De stipulatione servorum
(Von der Stipulation der Sclaven.)
1Julian. lib. LII. Dig. Wenn ein Sclave stipulirt, so kommt nichts darauf an, ob er stipulirt, dass man es ihm oder dem Herrn gebe, oder ob solches ohne Hinzufügung eines von beiden geschieht. 1Wenn dein Sclave, welcher mir im guten Glauben dient, ein dir gehöriges Sondergut hat, und ich aus demselben dem Titius ein Capital borge, so verbleibt dir das Geld; sollte aber der Sclave dasselbe Geld mir stipuliren, so hat dies keine Wirkung. Du wirst dasselbe also durch Rückfoderung wiedererlangen können. 2Wenn mein und dein gemeinschaftlicher Sclave aus dem Sondergute, welches dir allein gehört, ein Darlehn ausgeliehen hat, so wird er die Verbindlichkeit dir erwerben; und wenn er dasselbe Darlehn mir namentlich stipulirt hat, so wird er den Schuldner in Rücksicht deiner nicht befreien, sondern uns Beiden die Klage zustehen: mir aus der Stipulation, dir, weil von deinem Gelde die Zahlung erfolgte; mir wird jedoch der Schuldner den Einwand der Arglist wirksam entgegensetzen können. 3Was mein Sclave meinem Sclaven zu geben stipulirt, das muss ebenso angesehen werden, als wenn er es mir stipulirte; desgleichen was er deinem Sclaven stipulirt hat, als wenn er es dir stipulirt hätte, sodass mithin die eine Stipulation eine Verbindlichkeit erzeugt, die andere aber ohne Wirkung ist. 4Ein gemeinschaftlicher Sclave vertritt die Person zweier Sclaven. Wenn daher ein mir allein gehöriger Sclave unserm gemeinschaftlichen Sclaven Etwas stipulirt hat, so wird in dieser einzigen Fassung der Stipulator desselben Rechtens sein, was eintreten würde, wenn zwei besondere Stipulationen eingegangen worden wären, die eine in der Person meines Sclaven, die andere in der des deinigen. Denn man darf nicht glauben, dass mir nur der halbe Antheil erworben werde, in Ansehung der andern Hälfte die Stipulation aber ohne Wirkung sei: weil die Person eines gemeinschaftlichen Sclaven das Eigenthümliche hat, dass bei Demjenigen, was einer der Herren erwerben kann, der andere aber nicht, es sofort so angesehen wird, als ob er Dem allein gehörte, für welchen er zu erwerben im Stande ist. 5Wenn ein Niessbrauchssclave dem Niessbraucher oder Eigenheitsherrn Etwas stipulirt hat, und zwar aus dem Vermögen des Niessbrauchers, so ist die Stipulation ungültig, weil er aus dem Vermögen des Niessbrauchers beiden11S. Cujac. Obs. XXI. 14. die Klage hätte erwerben können; hat er sich aber etwas Anderes stipulirt, so kann es der Eigenthümer fodern; und hat der Versprecher es dem Niessbraucher gezahlt, so wird er befreit. 6Wenn ein gemeinschaftlicher Sclave des Titius und Maevius auf diese Weise stipulirt hat: Gelobst du an den Kalenden dem Titius zehn zu geben? Wenn du an den Kalenden aber dem Titius nicht zehn geben solltest, gelobst du dann dem Maevius zwanzig zu geben? so scheinen es zwei Stipulationen zu sein. Erfolgte mithin die Zahlung der Zehn an den Kalenden nicht, so werden beide Herren aus der Stipulation klagen können; aber bei der zweiten dem Maevius zugesicherten Verbindlichkeit steht dem Titius die Einrede der Arglist entgegen.
2Ulp. lib. IV. ad Sabin. Ein gemeinschaftlicher Sclave kann nicht sich22Sich ist Dativ. selbst stipuliren, obgleich es unzweifelhaft ist, dass er von einem der beiden Herren stipuliren kann. Denn dann erwirbt er dem Herrn nicht sich33Sich ist hier Accusativ., sondern die Verbindlichkeit des Andern durch sich.
4Idem lib. XXI. ad Sabin. Wenn ein gemeinschaftlicher Sclave sich und einem der Herren stipulirt, so ist es ebenso, als wenn er sämmtlichen Herren und einem derselben stipulirt, z. B. dem Titius und Maevius, und dem Titius, und es ist anzunehmen, dass dem Titius drei Viertel, dem Maevius aber ein Viertel gebühren.
5Ulp. lib. XLVIII. ad Sabin. Ein gemeinschaftlicher Sclave gehört sämmtlichen Herren in der Art, dass nicht der Einzelne ihn ganz, sondern nur zu ungetheilten Antheilen besitzt; sodass ein Jeder seinen Theil an demselben mehr in der Idee als in der Wirklichkeit besitzt. Und wenn er daher sich Etwas stipulirt, oder auf irgend eine andere Weise erwirbt, so erwirbt er sämmtlichen Herren in demselben Verhältnisse, als denselben an ihm das Eigenthum zusteht. Jedoch kann er auch einem seiner Herren namentlich stipuliren, oder die übergebene Sache für ihn so in Empfang nehmen, dass er sie diesem allein erwirbt. Hat er aber nicht namentlich für einen seiner Herren stipulirt, sondern auf Befehl eines derselben, alsdann ist bei uns Rechtens, dass er dem allein erwirbt, auf dessen Befehl er stipulirt hat.
6Pompon. lib. XXVI. ad Sabin. Ofilius behauptet mit Recht, auch durch Empfangnahme einer an ihn übergebenen Sache oder durch Niederlegung und Ausleihen könne er dem allein erwerben, welcher den Befehl ertheilt hat; welcher Meinung auch Sabinus und Cassius beipflichten.
7Ulp. lib. XLVIII. ad Sabin. Gleichergestalt wenn ein Sclave etwa vier Herren hat, und auf Befehl von zweien stipulirt hat, so erwirbt er denen allein, welche den Befehl gegeben haben, und es spricht mehr dafür, anzunehmen, dass ihnen das Ganze nicht zu gleichen Antheilen, sondern nach dem Antheil ihres Herrenrechts erworben werde. Und eben dies muss man, glaube ich, selbst in dem Falle annehmen, wenn er ihnen namentlich stipulirt hat. Denn hätte er auch auf Befehl aller oder allen namentlich stipulirt, so würden wir doch nicht bezweifeln, dass Allen nur nach dem Antheile ihres Herrenrechts, nicht nach Kopftheilen erworben werde. 1Ad Dig. 45,3,7,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 352, Note 5.Hat ein gemeinschaftlicher Sclave von einem Gesellschafter stipulirt, und zwar namentlich für den andern Gesellschafter, so wird diesem allein geschuldet; hat er aber ohne irgend einen Zusatz unbedingt stipulirt, so erwirbt dieser Sclave die übrigen Theile, mit Ausschluss des Theils, zu welchem der Versprecher Herr des Sclaven ist, den übrigen Gesellschaftern. Hat er aber auf Befehl eines Gesellschafters stipulirt, so ist Ebendasselbe Rechtens, was stattfinden würde, wenn die Stipulation dahin eingegangen wäre, es solle namentlich diesem Gesellschafter gegeben werden. Julianus hat jedoch angenommen, dass zuweilen, hätte er auch weder auf Befehl noch namentlich für einen der Herren stipulirt, er dennoch nur für einen allein erwirbt, z. B. wenn er Etwas stipulirt hat, was von beiden nicht erworben werden kann, z. B. eine Dienstbarkeit für das Cornelianische Landgut, was dem Sempronius, einem der Herren, allein gehörte, wo er dann diesem allein erwirbt.
9Ulp. lib. XLVIII. ad Sabin. Desgleichen, wenn ein Sclave zweier Herren, des Titius und Maevius, einen Sclaven, welcher dem Titius gehörte, stipulirt hat, so erwirbt er dem allein, welchem er nicht gehört. Hat er jedoch den Sclaven Stichus so stipulirt: Gelobst du denselben ihm, sowohl dem Maevius als Titius, zu geben, so erwirbt er ihn ganz dem Maevius, indem Das, was er einem der Herren nicht erwerben kann, dem gebührt, in dessen Person die Verbindlichkeit zulässig ist. 1Wenn ein Sclave, welcher zwei Herren hat, diesem oder jenem von seinen Herren stipulirt hat, so ist die Frage entstanden, ob die Stipulation bestehen kann? Cassius schreibt, dass sie ungültig sei, und Julianus billigt die Meinung des Cassius, und so ist es auch bei uns Rechtens.
11Ulp. lib. XLVIII. ad Sabin. Wenn er aber sich oder dem ersten oder zweiten seiner Herren stipulirt hat, so muss auch hier Ebendasselbe, was Julianus angenommen hat, gebilligt werden, dass nemlich die Stipulation ungültig sei. Ist aber nur der Zusatz oder die ganze Stipulation ungültig? Ich glaube, der Zusatz allein ist nicht gültig, denn dadurch, dass er sagt, mir, hat er einem jeden [seiner Herren] die Klage aus der Stipulation erworben. Kann nun in der Person der übrigen die Zahlung wie bei einer fremden Person stattfinden? Ich glaube, dass ihnen auch gezahlt werden kann, ebenso als wenn ich mir oder dem Titius stipulire. Dass aber die, blos44Nemlich ohne mihi, worin der Unterschied liegt. Wir behalten die Flor. cum etc. statt cur. für den ersten oder zweiten der Herren eingegangene Stipulation nicht besteht und auch zur Zahlung nicht hinreichend ist55Es kann nemlich der blos solut. causa in die Stipulation Aufgenommene nicht klagen., hat darin seinen Grund, dass sich nicht ergiebt, für wessen Person die Stipulation eingegangen ist und wessen Person blos der Zahlung halber hinzugefügt worden.
13Ulp. lib. XLVIII. ad Sabin. Denn wenn ein Sclave dem Herrn oder einem Fremden stipulirt, so besteht beides: sowohl in der Person des Herrn die Stipulation, als in der des Fremden die Zahlung: dort66In dem obigen Falle primo aut secundo non adjecto sibi. aber vernichtet τὸ ἰσάζον (d. i. die Gleichstellung) sowohl die Stipulation als die Zahlung.
14Julian. lib. III. ad Ursej. Ferocem. Mein Sclave hat, während er sich im Besitz des Diebes befand, dem Diebe stipulirt. Sabinus bestreitet, dass es dem Diebe geschuldet werde, weil zu der Zeit, wo die Stipulation eingegangen worden war, der Sclave nicht ihm gehörte; aber auch ich werde aus dieser Stipulation nicht klagen können77Einige Ausgaben haben hiernach enclavirt die Stelle: quia eo tempore, quo stipulatus est, mihi non serviret.. Hat er aber unter Weglassung der Person des Diebes stipulirt, so erwirbt er mir zwar die Klage, dem Diebe aber darf weder die Auftragsklage noch irgend eine andere Klage gegen mich nachgelassen werden.
15Florentin. lib. VIII. Inst. Mein Sclave wird mir erwerben, mag er nun für mich oder für sich oder für seinen Mitsclaven oder ohne Nennung einer Person stipulirt haben.
17Pompon. lib. IX. ad Sabin. Wenn unser gemeinschaftlicher, mir und dir gehöriger Sclave ohne Hinzufügung unsers Namens einen Fahrweg, Fusssteig oder Trift stipulirt, und ich nur das benachbarte Grundstück besitze, so erwirbt er mir solche allein. Solltest du aber auch ebenfalls ein Grundstück besitzen, so wird sie auch dir ganz erworben88Weil eine Servitut nicht getheilt werden kann..
18Papin. lib. XXVII. Quaest. Wenn ein Sclave, welcher dem Maevius und zu einem im Kriegsdienste erworbenen Sondergute gemeinschaftlich gehört, nachdem der Haussohn als Soldat gestorben, stipulirt, bevor der eingesetzte Erbe die Erbschaft antritt, so wird dem Theilhaber, welcher in der Zwischenzeit als alleiniger Herr dasteht, die ganze Stipulation erworben, weil die Verlassenschaft des Haussohns, da sie noch nicht in Wirklichkeit getreten ist, keine Theilung bewirken kann. Denn wenn Jemand behaupten wollte, dass ja ein Erbe des Haussohns vorhanden sei, so wird doch daraus nicht sogleich folgen, dass auch eine Erbschaft vorhanden sei, weil die Rechtswohlthat der kaiserlichen Constitutionen blos darauf geht, dass der Haussohn über das Sondergut testiren kann, diese Rechtswohlthat aber unwirksam ist, bevor das Testament durch den Antritt der Erbschaft bei Kräften erhalten worden ist. 1Wenn ein gemeinschaftlicher Sclave des Titius und Maevius den Antheil, welcher an diesem Sclaven dem Maevius gehört, sich stipulirt, so ist die Stipulation nichtig; hätte er aber diesen Antheit dem Titius stipulirt, so würde er dem Titius erworben werden. Ist jedoch die Stipulation schlechthin gefasst worden, z. B. gelobst du den Theil, welcher dem Maevius gehört, zu geben? ohne mir hinzuzusetzen, so möchte anzunehmen sein, dass die fehlerfrei eingegangene Stipulation der Person Dessen folge, dem sie folgen kann. 2Ein Sclave hat, nachdem sein Herr von den Feinden gefangen genommen worden, demselben Etwas stipulirt. Obgleich Dasjenige, was er schlechthin stipulirt, oder von einem Andern erhalten hat, auch dem Erben des Gefangenen gebührt, und ein anderes Rechtsverhältniss in der Person des Sohnes stattfindet, weil dieser damals, wo er stipulirte, weder in väterlicher Gewalt stand, noch hernach, wie der Sclave, zur Erbschaft gehörte: so kann doch in dem vorliegenden Falle gefragt werden, ob anzunehmen sei, dass aus dieser Stipulation nichts dem Erben erworben worden, wie dies der Fall ist, wenn ein Erbschaftssclave dem Verstorbenen oder auch dem künftigen Erben namentlich stipulirt hat. In diesem Falle99Wenn nemlich der Sclave dem gefangenen Herrn namentlich stipulirte. aber wird der Sclave dem Sohne gleichgestellt: hat der Sohn nemlich stipulirt, dass es seinem gefangenen Vater gegeben werden solle, so bleibt die Sache unentschieden; stirbt der Vater bei den Feinden, so erscheint die Stipulation wirkungslos, weil er einem Andern, nicht sich stipulirt hat1010Papinian unterscheidet bei der Stipulation, welche der Sclave oder Haussohn eines in feindliche Gefangenschaftaft gerathenen Herrn eingegangen ist, zwei Fälle: der Sclave und der Sohn haben schlechthin stipulirt, ohne auszudrücken, für wen; hier erwirbt der Sclave nach der Fiction der Lex Cornelia, welche den Anfall der Erbschaft eines in feindlicher Gefangenschaft Gestorbenen auf den Tag der Gefangennehmung setzt, dem Erben die Stipulation, weil der Sclave alsdann servus hereditarius war, Dasjenige aber, was ein servus hereditarius sich schlechthin stipulirt, der Erbschaft und hierdurch dem nachherigen Erben erworben ward. Der Sohn aber erwirbt für sich, weil er von dem Augenblick, wo der Vater in feindschaftliche Gefangenschaft gerieth, sui juris wurde, wohingegen der Sclave, als zu dem Vermögen des Verstorbenen gehörig, auch in dessen Vermögen blieb. Bei der Stipulation, welche Sohn oder Sclave schlechthin simpliciter oder impersonaliter eingehen, findet also ein grosser Unterschied zwischen Beiden und den von ihnen eingegangenen Stipulationen statt. Im zweiten Falle aber, wenn Sclave oder Sohn dem Herrn und resp. Vater namentlich stipulirt haben, stehen Sclave und Sohn einander gleich, weil beide sich nicht mehr in der resp. Vater- und Herrengewalt des Gefangenen befanden, die Stipulation also für einen Extraneus geschah, dem sie nicht erwerben konnten, eine solche Stipulation aber unwirksam ist.. 3Wenn ein Niessbrauchssclave seine Dienste vermiethet, und aus diesem Grunde ihm eine Geldsumme auf einzelne Jahre zu entrichten stipulirt hat, so wird, wie Julianus in seinen Schriften hinterlassen hat, nach beendigtem Niessbrauche die Stipulation für den Rest der Zeit dem Herrn erworben, welche Meinung mir durch die stärksten Gründe unterstützt zu sein scheint. Denn auch wenn die Vermiethung auf fünf Jahre geschehen, so wäre, weil es unbestimmt ist, bis zu welchem Termine der Niessbrauch dauern wird, mit dem Anfange eines jeden einzelnen Jahres das Lohn jedes Jahres dem Niessbraucher erworben; wonach denn die Stipulation nicht auf den Andern übergeht, sondern einem Jeden nur soviel erworben wird, als das Rechtsverhältniss erlaubt1111Nemlich dem Niessbraucher solange, als der Niessbrauch dauert.. Auch wenn derselbe zum Niessbrauch gegebene Sclave stipulirt hat: Gelobst du mir das Geld zu geben, was ich dir innerhalb jenes Termins darleihen werde? ist ebenfalls noch ungewiss, wer aus dieser Stipulation die Klage erhalten wird. Denn wenn er das Geld aus dem Vermögen des Niessbrauchers oder aus seinen Diensten dargeliehen hat, so wird die Stipulation dem Niessbraucher, wenn aber anderswoher, dem Herrn erworben.
19Scaevola lib. XIII. Quaest. Wenn ein fremder Sclave, welcher Zweien im guten Glauben als Sclave dient, aus dem Vermögen Eines von ihnen Etwas erwirbt, so bewirkt die Natur der Sache, dass er es Demjenigen, aus dessen Vermögen die Erwerbung geschah, ganz erwerbe, mag er nun Einem allein oder Beiden haben dienen wollen. Denn auch den wirklichen Herren werden, so oft beiden erworben wird, nur Antheile erworben. Wird also dem einen nicht erworben, so wird dem andern das Ganze gehören. Ebenderselbe Grund wird deshalb auch in dem vorgetragenen Falle zur Anwendung kommen, dass dieser fremde Sclave nemlich, welcher mir und dir im guten Glauben dient, aus meinem Vermögen mir das Ganze erwirbt, indem dir, da es nicht aus deinem Vermögen herrührt, nicht erworben werden kann.
20Paul. lib. XV. Quaest. Ein freier Mensch dient mir im guten Glauben als Sclave; er stipulirt aus meinem Vermögen oder für seine Dienste den Stichus, welcher ihm selbst gehört. In diesem Falle spricht mehr dafür anzunehmen, dass er den Stichus mir erwerbe, weil er, wenn er mein Sclave wirklich wäre, ihn mir ebenfalls erwerben würde: und man darf auch keineswegs einwenden, jener ihm stipulirte Sclave gehöre gleichsam zu dem Sondergute desselben. Wenn er aber aus meinem Vermögen den mir gehörigen Stichus stipulirt, so kann er ihn für sich erwerben1212Diese Stelle gehört ebenfalls zu denjenigen, wo die kurze und dunkle Schreibart des Paulus die Schwierigkeit erhöht. Zum leichtern Verständniss derselben sind zuerst die Rechtsgrundsätze festzuhalten, dass Niemand eine ihm schon gehörige Sache noch einmal erwerben kann, und dass ich aus einer Stipulation eines Dritten, welchen ich nicht in meiner Gewalt habe, nicht erwerben kann, sondern eine solche Stipulation ungültig ist. Ein freier Mensch, den ich im guten Glauben als Sclave besitze, kann daher mir nur aus zwei Gründen eine Verbindlichkeit erwerben, aus seinen Diensten, wenn er sich Lohn für seine Dienste stipulirt, oder wenn er z. B. mein Geld ausleiht oder meine Grundstücke vermiethet, wo er mir die Zinsen oder das Pachtgeld erwirbt. In allen übrigen Fällen erwirbt ein freier Mensch, welchen ich auf redliche Weise als Sclaven besitze, nicht mir, sondern sich. Wenn nun aber ein solcher freier Mensch, welchen ich auf redliche Weise als Sclaven besitze, sich aus meinem Vermögen einen ihm gehörigen Sclaven stipulirt hätte, folglich eine Sache, die er nicht mehr erwerben kann, weil sie ihm schon gehört, so entsteht in Folge jener Rechtsgrundsätze die zweifelhafte Frage, ob er ihn dann mir erwerbe, da ich, weil der Stipulirende kein Sclave, sondern ein freier Mensch ist, doch eigentlich rücksichtlich seiner ein Extraneus bin. Paulus bejaht diese Frage, weil die Leistung aus meinem Vermögen geschehen und er, wenn der Stipulirende mein Sclave wirklich wäre, ihn mir ebenfalls erwerben würde. Hiergegen, fährt er fort, könnte zwar Jemand einwenden: du sagst, wenn er dein Sclave wäre; wenn du dies annimmst, dann ist ja der Sclave des Stipulirenden auch dein Sclave, und eine dir schon gehörige Sache kannst du ja nicht erwerben. Er widerlegt jedoch diesen Einwand sehr richtig dadurch, dass der Stipulirende kein Sclave, sondern ein freier Mensch sei, und also der ihm gehörige Sclave sich nicht in dem, dem Herrn gehörigen Sclaven-Peculium sondern in dem Patrimonio eines freien Menschen befinde, weil mehr auf Das zu sehen ist, was wirklich vorhanden, als was irrig von den Parteien angenommen wird. Hat er aber aus meinem Vermögen den Stichus, der mir schon gehört, den ich also nicht mehr erwerben kann, stipulirt, so erwirbt er ihn sich, weil sonst der Versprecher die Leistung des in gutem Glauben als Sclave dienenden Freien umsonst erhalten würde, wogegen der Eigenthümer aber, aus dessen Vermögen die Leistung des Stipulators erfolgt ist, von diesem, welcher eine fremde Sache durch die Stipulation erhalten hat, entschädigt werden muss. Deshalb heisst es auch in der Ueberschrift dieses Fragments in den glossirten Ausgaben: Liber homo bona fide possessus, quod non potest quaerere sibi, quaerit possessori: quod non potest quaerere possessori, quaerit sibi. Es ist hierüber Cujacius in Recitat. ad Paul. Quaest. S. 261. nachzulesen und damit l. 19. 21. 23. tit. 1. l. 41. zu verbinden.. 1Bei Labeo steht folgender Fall verzeichnet. „Ein Vater hinterliess einen Sohn und eine Tochter, beide in seiner Gewalt befindlich, ohne Testament. Die Tochter stand stets in dem Glauben, dass ihr nichts von der väterlichen Erbschaft gebühre. Ihr Bruder erzeugte darauf eine Tochter, und hinterliess diese als Kind: ihre Vormünder gaben dem Sclaven ihres Grossvaters1313Dessen Vermögen mithin der Tochter und dem Enkel gemeinschaftlich zukam, da ein faktischer Irrthum bei der Tochter vorausgesetzt wird. auf, er solle von Dem, dem sie die Erbschaft des Grossvaters verkauft hatten, Dasjenige stipuliren, was er aus der Erbschaft erlangen würde1414Es ist dies der Anfang der Stipulationsformel bei Kauf und Verkauf von Erbschaften, s. l. 50. tit. I. h. lib.: ich bitte, du wollest entscheiden, was aus dieser Stipulation der Mündelin erworben worden ist?“ Paulus antwortete: es ist zwar richtig, dass ein in gutem Glauben besessener Sclave, welcher sich gegen eine Leistung aus dem Vermögen Dessen, dem er dient, Etwas stipulirt, dem Besitzer erwerbe; wenn jedoch die Sachen, welche von der Erbschaft des Grossvaters Beiden gemeinschaftlich gehören, unter der Erbschaft mitverkauft worden sind, so kann man nicht annehmen, dass der ganze Kaufpreis aus ihrem Vermögen herrühre, und deshalb wird der Kaufpreis Beiden erworben.
21Venulej. lib. I. Stipulat. Wenn ein gemeinschaftlicher Sclave stipulirt: Gelobst du an den Kalenden des Januar meinem Herrn dem Titius oder Maevius, welcher von Beiden alsdann noch am Leben sein wird, zehn zu geben? so ist, nach der Meinung des Julianus, die Stipulation ungültig, weil eine Stipulation nicht schwebend bleiben kann und auch nicht erhellt, welchem von Beiden dieselbe erworben worden ist.
22Neratius lib. II. Respons. Ein zum Niessbrauch gegebener Sclave stipulirt dem Niessbraucher aus dem Vermögen des Herrn ungültig1515Weil der Niessbraucher nicht sein Dominus ist, und zwischen ihm und dem Sclaven keine Unitas personae stattfindet, wohingegen umgekehrt dies allerdings der Fall ist., dem Eigenthümer aus dem Vermögen des Niessbrauchers aber gültig.
25Venulej. lib. XII. Stipulat. Wenn ein Erbschaftssclave stipulirt und Bürgen erhalten hat, nachher aber die Erbschaft angetreten worden ist, so ist man zweifelhaft, ob die Zeit vom Tage der eingegangenen Stipulation anhebt, oder von dem Antritt der Erbschaft? desgleichen, wenn ein Sclave Dessen, welcher sich in den Händen der Feinde befindet, sich Bürgen hat bestellen lassen. Und Cassius hält dafür, man müsse die Zeit von da an berechnen, wo mit denselben verhandelt werden kann, das ist von der Zeit an, wo die Erbschaft angetreten worden ist, oder der Herr nach dem Heimkehrrechte zurückkommt.
26Paul. lib. I. Manual. Ein Niessbrauch kann ohne eine Person, welcher er zusteht, nicht bestehen, und deshalb stipulirt ein Erbschaftssclave ungültig den Niessbrauch. Vermacht aber kann ihm der Niessbrauch allerdings werden, weil der Anfall desselben nicht sogleich eintritt, wohingegen eine unbedingte Stipulation nicht aufgeschoben werden kann. Wie aber dann, wenn er unter einer Bedingung stipulirt hat? Auch in diesem Falle gilt die Stipulation nicht, weil eine Stipulation sogleich ihre Rechtskraft erhält, wenn auch die Klage daraus aufgeschoben bleibt.
28Gaj. lib. III. de verbor. obligat. Wenn ein Sclave aus dem Vermögen des Herrn dem Herrn oder Niessbraucher [alternativ] stipulirt hat, so wird zwar, wie Julianus schreibt, dem Herrn die Verbindlichkeit erworben, Zahlung aber kann dem Niessbraucher, wie Jedem, welcher der Zahlung halber beigefügt worden ist, geleistet werden. 1Wenn ein gemeinschaftlicher Sclave aus dem Vermögen des einen [Herrn] Etwas stipulirt, so hat man sich mehr dafür entschieden, dass es beiden erworben werde; derjenige aber, aus dessen Vermögen die Stipulation eingegangen ist, kann mit Recht gegen den Gesellschafter mittels der Gemeingutstheilungsklage oder mit der Gesellschaftsklage auf Ausantwortung seines Antheils klagen, und ebenso muss entschieden werden, wenn der Sclave aus seinen Diensten einem der Herren Etwas erwirbt. 2Haben die Herren einzeln selbst stipulirt, dass dieselben zehn dem gemeinschaftlichen Sclaven gegeben werden sollen, und es ist darauf nur eine Antwort erfolgt, so werden es zwei Stipulationsberechtigte sein, indem man angenommen hat, der Herr könne die Entrichtung an den Sclaven stipuliren. 3Sowie ein Sclave, welcher einem der Herren namentlich stipulirt, diesem allein erwirbt, ebenso erwirbt er auch, wie man allgemein angenommen hat, wenn er eine Sache auf den Namen eines des Herren kauft, sie diesem allein; desgleichen kann er, wenn er Geld ausleiht, damit einem der Herren Zahlung geleistet werde, oder wenn er irgend ein Geschäft vornimmt, namentlich ausdrücken, dass an einem der Herren Rückgabe oder Zahlung erfolge. 4Man hat die Frage aufgeworfen, ob ein Erbschaftssclave dem künftigen Erben stipuliren könne? Proculus hat es verneint, weil der Erbe zu der Zeit noch ein Fremder sei. Cassius antwortete, dass er es allerdings könne, weil Derjenige, der hernach Erbe werde, so angesehen werden müsse, als wenn er vom Ableben des Verstorbenen an sein Nachfolger gewesen wäre, welche Ansicht noch durch den Rechtsgrund unterstützt wird, dass die ganze Familie des Erben von dem Tode des Erblassers an als in Trauer1717Sie konnte nemlich neun Tage von der Zeit des Ablebens des Erblassers an nicht vor Gericht citirt werden. Glosse. versetzt gedacht wird, wenngleich der Erbe auch erst später eingetreten ist. Es ist daher klar, dass dem Erben durch die Stipulation des Sclaven erworben wird.
29Paul. lib. LXXII. ad Ed. Wenn ein gemeinschaftlicher Sclave so stipulirt hat: Gelobst du zehn jenem meiner Herrn und eben dieselben zehn dem andern zu geben? so werden wir entscheiden, dass zwei Stipulationsberechtigte vorhanden seien.
31Idem lib. VIII. ad Plaut. Wenn ein Sclave auf Befehl des Niessbrauchers oder des Besitzers im guten Glauben stipulirt, so erwirbt er in den Fällen, in welchen er diesen nicht erwerben kann, dem Herrn. Nicht ebendasselbe wird anzunehmen sein, wenn ihr Name in der Stipulation aufgeführt worden ist.
32Idem lib. IX. ad Plaut. Wenn der Niessbrauch eines Sclaven Zweien zusteht, und dieser Sclave einen namentlich aus einer Beiden gehörigen Sache stipulirt hat, so entsteht, wie Sabinus sagt, weil diesem allein eine Verbindlichkeit erworben worden ist, die Frage, wie der andere Niessbraucher seinen Theil bekommen kann, da doch zwischen ihnen keine Rechtsgemeinschaft stattfinde. Es ist jedoch richtiger, unter ihnen eine analoge Klage auf Theilung des gemeinschaftlichen Eigenthums zuzulassen.
33Idem lib. XIV. ad Plaut. Wenn ein freier Mensch oder ein fremder Sclave, welcher im guten Glauben als Sclave besessen wird, auf Befehl des Besitzers aus dem Vermögen eines Andern stipulirt, so erwirbt, wie Julianus sagt, der Freie zwar sich, der Sclave aber dem Herrn, weil der Befehl1818Accursius will hier jus sc. stipulationis suo domino cohaeret lesen, was allerding einen bessern Sinn giebt. stets an den Herrn geknüpft sei. 1Wenn zwei Stipulationsberechtigte den Niessbrauch eines Sclaven haben, oder beide im redlichen Besitze desselben sich befinden, und er auf Befehl des einen von dem Schuldner stipulirt, so erwirbt er diesem allein.
34Javolen. lib. II. ad Plaut. Hat ein im Testamente freigelassener Sclave, weil er von seiner Freiheit nicht unterrichtet war, und also in der Erbschaftsmasse blieb, dem Erben Geld stipulirt, so wird den Erben nichts geschuldet, sobald ihm nur die im Testamente erfolgte Freilassung desselben nicht unbekannt war, da man nicht annehmen kann, der habe ihnen in rechtmässiger Sclaverei gedient, von dessen Freiheit sie unterrichtet waren. Es ist dieser Fall von dem verschieden, wo ein freier Mensch gekauft und im guten Glauben als Sclave besessen wird, weil in ihm sowohl seine als des Käufers Meinung übereinstimmen. Uebrigens würde Der, welcher weiss, dass Jemand ein freier Mensch ist, wenn auch jener von seinem Stande nicht unterrichtet wäre, denselben gar nicht einmal besitzen können.
36Javolen. lib. IX. Epistol. Was ein Sclave stipulirt hat, an welchem der Herr das Eigenthum aufgegeben hat, ist von gar keiner Wirkung, weil Derjenige, welcher eine Sache aufgiebt, sich derselben ganz und gar entäussert: und er kann deshalb auch von den Diensten Dessen keinen Gebrauch machen, welcher seinem Willen gemäss ihm aus diesem Grunde1919Nemlich als Sclave. nicht ferner hat gehören sollen. Ist er jedoch von einem Andern ergriffen worden, so wird er aus einer Stipulation2020Welche er nemlich nach seiner Ergreifung eingegangen ist. diesem erwerben können, denn hier liegt gewissermaassen eine Schenkung vor. Ein Erbschaftsclave ist dagegen von einem aufgegebenen Sclaven sehr verschieden. Denn dieser wird vermöge des Erbrechts zurückgehalten, und man kann daher den nicht als aufgegeben ansehen, welcher in dem gesammten Rechtsumfange einer Erbschaft enthalten ist; von dem Sclaven aber, welchen sein Herr freiwillig aufgegeben hat, kann nicht angenommen werden, dass der Gebrauch desselben Demjenigen noch zustehe, von dem er aufgegeben worden ist.
37Pompon. lib. III. ad Quint. Muc. Hat ein gemeinschaftlicher Sclave so stipulirt: Gelobst du es dem Lucius Titius und Gajus Sejus zu geben? welche seine Herren sind, so ist der Verpflichtete es denselben aus dieser Stipulation nach gleichen Antheilen zu geben verpflichtet; wurde sie aber so eingegangen: Gelobst du es meinen Herren zu geben? nach Verhältniss des Antheils, welcher ihnen an dem Sclaven zusteht. War endlich die Stipulation so eingangen worden: Gelobst du es dem Lucius Titius und Gajus Sejus, meinen Herren, zu geben? so könnte es allerdings zweifelhaft scheinen, ob es ihnen nach gleichen Antheilen oder nach Verhältniss ihres Herrnantheils zu entrichten sei, und es dürfte alsdann darauf ankommen, was als zur2121Die Glosse bemerkt hierbei auf eine sehr gut erläuternde Weise: Id est, an propria ad designationem appellativorum, an appellativa ad designationem propriorum. Bezeichnung eines Jeden hinzugesetzt anzusehen und welcher Theil dieser Stipulation die Hauptsache enthalte. Da jedoch auf die Namen früher Bezug genommen worden ist, so dürfte es vernünftig sein, anzunehmen, die Stipulation werde ihnen nach gleichen Antheilen erworben, weil die Worte: „meine Herren,“ nur zur Bezeichnung dienen.
38Idem lib. V. ad Quint. Muc. Wenn mein Sclave von meinem Freigelassenen, ihm Dienste zu leisten, stipulirt hat, so ist, wie Celsus schreibt, die Stipulation ungültig: anders würde es sich jedoch verhalten, wenn er ohne den Zusatz, ihm, stipulirt hätte.
39Idem lib. XII. ad Quint. Muc. Wenn ein Sclave, an dem uns der Niessbrauch zusteht, aus dem Vermögen des Niessbrauchers, oder aus seinen (des Sclaven) Diensten, dem Eigenheitsherrn namentlich stipulirt hat, so wird demselben dadurch erworben. Es entsteht aber alsdann die Frage: mit welcher Klage der Niessbraucher es von dem Eigenheitsherrn zurückfodern kann2222Unstreitig, wie die Glosse bemerkt, mit der Condictio sine causa.? Desgleichen wird ein [fremder] Sclave, welcher uns im guten Glauben als Sclave diente, und Das, was er uns würde haben erwerben können, namentlich seinem Herrn stipulirt hat, diesem erwerben. Allein wir wollten untersuchen, mit welcher Klage wir es zurückfodern können. Und unser Gajus hat hier nicht ohne Grund entschieden, es könne in beiden Fällen gegen den Eigenthümer mit einer Condiction geklagt werden.
40Idem lib. XXXIII. ad Quint Muc. Welchen Contract auch ein Sclave geschlossen haben mag, während er uns als Sclave dient, so wird daraus, hätte er auch die Stipulation auf seine Veräusserung oder Freilassung hinausgeschoben, stets uns erworben, weil er zu der Zeit, als dieser Contract eingegangen wurde, noch in unserer Gewalt war. Ebendasselbe findet statt, wenn ein Haussohn einen Contract schliesst. Denn auch was er auf die Zeit seiner Entlassung aus der Gewalt hinausgeschoben hat, wird uns geschuldet, jedoch nur wenn er es arglistigerweise gethan hätte. —