Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 22 übersetzt von Schneider unter Redaction von Otto
Dig. XXII3,
De probationibus et praesumptionibus
Liber vicesimus secundus
III.

De probationibus et praesumptionibus

(Von den Beweisen und den Vermuthungen.)

1Pa­pi­nia­nus li­bro ter­tio quaes­tio­num. Quo­tiens quae­re­re­tur, ge­nus vel gen­tem quis ha­be­ret nec ne, eum pro­ba­re opor­tet.

1Papinian. lib. III. Quaest. So oft gestritten wird, ob Jemand eine [gewisse] Verwandschaft oder Herkunft habe oder nicht, so muss der beweisen11Welcher seinen Antrag darauf gründet, mag er die Verwandschaft oder Herkunft für sich behaupten, oder sie seinem Gegner bestreiten. S. v. Glück a. a. O. 232—242..

2Pau­lus li­bro se­xa­ge­si­mo no­no ad edic­tum. Ei in­cum­bit pro­ba­tio qui di­cit, non qui ne­gat.

2Paul. lib. XXIX. ad Ed. Demjenigen liegt der Beweis ob, welcher [eine Thatsache] behauptet, nicht [demjenigen], welcher [sie] leugnet.

3Pa­pi­nia­nus li­bro no­no re­spon­so­rum. Cum ta­ci­tum fi­dei­com­mis­sum ab eo da­tur, qui tam in pri­mo quam in se­cun­do tes­ta­men­to pro ea­dem par­te vel post­ea pro ma­io­re he­res scri­bi­tur, pro­ba­tio mu­ta­tae vo­lun­ta­tis ei de­bet in­cum­be­re qui con­ve­ni­tur, cum se­cre­ti sus­cep­ti ra­tio ple­rum­que do­mi­nis re­rum per­sua­deat eos ita he­redes scri­be­re, quo­rum fi­dem ele­ge­runt.

3Papinian. lib. IX. Resp. Wenn ein heimliches Fideicommiss22S. die Bem. zu L. 17. §. 2. D. de usur. 22. 1. demjenigen auferlegt wird, welcher sowohl in dem ersten, als in dem zweiten Testament auf denselben Theil, oder nachher auf einen grösseren zum Erben eingesetzt wird, so muss der Beweis, dass [der Testator] seinen Willen geändert habe, demjenigen obliegen, welcher belangt wird, da der Grund, dass das heimliche Vermächtniss übernommen worden ist (secreti suscepti ratio) gewöhnlich die Eigenthümer von Sachen (Erblasser) auf den Gedanken bringt, die, auf welche sie ihr Vertrauen gesetzt haben, auf solche Weise zu Erben einzusetzen33Es hatte Jemand einem Andern versprochen, ein Fideicommiss an eine erbunfähige Person auszuantworten, und war von diesem zum Erben eingesetzt. Nachher macht der Erblasser ein anderes Testament, in welchem er jenen wiederum zum Erben einsetzt. Der Fiscus, von dem heimlichen Fideicommiss in Kenntniss gesetzt, belangt deshalb den Erben. Dieser sagt, der Erblasser habe sein erstes Testament und somit auch das Fideicommiss durch das zweite Testament entkräftet. Der Regel nach würde diese Einrede die Vermuthung für sich haben und der Gegner das Gegentheil beweisen müssen. Allein weil die Erblasser, welche ein heimliches Fideicommiss auferlegt haben, das erste Testament aufzuheben pflegen, damit man glauben solle, es sei auch das Fideicommiss aufgehoben, während dies doch nicht geschehen ist, so wird dem Erben der Beweis, dass der Testator wirklich das Fideicommiss aufgehoben habe, auferlegt. S. v. Glück a. a. O. S. 248 ff..

4Pau­lus li­bro sex­to re­spon­so­rum. Re­spon­dit emp­to­rem pro­ba­re de­be­re, eum ser­vum de quo quae­ri­tur an­te­quam eme­ret fu­gis­se.

4Paul. lib. VI. Respons. [Paulus] hat zum Bescheid gegeben, dass der Käufer44Wenn er mit der act. redhibitoria (s. tit. Dig. de Aed. ed. 21. 1.) klagt und die Klage darauf gründet, dass der verkaufte Sclav ein Flüchtling sei. beweisen müsse, dass der Sclav, um welchen es sich handelt, ein Flüchtling gewesen sei, ehe er ihn kaufte.

5Idem li­bro no­no re­spon­so­rum. Ab ea par­te, quae di­cit ad­ver­sa­rium suum ab ali­quo iu­re pro­hi­bi­tum es­se spe­cia­li­ter le­ge vel con­sti­tu­tio­ne, id pro­ba­ri opor­te­re. 1Idem re­spon­dit, si quis ne­gat em­an­ci­pa­tio­nem rec­te fac­tam, pro­ba­tio­nem ip­sum prae­sta­re de­be­re.

5Idem lib. IX. Respons. [Paulus hat zum Bescheid gegeben,] dass von dem streitenden Theil, welcher behauptet, sein Gegner sei von irgend einem Rechte besonders durch ein Gesetz oder eine Constitution ausgeschlossen, dies beweisen müsse. 1Derselbe hat zum Bescheid gegeben, dass, wenn Jemand behauptet, dass eine Entlassung aus der väterlichen Gewalt nicht gehörig geschehen sei, den Beweis selbst führen müsse.

6Scae­vo­la li­bro se­cun­do re­spon­so­rum. Pa­tro­num ma­ni­fes­te do­ce­re de­be­re li­ber­tum in frau­dem suam ali­quid de­dis­se, ut par­tem eius quod in frau­dem da­tum es­set, pos­set avo­ca­re.

6Scaevola lib. II. Respons. [Scävola] hat zum Bescheid gegeben, dass ein Patron augenscheinlich darthun müsse, dass sein Freigelassener, um ihn zu bevortheilen, Etwas weggegeben habe, damit er einen Theil dessen, was, um ihn zu bevortheilen, weggegeben worden wäre, widerrufen könnte55Den Patronen gebührte ein Theil von dem Nachlass eines Freigelassenen. Hatte der Freigelassene eine Veräusserung unter Lebenden vorgenommen, um jenen Theil zu schmälern oder ganz zu vereiteln, so konnte der Patron mit der act. Faviana oder Calvisiana die Veräusserung anfechten. S. die Bem. zu L. 40. §. 1. D. de pign. act. 13. 7. und zu L. 38. §. 4. D. de usur. 22. 1. v. Glück a. a. O. S. 264 ff..

7Pau­lus li­bro se­cun­do sen­ten­tia­rum. Cum pro­ba­tio prio­ris fu­gae de­fi­cit, ser­vi quaes­tio­ni cre­den­dum est: in se enim in­ter­ro­ga­ri, non pro do­mi­no aut in do­mi­num vi­de­tur.

7Paul. lib. II. Sentent. Wenn der Beweis der früheren Flucht [eines Sclaven] mangelhaft ist, so muss man der durch die Folter erwirkten Aussage des Sclaven glauben; denn er scheint [in diesem Fall] über sich, nicht für seinen Herrn oder gegen seinen Herrn befragt zu werden.

8Idem li­bro oc­ta­vo de­ci­mo ad Plau­tium. Si fi­lius in po­tes­ta­te pa­tris es­se ne­get, prae­tor co­gnos­cit, ut prior do­ceat fi­lius, quia et pro pie­ta­te quam pa­tri de­bet prae­sta­re hoc sta­tuen­dum est et quia se li­be­rum es­se quo­dam­mo­do con­ten­dit: id­eo enim et qui ad li­ber­ta­tem pro­cla­mat, prior do­ce­re iu­be­tur.

8Idem lib. XVIII. ad Plaut. Wenn ein Sohn behauptet, dass er sich nicht in der Gewalt seines Vaters befinde, so entscheidet der Prätor nach Untersuchung der Sache, dass der Sohn zuvor dies darthun solle, sowohl weil dies wegen der Ehrerbietung, welche er dem Vater zeigen muss, so zu bestimmen ist, als auch weil er gewissermaassen behauptet, dass er frei sei; darum nämlich wird auch dem, welcher die Freiheit in Anspruch nimmt, befohlen, sie zuvor darzuthun.

9Cel­sus li­bro pri­mo di­ges­to­rum. Si pac­tum fac­tum sit, in quo he­redis men­tio non fiat, quae­ri­tur, an id ac­tum sit, ut ip­sius dum­ta­xat per­so­na eo sta­tue­re­tur. sed quam­vis ve­rum est, quod qui ex­ci­pit pro­ba­re de­beat quod ex­ci­pi­tur, at­ta­men de ip­so dum­ta­xat ac non de he­rede eius quo­que con­ve­nis­se pe­ti­tor, non qui ex­ci­pit pro­ba­re de­bet, quia ple­rum­que tam he­redi­bus nos­tris quam no­bis­met ip­sis ca­ve­mus.

9Celsus lib. I. Digest. Wenn ein Pactum66Es ist hier ein Erlassungsvertrag gemeint; in demselben war des Erben keine Erwähnung geschehen, dieser behauptete aber, dass auch ihm durch denselben die Schuld erlassen sei. Es fragt sich also: soll dies der Erbe (Beklagter), oder das Gegentheil der Gläubiger (Kläger) beweisen? S. v. Glück a. a. O. S. 283 ff. geschlossen sein sollte, in welchem des Erben keine Erwähnung geschieht, so fragt es sich, ob man das beabsichtigt habe, dass nur die Person [des Erblassers] selbst in demselben gemeint sei? Obwohl es nun aber wahr ist, dass der, welcher eine Einrede vorschützt, das, was in der Einrede vorgeschützt wird, beweisen müsse, so muss dennoch [in diesem Falle] der Forderer (Kläger) nicht der, welcher die Einrede vorschützt, beweisen, dass man nur in Betreff [des Erblassers] selbst, und nicht auch in Betreff des Erben desselben eine Uebereinkunft getroffen habe, weil wir gewöhnlich sowohl für unsere Erben, als für uns selbst durch Verträge sorgen.

10Mar­cel­lus li­bro ter­tio di­ges­to­rum. Cen­sus et mo­nu­men­ta pu­bli­ca po­tio­ra tes­ti­bus es­se se­na­tus cen­suit.

10Marcell. lib. III. Digest. Der Senat hat verordnet, dass die Census-Verzeichnisse und öffentlichen Denkmäler77Census et monumenta publica. Unter census sind hier wohl die Register, in welchen unter Anderem auch die Grundstücke der Bürgen verzeichnet waren, monumenta publ. vorzüglich die Denkmäler von Metall, welche über Grundeigenthum, Ackergrenzen und Ländervertheilungen unter öffentlicher Auctorität von den Agrimensoren und Censitoren pflegten errichtet zu werden. So erklärt v. Glück a. a. O. S. 289 ff. diese Worte. mehr gelten sollen, als Zeugen.

11Cel­sus li­bro un­de­ci­mo di­ges­to­rum. Non est ne­ces­se pu­pil­lo pro­ba­re fi­de­ius­so­res pro tu­to­re da­tos, cum ac­ci­pie­ban­tur, ido­neos non fuis­se: nam pro­ba­tio ex­igen­da est ab his, quo­rum of­fi­cii fuit pro­vi­de­re, ut pu­pil­lo ca­ve­re­tur.

11Ad Dig. 22,3,11ROHGE, Bd. 6 (1872), S. 216: Beweislast bei einem Anspruche gegen den Mandatar wegen Verabsäumung der vertragsmäßigen Diligenz. Rechenschaftspflicht des Mandatars.Celsus lib. XI. Digest. Ein Mündel hat nicht nöthig zu beweisen, dass die für den Vormund bestellten Bürgen damals, als sie angenommen wurden, nicht zuverlässig gewesen seien, denn der Beweis ist von denen zu fordern, deren Pflicht es gewesen ist, dafür zu sorgen, dass dem Mündel Sicherheit gegeben würde.

12Idem li­bro sep­ti­mo de­ci­mo di­ges­to­rum. Quin­gen­ta tes­ta­men­to ti­bi le­ga­ta sunt: idem scrip­tum est in co­di­cil­lis post­ea scrip­tis: re­fert, du­pli­ca­re le­ga­tum vo­lue­rit an re­pe­te­re et ob­li­tus se in tes­ta­men­to le­gas­se id fe­ce­rit: ab utro er­go pro­ba­tio eius rei ex­igen­da est? pri­ma fron­te ae­quius vi­de­tur, ut pe­ti­tor pro­bet quod in­ten­dit: sed nimi­rum pro­ba­tio­nes quae­dam a reo ex­igun­tur: nam si cre­di­tum pe­tam, il­le re­spon­deat so­lu­tam es­se pe­cu­niam, ip­se hoc pro­ba­re co­gen­dus est. et hic igi­tur cum pe­ti­tor duas scrip­tu­ras os­ten­dit, he­res pos­te­rio­rem in­anem es­se, ip­se he­res id ad­pro­ba­re iu­di­ci de­bet.

12Ad Dig. 22,3,12ROHGE, Bd. 22 (1878), Nr. 66, S. 300: Beweis fortdauernder Bereicherung.Idem lib. XVII. Digest. Es sind dir in dem Testment Fünfhundert legirt, eben dasselbe ist in den nachher aufgesetzten Codicillen vermacht worden, es kommt darauf an, ob [der Erblasser] das Legat hat verdoppeln, oder nur wiederholen wollen, und dies [darum] gethan hat, weil er vergessen hatte, dass er [jene Summe schon] im Testament legirt habe; von welchem von Beiden88Von dem Legatar, welcher auf zweimal 500 gegen den Erben klagt, oder von diesem, welcher nur 500 geben will? ist also der Beweis dieser Sache zu fordern? Auf den ersten Anblick scheint es billiger zu sein, dass der Forderer (Kläger) das, was er behauptet, beweise, aber zuweilen werden auch gewisse Beweise von dem Beklagten gefordert; denn wenn ich ein Darlehn fordere, der [Beklagte] antwortet, das Geld sei schon gezahlt, so ist er zu zwingen, dies selbst zu beweisen; und in diesem Falle muss also da der Forderer zwei [letztwillige] Verordnungen vorzeigt, der Erbe [aber behauptet], die spätere sei unwirksam, der Erbe selbst dies dem Richter beweisen.

13Idem li­bro tri­ge­si­mo di­ges­to­rum. Cum de ae­ta­te ho­mi­nis quae­re­re­tur, Cae­sar nos­ter in haec ver­ba re­scrip­sit: ‘Et du­rum et in­iquum est, cum de sta­tu ae­ta­tis ali­cu­ius quae­re­re­tur et di­ver­sae pro­fes­sio­nes pro­fe­run­tur, ea po­tis­si­mum sta­re, quae no­cet: sed cau­sa co­gni­ta ve­ri­ta­tem ex­cu­ti opor­tet et ex eo po­tis­si­mum an­nos com­pu­ta­ri, ex quo prae­ci­puam fi­dem in ea re con­sta­re cre­di­bi­lius vi­de­tur’.

13Idem lib. XXX. Digest. Als über das Alter eines Menschen gestritten wurde, so hat unser Kaiser99Entweder Nerva, oder Trajanus, oder Hadrianus, denn unter diesen dreien schrieb Celsus der Jüngere. S. Zimmern Gesch. d. Röm. Priv. R. Bd. 1. §. 88. folgendermaassen rescribirt. Es ist sowohl hart, als unbillig, dass, wenn über das Alter (Verhältniss) irgend Jemands gestritten wird und verschiedene [Geburts-]Angaben1010Professiones. S. v. Glück a. a. O. S. 307 f. und vgl. L. 16. u. L. 29. §. 1. D. h. t. vorgebracht werden, man sich vorzüglich an den hält, welcher schadet; man muss vielmehr nach Untersuchung der Sache die Wahrheit prüfen und die Jahre hauptsächlich nach der [Urkunde] berechnen, welche der grösseren Wahrscheinlichkeit nach in dieser Sache eine vorzügliche Glaubwürdigkeit verdient.

14Ul­pia­nus li­bro se­cun­do de of­fi­cio con­su­lis. Cir­ca eum, qui se ex li­ber­ti­ni­ta­te in­ge­nuum di­cat, re­fe­ren­dum est, quis ac­to­ris par­ti­bus fun­ga­tur. et si qui­dem in pos­ses­sio­nem li­ber­ti­ni­ta­tis fuit, si­ne du­bio ip­sum opor­te­bit in­ge­nui­ta­tis cau­sam age­re do­ce­re­que se in­ge­nuum es­se: sin ve­ro in pos­ses­sio­ne in­ge­nui­ta­tis sit et li­ber­ti­nus es­se di­ca­tur, sci­li­cet eius qui ei con­tro­ver­siam mo­vet, hoc pro­ba­re de­bet qui eum di­cit li­ber­tum suum: quid enim in­ter­est, ser­vum suum quis an li­ber­tum con­ten­dat? si quis au­tem fi­du­cia in­ge­nui­ta­tis suae ul­tro in se sus­ci­piat pro­ba­tio­nes ad hoc, ut sen­ten­tiam fe­rat pro in­ge­nui­ta­te fa­cien­tem, hoc est, in­ge­nuum se es­se ut pro­nun­tie­tur, an ob­tem­pe­ra­re ei de­beat, trac­ta­ri pot­est. et non ab re es­se opi­nor mo­rem ei ge­ri pro­ban­di se in­ge­nuum et sen­ten­tiam se­cun­dum se dan­dam, cum nul­la cap­tio in­ter­ce­dat iu­ris.

14Ulp. lib. II. de Officio Consulis. In Betreff dessen, welcher behauptet, dass er sich nicht in dem Stand eines Freigelassenen befinde, sondern ein Freigeborner sei, ist darauf zu sehen, wer die Rolle des Klägers habe1111Und also beweisen müsse. Wenn nämlich bei solchen Präjudicialklagen (s. d. Bem. zu L. 35. §. 2. D. de procur. et def. 3. 3.), mit welcher über den Rechtszustand eines Menschen gestritten wurde, die Frage entstand, wer die Rolle des Klägers habe und also beweisen müsse, so wurde der als Kläger angesehen, welcher den bisherigen Besitz verändern und einen andern Rechtszustand geltend machen wollte. S. L. 8. u. 18. pr. h. t.; v. Glück a. a. O. S. 278 ff. 314 ff.. Und wenn [der, über dessen Stand gestritten wird,] in dem Besitz des Standes eines Freigelassenen gewesen ist, so wird er selbst ohne Zweifel die Sache der freien Geburt führen und darthun müssen, dass er ein Freigeborner sei; wenn er aber in dem Besitz der freien Geburt ist und [von einem Anderen] behauptet wird, dass er ein Freigelassener, nämlich dessen, welcher gegen ihn den Streit erhebt, sei, so muss der dies beweisen, welcher behauptet, dass jener sein Freigelassener sei. Denn welcher Unterschied ist es, ob Jemand behauptet, dass [ein Anderer] sein Sclav, oder dass er sein Freigelassener sei? Wenn aber Jemand im Vertrauen auf seine freie Geburt freiwillig den Beweis auf sich nehmen will, zu dem Zweck, damit er ein für die freie Geburt sprechendes Urtheil erhalte, das heisst, damit ausgesprochen werde, dass er ein Freigeborner sei, so kann man darüber verhandeln, ob man ihm willfahren dürfe? und ich glaube, dass es der Sache nicht unangemessen sei, dass man ihm, wenn er beweisen will1212Probanti (i. e. probare volenti) statt probandi mit v. Glück a. a. O. S. 317., er sei ein Freigeborner, willfahre und dass das Urtheil zu seinen Gunsten zu sprechen sei, da hierbei keine Rechtsverfänglichkeit vorkommt.

15Mo­des­ti­nus li­bro duo­de­ci­mo re­spon­so­rum. Qui­dam qua­si ex Se­ia sus­cep­tus a Gaio Se­io, cum Gaius fra­tres ha­be­ret, he­redi­ta­tem Gaii in­va­sit et fra­tri­bus eius­dem qua­si ex man­da­tu de­func­ti fi­dei­com­mis­sa sol­vit, cau­tio­nem ac­ce­pit: qui post­ea co­gni­to, quod fi­lius fra­tris eo­rum non fuis­set, quae­re­bant, an cum eo de he­redi­ta­te fra­tris pos­sint, prop­ter emis­sam ma­num ab eis qua­si fi­lio, age­re. Mo­des­ti­nus re­spon­dit cau­tio­ne ex­so­lu­ti fi­dei­com­mis­si sta­tum eius, qui pro­ba­ri pot­est a fra­tri­bus de­func­ti fi­lius mor­tui non es­se, mi­ni­me con­fir­ma­tum es­se: sed hoc ip­sum a fra­tri­bus pro­ba­ri de­bet.

15Modestin. lib. XII. Respons. Jemand hat sich, gleichsam als wäre er ein von der Seja geborner Sohn des Cajus Sejus, da Cajus Brüder hatte, der Erbschaft des Cajus bemächtigt, und den Brüdern desselben, gleichsam in Folge eines Auftrags des Cajus, Fideicommisse gezahlt; er hat [von denselben] einen Empfangschein [über die Fideicommisse] erhalten; sie aber erfuhren nachher, dass er der Sohn ihres Bruders nicht wäre, und fragten daher, ob sie gegen denselben wegen der Erbschaft ihres Bruders klagen könnten, da ihm doch, gleich als ob er der Sohn [desselben] wäre, von ihnen eine Handschrift ausgestellt worden wäre. Modestinus hat zum Bescheid gegeben, durch den Empfangschein über das ausgezahlte Fideicommiss sei der Rechtszustand dessen, der, wie von den Brüdern des Verstorbenen bewiesen werden kann, der Sohn des Verstorbenen nicht ist, keineswegs bestätigt worden; aber eben das1313Dass er der Sohn ihres verstorbenen Bruders nicht sei. muss von den Brüdern bewiesen werden.

16Te­ren­tius Cle­mens li­bro ter­tio ad le­gem Iu­liam et Pa­piam. Et­iam ma­tris pro­fes­sio fi­lio­rum re­ci­pi­tur: sed et avi re­ci­pien­da est.

16Terent. Clemens lib. III. ad leg. Jul. et Pap. Auch die Angabe der Mutter1414Die Eltern mussten nämlich, wenn ihnen ein Kind geboren war, dies zu Protokoll geben, damit man gewiss sei, ob sie der Belohnungen, die der ehelichen Fruchtbarkeit bestimmt waren, theilhaftig werden könnten. Eine solche Anzeige konnte nach unserer Stelle also nicht blos vom Vater, sondern auch von der Mutter und dem Grossvater geschehen. S. v. Glück a. a. O. S. 322 ff. in Betreff ihrer Söhne wird angenommen, aber auch die des Grossvaters ist anzunehmen.

17Cel­sus li­bro sex­to di­ges­to­rum. Cum de le­ge Fal­ci­dia quae­ri­tur, he­redis pro­ba­tio est lo­cum ha­be­re le­gem Fal­ci­diam: quod dum pro­ba­re non pot­est, me­ri­to con­dem­na­bi­tur.

17Cels. lib. VI. Digest. Wenn über das Falcidische Gesetz gestritten wird1515Ob nämlich der Erbe das ihm durch dieses Gesetz zugesicherte Viertheil frei habe, oder nicht und deshalb die Vermächtnisse kürzen dürfe. Dass das Letztere Statt finde, muss der Erbe beweisen., so liegt dem Erben der Beweis ob, dass das Falcidische Gesetz Statt habe; und wenn er das nicht beweisen kann, so wird er mit Recht verurtheilt werden.

18Ul­pia­nus li­bro sex­to dis­pu­ta­tio­num. Quo­tiens ope­rae qua­si a li­ber­to pe­tun­tur, pro­ba­tio­nes ab eo qui se pa­tro­num di­cit ex­igun­tur: et id­eo Iu­lia­nus scrip­sit, li­cet in prae­iu­di­cio pos­ses­sor pa­tro­nus es­se vi­de­tur, ve­rum par­ti­bus ac­to­ris non li­ber­tum fun­gi de­be­re, sed eum qui se pa­tro­num es­se con­ten­dit. 1Qui do­lo di­cit fac­tum ali­quid, li­cet in ex­cep­tio­ne, do­ce­re do­lum ad­mis­sum de­bet. 2In­ter­ro­ga­tio­nis fac­tae pro­ba­tio­nem ac­to­ri im­po­ni de­be­re, id est ei, qui in iu­re in­ter­ro­ga­tum di­xit re­spon­dis­se se so­lum he­redem es­se. vel si ta­cuis­se di­ca­tur in­ter­ro­ga­tus, ae­que tan­tun­dem erit di­cen­dum im­po­si­tam in­pro­ba­tio­nem non ei qui ex­ce­pit se non re­spon­dis­se, sed ac­to­ri.

18Ulp. lib. VI. Disput. So oft Jemand Dienste von einem Andern, gleich als ob [dieser sein] Freigelassener sei, fordert, so werden die Beweise von dem verlangt, welcher behauptet, dass er der Patron [des Anderen] sei; und darum hat Julianus geschrieben, dass, wenngleich in dem Präjudicium der Patron der Besitzer zu sein scheint, doch der Freigelassene nicht die Rolle des Klägers haben müsse, sondern der, welcher behauptet, dass er der Patron [des Anderen] sei1616Der Streit, ob Jemand der Freigelassene des Anderen sei (praejudicium, s. L. 14. h. t.), war bei Gelegenheit einer anderen Klage entstanden, durch welche Jemand Dienste von einem Andern, als Freigelassenen, forderte. Dieser schützte die Einrede vor: er sei nicht Freigelassener des Andern. Hier soll nun nicht, wie oben bei den Streiten über den Rechtszustand, welche durch eine Klage erhoben wurden, der Besitz über die Beweislast entscheiden, sondern der Kläger in der Hauptsache, soll auch im Präjudicium als solcher gelten und beweisen müssen. S. v. Glück a. a. O. S. 329 ff.. 1Ad Dig. 22,3,18,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 265, Note 17.Wer behauptet, dass Etwas aus böser Absicht geschehen sei, wenngleich in einer Einrede, muss darthun, dass [der Andere] sich habe böse Absicht zu Schulden kommen lassen. 2Der Beweis einer vor Gericht geschehenen Frage muss dem Kläger auferlegt werden, das heisst dem, welcher behauptet hat, der vor Gericht Befragte habe geantwortet, er sei der alleinige Erbe, oder wenn behauptet werden sollte, der Befragte habe geschwiegen, so wird ebenso auf gleiche Weise zu sagen sein, dass der Beweis nicht dem werde auferlegt werden1717Es ist hier die Verwandlung der Florent. Lesart: impositam in probationem, in: impositum iri probationem, welche Hoffmann vorgeschlagen hat, befolgt worden. S. v. Glück a. a. O. S. 328 f. Anm. 87. Noch ist zu bemerken, dass nach dieser Stelle das Schweigen als eine bejahende Antwort angesehen worden zu sein scheint. S. v. Glück XI. S. 263 ff., welcher die Einrede vorgeschützt hat, dass er nicht geantwortet habe, sondern dem Kläger.

19Idem li­bro sep­ti­mo dis­pu­ta­tio­num. In ex­cep­tio­ni­bus di­cen­dum est reum par­ti­bus ac­to­ris fun­gi opor­te­re ip­sum­que ex­cep­tio­nem vel­ut in­ten­tio­nem im­ple­re: ut pu­ta si pac­ti con­ven­ti ex­cep­tio­ne uta­tur, do­ce­re de­bet pac­tum con­ven­tum fac­tum es­se. 1Cum quis pro­mi­sis­set iu­di­cio se sis­ti et rei pu­bli­cae cau­sa afuis­se di­cat et ob id non ste­tis­se, vel do­lo ma­lo ad­ver­sa­rii fac­tum quo mi­nus sis­te­re­tur, vel va­le­tu­di­nem si­bi im­pe­d­imen­to fuis­se vel tem­pes­ta­tem, pro­ba­re eum id opor­tet. 2Sed et si pro­cu­ra­to­ria quis ex­cep­tio­ne uta­tur, eo quod non li­cuis­set ad­ver­sa­rio da­re vel fie­ri pro­cu­ra­to­rem, pro­ba­re id opor­tet ob­icien­tem ex­cep­tio­nem. 3Idem erit di­cen­dum et si ea pe­cu­nia pe­ta­tur, quae pen­sa­ta di­ci­tur. 4Hoc am­plius, si iu­di­ca­tae rei vel iu­ris­iu­ran­di con­di­cio de­la­ta di­ca­tur de eo quod nunc pe­ti­tur, si­ve in alea ges­tum es­se con­ten­da­tur, eum im­ple­re pro­ba­tio­nes opor­tet.

19Idem lib. VII. Disputat. Bei Einreden muss man sagen, dass der Beklagte die Rolle des Klägers habe und selbst die Einrede, wie eine Klage (intentionem), beweisen müsse; z. B. wenn er sich der Einrede eines abgeschlossenen Pactums bedienen sollte, so muss er darthun, dass das Pactum wirklich abgeschlossen sei. 1Wenn Jemand versprochen hatte, dass er sich vor Gericht stellen wolle, und behauptet, er sei um des Staats willen abwesend gewesen und habe sich darum nicht gestellt, oder es sei durch böse Absicht des Gegners bewirkt worden, dass er sich nicht stellte, oder eine Krankheit, oder die Witterung sei ihm ein Hinderniss gewesen, so muss er das beweisen. 2Aber auch wenn Jemand sich der Geschäftsbesorgereinrede insofern bedienen sollte, dass [er behauptet,] der Gegner hätte keine Geschäftsbesorger bestellen, oder kein Geschäftsbesorger werden dürfen, so muss dies der, welcher die Einrede entgegensetzt, beweisen. 3Dasselbe wird man sagen müssen, wenn Geld gefordert werden sollte, und [von dem Beklagten] behauptet wird, es sei aufgerechnet. 4Ferner, wenn [die Einrede] der rechtskräftig entschiedenen Sache [vorgeschützt], oder [von dem Beklagten] behauptet werden sollte, es sei ihm der Eid über das, was jetzt gefordert wird, angetragen worden, oder wenn [von dem Beklagten] behauptet werden sollte, es sei [das fragliche Geschäft] in Bezug auf ein Spiel geführt worden, so muss er die Beweise vollführen.

20Iu­lia­nus li­bro qua­dra­ge­si­mo ter­tio di­ges­to­rum. Si quis li­be­rum ho­mi­nem vi ra­pue­rit, in vin­cu­lis ha­bue­rit, is in­dig­nis­si­me com­mo­dum pos­ses­so­ris con­se­que­re­tur, quia pro­ba­ri non pot­erit ho­mi­nem eo tem­po­re quo pri­mum lis or­di­na­re­tur in li­ber­ta­te fuis­se.

20Jul. lib. XLIII. Digest. Wenn Jemand einen freien Menschen geraubt oder in Banden gehalten haben sollte, so würde er höchst unwürdig den Vortheil eines Besitzers1818Die Freiheit vom Beweise (s. d. Bem. zu L. 14. D. h. t.). Der Regel nach müsste der geraubte Mensch beweisen, weil er den jetzigen Besitzstand verändern will; doch ist er ausnahmsweise hier von der Beweislast frei, weil der Besitz auf unrechte Weise erworben worden ist. erlangen, weil man nicht wird beweisen können, dass der [fragliche] Mensch zu der Zeit, als der Streit zuerst angeordnet wurde, sich in der Freiheit befunden habe.

21Mar­cia­nus li­bro sex­to in­sti­tu­tio­num. Ve­rius es­se ex­is­ti­mo ip­sum qui agit, id est le­ga­ta­rium, pro­ba­re opor­te­re scis­se alie­nam rem vel ob­li­ga­tam le­ga­re de­func­tum, non he­redem pro­ba­re opor­te­re igno­ras­se alie­nam vel ob­li­ga­tam, quia sem­per ne­ces­si­tas pro­ban­di in­cum­bit il­li qui agit.

21Marcian. lib. VI. Instit. Ich glaube, dass es wahrer sei, dass der, welcher klagt, selbst, das heisst, der Legatar, beweisen müsse, dass der Verstorbene gewusst habe, er legire eine fremde oder [als Pfand] verbindliche Sache, nicht dass der Erbe beweisen müsse, dass [derselbe] nicht gewusst habe, dass es eine fremde oder [als Pfand] verbindliche Sache sei; weil die Nothwendigkeit, zu beweisen, immer dem obliegt, welcher klagt1919S. §. 4. I. de legat. 2. 20..

22Ul­pia­nus li­bro pri­mo re­spon­so­rum. Eum, qui vo­lun­ta­tem mu­ta­tam di­cit, pro­ba­re hoc de­be­re.

22Ulp. lib. I. Respons. [Ulpianus hat zum Bescheid gegeben,] dass der, welcher behauptet, dass [Jemand] seinen willen geändert habe, dies beweisen müsse.

23Mar­cia­nus li­bro sin­gu­la­ri ad for­mu­lam hy­po­the­ca­riam. An­te om­nia pro­ban­dum est, quod in­ter agen­tem et de­bi­to­rem con­ve­nit, ut pig­no­ri hy­po­the­cae­ve sit: sed et si hoc pro­bet ac­tor, il­lud quo­que im­ple­re de­bet rem per­ti­ne­re ad de­bi­to­rem eo tem­po­re quo con­ve­nit de pig­no­re, aut cu­ius vo­lun­ta­te hy­po­the­ca da­ta sit.

23Marcian. lib. sing. ad formul. hypothec. Vor allen Dingen ist zu beweisen, dass zwischen dem Klagenden und dem Schuldner die Uebereinkunft getroffen worden ist, dass [die fragliche Sache] zum Pfand oder zur Hypothek dienen solle; aber auch wenn der Kläger dies beweisen sollte, so muss er auch das noch beweisen, dass die Sache zu jener Zeit, wo man über die Pfandbestellung übereingekommen ist, dem Schuldner, oder [dem] gehörte, mit dessen Willen die Hypothek bestellt sein soll.

24Mo­des­ti­nus li­bro quar­to re­gu­la­rum. Si chi­ro­gra­phum can­cel­la­tum fue­rit, li­cet prae­sump­tio­ne de­bi­tor li­be­ra­tus es­se vi­de­tur, in eam ta­men quan­ti­ta­tem, quam ma­ni­fes­tis pro­ba­tio­ni­bus cre­di­tor si­bi ad­huc de­be­ri os­ten­de­rit, rec­te de­bi­tor con­ve­ni­tur.

24Modestin. lib. IV. Regular. Wenngleich ein Schuldner, wenn der Schuldschein durchstrichen worden ist, nach der Vermuthung von der Verbindlichkeit befreit zu sein scheint, so wird er doch auf den Betrag, welcher, wie der Gläubiger durch augenscheinliche Beweise gezeigt haben wird, diesem noch geschuldet wird, richtig belangt.

25Pau­lus li­bro ter­tio quaes­tio­num. Cum de in­de­bi­to quae­ri­tur, quis pro­ba­re de­bet non fuis­se de­bi­tum? res ita tem­pe­ran­da est, ut, si qui­dem is, qui ac­ce­pis­se di­ci­tur rem vel pe­cu­niam in­de­bi­tam, hoc ne­ga­ve­rit et ip­se qui de­dit le­gi­ti­mis pro­ba­tio­ni­bus so­lu­tio­nem ad­pro­ba­ve­rit, si­ne ul­la di­stinc­tio­ne ip­sum, qui ne­ga­vit se­se pe­cu­niam ac­ce­pis­se, si vult au­di­ri, com­pel­len­dum es­se ad pro­ba­tio­nes prae­stan­das, quod pe­cu­niam de­bi­tam ac­ce­pit: per et­enim ab­sur­dum est eum, qui ab in­itio ne­ga­vit pe­cu­niam sus­ce­pis­se, post­quam fue­rit con­vic­tus eam ac­ce­pis­se, pro­ba­tio­nem non de­bi­ti ab ad­ver­sa­rio ex­ige­re. sin ve­ro ab in­itio con­fi­tea­tur qui­dem sus­ce­pis­se pe­cu­nias, di­cat au­tem non in­de­bi­tas ei fuis­se so­lu­tas, prae­sump­tio­nem vi­de­li­cet pro eo es­se qui ac­ce­pit ne­mo du­bi­tat: qui enim sol­vit num­quam ita re­su­pi­nus est, ut fa­ci­le suas pe­cu­nias iac­tet et in­de­bi­tas ef­fun­dat, et ma­xi­me si ip­se qui in­de­bi­tas de­dis­se di­cit ho­mo di­li­gens est et stu­dio­sus pa­ter fa­mi­lias, cu­ius per­so­nam in­cre­di­bi­le est in ali­quo fa­ci­le er­ras­se. et id­eo eum, qui di­cit in­de­bi­tas sol­vis­se, com­pel­li ad pro­ba­tio­nes, quod per do­lum ac­ci­pien­tis vel ali­quam ius­tam igno­ran­tiae cau­sam in­de­bi­tum ab eo so­lu­tum, et ni­si hoc os­ten­de­rit, nul­lam eum re­pe­ti­tio­nem ha­be­re. 1Sin au­tem is qui in­de­bi­tum que­ri­tur vel pu­pil­lus vel mi­nor sit vel mu­lier vel for­te vir qui­dem per­fec­tae ae­ta­tis, sed mi­les vel agri cul­tor et fo­ren­sium re­rum ex­pers vel alias sim­pli­ci­ta­te gau­dens et de­si­dia de­di­tus: tunc eum qui ac­ce­pit pe­cu­nias os­ten­de­re be­ne eas ac­ce­pis­se et de­bi­tas ei fuis­se so­lu­tas et, si non os­ten­de­rit, eas red­hi­be­re. 2Sed haec ita, si to­tam sum­mam in­de­bi­tam fuis­se so­lu­tam is qui de­dit con­ten­dat. sin au­tem pro par­te que­ri­tur, quod pars pe­cu­niae so­lu­tae de­bi­ta non est, vel quod ab in­itio qui­dem de­bi­tum fuit, sed vel dis­so­lu­to de­bi­to post­ea igna­rus ite­rum sol­vit vel ex­cep­tio­ne tu­tus er­ro­re eius pe­cu­nias de­pen­dit: ip­sum om­ni­mo­do hoc os­ten­de­re, quod vel plus de­bi­to per­sol­vit vel iam so­lu­tam pe­cu­niam per er­ro­rem re­pe­ti­ta so­lu­tio­ne de­pen­dit vel tu­tus ex­cep­tio­ne suam ne­sciens pro­ie­cit pe­cu­niam, se­cun­dum ge­ne­ra­lem re­gu­lam, quae eos, qui op­po­nen­das es­se ex­cep­tio­nes ad­fir­mant vel sol­vis­se de­bi­ta con­ten­dunt, haec os­ten­de­re ex­igit. 3In om­ni­bus au­tem vi­sio­ni­bus quas prae­po­sui­mus li­cen­tia con­ce­den­da est ei, cui onus pro­ba­tio­nis in­cum­bit, ad­ver­sa­rio suo rei ve­ri­ta­te ius­iu­ran­dum fer­re, prius ip­so pro ca­lum­nia iu­ran­te, ut iu­dex iu­ra­men­ti fi­dem se­cu­tus ita suam sen­ten­tiam pos­sit for­ma­re, iu­re re­fe­ren­dae re­li­gio­nis ei ser­van­do. 4Sed haec, ubi de so­lu­tio­ne in­de­bi­ti quaes­tio est. sin au­tem cau­tio in­de­bi­te ex­po­si­ta es­se di­ca­tur et in­dis­cre­te lo­qui­tur, tunc eum, in quem cau­tio ex­po­si­ta est, com­pel­li de­bi­tum es­se os­ten­de­re, quod in cau­tio­nem de­du­xit, ni­si ip­se spe­cia­li­ter qui cau­tio­nem ex­po­suit cau­sas ex­pla­na­vit, pro qui­bus ean­dem con­scrip­sit: tunc enim sta­re eum opor­tet suae con­fes­sio­ni, ni­si evi­den­tis­si­mis pro­ba­tio­ni­bus in scrip­tis ha­bi­tis os­ten­de­re pa­ra­tus sit se­se haec in­de­bi­te pro­mis­sis­se.

25Ad Dig. 22,3,25ROHGE, Bd. 21 (1877), Nr. 84, S. 261: Folgen leichtsinnigen Leugnens.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 426, Note 10-25.Paul. lib. III. Quaestion. Ad Dig. 22,3,25 pr.ROHGE, Bd. 23 (1878), Nr. 107, S. 319: Begründung der cond. indeb. Beweis des Irrthums und dessen Entschuldbarkeit.Wenn in Betreff einer Nichtschuld gefragt wird, wer beweisen muss, dass keine Schuld vorhanden gewesen sei, so ist die Sache so anzuordnen, dass, wenn der, welcher eine Sache oder Geld ungeschuldet empfangen haben soll, dies geleugnet, und der, welcher gegeben hat, durch gesetzliche Beweise die Zahlung bewiesen haben wird, ohne irgend einen Unterschied, der, welcher geleugnet hat, dass er das Geld empfangen habe; wenn er gehört sein will, anzutreiben ist, die Beweise dafür zu liefern, dass er das Geld geschuldet empfangen hat; denn es würde gar sehr ungereimt sein, wenn der, welcher von Anfang an geleugnet hat, dass er das Geld empfangen habe, nachdem er überführt worden ist, dass er es empfangen habe, vom Gegner den Beweis, dass es nicht geschuldet gewesen sei, fordern wollte. Wenn er aber von Anfang an zwar bekennen sollte, dass er Gelder empfangen habe, aber behaupten sollte, dass sie ihm nicht ungeschuldet gezahlt worden seien, so zweifelt Niemand, dass die Vermuthung für den ist, welcher [das Geld] empfangen hat; denn Einer, welcher zahlt, ist niemals so nachlässig, dass er seine Gelder leicht wegwirft und ungeschuldet verschleudert; und vorzüglich, wenn der, welcher ungeschuldete [Gelder] gegeben haben soll, ein fleisiger und achtsamer Hausvater ist, von dem es unglaublich ist, dass er sich in irgend Etwas leicht geirrt habe, und darum wird der, welcher behauptet, dass er [die Gelder] ungeschuldet gezahlt habe, zu den Beweisen genöthigt, dass in Folge der bösen Absicht des Empfängers oder [in Folge] irgend eines rechtmässigen Grundes der Unwissenheit eine Nichtschuld von ihm gezahlt worden sei, und, wenn er das nicht nachgewiesen haben wird, so hat er kein Zurückforderungsrecht. 1Wenn aber der, welcher sich über die [Zahlung einer] Nichtschuld beschwert, entweder ein Mündel, oder ein Minderjähriger, oder eine Frauensperson, oder vielleicht zwar ein volljähriger Mann, aber Soldat, oder Landmann, oder der Geschäfte des bürgerlichen Lebens (forensium rerum) unkundig, oder sonst einfältig, oder der Nachlässigkeit ergeben sein sollte, dann muss der, welcher die Gelder empfangen hat, nachweisen, dass er sie wohl empfangen habe, und sie ihm geschuldet gezahlt worden seien, und, wenn er das nicht nachgewiesen haben wird, sie zurückgeben. 2Aber dies findet [nur] dann Statt, wenn der, welcher [das Geld] gegeben hat, behaupten sollte, dass die ganze Summe ungeschuldet gezahlt worden sei; wenn er sich aber nur wegen eines Theiles beschwert, dass ein Theil des gezahlten Geldes nicht geschuldet ist, oder dass es Anfangs zwar eine Schuld gewesen ist, er aber, entweder nachdem die Schuld getilgt gewesen ist, nachher aus Unwissenheit sie nochmals gezahlt hat, oder [dass er], obwohl er durch eine Einrede gedeckt war, aus Irrthum über dieselbe die Gelder gezahlt hat, so muss er jeden Falls dies selbst beweisen, dass er entweder mehr als die Schuld gezahlt hat, oder eine schon bezahlte Geldschuld aus Irrthum durch wiederholte Zahlung bezahlt hat, oder, obwohl er durch eine Einrede gedeckt war, [dies] nicht wissend, sein Geld verschleudert hat, der allgemeinen Regel gemäss, welche verlangt, dass die, welche versichern, dass Einreden entgegenzustellen seien, oder behaupten, dass sie Schulden bezahlt haben, dies nachweisen. 3In allen Fällen aber, welche wir aufgestellt haben, ist dem, welchem die Beweislast obliegt, die Freiheit zu gestatten, seinem Gegner über die Wahrheit der Sache den Eid anzutragen, indem er selbst zuvor für Gefährde2020S. die Bem. zu L. 16. D. de jurejur 12. 2. schwört, so dass der Richter, der Glaubwürdigkeit des Eides folgend, sein Urtheil darnach einrichten kann, indem er dem [Gegner] das Recht bewahrt, [jenem] den Eid zurückzuschieben. 4Ad Dig. 22,3,25,4Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 318, Note 4; Bd. II, § 412b, Note 2.Aber dies [gilt von dem Fall], wenn die Frage die Zahlung einer Nichtschuld betrifft. Wenn aber behauptet werden sollte, dass ein Schuldschein ungeschuldet ausgestellt sei, und [derselbe] unbestimmt abgefasst ist2121Indiscrete loquitur, d. h. keinen bestimmten Grund der Schuld angibt. Dann muss der angebliche Gläubiger beweisen, dass wirklich eine Schuld vorhanden sei; ist aber ein Schuldgrund angegeben, so muss der Aussteller des Schuldscheins, der angebliche Schuldner, die Nichtschuld beweisen., dann wird der, welchem der Schuldschein ausgestellt ist, angetrieben, nachzuweisen, dass das, was [der Andere] in den Schuldschein gebracht hat, eine Schuld sei, wenn nicht der selbst, welcher den Schuldschein ausgestellt hat, [in demselben] besonders erklärt hat, wofür er denselben aufgesetzt hat; dann nämlich muss derselbe seinem Bekenntniss Folge leisten, wenn er nicht bereit ist, durch die augenscheinlichsten in Schriften enthaltenen Beweise nachzuweisen, dass er dies ungeschuldet versprochen habe.

26Pa­pi­nia­nus li­bro vi­ce­si­mo quaes­tio­num. Pro­cu­la mag­nae quan­ti­ta­tis fi­dei­com­mis­sum a fra­tre si­bi de­bi­tum post mor­tem eius in ra­tio­ne cum he­redi­bus com­pen­sa­re vel­let, ex di­ver­so au­tem al­le­ga­re­tur num­quam id a fra­tre quam­diu vi­xit de­si­de­ra­tum, cum va­riis ex cau­sis sae­pe ra­tio­ni fra­tris pe­cu­nias ra­tio Pro­cu­lae sol­vis­set: di­vus Com­mo­dus cum su­per eo neg­otio co­gnos­ce­ret, non ad­mi­sit com­pen­sa­tio­nem, qua­si ta­ci­te fra­tri fi­dei­com­mis­sum fuis­set re­mis­sum.

26Papinian. lib. XX. Quaest. Als Procula ein Fideicommiss von ansehnlichem Betrag, welches ihr von ihrem Bruder geschuldet wurde, nach dem Tode desselben in der Rechnung mit den Erben aufrechnen wollte, man aber von der andern Seite anführte, dass sie dasselbe von ihrem Bruder, so lange er gelebt, niemals verlangt habe, obwohl der Rechnungsführer2222Ratio, s. v. Glück XXI. S. 391. f. Anm. 3. der Procula oft aus verschiedenen Gründen in die Rechnung ihres Bruders Gelder gezahlt hätte, so hat der höchstselige Commodus, als er über diese Sache erkannte, die Aufrechnung nicht zugelassen, gleich als ob dem Bruder das Fideicommiss stillschweigend erlassen gewesen wäre.

27Scae­vo­la li­bro tri­ge­si­mo ter­tio di­ges­to­rum. Qui tes­ta­men­tum fa­cie­bat ei qui us­que ad cer­tum mo­dum ca­pe­re po­tue­rat le­ga­vit li­ci­tam quan­ti­ta­tem, de­in­de ita lo­cu­tus est: ‘Ti­tio cen­tum do le­go, quae mi­hi per­tu­lit: quae id­eo ei non ca­vi, quod om­nem for­tu­nam et sub­stan­tiam, si quam a ma­tre sus­ce­pe­rat in si­nu meo ha­bui si­ne ul­la cau­tio­ne. item ei­dem Ti­tio red­di et sol­vi vo­lo de sub­stan­tia mea cen­tum quin­qua­gin­ta, quae ego ex red­iti­bus prae­dio­rum eius (quo­rum ip­se fruc­tum per­ce­pi et dis­tra­xi), item de ca­len­da­rio (si qua a ma­tre re­ce­pe­rat Ti­tius) in rem meam con­ver­ti’. quae­ro, an Ti­tius ea ex­ige­re pot­est. re­spon­dit, si Ti­tius su­pra scrip­ta ex ra­tio­ne sua ad tes­ta­to­rem per­ve­nis­se pro­ba­re po­tue­rit, ex­igi: vi­de­tur enim eo, quod il­le plus ca­pe­re non pot­erat, in frau­dem le­gis haec in tes­ta­men­to ad­ie­cis­se.

27Scaevola lib. XXXIII. Dig. Jemand, der ein Testament machte, hat [dem Titius] einem solchen, welcher nur bis auf eine bestimmte Summe [ein Vermächtniss] nehmen konnte, den erlaubten Betrag legirt; sodann hat er so gesprochen: dem Titius gebe [und] legire ich auch die Hundert, welche er mir überbracht [und anvertraut] hat, und über welche ich ihm darum keinen Schuldschein gegeben habe, weil ich das ganze Gut und Vermögen, welches er von seiner Mutter erhalten hatte, ohne irgend einen Schuldschein in meinem Gewahrsam gehabt habe. Ingleichen will ich, dass demselben Titius aus meinem Vermögen die Hundertundfunfzig wiedergegeben und gezahlt werden sollen, welche ich aus dem Ertrag seiner Grundstücke, von denen ich die Früchte gezogen und verkauft habe, ingleichen von den zum Ausleihen bestimmten Geldern2323De Calendario, s. v. Glück IX. S. 178., welche Titius von seiner Mutter erhalten hatte, in meinen Nutzen verwendet habe. Ich frage, ob Titius dies fordern kann? [Scävola] hat zum Bescheid gegeben, dass es gefordert werden könne, wenn Titius habe beweisen können, dass das Obige aus seiner Rechnung an den Testator gekommen sei; denn [letzterer] scheint darum, weil jener nicht mehr [als Vermächtniss] nehmen konnte, zur Umgehung des Gesetzes dies im Testament hinzugefügt zu haben.

28La­beo li­bro sep­ti­mo pi­tha­non a Pau­lo epi­to­ma­to­rum. Si ar­bi­ter anim­ad­ver­te­re de­beat, an ope­ris fac­ti me­mo­ria ex­stet, hoc ei quae­ren­dum est, an ali­quis me­mi­ne­rit id opus fac­tum es­se. Paulus: im­mo cum in ar­bi­trio quae­ri­tur, me­mo­ria fac­ti ope­ris ex­stet nec ne, non hoc quae­ri­tur, num ali­quis me­mi­ne­rit, quo die aut quo con­su­le fac­tum sit, sed num hoc ali­quo mo­do pro­ba­ri pos­sit, quan­do id opus fac­tum sit: et hoc ita, quod Grae­ce di­ci so­let ἐν πλάτει. enim pot­est hoc me­mo­ria non te­ne­ri: in­tra an­num pu­ta fac­tum, cum in­ter­im ne­mo sit eo­rum, qui me­mi­ne­rit, qui­bus con­su­li­bus id vi­de­rit, sed cum om­nium haec est opi­nio nec au­dis­se nec vi­dis­se, cum id opus fie­ret, ne­que ex eis au­dis­se, qui vi­dis­sent aut au­dis­sent: et hoc in­fi­ni­te si­mi­li­ter su­sum ver­sum ac­ci­det, cum me­mo­ria ope­ris fac­ti non ex­sta­ret.

28Ad Dig. 22,3,28Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 113, Note 9.Labeo lib. VII. Pithanon a Paulo epitom. Wenn der nach seinem Ermessen verfahrende Richter (arbiter) untersuchen muss, ob eine Erinnerung an die [Zeit der] Errichtung eines Werkes2424Wenn nämlich auf einem Grundstücke sich eine Anlage befindet, durch welche der Lauf des Regenwassers zum Schaden des benachbarten Grundstücks ohne den Willen des Eigenthümers des letzteren und ohne rechtmässigen Grund verändert wird, so kann dieser gegen den Eigenthümer jenes Grundstücks nur dann mit der actio, oder, wie es hier heisst, dem arbitrium (s. §. 31. I. de act. 4. 6.) aquae pluviae arcendae (s. d. 3. Tit. des 39. Buchs der Dig.) auf Wegräumung jener Einrichtung klagen, wenn sie noch nicht über Menschengedenken hinaus bestanden hat. Dies muss also der Richter untersuchen. S. v. Glück XXI. S. 412. ff. vorhanden sei, so muss er darnach fragen, ob sich irgend Jemand erinnere, dass jenes Werk errichtet sei. Paulus: Vielmehr wird, wenn bei der in das Ermessen des Richters gestellten Klage gefragt wird, ob eine Erinnerung an [die Zeit] der Errichtung des Werks vorhanden sei, oder nicht, nicht darnach gefragt, ob sich Jemand erinnere, an welchem Tage, oder unter welchem Consul es errichtet sei, sondern ob dies einigermaassen bewiesen werden könne, um welche Zeit jenes Werk errichtet sei; und dies so, wie die Griechen zu sagen pflegen, ἐν πλάτει2525Dieser schon in der L. 3. D. de cond. trit. 13. 3. vorgekommene Ausdruck wird in der L. 12. §. 2. D. rem ratam hab. 46. 8. erklärt: cum laxamento et amplitudine, also im Allgemeinen, ohne dass man ängstlich auf die einzelnen Momente sieht. Im Folgenden ist die Uebersetzung nach einer doppelten Aenderung des Textes gegeben worden. Erstlich ist das ἐν πλάτει wiederholt worden (s. die Gründe dafür bei v. Glück a. a. O. S. 418. Anm. 92), und zweitens ist das non teneri mit Heineccius in contineri verwandelt worden. Zwar widerspricht dieser Aenderung das Scholion Basil. T. III. p. 47. not. b. Allein dass dieses Scholion von wenig Bedeutung sei, hat Unterholzner ausführl. Entwickl. d. Verjährungsl. B. 1. S. 504. Anm. 504. bemerkt. Auf der andern Seite spricht aber sehr viel für die Annahme eines affirmativen Sinnes, wie schon von Anderen (s. v. Glück a. a. O. S. 419. Anm. 93.) gezeigt worden ist. Wie sich übrigens das, was v. Glück zur Erläuterung des negativen Sinnes sagt, mit dem ganzen Zusammenhang der Stelle vereinigen lasse, ist dem Uebersetzer wenigstens dunkel geblieben.; denn ἐν πλάτει kann man das im Gedächtniss haben, z. B. dass die [Zeit der] Errichtung in eine gewisse Reihe von Jahren falle2626Intra annum puta factum, d. h. man weiss zwar, dass das Werk seit einer gewissen Reihe von Jahren bestehe, kann aber nicht sagen, in welchem Jahre es errichtet sei. Sollte nicht vielleicht vor annum eine Zahl, z. B. L. ausgefallen sein?, obwohl Niemand da ist, welcher sich erinnert, unter welchen Consuln er es gesehen habe. Aber wenn Aller Meinung dahin geht, dass sie weder gehört, noch gesehen haben, als jenes Werk errichtet wurde, auch es nicht von denen gehört haben, welche es gesehen oder gehört hatten, und dies auf gleiche Weise immer weiter aufwärts bis ins Unendliche gehen wird, dann2727Tum oder tunc statt quum. S. v. Glück a. a. O. S. 421. Anm. 95. Unterholzner a. a. O. Anm. 507. würde keine Erinnerung an die Errichtung des Werkes vorhanden sein.

29Scae­vo­la li­bro no­no di­ges­to­rum. Im­pe­ra­to­res An­to­ni­nus et Ve­rus Au­gus­ti Clau­dio Apol­li­na­ri11Die Großausgabe liest Apo­li­na­ri statt Apol­li­na­ri. re­scrip­se­runt in haec ver­ba: ‘Pro­ba­tio­nes quae de fi­liis dan­tur, non in so­la ad­fir­ma­tio­ne tes­tium con­sis­tunt, sed et epis­tu­las, quae uxo­ri­bus mis­sae al­le­ga­ren­tur, si de fi­de ea­rum con­stet, non­nul­lam vi­cem in­stru­men­to­rum op­ti­ne­re de­cre­tum est’. 1Mu­lier gra­vi­da re­pu­dia­ta, fi­lium eni­xa, ab­sen­te ma­ri­to ut spu­rium in ac­tis pro­fes­sa est. quae­si­tum est an is in po­tes­ta­te pa­tris sit et ma­tre in­tes­ta­ta mor­tua ius­su eius he­redi­ta­tem ma­tris ad­ire pos­sit nec ob­sit pro­fes­sio a ma­tre ira­ta fac­ta. re­spon­dit ve­ri­ta­ti lo­cum su­per­fo­re.

29Scaevola lib. IX. Dig. Die Kaiser Antoninus und Verus, die Erhabenen (Augusti), haben an den Claudius Apollinaris folgendermaassen rescribirt: Es ist entschieden worden, dass die Beweise, welche über die Kindschaft (de filiis) geführt werden, nicht blos auf der Versicherung von Zeugen beruhen, sondern dass auch Briefe, welche [von Ehemännern] an Ehefrauen geschickt worden wären und beigebracht würden, wenn ihre Glaubwürdigkeit ausser Zweifel wäre, einigermaassen die Stelle von Beweismitteln vertreten. 1Eine geschiedene schwangere Frau, hatte in Abwesenheit des [geschiedenen] Ehemannes einen Sohn geboren und denselben als einen unehelichen in den Acten angegeben2828S. die Bem. z. L. 16. h. t.; man hat gefragt, ob er in der Gewalt seines Vaters sei und auf Befehl desselben, nachdem die Mutter, ohne ein Testament gemacht zu haben, gestorben ist, die Erbschaft der Mutter antreten könne, und die von der Mutter im Zorn gemachte Angabe nicht entgegenstehe? [Scävola] hat zum Bescheid gegeben, dass die Wahrheit den Vorzug haben werde.