkeit] aus dem Testament befreit wird, als auch sich den Vermächtnissnehmer verbindlich macht3535Nemlich zur Zurückgabe des Geldes nach beendigtem Niessbrauch.. Dasselbe findet auch statt, wenn er verurtheilt sein wird3636Nemlich vom Erblasser in einer letzwilligen Verfügung. S. die Bem. zu l. 26. §. 7. D. de cond. ind. 12. 6., Jemandem Etwas zu verkaufen, oder zu vermiethen; denn durch das Verkaufen oder Vermiethen wird theils der Erbe [von seiner Verbindlichkeit] aus dem Testament befreit, theils macht er sich den Vermächtnissnehmer verbindlich.
45Ulp. lib. I. Respons. [Ulpianus] hat dem Callippus das Gutachten ertheilt: Obwohl der Ehemann der Ehefrau, welche es sich stipulirt, gelobt habe, nach getrennter Ehe die Grundstücke, welche für das Heirathsgut verpfändet waren, an Zahlungsstatt zu geben, so genüge es doch, wenn der Betrag des Heirathsguts angeboten werde. 1Derselbe hat dem Fronto das Gutachten ertheilt: Wenn der Vormund, wenngleich er eines Capitalverbrechens angeklagt worden, mit der Verwaltung der Vormundschaft fortgefahren habe, so habe [demselben] Das, was dem Mündel in gutem Glauben geschuldet wird, gezahlt werden können3737Pet. Faber Semest. I. 24. versetzt, nicht ohne Wahrscheinlichkeit, die Worte, indem er schreibt, quod pupillo debetur, bona fide exsolvi..
46Marcian. lib. III. Regul. Ad Dig. 46,3,46 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 342, Note 13.Wenn Jemand [dem Gläubiger] mit dessen Willen eine andere Sache statt der, [welche Gegenstand der Verbindlichkeit war,] geleistet haben, und die Sache entwährt sein wird, so bleibt die frühere Verbindlichkeit3838Weil jenes Geben einer anderen Sache gleichsam eine permutatio war, und diese ungültig ist, wenn eine fremde Sache gegeben ist. S. Cujac. Observatt. XIX. c. 38. u. Schulting l. l. p. 107., und wenn [jene Sache] auch nur zum Theil entwährt sein wird, so dauert doch die Verbindlichkeit rücksichtlich des Ganzen fort; denn der Gläubiger hätte, so lange die andere Sache noch nicht gegeben war, sie nicht angenommen, wenn sie nicht ganz die seinige werden würde. 1Ad Dig. 46,3,46,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 342, Note 13.Aber auch, wenn [ein Schuldner] z. B. zwei Grundstücke zur Bezahlung der Schuld gegeben haben sollte, so bleibt, wenn das eine Grundstück entwährt worden ist, die ganze Verbindlichkeit bestehen. Dann also gewährt eine für eine andere geleistete Sache Befreiung, wenn sie ganz Eigenthum des Empfängers geworden ist. 2Aber auch, wenn Jemand aus Arglist ein zu hoch geschätztes Grundstück an Zahlungsstatt gegeben haben wird, wird er nicht befreit, wenn nicht Das, was fehlt, ergänzt wird.
47Marcian. lib. IV. Regul. Wenn in Bezug auf einen Mündel, welchem ohne Ermächtigung des Vormunds gezahlt worden ist, gefragt werden sollte, zu welcher Zeit er reicher sei, so wird auf die Zeit gesehen, wo geklagt wird, und damit demselben die vorgeschützte Einrede der Arglist schaden könne, wird die Zeit berücksichtigt, wo geklagt wird. 1Ad Dig. 46,3,47,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 365, Note 14.Freilich wird es, wie Scaevola sagte, auch wenn die Sache vor der Litiscontestation zu Grunde gegangen ist, zuweilen so angesehen, als wenn [der Mündel] reicher geworden wäre, das heisst, wenn er [mit dem ihm gezahlten Gelde] eine ihm nöthige Sache gekauft hat, welche er nothwendig von dem Seinigen hätte kaufen müssen; denn eben dadurch, dass er nicht ärmer ist, ist er reicher. So glaubte er auch, dass bei einem Haussohn der Macedonianische [Senatsschluss] wegfalle, wenn der Sohn für nothwendige Fälle Geld zum Darlehn erhalten, und die [mit diesem Gelde angeschaffte Sache3939S. v. Glück a. a. O. XIV. S. 339. fg.] verloren habe.
48Marcell. lib. sing. Respons. Titia hat, als sie wegen ihres Heirathsguts das Vermögen ihres Ehemanns besass4040Nemlich in Folge einer missio dotis servandae causa. S. Cuj. Observatt. XV. c. 12., Alles als Eigenthümerin gethan, die Einkünfte eingefordert und die beweglichen Sachen verkauft. Ich frage, ob Das, was sie aus dem Vermögen des Ehemannes gezogen habe, ihr ins Heirathsgut eingerechnet werden müsse. Marcellus hat das Gutachten ertheilt, die Einrechnung Dessen, was angeführt würde, scheine nicht unbillig zu sein; denn es müsse Das, was die Frau aus jenem Grunde bezogen habe, mehr für bezahlt gehalten werden; aber wenn etwa der über die Wiedererlangung des Heirathsguts nach seinem Ermessen eutscheidende Richter auch Rücksicht auf die Zinsen habe nehmen müssen, so sei so zu rechnen, dass Das, was an die Frau gekommen sei, nicht von der ganzen Summe abgehe, sondern zuerst von dem Betrag, welchen die Frau wegen der Zinsen erhalten müsse; was nicht unbillig ist.
49Marcian. lib. sing. ad hypoth. formul. [Den Ausdruck] gezahltes Geld verstehen wir durchaus natürlich, wenn es dem Gläubiger zugezählt worden ist. Aber auch wenn es auf seinen Befehl einem Anderen gezahlt wird, entweder seinem Gläubiger, oder künftigen Schuldner, oder auch Dem, welchem er es schenken wollte, so muss [der Schuldner] befreit werden. Auch wenn der Gläubiger die Zahlung genehmigt haben wird, wird dasselbe stattfinden. Auch wenn dem Vormund, oder Curator, dem Procurator, oder irgend einem Nachfolger, oder dem Sclaven, welcher Geschäftsführer [seines Herrn] ist, das Geld gezahlt sein sollte, wird die Zahlung [dem Schuldner] von Nutzen sein. Wenn aber wegen einer Stipulation eine Sache als Hypothek verbindlich gemacht war, oder ohne [vorausgegangene] Stipulation [als Hypothek] angenommen4141Quodsi acceptum latum sit, quod stipulationis nomine hypotheca erat obligata, vel sine stipulatione accepta sit, etc. Cujac. Notae poster. ad §. 1. I. quib. mod. toll. obl. (Opp. ed. Fabrot. T. 1. p. 224.) emendirt die letzten Worte so: vel si sine stipulatione acceptolatum sit, sodass in diesem Falle durch acceptilatio eine Pfandverbindlichkeit erlassen sei, welche nicht, wie im ersteren Fall, wegen einer Stipulation eingegangen war, und also zwar die Acceptilation an sich nicht gelte, aber doch die Kraft eines Pactums habe. L. 19. pr. D. de accept. 46. 4. Vgl. auch die bei Schulting u. Smallenburg l. l. p. 108. citirten Schriften., und nun [diese Pfandverbindlichkeit] durch Acceptilation erlassen sein sollte, so wird zwar das Wort Zahlung nicht zu gebrauchen sein, aber das Wort Befriedigung4242Satisdationis, i. e. satisfactionis, ohne dass man nöthig hätte mit Einigen (s. Schulting u. Smallenb. l. l.) das letztere Wort aufzunehmen, da satisdatio auch sonst diese Bedeutung hat. S. Cujac. l. l. Ueber den Begriff der satisfactio, d. h. Befriedigung des Willens des Gläubigers, s. Briss. s. h. v. u. Francke a. a. S. 118. fg. ist passend.
50Paul. lib. X. ad Sabin. Wenn ich dir, da ich dir Gold versprochen hatte, ohne dein Wissen Erz geleistet haben sollte, so werde ich nicht befreit werden; aber ich werde auch das [Erz] nicht als Nichtschuld zurückfordern können, da ich das wissentlich gethan habe; wenn du aber das Gold forderst, so werde ich dich mit einer Einrede zurückweisen, wenn du nicht das Erz zurückgiebst, welches du erhalten hast.
53Ad Dig. 46,3,53ROHGE, Bd. 4 (1872), S. 217: Liberation eines Schuldners ohne dessen Wissen durch Zahlung bez. Angabe an Zahlungsstatt, Novation eines Dritten.Gaj. lib. V. ad Ed. Jeder kann für einen Anderen wider dessen Wissen und Willen zahlen, da durch das Civilrecht festgesetzt worden ist, dass man die Lage eines Anderen, auch wenn er es nicht wisse und nicht wolle, besser machen könne.
56Paul. lib. LXII. ad Ed. Wer aufträgt, dass gezahlt werden solle, scheint selbst zu zahlen.
57Ulp. lib. LXXVII. ad Ed. Wenn Jemand sich Zehn in Honig stipulirt haben sollte, so kann zwar Honig geleistet werden, ehe aus der Stipulation geklagt wird, aber wenn einmal geklagt und die Zehn gefordert sein sollten, so kann nicht mehr Honig geleistet werden. 1Desgleichen kann, wenn ich stipulirt haben, dass mir oder dem Titius gegeben werden solle, sodann klagen werde, dem Titius nicht mehr gezahlt werden, obwohl es vor der Litiscontestation geschehen konnte.
58Idem lib. LXXX. ad Ed. Ad Dig. 46,3,58 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 429, Note 2.Wenn Jemand einem Solchen, der sich fremden Geschäften unterzog, in gutem Glauben gezahlt haben wird, so fragt es sich, wann er befreit werde? Und Julianus sagt: wenn es der Geschäftsherr genehmigt habe, dann werde er befreit. Derselbe sagt, ob, ehe der Geschäftsherr es genehmigt, aus jenem Grunde condicirt werden könne? Und er sagt, es mache einen Unterschied, in welcher Absicht die Zahlung geschehen sei, ob damit der Schuldner sogleich befreit würde, oder aber erst dann, wenn der Geschäftsherr es genehmigt habe; im ersteren Falle könne man es auf der Stelle vom Geschäftsbesorger condiciren, und erlösche die Condiction erst dann, wenn der Geschäftsherr es genehmigt hätte; im letztern entstehe die Condiction erst dann, wenn der Geschäftsherr es nicht genehmigt hätte. 1Wenn der Gläubiger, an dessen Procurator, ohne dass er es wusste, gezahlt worden ist, sich hat arrogiren lassen, so ist entweder, wenn es der Vater genehmigt hat, die Zahlung gültig, oder es kann, wenn er es nicht genehmigt hat, der Schuldner [das Gezahlte] zurückfordern. 2Auch wenn zwei Correalgläubiger vorhanden sind, und dem Procurator des einen, welcher abwesend ist, gegeben, [und] bevor der es genehmigte, unterdessen auch dem Anderen gezahlt worden ist, so ist die zweite und die erste Zahlung schwebend, weil es ungewiss ist, ob [der zweite Gläubiger] eine Nichtschuld eingefordert habe.
59Paul. lib. II. ad Plaut. Wenn ich so stipulirt: Gelobst du mir oder dem Titius zu geben? und der Schuldner constituirt4343S. die Bem. zur Inscr. tit. D. de pec. const. 13. 5. haben sollte, dass er mir zahlen wolle, so kann er, obwohl mir die Klage wegen constituirten [Geldes43] zusteht, noch dem [in der Stipulation] beigefügten [Titius] zahlen. Und wenn ich von einem Haussohn mir oder dem Titius Etwas stipulirt haben sollte, so kann der Vater dem Titius Das zahlen, was im Sondergut enthalten ist, nemlich, wenn er es in seinem4444Für das Sondergut., nicht in des Sohnes Namen zahlen will4545Denn dann müsste er das Ganze zahlen.. Denn wenn dem [in der Stipulation] hinzugefügten [Titius] gezahlt wird, scheint mir gezahlt zu werden. Und darum glaubt Julianus, wenn dem Hinzugefügten eine Nichtschuld gezahlt sei, könne man sie vom Stipulator condiciren, sodass kein Unterschied sei, ob ich dir heisse, dem Titius zu zahlen, oder ob von Anfang an die Stipulation so abgefasst worden sei.
62Idem lib. VIII. ad Plaut. Ich habe meinen Rechnungsführer im Testament für frei erklärt, und ihm das Sondergut vermacht; er hat nach meinem Tod von meinen Schuldnern Gelder eingefordert. Es fragt sich, ob mein Erbe vom Sondergut desselben so viel zurückbehalten könne, als jener eingefordert hat? Hat er nun nach angetretener Erbschaft das Geld eingefordert, so darf nicht gezweifelt werden, dass vom Sondergut deswegen Nichts zurückbehalten werden dürfe, weil der freigewordene [Sclave] zu schulden anfängt, wenn die Schuldner durch Zahlung [an ihn] befreit werden. Wenn aber der Rechnungsführer vor angetretener Erbschaft das Geld erhalten hat, so ist es, wenn die Schuldner durch die Zahlung selbst befreit werden, nicht zweifelhaft, dass es vom Sondergut zurückzubehalten sei, weil er dann dem Erben auf die analoge Geschäftsführungs- oder Auftragsklage zu schulden anfängt. Wenn sie aber nicht befreit werden4646Weil sie wussten, dass der Herr todt und der Sclave von ihm freigelassen war. Vgl. Basil. XXVI. 5. 62. T. IV. p. 153., so entsteht die Frage: ob, wenn du, da du mein Geschäft führtest, von meinen Schuldnern [Zahlung] erhalten haben wirst, ich sodann es nicht genehmigt haben werde, und bald darauf mit der Geschäftsführungsklage klagen will, ich wirksam klage, wenn ich Sicherheit bestelle, dass du schadlos sein werdest? Das nun glaube ich nicht; denn die Geschäftsführungsklage ist dadurch, dass ich es nicht genehmigt habe, aufgehoben worden, und dadurch wird mir der Schuldner4747Welcher dem Sclaven gezahlt hat, ohne dadurch befreit zu werden. verbindlich.
63Idem lib. IX. ad Plaut. Wenn der Schuldner Niessbraucher eines Sclaven ist, so kann ihn dieser Sclave durch Acceptilation befreien; es wird nemlich [der Sclave] durch das Vermögen desselben zu erwerben scheinen4848S. §. 2. I. per q. pers. obl. 3. 28. (29.) u. l. 11. D. de accept. 46. 4.. Dasselbe werden wir rücksichtlich eines Pactums sagen4949S. l. 55. D. de pact. 2. 14..
66Idem lib. VI. ex Plaut. Wenn der Schuldner eines Mündels auf dessen Geheiss dem Gläubiger desselben ohne Ermächtigung des Vormunds das Geld gezahlt hat, so befreit er zwar den Mündel [von der Verbindlichkeit] gegen den Gläubiger, aber er selbst bleibt verbindlich; aber er kann sich durch eine Einrede schützen. Wenn er aber nicht der Schuldner des Mündels gewesen war, so kann er [das Geld] weder vom Mündel condiciren, weil dieser nicht ohne Ermächtigung des Vormunds verbindlich wird, noch vom Gläubiger, mit welchem er auf das Geheiss eines Andern contrahirt hat5050S. l. 44. D. de cond. ind. 12. 6.; aber der Mündel wird auf so viel, als er reicher geworden ist, da er ja von seiner Schuld befreit ist, auf eine analoge Klage gehalten sein.
67Marcell. lib. XIII. Dig. Wenn Jemand zwei Sclaven versprochen, und den Stichus geleistet haben wird, so wird er, wenn er nachher [wieder] das Eigenthum desselben Stichus erlangt hat, dadurch, dass er ihn [noch einmal] giebt, befreit werden. Bei Geldstücken findet darüber noch weniger, oder fast gar kein Zweifel statt; denn auch beim Alfenus hat Servius das Gutachten erheilt, dass Derjenige, welcher von seinem Schuldner weniger erhalten habe, und denselben befreien wollte, dies dadurch bewirken könnte, dass er mehrere Male einige Geldstücke von demselben annähme, und demselben zurückgäbe, und wiedernähme, z. B. so, dass wenn Jemand einen Schuldner von Hundert, nachdem er Zehn erhalten, befreien wolle, er, nachdem er die Zehn erhalten habe, ihm dieselben wieder zurückgäbe, und sie zuletzt5151Nachdem das Geben und Zurückgeben der Zehn zehnmal stattgefunden hatte. behalte, obwohl dies von Einigen unrichtig in Zweifel gezogen werde, weil nemlich, wenn Jemand [Etwas] so erhalten hat, dass er es Dem, von welchem er es erhalten habe, wieder zurückgäbe, man es nicht sowohl so ansehen könne, als habe er [den Schuldner] befreit, als vielmehr so, als sei er [von dem Forderungsrecht] zurückgetreten5252Auf diese Weise ist die Lesart der Flor. solvisse potius, quam decessisse nach Voorda’s Interprett. et emendatt. c. 19. Erklärung wiedergegeben worden, welche jeden Falls in der Hinsicht die richtige ist, dass sie diese letzten Worte auf den Gläubiger, wie es nach dem Zusammenhang der Stelle geschehen muss, und nicht auf den Schuldner bezieht, wie es von van de Water (s. Smallenburg zu Schulting l. l. p. 111. sq.) geschehen ist. Was dieser Letztere aber im Uebrigen gegen jene Erklärung erinnert, so wie der Vorschlag desselben, statt decessisse zu lesen: decidisse, scheint allerdings Beachtung zu verdienen..
68Idem lib. XVI. Dig. Wenn einem Sclaven geheissen, einem Mündel Zehn zu geben, und er [unter dieser Bedingung] für frei erklärt worden ist, — mag nun der Mündel Erbe, oder nur die Bedingung auf ihn gestellt sein, — erlangt dann wohl [der Sclave,] auch wenn er in Abwesenheit des Vormunds dem Mündel giebt, die Freiheit? Du wirst durch die Vergleichung mit einer solchen Bedingung wankend gemacht, welche in einem Thun besteht, z. B. wenn er dem Mündel als Sclave gedient haben werde, weil nemlich eine solche auch ohne die Dazvwischenkunft des Vormunds erfüllt werden kann. Und wie, sagst du, wenn [ein Rasender] einen Curator haben, und wenn [dem Sclaven] geheissen sein sollte, dem Rasenden zu geben, wird er dadurch, dass er dem Curator giebt, frei? und denke dir, es sei Jemandem ein Grundstück vermacht, wenn er einem Mündel oder Rasenden [Etwas] gegeben hätte. Nun muss man wissen, dass in allen jenen Fällen zwar dem Vormund oder Curator wirksam gezahlt, ihnen selbst aber, das heisst, dem Rasenden oder dem Mündel nicht richtig gezahlt werde, damit nicht das Gezahlte wegen der Schwäche derselben zu Grunde gehe; denn das hat der Testator nicht beabsichtigt, dass, auf welche Weise auch immer gegeben wäre, die Bedingung erfüllt zu sein scheine.
69Cels. lib. XXIV. Dig. Wenn du einen Sclaven, an welchem ein Anderer den Niessbrauch hat, und welcher dem Titius verpfändet war, zum Schadenersatz ausgeliefert hast, so wird Der, welchem du verurtheilt worden bist, gegen dich mit der Klage aus dem Urtheil klagen; auch werden wir nicht darauf warten, dass der [Pfand] Gläubiger demselben den [Sclaven] entwähre. Aber wenn der Niessbrauch aufgehört hat, oder das Pfandverhältniss aufgelöst sein wird, dann glaube ich, werde Befreiung eintreten.
70Idem lib. XXVI. Dig. Was auf einen bestimmten Termin versprochen worden ist, kann auch sogleich gegeben werden; denn man nimmt an, dass die ganze Zwischenzeit dem Versprecher zum Zahlen freigelassen werde.
71Idem lib. XXVII. Dig. Wenn ich mir oder dem Titius Zehn stipulirt habe, und Fünf annehmen sollte, so wird der Versprecher das Uebrige richtig dem Titius geben. 1Wenn der Bürge dem Procurator des Gläubigers gezahlt, und der Gläubiger es nach der Zeit, während welcher der Bürge hat befreit werden können5353D. h. erst nach Ablauf der Zeit, während welcher der Bürge verbindlich war, indem entweder ein Vertrag bestimmt hatte, dass der Bürge nach einer gewissen Zeit befreit sein sollte, oder dies schon nach gesetzlicher Bestimmung der Fall war, was sich denken lässt, wenn man annimmt, dass hier ursprünglich vom sponsor oder fideiprommissor die Rede war. S. die Bem. zu l. 69. D. de fidej. 46. 1., genehmigt hat, so kann doch der Bürge [das Gezahlte] nicht zurückfordern, weil er damals gezahlt hat, als er noch aus dem Grund der Bürgschaft gehalten war; aber er kann auch nicht weniger gegen den Schuldner mit der Auftragsklage klagen, als wenn er es damals dem anwesenden [Gläubiger] gegeben hätte. 2Ad Dig. 46,3,71,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 74, Note 7.Desgleichen wird dann, wenn der Gläubiger, ohne zu wissen, dass seinem Procurator gezahlt worden sei, [die Schuld] dem Sclaven oder Sohn des Schuldners durch Acceptilation erlassen, nachher es aber erfahren und genehmigt haben sollte, die Zahlung bestätigt, und es ist ohne Wirkung, dass [die Schuld] durch Acceptilation erlassen worden ist. Umgekehrt wird, wenn er es nicht genehmigt haben sollte, das Erlassen [der Schuld] durch Acceptilation bestätigt. 3Aber wenn er, ohne zu wissen, dass gezahlt sei, die Litiscontestation vorgenommen hat, so muss Der, gegen welchen geklagt worden ist, freigesprochen werden, wenn [der Gläubiger] es, während der Rechtsstreit schwebt, genehmigt hat, wenn er es nicht genehmigt hat, muss er verurtheilt werden.
72Marcell. lib. XX. Dig. Ad Dig. 46,3,72 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 345, Note 9.Wenn Der, welcher Zehn schuldet, sie dem Gläubiger angeboten haben wird, und der ohne rechtmässigen Grund sich geweigert hat, sie anzunehmen, sodann der Schuldner sie ohne sein Verschulden verloren haben wird, so kann er sich durch die Einrede der bösen Absicht schützen, obgleich er früher, als er gemahnt wurde, nicht gezahlt hat; denn es ist nicht billig, dass Derjenige nach dem Verlust des Geldes gehalten sei, welcher nicht gehalten sein würde, wenn der Gläubiger es hätte annehmen wollen. Daher muss Das, bei dessen Annahme der Gläubiger sich einen Verzug hat zu Schulden kommen lassen, für gezahlt gelten. Und in der That wird der Ehemann, wenn sich ein Sclave im Heirathsgut befand, er denselben angeboten hat, und dieser Sclave verstorben ist, oder wenn er Gelder angeboten hat, und er dieselben, da die Frau sie nicht annahm, verloren hat, von Rechtswegen aufhören, gehalten zu sein. 1Als du mir den Stichus schuldetest, und bei der Leistung desselben dir hattest Verzug zu Schulden kommen lassen, hast du ihn unter einer Bedingung versprochen; während sie schwebte, ist Stichus verstorben. Wir wollen sehen, ob, weil das frühere Obligationsverhältniss nicht novirt werden kann5454Marcellus scheint hiernach anderer Meinung gewesen zu sein, als Venulejus in der l. 31. pr. D. de novat. 46. 2. Schulting l. l. p. 113. schlägt zur Beseitigung des Widerspruchs vor, in der vorliegenden Stelle die Worte: quia novari prior obligatio non potest, so zu verstehen: si ponamus non posse, was kaum zu billigen sein möchte., eine solche Forderung des Sclaven zusteht, wie sie zustehen würde, wenn die Stipulation nicht eingetreten wäre. Aber es liegt der Einwurf auf der Hand, dass der Schuldner dann, wenn er dem stipulirenden Gläubiger [den Sclaven] unter einer Bedingung versprochen hat, in der Leistung des Sclaven nicht gesäumt zu haben scheint; denn es ist wahr, dass Der, welcher, als er gemahnt wurde, nicht hat geben wollen, wenn er nachher anbietet, von der Gefahr befreit werde. 2Aber wie, wenn der Gläubiger, ohne dass der Schuldner es wusste, den [Sclaven] von einem Andern stipulirt hat? Auch in diesem Falle ist anzunehmen, dass der Schuldner von der Gefahr befreit sei, ebenso wie wenn der Stipulator, da irgend Jemand im Namen des [Schuldners] den Sclaven anbot, ihn nicht hätte annehmen wollen. 3Ebendasselbe hat man [für den Fall] zum Gutachten ertheilt, wenn Jemand, da ihm ein Sclave gestohlen war, sich unter einer Bedingung alles Das stipulirt habe, was der Dieb geben oder leisten müsse; denn auch der Dieb wird von der Condiction befreit, wenn der Herr den ihm angebotenen [Sclaven] nicht hat annehmen wollen. Wenn jedoch die Stipulation eingegangen ist, als der Sclave etwa in der Provinz war, — man denke sich, der Sclave sei eher, als der Dieb oder der Versprecher seiner habhaft werden konnte, verstorben, — dann wird das Verhältniss, welches wir oben angegeben haben, nicht statthaben können; denn man kann es wegen der Abwesenheit [des Sclaven] nicht so ansehen, als habe er ihn angeboten. 4Ich habe mir den Stichus oder Pamphilus stipulirt, als Pamphilus mein war. Aber auch wenn er mein zu sein aufgehört haben sollte, wird der Versprecher dadurch, dass er den Pamphilus giebt, nicht befreit werden; denn Keines von Beiden scheint in Bezug auf den Sclaven Pamphilus gegolten zu haben, weder die Verbindlichkeit, noch die Leistung. Aber wenn der Versprecher Dem, welcher sich stipulirt hat, dass ihm ein Sclave gegeben werden sollte, auch einen von denen5555Unum etiam ex his. Cujac. Observat. XIV. c. 20. will mit Rücksicht auf l. 66. §. 3. D. de leg. II. lesen: num etiam etc. und die so aufgeworfene Frage durch die letzten Worte dieses Satzes verneint wissen. Allein der Grund, weshalb Marcellus in diesem Falle anders, als im ersten entscheidet, scheint darin zu liegen, weil in diesem Falle ein Sclave im Allgemeinen, und also nicht offenbar eine Sache stipulirt war, welche dem Stipulator gehörte. Vgl. die von Schulting u. Smallenburg l. l. p. 113. sq. angeführten Schriften., welche damals5656Als die Stpulation. dem Stipulator gedient hatten, giebt, wird er befreit; in der That hat auch dieser sich stipulirt, dass einer von den Sclaven gegeben werden sollte, welche ihm nicht gehörten. Wir wollen uns denken, es habe Jemand so stipulirt: Gelobst du einen Sclaven von denen, welche Sempronius hinterlassen hat, zu geben? da Sempronius drei hinterlassen hatte, und dass einer von denselben dem Stipulator gehört habe; ob nun, wenn die zweie, welche dem Andern gehörten, gestorben sind, noch irgend eine Verbindlichkeit vorhanden sein wird, wollen wir sehen. Und es ist mehr dafür, dass die Stipulation erlösche, wenn nicht vor dem Tode der zwei der dritte Sclave aufgehört habe, dem Stipulator zu gehören. 5Ad Dig. 46,3,72,5Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 394, Note 20.Jemand, welcher einen Sclaven schuldete, hat den Stichus, welchem die Freiheit in Folge eines Fideicommisses zu gewähren ist, geleistet. Er scheint nicht befreit zu sein5757Die Vulg., Haloander und Beck setzen hier noch die Worte herein: similique modo si solverit servum, qui noxa solutus non est, non liberabitur. Allein durch Einschiebung dieser in der Florent. Hdsch. fehlenden und jeden Falls für den Sinn entbehrlichen Worte werden die folgenden ein müssiger Zusatz., denn er hat noch weniger einen Sclaven geleistet als Der, welcher einen Sclaven gegeben hat, der von einem Schädensanspruch noch nicht befreit ist. Ob also wohl auch dann, wenn er einen Todtengräber5858Vispellionem. S. d. Bem. zu l. 31. D. de evict. 21. 2. oder einen andern mit einem Schimpf beladenen Sclaven gegeben haben wird, dasselbe stattfindet? Nun können wir freilich nicht leugnen, dass [ein Sclave] gegeben sei; es unterscheidet sich aber dieser Fall von den früheren; denn der Gläubiger hat einen Sclaven, welcher ihm nicht entzogen werden kann. 6Der Versprecher eines Sclaven muss einen solchen leisten, welchen der Stipulator, wenn er will, in Freiheit setzen kann.
73Idem lib. XXXI. Dig. Ich habe wegen dreissig zum Darlehn erhaltener Geldstücke einen Bürgen auf Zwanzig, und ein Pfand auf Zehn gegeben; durch den Verkauf des Pfandes hat aber der Gläubiger Zehn erlangt. Ob dies von der ganzen Schuld abgeht, wie Einige glauben, wenn der Schuldner bei der Zahlung von Zehn nichts gesagt hätte, oder ob, wie ich glaube, auf die ganzen Zehn für den Bürgen Befreiung eintritt, weil der Schuldner dies dadurch, dass er so bestimmte, hätte bewirken können, so dass, wenn er es nicht bestimmt hat, vielmehr Das für bezahlt gehalten wird, was unter Bürgschaft geschuldet wurde? Ich glaube jedoch mehr, dass es dem Gläubiger frei gestanden habe, [das aus dem Verkauf des Pfandes gelöste Geld] auf Das, was der Schuldner allein [ohne Bürgen] schuldete, als empfangen anzusetzen.
75Idem lib. VIII. Regul. Sowie die Acceptilation die bis auf den Tag, [an welchem sie geschieht,] vorhanden gewesenen Klagen vernichtet, so thut es auch die Vereinigung der Schuld und des Forderungsrechts in einer Person. Denn wenn der Schuldner Erbe des Gläubigers geworden sein wird, so vernichtet die durch die Erbschaft bewirkte Vereinigung die wegen der Forderung [dem Gläubiger zuständig gewesene] Klage.
76Ad Dig. 46,3,76Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 443, Note 16.Idem lib. VI. Respons. Modestinus hat das Gutachten ertheilt: wenn, nachdem Alles, was in Folge der Vormundschaft geschuldet wurde, ohne jedes Pactum bezahlt worden, die Klagen nach einiger Zwischenzeit abgetreten seien, so sei durch diese Abtretung nichts ausgerichtet worden, da keine Klage mehr vorhanden gewesen sei; wenn dies aber vor der Zahlung geschehen, oder wenn, nachdem man übereingekommen war, dass die Klagen abgetreten werden sollten, dann die Zahlung geschehen wäre, und [hierauf] die Abtretung erfolgt, so seien noch vorhandene Klagen abgetreten, da auch in dem letzten Fall mehr der Preis für die abgetretenen Klagen gezahlt, als eine Klage, welche vorhanden gewesen, vernichtet zu sein scheine5959Vgl. die Bem. zu l. 36. D. de fidej. 46. 1..
78Javolen. lib. XI. ex Cassio. Wenn fremde Gelder wider Wissen oder Willen des Eigenthümers gezahlt worden sind, so bleiben sie Eigenthum Desjenigen, welchem sie gehört haben; in den Büchern des Gajus6161Diese libri Gaji sind ebensowenig die commentarii Gaji in l. 54. D. de condd. et demonstrat. 35. 1. auf den berühmten Juristen Gajus, sondern vielmehr auf den früheren Gajus Cassius Longinus zu beziehen. S. Zimmern a. a. O. Bd. 1. §. 85. S. 313. ist [aber] geschrieben, dass sie dann, wenn sie so vermischt wären6262Nemlich mit den eigenen Geldstücken des Empfängers., dass man sie nicht unterscheiden könnte, Eigenthum Desjenigen würden, welcher sie erhalten hat, so dass dem Eigenthümer die Diebstahlklage gegen Den zukäme, welcher sie gegeben hätte.
79Idem lib. X. Epistol. Wenn ich dir heisse, das Geld, welches du mir schuldest, oder eine andere Sache, vor meine Augen zu legen, so wird bewirkt, dass sowohl du sogleich befreit wirst, als auch [die Sache] mein zu sein anfängt; denn dann ist anzunehmen, dass die Sache, weil Niemand den Besitz derselben körperlich inne hat, mir erworben und gewissermaassen mit langer Hand6363Longa manu. Die Bedeutung dieses figürlichen Ausdrucks geht aus der Stelle selbst genügend hervor. Vgl. auch von Savigny Besitz, S. 198. ff. übergeben sei.
80Pompon. lib. IV. ad Quint. Muc. Alles muss so, wie es contrahirt worden ist, auch aufgelöst werden; so muss, wenn wir durch eine Sache contrahirt haben werden, es durch eine Sache aufgelöst werden, so dass z. B. wenn wir ein Darlehn gegeben haben, wieder eben so viel Geld gezahlt werden muss. Und wenn wir durch Worte Etwas contrahirt haben, so muss die Verbindlichkeit entweder durch eine Sache, oder durch Worte aufgelöst werden, durch Worte, z. B. wenn wir es dem Versprecher durch Acceptilation erlassen, durch eine Sache, z. B. wenn er leistet, was er versprochen hat. Auf gleiche Weise kann, wenn ein Kauf oder Verkauf, oder eine Vermiethung contrahirt worden ist, [ein solcher Vertrag,] weil er durch blosses Einigsein contrahirt werden kann, durch ein auf das Gegentheil gerichtetes Einigsein wieder aufgelöst werden.
81Idem lib. VI. ad Quint. Muc. Wenn ich stipulirt habe, dass mir oder dem Titius gegeben werden solle, so wirst du, wenn Titius verstorben sein wird, dem Erben desselben nicht zahlen können. 1Wenn Titius bei mir eine Schüssel niedergelegt und mit Hinterlassung mehrerer Erben verstorben sei, und mich nun ein Theil der Erben mahne, so wäre es am besten, wenn der darum angegangene Prätor mir befohlen hätte, jene Schüssel jenem Theil der Erben zu übergeben, in welchem Falle ich den übrigen Miterben auf die Niederlegungsklage nicht gehalten sei. Aber auch wenn ich das ohne den Prätor ohne Arglist gethan haben werde, werde ich befreit werden, oder, was richtiger ist, in keine Verbindlichkeit gerathen. Am besten ist aber, es durch die Obrigkeit zu thun.
82Procul. lib. V. Epistol. Wenn Cornelius, als er sein Grundstück für die Seja dem Manne derselben zum Heirathsgut gegeben, und Nichts über die Rückgabe desselben ausgemacht hatte, [dadurch] bewirkt hat, dass der Mann und Seja mit einander paciscirten, dass nach erfolgter Scheidung jenes Grundstück dem Cornelius zurückgegeben werden sollte, so glaube ich nicht, dass nach erfolgter Scheidung der Mann, wenn es Seja verbietet, jenes Grundstück dem Cornelius sicher zurückgeben könne, ebenso wie es nicht sicher zurückgegeben wurde, wenn, da kein Pactum abgeschlossen worden war, die Frau nach erfolgter Scheidung [dem Manne] geheissen hätte, jenes Grundstück dem Cornelius zurückzugeben, sodann, ehe es zurückgegeben wurde, es verboten hätte. Aber wenn er, ehe Seja es verbot, dem Cornelius jenes Grundstück zurückgegeben, auch keinen Grund gehabt hätte, zu glauben, dass er das wider Willen der Seja thun werde, so würde ich es weder für gut, noch für billig halten, dass jenes Grundstück der Seja zurückgegeben werde.
83Pompon. lib. XIV. ex var. Lection. Wenn ich deinem Sclaven Etwas dargeliehen, und denselben gekauft haben werde, und er, nachdem er freigelassen worden, es mir gezahlt haben wird, so wird er es nicht zurückfordern können.
84Procul. lib. VII. Epistol Du hast [mit der Klage] wegen des Sonderguts wegen eines Sclaven gegen den Herrn desselben geklagt. [Proculus] hat das Gutachten ertheilt, dass die Bürgen desselben nicht befreit worden seien6464Weil egen Dessen, was der Kläger auf die act. de peculio nicht erlangt hat, immer noch eine naturalis obligatio bleibt. S. Schulting u. Smallenburg l. 1. p. 116.. Aber es ist richtig, was du gelesen hast, dass [nemlich] dann, wenn derselbe Sclave aus seinem Sondergut, da ihm die Verwaltung desselben gestattet war, die [schuldigen] Gelder gezahlt hätte, die Bürgen befreit seien.
85Callistr. lib. I. Ed. monitor. Das Ganze wird nicht gezahlt, nicht weniger rücksichtlich des Betrags, als des Termins6565D. h. nicht blos Der, welcher nicht die ganze schuldige Summe, sondern auch Der, welcher nicht zur rechten Zeit zahlt, zahlt nicht das Ganze..
86Paul. lib. VIII. ad Ed. Das befolgen wir als Recht, dass dem Procurator in einem Rechtsstreit nicht richtig gezahlt wird; denn es würde widersinnig sein, wenn Demjenigen, welchen die Klage aus dem Urtheil nicht gegeben wird, vor entschiedener Sache gezahlt werden könnte. Wenn er jedoch dazu bestellt sein sollte, dass ihm auch bezahlt werden könne, so wird [der Beklagte] dadurch, dass er ihm zahlt, befreit werden.
87Cels. lib. XX. Dig. Ich kann keine Schuld, welche von meinem Procurator bezahlt worden ist, zurückfordern, weil, wenn Jemand einen Procurator für sein ganzes Vermögen bestellt, er auch das aufzutragen scheint, dass er seinen Gläubigern das [schuldige] Geld zahle, und es ist also nachher nicht darauf zu warten, dass er es genehmige.
88Scaevola lib. V. Dig. Eine Mutter hat die Geschäfte ihrer Tochter, welche Intestaterbin ihres Vaters geworden war, geführt, und Sachen [derselben] durch Geldwechsler verkaufen lassen6666Es pflegten bei den Römern Sachen durch argentarii öffentlich verkauft zu werden. S. v. Glück a. a. O. XXXII. S. 326. ff., und eben dies ist in das Wechslerbuch6767Codice. „Die Argentarien trugen auch den Empfang und Erlös in die Bücher ihrer Bank (codices) ein.“ V. Glück a. a. O. eingetragen worden. Die Geldwechsler haben den ganzen Erlös des Verkaufs gezahlt, und nach der Zahlung hat die Mutter noch fast neun Jahre alle Geschäfte, welche zu verrichten waren, im Namen der unmündigen Tochter verrichtet, und sie einem Manne in die Ehe gegeben, auch ihr ihr Vermögen übergeben. Man hat gefragt, ob das Mädchen gegen die Wechsler irgend eine Klage habe, weil ja nicht sie selbst den Preis für die Sachen, welche zum Verkauf gegeben worden sind, stipulirt hat, sondern die Mutter. [Scaevola] hat das Gutachten ertheilt: wenn darnach gefragt würde, ob die Geldwechsler durch jene Zahlung dem Rechte nach befreit wären, so müsse man antworten, dass sie dem Rechte nach befreit seien. Claudius6868Claud. Tryphoninus, s. d. Bem. zu l. 36. D. de leg. III. (32.) u. v. Glück a. a. O. S. 328. ff. [bemerkt hierzu:] Es liegt hier nemlich jene von der richterlichen Entscheidung abhängige Frage zum Grunde6969Subest enim illa ex jurisdictione pendens quaestio. S. v. Glück a. a. O. S. 330.: „eine quaestio facti, welche zur richterlichen Untersuchung und Reflexion gehört., ob sie die Preise der Sachen, von welchen sie wussten, dass sie der Unmündigen gehörten, der Mutter, welche das Recht zur Verwaltung nicht hatte, in gutem Glauben bezahlt zu haben scheinen? und darum werden sie, wenn sie das wussten, nicht befreit, nemlich wenn die Mutter nicht zahlungsfähig ist7070Denn ist sie zahlungsfähig, so können sich die argentarii dadurch, dass sie die Klage gegen sie der Tochter cediren, von den Ansprüchen der Letzteren befreien. S. v. Glück a. a. O. S. 331. ff..
89Idem lib. XXIX. Dig. Ein Gläubiger, [welcher] aus mehreren Gründen und Schuldscheinen [Forderungen hatte,] hat auf diese Weise bescheinigt: Ich Titius Maevius bekenne, dass ich vom Cajus Titius allen Rückstand erhalten habe, und wirklich habe, und als empfangen eingetragen habe, indem dabei eine Berechnung des Geldes angestellt wurde, über welches mir Stichus, der Sclave des Cajus Titius, [Schuldscheine] ausgestellt hatte. Man hat gefragt: ob die Klage aus den übrigen Schuldscheinen, welche nicht Stichus, sondern der Schuldner selbst ausgestellt hat, unbenommen bleibe? [Scaevola] hat das Gutachten ertheilt, dass nur diejenige Verbindlichkeit aufgehoben sei, in Folge welcher die Zahlung, wie man anführte, geschehen sei. 1Lucius Titius, welcher aus zwei Schuldscheinen, nach welchen ihm vom Sejus Vierhundert geschuldet wurden, [nemlich] nach dem einen Hundert, nach dem andern Dreihundert, Forderungen hatte, hat an den Sejus geschrieben, dass ihm [von demselben] die Hundert des einen Schuldscheins durch den Maevius und Septicius geschickt werden sollten. Ich frage: ob Sejus, wenn er behaupte, dass er dem Maevius und Septicius auch von den Dreihundert [Etwas] gezahlt habe, befreit sei? [Scaevola] hat das Gutachten ertheilt, dass er, wenn [der Gläubiger] es ihm weder aufgetragen, dass er von den Dreihundert [Etwas] zahlen sollte, noch die Zahlung genehmigt hat, nicht befreit sei. 2Lucius Titius hat durch zwei Stipulationen, die eine von Funfzehn unter höheren Zinsen, die andere von Zwanzig unter geringeren Zinsen, den Sejus an demselben Tage so verbindlich gemacht, dass die Zwanzig zuerst bezahlt werden sollten, das heisst, am dreizehnten September7171Idibus Septembribus. An den Idibus pflegten die Zinsen eingefordert zu werden. S. Cujac. ad African. Tr. VIII. ad. l. pen. de reb. cred. (opp. ed. Fabrot. T. I. 1. 477. sq.); der Schuldner hat, nachdem der Termin beider Stipulationen zu laufen angefangen, Sechsundzwanzig gezahlt, es ist aber von dem Andern (dem Gläubiger) bestimmt worden, für welche Stipulation das gezahlt würde. Ich frage: ob Das, was gezahlt worden ist, die Stipulation erleichtert habe, deren Termin eber zu laufen angefangen hat, das heisst, so dass Zwanzig auf den Hauptstamm gezahlt, und Sechs auf die Zinsen davon gegeben zu sein schienen? [Scaevola] hat das Gutachten ertheilt: es sei gebräuchlich, mehr dies anzunehmen.
90Scaevola lib. XXVI. Dig. Ein Sohn, welcher als Erbe den väterlichen Nachlass verwaltete, hat aus demselben dem Sempronius ein Gelddarlehn gegeben, und dasselbe stückweise zurückerhalten; sodann hat er sich, da er minderjährig war, von jener Erbschaft losgesagt. Man hat gefragt: ob der für den Nachlass des Vaters bestellte Curator eine analoge Klage gegen den Sempronius habe? [Scaevola] hat das Gutachten ertheilt: es werde kein Grund angeführt, weshalb Der, welcher Das, was er auf jene Weise zum Darlehn erhalten hatte, bezahlt hätte, nicht befreit sein sollte.
91Ad Dig. 46,3,91Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 354, Note 5.Labeo lib. VI. Pithan. a Paulo epitom. Wenn dein Schuldner von der Verbindlichkeit gegen dich nicht befreit werden will und gegenwärtig ist, so kann er wider seinen Willen von dir nicht frei gemacht werden. Paulus [bemerkt hierzu]: Im Gegentheil, du wirst deinen Schuldner, auch wenn er gegenwärtig ist, selbst wider seinen Willen so befreien können, dass du einen Andern einschiebst, von welchem du die Schuld in der Absicht, zu noviren, stipulirst; und wenn du dieselbe auch nicht durch Acceptilation erlassen haben wirst, so wird doch, so viel dich betrifft, die Sache sogleich zu Grunde gehen; denn auch wenn du klagst7272Nach Schulting l. l. p. 117. ex. ist hier zu suppliren: gegen den neuen Schuldner (Expromissor.) Ebenso nach Pothier Pand. Justin. tit. de novat. nro. 7. (Tom. III. p. 331.) welcher annimmt, dass zwischen dem neuen Schuldner und dem Gläubiger der Vertrag geschlossen sei, dass dieser jenem die Schuld durch Acceptilation erlassen solle, weshalb der Gläubiger, wenn er gegen diesen Vertrag die Schuld fordere, mit der exc. doli zurückgewiesen werden könne. Die Basil. XXVI. 5. 91. (T. IV. p. 160.) geben jedoch diese Einrede dem ersten Schuldner, wenn er nach der Novation noch belangt werde., wird dich die Einrede der Arglist ausschliessen.
92Pompon. lib. IX. Epistol. Wenn du mir versprochen, oder in deinem Testament verordnet haben solltest, mir einen fremden Sclaven zu geben, und dieser Sclave eher, als es an dir lag, dass du ihn nicht gabst, von seinem Herrn freigelassen sein sollte, so ist diese Freilassung dem Tode desselben gleich; du würdest aber nicht gehalten sein, wenn er verstorben wäre. 1Aber auch wenn Jemand den Sclaven, welchen er zu geben versprochen hat, nachdem er von dem Herrn desselben zum Erben eingesetzt worden ist, als Bedingtfreien gegeben haben wird, wird er befreit.
93Scaevola lib. sing. Quaest publ. tract. Wir wollen sehen, ob, wenn zwei Correalgläubiger vorhanden sind, und der eine den andern zum Erben eingesetzt hat, das Forderungsrecht durch die Vereinigung in einer Person erlösche7373D. h. ob aus den zwei Forderungsrechten der bisherigen zwei Gläubiger ein einziges werde.. Und man nimmt an, dass es nicht erlösche. Wozu ist es gut, dies anzunehmen? Weil, wenn er fordert, dass ihm gegeben werden müsse, ihm entweder darum gegeben werden muss, weil er Erbe geworden ist, oder darum, weil ihm auf seinen eigenen Namen geschuldet wird. Nun findet aber hierbei ein grosser Unterschied statt; denn wenn der eine von den Gläubigern durch die zeitliche Einrede eines Erlassungsvertrags wird zurückgewiesen werden können, so wird es einen Unterschied machen, ob Der, welcher Erbe geworden ist, in seinem eigenen Namen, oder als Erbe klage, so dass man sehen kann, ob die Einrede statthabe, oder nicht. 1Desgleichen, wenn zwei Correalschuldner vorhanden sein sollten, und der eine den andern zum Erben eingesetzt haben sollte, so erlöscht die Verbindlichkeit nicht7474Diese Negation (non) ist mit Cujac. Observat. XI. c. 34. ex., Faber Conject. VIII. 4. und vielen Andern (s. Smallenburg l. l. p. 118.) hier einzuschieben, wenn nich dieser Satz geradezu der im folg. §. aufgestellten Regel widersprechen soll. durch die Vereinigung in einer Person. 2Aber wenn der Schuldner den Bürgen zum Erben eingesetzt haben wird, so erlöscht die Verbindlichkeit [des Bürgen] durch die Vereinigung7575In der Florent. Handsch. heisst es: non confunditur obl. Hier ist aber, wie aus dem Folgenden hervorgeht, die Negation zu streichen, und wird auch von den Basil. XXVI. 5. 93. (T. IV. p. 161.) ausgelassen. S. die in der vor. Anm. citirten Schriftsteller., und es ist als ein allgemeiner Grundsatz festzuhalten, dass, wenn zu der Obligation, welche eine Folge [einer andern] ist, die Hauptobligation hinzukommt, die [erstere] Obligation durch die Vereinigung erlöscht, so oft aber dies bei zwei Hauptobligationen der Fall ist, die eine zu der andern vielmehr in Rücksicht der Klage hinzugefügt werde, als eine Erlöschung durch Vereinigung hervorbringe. 3Wie nun, wenn der Bürge den Schuldner zum Erben eingesetzt haben sollte? Es wird die Verbindlichkeit [des Erstern] nach der Meinung des Sabinus durch die Vereinung erlöschen, wenn gleich Proculus anderer Meinung ist.
94Papin. lib. VIII. Quaest. Wenn Der, welchem der Schuldner fremde Geldstücke gezahlt hat, während ihm die Gelder unbenommen sind, Das zu fordern fortfährt, was ihm geschuldet werde, und Das, was er erhalten hat, nicht anbietet, so wird er mit der Einrede der bösen Absicht zurückgewiesen werden. 1Wenn ich aber gemeinschaftliche Gelder darleihen oder zahlen werde, so wird auf der Stelle nach Verhältniss meines Antheils [an denselben] für mich entweder eine Klage, oder die Befreiung entstehen, gleichviel ob man annimmt, dass rücksichtlich der einzelnen Geldstücke eine Gemeinschaft nach blos gedachten Antheilen7676Pro indiviso. S. die Bem. zu L. 5. §. 15. D. comm. 13. 6. vorhanden sei, oder ob man bei dem Geld nicht auf die einzelnen Körper, sondern auf die Summe sieht. 2Aber auch wenn ein Bürge fremde Geldstücke zur Tilgung seiner Bürgschaftsschuld gegeben hat, so kann er, wenn sie verbraucht sind, mit der Auftragsklage klagen; und darum wird er, wenn er solches Geld zahlt, welches er entwendet hatte, mit der Auftragsklage klagen können; nachdem er [das mit der] Diebstahls[Klage] oder durch die [Diebstahls-]Condiction [von ihm Geforderte den Bestohlenen] geleistet haben wird. 3Favius Januarius dem Papinianus seinen Gruss. Da Titius dem Cajus Sejus in Folge eines Fideicommisses eine gewisse Summe schuldete, und ebensoviel demselben in Folge einer anderen Schuld, welche zwar nicht gefordert werden konnte, aber nach der Zahlung [dem Schuldner] kein Zurückforderungsrecht7777Petitionem, welches Wort für repetitio vorkommt (Brisson. s. h. v.), weshalb es der Emendation von van de Water Obs. II. 14. p. 197. nicht bedarf. gewährte, hat der Sclave des Titius, welcher Geschäftsführer desselben ist, in Abwesenheit des Herrn eine solche Summe gezahlt, welche für den Betrag der einen Schuld genügte, und es ist ihm bescheinigt worden, dass es auf die ganze Forderung bezahlt sei. Ich frage, auf welche Schuld Das, was gezahlt worden ist, angenommen zu sein scheine? Ich habe geantwortet: wenn Sejus dem Titius so bescheinigt hatte, dass er sich ausdrückte, es sei ihm auf die ganze Forderung bezahlt, so scheint die Benennung Forderung blos das in Folge des Fideicommisses geschuldete Geld zu bezeichnen, nicht aber das, wegen dessen zwar kein Forderungsrecht zusteht, welches aber, wenn die Zahlung erfolgt ist, nicht zurückgefordert werden kann; wenn aber der Sclave des Titius, welcher Geschäftsführer desselben ist, in Abwesenheit seines Herrn das Geld gezahlt habe, so werde nicht ein Mal das Eigenthum der Geldstücke in dem Falle der Verbindlichkeit, welche den Schutz einer Einrede gehabt hat, übertragen sein, wenn man anführen sollte, dass die Zahlung in Bezug auf diese Schuld geschehen sei; weil es nicht wahrscheinlich ist, dass der Herr den Sclaven der Zahlung von Geldern in einem solchen Falle vorgesetzt habe, in welchem sie nicht bezahlt werden mussten, ebensowenig, als damit er Sondergutsgelder aus dem Grunde einer Bürgschaft, welche der Sclave nicht zum Besten des Sonderguts übernommen hat, zahlen sollte.
95Idem lib. XXVIII. Quaest. Gelobst du, den Stichus oder Pamphilus, welchen von beiden ich will, zu geben? Wenn der eine gestorben ist, so wird blos der, welcher noch lebt, gefordert werden, wenn nicht [der Schuldner] sich einen Verzug rücksichtlich des gestorbenen, welchen der Gläubiger ausgewählt hat, hat zu Schulden kommen lassen; dann kann nemlich ebenso blos jener, welcher verstorben ist, geleistet werden, als wenn er allein in die Verbindlichkeit gebracht gewesen wäre. 1Ad Dig. 46,3,95,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 255, Noten 5, 14.Wenn aber der Versprecher die Wahl gehabt haben wird, so wird, wenn der eine verstorben ist, der, welcher noch vorhanden ist, ebenso gut gefordert werden können. Ja, wenn in dem Falle, als der Schuldner die Wahl hatte, der eine in Folge einer That des Schuldners gestorben sein sollte, so wird, obwohl nun kein anderer gefordert werden kann, als der, welcher auch geleistet werden kann, auch der Werth des verstorbenen nicht angeboten werden kann, wenn er etwa weit geringer an Werth gewesen ist, — indem dies so zum Besten des Gläubigers als Strafe des Versprechens festgesetzt ist, — doch, wenn auch der andere Sclave nachher ohne Verschulden des Schuldners sterben sollte, auf keine Weise aus der Stipulation geklagt werden können, da zu jener Zeit, als er starb, [der Schuldner] nicht den Verfall der Stipulation herbeigeführt hat. Freilich wird, weil Vergehen nicht ungestraft sein dürfen, die Klage wegen der Arglist nicht mit Unrecht verlangt werden, anders als bei der Person eines Bürgen, welcher den versprochenen Sclaven getödtet hat, weil der Bürge auf die Klage aus der Stipulation gehalten ist, ebenso, wie er gehalten sein würde, wenn der Schuldner ohne Erben verstorben wäre. 2Der Antritt einer Erbschaft bewirkt zuweilen dem Rechte nach die Erlöschung einer Verbindlichkeit durch Vereinigung, z. B. wenn der Gläubiger die Erbschaft des Schuldners, oder ungekehrt der Schuldner die des Gläubigers angetreten haben wird; mitunter vertritt sie die Stelle der Zahlung, wenn etwa ein Gläubiger, welcher einem Mündel ohne Ermächtigung des Vormunds Gelder dargeliehen hatte, Erbe desselben geworden sein wird; er wird nemlich dann nicht blos soviel, als der Mündel reicher geworden ist, erlangen, sondern erhält seine Forderung ganz aus der Erbschaft. Mitunter geschieht es, dass eine wirkunglose Verbindlichkeit durch den Antritt einer Erbschaft bestätigt wird; denn wenn der Erbe, welcher die Erbschaft nach dem Trebellianischen [Senatsschluss] ausgeantwortet hat, Erbe des Fideicommissar, oder eine Frauensperson, welche für den Titius intercedirt hatte, Erbin desselben geworden sein wird, so verliert die civilrechtliche Verbindlichkeit wegen der Beerbung eines Solchen, welcher dem Rechte nach gehalten war, die Hülfe der Einrede7878S. L. 8. §. 13. D. ad SC. Vellej. 16. 1.; denn es würde unzweckmässig sein, wenn man dem weiblichen Geschlecht bei einer solchen Frauensperson zu Hülfe kommen wollte, welche sich auf ihren eigenen Namen in Gefahr befindet. 3Was man gewöhnlich sagt, dass ein Bürge, welcher Erbe des Schuldners geworden sei, rücksichtlich seiner Verbindlichkeit aus der Bürgschaft befreit werde, ist so oft wahr, als die Verbindlichkeit des Schuldners grösser befunden wird. Denn wenn der Schuldner nur natürlich verbindlich gewesen ist, so wird der Bürge nicht befreit werden7979Die gewöhnliche Lesart, auch der Florent. Hdsch. ist: Nam si reus duntaxat fuit obligatus, fidejussor liberabitur. In der Uebersetzung ist jedoch die Emendation von Cujacius (ad lib. XXVIII. Quaest. Papin. ad h. l., ad African. Tr. VII. ad l. 21. §. 2. D. de fidej. u. in den Observ. XI. c. 34.) befolgt worden, welcher nach reus: natura u. nach fidejussor: non einschiebt, welche Emendation nicht blos durch äussere Gründe (auch die Basilica XXVI. 5. 95. T. IV. p. 163. u. angeblich ein cod. Auredan. haben so,) unterstützt wird, sondern auch den Zusammenhang der ganzen Stelle für sich hat, wie Voorda Interprett. et Emendatt. c. 20. p. 65—72. weitläuftig gezeigt hat. Die Gegner dieser Emendation sind verzeichnet bei Schulting u. Smallenburg l. l. p. 120. sq. u. zu denselben kommt noch Wieling Lectt. juris. civ. II. c. 12. p. 156. sqq., welchem v. Glück. V. S. 570. Anm. 66. beistimmt.. Umgekehrt kann man nicht sagen, die Verbindlichkeit des Bürgen werde nicht aufgehoben, wenn der Schuldner eine besondere und persönliche Vertheidigung gehabt hat; denn wenn [Jemand] Einem, welcher jünger als fünfundzwanzig Jahre war, in gutem Glauben Geld dargeliehen und derselbe die erhaltenen Gelder verloren hat, und innerhalb der Fristen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verstorben ist, indem er seinen Bürgen zum Erben hatte, so kann man schwerlich sagen, dass der Grundsatz des honorarischen Rechts, welcher dem Minderjährigen hätte Hülfe gewähren können, [diejenige] Verbindlichkeit des Bürgen, welche die Hauptverbindlichkeit gewesen, und zu welcher die des Bürgen ohne Rücksicht auf das prätorische Recht hinzugekommen ist, aufrecht erhalte8080Auch in diesem Satze ist der Text in kritischer Hinsicht vielfach angefochten worden. S. die in der vorherg. Anm. cit. Schriften. Doch scheint hier nach Wieling’s l. l. Vorgang, welchem auch v. Glück a. a. O. S. 572. Anm. 69. beistimmt, keine Emendation nothwendig zu sein, indem dieser Satz einen passenden Sinn giebt, wenn man ihn mit Burchardi a. a. O. S. 574. f. so versteht: „Die Frage, die — beantwortet werden soll, ist: ob der Bürge eines Minderjährigen, welcher sich sine contemplatione juris honorarii verbürgt hat, d. h. ohne Rücksicht auf die Restitution, also auch für den Fall, dass diese dem Schuldner zu Theil würde, als Erbe des Schuldners wider die nun auch auf ihn übergegangene Principalverbindlichkeit“ (fidejussoris obligatio, quae principalis fuit,) „suchen dürfe, während seine Bürgschaftsverbindlichkeit doch eigentlich stärker ist als die Hauptschuld, indem er nicht freigeworden wäre, wenn der Minderjährige noch selbst Restitution impetrirt hätte? Dies wird nun zwar bejaht; wir sehen aber doch aus dieser Stelle, dass Papinian davon ausging: die Restitution des Schuldners, wo dieser sie selbst erbitte, liberire den Bürgen, welche sine contemplatione juris intercedirt habe, nicht, weil sonst die ganze Frage nicht hätte aufgeworfen werden können.“. Es wird also die Hülfe der Wiedereinsetzung dem Bürgen, welcher Erbe des Minderjährigen geworden ist, innerhalb der festgesetzten Zeit unbenommen sein. 4Eine natürliche Verbindlichkeit wird wie durch Zahlung des schuldigen Geldes, so auch durch ein rechtmässiges Pactum oder durch einen Eid von Rechtswegen aufgehoben, weil das Band der Billigkeit, durch welches allein sie aufrecht erhalten wurde, durch die Billigkeit einer Uebereinkunft aufgelöst wird; und darum sagt man, dass der Bürge, welchen ein Mündel gestellt hat, aus jenen Gründen befreit werde. 5Man hat gefragt, ob Jemand so stipuliren könne: [Gelobst du,] dass mir oder meinem Sohne Zehn gegeben werden sollen? oder so: mir oder meinem Vater? Man kann aber nicht unpassend den Unterschied machen, dass, wenn der Sohn stipulirt, die Person des Vaters dann [mit Erfolg] hinzugefügt werde, wenn die Stipulation für denselben nicht erworben werden kann; dass aber umgekehrt Nichts hindere, dass, wenn der Vater stipulirt, die Person des Sohnes hinzugefügt werde, da so oft als der Vater dem Sohne Etwas stipulirt, man es so ansieht, als habe er es sich selbst stipulirt, wenn er selbst es sich nicht stipulirt hat, und in dem vorliegenden Falle ist es augenscheinlich, dass die Person des Sohnes nicht um [der Erwerbung] des Forderungsrechts, sondern um der Zahlung willen hinzugefügt sei8181S. L. 56. §. 1. D. de verb. obl. 45. 1.. 6Ich habe stipulirt, dass ein Niessbrauch mir oder dem Titius gegeben werden solle. Wenn Titius eine Veränderung seines Rechtszustandes erlitten hat, so hört die Möglichkeit, dem Titius zu leisten, nicht auf, weil man auch so stipuliren kann: [Gelobst du,] dass mir oder dem Titius, wenn er eine Veränderung seines Rechtszustandes erlitten haben wird, gegeben werde? 7Denn auch wenn die Person eines Rasenden oder Mündels hinzugefügt sein sollte, so wird dem Vormund oder Curator desselben das Geld ebenso richtig gegeben werden, wie auch Geld zur Erfüllung einer Bedingung dem Vormund oder Curator richtig gegeben wird. Und das haben Labeo und Pegasus um des [allgemeinen] Besten willen annehmen zu müssen geglaubt, und es kann dann angenommen werden, wenn das Geld in den Nutzen des Mündels oder des Rasenden verwendet worden ist, ebenso wie wenn der, welchem geheissen worden ist, einem Herrn Etwas zu geben, es dem Sclaven desselben gegeben hätte, damit er es dem Herrn gebe. Sonst, wenn Jemandem geheissen worden ist, einem Sclaven Etwas zu geben, ist anzunehmen, dass er dadurch, dass er es dem Herrn giebt, die Bedingung nicht anders erfüllt habe, als wenn er mit dem Willen des Sclaven [dem Herrn] gegeben hat. Dasselbe ist in Bezug auf die Zahlung zu antworten, wenn Jemand vom Sempronius stipulirt, dass ihm oder dem Stichus, dem Sclaven des Maevius, Zehn gegeben werden sollen, und der Schuldner das Geld dem Maevius, dem Herrn, gezahlt haben sollte. 8Wenn der Gläubiger die ihm nicht gehörige Erbschaft des Schuldners besessen hat, und soviel an ihn gekommen ist, als, wenn irgend ein anderer Besitzer des Nachlasses ihm zahlen würde, den Erben befreien würde, so kann man nicht sagen, dass die Bürgen befreit werden, denn man kann nicht annehmen, dass Der sich selbst das Geld gezahlt habe, welchem die Erbschaft abgestritten werden kann. 9Du hast durch Arglist bewirkt, dass du Das, was du aus einer einem Anderen gehörigen Erbschaft ergriffen hattest, nicht besitzest. Wenn der Besitzer die Sache oder den Werth des streitigen Gegenstandes geleistet hat, so wird dir dieser Umstand nützen, weil der Kläger weiter kein Interesse hat; sonst wenn du in Folge deiner frühern Arglist vor [dem Besitzer] belangt, und [den Werth des streitigen Gegenstandes] geleistet haben wirst, so wird diese Sache dem Besitzer Nichts nützen. 10Wenn du auf meinen Auftrag dem Titius Geld geliehen hättest, so würde dieser Contract [dem, was bei] dem Vormund und dem Schuldner des Miündels [vorkommt,] ähnlich sein, und darum spricht die Rechtsregel dafür, dass, wenn der Creditauftraggeber belangt und verurtheilt worden ist, der Schuldner, obgleich das Geld [von jenem] bezahlt worden ist, nicht befreit werde; aber es muss auch der Gläubiger dem Creditauftraggeber die Klagen gegen den Schuldner abtreten, damit er befriedigt werde. Und darauf bezieht es sich, wenn wir einen Vergleich mit dem Vormund und dem Schuldner des Mündels angestellt haben; denn wenn der Vormund dem Mündel deshalb gehalten ist, weil er den Schuldner desselben nicht belangt hat, so wird weder, wenn der Eine8282Der Vormund oder der Schuldner des Mündels auf die Klage desselben. Vgl. über diese Stelle Mühlenbruch a. a. O. §. 39. S. 438. u. Keller a. a. O. §. 53. S. 451. ff. sich auf die Klage eingelassen hat, der Andere befreit, noch wird, wenn der Vormund verurtheilt sein und bezahlt haben wird, dieser Umstand dem Schuldner nützen; ja man pflegt sogar zu sagen, [der Vormund] müsse mit der Gegenvormundschaftsklage klagen, auf dass ihm der Mündel die Klagen gegen die Schuldner abtrete. 11Wenn der Gläubiger, als er gegen den Schuldner klagte, durch seine eigene Schuld sachfällig geworden sein wird, so dürfte er wohl durch die Auftragsklage Nichts vom Creditauftraggeber erlangen können, da es durch seinen eigenen Fehler geschehen ist, dass er dem Auftraggeber die Klagen [gegen den Schuldner] nicht abtreten kann. 12Wenn zwischen dem Käufer und Verkäufer, bevor Etwas von einer von beiden Seiten geleistet wurde, die Uebereinkunft getroffen sein sollte, dass man vom Kauf zurücktreten wolle, so wird der deshalb angenommene Birge nach aufgelöstem Contract befreit werden.
96Papin. lib. XI. Respons. Ad Dig. 46,3,96 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 463, Note 31.Der Schuldner eines Mündels hat, als ihn der Vormund delegirte, dem Gläubiger des Vormunds das schuldige Geld gezahlt. Es ist Befreiung [desselben] eingetreten, wenn nicht bewiesen wird, dass es in schlechtem Einverständniss mit dem Vormund geschehen sei; aber auch der Gläubiger des Vormunds ist dem Mündel auf das Interdict wegen Betrugs8383Interdictio fraudatorio. S. l. 67. §. 1. D. ad SC. Trebell. 36. 1. u. l. 10. pr. D. si quid in fr. cred. 42. 8. gehalten, wenn es erwiesen sein wird, dass er an der Absicht, zu betrügen, Theil genommen habe. 1Als eine Mündelin Erbin der obrigkeitlichen Person, welche einem Mündel auf eine betrügerische Weise einen Vormund bestellt hatte, geworden war, haben die Vormünder derselben mit dem Jüngling einen Vergleich geschlossen8484Nemlich wegen der actio subsidiaria des Mündels gegen den magistratus, oder in diesem Falle gegen die Erbin desselben (tit. D. de mag. conv. 27. 8.); diesen Vergleich hat die Mündelin nicht genehmigen wollen. Nichtsdestoweniger wird sie durch das Geld der Vormünder befreit sein, auch werden die Vormünder gegen den Mündel keine Klage, auch keine analoge, haben, weil derselbe das Seinige wiedererlangt hat. Freilich wenn der Jüngling das Geld dem Vormund der Mündelin hat lieber zurückerstatten wollen, so wird er, nachdem Das, was geschehen ist, wieder aufgehoben worden ist, eine analoge Klage gegen die Mündelin, als Erbin der obrigkeitlichen Person, erhalten. 2Ad Dig. 46,3,96,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 342, Note 17.Eine Schwester, welcher von ihrem Bruder, als Erben, ein Vermächtniss geschuldet wurde, hat, nachdem ein Rechtsstreit über das Vermächtniss erhoben war, sich dahin verglichen, dass sie, zufrieden mit einer Forderung des Schuldners (Bruders), das Vermächtniss nicht fordern wollte. Man hat angenommen, dass, obwohl keine Delegation geschehen, auch keine Befreiung erfolgt wäre8585D. h. obwohl das Forderungsrecht aus dem Legat nicht durch eine novatio in das auf die Schwester übertragene Forderungsrecht verwandelt, also der Bruder eigentlich nicht von seiner Verbindlichkeit aus dem Legat befreit wäre., doch die Gefahr der Schuldforderung sie treffe; daher werde ihr, wenn sie das Vermächtniss gegen die Uebereinkunft fordern würde, die Einrede, dass ein Pactum geschlossen sei, nicht wirkungslos entgegengesetzt. 3Wenn zu derselben Zeit Sachen für zwei Contracte verpfändet werden, so muss der Gläubiger, [wenn er sie verkauft hat,] den Preis derselben auf einen jeden Contract nach Verhältniss des [in Folge desselben schuldigen] Geldes abrechnen, und die Wahl wird nicht in seinem Ernessen stehen, da der Schuldner den Preis des Pfandes in eine Gemeinschaft gebracht hat8686Quum debitor pretium pignoris consortioni (s. Gothofr. in not. ad h. l.) subjecerit, d. h. da er durch die gleichzeitige Bestellung des Pfandes für zwei Contracte diese beiden Obligationen so verbunden hat, dass sie in Bezug auf das Pfand gleichsam eine einzige ausmachen, und dieses gewissermaassen in Gemeinschaft mit beiden Contracten steht. S. Averan. Interprett. Jur. V. c. 32. §. 19 u. 22.. Wenn man aber zu verschiedenen Zeiten festgesetzt hat, dass der Ueberschuss der Pfänder haften solle8787Superfluere pignorum obligari, d. h. zuerst waren für den früheren Contract Sachen verpfändet, sodann wurde für den zweiten Das verpfändet, was nach Tilgung des ersteren durch den Preis des Pfandes, von demselben noch übrig sein würde. S. Averan. l. l. §. 23., so wird die frühere Schuld durch den Preis der Pfänder dem Rechte nach getilgt, die zweite gegen den Ueberschuss aufgerechnet werden. 4Als der eingesetzte Erbe noch überlegte, ist dem substituirten aus Irrthum Geld8888Welches der Erbschaft geschuldet wurde. Wäre der Substitut nicht Erbe geworden, so hätten Die, welche ihm gezahlt hatten, das Gezahlte durch die condictio indebiti zurückfordern können. gezahlt worden. Wenn nachher die Erbschaft an denselben gekommen ist, so erlöscht der Grund zur Condiction, und dieser Umstand bewirkt, dass [dann] die Verbindlichkeit, aus welcher die Schuld herrührt, aufgelöst wird.
97Ad Dig. 46,3,97ROHGE, Bd. 22 (1878), Nr. 14, S. 65: Zahlungsanrechnung bei Existenz mehrerer Forderungen.Idem lib. II. Definit. Wenn Jemand, welcher aus mehreren Gründen Schuldner [eines Anderen] ist, Geld gezahlt hat, so wird in Ermangelung der Bezeichnung von Seiten Beider8989Des Schuldners oder Gläubigers. S. l. 1. h. t. das Schuldverhältniss für das bedeutendere gehalten, in Folge dessen das Geld unter Infamie geschuldet wird, dann das, welches eine Strafe mit sich bringt, drittens das, welches unter Bestellung einer Hypothek oder eines Faustpfandes contrahirt worden ist; nach dieser Abtheilung wird das eigene Schuldverhältniss für bedeutender gehalten werden, als ein fremdes, z. B. [das, bei welchem man] als Bürge [haftet.] Dies haben die alten Juristen9090Veteres, s. die Bem. zu l. 1. §. 6. D. de postul. 3. 1. darum festgesetzt, weil es wahrscheinlich schien, dass ein sorgsamer Schuldner, auf erfolgte Mahnung, sein Geschäft so geführt haben werde. Wenn keine solche Schuld vorhanden sein sollte, so wird der ältere Contract zuerst aufgelöst werden. Wenn mehr Geld gezahlt sein sollte, als [die aus] einem einzelnen [Contract geschuldete Summe] nöthig macht, so wird nichtsdestoweniger, wenn der erste Contract, welcher der bedeutendere sein wird, [durch die Zahlung] aufgelöst ist, der Ueberschuss zur gänzlichen oder theilweisen Minderung der zweiten Abtheilung gegeben zu sein scheinen.
98Paul. lib. XV. Quaest. Jemand, welcher sein Vermögen verpfändet hat, hat nachher eine Besitzung aus demselben als Heirathsgut für seine Tochter versprochen, und geleistet. Wenn diese Sache vom Gläubiger entwährt worden ist, so muss man sagen, dass der Ehemann aus dem Versprechen des Heirathsguts ebenso klagen könne, als wenn der Vater einen Bedingtfreien, oder eine unter einer Bedingung vermachte Sache als Heirathsgut für die Tochter geleistet hätte; denn die Leistung solcher Sachen kann nur durch den Erfolg befreien, nemlich in dem Fall, wenn es gewiss sein wird, dass sie [bei dem Empfänger] verbleiben. 1Das Gegentheil wird rücksichtlich einer solchen Geldsumme oder Sache zum Gutachten ertheilt, welche der Patron nach dem Tode des Freigelassenen durch die Favianische [Klage] entzieht; denn diese Klage kann, da sie neu ist9191Accursius erklärt den Ausdruck nova durch extraordinaria oder Praetoris. Allein es ist dies wohl so zu verstehen: weil sie erst nach der durch die Zahlung des Geldes oder der Sache bewirkten Befreiung (nach dem Tod des Freigelassenen) begründet wird, und also eine früher gültig geschehene Zahlung nicht aufheben kann. Ueber die Favianische Klage vgl. tit. D. si quid in fraud. 42. 8., eine schon erlangte Befreiung nicht rückgängig machen. 2Diesem Falle wird auch [der Fall] angereiht, [wenn] Jemand, welcher jünger als fünfundzwanzig Jahre ist, weil er von seinem Gläubiger verkürzt worden ist, in die in Folge seiner Schuld geleistete Sache wieder eingesetzt wird. 3Wenn aber ein Vater eine zu dem bei Gelegenheit des Kriegsdienstes erworbenen Sondergut [seines Sohnes] gehörige Sache leistet, so müssen wir es ebenso ansehen, als ob er eine fremde gegeben hätte, obwohl sie dann, wenn der Sohn eher, [als der Vater,] ohne Testament verstorben ist, bei Dem, welchem sie geleistet worden ist, bleiben kann; aber sie wird erst dann für erworben gehalten, wenn der Sohn verstorben sein wird. Und jeden Falls zeigt der Erfolg, wem sie gehört habe, und so wird auch in diesem Falle durch Das, was nachher geschieht, für die Vergangenheit gezeigt, was stattgefunden habe. 4Ich stipulire mit Erfolg, dass mir Zehn unbedingt, oder dem Titius am ersten Tage eines Monats, oder unter einer Bedingung, oder dass mir am ersten Januar, dem Titius am ersten Februar gegeben werden sollte. Wenn ich aber [stipulire,] dass mir am ersten Februar, dem Titius am ersten Januar [gegeben werden solle,] so kann man zweifeln. Allein man sagt richtiger, dass ich mit Erfolg stipulirt habe; denn da diese Verbindlichkeit auf einen Termin gestellt ist, so kann auch mir vor dem ersten Februar gezahlt werden; daher wird auch jenem gezahlt werden können. 5Wenn Derjenige, welcher sich oder dem Titius Etwas stipulirt, so sagt: es solle ihm gegeben werden, wenn du dem Titius nicht gezahlt haben wirst, so scheint er bedingt zu stipuliren. Und darum wird auch, wenn die Stipulation so geschehen ist: [Gelobst du,] mir Zehn, oder dem Titius Fünf zu geben? der Schuldner, wenn er dem Titius Fünf geleistet hat, von seiner Verbindlichkeit gegen den Stipulator befreit werden. Das kann man dann so zulassen, wenn gerade das ausdrücklich beabsichtigt wurde, dass gleichsam eine Strafe bei der Person des Stipulirenden hinzugefügt sein sollte, wenn dem Titius nicht gezahlt worden wäre. Aber wenn er schlechthin stipulirt, dass ihm oder dem Titius [gegeben werden solle,] so wird Titius nur um der Zahlung willen hinzugezogen; und darum werden, wenn demselben Fünf gezahlt worden sind, die übrigen Fünf in der Verbindlichkeit bleiben. Umgekehrt, wenn ich mir Fünf, jenem Zehn stipulirt haben sollte, so bringt es die Fassung der Stipulation nicht mit sich, dass [der Schuldner,] wenn dem Titius Fünf gezahlt worden sind, von der Verbindlichkeit gegen mich befreit werde. Ferner, wenn er die Zehn [dem Titius] gezahlt haben wird, so wird er Fünf nicht zurückfordern können, sondern mir werden auf die Auftragsklage die Zehn [vom Titius] geleistet werden müssen. 6Ich stipulire, dass mir zu Rom, oder dem Titius zu Ephesus gegeben werden solle. Wir wollen sehen, ob [der Schuldner] dadurch, dass er dem Titius zu Ephesus zahlt, von der Verbindlichkeit gegen mich befreit werde; denn wenn es verschiedene Handlungen sind, wie Julianus glaubt, so ist auch die Sache verschieden. Aber da der Grund des Gebens überwiegend ist, so wird er befreit; er würde nemlich auch dann befreit werden, wenn ich stipulirt hätte, dass mir Stichus, jenem Pamphilus gegeben werden sollte, und [der Schuldner] dem Titius den Pamphilus geleistet hätte. Aber wenn ich eine reine Handlung stipulire, z. B. dass ein einzeln stehendes Haus auf meinem Grund und Boden, oder auf einem Platz des Titius gebaut werden solle, tritt dann wohl, wenn er es auf einem Platz des Titius baut, Befreiung ein? Es hat nemlich noch Niemand gesagt, dass, wenn eine Handlung statt einer andern geleistet worden ist, Befreiung eintrete. Aber es ist richtiger, dass Befreiung eintrete, weil nicht eine Handlung statt einer andern geleistet zu werden scheint, sondern die Wahl des Versprechers in Erfüllung geht. 7Wenn ein Sclave, an welchem Jemand den Niessbrauch hat, aus dem Vermögen des Niessbrauchers Etwas dem Eigenthümer oder Niessbrauchers stipulirt, so ist die Stipulation wirkungslos. Aber wenn er aus dem Vermögen des Eigenthümers Etwas dem Eigenthümer selbst oder dem Niessbraucher stipulirt, so stipulirt er richtig; denn der Niessbraucher ist in diesem Falle nur zur Annahme der Zahlung fähig, nicht auch des Forderungsrechts [theilhaftig9292Vgl. l. 1. §. 5., l. 9. §. 1., l. 10—13. D. de stipulat. serv. 45. 3. u. Noodt de usufr. I. 16. (Opp. T. p. 425. sq.).] 8Ich habe einen freien Platz, welcher einem Anderen gehört, versprochen; auf demselben hat der Eigenthümer ein einzeln stehendes Haus erbaut. Man hat gefragt, ob die Stipulation erloschen sei? Ich habe das Gutachten ertheilt: Wenn ich einen fremden Sclaven versprochen habe, und derselbe von seinem Herrn freigelassen worden ist, so werde ich befreit. Auch hat man Das nicht angenommen, was Celsus sagt9393Vgl. l. 83. §. 5. D. de verb. obl. 45. 1., dass er [nemlich] gefordert werden könne, wenn er in Folge irgend einer gesetzlichen Bestimmung wiederum Sclave geworden sei. Auch hat er sich eines unähnlichen Falles zum Beweis bedient, dass du nemlich, wenn der Eigenthümer das Schiff, welches du versprochen hast, auseinandergenommen, sodann mit denselben Bretern wieder zusammengefügt habe, gehalten seiest; denn in diesem Falle ist es dasselbe Schiff, welches du geben zu wollen gelobt hast, sodass die Verbindlichkeit mehr unterbrochen, als erloschen zu sein scheint. Dem Falle aber, in welchem der Sclave freigelassen worden ist, wird dieser dann ähnlich werden, wenn du anführen wirst, dass das Schiff in der Absicht auseinandergenommen sei, damit die Breter zu anderen Zwekken verwendet würden, dass aber sodann, nach veränderter Absicht, ebendieselben wieder zusammengesetzt worden seien; denn dann wird das zweite Schiff ein anderes zu sein scheinen, ebenso wie jener ein anderer Sclave ist. Diesen [Fällen] ist aber der des freien Platzes nicht ähnlich, auf welchen ein Gebäude gesetzt worden ist; denn er hat nicht aufgehört, vorhanden zu sein, ja er kann sogar noch gefordert werden, und es wird der Werth desselben geleistet werden müssen; denn der freie Platz ist ein Theil des einzeln stehenden Hauses, und zwar der grösste, zu welchem sogar Das, was sich auf der Oberfläche befindet, gehört. Das Gegentheil werden wir sagen, wenn ein versprochener Sclave von den Feinden gefangen sein sollte; denn der kann unterdessen nicht gefordert werden, gleich als wäre es vor dem Eintritt des Termins. Aber wenn er durch das Heimkehrrecht zurückgekehrt sein wird, dann wird er richtig gefordert werden, denn es ist in diesem Falle die Verbindlichkeit [nur] unterbrochen gewesen. Der freie Platz aber ist vorhanden, so wie das Uebrige, woraus das Gebäude bestanden hat. So hat auch das Gesetz der zwölf Tafeln verordnet, dass ein in ein Gebäude verbauter Balken vindicirt werden könne, aber verboten, dass er unterdessen geleistet werde, und bestimmt, dass der Preis desselben gegeben werden solle.
99Paul. lib. IV. Respons. [Paulus] hat das Gutachten ertheilt, dass der Gläubiger9494Ueber den Vorzug der hier befolgten Lesart (Vulg., Haloand., Basil.), creditorem, vor der Florent., debitorem s. v. Glück XII. S. 66. u. die bei Schulting u. Smallenburg l. l. p. 126. angeführten Schriftsteller. nicht zu zwingen sei, die Gelder in einer anderen Münzsorte anzunehmen, wenn er dadurch irgend einen Schaden leiden würde.
100Idem lib. X. Respons. Ich frage, ob den in der Provinz bestellten Curatoren oder Vormündern zu Rom das Geld gezahlt werden könne, welches in der Provinz von ihnen so auf Zinsen ausgeliehen worden war, dass es zu Rom gezahlt werden sollte, da doch dieselben Curatoren oder Vormünder die Verwaltung der italischen Angelegenheiten nicht über sich haben, oder ob der Schuldner, wenn er es gezahlt habe, befreit werde? Paulus hat das Gutachten ertheilt, denjenigen Vormündern oder Curatoren werde das dem Mündel geschuldete Geld richtig gezahlt, welche die Geschäfte desselben verwalten; diejenigen aber, welche Curatoren oder Vormünder für die Provinzialgeschäfte sind, pflegten die italischen Geschäfte nicht zu verwalten, wenn nicht die Vormünder für die Provinzialangelegenheiten sich hätten besonders versprechen lassen, dass ihnen [das Geld] zu Rom zurückgegeben werden sollte.
101Idem lib. XV. Respons. Paulus hat das Gutachten ertheilt, dass Diejenigen, welche in Folge eines Fideicommisses Kopftheile hätten leisten müssen, dadurch nicht befreit zu sein scheinen, dass einige von den Mitverpflichteten aus Irrthum mehr, als sie schuldig waren, beigetragen hätten. 1Paulus hat das Gutachten ertheilt, dass es ein anderes Verhältniss sei, wenn der Schuldner zahle, als wenn der Gläubiger das Pfand verkaufe. Denn wenn der Schuldner das Geld zahle, so stehe es in seiner Macht, anzugeben, auf welche Schuld er es bezahle; wenn aber der Gläubiger das Pfand verkaufe, so dürfe er das erhaltene Kaufgeld auch auf die Summe rechnen, welche nur natürlich geschuldet wurde, und darum könne, nachdem dasselbe abgezogen worden, noch das [nach dem Civilrecht] Geschuldete gefordert werden.
102Scaevola lib. V. Respons. Ad Dig. 46,3,102 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 346, Note 3.Der Gläubiger hat, als ihm vom Schuldner das schuldige Geld angeboten wurde, die Annahme desselben verschoben, indem er es an einem anderen Tage annehmen wollte; bald darauf ist die Münzart, welche in jener Stadt in Gebrauch war, als zu viel Kupfer enthaltend, auf Befehl des Präses aufgehoben worden. Desgleichen ist Mündelgeld, welches aufbewahrt worden war, damit es auf sichere Posten ausgeliehen werden könnte, auf jene Weise unbrauchbar geworden. Man hat gefragt, wessen Schaden es wäre. Ich habe das Gutachten ertheilt, den angeführten Umständen gemäss wäre es weder der Schaden des Gläubigers, noch der des Vormunds9595S. über diese Stelle Averan. l. l. III. 13. u. die bei Smallenburg l. l. p. 127. sq. angef. Schriftsteller.. 1Da der schuldige Hauptstamm gewiss war, [aber] über die Zinsen gestritten wurde, ist zuletzt in Folge der Appellation erkannt worden, dass zwar die gezahlten Zinsen nicht zurückgefordert werden könnten, sie aber nicht für die Zukunft geschuldet würden. Ich frage, ob das gezahlte Geld auf die Zinsen abgehen müsse, was der Gläubiger vertheidigte, oder aber dem Hauptstamm zu Gute komme. Ich habe das Gutachten ertheilt, wenn Der, welcher es gab, gesagt hätte, er gebe es auf den Hauptstamm, so dürfe es den Zinsen nicht zu Gute kommen. 2Valerius, der Sclave des Lucius Titius, hat geschrieben: Ich habe vom Marius Marinus von der grösseren Summe so und so viel Goldstücke erhalten. Ich frage, ob diese Summe demselben auf das nächste Jahr gut geschrieben werden müsse, da er sich noch aus dem vorigen Jahre in Rückstand befindet. Ich habe das Gutachten ertheilt, es scheine die Befreiung allemal der ersten (älteren) Summe zu Gute zu kommen. 3Titius hat Geld zum Darlehn erhalten und Fünf vom Hundert als Zinsen gelobt, und sie wenige Jahre hindurch gezahlt; nachher hat er, ohne dass ein Pactum eingegangen war, aus Irrthum und Unwissenheit Sechs vom Hundert als Zinsen bezahlt. Ich frage, ob, wenn der Irrthum entdeckt worden, Das, was mehr an Zinsen gezahlt worden wäre, als man in die Stipulation gebracht hatte, den Hauptstamm vermindern würde. [Scaevola] hat das Gutachten ertheilt, wenn er aus Irrthum an Zinsen mehr gezahlt hätte, als er schuldete, so sei Das, was mehr gezahlt worden wäre, auf den Hauptstamm zu rechnen.
103Maecian. lib. II. Fideicommiss. Julianus glaubt ganz passend, dass, wenn Jemand, welcher aus mehreren Gründen Schuldner ist, Geld gezahlt hat, man annehmen müsse, dass er es aus dem Grunde gezahlt habe, aus welchem er damals, als er zahlte, zur Zahlung genöthigt werden konnte.
104Idem lib. VIII. Fidecommiss. Die vor der Ausantwortung der Erbschaft vom Erben geschehenen Zahlungen und Befreiungen müssen genehmigt werden.
105Paul. lib. sing. ad leg. Falcid. Wenn wir rücksichtlich des Erben behaupten, dass er dem Bürgen des Testators Das, was [für diesen] von jenem vor dem Antritt der Erbschaft gezahlt worden ist, sogleich zahlen müsse, so ist das natürlich mit Gestattung einiger Zeit zu verstehen; denn er braucht nicht mit dem Beutel in der Hand anzutreten.
106Gaj. lib. II. de verb. obligat. Es ist etwas Anderes, wenn dem Titius nach dem Rechte der Stipulation gezahlt werden kann, als wenn das nachher in Folge meiner Erlaubniss geschieht. Denn Demjenigen, welchem nach dem Recht der Stipulation richtig gezahlt wird, kann auch, wenn ich es verbiete, richtig gezahlt werden; wenn ich aber sonst erlaubt haben werde, dass Jemandem gezahlt werden könne, so wird demselben nicht richtig gezahlt, wenn ich eher, als gezahlt wurde, dem Schuldner angezeigt habe, dass er ihm nicht zahlen sollte.
107Pompon. lib. II. Enchiridii. Eine Wortverbindlichkeit wird entweder auf natürliche, oder auf eine durch das Civilrecht eingeführte Weise, wieder aufgelöst. Auf eine natürliche Weise, z. B. durch Zahlung, oder wenn die in die Stipulation gebrachte Sache ohne Verschulden des Versprechers zu existiren aufgehört hat; auf eine durch das Civilrecht eingeführte Weise, z. B. durch Acceptilation, oder wenn das Recht des Stipulirenden und des Versprechenden in einer und derselben Person zusammentrifft.
108Paul. lib. II. Manual. Demjenigen, welcher sich auf meinen Auftrag nach meinem Tode Etwas stipulirt hat, wird es richtig gezahlt, weil dies die Bestimmung der Verbindlichkeit ist9696Vgl. l. 106. h. t. Die Bemerkung von Smallenburg l. l. p. 129., dass hier eine Spur des alten adstipulator vorliege (vgl. Gaj. III. 100. 110. sq. u. 117.), ist wohl richtig.. Wenn ich aber meinem Schuldner geheissen habe, nach meinem Tode Jemandem zu zahlen, so wird demselben nicht richtig gezahlt9797Ei autem, cui jussi debitorem meum post mortem meam solvere, non recte solvitur etc. Cujac. Observatt. I. c. 38. versetzt die Worte: p. mort. m. vor solvitur. Ueber die Gründe dafür s. namentlich v. Glück XV. S. 339., über die Gegengründe Wieling. Lectt. jur. civ. II. 11. §. 5., weil der Auftrag durch den Tod aufgehoben wird.