Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Siebentes Buch übersetzt von Sintenis
Dig. VII4,
Quibus modis usus fructus vel usus amittitur
Liber septimus
IV.

Quibus modis usus fructus vel usus amittitur

(Auf welche Weise der Niessbrauch oder Gebrauch verloren geht.)

1Ul­pia­nus li­bro sep­ti­mo de­ci­mo ad Sa­binum. Non so­lum usum fruc­tum amit­ti ca­pi­tis mi­nutio­ne con­stat, sed et ac­tio­nem de usu fruc­tu. et par­vi re­fert, utrum iu­re sit con­sti­tu­tus usus fruc­tus an ve­ro tui­tio­ne prae­to­ris: pro­in­de tra­di­tus quo­que usus fruc­tus, item in fun­do vec­ti­ga­li vel su­per­fi­cie non iu­re con­sti­tu­tus ca­pi­tis mi­nutio­ne amit­ti­tur. 1Sed ita de­mum amit­ti­tur ca­pi­tis de­mi­nutio­ne usus fruc­tus, si iam con­sti­tu­tus est: ce­te­rum si an­te ad­itam he­redi­ta­tem aut an­te diem ce­den­tem quis ca­pi­te mi­nu­tus est, con­stat non amit­ti. 2Si ti­bi fun­dus ex die le­ga­tus est et usum fruc­tum mi­hi ro­ga­tus es re­sti­tue­re, vi­den­dum erit, si ca­pi­te mi­nu­tus fue­ro in­tra diem le­ga­to tuo in­ser­tum, ne for­te sal­vus sit mi­hi usus fruc­tus, qua­si an­te diem ce­den­tem ca­pi­tis mi­nutio in­ter­ve­niat: quod be­ni­gne di­ci pot­erit. 3Us­que ad­eo au­tem ca­pi­tis mi­nutio eum de­mum usum fruc­tum per­emit, qui iam con­sti­tu­tus est, ut si in sin­gu­los an­nos vel men­ses vel dies le­ga­tus sit, is de­mum amit­ti­tur, qui iam pro­ces­sit et, si for­te in an­nos sin­gu­los le­ga­tus est, il­lius dum­ta­xat an­ni usus fruc­tus amit­te­tur et si in men­ses, eius men­sis, si in dies, eius diei.

1Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Es ist bekannt, dass nicht blos der Niessbrauch durch Standesrechtsveränderung verloren gehe, sondern auch die Klage wegen Niessbrauchs, und es ist wenig Unterschied, ob der Niessbrauch durch eine bürgerlich rechtliche Handlung bestellt worden ist, oder durch den Schutz des Prätors. Daher geht auch der durch blosse Uebergabe erworbene, und der an einem Zinsgut oder Erbpachtsgut ohne eine bürgerlichrechtliche Handlung bestellte Niessbrauch durch Standesrechtsveränderung verloren. 1Der Niessbrauch geht aber durch eine Standesrechtsveränderung nur dann verloren, wenn er bereits bestellt war; hat Jemand vor dem Erbschaftsantritt, oder vor dem Anfangspunct [desselben] eine Standesrechtsveränderung erlitten, so geht er bekanntlich nicht verloren. 2Wenn dir ein Grundstück von einem bestimmten Zeitpunct an vermacht, und du gebeten worden bist, mir den Niessbrauch abzutreten, so fragt es sich, ob mir, wenn ich binnen der Zeit, an die dein Vermächtniss gebunden ist, eine Standesrechtsveränderung erlitten habe, der Niessbrauch nicht doch vorbehalten bleibt, indem gewissermaassen die Veränderung vor dem Anfangspunct [des Niessbrauchs] geschieht; man kann dies allerdings bejahen. 3Die Standesrechtsveränderung vernichtet jedoch den schon bestellten Niessbrauch nur insoweit, dass, wenn er auf einzelne Jahre, Monate oder Tage vermacht worden ist, nur derjenige verloren geht, der bereits begonnen hat; ist er daher auf einzelne Jahre vermacht worden, so geht nur der Niessbrauch des [laufenden] Jahres verloren, wenn auf Monate, der des [laufenden] Monats, und wenn auf Tage, der des [laufenden] Tages.

2Pa­pi­nia­nus li­bro sep­ti­mo de­ci­mo quaes­tio­num. Si duo­bus se­pa­ra­tim al­ter­nis an­nis usus fruc­tus re­lin­qua­tur, con­ti­nuis an­nis pro­prie­tas nu­da est, cum, si le­ga­ta­rium unum sub­sti­tuas, cui al­ter­nis an­nis le­ga­tus sit usus fruc­tus, ple­na sit apud he­redem pro­prie­tas eo tem­po­re, quo ius fruen­di le­ga­ta­rio non est. quod si ex duo­bus il­lis al­ter de­ce­dat, per vi­ces tem­po­rum ple­na pro­prie­tas erit: ne­que enim ad­cres­ce­re al­te­ri quic­quam pot­est, quon­iam pro­pria quis­que tem­po­ra non con­cur­ren­te al­te­ro fruc­tus in­te­gri ha­buit. 1Si non mors, sed ca­pi­tis de­mi­nutio in­ter­ces­se­rit, quia plu­ra le­ga­ta sunt, il­lius an­ni tan­tum, si mo­do ius fruen­di ha­buit, fruc­tus amis­sus erit: quod et in uno le­ga­ta­rio, qui fruc­tum in sin­gu­los an­nos ac­ce­pit, de­fen­den­dum est, ut com­me­mo­ra­tio tem­po­rum re­pe­ti­tio­nis po­tes­ta­tem ha­beat. 2Cum sin­gu­lis fruc­tus al­ter­nis an­nis le­ga­tur, si con­sen­tiant in eun­dem an­num, im­pe­diun­tur, quod non id ac­tum vi­de­tur, ut con­cur­re­rent: mul­tum et­enim re­fert, duo­bus si­mul al­ter­nis an­nis le­ge­tur (quod sa­ne ul­tra pri­mum an­num pro­ce­de­re non pot­erit, non ma­gis quam si uni le­ga­tus ita fuis­set) an sin­gu­lis al­ter­nis an­nis: nam si con­cur­re­re vo­lent, aut im­pe­dient in­vi­cem prop­ter vo­lun­ta­tem aut, si ea non re­fra­ga­bi­tur, sin­gu­lo­rum an­no­rum fruc­tus va­ca­bit.

2Papin. lib. XVII. Quaest. Wird Zweien der Niessbrauch ein Jahr um das andere besonders vermacht, so besteht die Eigenheit fortwährend nur allein; da hingegen, wenn man nur einen Vermächtnissinhaber annimmt, dem der Niessbrauch ein Jahr um das andere vermacht ist, der Erbe während der Zeit, wo der Vermächtnissinhaber das Niessbrauchsrecht nicht hat, das volle Eigenthum hat. Stirbt einer von jenen Beiden, so besteht je nach dem Wechsel der Jahre volles Eigenthum; denn dem Andern kann hier nichts anwachsen, weil11Quoniam propria quisque tempora — fructus integri habuitHaloander, Baudoza und ein Codex Erlang. (s. Glück IX. p. 285. n. 46.) lesen qu. per pr. t.fructus integros hab. Dies halte ich mit Glück für richtiger, Ed. Fradin. hat ganz dieselbe Lesart, und die Glosse des Azo scheint zu verrathen, dass dieser auch so gelesen habe. jeder, ohne Theilnahme des Andern, seine eigene Zeit hindurch die Nutzungen ganz gezogen hat. 1Wenn nicht der Tod, sondern eine Standesrechtsveränderung eintritt, so wird, weil mehrere Vermächtnisse angenommen werden, nur der Genuss von dem [laufenden] Jahre, vorausgesetzt, dass der [Betheiligte] das Benutzungsrecht hatte, verloren gehen; dies lässt sich auch von einem Vermächtnissinhaber, der die Nutzungen auf einzelne Jahre zieht, behaupten, so dass die Erwähnung der [verschiedenen] Zeiträume die Wirkung einer Wiederholung hat. 2Wenn [zweien] Einzelnen die Nutzung ein Jahr um das andere abwechselnd vermacht worden ist, und sie sich auf dasselbe Jahr einigen, so werden sie hieran verhindert, weil man nicht annehmen kann, dass [der Testator] ein Zusammentreffen gewollt habe; denn es ist ein grosser Unterschied, ob zweien zugleich ein Jahr um das andere [etwas] vermacht worden ist, (weil hier [das Vermächtniss] sich über ein Jahr [jedesmal] nicht erstreckt, ebenso, wie wenn nur Einem so vermacht worden wäre), oder ob Einzelnen ein Jahr um das andere; denn wenn sie hier in einem Jahre beide die Nutzung ziehen wollen, so hindern sie sich entweder gegenseitig, wegen des Willens [des Testators], oder es geht der Niessbrauch, wenn dieser [ihnen] nicht entgegensteht, ein Jahr um das andere verloren.

3Ul­pia­nus li­bro sep­ti­mo de­ci­mo ad Sa­binum. Sic­ut in an­nos sin­gu­los usus fruc­tus le­ga­ri pot­est, ita et ca­pi­tis mi­nutio­ne amis­sus le­ga­ri pot­est, ut ad­icia­tur: ‘quo­tiens­que ca­pi­te mi­nu­tus erit, ei le­go’, vel sic ‘quo­tiens amis­sus erit’: et tunc, si ca­pi­tis mi­nutio­ne amit­ta­tur, re­pe­ti­tus vi­de­bi­tur. un­de trac­ta­tum est, si cui quam­diu vi­vat usus fruc­tus le­ga­tus sit, an vi­dea­tur re­pe­ti­tus, quo­tiens amis­sus est? quod et Mae­cia­nus temp­tat: et pu­to re­pe­ti­tum vi­de­ri. qua­re si us­que ad tem­pus sit le­ga­tus, ut pu­ta us­que ad dec­en­nium, idem erit di­cen­dum. 1Haec au­tem re­pe­ti­tio, quae fit post amis­sum ca­pi­tis mi­nutio­ne usum fruc­tum, quae­ri­tur an et ius ad­cres­cen­di se­cum sal­vum ha­beat: ut pu­ta Ti­tio et Mae­vio usus fruc­tus le­ga­tus est et, si Ti­tius ca­pi­te mi­nu­tus es­set, ei­dem usum fruc­tum le­ga­vit: quae­si­tum est, si Ti­tius ex re­pe­ti­tio­ne usum fruc­tum ha­be­ret, an in­ter eos ius ad­cres­cen­di sal­vum es­set. et Pa­pi­nia­nus li­bro sep­ti­mo de­ci­mo quaes­tio­num scri­bit sal­vum es­se, per­in­de ac si alius es­set Ti­tio in usu fruc­tu sub­sti­tu­tus: hos enim tam­et­si non ver­bis, re ta­men con­iunc­tos vi­de­ri. 2Idem Pa­pi­nia­nus quae­rit, si Ti­tio et Mae­vio usu fruc­tu le­ga­to in re­pe­ti­tio­ne usus fruc­tus non to­tum, sed par­tem Ti­tio rele­gas­set, an vi­de­ren­tur con­iunc­ti. et ait, si qui­dem Ti­tius amis­e­rit, to­tum so­cio ad­cres­ce­re: quod si Mae­vius amis­is­set, non to­tum ad­cres­ce­re, sed par­tem ad eum, par­tem ad pro­prie­ta­tem red­ire. quae sen­ten­tia ha­bet ra­tio­nem: ne­que enim pot­est di­ci eo mo­men­to, quo quis amit­tit usum fruc­tum et resu­mit, et­iam ip­si quic­quam ex usu fruc­tu ad­cres­ce­re: pla­cet enim no­bis ei qui amit­tit usum fruc­tum ex eo quod amit­tit ni­hil ad­cres­ce­re. 3Mor­te quo­que amit­ti usum fruc­tum non re­ci­pit du­bi­ta­tio­nem, cum ius fruen­di mor­te ex­tin­gua­tur, sic­uti si quid aliud, quod per­so­nae co­hae­ret.

3Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Sowie der Niessbrauch auf einzelne Jahre vermacht werden kann, so kann auch derselbe, wenn er durch Standesrechtsveränderung verloren gegangen ist, [im Voraus anderweit] vermacht werden, durch den Beisatz: sobald [der Vermächtnissinhaber] eine Standesrechtsveränderung erlitten hat, vermache ich ihm [den Niessbrauch wieder], oder so: sobald [der Niessbrauch] verloren geht, und dann wird er, wenn er durch Standesrechtsveränderung verloren gegangen ist, als wieder bestellt angesehen. Daher ist die Frage entstanden, ob, wenn Jemandem der Niessbrauch auf Lebenszeit vermacht worden ist, derselbe jedesmal, wenn er verloren worden, als wieder bestellt anzusehen sei; auch Mäcian behandelt diesen Fall, und ich glaube, dass er als wiederbestellt angesehen werden müsse. Ist er daher bis zu einem bestimmten Zeitpunct vermacht worden, z. B. auf zehn Jahre, so gilt dasselbe. 1Nun ist aber die Frage, ob diese Wiederbestellung, welche nach dem Verlust des Niessbrauchs durch Standesrechtsveränderung geschieht, auch das Anwachsungsrecht unverkürzt behält; wird z. B. wenn dem Titius und Mävius der Niessbrauch vermacht worden ist, und [der Testator dem] Titius auf den Fall, dass er eine Standesrechtsveränderung erleiden sollte, den Niessbrauch [wieder] vermacht hat, das Anwachsungsrecht zwischen beiden fortbestehn, wenn Titius aus dieser Wiederbestellung den Niessbrauch [zurück] erhält? Papinian schreibt im 17. Buche seiner Quästionen, es bestehe fort, wie wenn ein Anderer dem Titius im Niessbrauch substituirt worden wäre; denn wenn zwischen ihnen auch keine Verbindung den Worten nach bestehe, so bestehe sie doch der Sache nach. 2Ad Dig. 7,4,3,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. III, § 645, Note 4.Derselbe Papinian untersucht die Frage, ob, wenn dem Titius und Mävius der Niessbrauch vermacht worden, bei der Wiederbestellung des Niessbrauchs aber [der Testator] dem Titius nicht das Ganze, sondern nur einen Theil wieder vermacht habe, dieselben noch als Verbundene angesehen werden könnten? und beantwortet sie dahin, dass, wenn Titius ihn verloren habe, zwar das Ganze [dessen Niessbrauchs] seinem Mitgenossen anwachse, wenn aber Mävius [seines Antheils] verlustig gegangen sei, so wachse [dem Titius] nicht dessen ganzer Antheil zu, sondern nur die Hälfte; und die andere falle an die Eigenheit zurück. Diese Meinung hat Grund, denn man kann nicht behaupten, dass in dem Augenblick, wo Jemand den Niessbrauch verliert, und wieder erwirbt, ihm selbst davon etwas zuwachse, indem wir den Grundsatz angenommen haben, dass demjenigen, welcher den Niessbrauch verliert, von dem, was er verliert, nichts anwachse[n könne]22Glück in s. Commentar IX. p. 294 ff. hält dieses Bruchstück für eines der schwierigsten, führt Westphals und Suerins Interpretation an, und erklärt sich lebhaft für die letztere. Ich bin es meiner Ueberzeugung schuldig, selbst wenn ich, was ich kaum glaube, hier irren sollte, zu gestehen, dass ich durchaus nicht begreife, wo die Schwierigkeit liegt. Die Stelle lautet fürs erste so: Id. Pap. quaerit, si Titio et Maev. usfr. legato, in repetitione usfr. non totum, sed partem Titio relegasset, an viderentur conjuncti? et ait, siquidem Tit. amiserit, totum socio accrescere, quod si Maev. amisisset, non totum accrescere, sed partem ad eum, partem ad proprietatem redire. Quae sententia habet rationem: neque enim potest dici, eo momento, quo quis amittit usfr., et resumit, etiam ipsi quicquam ex usfr. adcrescere: placet enim nobis, ei qui amittit usfr., ex eo, quod amittit, nihil adcrescere. — Die Frage, die hier zu beantworten ist, ist die, ob und was dem Titius im vorliegenden Fall, wenn Mävius austritt, zuwachse? Nun sagt Glück mit Suerin, non totum socio accrescere heisse, es finde gar kein Anwachsungsrecht Statt, sondern Titius behalte den Theil, den er ex relegato wieder erhalten habe, der Theil des Mävius falle eben an den Proprietar; und so erkläre Suerin die von Allen missverstandenen Worte: sed partem ad eum, partem ad proprietatem redire richtig, und redire heisse in Bezug auf den Titius hier soviel als manere; Titius erhalte mithin durch das Anwachsungsrecht gar nichts. Allein ich halte diese Auslegung für grundfalsch, und bleibe den Worten des mir wenigstens klar scheinenden Gesetzes getreu, und finde es, da Glück selbst behauptet, pars, ohne Beisatz der Portion, heisse die Hälfte (Paul. I. 164, §. 1. D. de V. S.) und auf die Basiliken recurrirt, welche die fraglichen Worte dieser Stelle so übersetzen: εἰ δὲ ὁ Παῦλος (Maevius) ἀπολέση, μέρος προσαύξει Πέτρῳ (Titio), χαὶ μέρος ὑποστρέφει πρὸς τὴν δεσποτείαν, völlig unbegreiflich, wie man das Gesetz wenigstens so, wie Suerin interpretiren kann. Wäre die Glücksche Ansicht richtig, so wäre es unerklärlich, was Papinian mit den Worten: sed partem ad eum — redire habe sagen wollen (denn dass Titius, als Collegatarius ex relegato, nicht seines Antheils durch des Mävius Tod verlustig gehen kann, ist so klar, dass es absurd wäre, es besonders zu erwähnen); und non totum socio accrescere kann man, wenn man den unmittelbar vorhergehenden Satz, wo totum (das Ganze) in einer Bedeutung vorkommt, die Glück selbst nicht leugnet, liest, gar nicht missverstehen. Nun lese man nochmals die obige Uebersetzung der Stelle, zu der ich hier nach meiner Ansicht den Casus gebe: dem Titius und Mävius ist der Niessbrauch vermacht. Titius erleidet eine Standesrechtsveränderung. Für diesen Fall, hatte der Testator verfügt, solle ihm die Hälfte des Niessbrauchs wieder zufallen. Die andere Hälfte war also, und zwar für den Titius unwiederbringlich, bereits an den Mävius accrescirt. Stirbt nun Titius, so fällt sein nunmehriger ganzer Theil (totum), d. h. die ihm relegirte Hälfte vom ehemaligen, (denn die andere besitzt Mävius schon) an den Mävius, so dass dieser durch diesen Accrescenzfall nun den gesammten Niessbrauch hat; stirbt aber Mävius, so kann Titius seine früherhin an den Mävius durch Accrescenz verlorne Hälfte zwar nie wieder erlangen, allein von des Mävins ursprünglichem Antheil (als die Accrescenz noch nicht Statt gefunden) fällt nun die Hälfte (partem ad eum — Titium) an den Titius, und die andere Hälfte an den Proprietar (partem ad proprietarium redire), und dies ist auch ganz richtig gedacht, denn durch eine relegatio partis kann er auch nur auf die eine pars des andern Antheils ein Accrescenzrecht erhalten. So haben auch die Glossatoren diese Stelle verstanden, und namentlich äussern sich Azo und Accursius weitläuftiger darüber; der erstere erklärt ganz ebenso, dass dem Titius in diesem Falle eine quarta partis Maevii accrescire, und behauptet derselbe als ganz zweifellos, dass die re conjunctio zwischen Titius und Mävius in eo, quod resumit Titius fortbestehen bleibe. Da nun dies nur in quartam sei, so finde im gegebenen Fall auch nur Accrescenz in quartam Statt.. 3Dass der Niessbrauch auch durch den Tod verloren gehe, unterliegt keinem Zweifel, indem das Recht der Benutzung mit dem Tode erlischt, sowie alles andere, was der Person anhängt.

4Mar­cia­nus li­bro ter­tio in­sti­tu­tio­num. Si le­ga­tum usum fruc­tum le­ga­ta­rius alii re­sti­tue­re ro­ga­tus est, id age­re prae­tor de­bet, ut ex fi­dei­com­mis­sa­rii per­so­na ma­gis quam ex le­ga­ta­rii per­eat usus fruc­tus.

4Marcian. lib. III. Inst. Wenn der Vermächtnissinhaber gebeten worden ist, den vermachten Niessbrauch einem Andern auszuantworten, so muss der Prätor dahinsehen, dass das Erlöschen des Niessbrauchs vielmehr von der Person des Fideicommiss- als des Vermächtnissinhabers abhänge.

5Ul­pia­nus li­bro sep­ti­mo de­ci­mo ad Sa­binum. Re­pe­ti pot­est le­ga­tus usus fruc­tus amis­sus qua­li­cum­que ra­tio­ne, dum­mo­do non mor­te: ni­si for­te he­redi­bus le­ga­ve­rit. 1Si quis usum fruc­tum so­lum ser­vi alie­na­ve­rit, per quem usus fruc­tus ei ad­quisi­tus est, du­bium non est, quin usus fruc­tus per eum ad­quisi­tus re­ti­nea­tur. 2Rei mu­ta­tio­ne in­ter­ire usum fruc­tum pla­cet: vel­uti usus fruc­tus mi­hi ae­dium le­ga­tus est, ae­des cor­rue­runt vel ex­us­tae sunt: si­ne du­bio ex­tin­gui­tur. an et areae? cer­tis­si­mum est ex­us­tis ae­di­bus nec areae nec ce­men­to­rum usum fruc­tum de­be­ri. et ita et Iu­lia­nus. 3Si areae sit usus fruc­tus le­ga­tus et in ea ae­di­fi­cium sit po­si­tum, rem mu­ta­ri et usum fruc­tum ex­tin­gui con­stat. pla­ne si pro­prie­ta­rius hoc fe­cit, ex tes­ta­men­to vel de do­lo te­ne­bi­tur,

5Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Ad Dig. 7,4,5 pr.ROHGE, Bd. 12 (1874), Nr. 106, S. 360: Verträge zu Gunsten eines Contrahenten und eines noch unbestimmten Personenkreises. Verträge über das Aufführungsrecht des contrahirenden Theaterdirectors und dessen Nachfolger.Den Niessbrauch, den man als Vermächtniss bestellt hat, kann man wieder bestellen, er mag auf eine Weise verloren gehen, welche es sei, nur nicht durch den Tod, man müsste ihn denn den Erben vermacht haben. 1Wenn Jemand blos den Niessbrauch von einem Sclaven veräussert, durch den er den Niessbrauch erworben hat, so unterliegt es keinem Zweifel, dass der durch denselben erworbene Niessbrauch zurückbehalten werde. 2Durch Veränderung der Sache geht der Niessbrauch unter; denn ist mir, z. B. der Niessbrauch an Gebäuden vermacht worden, diese aber eingestürzt oder verbrannt, so erlischt derselbe ohne Zweifel. Auch am leeren Platze? Es ist ganz gewiss, dass wenn die Gebäude abgebrannt sind, weder an dem leeren Platze, noch an den Backsteinen ein Recht des Niessbrauchs vorhanden sei; so sagt auch Julian. 3Wenn der Niessbrauch an einem leeren Platze vermacht, und auf demselben ein Gebäude errichtet worden ist, so wird die Sache verändert und der Niessbrauch erlischt. Hat dies aber der Eigenheitsherr gethan, so haftet er [durch die Klage] aus dem Testament oder wegen Arglist.

6Pom­po­nius li­bro quin­to ad Sa­binum. (sed et in­ter­dic­tum quod vi aut clam usu­fruc­tua­rio com­pe­tit)

6Pompon. lib. V. ad Sabin. Auch das Interdict: Was mit Gewalt oder heimlich, steht dem Niessbraucher zu,

7Iu­lia­nus li­bro tri­gen­si­mo quin­to di­ges­to­rum. ni­si sub­la­to ae­di­fi­cio usum fruc­tum areae mi­hi ces­se­rit, tem­po­re sci­li­cet quo usus fruc­tus per­it trans­ac­to.

7Julian. lib. XXXV. Dig. wenn er mir nicht, nachdem er das Gebäude weggenommen, den Niessbrauch des leeren Platzes abgetreten hat, dafern nämlich die Zeit, durch deren Ablauf der Niessbrauch erlischt, verstrichen ist33Denn ist sie noch nicht abgelaufen, so ist keine Wiederabtretung nöthig, der Niessbrauch hebt dann ipso jure wieder an..

8Ul­pia­nus li­bro sep­ti­mo de­ci­mo ad Sa­binum. Fun­di usu fruc­tu le­ga­to si vil­la di­ru­ta sit, usus fruc­tus non ex­tin­gue­tur, quia vil­la fun­di ac­ces­sio est: non ma­gis quam si ar­bo­res de­ci­de­rint.

8Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Ist, wenn der Niessbrauch an einem Landgute vermacht worden ist, ein Haus auf demselben eingestürzt, so erlischt der Niessbrauch, weil das Haus nur ein Zubehör des Landguts ist, ebenso wenig, wie wenn Bäume umgefallen wären.

9Pau­lus li­bro ter­tio ad Sa­binum. Sed et eo quo­que so­lo, in quo fuit vil­la, uti frui pot­ero.

9Paul. lib. III. ad Sabin. Man kann aber auch den Grund und Boden, worauf das Haus stand, gebrauchen und benutzen.

10Ul­pia­nus li­bro sep­ti­mo de­ci­mo ad Sa­binum. Quid ta­men si fun­dus vil­lae fuit ac­ces­sio? vi­dea­mus, ne et­iam fun­di usus fruc­tus ex­tin­gua­tur. et idem di­cen­dum est, ut non ex­tin­gua­tur. 1Non tan­tum si ae­des ad aream red­ac­tae sint, usus fruc­tus ex­tin­gui­tur, ve­rum et­iam si de­mo­li­tis ae­di­bus tes­ta­tor alias no­vas re­sti­tue­rit: pla­ne si per par­tes re­fi­ciat, li­cet om­nis no­va fac­ta sit, aliud erit no­bis di­cen­dum. 2Agri vel lo­ci usus fruc­tus le­ga­tus, si fue­rit in­un­da­tus, ut stag­num iam sit aut pa­lus, pro­cul du­bio ex­tin­gue­tur. 3Sed et si stag­ni usus fruc­tus le­ge­tur et exa­rue­rit sic, ut ager sit fac­tus, mu­ta­ta re usus fruc­tus ex­tin­gui­tur. 4Non ta­men, si ar­vi usus fruc­tus le­ge­tur et ibi vi­neae sint po­si­tae vel con­tra, pu­to ex­tin­gui. cer­te sil­vae usu fruc­tu le­ga­to si sil­va cae­sa il­lic sa­tio­nes fue­rint fac­tae, si­ne du­bio usus fruc­tus ex­tin­gui­tur. 5Si mas­sae usus fruc­tus le­ge­tur et ex ea va­sa sint fac­ta vel con­tra, Cas­sius apud Ur­seium scri­bit in­ter­ire usum fruc­tum: quam sen­ten­tiam pu­to ve­ram. 6Pro­in­de et or­na­men­tum dis­so­lu­tum aut trans­fi­gu­ra­tum ex­tin­guit usum fruc­tum. 7In na­vis quo­que usu fruc­tu Sa­b­inus scri­bit, si qui­dem per par­tes re­fec­ta sit, usum fruc­tum non in­ter­ire: si au­tem dis­so­lu­ta sit, li­cet is­dem ta­bu­lis nul­la prae­ter­ea ad­iec­ta re­stau­ra­ta sit, usum fruc­tum ex­tinc­tum: quam sen­ten­tiam pu­to ve­rio­rem. nam et si do­mus fue­rit re­sti­tu­ta, usus fruc­tus ex­tin­gui­tur. 8Qua­dri­gae usu fruc­tu le­ga­to si unus ex equis de­ces­se­rit, an ex­tin­gua­tur usus fruc­tus quae­ri­tur. ego pu­to mul­tum in­ter­es­se, equo­rum an qua­dri­gae usus fruc­tus sit le­ga­tus: nam si equo­rum, su­per­erit in re­si­duis, si qua­dri­gae, non re­ma­ne­bit, quon­iam qua­dri­ga es­se de­siit:

10Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wie aber, wenn das Landgut ein Zubehör des Hauses war? Lass sehen, ob hier der Niessbrauch am Landgute verloren geht; es gilt jedoch auch hier dasselbe, dass er nicht erlösche. 1Der Niessbrauch erlischt nicht nur, wenn Gebäude zum leeren Platze werden, sondern auch wenn der Testator dieselben eingerissen und neue an deren Stelle gesetzt hat; bessert er sie nur nach ihren Theilen aus, so gilt das Gegentheil, selbst wenn sie ganz neu geworden wären. 2Der an einem Acker oder Platze vermachte Niessbrauch erlischt ohne Zweifel, wenn [der erstere oder letztere] unter Wasser gesetzt wird, so dass ein Teich oder Sumpf entsteht. 3Auch wenn der Niessbrauch an einem Teiche vermacht wird, und dieser so austrocknet, dass er zum Acker geworden ist, erlischt der Niessbrauch durch die Veränderung der Sache. 4Wenn aber der Niessbrauch an einem Flurfelde vermacht worden und Weingärten darin angelegt sind, oder umgekehrt, so glaube ich nicht, dass derselbe erlösche, ist der Niessbrauch hingegen an einem Walde bestellt, und dieser gefällt und Spaziergänge daraus gemacht worden, so erlischt derselbe ohne Zweifel. 5Wenn der Niessbrauch an einer Masse vermacht und aus derselben Gefässe gemacht worden sind, oder umgekehrt, so schreibt Cassius beim Ursejus, erlösche der Niessbrauch; diese Ansicht halte ich für richtig. 6Zerstörung oder Umbildung von weiblichen Zierrathen vernichten daher den [an ihnen bestellten] Niessbrauch auch. 7Ueber den Niessbrauch an einem Schiffe, schreibt Sabinus, dass der erstere, wenn letzteres in seinen Theilen ausgebessert worden, nicht erlösche, wohl aber, wenn es auseinander genommen worden, selbst wenn es aus denselben Stücken, ohne ein einziges neues hinzuzufügen, wiederhergestellt worden sei. Diese Meinung scheint mir richtig, denn der Niessbrauch an einem Hause erlischt auch, wenn es wieder aufgebauet worden ist. 8Es fragt sich, ob, wenn der Niessbrauch an einem Viergespann von Pferden bestellt und eins derselben gefallen ist, derselbe erlösche; ich glaube, dass es hierbei darauf ankommt, ob derselbe an dem Viergespann oder an den Pferden bestellt sei; wenn an den Pferden, so bleibt der Niessbrauch an den übrigen [dreien] fortbestehend; wenn am Viergespann, so erlischt er, weil es aufhört, ein Viergespann zu sein,

11Pau­lus li­bro ter­tio ad Sa­binum. ni­si alius an­te diem le­ga­ti ce­den­tem sub­sti­tu­tus sit.

11Paul. lib. III. ad Sabin. es wäre denn ein anderes [Pferd an die Stelle des gefallenen] vor dem Anfangspunct des Vermächtnisses substituirt worden.

12Ul­pia­nus li­bro sep­ti­mo de­ci­mo ad Sa­binum. Si cui ba­li­nei usus fruc­tus le­ga­tus sit et tes­ta­tor ha­bi­ta­tio­nem hoc fe­ce­rit, vel si ta­ber­nae et diae­tam fe­ce­rit, di­cen­dum est usum fruc­tum ex­tinc­tum. 1Pro­in­de et si his­trio­nis re­li­que­rit usum fruc­tum et eum ad aliud mi­nis­te­rium trans­tu­le­rit, ex­tinc­tum es­se usum fruc­tum di­cen­dum erit.

12Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wenn Jemandem der Niessbrauch an einem Bade vermacht worden ist, und der Testator dasselbe zu einer Wohnung eingerichtet, oder wenn an einem Laden, aus dem derselbe ein Zimmer gemacht hat, so ist der Niessbrauch als erloschen anzusehen. 1Hat er daher den Niessbrauch an einem Schauspielersclaven bestellt, und denselben zu andern Diensten verwendet, so ist ebenfalls der Niessbrauch als erloschen anzusehen.

13Pau­lus li­bro ter­tio ad Sa­binum. Si fruc­tua­rius mes­sem fe­cit et de­ces­sit, sti­pu­lam, quae in mes­se ia­cet, he­redis eius es­se La­beo ait, spi­cam, quae ter­ra te­n­ea­tur, do­mi­ni fun­di es­se fruc­tum­que per­ci­pi spi­ca aut fae­no cae­so aut uva ad­emp­ta aut ex­cus­sa olea, quam­vis non­dum tri­tum fru­men­tum aut oleum fac­tum vel vin­de­mia co­ac­ta sit. sed ut ve­rum est, quod de olea ex­cus­sa scrip­sit, ita ali­ter ob­ser­van­dum de ea olea, quae per se de­ci­de­rit, Iu­lia­nus ait: fruc­tua­rii fruc­tus tunc fie­ri, cum eos per­ce­pe­rit, bo­nae fi­dei au­tem pos­ses­so­ris, mox quam a so­lo se­pa­ra­ti sint.

13Ad Dig. 7,4,13Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 186, Note 12.Paul. lib. III. ad Sabin. Wenn der Niessbraucher eine Ernte gethan hat, und [darauf] gestorben ist, so gehört, wie Labeo sagt, das, was auf der Schwadt liegt, seinen Erben, was aber noch, auf dem Halme stehend, mit dem Boden zusammenhängt, gehört dem Eigenthümer des Grundstücks; denn die Früchte werden [erst], wenn das Getreide oder Heu gemähet, oder die Trauben abgenommen, oder die Oliven abgeschüttelt sind, gewonnen, wenn gleich das Getreide noch nicht gedroschen, oder das Oel gepresst, oder der Wein gekeltert ist. Wiewohl es richtig ist, was er von den abgeschüttelten Oliven sagt, so ist es doch in Ansehung der aus sich abgefallenen anders; Julian sagt, der Niessbraucher erwerbe die Früchte erst dann, wenn er sie abgenommen hat, der Besitzer im guten Glauben aber, sobald sie vom Boden getrennt sind.

14Pom­po­nius li­bro quin­to ad Sa­binum. Ex­cep­ta ca­pi­tis mi­nutio­ne vel mor­te re­li­quae cau­sae vel pro par­te in­ter­itum usus fruc­tus re­ci­piunt.

14Pompon. lib. V. ad Sabin. Mit Ausnahme der Standesrechtsveränderung oder des Todes können die andern Ursachen den Untergang des Niessbrauchs auch theilweise bewirken.

15Ul­pia­nus li­bro oc­ta­vo de­ci­mo ad Sa­binum. In­ter­dum pro­prie­ta­rius ad li­ber­ta­tem per­du­cet, si for­te usus fruc­tus fue­rit tam­diu le­ga­tus, quam­diu ma­nu­mit­ta­tur: nam in­ci­pien­te pro­prie­ta­rio ma­nu­mit­te­re ex­tin­gue­tur usus fruc­tus.

15Ulp. lib. XVIII. ad Sabin. Zuweilen verhilft der Eigenheitsherr [einem Sclaven] zur Freiheit, z. B. wenn der Niessbrauch an demselben auf so lange vermacht worden ist, bis er freigelassen wird, denn sobald der Eigenheitsherr zur Freiheitsertheilung schreitet, erlischt der Niessbrauch.

16Idem li­bro quin­to dis­pu­ta­tio­num. Si sub con­di­cio­ne mi­hi le­ga­tus sit usus fruc­tus me­dio­que tem­po­re sit pe­nes he­redem, pot­est he­res usum fruc­tum alii le­ga­re: quae res fa­cit, ut, si con­di­cio ex­ti­te­rit mei le­ga­ti, usus fruc­tus ab he­rede re­lic­tus fi­nia­tur. quod si ego usum fruc­tum amis­e­ro, non re­ver­te­tur ad le­ga­ta­rium, cui ab he­rede pu­re le­ga­tus fue­rat, quia ex di­ver­sis tes­ta­men­tis ius con­iunc­tio­nis non con­tin­git.

16Idem lib. V. Disput. Wenn mir der Niessbrauch unter einer Bedingung vermacht worden ist, und derselbe sich während der in der Mitte liegenden Zeit in den Händen des Erben befindet, so kann der Erbe den Niessbrauch einem Andern vermachen; dieser Umstand bewirkt, dass, wenn die Bedingung meines Vermächtnisses eintritt, der vom Erben hinterlassene Niessbrauch sein Ende erreicht. Habe ich [nachher] den Niessbrauch verloren, so kehrt er nicht zu dem Vermächtnissinhaber, dem er vom Erben unbedingt hinterlassen worden ist, zurück, weil aus verschiedenen Testamenten kein Verbindungsrecht Statt findet.

17Iu­lia­nus li­bro tri­cen­si­mo quin­to di­ges­to­rum. Si ti­bi fun­di usus fruc­tus pu­re, pro­prie­tas au­tem sub con­di­cio­ne Ti­tio le­ga­ta fue­rit, pen­den­te con­di­cio­ne do­mi­nium pro­prie­ta­tis ad­quisie­ris, de­in­de con­di­cio ex­ti­te­rit, ple­no iu­re fun­dum Ti­tius ha­be­bit ne­que in­ter­est, quod de­trac­to usu fruc­tu pro­prie­tas le­ga­ta sit: enim dum pro­prie­ta­tem ad­quiris, ius om­ne le­ga­ti usus fruc­tus amis­is­ti.

17Julian. lib. XXXV. Dig. Wenn dir der Niessbrauch an einem Landgute unbedingt, dem Titius aber die Eigenheit bedingungsweise vermacht worden ist, und du während des Obschwebens der [letzteren] Bedingung das Eigenheitsrecht erworben hast, nachher aber dieselbe eingetreten ist, so wird dem Titius das Landgut mit vollem Eigenthumsrechte zukommen, und es thut nichts, dass [ihm] die Eigenheit [nur] mit Abzug des Niessbrauchs vermacht worden ist; denn sobald du die Eigenheit erwirbst, hast du alles Recht auf den vermachten Niessbrauch verloren.

18Pom­po­nius li­bro ter­tio ad Sa­binum. Si ser­vo he­redi­ta­rio an­te ad­itam he­redi­ta­tem le­ga­tus usus fruc­tus fuis­set, ma­gis pla­cet ad­ita he­redi­ta­te eum usum fruc­tum ad te trans­ire nec in­ter­ire qua­si mu­ta­to do­mi­nio, quia nec dies an­te ces­se­rit, quam tu he­res ex­ti­te­ris.

18Pompon. lib. III. ad Sabin. Wenn einem Erbschaftssclaven der Niessbruach vor dem Erbantritt vermacht worden ist, so hat man sich mehr zu der Ansicht hingeneigt, dass dieser Niessbrauch erst nach dem Erbantritt auf dich übergehe, nicht aber, als sei er durch die gleichsam geschehene Veränderung des Eigenthumes [an dem Sclaven] erloschen, weil ja der Anfangspunct, bevor du als Erbe aufgetreten bist, auch nicht eintritt,

19Gaius li­bro sep­ti­mo ad edic­tum pro­vin­cia­le. Ne­que usus fruc­tus ne­que iter ac­tus­ve do­mi­nii mu­ta­tio­ne amit­ti­tur.

19Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. und der Niessbrauch so wenig als Uebertrift- und Fusssteigsgerechtigkeit durch Veränderung des Eigenthums verloren geht.

20Pau­lus li­bro quin­to de­ci­mo ad Plau­tium. Is qui usum fruc­tum ha­bet si tan­tum uta­tur, quia ex­is­ti­met se usum tan­tum ha­be­re, an usum fruc­tum re­ti­neat? et si qui­dem sciens se usum fruc­tum ha­be­re tan­tum uti ve­lit, ni­hi­lo mi­nus et frui vi­de­tur: si ve­ro igno­ret, pu­to eum amit­te­re fruc­tum: non enim ex eo quod ha­bet uti­tur, sed ex eo quod pu­ta­vit se ha­be­re.

20Paul. lib. XV. ad Plaut. Wenn Jemand, dem der Niessbrauch zukommt, nur den Gebrauch ausübt, in dem Glauben, dass er nur den Gebrauch habe, behält der da den Niessbrauch? Wenn er, wissentlich, dass ihm der Niessbrauch zukomme, nur den Gebrauch ausüben will, so wird nichts desto weniger angenommen, dass er auch den Genuss behalte; weiss er es aber nicht, so glaube ich, dass er den Genuss verliere. Denn er übt den Gebrauch nicht darnach, was er hat, sondern nur darnach, was er zu haben glaubt.

21Mo­des­ti­nus li­bro ter­tio dif­fe­ren­tia­rum. Si usus fruc­tus ci­vi­ta­ti le­ge­tur et ara­trum in ea in­du­ca­tur, ci­vi­tas es­se de­si­nit, ut pas­sa est Car­tha­go, id­eo­que qua­si mor­te de­si­nit ha­be­re usum fruc­tum.

21Modestin. lib. III. Differentiar. Wenn der Niessbrauch einer Stadt vermacht wird, und der Pflug über ihre Stätte geht, so hört sie auf, eine Stadt zu sein, wie es der Stadt Carthago ergangen ist; sie verliert daher den Niessbrauch gleichsam durch den Tod.

22Pom­po­nius li­bro sex­to ad Quin­tum Mu­cium. Si mu­lie­ri usus do­mus le­ga­tus sit et il­la trans ma­re pro­fec­ta sit et con­sti­tu­to tem­po­re ad amit­ten­dum usum afue­rit, ma­ri­tus ve­ro do­mo usus fue­rit, re­ti­ne­tur ni­hi­lo mi­nus usus, quem­ad­mo­dum si fa­mi­liam suam in do­mu re­li­quis­set ea­que per­egri­na­re­tur. et hoc ma­gis di­cen­dum est, si uxo­rem in do­mu re­li­que­rit ma­ri­tus, cum ip­si ma­ri­to usus do­mus le­ga­tus sit.

22Pompon. lib. VI. ad Quint. Mucium. Wenn einer Frau der Gebrauch an einem Hause vermacht worden ist, und dieselbe über das Meer verreist, auch die für den Verlust des Gebrauchs gesetzlich bestimmte Zeit hindurch abwesend gewesen, ihr Ehemann aber im Gebrauch des Hauses geblieben ist, so wird nichts desto weniger der Gebrauch erhalten, gerade wie wenn sie ihr Gesinde im Hause gelassen hätte, und verreist wäre. Um so mehr ist dies der Fall, wenn der Ehemann, dem selbst der Gebrauch am Hause vermacht worden ist, seine Frau darin gelassen hat.

23Idem li­bro vi­cen­si­mo sex­to ad Quin­tum Mu­cium. Si ager, cu­ius usus fruc­tus nos­ter sit, flu­mi­ne vel ma­ri in­un­da­tus fue­rit, amit­ti­tur usus fruc­tus, cum et­iam ip­sa pro­prie­tas eo ca­su amit­ta­tur: ac ne pis­can­do qui­dem re­ti­ne­re pot­eri­mus usum fruc­tum. sed quem­ad­mo­dum, si eo­dem im­pe­tu dis­ces­se­rit aqua, quo venit, re­sti­tui­tur pro­prie­tas, ita et usum fruc­tum re­sti­tuen­dum di­cen­dum est.

23Idem lib. XXVI. ad Quint. Mucium. Wenn der Acker, woran uns der Niessbrauch gebührt, durch einen Fluss oder vom Meere unter Wasser gesetzt worden ist, so geht der Niessbrauch verloren, indem in diesem Fall auch die Eigenheit selbst verloren geht; man kann auch den Niessbrauch nicht einmal durch die Ausübung des Fischfangs zurückbehalten. Eben sowohl aber die Eigenheit wieder in Kraft tritt, sobald das Wasser in derselben Strömung abgeflossen ist, wie es kam, so kann man auch behaupten, dass der Niessbrauch wieder hergestellt werde.

24Ia­vo­le­nus li­bro ter­tio ex pos­te­rio­ri­bus La­beo­nis. Cum usum fruc­tum hor­ti ha­be­rem, flu­men hor­tum oc­cu­pa­vit, de­in­de ab eo re­ces­sit: ius quo­que usus fruc­tus re­sti­tu­tum es­se La­beo­ni vi­de­tur, quia id so­lum per­pe­tuo eius­dem iu­ris man­sis­set. ita id ve­rum pu­to, si flu­men in­un­da­tio­ne hor­tum oc­cu­pa­vit: nam si al­veo mu­ta­to in­de ma­na­re coe­pe­rit, amit­ti usum fruc­tum ex­is­ti­mo, cum is lo­cus al­vei pu­bli­cus es­se coe­pe­rit, ne­que in pris­ti­num sta­tum re­sti­tui pos­se. 1Idem iu­ris in iti­ne­re et ac­tu cus­to­dien­dum es­se ait La­beo: de qui­bus re­bus ego idem quod in usu fruc­tu sen­tio. 2La­beo. nec si sum­ma ter­ra sub­la­ta ex fun­do meo et alia re­ges­ta es­set, id­cir­co meum so­lum es­se de­si­nit, non ma­gis quam ster­co­ra­to agro.

24Javolen. lib. III. ex Posterior. Labeonis. Wenn ich den Niessbrauch an einem Garten habe, und ein Fluss den Garten überschwemmt hat, nachher aber von demselben zurückgetreten ist, so wird nach Labeo’s Meinung auch das Recht des Niessbrauchs wieder hergestellt, weil der Grund und Boden stets in demselben Rechtszustand geblieben ist. Ich halte dies insofern für richtig, wenn der Fluss [blos] durch Ueberschwemmung in den Garten getreten ist; hat er mit Veränderung seines Bettes seinen Lauf über denselben genommen, so geht, nach meiner Ansicht, der Niessbrauch verloren, indem die Stelle des Flussbettes öffentlichen Rechtens wird, und sie kann nicht wieder in ihren vorigen Zustand versetzt werden. 1Dieselben Rechtsgrundsätze, sagt Labeo, müssen beim Fussweg und der Uebertrift beobachtet werden; ich denke über diese Puncte ganz dasselbe, wie vom Niessbrauch. 2Labeo [sagt]: auch wenn die Oberfläche des Bodens von meinem Landgute weggeschafft, und andere Erde hinaufgeschüttet worden ist, hört der Boden so wenig auf, mein zu sein, wie wenn der Acker gedüngt worden ist.

25Pom­po­nius li­bro un­de­ci­mo ex va­riis lec­tio­ni­bus. Pla­cet vel cer­tae par­tis vel pro in­di­vi­so usum fruc­tum non uten­do amit­ti.

25Pompon. lib. XI. ex Variis Lectionibus. Der Niessbrauch kann durch Nichtgebrauch sowohl an einem bestimmten Theile, als auch am Ganzen verloren gehen.

26Pau­lus li­bro pri­mo ad Ne­ra­tium. Si ager ab hos­ti­bus oc­cu­pa­tus ser­vus­ve cap­tus li­be­ra­tus fue­rit, iu­re post­li­mi­nii re­sti­tue­tur usus fruc­tus.

26Paul. lib. I. ad Neratium. Wenn ein vom Feinde in Besitz genommener Acker, oder gefangener Sclav wieder befreiet wird, so wird der Niessbrauch in Folge des Heimkehrrechts wieder hergestellt.

27Idem li­bro pri­mo ma­nua­lium. Si ser­vus, in quo usus fruc­tus alie­nus est, no­xae de­da­tur a do­mi­no pro­prie­ta­tis usu­fruc­tua­rio, li­be­ra­bi­tur con­fu­sa ser­vi­tu­te pro­prie­ta­tis com­pa­ra­tio­ne.

27Idem lib. I. Manual. Wenn ein Sclav, an dem der Niessbrauch einem Andern gehört, vom Eigenheitsherrn dem Niessbraucher an Schädens Statt ausgeliefert wird, so wird [der Niessbraucher] dadurch, dass durch die Erwerbung der Eigenheit die Dienstbarkeit mit derselben vereinigt wird, [von aller Verbindlichkeit gegen den bisherigen Eigenheitsherrn] frei44S. Glück I. p. 355. n. 82..

28Idem li­bro ter­tio de­ci­mo ad Plau­tium. Si usus fruc­tus al­ter­nis an­nis le­ge­tur, non pos­se non uten­do eum amit­ti, quia plu­ra sunt le­ga­ta.

28Idem lib. XIII. ad Plaut. Wenn der Niessbrauch ein Jahr um das andere vermacht worden ist, so kann er durch Nichtgebrauch nicht verloren gehen, weil dann mehrere Vermächtnisse vorhanden sind4.

29Ul­pia­nus li­bro sep­ti­mo de­ci­mo ad Sa­binum. Pom­po­nius quae­rit, si fun­dum a me pro­prie­ta­rius con­du­xe­rit eum­que fun­dum ven­di­de­rit Se­io non de­duc­to usu fruc­tu, an usum fruc­tum per emp­to­rem re­ti­neam. et ait, li­cet pro­prie­ta­rius mi­hi pen­sio­nem sol­ve­rit, ta­men usum fruc­tum amit­ti, quia non meo no­mi­ne, sed suo frui­tus est emp­tor: te­ne­ri pla­ne mi­hi ex lo­ca­to pro­prie­ta­rium, quan­ti mea in­ter­fuit id fac­tum non es­se. quam­quam si a me con­duc­tum usum fruc­tum quis alii lo­ca­ve­rit, re­ti­ne­tur usus fruc­tus: sed si pro­prie­ta­rius eum lo­cas­set suo no­mi­ne, di­cen­dum amit­ti: non enim meo no­mi­ne frui­tur co­lo­nus. 1Sed si emp­tum a me usum fruc­tum pro­prie­ta­rius ven­di­dis­set, amit­te­rem usum fruc­tum, quae­ren­dum est. et pu­to amit­ti, quon­iam et hic non ut a me emp­to frui­tur fun­di emp­tor. 2Idem Pom­po­nius quae­rit, si le­ga­tum mi­hi usum fruc­tum ro­ga­tus sim ti­bi re­sti­tue­re, an per te frui vi­dear nec amit­ta­tur usus fruc­tus. et ait du­bi­ta­re se de hac quaes­tio­ne: sed est ve­rius, quod Mar­cel­lus no­tat, ni­hil hanc rem fi­dei­com­mis­sa­rio no­ce­re: suo enim no­mi­ne uti­lem ac­tio­nem eum ha­bi­tu­rum.

29Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Ad Dig. 7,4,29 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 219, Note 5.Pomponius wirft die Frage auf, ob ich, wenn der Eigenheitsherr das Landgut von mir erpachtet, und dasselbe ohne Abzug des Niessbrauchs an den Sejus verkauft hat, den Niessbrauch durch den Käufer zurückbehalte, und beantwortet sie dahin, dass, wenn mir auch der Eigenheitsherr das Pachtgeld gezahlt habe, der Niessbrauch dennoch verloren gehe, weil der Käufer nicht in meinem, sondern in seinem Namen die Nutzungen gezogen hat. Allerdings aber hafte mir der Eigenheitsherr aus dem Pachtcontract auf so hoch, als ich dabei betheiligt war, dass dies nicht geschehen sei, obschon, wenn Jemand den von mir erpachteten Niessbrauch an einen Andern verpachtet hat, derselbe aufrecht erhalten wird; hat ihn aber der Eigenheitsherr im eigenen Namen [weiter] verpachtet, so geht er verloren, denn der Pächter geniesst dann nicht in meinem Namen. 1Wenn aber der Eigenheitsherr den von mir gekauften Niessbrauch verkauft hat, so fragt es sich, ob ich den Niessbrauch verliere. Ich glaube ja, weil auch hier der Käufer des Landguts desselben nicht als von mir gekauft geniesst. 2Derselbe Pomponius erörtert die Frage, ob, wenn ich gebeten worden bin, den mir vermachten Niessbrauch dir herauszugeben, anzunehmen sei, dass ich den Genuss durch dich ziehe, und der Niessbrauch nicht verloren gehe, und sagt, dass er über diese Frage in Zweifel sei. Ich halte für richtiger, was Marcell sagt, dass dieser Umstand dem Fideicommissinhaber keinen Eintrag thue, denn er werde im eigenen Namen eine analoge Klage haben.

30Gaius li­bro sep­ti­mo ad edic­tum pro­vin­cia­le. Ca­ro et co­rium mor­tui pe­co­ris in fruc­tu non est, quia mor­tuo eo usus fruc­tus ex­tin­gui­tur.

30Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Fleisch und Haut von gefallenem Vieh gehört nicht zur Nutzung, weil mit dem Tode desselben der Niessbrauch erlischt.

31Pom­po­nius li­bro quar­to ad Quin­tum Mu­cium. Cum gre­gis usus fruc­tus le­ga­tus est et us­que eo nu­me­rus per­ve­nit gre­gis, ut grex non in­tel­le­ga­tur, per­it usus fruc­tus.

31Pompon. lib. IV. ad Quint. Mucium. Wenn der Niessbrauch an einer Heerde vermacht worden, und die Zahl derselben soweit herabgekommen ist, dass der Begriff Heerde wegfällt, so erlischt der Niessbrauch.