Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 40 übersetzt von Schneider unter Redaction von Sintenis
Dig. XL1,
De manumissionibus
Liber quadragesimus
I.

De manumissionibus

(Von den Freilassungen.)

1Ulpianus libro sexto ad Sabinum. Placuit eum, qui calendis Ianuariis natus est, post sextam noctis pridie kalendas, quasi annum vicensimum compleverit, posse manumittere: non enim maiori viginti annis permitti manumittere, sed minorem manumittere vetari: iam autem minor non est, qui diem supremum agit anni vicensimi.
1Ad Dig. 40,1,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 103, Note 12.Ulp. lib. VI. ad Sab. Man hat angenommen, Derjenige, welcher am ersten Januar geboren sei, könne nach der sechsten Stunde der Nacht am Tage vor dem ersten [Januar], gleich als ob er das zwanzigste Jahr erfüllt hätte, freilassen11Nach dieser Stelle ist die Berechnung des nach der L. Aelia Sentia in der Person des Freilassers nöthigen Alters von 20 Jahren (s. Ulp. Fr. l. 13. Gaj. l. 38. 41.) die s. g. Civil-Computation. Der am ersten Januar geborne Herr braucht also nicht den vollständigen Ablauf des letzten Tages im zwanzigsten Jahre, also des 31. Decembers, abzuwarten, sondern es genügt, wenn dieser Tag nur begonnen hat, also die zurückgelegte sechste Mitternachtsstunde, welche den 30. vom 31. December scheidet. S. v. Glück Erl. d. Pad. XXXIII. S. 416. denn es werde ja nicht Einem, welcher älter als zwanzig Jahre sei, freizulassen erlaubt, sondern Einem, welcher jünger [als zwanzig Jahre] sei, freizulassen verboten; nun ist aber doch Der nicht jünger, als zwanzig Jahre, welcher in dem letzten Tage des zwanzigsten Jahres steht.
2Idem libro septimo decimo ad Sabinum. Si heres deliberante legatario servum legatum manumiserit, mox legatarius repudiaverit, manumissum liberum fore placet.
2Idem lib. XVII. ad Sab. Man nimmt an, dass, wenn der Erbe, während der Vermächtnissnehmer überlegte, den vermachten Sclaven freigelassen, darauf der Erstere [das Vermächtniss] ausgeschlagen habe, der freigelassene [Sclave] frei sein werde.
3Paulus libro trigensimo nono ad edictum. Servus pignori datus, etiamsi debitor locuples est, manumitti non potest.
3Paul. lib. XXXIX. ad Ed. Ein zum Pfand gegebener Sclave kann auch, wenn der Schuldner reich sein sollte, [von diesem] nicht freigelassen werden.
4Ulpianus libro sexto disputationum. Is qui suis nummis emitur epistula divorum fratrum ad Urbium Maximum in eam condicionem redigitur, ut libertatem adipiscatur. 1Et primo quidem nummis suis non proprie videtur emptus dici, cum suos nummos servus habere non possit: verum coniventibus oculis credendum est suis nummis eum redemptum, cum non nummis eius, qui eum redemit, comparatur. proinde sive ex peculio, quod ad venditorem pertinet, sive ex adventicio lucro, sive etiam amici beneficio vel liberalitate vel prorogante eo vel repromittente vel se delegante vel in se recipiente debitum redemptus sit, credendum est suis nummis eum redemptum: satis est enim, quod is, qui emptioni suum nomen accommodaverit, nihil de suo inpendit. 2Si ab ignoto emptus sit, postea autem pretium suum optulerit, dicendum erit non esse audiendum: ab initio enim hoc agi debet, ut imaginaria fieret emptio et per fidem contractus inter emptorem et servum agatur. 3Sive igitur non hoc ab initio esset actum, ut suis nummis redimeretur, sive hoc acto nummos servus non dedit, cessabit libertas. 4Unde quaeri poterit, si, cum hoc ab initio esset actum, emptor festinavit et pretium numeravit, an postea ei satisfacto servus constitutione uti possit: et puto posse. 5Proinde et si ei nummos prorogavit emptor, cum ei pariaverit, poterit ad libertatem pervenire. 6Sive autem exprimetur in contractu (velut in emptione) hoc ‘ut manumittatur’ sive non exprimatur, verius est libertatem competere. 7Ergo et si forte quis sic comparaverit suis nummis, ne eum manumittat, benigna est opinio dicentium hunc ad libertatem pervenire, cum et nomen emptionis imaginarius iste emptor accommodet et praeterea nihil ei absit. 8Nihil autem interest, a quo quis suis nummis ematur, a fisco vel civitate vel a privato, cuiusque sit sexus is qui emit. sed et si minor sit viginti annis qui vendidit, interveniet constitutio. nec comparantis quidem aetas spectatur: nam et si pupillus emat, aequum est eum fidem implere, cum sine damno eius hoc sit futurum. idem et si servus est. 9In illis sane servis non intervenit constitutio, qui in totum perduci ad libertatem non possunt, ut puta si exportandus vel hac lege venierit (vel testamento hanc condicionem acceperat), ne umquam manumitteretur. 10Suis autem nummis redemptus etsi totum pretium non numeravit, ex operis tamen ipsius accesserit aliquid, ut repleri pretium possit, vel si quid suo merito adquisierit, dicendum est libertatem competere. 11Quod si partem suis nummis redimeret, cum partem servi haberet, ad constitutionem non pertinebit, non magis quam qui, cum proprietatem haberet, usum fructum redemit. 12Sed qui, cum fructuarius esset, proprietatem redemit, in ea condicione est, ut ad constitutionem pertineret. 13Sed et si duo servum redemerint, alter propriis nummis, alter nummis servi, dicendum erit constitutionem cessare: nisi forte is qui propriis nummis redemit manumittere fuerit paratus. 14Sed et si partem quis redemit, pars altera ex causa lucrativa accesserit, dicendum erit constitutionem locum habere.
4Ulp. lib. VI. Disputat. Der, welcher mit seinen eigenen Geldern gekauft wird22Ueber den suis nummis emtus s. Zimmern. Gesch. d. R. Pr. R. Bd. l. §. 217. S. 792., kommt nach einem Briefe der höchstseligen Brüder an den Urbius Maximus in die Lage, dass er die Freiheit erlangt. 1Zuerst scheint er nun uneigentlich ein mit seinen eigenen Geldern Gekaufter genannt zu werden, da ein Sclave keine eigenen Gelder haben kann; aber wenn man ein Auge zudrückt, so ist zu glauben, dass ein [Sclave] dann mit seinen eigenen Geldern gekauft worden sei, wenn er nicht mit den Geldern Desjenigen, welcher ihn kauft, erworben wird. Mag er sonach [mit Geldern] aus dem Sondergute, welches dem Verkäufer gehört, oder vermittelst eines von Aussen ihm zugekommenen Gewinnes, oder auch durch die Wohlthat oder die Freigebigkeit eines Freundes, indem derselbe entweder [das Geld] vorschoss, oder versprach, oder sich [dem Verkäufer] als Schuldner stellte, oder die Schuld auf sich nahm, gekauft sein, so muss man annehmen, dass er mit seinen eigenen Geldern gekauft sei; denn es ist genug, wenn nur Der, welcher seinen Namen zum Kaufe hergegeben haben wird, Nichts von dem Seinen [dazu] verwendet hat. 2Wenn [ein solcher Sclave] von Einem, welcher Nichts davon wusste, gekauft sein, nachher aber demselben seinen Werth angeboten haben sollte, so wird man sagen müssen, dass er nicht zu hören sei, denn gleich zu Anfang muss das beabsichtigt werden, dass ein Scheinkauf gemacht, und durch ein Versprechen der Contract zwischen dem Käufer und dem Sclaven geschlossen werden solle. 3Wenn also entweder dies nicht gleich zu Anfang beabsichtigt worden war, dass er mit seinen eigenen Geldern gekauft werden sollte, oder, obgleich dies beabsichtigt worden war, der Sclave doch die Gelder nicht gegeben hat, so wird die Freiheit wegfallen. 4Daher wird man fragen können: ob, wenn der Käufer, da man dies gleich zu Anfang beabsichtigt hatte, geeilt und den Preis gezahlt hat, der Sclave, nachdem dem [Käufer] nachher Genüge geleistet worden ist, sich der Constitution33D. h. der im pr. dieser Stelle angeführten epistola divorum Fratrum. bedienen könne? Und ich glaube, dass er es könne. 5Deshalb wird auch der Sclave, wenn der Käufer ihm die Gelder vorgeschossen hat, [dann, wenn er demselben Alles bezahlt44Pariaverit, s. d. Bem. zu l. 67. §. 3. D. de cond. indeb. 12. 6. hat, zur Freiheit gelangen können. 6Mag dies aber im Contract, z. B. im Kauf, ausgedrückt werden, dass der Sclave freigelassen werden solle, oder mag es nicht ausgedrückt werden, es ist richtiger, dass [dem Sclaven] die Freiheit zukomme. 7Daher ist auch [dann,] wenn Jemand [einen Sclaven] mit dessen eigenen Geldern unter der Verabredung, ihn nicht freizulassen, erworben haben sollte, die Meinung Derer billig, welche behaupten, dass dieser [Sclave] zur Freiheit gelange, da sowohl jener Scheinkäufer den Namen des Kaufes hergiebt, als auch ausserdem demselben Nichts [von seinem Vermögen] fehlt. 8Es macht aber keinen Unterschied, von wem Jemand mit seinen eigenen Geldern gekauft werde, ob vom Fiscus, oder von einer Stadt, oder von einer Privatperson, und von welchem Geschlechte Der sei, welcher kauft. Aber auch [dann,] wenn Der, welcher den Sclaven verkauft hat, jünger als zwanzig Jahre sein sollte, so wird die Constitution Statt haben. Auch wird nicht einmal das Alter Dessen, welcher sich [den Sclaven] angeschafft, berücksichtigt; denn auch wenn ein Unmündiger kaufen sollte, ist es billig, dass derselbe das Versprechen erfülle, da dies ohne Schaden für ihn geschehen wird. Dasselbe [findet Statt], auch wenn [der Käufer] ein Sclave ist. 9Bei denjenigen Sclaven hat freilich die Constitution nicht Statt, welche ganz und gar nicht in Freiheit gesetzt werden können, z. B. wenn [ein Sclave] fortzuschaffen, oder unter der Bedingung verkauft ist, oder durch ein Testament diese Bestimmung erhalten hat, dass er niemals freigelassen werden sollte. 10Wenn aber ein mit seinem eigenen Gelde gekaufter Sclave auch nicht den ganzen Preis gezahlt hat, jedoch durch die Dienste desselben Etwas hinzugekommen ist, so dass der Preis ergänzt werden kann, oder wenn er Etwas durch eigenes Verdienst erworben haben sollte, so muss man sagen, dass [ihm] die Freiheit zukomme. 11Wenn aber Jemand einen Theil [eines Sclaven] mit dessen eigenen Geldern kaufte, da er schon einen Theil des Sclaven hatte, so wird er der Constitution nicht unterworfen sein, nicht mehr, als Der, welcher, da er das [blosse] Eigenthum [an einem Sclaven] hatte, den Niessbrauch [an demselben] gekauft hat. 12Aber wie, wenn er, da er Niessbraucher [des Sclaven] war, das Eigenthum [an demselben mit den eigenen Geldern desselben] gekauft hat? Er befindet sich in der Lage, dass er der Constitution unterworfen ist. 13Aber auch, wenn Zwei einen Sclaven, der Eine mit seinen eigenen Geldern, der Andere mit den Geldern des Sclaven gekauft haben, wird man sagen müssen, dass die Constitution wegfalle, wenn nicht etwa Der, welcher ihn mit seinen eigenen Geldern gekauft hat, zum Freilassen bereit gewesen ist. 14Aber auch, wenn Jemand einen Theil [eines Sclaven mit den eigenen Geldern desselben] gekauft hat, [und] der andere Theil aus einem bereichernden Grunde hinzugekommen ist, wird man sagen müssen, dass die Constitution Statt habe.
5Marcianus libro secundo institutionum. Si quis dicat se suis nummis emptum, potest consistere cum domino suo, cuius in fidem confugit, et queri, quod ab eo non manumittatur, Romae quidem apud praefectum urbis, in provinciis vero apud praesides ex sacris constitutionibus divorum fratrum, sub ea tamen denuntiatione, ut is servus, qui hoc intenderit nec inpleverit, in opus metalli detur, nisi forte dominus reddi eum sibi maluerit, utique non maiorem ex ea causa poenam constituturus. 1Sed et si rationibus redditis liber esse iussus fuerit, arbiter inter servum et dominum, id est heredem, datur de rationibus excutiendis.
5Marcian. lib. II. Inst. Wenn ein Sclave behauptet, dass er mit seinen eigenen Geldern gekauft sei, so kann er gegen seinen Herrn, zu dessen Redlichkeit er seine Zuflucht genommen hat, auftreten, und sich beschweren, dass er von demselben nicht freigelassen werde, [und] zwar in Rom bei dem Stadtvorsteher, in den Povinzen aber bei den Präsidenten, den Constitutionen der höchtsseligen Brüder gemäss; jedoch unter der Androhung, dass derjenige Sclave, welcher dies behauptet, aber nicht bewiesen hat, zur Bergwerksarbeit verurtheilt werden solle, wenn nicht etwa der Herr sollte lieber gewollt haben, dass er ihm zurückgegeben werde, indem er jeden Falls aus jenem Grunde keine grössere Strafe festsetzen wird. 1Aber auch wenn [von dem Herrn in seinem Testament] verordnet worden, dass [ein Sclave], wenn er die Rechnungen abgelegt hätte, frei sein solle, wird zwischen dem Sclaven und dem Herrn, das heisst dem Erben, ein nach seinem Ermessen entscheidender Richter, um die Rechnungen zu prüfen, bestellt.
6Alfenus Varus libro quarto digestorum. Servus pecuniam ob libertatem pactus erat et eam domino dederat: dominus prius quam eum manumitteret, mortuus erat testamentoque liberum esse iusserat et ei peculium suum legaverat. consulebat, quam pecuniam domino dedisset ob libertatem, an eam sibi heredes patroni reddere deberent necne. respondit, si eam pecuniam dominus, posteaquam accepisset, in suae pecuniae rationem habuisset, statim desisse eius peculii esse: sed si interea, dum eum manumitteret, acceptum servo rettulisset, videri peculii fuisse et debere heredes eam pecuniam manumisso reddere.
6Alfen. Var. lib. IV. Dig. Ein Sclave hatte Geld für die Freiheit versprochen, und dasselbe [seinem] Herrn gegeben; der Herr war, bevor er ihn freiliess, gestorben und hatte in seinem Testament verordnet, dass der Sclave frei sein sollte, und demselben sein Sondergut vermacht; er fragte um Rath, ob ihm die Erben seines Patrons das Geld, welches er seinem Herrn für die Freiheit gegeben hätte, zurück geben müssten, oder nicht? [Alfenus] hat das Gutachten ertheilt, wenn der Herr jenes Geld, welches er erhalten hätte, in die Rechnung über sein Geld [verzeichnet] gehabt hätte, so habe es sogleich aufgehört, zu dem Sondergut des Sclaven zu gehören; aber wenn er es unterdessen, bis er ihn freiliess, den Sclaven erlassen hätte, so scheine es zum Sondergut gehört zu haben, und müssten die Erben jenes Geld dem [Sclaven], wenn er freigelassen wäre, zurückgeben.
7Idem libro septimo digestorum. Duo filii familias peculiares servos separatim uterque habebant: ex his alter servulum suum peculiarem vivo patre manumisit: pater utrique testamento peculium praelegaverat. quaerebatur, servus iste utrum amborum, an eius a quo manumissus erat libertus esset. respondit, si prius testamentum pater fecisset, quam filius eum liberum esse iussisset, unius esse libertum, ideo quod eum quoque in peculio legasse videretur: sed si postea testamentum pater fecisset, non videri eam mentem eius fuisse, ut eum, qui manumissus esset, legaret eumque servum, quoniam praelegatus non esset, mortuo patre amborum servum fuisse.
7Idem lib. VII. Dig. Zwei Haussöhne hatten zum Sondergut gehörige Sclaven, beide besonders für sich; der eine von ihnen hat den zu seinem Sondergut gehörigen Sclaven beim Leben des Vaters freigelassen, der Vater hatte Beiden in seinem Testamente das Sondergut zum Voraus vermacht. Man fragte, ob jener Sclave der Freigelassene Beider, oder dessen wäre, von dem er freigelassen worden war? [Alfenus] hat das Gutachten ertheilt, wenn der Vater das Testament eher gemacht hätte, als der Sohn den Sclaven für frei erklärt hätte, so sei er der Freigelassene eines einzigen, darum, weil der Vater auch diesen [Sclaven] in dem Sondergut vermacht zu haben schiene; aber wenn der Vater das Testament nachher gemacht hätte, so scheine das nicht die Absicht desselben gewesen zu sein, denselben, der ja freigelassen gewesen wäre, zu vermachen, und [daher] sei dieser Sclave, weil er nicht zum Voraus vermacht worden wäre, nach dem Tode des Vaters der Sclave Beider gewesen.
8Marcianus libro tertio decimo institutionum. Qui poenae servi efficiuntur, indubitate manumittere non possunt, quia et ipsi servi sunt. 1Sed nec rei capitalium criminum manumittere servos suos possunt, ut et senatus censuit. 2Divus quoque Pius Calpurnio rescripsit libertates ab eo, qui iam lege Cornelia damnatus esset vel, cum futurum prospiceret ut damnaretur, servis datas non competere. 3Sed ne quidem illos ad iustam libertatem pervenire divus Hadrianus rescripsit, qui ideo manumissi sunt, ut crimini subtraherentur.
8Marcian. lib. XIII. Instit. Diejenigen, welche zur Strafe zu Sclaven gemacht werden, können ohne Zweifel nicht freilassen, weil sie auch selbst Sclaven sind. 1Aber auch Capitalverbrecher können ihre Sclaven nicht freilassen, wie auch der Senat verordnet hat. 2Auch der höchstselige Pius hat an den Calpurnius rescribirt, dass die von Dem, welcher schon nach dem Cornelischen Gesetz verurtheilt worden wäre, oder da er voraussah, dass er würde verurtheilt werden, seinen Sclaven ertheilten Freiheiten [denselben] nicht zuständen. 3Aber der höchstselige Hadrianus hat rescribirt, dass nicht einmal diejenigen zu einer rechtmässigen Freiheit gelangen sollen, welche darum freigelassen worden sind, damit sie einer Criminalklage entzogen würden.
9Paulus libro singulari regularum. Servus hac lege venditus, ne manumittatur, vel testamento prohibitus manumitti, vel a praefecto vel a praeside prohibitus ob aliquod delictum manumitti ad libertatem perduci non potest.
9Paul. lib. singul. Regular. Ein Sclave, welcher unter der Bedingung verkauft worden ist, dass er nicht freigelassen werden soll, oder, welchen freizulassen, in einem Testament verboten worden ist, oder, welchen freizulassen, vom Stadtvorsteher oder Präsidenten wegen irgend eines Verbrechens verboten worden ist, kann nicht in Freiheit gesetzt werden.
10Idem imperialium sententiarum in cognitionibus prolatarum ex libris sex libro secundo. Aelianus debitor fiscalis Euemeriam ancillam ante annos multos emerat hac lege, ut manumitteret, eamque manumiserat: procurator cum bona debitoris non sufficientia quaereret, etiam Euemeriae status quaestionem faciebat. placuit non esse iuri fiscali locum, quo omnia bona debitorum iure pignoris tenerentur, quia ea lege empta est, et, si non manumitteretur, ex constitutione divi Marci ad libertatem perveniret.
10IDEM Imperial. sent. in cognit. prolat. ex lib. VI. lib. II. Aelianus, ein Schuldner des Fiscus, hatte die Sclavin Euhemeria vor vielen Jahren unter der Bedingung, dass er sie freilassen sollte, gekauft und dieselbe freigelassen; der Procurator [des Fiscus] erhob, als er das nicht hinreichende Vermögen des Schuldners untersuchte, auch gegen die Euhemeria Streit über ihren Rechtszustand. Man hat angenommen, dass das Recht des Fiscus, vermöge dessen das ganze Vermögen seiner Schuldner nach Pfandrecht haftete, nicht Statt habe, weil sie unter jener Bedingung gekauft worden ist, und, wenn sie nicht freigelassen würde, in Folge der Constitution des höchtseligen Marcus55S. l. 1. D. qui sine manumiss. 40. 8. zur Freiheit gelangen würde.
11Idem libro sexagensimo quarto ad edictum. Servum, qui sub condicione legatus est, interim heres manumittendo liberum non facit.
11Idem lib. LXIV. ad Ed. Ein Erbe macht einen Sclaven, welcher unter einer Bedingung vermacht worden ist, dadurch, das er ihn unterdessen freilässt, nicht frei.
12Idem libro quinquagensimo ad edictum. Lege Fabia prohibetur servus, qui plagium admisit, pro quo dominus poenam intulit, intra decem annos manumitti. in hoc tamen non testamenti facti tempus, sed mortis intuebimur.
12Idem lib. L. ad Ed. Durch das Favische Gesetz wird verboten, einen Sclaven, welcher einen Menschenraub begangen hat, [und] für welchen [sein] Herr die Strafe bezahlt hat, innerhalb zehn Jahren freizulassen; hierbei werden wir jedoch nicht auf die Zeit der Testamentserrichtung, sondern des Todes sehen66D. h. die zehn Jahre werden vom Todestage des Herrn an gerechnet, wenn dieser den Sclaven im Testament freigelassen hat..
13Pomponius libro primo ex Plautio. Servus furiosi ab adgnato curatore manumitti non potest, quia in administratione patrimonii manumissio non est. si autem ex fideicommissi causa deberet libertatem furiosus, dubitationis tollendae causa ab adgnato tradendum servum, ut ab eo cui traditus esset manumittatur, Octavenus ait.
13Pompon. lib. I. ex Plaut. Der Sclave eines Rasenden kann von dem agnatischen Curator des Letzteren nicht freigelassen werden, weil in der Verwaltung des Vermögens die Freilassung nicht enthalten ist. Wenn aber der Rasende aus dem Grunde eines Fideicommisses die Freiheit leisten müsste, so sagt Octavenus, sei der Sclave, um [jedes] Bedenken zu heben, von dem Agnaten [einem Anderen] zu übergeben, damit er von Dem, welchem er übergeben worden wäre, freigelassen werde.
14Paulus libro sexto decimo ad Plautium. Apud eum, cui par imperium est, manumittere non possumus: sed praetor apud consulem manumittere potest. 1Imperator cum servum manumittit, non vindictam imponit, sed cum voluit, fit liber is qui manumittitur ex lege Augusti.
14Paul. lib. XVI. ad Plaut. Vor Dem, welcher eine gleiche Amtsgewalt hat, können wir nicht freilassen, aber der Prätor kann vor dem Consul freilassen. 1Wenn der Kaiser einen Sclaven freilässt, so legt er nicht den Stab [auf denselben]77Non vindictam imponit; s. d. folg. Tit. dieses Buchs., sondern, sobald er es gewollt hat, wird Der, welcher freigelassen wird, frei, in Folge des Kaisergesetzes88Ex lege Augusti. Dieser Ausdruck ist wohl gleichbedeutend mit dem: lex regia (§. 6. I. de j. nat. gent. et civ. l. 2. u. l. l. pr. D. de constit. princ. l. 4.) und lex imperii (l. 3. C. de testam. 6. 23.) für das Gesetz, durch welches nach den Angaben der Alten dem jedesmaligen Kaiser die kaiserliche Gewalt übertragen wurde, und aus welchem auch die Befreiung des Kaisers von den gewohnlichen Rechtsformen abgeleitet wird. S. Hugo Gesch. d. R. R. bis auf Justin. 10. Aufl. S. 657. — A. M. ist Zimmern. a. a. O. §. 43. Anm. 3. S. aber dagegen Schilling Bemerk. üb. R. R. Gesch. S. 202. f. u. Huschke in der (Tübinger) Krit. Zeitschr. f. Rechtswiss. B. 5. S. 238..
15Marcellus libro vicensimo tertio digestorum. Mortis causa servum manumitti posse non est dubitandum. quod non ita tibi intellegendum est, ut ita liber esse iubeatur, ut, si convaluerit dominus, non fiat liber, sed quemadmodum si vindicta eum liberaret absolute, scilicet quia moriturum se putet, mors eius exspectabitur, similiter et in hac specie in extremum tempus manumissoris vitae confertur libertas, durante scilicet propter mortis causae tacitam condicionem) voluntate manumissoris: quemadmodum cum rem ita tradiderit, ut moriente eo fieret accipientis, quae ita demum alienatur, si donator in eadem permanserit voluntate.
15Marcell. lib. XXIII. Dig. Es ist nicht zu bezweifeln, dass ein Sclave auf den Todesfall freigelassen werden könne. Es ist dies aber nicht so zu verstehen, als ob er so für frei erklärt werde, dass er, wenn der Herr wieder genesen sein werde, nicht frei werden solle; sondern ebenso, wie dann, wenn er ihn durch den Stab unbedingt befreien würde, nemlich weil er glaubt, dass er sterben werde, der Tod desselben erwartet werden wird, wird auf gleiche Weise auch in diesem Falle die Freiheit auf die letzte Lebenszeit des Freilassers verschoben, wenn nemlich wegen der stillschweigenden Bedingung der Schenkung auf den Todesfall der Wille des Freilassers fortdauert; ebenso wie wenn er eine Sache so übergeben hätte, dass sie, wenn er sterben würde, dem Empfänger gehören sollte, denn diese wird nur dann veräussert, wenn der Schenker bei demselben Willen verblieben sein wird.
16Modestinus libro primo regularum. Si consentiente patre filius minor annis viginti servum eius manumiserit, patris faciet libertum et vacat causae probatio ob patris consensum.
16Modestin. lib. I. Regular. Wenn mit Zustimmung des Vaters ein Sohn, der jünger als zwanzig Jahre ist, den Sclaven desselben freigelassen hat, so wird er ihn zum Freigelassenen des Vaters machen, und es fällt wegen der Zustimmung des Vaters der Beweis des Grundes99S. §. 4. I. qui et quib. ex causs. 1. 6. weg.
17Idem libro sexto regularum. Servi, quos filius familias in castris quaesiit, non in patris familia computabuntur: nec enim pater tales filii servos manumittere poterit.
17Idem lib. VI. Regular. Die Sclaven, welche ein Haussohn im Kriegsdienst erworben hat, werden nicht zur Sclavenfamilie des Vaters gerechnet werden; denn es wird ja der Vater solche Sclaven des Sohnes nicht freilassen können.
18Gaius libro duodecimo ad legem Iuliam et Papiam. Eum qui venierit venditor et promissor quem promiserit manumittere possunt.
18Gaj. lib. XII. ad leg. Jul. et Pap. Sowohl ein Verkäufer kann den [Sclaven], welcher [von ihm] verkauft sein wird, als auch ein Versprecher den, welchen er versprochen haben wird, freilassen.
19Papinianus libro trigensimo quaestionum. Si quis ab alio nummos acceperit, ut servum suum manumittat, etiam ab invito libertas extorqueri potest, licet plerumque pecunia eius numerata sit, maxime si frater vel pater naturalis pecuniam dedit: videbitur enim similis ei qui suis nummis redemptus est.
19Papin. lib. X. Quaest. Wenn Jemand von einem Anderen Gelder erhalten haben sollte, damit er seinen Sclaven freilasse, so kann man von demselben, auch wenn er nicht will, die Freiheit erzwingen, wenngleich gewöhnlich das Geld desselben [des Herrn] gezahlt worden ist1010D. h. wenngleich das für die Freiheit des Sclaven gegebene Geld gewöhnlich aus dem Sondergut desselben genommen sein und also dem Herrn gehört haben wird. S. Schol. Basil. XLVIII. 1. 19. nro. y. T. VI. p. 274., vorzüglich wenn der natürliche Bruder oder Vater [des Sclaven] das Geld gegeben hat; denn [ein solcher Sclave] wird dem ähnlich zu sein scheinen, welcher mit seinen eigenen Geldern gekauft worden ist.
20Idem libro decimo responsorum. Causam minor viginti annis, qui servum donatum manumittendi gratia accepit, ex abundanti probat post divi Marci litteras ad Aufidium Victorinum: etenim, si non manumiserit, ad libertatem servus perveniet. 1Non idem in fideicommissaria libertate iuris est, cuius causam minor debet probare: nam libertas nisi ita manumisso non competit. 2Puellam ea lege vendidit, ut post annum ab emptore manumitteretur: quod si non manumisisset, convenit, uti manum iniceret aut decem aureos emptor daret. non servata fide nihilo minus liberam ex sententia constitutionis fieri respondit, quoniam manus iniectio plerumque auxilii ferendi causa intervenit: itaque nec pecunia petetur, cum emolumentum legis voluntatem venditoris secutum sit. 3Tempore alienationis convenit, ut homo libertatis causa traditus post quintum annum impletum manumitteretur et ut certam mercedem interea menstruam praeberet. condicionem libertati mercedes non facere, sed obsequio temporariae servitutis modum praestitutum esse respondi: neque enim in omnibus libertatis causa traditum comparari statulibero.
20Idem lib. X. Resp. Jemand, welcher jünger als zwanzig Jahre ist, und einen Sclaven, um ihn freizulassen, geschenkt erhalten hat, beweist seit dem Brief des höchstseligen Marcus an den Aufidius Victorinus den Grund zum Ueberfluss; denn auch, wenn er nicht freigelassen hat, wird der Sclave [doch] zur Freiheit gelangen. 1Dasselbe ist nicht bei einer fideicommissarischen Freiheitsertheilung Rechtens; indem Der, welcher jünger als zwanzig Jahre ist, den Grund derselben beweisen muss; denn die Freiheit steht [dem Sclaven] nicht zu, wenn er nicht auf diese Weise freigelassen worden ist. 2Jemand hat ein Mädchen unter der Bedingung verkauft, dass sie nach einem Jahre freigelassen werden sollte; wenn aber [der Käufer] sie [dann] nicht freigelassen hätte, so ist man übereingekommen, dass [der Verkäufer] sie eigenmächtig zurücknehmen dürfe, oder dass der Käufer zehn Goldstücke geben sollte; [Papinianus] hat das Gutachten ertheilt, dass, wenn das Versprechen nicht gehalten worden wäre, sie nichtsdestoweniger dem Sinne der Constitution gemäss frei werde, weil die eigenmächtige Ergreifung gewöhnlich Statt findet, um Hülfe zu leisten; daher wird auch nicht das Geld gefordert werden, da der Vortheil des Gesetzes dem Willen des Verkäufers entsprochen hat1111D. h. da diee eigenmächtige Ergreifung (manus injectio) des Sclaven, welche der Verkäufer sich ausbedungen hat, gewöhnlich keinen anderen Zwekc hat, als demselben die Freiheit zu ertheilen, so stimmt es ganz mit der Absicht des Verkäufers überein, wenn dem Sclaven nach der Constitution des Marcus und seines Sohne Commodus (s. l. 10. h. t. u. l. 1. 3. 4. 6. pr. 9. D. qui sine manumiss. 40. 8.) die Freiheit ertheilt wird.. 3Zur Zeit der Veräusserung [eines Sclaven] ist man übereingekommen, dass der zur Freilassung übergebene Sclave, wenn fünf Jahre erfüllt wären, freigelassen werden, und dass er unterdessen eine bestimmte monatliche Abgabe leisten sollte; ich habe das Gutachten ertheilt, dass die Abgabe keine Bedingung der Freiheit ausmache, sondern dass dadurch für den Dienst während der zeitlichen Sclaverei ein Maass festgesetzt worden sei; denn es werde ja nicht in allen Hinsichten ein zur Freilassung übergebener [Sclave] einem Bedingtfreien1212S. d. 7. Titel dieses Buchs. gleichgestellt.
21Idem libro tertio decimo responsorum. Servum dotalem vir qui solvendo est constante matrimonio manumittere potest: si autem solvendo non est, licet alios creditores non habeat, libertas servi impedietur, ut constante matrimonio deberi dos intellegatur.
21Papin. lib. XIII. Resp. Ein Mann, welcher zahlungsfähig ist, kann einen zum Heirathsgut gehörigen Sclaven, während die Ehe besteht, freilassen; wenn er aber nicht zahlungsfähig ist, so wird, wenngleich er keine andern Gläubiger hat, die Freiheit des Sclaven verhindert werden, so dass man es so ansieht, als werde, während die Ehe besteht, das Heirathsgut geschuldet.
22Idem libro secundo definitionum. Nepos ex filio voluntate avi ut filius voluntate patris potest manumittere, sed manumissus patris vel avi libertus est.
22Idem lib. III. Defin. Ein Enkel vom Sohn kann mit dem Willen des Grossvaters, oder ein Sohn mit dem Willen des Vaters freigelassen, aber, wenn [der Sclave] freigelassen worden ist, so ist er der Freigelassene des Vaters oder Grossvaters.
23Paulus libro quinto decimo responsorum. Gaius Seius Pamphilam hac lege emit, ut intra annum manumitteretur: deinde intra annum Seius servus pronuntiatus est: quaero, an ex lege venditionis finito anno Pamphila libertatem consecuta sit. Paulus respondit, cum ea condicione ancillam emptam domino adquisitam, cum qua condicione venisse proponeretur.
23Idem lib. XV. Resp. Gajus Sejus hat die Pamphila unter der Bedingung gekauft, dass sie innerhalb eines Jahres freigelassen werden sollte; sodann ist innerhalb des Jahres Sejus durch ein Urtheil für einen Sclaven erklärt worden. Ich frage, ob in Folge der Bedingung des Verkaufs Pamphila nach dem Ablauf des Jahres die Freiheit erlangt habe? Paulus hat das Gutachten ertheilt, die gekaufte Sclavin sei dem Herrn [des Sejus durch diesen] unter derselben Bedingung erworben worden, unter welcher sie, wie angeführt wurde, verkauft worden wäre.
24Hermogenianus libro primo iuris epitomarum. Lege Iunia Petronia, si dissonantes pares iudicum existant sententiae, pro libertate pronuntiari iussum. 1Sed et si testes non dispari numero tam pro libertate quam contra libertatem dixerint, pro libertate pronuntiandum esse saepe constitutum est.
24Hermogen. lib. I. Juris Epit. Durch das Junisch-Petronische Gesetz ist verordnet worden, dass, wenn verschieden lautende [an der Zahl] gleiche Urtheile der Richter vorhanden seien, für die Freiheit gesprochen werden solle. 1Aber es ist auch oft verordnet worden, dass, wenn Zeugen in nicht ungleicher Zahl theils für die Freiheit, theils gegen die Freiheit ausgesagt hätten, für die Freiheit zu sprechen sei.
25Gaius libro primo de manumissionibus. Iuris ratio efficit, ut infantibus quoque competat libertas.
25Gaj. lib. I. de Manumiss. Die Rechtsregel bringt es mit sich, dass auch Kindern die Freiheit zustehen könne.
26Iavolenus libro quarto ex posterioribus Labeonis. Servum furiosum omni genere manumissum ad libertatem perduci putat posse Labeo.
26Javolen. lib. IV. ex Poster. Lab. Labeo glaubt, dass ein rasender Sclave, wenn er auf irgend eine Art freigelassen worden sei, in Freiheit gesetzt werden könne.