De donationibus
(Von den Schenkungen.)
1Jul. lib. XVII. Dig. Es giebt mehrere [Arten von] Schenkungen. Einer schenkt in der Absicht, dass der Empfänger sogleich Eigenthümer werde, und [die Sache] in keinem Falle auf ihn zurückfallen solle; und that es keiner andern Ursache wegen, als um Freigebigkeit und Mildthätigkeit auszuüben. Das nennt man im eigentlichen Sinne Schenkung. Ein Anderer schenkt in der Absicht, dass der Empfänger erst alsdann Eigenthümer werde, wenn etwas erfolgt sein wird. Dies kann nicht Schenkung im eigentlichen Sinne genannt werden, sondern das Ganze ist eine bedingte Schenkung. Ebenso wenn Jemand in der Absicht schenkt, dass zwar der Empfänger sogleich Eigenthümer werde, jedoch den Rückfall unter der Voraussetzung will, wenn etwas geschehen, oder nicht geschehen sein wird, so heisst dies keine eigentliche Schenkung, sondern das Ganze ist eine Schenkung, die unter einer Bedingung wieder aufgelöst wird: der Art ist die Schenkung auf den Todesfall. 1Wenn wir also behaupten, eine Schenkung zwischen Bräutigam und Braut sei gültig, so nehmen wir den Ausdruck im eigentlichen Sinne, und bezeichnen damit die Handlung Eines, der aus Freigebigkeit [und in der Absicht] etwas schenkt, dass solches sofort Eigenthum des Empfängers werde, und in keinem Falle auf ihn zurückfallen solle. Wenn wir aber sagen, dass die Sache zurückgefordert werden kann, wenn der Bräutigam der Braut in der Absicht schenke, dass dieselbe, im Falle die Ehe nicht erfolgt, der Sache verlustig sein solle, so liegt hierin kein Widerspruch mit unserer früheren Behauptung, sondern wir gestehen zu, dass zwischen jenen Personen eine Schenkung unter einer auflösenden Bedingung Statt finde.
2Jul. lib. LX. Dig. Wenn ein Haussohn, da er Geld verschenken wollte, dasselbe auf Geheiss seines Vaters versprochen hat, so ist die Schenkung ebenso gültig, als wenn er einen Bürgen gestellt hätte. 1Wenn aber ein Vater, da er dem Titius Geld schenken wollte, seinem Sohne befohlen hat, dasselbe zu versprechen, so wird man sagen können, es komme darauf an, ob der Sohn Schuldner seines Vaters gewesen, oder nicht: denn wenn der Sohn dem Vater ebensoviel geschuldet, als er versprochen hat, so ist die Schenkung ebenso für gültig anzunehmen, als wenn der Vater irgend einem andern Schuldner das Geheiss ertheilt hätte, das Geld zu versprechen. 2Wenn ich aber in der Absicht, dem Titius Geld zu schenken, Dir, der Du mir ebensoviel schenken wolltest, das Geheiss ertheilt habe, solches dem Titius zu versprechen, so ist die Schenkung zwischen allen Personen vollzogen. 3Ein Anderes wird Rechtens sein, wenn ich das Geld, welches ich Dir schuldig zu sein glaubte, auf Dein Geheiss Jemandem versprochen habe, dem Du eine Schenkung machen wolltest: denn ich werde mich mit der Einrede der Arglist schützen können: ausserdem auch den Stipulirenden mit der Condiction wegen mangelnden Rechtsgrunds11Incerti condictione, i. e. condictione sine causa. nöthigen, dass er mir die Stipulation erlasse. 4Ebenso kann ich, wenn ich Jemandem, den Du für Deinen Gläubiger hieltest, auf Dein Geheiss das Geld, welches ich Dir schuldig zu sein glaubte, versprochen habe, den Kläger mit der Einrede der Arglist zurückweisen, und überdies, indem ich den Stipulirenden mit der Condiction wegen mangelnden Rechtsgrunds belange, es dahin bringen, dass er mir die Stipulation erlässt. 5Wenn mir Titius ohne irgend eine Stipulation Geld gegeben hat, jedoch unter der Bedingung, dass solches erst alsdann mein Eigenthum werden solle, wenn Sejus Consul geworden, so wird es mein Eigenthum werden, Sejus mag bei Lebzeiten des Titius, oder nach seinem Ableben zum Consulate gelangt sein. 6Wenn aber Jemand, um mir Geld zu schenken, solches Einem zur Ueberbringung an mich übergeben hat, und bevor dasselbe mir überbracht wird, stirbt, so ist ausgemacht, dass das Geld mein Eigenthum nicht wird. 7Ich habe dem Titius zehen [tausend Sestertien] geschenkt unter der Bedingung, dass er sich damit den Stichus kaufe. Ich frage, ob ich, wenn der Sclave vor dem Kaufe gestorben ist, durch irgend eine Klage die zehen [tausend Sestertien] zurückverlangen kann? Die Antwort war: Dies ist mehr eine thatsächliche, als eine Rechtsfrage. Denn wenn ich dem Titius zehen [tausend Sestertien] zu dem Zwecke gegeben, um den Stichus zu kaufen, ausserdem aber dieselben nicht geschenkt haben würde, so kann ich solche, wenn Stichus gestorben, mit der Condiction zurückfordern. Wenn ich aber auch ohnedies dem Titius zehen [tausend Sestertien] schenken wollte, und, weil sich derselbe mittlerweilen vorgenommen, den Stichus zu kaufen, gesagt habe, ich gebe ihm zu dem Zwecke zehen[tausend Sestertien], um den Stichus zu kaufen, so muss solches mehr für den Beweggrund der Schenkung, als für eine [mit] der Schenkung [verknüpfte] Bedingung gehalten werden, und, wenn Stichus gestorben ist, so wird das Geld dem Titius verbleiben.
3Ulp. lib. LXXVI. ad Ed. Ueberhaupt darf bei Schenkungen nicht übersehen werden, dass ein grosser Unterschied sei, ob etwas Beweggrund, oder Bedingung der Schenkung gewesen: war es Beweggrund, so fällt die Zurückforderung weg: war es Bedingung, so hat die Zurückforderung Statt.
4Paul. lib. XVII. ad Sabin. Auch durch eine Mittelsperson kann die Schenkung zu Stande gebracht werden.
5Ulp. lib. XXXII. ad Sabin. Schenkungen sowohl aus ehrbarer, als auch unehrbarer Zuneigung sind nicht verboten; aus ehrbarer, gegen wohlverdiente Freunde, oder Verwandte; aus unehrbarer, gegen Buhlerinnen.
6Idem lib. XLII. ad Sabin. Wenn mir Jemand Schenkungshalber gestattet hat, einen Stein von seiner Steingrube zu nehmen, so wird solcher mein Eigenthum, sobald der Stein herausgenommen ist; auch vermag er nicht durch Verhinderung der Fortschaffung desselben mir mein Eigenthumsrecht darauf zu entziehen, weil solcher gewissermassen durch Uebergabe in mein Eigenthum übergegangen ist; auch wenn mein Taglöhner solchen ausgegraben, hat er ihn allerdings für mich ausgegraben. Wenn aber Jemand von mir das Recht gekauft oder gemiethet hat, dass ihm gestattet sei, solchen zu nehmen, und vor der Wegnahme Reue bei mir eintritt, so bleibt der Stein mein Eigenthum; tritt die Reue nach der [Ausgrabung] ein, so kann ich seine Handlung nicht widerrufen; denn es scheint gleichsam die Uebergabe geschehen zu sein, wenn solcher mit Willen des Eigenthümers herausgenommen wird. Was bei einem Steine gilt, dasselbe wird auch Rechtens sein, wenn bei einem gefällten oder abgehauenen Baume [Reue] eingetreten ist.
7Idem lib. XLIV. ad Sabin. Ein Haussohn kann nicht verschenken, auch nicht wenn er die freie Verwaltung seines Sondergutes hat; denn dazu wird ihm die freie Verwaltung des Sondergutes nicht überlassen, dass er es verschwende. 1Wie nun, wenn er aus einem rechtmässigen Beweggrunde verschenkt? lässt sich wohl da behaupten, dass die Schenkung statthaft sei? Dies ist als richtiger anzunehmen. 2Auch wollen wir untersuchen, ob die Schenkung Statt finde, wenn Jemand seinem Haussohne die freie Verwaltung des Sondergutes mit dem namentlichen Beisatze überlässt, er gestatte ihm solche in der Art, dass er auch verschenken könne? Ich zweifle nicht, dass er alsdann auch verschenken könne. 3Manchmal wird sich diese [Befugniss] auch aus den persönlichen Verhältnissen folgern lassen; denn man setze den Fall, der Sohn besitze die Senatoren-, oder eine sonstige Würde; warum wollte man nicht behaupten, der Vater habe, indem er ihm die freie Verwaltung des Sondergutes gegeben, demselben auch die Befugniss zum Verschenken ertheilt, wenn er diese nicht ausdrücklich ausgenommen hat? 4Aus gleichem Grunde aber, weshalb dem Haussohne die Schenkung nicht zukommt, wird ihm auch das Verschenken auf den Todesfall untersagt sein; denn wenn er gleich mit Einwilligung seines Vaters auch auf den Todesfall verschenken kann, so wird dennoch, wenn die Einwilligung fehlt, auch diese Schenkung untersagt sein. 5Man muss aber bemerken, dass, wenn Einem auch zu verschenken gestattet ist, er doch nicht auf den Todesfall verschenken könne, wenn ihm nicht ausdrücklich auch auf den Todesfall zu verschenken erlaubt worden ist. 6Dies Alles aber wird nur bei Nichtsoldaten Statt finden, Sonst können Diejenigen, welche ein im Kriege erworbenes, oder diesem analoges Sondergut besitzen, auf den Todesfall, und nicht auf den Todesfall verschenken, da sie die Fähigkeit zu testiren haben.
9Pompon. lib. XXXIII. ad Sab. Die unentgeltliche Wohnung in einem fremden Hause gilt als Schenkung; denn der Erwerb des [unentgeltlich] Wohnenden scheint eben in dem ihm erlassenen Miethgelde für die Wohnung zu bestehen. Denn eine Schenkung kann auch ohne Verschenkung einer körperlichen Sache gültig sein: wie wenn ich Schenkungs halber mit meinem Schuldner den Vertrag eingehe, vor einer gewissen Zeit an ihn keine Forderung zu machen. 1Die von den geschenkten Sachen gezogenen Nutzungen werden in die Schenkung nicht mit eingerechnet. Wenn ich Dir aber nicht Grund und Boden, sondern den Genuss der Früchte schenke, so werden die bezogenen Früchte in die Schenkung miteinzurechnen sein. 2Was der Haussohn auf Geheiss, oder mit Zustimmung seines Vaters verschenkt hat, ist eben so anzusehen, als ob der Vater es selbst verschenkt habe: oder wenn Du meine Sache, mit meinem Willen, dem Titius in Deinem Namen schenkst. 3Verschenkt kann nur werden, was Eigenthum des Beschenkten wird.
10Paul. lib. XV. ad Sab. Einem Abwesenden kann eine gültige Schenkung gemacht werden, man mag ihm [etwas] durch einen Ueberbringer senden, oder, was er bereits besitzt, als Eigenthum ihm überlassen. Weiss er aber nicht, dass die in seinem Besitze befindliche Sache ihm geschenkt worden sei, oder hat er die ihm übersendete Sache nicht erhalten, so wird er nicht Eigenthümer der geschenkten Sache, wenn solche auch durch den Sclaven des Beschenkten übersendet worden wäre: es sei denn, dass die Sache dessen Sclaven in der Absicht gegeben worden ist, dass sie sogleich sein Eigenthum werde.
11Gaj. lib. III. de legat. ad Ed. Praet. urb. Wenn es sich um den Umfang der Schenkung handelt, so ist anzunehmen, dass sich die Schenkung weder auf die Jungen, noch Früchte, noch Mieth- und Pachtgelder mit erstrecke22Nach der Erklärung Anderer ist diese Gesetzesstelle, gleichwie l. 9. §. 1. h. t., davon zu verstehen, dass die Accessionen einer geschenkten Sache, wenn es sich um die Nothwendigkeit der gerichtlichen Bestätigung der Schenkung handelt, in deren Betrag nicht miteingerechnet werden. Dagegen wäre, nach der hier gewählten Uebersetzung, der Sinn des Gesetzes dieser, dass der Beschenkte keinen Anspruch auf die Accessionen habe, wenn solche nicht ausdrücklich in der Schenkung mit einbegriffen wurden..
12Ulp. lib. III. Disput. Wer sich durch eine Schenkung verbindlich gemacht, wird nach dem Rescripte des Kaisers Pius auf so viel verklagt, als er leisten kann33Ohne dadurch seinen standesgemässen Unterhalt zu beeinträchtigen.; doch wird, was er seinen Gläubigern schuldet, in Abzug gebracht werden müssen; das aber, wozu sich Einer [einem Dritten] aus dem nämlichen Rechtsgrunde44D. h. gleichfalls durch Schenkung. verpflichtet hat, wird derselbe nicht abziehen dürfen.
13Ad Dig. 39,5,13Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 155, Note 7.Idem lib. VII. Disput. Jemand, der mir eine Schenkung machen wollte, übergab die Sache einem Sclaven, der mir und dem Titius gemeinschaftlich gehörte: der Sclave nahm sie entweder in der Absicht in Empfang, um sie für meinen Theilhaber, oder in jener, um sie für mich und meinen Theilhaber zu erwerben. Es wurde angefragt, was Rechtens sei? Und man nahm an, wenngleich der Sclave in der Absicht die Sache in Empfang nahm, um sie für meinen Theilhaber, oder für mich und meinen Theilhaber zu erwerben, so werde sie dennoch für mich erworben: denn auch [in dem Falle], wenn er meinem Geschäftsbesorger die Sache in der Absicht übergeben, um sie für mich zu erwerben, und jener, um sie für sich zu erwerben, dieselbe in Empfang nahm; so macht derselbe für seine Person keine Erwerbung, sondern erwirbt für mich.
14Julian. lib. XVII. Dig. Wer ein fremdes Landgut Schenkungs halber bearbeitet, hat kein Zurückhaltungsrecht wegen seiner Kosten: weil das, was er hineingesteckt, sogleich dem Eigenthümer gehörig wird.
16Ulp. lib. II. Resp. Nach einer Schrift folgenden Inhalts: Zu wissen sei für meine Erben, dass ich meine gesammte Kleidung und die übrigen Sachen, welche ich am Tage meines Todes bei mir gehabt, diesem und jenem meiner Freigelassenen noch im Leben geschenkt habe, steht nach billiger Auslegung das Eigenthum den Freigelassenen zu.
17Idem lib. LVIII. ad Ed. Wenn eine zuerkannte Forderung der Erneuerung der Schuld halber in eine Stipulation verwandelt, und die Stipulation Schenkungswegen erlassen worden ist, so muss man behaupten, die Befreiung sei statthaft.
18Idem lib. LXXI. ad Ed. Aristo sagt, wenn ein Rechtsgeschäft mit einer Schenkung vermischt sei, so entstehe, in so weit es Schenkung sei, keine Verbindlichkeit [für den Beschenkten]: diese seine Meinung führt auch Pomponius an. 1So berichtet auch derselbe, Aristo sei der Meinung, wenn ich Dir einen Sclaven zu dem Ende übergeben habe, dass Du ihn nach fünf Jahren frei lassest, so finde vor fünf Jahren keine Klage [auf Erfüllung] Statt: weil eine Schenkung hierin enthalten scheine. Anders, sagt er, als wenn ich ihn Dir deshalb übergeben hätte, dass Du ihn sogleich frei lassest: denn hier finde keine Schenkung Statt: und darum sei eine Verbindlichkeit vorhanden. Aber auch im obigen Falle, behauptet Pomponius, müsse man auf die Absicht der Parteien sehen: denn die fünfjährige Frist kann [ja] auch nicht zum Zwecke einer Schenkung gesetzt sein. 2Derselbe Aristo sagt, wenn Schenkungs halber ein Sclave zu dem Zwecke übergeben werde, dass er nach fünf Jahren frei gelassen werde, derselbe aber fremdes Eigenthum sei, so könne bezweifelt werden, ob solcher ersessen werde: weil eine Art von Schenkung in Mitte liege: diese Art Frage komme bei Schenkungen auf den Todesfall vor, sagt Pomponius: und ist eher der Meinung, dass, wenn die Schenkung so geschehe, dass nach fünf Jahren der Sclave frei gelassen werde, so könne behauptet werden, dass die Ersitzung erfolge. 3Labeo sagt, wenn mir Jemand eine fremde Sache geschenkt, ich auf solche grosse Kosten verwendet habe, und dieselbe mir dann entwährt werde, so stehe mir keine Klage wider den Schenker zu; allerdings hätte ich gegen ihn die Klage wegen Arglist, wenn er solches absichtlich gethan habe.
19Ulp. lib. LXXVI. ad Ed. Wenn es sich um eine Schenkung an den Staat handelt, so ist es Rechtens, dass blos darauf Rücksicht genommen wird, ob Jemand aus einem gültigen Rechtsgrunde dem Staate eine Stipulation oder ein [blosses] Versprechen macht, oder nicht, so dass, wenn [z. B.] das Versprechen wegen einer [übertragenen] Ehrenstelle geschieht, Verbindlichkeit eintritt, ausserdem nicht. 1Labeo schreibt, die Belohnungen folgender Dienstleistungen lägen ausserhalb des Begriffes der Schenkungen: z. B. wenn ich Dir Beistand leiste, wenn ich Bürgschaft für Dich leiste, wenn Dir in irgend einer Angelegenheit meine Dienste oder meine Verwendung zu Theil geworden ist. 2Ad Dig. 39,5,19,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 365, Note 5.Eine Erwerbung aus Freigebigkeit kann für Niemanden wider seinen Willen gemacht werden. 3Wenn Jemand dem Titius Geld geliehen, um es dem Sejus, welchem er solches schenken wollte, zu geben, und hierauf Titius nach dem Tode des Schenkers vorbringt, er habe dasselbe dem Sejus gegeben, so wird es folgerecht sein zu behaupten, das Geld werde Eigenthum des Sejus, der Geber mag nun den Tod des Schenkers gewusst haben, oder nicht; weil das Geld Eigenthum des Gebers war: wusste er aber den Tod des Schenkers nicht, so wird er seiner Verbindlichkeit entledigt, wenn er das Geld in der Art geliehen erhielt, um solches an Sejus zu zahlen. Wenn ich Dir aber den Auftrag ertheilt habe, dem Titius Geld zu geben, welchem ich es schenken wollte, und Du, ohne von meinem Tode zu wissen, solches gethan hast, so steht Dir wider meine Erben die Auftragsklage zu: thatest Du es wissentlich, so kommt Dir jene Klage nicht zu55Um diesen §. recht zu verstehen, muss man nicht ausser Acht lassen, dass der Auftrag durch des Auftraggebers Tod erlischt. A. d. R.. 4Ad Dig. 39,5,19,4ROHGE, Bd. 16 (1875), Nr. 82, S. 328: Ersatzanspruch aus der Tilgung bezw. Uebernahme der Schuld eines Andern.Wenn Jemand einem Sclaven Geld geliehen, hierauf aber der Sclave, nachdem er frei geworden, es [zu zahlen] versprochen hat, so wird solches keine Schenkung, sondern die Zahlung einer Schuld sein. Gleiches muss bei einem Mündel, der ohne Ermächtigung des Vormunds Schuldner geworden, behauptet werden, wenn derselbe später, auf Ermächtigung des Vormunds, ein [Zahlungs-] Versprechen macht. 5Aber auch diejenigen Stipulationen, die aus einem Rechtsgrunde geschehen, enthalten keine Schenkung. 6So meinte ferner Pegasus, wenn ich Dir hundert [tausend Sestertien] unter der Bedingung versprochen, wenn Du geschworen, meinen Namen zu führen, so sei solches keine Schenkung: weil [das Versprechen] wegen einer Gegenleistung gemacht worden, und solche erfolgt ist.
20Marcell. lib. XXII. Dig. Wenn der Freilasser zu dem ihm gebührenden Antheile als Erbe eingesetzt wird, und der Freigelassene ihm ein Fideicommiss auferlegt hat, etwas abzugeben, und er dem Fideicommissinhaber solches durch eine Stipulation zusichert, so kann er nicht zur Zahlung gezwungen werden, damit der dem Freilasser aus Achtung nach den Gesetzen gebührende Theil keine Verringerung erleide. 1Ein Zweifel kann hinsichtlich Desjenigen entstehen, der das, was er vermöge des falcidischen Gesetzes zurückbehalten dürfte, zur Befolgung des Willens des Testators, abzugeben versprochen hat. Doch ist mit mehr Grund anzunehmen, dass er seinem Versprechen nicht zuwiderhandeln könne: denn gleichwie derselbe, wenn er bereits gezahlt hätte, seines Testators Willen erfüllt zu haben schiene, und kein Zurückforderungsrecht ihm gestattet wäre, ebenso wird man ihm mit Recht entgegentreten, wenn er, nach vorausgegangener Stipulation, gegen den von ihm anerkannten Willen des Testators auftritt.
21Cels. lib. XXVIII. Dig. Zum Zwecke einer Schenkung an mich, hast Du, auf meine Unterstellung, meinem Gläubiger ein Versprechen gemacht: diese Handlung ist gültig; denn jener hat das Seinige wieder bekommen. 1Wenn ich aber meinem Schuldner einer das gesetzliche Maass überschreitenden Schenkung halber den Befehl ertheilt habe, Dir ein Versprechen zu machen, so wird es die Frage sein, ob Du mit der Einrede der [das gesetzliche Maass überschreitenden] Schenkung zurückgewiesen werden kannst, oder nicht. Mein Schuldner zwar kann Dich, wenn Du klagst, durch eine Einrede nicht abweisen: weil ich ebenso zu betrachten bin, als wenn ich Dir die von meinem Schuldner erhobene Summe geschenkt, und Du solche ihm creditirt hättest. Aber ich habe, wenn das Geld von meinem Schuldner noch nicht gezahlt worden, eine Wiederaufhebungsklage wider meinen Schuldner in so weit, als er über das gesetzliche Maass Dir ein Versprechen gemacht hat: so dass er Dir blos für den Ueberrest verpflichtet bleibt; wenn Du aber das Geld von meinem Schuldner erhoben hast, so habe ich gegen Dich, in so weit die Schenkung das gesetzliche Maass überschreitet, die Condiction.
22Modestin. lib. VIII. Different. Es ist höchst billig, dass Derjenige, welcher Schenkungs halber Geld, oder etwas Anderes versprochen hat, wegen eines Verzugs in der Geldzahlung keine Zinsen zu entrichten braucht, zumal da der Schenkungsvertrag nicht unter die Contracte guten Glaubens gerechnet wird.
23Idem lib. XV. Resp. Modestinus begutachtete, der Gläubiger könne durch einen Vertrag die Zinsen für die Zukunft sowohl erlassen, als auch verringern: und bei einer solchen Schenkung finde wegen der Summe des Betrags keine Ungültigkeit Statt. 1Modestinus lehrte, ein Wahnsinniger könne keine Schenkung machen.
24Javolen. lib. XIV. ex Cass. Dem Bürgen Desjenigen, welcher Schenkungs halber Geld über das gesetzliche Maass versprochen hat, muss auch wider den Willen des [Haupt] Schuldners die Einrede [der das gesetzliche Maass überschreitenden Schenkung] verstattet werden: damit nicht der Bürge, wenn etwa der [Haupt] Schuldner nicht zahlungsfähig ist, das Geld verliere.
25Idem lib. VI. Epist. Wenn ich Dir eine Sache [über]geben habe, damit Du solche dem Titius in meinem Namen schenkest, und Du sie ihm in Deinem Namen übergeben hast, glaubst Du, dass dieselbe sein Eigenthum geworden? Ich habe das Gutachten ertheilt: Wenn ich Dir eine Sache gegeben, damit Du sie dem Titius in meinem Namen schenkest, und Du ihm solche in Deinem Namen gegeben hast, so wird sie, nach der Strenge des Rechts, nicht Eigenthum des Empfängers, und Du wirst wegen Diebstahls verantwortlich: aber der Billigkeit angemessener ist es, dass ich, wenn ich gegen Denjenigen, der die Sache empfangen hat, klagen will, durch die Einrede der Arglist zurückgewiesen werde.
26Pomp. lib. IV. ad Quint. Muc. Die blosse Rechnung macht Niemanden zum Schuldner: z. B. wenn wir auch in unsere Rechnungen eintragen, dass wir dasjenige schulden, was wir einem freien Menschen schenken wollen, so wird dieses dennoch nicht als Schenkung anerkannt.
27Ad Dig. 39,5,27Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 368, Note 11.Papin. lib. XXIX. Quaest. Aquilius Regulus, ein Jüngling, schrieb an Nicostratus, Lehrer der Beredsamkeit, wie folgt: Weil Du sowohl immer bei meinem Vater gewesen, als auch mich durch Deine Beredsamkeit und Deinen Fleiss gebildet hast, schenke und gestatte ich Dir, in jenem Zimmer zu wohnen und solches zu benutzen: nach dem Tode des Regulus wurde die Wohnung dem Nicostratus streitig gemacht: und als er mich deshalb zu Rathe zog, behauptete ich, es lasse sich vertheidigen, dass solches keine reine Schenkung sei: sondern Regulus habe die Dienste seines Lehrers durch eine Belohnung vergolten: und deswegen erscheine die Schenkung für die Folgezeit nicht ungültig; wenn also Nicostratus, aus der Wohnung vertrieben, den Richter angeht, so wird er nach Analogie des dem Nutzniesser zur Seite stehenden Interdicts geschützt werden müssen: Derjenige, welcher die Benutzung eines Zimmers erhalten hat, vertritt [nämlich] gleichsam die Stelle des Besitzers.
28Ad Dig. 39,5,28Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 98, Note 3; Bd. II, § 368, Note 6; Bd. III, § 621, Note 6.Papin. lib. III. Resp. Ein Vater hat seiner eigenen Rechtens gewordenen Tochter eine ihm hinterlassene Erbschaft geschenkt; die Tochter muss die Erbschaftsgläubiger befriedigen: oder, wenn sie dies gar nicht thut und die Gläubiger wider den Vater auftreten, so muss sie durch eine Klage aus bestimmten Worten angehalten werden, den Vater gegen die selben zu vertreten.
29Idem lib. XII. Resp. Ad Dig. 39,5,29 pr.ROHGE, Bd. 5 (1872), S. 44: Charakter eines onerosen Geschäfts, das in seinem Erfolge nur dem einen Theile vortheilhaft ist.Was ohne irgend eine rechtliche Verbindlichkeit zugestanden wird, ist als Schenkung anzusehen. 1Jemand hatte, vor Gericht befragt, geantwortet, die Erben [seines] Vormundes schuldeten ihm nichts; ich begutachtete, er habe seine Forderung rechtlich verloren. Denn wenn man gleich diese Worte nicht als Vergleich, sondern als Schenkung annehmen wollte, so könne doch Derjenige, welcher vor Gericht ein Geständniss abgelegt hat, sein Bekenntniss nicht entkräften. 2Es war zwar ausser Zweifel, dass die Schenkung eines Theils des Vermögens der nächsten noch lebenden weiblichen Verwandten richtig gewesen: aber [Papinianus] begutachtete, dem Schenker, welcher später nach dem prätorischen Rechte zur Erbfolge gelangte, seien, weil er gegen Sitte und Völkerrecht [mit der Schenkung] zu voreilig gewesen, die Erbschaftsklagen hinsichtlich des ganzen [Nachlasses] zu versagen;
31Papin. lib. XII. Resp. Darüber ist man einig, dass die, einer Beischläferin gemachten Schenkungen nicht widerrufen werden können, und dass, wenn unter denselben Personen später die Ehe geschlossen worden, was früher rechtliche Gültigkeit hatte, nicht ungültig werde. Ob aber eheliche Achtung und Zuneigung nicht schon vorher Statt gefunden habe, müsse, begutachte ich, durch die Vergleichung der Persönlichkeiten, durch die Betrachtung des Zusammenlebens erwogen werden: denn nicht der Ehevertrag [allein] mache die Ehe aus. 1Ich habe begutachtet, Gegenstände, welche von der Mutter im Namen der Tochter, ausser der Mitgabe dem Manne übergeben worden, seien als der Tochter, welche gegenwärtig gewesen, geschenkt, und von dieser ihrem Manne übergeben zu betrachten: und die Mutter, wenn sie beleidigt worden, habe kein Zurückforderungsrecht, noch könne sie solche [aus dem Grunde] gültig eigenthümlich in Anspruch nehmen, weil der Mann Sicherheit geleistet habe, dass dieselben ausser der Mitgabe zum Gebrauche der Tochter ihm übergeben wurden; da mit jener Bezeichnung kein Zweck der Schenkung ausgedrückt, noch das Eigenthum von dem Gebrauch getrennt, sondern ein Sondergut von der Mitgabe der Tochter ausgeschieden werde: doch werde der Richter erwägen, dass er, wenn die Mutter solche wegen einer wirklichen Beleidigung von ihrer Tochter zurückfordern wolle, einen Ausspruch hätte, welcher mit der einer Mutter gebührenden Ehrfurcht vereinbar und dem Ermessen eines rechtlichen Mannes angemessen sei. 2Ad Dig. 39,5,31,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 518, Note 6.Ein Vater, der seiner Tochter, die in seiner Gewalt gestanden, Sclaven geschenkt und, nachdem er sie aus seiner Gewalt entlassen, ihr das Sondergut nicht entzogen hat, scheint durch [diese] nachfolgende Handlung die Schenkung vollzogen zu haben. 3[Eine Niederlegung] unter folgender Bestimmung, dass der Niederlegende allein, oder nach dem Tode des Eigenthümers, Aelius Speratus die niedergelegte Million [Sestertien] zurückerhalten solle, ist nach meinem Gutachten nicht als Schenkung zu betrachten. 4Schenkungen können nach Verübung des Verbrechens des Hochverraths nicht gültigerweise errichtet werden: da [in Folge dessen] auch der Erbe belangt werden kann, wenn auch [der Verbrecher] vor der Anklage gestorben ist.
32Ad Dig. 39,5,32Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 368, Note 11.Scaevola lib. V. Resp. Lucius Titius schrieb folgenden Brief: N. enthietet dem N. seinen Gruss: „In jener Behausung magst Du, so lange Du wohnen willst, alle oberen Zimmer umsonst gebrauchen, und dass Du solches mit meiner Zustimmung thuest, thue ich Dir durch diesen Brief zu wissen.“ Ich frage, ob seine Erben die Wohnung versagen können? Das Gutachten war, den vorliegenden Umständen zufolge könnten die Erben den Willen ändern66Es liegt hierin blos ein precarium. A. d. R..
33Hermogen. lib. VI. jur. Epit. Wer für die Bezahlung dessen, was er Jemandem aus dem Rechtsgrunde der Schenkung durch Stipulation versprochen hatte, ein Constitutum eingegangen ist, kann mit der Klage pecuniae constitutae nicht auf das Ganze, sondern blos auf so viel belangt werden, als er gewähren kann: denn man fand für gut, auf den Rechtsgrund und den Ursprung des Constitutums mehr Gewicht zu legen, als auf die darauf gegründete Klage. Ebenso trägt auch, wer aus dem Rechtsgrunde der Schenkung verurtheilt worden, nicht vergebens darauf an, dass er mit der Klage der rechtlich entschiedenen Sache nur auf so viel belangt werde, als er zu leisten im Stande ist. 1Wenn dem Titius Schenkungs halber Geld unter der Bedingung vorgezählt worden ist, dass solches sogleich dem Schenker als Darlehn gegeben werde, so hindert dies die Uebertragung des Eigenthumsrechtes nicht, und es wird deshalb, wenn dieselben Geldstücke dem Schenker geliehen werden, ein neues Eigenthumsrecht darauf erworben. 2Stummen und Tauben ist das Schenken nicht untersagt. 3Wenn ein Erster Dir schenken wollte, Du aber einem Zweiten zu schenken den Willen hattest, und der Erste dem Zweiten, nach Deinem Willen, im Wege der Stipulation ein Versprechen gemacht hat, so wird die Schenkung vollendet, und weil der Erste dem Zweiten, von welchem er belangt wird, nichts geschenkt hat, so wird er auf das Ganze, nicht auf so viel, als er zu leisten vermag, verurtheilt. Und ein Gleiches wird beobachtet, wenn Jemand als Schenker, auf Unterstellung Dessen, der die Schenkung erhalten sollte, dem Gläubiger desselben ein Versprechen gemacht hat: denn auch in diesem Falle führt der Gläubiger [nur] seine eigne Sache.
34Paul. lib. V. Sentent. Wenn der Vater auf den Namen seines, aus seiner Gewalt entlassenen Sohnes, in der Absicht [ihm damit] eine Schenkung [zu machen], Geld ausgeliehen, und der Sohn dessen [Zurückzahlung für sich] stipulirt hat, so kann nicht bezweifelt werden, dass die Schenkung dem Rechte selbst zufolge vollzogen sei. 1Ad Dig. 39,5,34,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 368, Note 11.Wenn Jemand Einen von Strassenräubern oder Feinden befreit hat, und etwas von ihm empfängt, so ist dies eine unwiderrufliche Schenkung: denn es ist solches eine Belohnung für eine ausserordentliche Bemühung zu nennen, was, in Betracht der erfolgten Rettung, nicht nach einem bestimmten Maasse abgemessen werden darf.
35Scaevola lib. XXXI. Dig. Titius schrieb an seinen Freigelassenen einen Brief in folgenden Worten Titius entbietet seinem Freigelassenen Stichus seinen Gruss. Durch diesen von mir eigenhändig geschriebenen Brief thue ich Dirzu wissen, dass ich Dir bei Deiner Freilassung auch Dein ganzes Sondergut, was Du an Forderungen sowohl, als auch an beweglichen Gegenständen, oder in Baarem hast, überlasse; denselben Freigelassenen setzte er in seinem Testamente als Erben auf zwei Dritttheile [seines Nachlasses], den Sempronius auf ein Dritttheil [desselben] ein, vermachte aber dem Stichus [dessen] Sondergut nicht, und verordnete auch nicht, ihm die [dazu gehörigen] Klagen abzutreten. Es wurde angefragt, ob dem Stichus hinsichtlich jener Forderungen, die zu seinem Sondergute gehörten, die Klage auf das Ganze zustehe, oder beiden Erben nach Verhältniss ihrer Erbtheile? Das Gutachten war: den vorliegenden Umständen zufolge komme die Klage beiden Erben nach Verhältniss ihrer Erbtheile zu. 1Lucius Titius schenkte der Mävia ein Landgut; einige Tage nachher verpfändete er, noch vor der Uebergabe, dasselbe Landgut dem Sejus, und innerhalb dreissig Tagen übertrug er der Mävia den ausschliesslichen Besitz desselben. Ich frage: ob die Schenkung voliendet sei? Das Gutachten war, den vorliegenden Umständen zufolge, sei sie vollendet: aber der Gläubiger habe ein gültiges Pfandrecht. 2Eine Grossmutter lieh unter dem Namen ihre Enkels Labeo Geld aus, und erhob immer [auf seinen Namen] die Zinsen: auch die Schuldurkunden darüber liess sie auf Labeo ausstellen, und diese fanden sich unter ihrem Nachlass. Ich frage, ob die Schenkung als vollendet anzusehen sei? Das Gutachten war, da der Schuldner dem Labeo verpflichtet ist, so sei die Schenkung vollendet.