De mortis causa donationibus et capionibus
(Von den Schenkungen und [anderen] Erwerbungen auf den Todesfall.)
1Marcian. lib. IX. Inst. Eine Schenkung auf den Todesfall ist dann vorhanden, wenn Jemand lieber selbst etwas behalten will, als der es haben soll, dem er es schenkt, aber dieser es lieber haben soll, als sein [des Schenkers] Erbe. 1Auf diese Weise beschenkt auch Telemach bei Homer den Piräus11Odyssee XVII. Buch, v. 78—83..
2Ulp. lib. XXXII. ad Sabin. Julianus sagt im siebzehnten Buche der Digesten, es gebe drei Arten der Schenkungen auf den Todesfall. Die erste, wenn Jemand, ohne von der Furcht vor einer gegenwärtigen Gefahr ergriffen zu sein, sondern blos in Erwägung seiner Sterblichkeit schenkt. Die zweite Art der Schenkungen auf den Todesfall, sagt er, sei die, wenn Jemand, durch drohende Gefahr bewogen, auf solche Weise schenkt, dass der Empfänger sogleich Eigenthümer werde. Die dritte Gattung der Schenkung, sagt er, sei die, wenn Jemand, durch Gefahr bewogen, nicht auf solche Weise giebt, dass der Empfänger sogleich, sondern erst alsdann Eigenthümer werde, wenn der Tod erfolgt sei.
3Paul. lib. VII. ad Sab. Auf den Todesfall darf man schenken, nicht nur bei zerrütteter Gesundheit, sondern auch wegen Gefahr eines nahen Todes, den man zu befürchten hat, entweder vom Feinde, oder von Räubern, oder von der Grausamkeit oder dem Hasse eines mächtigen Mannes, oder wegen einer Seefahrt;
4Gaj. lib. I. Rer. cottid. oder weil man durch gefährliche Orte reisen will;
7Ulp. lib. XXXII. ad Sab. Wenn Jemand auf den Todesfall geschenkt und die Todesstrafe erlitten hat, so wird die Schenkung, als nicht zur Vollendung gelangt, verworfen: wenngleich die übrigen Schenkungen22D. h. die Schenkungen unter den Lebendigen. Man vergl. l. 15. und 31. in fine D. de donat., die ohne Vermuthung einer [zu erleidenden] Strafe gemacht wurden, gültig sind.
8Idem lib. VII. ad Sab. Wer eine Erbschaft gegen Empfang eines Preises ausgeschlagen hat, es mag ihm solche als Substituten zufallen, oder durch testamentlose Erbfolge zukommen, wird als Erwerber auf den Todesfall betrachtet: denn Alles, was uns wegen Jemandes Tod zu Theil wird, ist eine Erwerbung auf den Todesfall. Dieser Meinung schliesst sich auch Julianus an: und so ist es Rechtens. Denn auch was man von einem Bedingtfreien zur Erfüllung einer [ihm auferlegten] Bedingung, oder von einem Vermächtnissinhaber empfängt, ist ein Erwerb auf den Todesfall: auch was der Vater wegen des Todes seines Sohnes oder eines Verwandten gegeben hat, ist, wie Julianus schreibt, ein Erwerb auf den Todesfall. 1Auch sagt er, könne so geschenkt werden, dass im Falle der Wiedergenesung die Zurücknahme Statt finde.
10Ulp. lib. XXIV. ad Sab. Es unterliegt keinem Zweifel, dass Demjenigen, welchem auf den Todesfall geschenkt worden, eine Substitution auf diese Weise gemacht werden könne: dass er Jemandem [die Ueberlassung der Schenkung auf den Fall], wenn er selbst nicht erwerben könne, oder unter einer andern Bedingung verspreche.
11Idem lib. XXXIII. ad Sab. Der Vater kann [seiner Schwiegertochter] mit Gültigkeit auf den Todesfall seines Sohnes schenken, auch während des Bestehens der Ehe des Sohnes.
12Idem lib. XLIV. ad Sab. Wenn eine Frau aus Schikane Geld erhalten hat, damit sie die Ertheilung des [Nachlass] Besitzes wegen der Leibesfrucht verlange, indem dieselbe etwa dem Substituten dazu beisteht, den eingesetzten Erben auf irgend eine Weise auszuschliessen: von diesem Falle schreibt Julianus öfters, dass sie eine Erwerbung auf den Todesfall mache33D. h. bei Gelegenheit des Todesfalls eines Andern, wenn auch unerlaubter Weise. A. d. R..
13Jul. lib. XVII. Dig. Wenn ich eine fremde Sache auf den Todesfall geschenkt habe, und dieselbe ersessen worden ist, so kann solche der wahre Eigenthümer nicht condiciren, sondern ich, wenn ich wieder genesen bin. 1Marcellus bemerkt, bei Schenkungen auf den Todesfall kommt es auch auf thatsächliche Fragen an. Denn es kann in der Art geschenkt werden, dass, wenn der Schenker gerade an jener Krankheit gestorben ist, die Sache nicht zurückgegeben werden soll: oder in der Art, dass sie zurückgegeben werden soll, wenngleich der Schenker an jener Krankheit [vor dem Beschenkten] gestorben ist, sobald er nur seinen Willen geändert und die Zurückerstattung gewollt hat. Aber auch auf die Weise kann geschenkt werden, dass die Zurückgabe lediglich alsdann erfolgen solle, wenn der Empfänger zuerst gestorben ist. Auch in der Art kann auf den Todesfall geschenkt werden, dass in keinem Falle ein Zurückforderungsrecht Statt haben soll: d. h. nicht einmal wenn der Schenker wieder genesen ist.
14Idem lib. XVIII. Dig. Wenn ein Landgut auf den Todesfall geschenkt, und auf solches nothwendige und nützliche Verwendungen gemacht worden sind, so werden Diejenigen, welche das Landgut eigenthümlich zurückfordern, mit der Einrede der Arglist zurückgewiesen, ausser wenn sie die Unkosten [dafür] erstatten.
15Idem lib. XXVII. Dig. Marcellus bemerkt: Da Haussöhne, welche Soldaten sind, die freie Befugniss haben, wem sie wollen, durch ein Testament ihren Nachlass zuzuwenden, so kann man annehmen, dass das Verbot der Schenkungen auf den Todesfall ihnen auch erlassen sei. Paulus bemerkt: es ist solches [auch durch Constitutionen] ausgesprochen, und Schenkungen auf den Todesfall sind den Vermächtnissen gleichgestellt.
16Jul. lib. XXIX. Dig. Eine Schenkung auf den Todesfall kann widerrufen werden, auch während es noch ungewiss ist, ob der Schenker wieder genesen könne.
17Idem lib. XLVII. Dig. Wenn auch der Schuldner die Absicht nicht gehabt, seine Gläubiger zu bevortheilen, so darf dennoch die von ihm auf den Todesfall geschenkte Sache [dem Beschenkten] entzogen werden, denn da Vermächtnisse aus dem Testamente Dessen, der nicht zahlungsfähig gewesen, gänzlich wirkungslos sind, so kann man annehmen, dass auch Schenkungen, welche auf den Todesfall gemacht werden, der Wiederaufhebung unterliegen müssen, weil sie wie Vermächtnisse betrachtet werden.
18Idem lib. LX. Dig. Auf den Todesfall erwerben wir nicht nur alsdann, wenn Jemand uns auf den Fall seines Todes schenkt, sondern auch, wenn er solches auf den Fall des Todes eines Andern thut: wie wenn Jemand, auf den Todesfall seines Sohnes oder Bruders, dem Mävius unter der Bedingung schenkt, dass, wenn Einer oder der Andere wieder genesen würde, die Sache ihm zurückgegeben werde, wenn er aber sterben würde, solche dem Mävius verbleiben solle. 1Wenn Du, um mir auf den Todesfall zu schenken, Deinen Schuldner meinem Gläubiger unterstellt hast, so werde ich allerdings zu betrachten sein, als ob ich so viel Geld erwerbe, als die Forderung meines Gläubigers gegen mich nun weniger beträgt. Wenn ich mir [aber] von demselben [dasjenige, was er Dir geschuldet], stipulirt habe, so werde ich insofern als Erwerber auf den Todesfall anzusehen sein, als der Schuldner zahlungsfähig gewesen; denn wenn auch der Gläubiger, der zugleich auch Schenker ist, wieder genesen sollte, so würde er mit der Condiction, oder mit der Klage auf das Geschehene lediglich die Forderung an seinen Schuldner zurückerhalten. 2Titia händigte die Handschriften ihrer Schuldner Septicius und Mävius der Ageria aus, um jenen eine Schenkung zu machen, und bat sie, wenn sie stürbe, die [Schuldscheine] jenen zu geben, wenn sie aber wieder genesen sollte, dieselben ihr zurückzugeben: ihr Tod erfolgte, und Mävia, Tochter der Titia, beerbte sie: Ageria aber gab, wie sie ersucht worden war, die Schuldscheine den obenerwähnten Septicius und Mävius. Es fragt sich, ob, wenn die Erbin Mävia die, auf die erwähnten Handschriften geschuldete Summe, oder die Schuldscheine selbst, fordert, dieselbe durch eine Einrede abgewiesen werden köune? Das Gutachten war, Mävia könne entweder durch die Einrede des geschlossenen Vertrags, oder der Arglist zurückgewiesen werden. 3Wer einen Sclaven, der wegen angerichteten Schadens, oder aus einem anderen Grunde Jemandem verhaftet ist, auf den Todesfall [geschenkt] erhalten hat, ist zu betrachten, als habe er so viel empfangen, als um wie viel jener Sclave verkauft hätte werden können. Dasselbe gilt bei einem Landgute, welches verpfändet ist, so dass [dessen] Werth [von den Erben] ausgemittelt werden mag.
19Idem lib. LXXX. Dig. Wenn einem Haussohn eine Sache auf den Todesfall geschenkt worden, und der Schenker genesen ist, so steht ihm die Klage auf das Sondergut wider den Vater zu. Aber wenn ein Hausvater, nachdem er eine Schenkung auf den Todesfall erhalten, sich an Kindes Statt annehmen liess, so wird die Sache selbst vom Schenker zurückgefordert. Anders verhält es sich mit Demjenigen, welcher die Sache, die er auf den Todesfall erhalten, einem Andern weitergegeben: denn von diesem würde der Schenker nicht die Sache, sondern deren Werth condiciren.
20Idem lib. I. ad Ursej. Feroc. Jemandem, welcher nicht mehr als einen Theil erwerben konnte, wurde ein ganzes Landgut unter der Bedingung vermacht, wenn er dem Erben zehen [tausend Sestertien] geben würde: er braucht nicht die ganze Summe zu geben, um den Theil des Landgutes zu bekommen, sondern nur den Theil im Verhältnisse, nach dem er zum Vermächtniss gelangt.
21Idem lib. II. ad Ursej. Feroc. Hinsichtlich Desjenigen, welcher Geld empfangen, damit er eine Erbschaft antrete, begutachteten die Meisten, unter welchen auch Priscus, dass er auf den Todesfall erwerbe.
23Idem lib. II. Quaest. Wenn einem Haussohne auf den Todesfall geschenkt worden ist und der Sohn bei Lebzeiten des Schenkers stirbt, der Vater aber noch am Leben ist, so fragt es sich, was Rechtens sei. Das Gutachten war, nach dem Tode des Sohnes stehe [dem Schenker] die Condiction zu, wenn derselbe anders nur vielmehr in der Absicht gegeben hat, dem Sohne, als dem Vater eine Schenkung zu machen: ausserdem, wenn der Vater sich gleichsam nur der Dienste desselben [zur Annahme der Schenkung] bedient hat, müsse auf den Tod des Vaters selbst gesehen werden. Dasselbe werde auch Rechtens sein, wenn von der Person eines Sclaven die Rede ist.
24Idem lib. IX. Quaest. Was einem Schuldner auf den Todesfall erlassen worden, kann, wenn der Schenker genest, von ihm, wenn [die Forderung] auch durch [den Ablauf der Verjährungs-]Zeit erloschen ist, zurückgefordert werden: denn durch den Hinzutritt der Annahme an Zahlungsstatt ist man von dem Rechte der alten Verbindlichkeit abgegangen und dieselbe in die dieser Condiction umgestaltet worden.
25Marcian. lib. IX. Inst. Sowohl Derjenige, welcher ein Testament macht, als wer keines macht, kann auf den Todesfall schenken. 1Ad Dig. 39,6,25,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. III, § 676, Note 17.Ein Haussohn, der kein Testament machen kann, selbst nicht mit Zustimmung seines Vaters, kann doch auf den Todesfall schenken, wenn sein Vater es gestattet.
26Ad Dig. 39,6,26Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 429, Note 2.Idem lib. II. Regul. Wenn Zwei sich gegenseitig auf den Todesfall beschenkt haben und zugleich gestorben sind, so kann der Erbe keines von Beiden etwas zurückfordern: weil keiner den andern überlebt hat. Dasselbe ist Rechtens, wenn Mann und Frau sich wechselseitig Schenkungen gemacht haben.
27Idem lib. V. Regul. Wenn auf den Todesfall so geschenkt wird, dass in keinem Falle der Widerruf Statt finden solle, so ist solches mehr eine Schenkung aus Veranlassung, als auf den Fall des Todes: und daher muss solche ebenso betrachtet werden, wie jede andere Schenkung unter Lebendigen; deshalb hat sie auch zwischen Mann und Frau keine Gültigkeit; und darum hat auch die Falcidia dabei nicht Statt, als sei es eine Schenkung auf den Todesfall.
28Marcell. lib. sing. Resp. Jemand machte, um seinem Oheime, der sein Schuldner war, auf den Todesfall das zu schenken, was er schuldete, folgende schriftliche Anordnung: „Die Schuldbücher oder Handschriften, so viel und wo sie immer sind, sollen ungültig sein und derselbe nichts zahlen.“ Ich frage, wenn die Erben von dem Oheim des Erblassers das Geld fordern, ob derselbe mit der Einrede der Arglist sich schützen könne: Marcellus begutachtete, er könne solches, denn der Erbe macht die Forderung gegen den Willen des Erblassers.
29Ulp. lib. XVII. ad Ed. Wenn eine Sache auf den Todesfall geschenkt worden und der Schenker genesen ist, so bleibt zu untersuchen, ob derselbe die Eigenthumsklage habe. Wenn nun Jemand in der Art geschenkt hat, dass, wenn sich sein Tod ereignete, alsdann der Beschenkte die Sache haben solle, so wird ohne Zweifel der Schenker sie eigenthümlich zurückfordern können: ist er aber gestorben, alsdann der Beschenkte. Wenn aber auf diese Weise geschenkt worden, dass er jetzt schon die Sache haben, solche jedoch zurückgeben solle, wenn der Schenker wieder genesen, oder aus der Schlacht, oder von einer Reise zurückgekehrt ist, so lässt sich vertheidigen, dass der Schenker die Eigenthumsklage habe, nachdem eine dieser Bedingungen eingetreten, in der Zwischenzeit hingegen habe sie der Beschenkte. Aber auch wenn der Beschenkte zuvor vom Tode überfallen worden, wird man dem Schenker die Eigenthumsklage ertheilen.
31Gaj. lib. VIII. ad Ed. prov. Auf den Todesfall erwerben wir, wenn uns wegen Jemandes Tod Gelegenheit zu Theil wird, eine Erwerbung zu machen: mit Ausnahme jener Erwerbungsarten, welche eine eigene Benennung führen; denn sicherlich erlangt auch Derjenige, welcher durch das Erbschafts-, oder Vermächtniss- oder Fideicommissrecht erwirbt, durch den Tod eines Andern Gelegenheit zum Erwerben: aber weil diese Erwerbsarten einen eigenen Namen führen, sind sie darum von jener Begriffsbestimmung ausgeschlossen. 1Julianus hält dafür, wenn auch der Schuldner, welchem eine Forderung erlassen worden, zahlungsunfähig sei, so wäre solches dennoch zu betrachten, als sei ihm eine Schenkung auf den Todesfall gemacht worden. 2Ohne Schenkung aber wird auf den Todesfall erworben, z. B. das Geld, welches ein Bedingtfreier, oder ein Vermächtnissinhaber Jemandem zur Erfüllung einer Bedingung zahlt, es mag der Empfänger ein Fremder, oder der Erbe sein. In dieselbe Classe gehört das Geld, welches Jemand zu dem Ende empfängt, um eine Erbschaft anzutreten, oder nicht anzutreten; dann wer Geld zu dem Ende erhält, um ein Vermächtniss auszuschlagen. Aber auch die Mitgift, welche sich Jemand auf den Todesfall der Frau vom Ehemann stipulirt, wird auf den Todesfall erworben: dergleichen Art Heirathsgüter werden dem Rückfall unterliegende genannt. Hinwiederum wird Dasjenige, was auf den Todesfall geschenkt wird, entweder in Todesgefahr gegeben, oder in Betracht der Sterblichkeit, weil wir einsehen, dass wir ein Mal sterben werden. 3Wenn Du Deinen Schuldner geheissen hast, [zum Behufe einer Schenkung] auf den Todesfall mir oder meinem Gläubiger zehen [tausend Sestertien] zu versprechen, so fragt es sich, was Rechtens sei, wenn jener Schuldner nicht zahlungsfähig ist? Julianus behauptet: Wenn ich stipulirt habe, so scheine ich so viel Geld [auf den Todesfall] erworben zu haben, als wofür der Schuldner zahlungsfähig gewesen: denn [sagt er] wenn auch der Schenker wieder genesen wäre, so hätte er doch nur die Forderung an seinen Schuldner zurückerhalten dürfen. Wenn aber mein Gläubiger stipulirt hat, so scheine ich so viel Geld erhalten zu haben, als sich meine Verbindlichkeit gegen meinen Gläubiger verringert hat. 4Auch ein armer Schuldner, welcher durch Annahme an Zahlungsstatt von seiner Verbindlichkeit befreit worden ist, wird angesehen, als habe er jene ganze Geldsumme, von deren Zahlung er entledigt worden, auf den Todesfall erworben.
32Ulp. lib. LXXVI. ad Ed. Eine auf den Todesfall gemachte Schenkung ist nicht eher als vollendet anzusehen, bevor der Tod [des Schenkers] erfolgt.
34Marcell. lib. XXVIII. Dig. Eine Schenkung auf den Todesfall kann auch auf diese Weise bestellt werden, dass sich Jemand etwas jährlich, auf Lebenszeit stipulirt: so dass nemlich nach dem Tode des Versprechers die Erhebung beginnt.
35Paul. lib. VI. ad Leg. Jul. et Pap. Der Senat verordnete, dass Schenkungen auf den Todesfall, welche Solchen gemacht worden, denen das Gesetz deren Erwerbung untersage, eben so beurtheilt werden sollten, wie Vermächtnisse, welche durch Testament Solchen hinterlassen worden, denen das Gesetz die Erwerbung versage. Aus diesem Senatusschlusse haben sich viele und mannichfaltige Fragen ergeben, worüber wir uns ein wenig verbreiten wollen. 1Die Benennung „Schenkung“ (donatio) stammt von „Geschenk“ (donum), gleichsam zum Geschenke gegeben: entnommen von den Griechen; denn diese sagen δῶρον und δωρεῖσθαι (Geschenk und schenken). 2Aber die Schenkung auf den Todesfall ist weit verschieden von jener wahren und unbedingten Schenkung, welche in der Art entsteht, dass sie in keinem Falle widerrufen werden solle. Dabei will der Schenker, dass lieber der Beschenkte, als er selbst habe: aber Jener, welcher auf den Todesfall schenkt, ist auf sich bedacht, und wünscht aus Liebe zum Leben vielmehr zu behalten, als zu geben; und hierin liegt der Grund der gewöhnlichen Erklärung: „er will lieber selbst etwas behalten, als der es haben soll, dem er es schenkt: aber dieser lieber es haben soll, als sein [des Schenkers] Erbe.“ 3Wer demnach auf den Todesfall schenkt, erwirbt, insofern er auf sich bedacht ist, einen Anspruch, dass ihm nämlich, wenn er genesen, die Sache zurückgegeben werde. Die Cassianer bezweifelten auch nicht, dass man [solche] mit der Condiction zurückfordern könne, als wenn die Gegenleistung nicht erfolgt wäre aus dem nämlichen Grunde, gleichwie auch hinsichtlich dessen, was gegeben, oder unter der Bedingung gegeben wird, dass Du etwas thuest, oder dass ich, oder dass Lucius Titius etwas thue, oder dass sich etwas ereigne, die Condiction eintritt. 4Die Schenkung auf den Todesfall geschieht auf vielfache Weise. Bald ohne Ahndung irgend einer Gefahr von einem Gesunden und sich wohl Befindenden, der nach dem Gang der Natur an den Tod denkt. Bald aus Furcht vor dem Tode, wegen einer gegenwärtigen, oder künftigen Gefahr: da zu Lande und zu Wasser, sowohl im Frieden, als im Kriege, zu Hause, als im Felde, auf viele Arten Todesgefahr befürchtet werden kann. Auch so kann geschenkt werden, dass, wenn der Schenker an jener Krankheit stirbt, die Sache durchaus nicht zurückgegeben werden solle, und dass sie zurückgegeben werden solle, wenn derselbe auch an jener Krankheit verstorben, jedoch seinen Willen geändert und die Zurückgabe an ihn verordnet hat. Auch in der Art kann geschenkt werden, dass die Rückgabe nicht anders erfolgen solle, als wenn der Empfänger zuvor gestorben. Gleichfalls kann so auf den Todesfall geschenkt werden, dass in keinem Falle die Zurückforderung Statt finden solle, d. h. nicht einmal wenn der Schenker genesen. 5Wenn Jemand durch eine Schenkung auf den Todesfall einen Gesellschaftsvertrag eingegangen hat: von diesem Falle muss behauptet werden, der Gesellschaftsvertrag sei nichtig. 6Wenn der Gläubiger, um zweien Schuldnern eine Schenkung auf den Todesfall zu machen, Einem seine Forderung erlassen hat, und wieder genesen ist, so hat er die Wahl, gegen welchen von beiden er die Condiction anstellen wolle. 7Aber wer sich auf den Todesfall eine jährliche Geldleistung stipulirt hat, hat mit Jenem keine Aehnlichkeit, dem eine solche Leistung vermacht worden ist: denn dies sind viele Vermächtnisse; jenes ist aber nur eine Stipulation, und man hat auf die Erwerbsfähigkeit Dessen, dem das Versprechen gemacht worden, nur zu einem Zeitpunkte zu sehen.
36Ulp. lib. VIII. ad Leg. Jul. et Pap. Was zur Erfüllung einer Bedingung gegeben wird, davon kann, wenn es gleich nicht aus dem Vermögen des Verstorbenen herrührt, dennoch Derjenige, dessen Erwerbsfähigkeit das Gesetz auf ein gewisses Maass beschränkt hat, nicht über dieses Maass erwerben. Was von einem Bedingtfreien zur Erfüllung einer ihm [auferlegten] Bedingung [dem Erben] gegeben wird, wird ohne Zweifel in den von den Vermächtnissen gestatteten Abzug eingerechnet: jedoch unter der Voraussetzung, wenn solches zur Zeit des Todes [des Erblassers] zu seinem Sondergute gehört hat. Ist dasselbe hingegen [erst] nach dem Tode [des Erblassers] Bestandtheil des Sondergutes geworden, oder hat solches ein Anderer für ihn gegeben, so gilt, weil dasselbe nicht von jenem Vermögen herstammt, welches der Testator zur Zeit seines Todes besessen, ein Gleiches, wie im Betreffe Desjenigen, was [dem Erben] von Vermächtnissinhabern gegeben wird.
37Ulp. lib. XV. ad Leg. Jul. et Pap. Ueberhaupt darf man nicht ausser Acht lassen, dass Schenkungen auf den Todesfall den Vermächtnissen gleichgestellt sind. Alles, was demnach bei Vermächtnissen Rechtens ist, wird auch bei Schenkungen auf den Todesfall gelten müssen. 1Julianus sagt: wenn Jemand einen ihm auf den Todesfall geschenkten Sclaven verkauft, und solches noch bei Lebzeiten des Schenkers gethan habe, so wird der Schenker den Kaufpreis zurückfordern können, wenn er wieder genesen ist, und solches vorzieht, sonst44D. h. wenn sich der Schenker mit dem vom Beschenkten erzielten Kaufpreises nicht begnügnen will. wird der Beschenkte auch angehalten, den Sclaven selbst zurückzugeben.
38Marcell. lib. I. ad Leg. Jul. et Pap. Zwischen der Schenkung auf den Todesfall und allen anderen Erwerbungen auf den Todesfall ist ein Unterschied in diesen Punkten. Auf den Todesfall wird nemlich geschenkt, wo Einer dem Andern persönlich giebt: unter der Erwerbung auf den Todesfall wird auch Jenes mit einbegriffen, was nicht unter eine besondere Art der Schenkung gehört. Denn wenn Jemand in seinem Testamente seinem Sclaven Pamphilus die Freiheit verheissen hat, wenn derselbe mir zehen [tausend Sestertien] geben werde, so wird solches nicht betrachtet werden, als habe er mir etwas geschenkt: und doch habe ich unstreitig auf den Todesfall erworben, wenn ich von dem Sclaven zehen [tausend Sestertien] erhalten habe. Dasselbe ist der Fall, wenn Jemand zum Erben unter der Bedingung eingesetzt ist, dass er mir zehen [tausend Sestertien] gebe: denn indem ich solche von dem eingesetzten Erben, zur Erfüllung der ihm auferlegten Bedingung empfange, erwerbe ich auf den Todesfall.
39Paul. lib. XVII. ad Plaut. Wenn Derjenige, dem ein Sclave auf den Todesfall geschenkt worden, solchen freigelassen hat, so haftet er mittels der Condiction auf den Werth des Sclaven: weil er weiss, dass derselbe von ihm zurückgefordert werden könne, wenn der Schenker wieder genese.
40Papin. lib. XXIX. Quaest. Wenn zwischen Mann und Frau eine Schenkung auf den Todesfall gemach worden ist, so wird nach dem Tode [des Schenkers] die Schenkung auf die Zeit zurückbezogen, wo sie gemacht worden ist.
41Idem lib. II. Resp. Was ein Bedingtfreier einem Erben von seinem Sondergute gegeben hat, wird dem Empfänger bei der Falcidia angerechnet: und wird bei der Erbschaftsklage55D. h. wenn der Empfänger von Jemandem, der ein besseres Erbrecht hat, mit der Erbschaftsklage auf Herausgabe der Erbschaft belangt wird, oder dem Erben eine fideicommissarische Substitution gemacht ist., ferner gemäss dem Trebellianischen Senatsschlusse, herausgegeben. Als aus dem Sondergute gegeben wird aber betrachtet, was ein Bedingtfreier geschenkt empfangen und wiedergegeben hat: auch was von einem Andern in seinem Namen, in seiner Gegenwart gegeben wird, ist ebenso anzusehen, als sei es von ihm selbst gegeben worden.
42Idem lib. XIII. Resp. Ad Dig. 39,6,42 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 368, Note 1.Seja behielt sich, als sie ihr Vermögen an ihren Verwandten Titius schenkungsweise abtrat und die Uebergabe vollzog, den Niessbrauch vor: und es wurde die Uebereinkunft getroffen, dass, wenn Titius vor ihr aus dem Leben scheiden würde, das Eigenthum auf sie zurückfallen solle; wenn sie darauf stürbe und Kinder des Titius am Leben seien, alsdann solle das Vermögen diesen gehören. Wenn also die Erben des Lucius Titius die einzelnen Vermögensgegenstände eigenthümlich zurückfordern wollen, so wird die Einrede der Arglist ihnen nicht ohne Wirkung entgegengesetzt werden. Wenn aber [von den Erben] die Klage guten Glaubens66Die Klage aus der Schenkung auf den Todesfall, welche hier gemeint sein dürfte, ist eine Klage guten Glaubens. [wider Seja] angestellt worden ist, in diesem Falle wurde die Frage aufgeworfen, ob die Frau [Sicherheit] mittels Versprechens [leisten] müsse, dass sie, wenn sie sterbe, das Vermögen den Söhnen des Titius herausgeben wolle? Man stiess auf die Bedenklichkeit, dass eine Schenkung nicht herausgepresst werden dürfe, die hinsichtlich der Person der Söhne ihren Anfang noch nicht genommen hatte. Wird aber durch [freiwillige] Bestellung der Sicherheit die erstere, mittels Eigenthumsübertragung längst vollzogene, und wegen der ursprünglich getroffenen Verabredung zurückgehaltene Schenkung, nicht als eine zweite Schenkung versprochen? Ist solches also eine Schenkung [unter Lebendigen] unter gewisser Bedingung gewesen, oder eine solche, die in Betracht des Todes geschah, und welcher der Name Schenkung auf den Todesfall gebührt? Es lässt sich in der That nicht in Abrede stellen, dass sie als auf den Todes fall gemacht zu betrachten sei; hieraus folgt, dass die erste Schenkung als aufgelöst anzusehen sei, weil Seja den Titius überlebt hat, und die folgende Schenkung abgedrungen werden kann; auch werden später nach dem Tode der Frau die Kinder des Titius, wenn sie durch [freiwillige] Zustimmung der Frau Sicherheit bestellt erhalten haben, für ihre Person gehalten sein, zum falcidischen Viertheil beizutragen. 1Als ein Vater, am Ende des Lebens stehend, seinem aus seiner Gewalt entlassenen Sohne Einiges ohne alle Ausbedingung der Zurückgabe geschenkt hatte, und die Brüder und Miterben die Schenkungen, des falcidischen Viertheils wegen, zum [hinterlassenen] Vermögen desselben schlagen wollten, so begutachtete ich, dass man sich an das alte Recht halten müsse. Denn die Constitution77Welche den Abzug der falcidischen Quart gestattet. habe auf nichts weiter Bezug, als solche Gegenstände, die unter einer gewissen Bedingung geschenkt würden, und erst nach Eintritt des Todes gewissermassen aufhörten, ein Vermögensbestandtheil zu sein, weil alsdann die Hoffnung des Zurückempfanges verschwinde; Derjenige aber, welcher unbedingt schenke, schenke nicht auf den Fall des Todes, sondern nur im Augenblick des Todes.
43Nerat. lib. I. Resp. Fulcinius sagt: Zwischen Mann und Frau sei eine Schenkung auf den Todesfall alsdann zulässig, wenn der schenkende Theil eine ganz gegründete Furcht vor dem Tode habe. Neratius [dagegen behauptet]: Es genüge, dass es die Meinung des Schenkers sei, dass er zu sterben glaubt: ob er solche mit, oder ohne Grund gefasst, hierauf komme es nicht an; diese Ansicht verdient mehr Beachtung.
44Paul. lib. I. Manual. Wenn einem Sclaven auf den Todesfall geschenkt worden ist, so bleibt zu untersuchen, auf wessen Tod gesehen werden müsse, damit die Condiction Statt habe: ob auf den des Herrn, oder den des Sclaven? Aber es ist vielmehr auf den Tod Dessen zu sehen, dem geschenkt worden: doch folgt diese Schenkung dem Sclaven, wenn er nach dem Tode [des Schenkers] vor der Testamentseröffnung freigelassen wird, nicht.