De testamentaria tutela
(Von der testamentarischen Vormundschaft1.)
1Vgl. v. Glück ausführl. Erläut. d. Pand. XXIX. S. 201.
1Gaj. lib. XII. ad Ed. prov. Nach dem Zwölftafelgesetze22Ulpian führt die Worte des Zwölftafelgesetzes an im Fr. XI. §. 14. ist es den Vätern erlaubt, ihren Kindern, männlichen oder weiblichen Geschlechts, in ihrem Testamente Vormünder zu geben, wenn diese (Kinder) nur in ihrer Gewalt sich befinden. 1Ferner muss man wissen, dass auch nachgebornen Söhnen oder Enkeln, oder den übrigen Kindern, ihre Väter im Testamente Vormünder bestellen dürfen, nur müssen sie in einem solchen Verhältnisse sich befinden, dass sie, wären sie noch bei des Erblassers Lebzeiten geboren worden, in seine Gewalt gekommen wären, und das Testament nicht umgestossen hätten. 2Eben so ist zu bemerken, wenn Jemand, der einen Sohn, und von diesem einen Enkel zusammen in seiner Gewalt hat, dem Enkel einen Vormund bestellte, diese Bevormundung nur dann gültig sei, wenn der Enkel nach seinem Tode nicht in die Gewalt seines Vaters zurückfallen wird; ein Umstand, der dann eintritt, wenn der Sohn bei Lebzeiten des Erblassers aufhört, in dessen Gewalt zu sein.
3Idem lib. XXXV. ad Ed. Für testamentarische Tutoren muss man auch die halten, welche in Codicillen gegeben wurden, die im Testamente bestätigt sind. 1Aber nur die darf man für testamentarische Vormünder halten, welche auf die gesetzliche Weise gegeben wurden.
4Modestin. lib. VII. Differ. Ein Vater kann den zum Erben eingesetzten, oder enterbten Sohn bevormunden; eine Mutter aber kann nur dem Eingesetzten einen Vormund geben, [und dieser scheint dann] mehr für das Vermögen, als für die Person selbst, zum Vormund bestellt zu sein. Man wird aber auch gegen den im mütterlichen Testament bestellten Vormund eine Untersuchung [seiner Fähigkeit] anstellen müssen, indem der vom Vater, wenn auch nicht nach den Vorschriften des strengen Rechtes, gehörig bestellte Vormund, doch ohne vorhergegangene Untersuchung, bestätigt wird; nur muss der Grund, welcher den Vater zu dieser Bevormundung bestimmte, sich nicht geändert haben, z. B. der Vormund aus einem Freund zu einem Feind, aus einem reichen Manne zu einem armen, geworden sein.
6Idem lib. XV. ad Sabin. Wie aber ist es, wenn Enkel da sind? wurden auch für diese Vormünder bestellt, wenn blos der Name Söhne vorkommt? Die Meinung hat mehr für sich, dass auch die Bestellung auf diese sich beziehe, wenn nur der Vater sich des Ausdruckes: Kinder, bediente. Sagte er übrigens blos Söhne, so sind Enkel nicht darunter verstanden; denn etwas Anderes versteht man unter der Benennung Söhne, etwas Anderes unter der Enkel. Gab er sie aber seinen Nachgebornen, so werden darunter sowohl nachgeborne Söhne, als auch die übrigen Kinder verstanden werden.
8Ulp. lib. XXIV. ad Sabin. Dem bestellten Vormunde kann durch ein Testament oder Codicille diese Eigenschaft wieder genommen werden. 1Wurde bedingungsweise ein Vormund bestellt, so wird er, wenn die Bedingung nicht eintritt, auch nicht Vormund werden. 2Man kann aber von einer bestimmten Zeit an, und bis zu einer bestimmten Zeit hin, und unter einer Bedingung und bis zum Eintritt einer Bedingung hin, einen Vormund geben. 3Muss man aber bei der Bestellung eines Vormundes auf die leichteste oder auf die jüngste Bedingung, wie bei einem Vermächtnisse, Rücksicht nehmen? wie z. B.: Titius soll Vormund sein, wenn es ihm möglich sein wird; Titius soll Vormund sein, wenn das Schiff aus Asien angelangt sein wird. Julianus schrieb im zwanzigsten Buche der Digesten: man müsse die jüngste Bestimmung berücksichtigen.
9Pomp. lib. III. ad Quint. Muc. Wenn Niemand die Erbschaft antritt, so hat nichts von dem im Testamente Verfügten Gültigkeit. Tritt aber von mehreren Erben Einer die Erbschaft an, so sind sogleich die Bevormundungen gültig, und man hat nicht die Antretung Aller abzuwarten.
10Ulp. lib. XXXVI. ad Sabin. Wenn die Erbschaft, aus welcher ein Vormund erwartet wird, noch nicht angetreten ist, so ist die Meinung richtiger, dass ein Anderer bestellt werden könne, gleich als ob [zwar] noch kein Vormund vorhanden wäre, aber einer33Die Uebersetzung richtet sich hier nach der besseren Lesart sed, statt nec. erwartet würde. 1Bei testamentarischen Bevormundungen richtet man sich nach der jüngsten Bestimmung, und wurde mehrmals bevormundet, so sieht man blos auf die jüngste Schrift. 2Wenn Jemand, der einen Sohn, und von diesem einen Enkel hatte, für den Enkel einen Vormund bestellte, so unterliegt es wohl einiger Bedenklichkeit, ob denn in keinem Falle diese Bevormundung von Nutzen sei? wie wenn man sich zum Beispiel denkt, der Sohn sei bei Lebzeiten seines Vaters gestorben, und der Enkel noch bei Lebzeiten seines Grossvaters in dessen (seines Vaters) Stelle eingetreten. Und es lässt sich geradezu sagen, das Junisch-Vellejische Gesetz bestätige auch eine solche Bevormundung. Denn auch Pomponius schrieb im sechzehnten Buche aus dem Sabinus, eine solche Vormundsgebung sei gültig. Denn erhielt ein Testament Bestätigung, so wird folgerecht auch eine Bevormundung gelten, welche in diesem gültigen Testamente, das ist, worin ein Enkel entweder zum Erben eingesetzt, oder namentlich enterbt wurde, angeordnet wurde. 3Wenn ein Wahnsinniger in einem Testamente zum Vormunde bestellt wird, so ist nach der Meinung des Proculus die Bevormundung nur unter dem Beisatze gültig: wenn er nicht mehr wahnsinnig sein wird; wurde er aber unbedingt gegeben, so hält Proculus diese Bevormundung für ungültig. Aber Pomponius sagt, und dies ist auch richtiger, [auch im letzteren Falle] wäre die Bevormundung gültig und beginne dann, wenn der Vormund zu Verstande gekommen sein wird. 4Ein fremder Sclav kann so zum Vormunde bestellt werden: Er soll Vormund sein, wenn er frei wird. Ja auch wenn er unbedingt gegeben wurde, so scheint die Bedingung: wann er frei sein wird, darin enthalten zu sein. In dieser Beziehung lässt sich es auch vertheidigen, es wäre dem fremden Sclaven fideicommissarisch die Freiheit gegeben. Was ist es denn für Unterschied, ob Jemand seinen eigenen oder einen fremden Sclaven zum Vormunde einsetzte, da man aus günstiger Berücksichtigung des Mündels und des öffentlichen Wohles die Ertheilung der Freiheit für den [Sclaven] annimmt, der zum testamentarischen Vormunde bestellt wurde? Man kann deshalb auch für diesen [fremden Sclaven] die Freiheit, als fideicommissarisch gegeben, vertheidigen, wenn nur der Wille [des Testators] nicht offenbar dagegen streitet.
11Idem lib. XXXVII. ad Sabin. Wenn Jemand bedingungsweise, oder von einer bestimmten Zeit an, einen Vormund gab, so muss für die Zwischenzeit, auch wenn der Mündel einen gesetzlichen Vormund hat, doch ein anderer Vormund bestellt werden. Dies muss man sich ja einprägen, dass, so lange noch eine testamentarische Vormundschaft zu erwarten steht, die gesetzliche zurücktrete. 1Wurde nun einmal die testamentarische Vormundschaft übertragen, der Vormund aber lehnte diese ab, so sagen wir, auch in diesem Falle müsse an die Stelle des ablehnenden Vormundes ein von der Obrigkeit bestellter, nicht aber der gesetzliche Vormund kommen. 2Dasselbe sagen wir auch dann, wenn er (der Vormund) von diesem Amte entfernt wurde; denn auch die Entfernung dieses hat die Wirkung, dass ein Anderer bestellt wird. 3Starb aber der testamentarische Vormund, so kommt die Vormundschaft an den gesetzlichen; weil auf diesen Fall der Senatsschluss sich nicht erstreckt. 4Wurden aber zwei oder mehrere testamentarische Vormünder bestellt, so kann allerdings an die Stelle des verstorbenen oder verbannten Vormundes ein anderer gegeben werden. Wenn übrigens Keiner mehr am Leben ist oder im Staate sich befindet, so rückt die gesetzliche Bevormundung nach.
12Idem lib. XXXVIII. ad Sabin. Für bestimmte Gegenstände oder Geschäfte kann ebenso wenig in einem Testamente ein Vormund bestellt werden, als blos für eine Person, ohne Einfluss auf deren Vermögen.
13Pomp. lib. XVII. ad Sabin. Würde aber in solcher Beziehung ein Vormund bestellt, so ist dieses ganze Geschäft ungültig,
15Ulp. lib. XXXVIII. ad Sabin. Wird jedoch ein Vormund für das Vermögen [des Mündels], das in Afrika oder in Syrien liegt, gegeben, so ist dies zulässig; denn es ist dies ein bei uns aufgenommener Rechtssatz.
16Idem lib. XXXIX. ad Sabin. Wenn Jemand so bevormundete: Meinen Söhnen gebe ich den Vormund, so ist diese Bestimmung von der Art, dass man annehmen kann, er habe sowohl seine Söhne, als seine Töchter bevormundet; denn unter der Benennung der Söhne versteht man auch die Töchter. 1Jemand, der mehrere Söhne hatte, bestellte für seinen Sohn einen Vormund; nun ist die Frage: ob dies als eine Bevormundung aller seiner Söhne angesehen werde? Pomponius erklärt sich hierüber nicht bestimmt. Die Annahme einer Bevormundung aller Söhne hat aber mehr für sich. 2Wenn Jemand seinen Kindern oder Söhnen einen Vormund gab, so nimmt man an, er habe, wenn einige davon sich im feindlichen Lande befinden, auch diese mit bevormundet; es müsste denn seine entgegengesetzte Gesinnung deutlich bewiesen werden. 3Wenn Jemand, ohne es zu wissen, dass Titius sein Sohn ist, seinen Söhnen Vormünder gab, so fragt es sich, ob man annimmt, er habe blos die, welche er wissentlich in seiner Gewalt hatte, bevormundet, oder auch den, welchen er nicht als seinen Sohn kannte? Die Annahme, er habe diesen nicht bevormundet, hat mehr für sich, obgleich der Name Söhne auch diesen mit einschliesst. Allein weil er nicht an diesen denken konnte, so erstreckt sich die Bevormundung nicht auf seine Person. 4[Es muss dieses ferner auch dann angenommen werden,] wenn er (der Erblasser) seinen Sohn, der noch lebt, todt glaubt; denn ein Mensch, den [der Erblasser] für todt hält, gilt nicht für bevormundet. 5Der Erblasser gab seinen Nachgebornen Vormünder, diese aber werden noch bei seinen Lebzeiten geboren, nun ist die Frage, ob die Bevormundung gelte? Die Bejahung dieser Frage hat nach billiger Erklärung mehr für sich, obgleich die Geburt dieser Kinder noch bei dessen Lebzeiten eintrat.
17Idem lib. XXXV. ad Ed. Dass testamentarische Vormünder nicht zu einer Sicherheitsleistung: es solle das Mündelvermögen in gutem Zustande verbleiben; gezwungen werden, ist mehr als ausgemacht. Wenn aber Einer davon Sicherheitsleistung anbietet, um allein die Verwaltung führen zu dürfen, so ist er nach der Vorschrift des Edictes durchaus nicht abzuweisen. Aber mit Recht trug der Prätor auch den Uebrigen diese Bedingung vor, nämlich, ob auch sie Sicherheit leisten wollen; denn sind sie hierzu erbötig, so dürfen sie nicht durch das Anerbieten des Einen von der Verwaltung ausgeschlossen werden. Aber natürlich ist nur dann die Verwaltung für Alle gemeinschaftlich, wenn Alle Sicherheit geleistet haben. Will aber Einer lieber sich Sicherheit leisten lassen, als die Verwaltung mitführen, so ist er dadurch ausser aller Besorgniss. 1Aber dem, welcher Sicherheit leistet, muss nicht gerade ohne alle Ausnahme der Vorzug ertheilt werden. Wie ist es aber in dem Falle, wenn es eine verdächtige, oder schändliche Person ist, welcher die Vormundschaft nicht einmal unter [nothwendiger] Sicherheitsleistung anvertraut werden darf? oder wie, wenn diese Person schon viele Schlechtigkeiten bei dem Vormundsamte beging? Muss sie da nicht vielmehr von der Vormundschaft entfernt und verwiesen werden, als dass sie allein die Verwaltung führen darf? Vormünder dürfen auch nicht ohne Weiteres, wenn sie nicht Sicherheit leisten, entfernt werden; weil meistens bewährte und tüchtige und ehrbare Vormünder, auch ohne Sicherheitsleistung, nicht zurückgewiesen werden; ja man darf sie nicht einmal Sicherheit leisten heissen. 2Es gibt daher eine doppelte Untersuchung der Ursache; einmal in Bezug auf die Person dessen, der eine Sicherstellung anbietet, wer und von welchen Eigenschaften er sei, und dann welche Eigenschaften die Mitvormünder besitzen; ob sie vielleicht von solchem Rufe und solcher Ehrbarkeit sind, dass sie dieser Beschimpfung einer Sicherheitsleistung sich nicht unterziehen dürfen.
19Ulp. lib. XXXV. ad Ed. Wenn keiner der Vormünder zur Sicherheitsleistung auffordert, sondern Jemand, der nicht Vormund ist, auftritt, und von den Vormündern Sicherheitsleistung, oder im Weigerungsfalle die Ueberlassung der Vormundschaftsführung begehrte, indem er zur Sicherheitsleistung erbötig ist, so ist dieser abzuweisen; denn es darf weder einem Nichtvormunde die Vormundschaft anvertraut, noch dürfen die testamentarischen Vormünder gegen das Recht einer Sicherstellung unterworfen werden. 1Dieses Edict über Sicherheitsleistung55Dass sie die testam. Vormünder nicht trifft. bezieht sich auf die testamentarischen Vormünder. Wenn aber auch nach vorhergegangener obrigkeitlicher Untersuchung Vormünder bestellt wurden, so soll nach Marcellus auch auf diese das Edict sich beziehen, und darauf weise auch eine Rede der göttlichen Brüder hin. Deshalb sind denn auch sie (die obrigkeitlich Bestellten) in der Clausel mit inbegriffen, dass nämlich der, für welchen der grössere Theil der Vormünder sich erklärt, die Verwaltung nach dieser Wahl führe, obgleich die Worte des Edicts blos auf die testamentarischen Vormünder gehen. 2Wurde einem Nachgebornen ein Vormund im Testamente gegeben, so beginnt seine Wirksamkeit erst mit der Geburt dieses Kindes. Es hat jedoch der Substitut des Mündels gegen ihn die Klage aus der Geschäftsführung (actio negotiorum gestorum66Nach Paulus im Fr. 24. D. de tut. et rat. distrah. (27. 3.) blos eine utilis actio.; dieselbe Klage findet auch dann Statt, wenn nach der Geburt des Embryo der Vormund, bevor er noch zur Verwaltung gelangte, von der Vormundschaft entfernt wurde; führte er aber Geschäfte nach der Geburt des Embryo, so kann er mit der Klage aus der Vormundschaft (actio tutelae) auch wegen seiner früheren Geschäftsführung belangt werden. Diese Klage [erstreckt sich] auf die ganze Verwaltung.
20Paul. lib. XXXVIII. ad Ed. Eine ungewisse Person77Wer solche (personae incertae) unbestimmte Personen sind, sagt Gajus Comment. II. §. 238. und Justinian. §. 25. I. de legat. (2. 20.) Es ist nach v. Glück überhaupt ein ungewisser Vormund ein solcher, von welchem der Testirer zu der Zeit, da er ihn ernannte, selbst nicht wusste, wer es sein werde. kann nicht zum Vormund bestellt werden. 1In einem Testamente kann man jede beliebige Person als Vormund geben, mag es nun ein Prätor oder Consul sein, weil das Zwölftafelgesetz dies bestätigt.
21Idem lib. VIII. Brev. Die können in einem Testamente zu Vormündern bestellt werden, welche Testamentsfähigkeit besitzen88Hier ist natürlich die passive Testamentsfähigkeit zu verstehen..
23African. lib. VIII. Quaest. Eine Bevormundung auf diese Art: Titius soll über diesen oder jenen von meinen Söhnen, über welchen er nur will, Vormund sein, ist ungültig; denn was wollte man annehmen, wenn Titius sich nicht erklären möchte, über welchen der Söhne er Vormund sein wolle? 1So aber wird gehörig ein Vormund bestellt sein: Titius, wenn er will, soll über jenen meinen Sohn Vormund sein.
26Papinian. lib. IV. Resp. Nach unserem Rechte überträgt ein Vater fruchtlos in einem Testamente der Mutter die Vormundschaft über die gemeinsamen Kinder. Und wenn auch ein Statthalter der Provinz aus Unwissenheit für die Befolgung des väterlichen Willens entschied, so thut doch sein Nachfolger nicht wohl daran, einen Ausspruch zu befolgen, den unsere Gesetze nicht zulassen. 1Ein Vormund, dem nach dem Willen des Vaters die übrigen Vormünder, denen die Verwaltung übertragen ist, die Rechnung ablegen sollen, ist nicht für einen Ehrenvormund anzusehen. 2Gab der Vater seinem enterbten Sohne einen Vormund, so muss der Prätor diesen bestätigen, damit die Klage gegen das lieblose Testament erhoben werden kann99Durch diese Wendung fällt freilich das Ungewöhnliche der lateinischen Construction weg, welche deshalb auch schon Haloander und nach Andern auch von Löhr dahin verändern wollte, dass sie, statt cui, lieber quem ei, unterschieben.. Der Erfolg richterlicher Entscheidung wird es zeigen, ob dieser Vormund durch das väterliche Testament oder durch die Verfügung des Prätors sein Vormundschaftsamt erhält.
27Tryphonin. lib. XIV. Disp. Dasselbe wird der Fall sein, wenn für den Mündel der Process geführt wird, der Vater sei ohne ein Testament verstorben, oder wenn man im Namen des Mündels behauptet, das Testament sei falsch, wenn auch gleich ein Vatersbruder vorhanden ist, der ohne [das Dasein des väterlichen] Testaments gesetzlicher Vormund sein würde; weil ja Niemandem, der schon einen Vormund hat, ein Vormund gegeben werden kann; denn viel passender wird der Prätor gerade den Vormund, der schon im Testament sich vorfindet, bestellen, damit ohne jede dem Rechtsstreite selbst vorangehende Entscheidung der rechtlich bestellte Vormund den Mündel in diesem Rechtsstreite vertrete. 1Wenn aber dieser Oheim (selbst), welchen der Mündel für seinen gesetzlichen Vormund erklärt, gegen den ihm untergebenen Unmündigen eine peinliche Klage erhöbe und behauptete, er sei gesetzlicher Erbe, so soll man, nach Julianus, einen anderen Vormund verlangen.
28Papinian. lib. IV. Resp. Wer einer ihm testamentarisch angetragenen Vormundschaft, weil er sie gesetzlich ablehnen kann, sich nicht unterziehen wollte, dem sollen auch die Vermächtnisse, welche seinen Söhnen hinterlassen wurden, entzogen werden, wenn nur die Söhne diese Vermächtnisse nicht einer eigenthümlichen Zuneigung gegen sie, sondern einer Beehrung, die dadurch ihrem Vater geschehen soll, verdanken. 1Wer fideicommissarisch freigelassen wird, wird nicht rechtlich zum testamentarischen Vormunde bestellt. Hat er nun aber die Freiheit erlangt, so wird er nach dem Willen des Erblassers zur Vormundschaft gerufen. 2Fruchtlos gibt der Freilasser seinem unmündigen Freigelassenen einen Vormund; wird dieser (Vormund) jedoch in der Untersuchung für tüchtig befunden, so soll der Prätor den Willen des Freilassers befolgen.
29Idem lib. XV. Resp. Nach dem Sinne des Libonianischen Senatsschlusses soll der, welcher sich selbst im Testamente dem Mündel zum Vormund schrieb, nicht Vormund werden. Ist aber der Wille des Vaters, der sich darüber unmittelbar mit eigener Unterschrift erklärte, ausser Zweifel gesetzt, so soll [dieser Vormund], nach meiner Ansicht, Curator werden, wenngleich andere Vormünder vorhanden sind. Dieser hat aber dadurch auch einen ihm etwa sonst nach dem öffentlichen Rechte zustehenden Entschuldigungsgrund verloren, weil er [die Uebernahme der Vormundschaft dem Vater durch sein Niederschreiben] versprochen zu haben gilt, [jedoch] darf er auch nicht als verdächtig entfernt werden [wegen der eigenhändigen Erklärung des Vaters]1010Ueber diese Gesetzstelle ist v. Glück a. a. O. zu vergleichen. S. 164—167..
30Paul. lib. VI. Quaest. Es gibt zwei Titius, Vater und Sohn. Ein Titius wurde zum Vormunde bestellt, aber es ist nicht deutlich, welchen der Erblasser im Sinne hatte. Nun frage ich, was ist hier Rechtens? Antwort: der ist bestellt, welchen der Erblasser zu bestellen im Sinne hatte. Ist aber dies nicht deutlich, so liegt der Fehler nicht am Rechte, sondern am Mangel der Beweisführung. Deswegen ist keiner von Beiden Vormund.
31Scaevola lib. IV. Quaest. Wenn ein Vater seiner enterbten Tochter Vormünder gab, und sein Testament durch die Geburt eines Posthumus für umgestossen erklärt wird, so ist es am zweckmässigsten, dieselben [testamentarischen] Vormünder dem unmündigen Kinde zur Verfolgung der gesetzlichen Erbschaft zu geben1111Den Sinn dieses Gesetzes hebt v. Glück a. a. O. heraus. S. 81. und 82..
32Paul. lib. IX. Respons. Ich frage, ob nicht Jemand Bürger derselben Gemeinde als testamentarische Vormünder geben könne? Paulus bejaht dieses. 1Derselbe Paulus ist der Meinung, dass auch der, welcher wegen seiner Kenntniss der Vermögensverhältnisse als Vormund gegeben wurde, ebenso wie die übrigen Testamentsvormünder durchaus sowohl wegen der Verwaltung1212Nämlich wenn er den Verwaltenden nicht mit seinem Rath unterstützte., als wegen der damit zusammenhängenden Geschäfte1313Unter dem accessionis jus versteht hier Cujacius das Recht, nach welchem man einen solchen Vormund, nachdem die Verwaltenden ausgeklagt wurden, belangen kann. rechtlich belangt werden könne. 2Lucius Titius setzte seine unmündigen Söhne zu Erben ein und gab ihnen Vormünder mit diesen Worten: Gajus Mävius und Lucius Eros sollen die Vormünder meiner Söhne sein. Diesem Eros hatte er die Freiheit nicht geschenkt, er war aber auch noch nicht 25 Jahre alt. Nun frage ich, ob dieser (Eros) seine Freiheit gerichtlich verfolgen kann? Paulus bejaht es, weil man annimmt, der von seinem Herrn zum Vormund bestellte Sclav habe [eben dadurch] der Freiheit sich würdig gemacht. Deshalb müsse denn auch der in Frage stehende Sclav ebenso beurtheilt werden, als wäre er zwar frei von der Erbschaftsantretung an, werde aber erst nach Erlangung des gesetzlichen Alters mit der Vormundschaft beschwert1414Uber die vielfache Interpolation dieser Stelle s. Zeitschrift für die geschichtl. Rechtsw. Bd. 3. S. 287..
33Javolen. lib. VIII. ex Poster. Lab. Vormünder wurden so gegeben: den Lucius Titius bestelle ich zum Vormunde. Ist aber dieser nicht mehr am Leben, so bestelle ich den Gajus Plautius zum Vormunde. Titius lebte und führte die Vormundschaft, darauf starb er. Hier, sagt Trebatius, komme die Vormundschaft nicht an den Plautius; Labeo behauptet das Gegentheil; Proculus stimmt dem Labeo bei. Ich gebe der Meinung des Trebatius meinen Beifall, weil jene Worte [des Erblassers] sich auf die Zeit seines Todes beziehen1515Vergleiche hierüber v. Glück a. a. O. S. 225—227..
34Scaevola. lib. X. Digest. Jemand gab an, deshalb gebe er in den Codicillen andere Vormünder, weil er erfahren habe, dass von den testamentarischen Einige gestorben seien, oder die Vormundschaft aus Gründen ablehnen könnten. [Es fragte sich nun,] ob nichts desto weniger die, welche noch leben und dieses Amt nicht ablehnten, Vormünder blieben? Die Antwort ist, es sei kein Grund vorhanden, warum sie nicht bleiben sollten.