Liber vicesimus secundus
III.
De probationibus et praesumptionibus
(Von den Beweisen und den Vermuthungen.)
1Papinianus libro tertio quaestionum. Quotiens quaereretur, genus vel gentem quis haberet nec ne, eum probare oportet.
1Papinian. lib. III. Quaest. So oft gestritten wird, ob Jemand eine [gewisse] Verwandschaft oder Herkunft habe oder nicht, so muss der beweisen11Welcher seinen Antrag darauf gründet, mag er die Verwandschaft oder Herkunft für sich behaupten, oder sie seinem Gegner bestreiten. S. v. Glück a. a. O. 232—242..
2Paul. lib. XXIX. ad Ed. Demjenigen liegt der Beweis ob, welcher [eine Thatsache] behauptet, nicht [demjenigen], welcher [sie] leugnet.
3Papinianus libro nono responsorum. Cum tacitum fideicommissum ab eo datur, qui tam in primo quam in secundo testamento pro eadem parte vel postea pro maiore heres scribitur, probatio mutatae voluntatis ei debet incumbere qui convenitur, cum secreti suscepti ratio plerumque dominis rerum persuadeat eos ita heredes scribere, quorum fidem elegerunt.
3Papinian. lib. IX. Resp. Wenn ein heimliches Fideicommiss22S. die Bem. zu L. 17. §. 2. D. de usur. 22. 1. demjenigen auferlegt wird, welcher sowohl in dem ersten, als in dem zweiten Testament auf denselben Theil, oder nachher auf einen grösseren zum Erben eingesetzt wird, so muss der Beweis, dass [der Testator] seinen Willen geändert habe, demjenigen obliegen, welcher belangt wird, da der Grund, dass das heimliche Vermächtniss übernommen worden ist (secreti suscepti ratio) gewöhnlich die Eigenthümer von Sachen (Erblasser) auf den Gedanken bringt, die, auf welche sie ihr Vertrauen gesetzt haben, auf solche Weise zu Erben einzusetzen33Es hatte Jemand einem Andern versprochen, ein Fideicommiss an eine erbunfähige Person auszuantworten, und war von diesem zum Erben eingesetzt. Nachher macht der Erblasser ein anderes Testament, in welchem er jenen wiederum zum Erben einsetzt. Der Fiscus, von dem heimlichen Fideicommiss in Kenntniss gesetzt, belangt deshalb den Erben. Dieser sagt, der Erblasser habe sein erstes Testament und somit auch das Fideicommiss durch das zweite Testament entkräftet. Der Regel nach würde diese Einrede die Vermuthung für sich haben und der Gegner das Gegentheil beweisen müssen. Allein weil die Erblasser, welche ein heimliches Fideicommiss auferlegt haben, das erste Testament aufzuheben pflegen, damit man glauben solle, es sei auch das Fideicommiss aufgehoben, während dies doch nicht geschehen ist, so wird dem Erben der Beweis, dass der Testator wirklich das Fideicommiss aufgehoben habe, auferlegt. S. v. Glück a. a. O. S. 248 ff..
4Paulus libro sexto responsorum. Respondit emptorem probare debere, eum servum de quo quaeritur antequam emeret fugisse.
4Paul. lib. VI. Respons. [Paulus] hat zum Bescheid gegeben, dass der Käufer44Wenn er mit der act. redhibitoria (s. tit. Dig. de Aed. ed. 21. 1.) klagt und die Klage darauf gründet, dass der verkaufte Sclav ein Flüchtling sei. beweisen müsse, dass der Sclav, um welchen es sich handelt, ein Flüchtling gewesen sei, ehe er ihn kaufte.
5Idem libro nono responsorum. Ab ea parte, quae dicit adversarium suum ab aliquo iure prohibitum esse specialiter lege vel constitutione, id probari oportere. 1Idem respondit, si quis negat emancipationem recte factam, probationem ipsum praestare debere.
5Idem lib. IX. Respons. [Paulus hat zum Bescheid gegeben,] dass von dem streitenden Theil, welcher behauptet, sein Gegner sei von irgend einem Rechte besonders durch ein Gesetz oder eine Constitution ausgeschlossen, dies beweisen müsse. 1Derselbe hat zum Bescheid gegeben, dass, wenn Jemand behauptet, dass eine Entlassung aus der väterlichen Gewalt nicht gehörig geschehen sei, den Beweis selbst führen müsse.
6Scaevola libro secundo responsorum. Patronum manifeste docere debere libertum in fraudem suam aliquid dedisse, ut partem eius quod in fraudem datum esset, posset avocare.
6Scaevola lib. II. Respons. [Scävola] hat zum Bescheid gegeben, dass ein Patron augenscheinlich darthun müsse, dass sein Freigelassener, um ihn zu bevortheilen, Etwas weggegeben habe, damit er einen Theil dessen, was, um ihn zu bevortheilen, weggegeben worden wäre, widerrufen könnte55Den Patronen gebührte ein Theil von dem Nachlass eines Freigelassenen. Hatte der Freigelassene eine Veräusserung unter Lebenden vorgenommen, um jenen Theil zu schmälern oder ganz zu vereiteln, so konnte der Patron mit der act. Faviana oder Calvisiana die Veräusserung anfechten. S. die Bem. zu L. 40. §. 1. D. de pign. act. 13. 7. und zu L. 38. §. 4. D. de usur. 22. 1. v. Glück a. a. O. S. 264 ff..
7Paulus libro secundo sententiarum. Cum probatio prioris fugae deficit, servi quaestioni credendum est: in se enim interrogari, non pro domino aut in dominum videtur.
8Idem libro octavo decimo ad Plautium. Si filius in potestate patris esse neget, praetor cognoscit, ut prior doceat filius, quia et pro pietate quam patri debet praestare hoc statuendum est et quia se liberum esse quodammodo contendit: ideo enim et qui ad libertatem proclamat, prior docere iubetur.
8Idem lib. XVIII. ad Plaut. Wenn ein Sohn behauptet, dass er sich nicht in der Gewalt seines Vaters befinde, so entscheidet der Prätor nach Untersuchung der Sache, dass der Sohn zuvor dies darthun solle, sowohl weil dies wegen der Ehrerbietung, welche er dem Vater zeigen muss, so zu bestimmen ist, als auch weil er gewissermaassen behauptet, dass er frei sei; darum nämlich wird auch dem, welcher die Freiheit in Anspruch nimmt, befohlen, sie zuvor darzuthun.
9Celsus libro primo digestorum. Si pactum factum sit, in quo heredis mentio non fiat, quaeritur, an id actum sit, ut ipsius dumtaxat persona eo statueretur. sed quamvis verum est, quod qui excipit probare debeat quod excipitur, attamen de ipso dumtaxat ac non de herede eius quoque convenisse petitor, non qui excipit probare debet, quia plerumque tam heredibus nostris quam nobismet ipsis cavemus.
9Celsus lib. I. Digest. Wenn ein Pactum66Es ist hier ein Erlassungsvertrag gemeint; in demselben war des Erben keine Erwähnung geschehen, dieser behauptete aber, dass auch ihm durch denselben die Schuld erlassen sei. Es fragt sich also: soll dies der Erbe (Beklagter), oder das Gegentheil der Gläubiger (Kläger) beweisen? S. v. Glück a. a. O. S. 283 ff. geschlossen sein sollte, in welchem des Erben keine Erwähnung geschieht, so fragt es sich, ob man das beabsichtigt habe, dass nur die Person [des Erblassers] selbst in demselben gemeint sei? Obwohl es nun aber wahr ist, dass der, welcher eine Einrede vorschützt, das, was in der Einrede vorgeschützt wird, beweisen müsse, so muss dennoch [in diesem Falle] der Forderer (Kläger) nicht der, welcher die Einrede vorschützt, beweisen, dass man nur in Betreff [des Erblassers] selbst, und nicht auch in Betreff des Erben desselben eine Uebereinkunft getroffen habe, weil wir gewöhnlich sowohl für unsere Erben, als für uns selbst durch Verträge sorgen.
10Marcellus libro tertio digestorum. Census et monumenta publica potiora testibus esse senatus censuit.
10Marcell. lib. III. Digest. Der Senat hat verordnet, dass die Census-Verzeichnisse und öffentlichen Denkmäler77Census et monumenta publica. Unter census sind hier wohl die Register, in welchen unter Anderem auch die Grundstücke der Bürgen verzeichnet waren, monumenta publ. vorzüglich die Denkmäler von Metall, welche über Grundeigenthum, Ackergrenzen und Ländervertheilungen unter öffentlicher Auctorität von den Agrimensoren und Censitoren pflegten errichtet zu werden. So erklärt v. Glück a. a. O. S. 289 ff. diese Worte. mehr gelten sollen, als Zeugen.
11Celsus libro undecimo digestorum. Non est necesse pupillo probare fideiussores pro tutore datos, cum accipiebantur, idoneos non fuisse: nam probatio exigenda est ab his, quorum officii fuit providere, ut pupillo caveretur.
11Ad Dig. 22,3,11ROHGE, Bd. 6 (1872), S. 216: Beweislast bei einem Anspruche gegen den Mandatar wegen Verabsäumung der vertragsmäßigen Diligenz. Rechenschaftspflicht des Mandatars.Celsus lib. XI. Digest. Ein Mündel hat nicht nöthig zu beweisen, dass die für den Vormund bestellten Bürgen damals, als sie angenommen wurden, nicht zuverlässig gewesen seien, denn der Beweis ist von denen zu fordern, deren Pflicht es gewesen ist, dafür zu sorgen, dass dem Mündel Sicherheit gegeben würde.
12Idem libro septimo decimo digestorum. Quingenta testamento tibi legata sunt: idem scriptum est in codicillis postea scriptis: refert, duplicare legatum voluerit an repetere et oblitus se in testamento legasse id fecerit: ab utro ergo probatio eius rei exigenda est? prima fronte aequius videtur, ut petitor probet quod intendit: sed nimirum probationes quaedam a reo exiguntur: nam si creditum petam, ille respondeat solutam esse pecuniam, ipse hoc probare cogendus est. et hic igitur cum petitor duas scripturas ostendit, heres posteriorem inanem esse, ipse heres id adprobare iudici debet.
12Ad Dig. 22,3,12ROHGE, Bd. 22 (1878), Nr. 66, S. 300: Beweis fortdauernder Bereicherung.Idem lib. XVII. Digest. Es sind dir in dem Testment Fünfhundert legirt, eben dasselbe ist in den nachher aufgesetzten Codicillen vermacht worden, es kommt darauf an, ob [der Erblasser] das Legat hat verdoppeln, oder nur wiederholen wollen, und dies [darum] gethan hat, weil er vergessen hatte, dass er [jene Summe schon] im Testament legirt habe; von welchem von Beiden88Von dem Legatar, welcher auf zweimal 500 gegen den Erben klagt, oder von diesem, welcher nur 500 geben will? ist also der Beweis dieser Sache zu fordern? Auf den ersten Anblick scheint es billiger zu sein, dass der Forderer (Kläger) das, was er behauptet, beweise, aber zuweilen werden auch gewisse Beweise von dem Beklagten gefordert; denn wenn ich ein Darlehn fordere, der [Beklagte] antwortet, das Geld sei schon gezahlt, so ist er zu zwingen, dies selbst zu beweisen; und in diesem Falle muss also da der Forderer zwei [letztwillige] Verordnungen vorzeigt, der Erbe [aber behauptet], die spätere sei unwirksam, der Erbe selbst dies dem Richter beweisen.
13Idem libro trigesimo digestorum. Cum de aetate hominis quaereretur, Caesar noster in haec verba rescripsit: ‘Et durum et iniquum est, cum de statu aetatis alicuius quaereretur et diversae professiones proferuntur, ea potissimum stare, quae nocet: sed causa cognita veritatem excuti oportet et ex eo potissimum annos computari, ex quo praecipuam fidem in ea re constare credibilius videtur’.
13Idem lib. XXX. Digest. Als über das Alter eines Menschen gestritten wurde, so hat unser Kaiser99Entweder Nerva, oder Trajanus, oder Hadrianus, denn unter diesen dreien schrieb Celsus der Jüngere. S. Zimmern Gesch. d. Röm. Priv. R. Bd. 1. §. 88. folgendermaassen rescribirt. Es ist sowohl hart, als unbillig, dass, wenn über das Alter (Verhältniss) irgend Jemands gestritten wird und verschiedene [Geburts-]Angaben1010Professiones. S. v. Glück a. a. O. S. 307 f. und vgl. L. 16. u. L. 29. §. 1. D. h. t. vorgebracht werden, man sich vorzüglich an den hält, welcher schadet; man muss vielmehr nach Untersuchung der Sache die Wahrheit prüfen und die Jahre hauptsächlich nach der [Urkunde] berechnen, welche der grösseren Wahrscheinlichkeit nach in dieser Sache eine vorzügliche Glaubwürdigkeit verdient.
14Ulpianus libro secundo de officio consulis. Circa eum, qui se ex libertinitate ingenuum dicat, referendum est, quis actoris partibus fungatur. et si quidem in possessionem libertinitatis fuit, sine dubio ipsum oportebit ingenuitatis causam agere docereque se ingenuum esse: sin vero in possessione ingenuitatis sit et libertinus esse dicatur, scilicet eius qui ei controversiam movet, hoc probare debet qui eum dicit libertum suum: quid enim interest, servum suum quis an libertum contendat? si quis autem fiducia ingenuitatis suae ultro in se suscipiat probationes ad hoc, ut sententiam ferat pro ingenuitate facientem, hoc est, ingenuum se esse ut pronuntietur, an obtemperare ei debeat, tractari potest. et non ab re esse opinor morem ei geri probandi se ingenuum et sententiam secundum se dandam, cum nulla captio intercedat iuris.
14Ulp. lib. II. de Officio Consulis. In Betreff dessen, welcher behauptet, dass er sich nicht in dem Stand eines Freigelassenen befinde, sondern ein Freigeborner sei, ist darauf zu sehen, wer die Rolle des Klägers habe1111Und also beweisen müsse. Wenn nämlich bei solchen Präjudicialklagen (s. d. Bem. zu L. 35. §. 2. D. de procur. et def. 3. 3.), mit welcher über den Rechtszustand eines Menschen gestritten wurde, die Frage entstand, wer die Rolle des Klägers habe und also beweisen müsse, so wurde der als Kläger angesehen, welcher den bisherigen Besitz verändern und einen andern Rechtszustand geltend machen wollte. S. L. 8. u. 18. pr. h. t.; v. Glück a. a. O. S. 278 ff. 314 ff.. Und wenn [der, über dessen Stand gestritten wird,] in dem Besitz des Standes eines Freigelassenen gewesen ist, so wird er selbst ohne Zweifel die Sache der freien Geburt führen und darthun müssen, dass er ein Freigeborner sei; wenn er aber in dem Besitz der freien Geburt ist und [von einem Anderen] behauptet wird, dass er ein Freigelassener, nämlich dessen, welcher gegen ihn den Streit erhebt, sei, so muss der dies beweisen, welcher behauptet, dass jener sein Freigelassener sei. Denn welcher Unterschied ist es, ob Jemand behauptet, dass [ein Anderer] sein Sclav, oder dass er sein Freigelassener sei? Wenn aber Jemand im Vertrauen auf seine freie Geburt freiwillig den Beweis auf sich nehmen will, zu dem Zweck, damit er ein für die freie Geburt sprechendes Urtheil erhalte, das heisst, damit ausgesprochen werde, dass er ein Freigeborner sei, so kann man darüber verhandeln, ob man ihm willfahren dürfe? und ich glaube, dass es der Sache nicht unangemessen sei, dass man ihm, wenn er beweisen will1212Probanti (i. e. probare volenti) statt probandi mit v. Glück a. a. O. S. 317., er sei ein Freigeborner, willfahre und dass das Urtheil zu seinen Gunsten zu sprechen sei, da hierbei keine Rechtsverfänglichkeit vorkommt.
15Modestinus libro duodecimo responsorum. Quidam quasi ex Seia susceptus a Gaio Seio, cum Gaius fratres haberet, hereditatem Gaii invasit et fratribus eiusdem quasi ex mandatu defuncti fideicommissa solvit, cautionem accepit: qui postea cognito, quod filius fratris eorum non fuisset, quaerebant, an cum eo de hereditate fratris possint, propter emissam manum ab eis quasi filio, agere. Modestinus respondit cautione exsoluti fideicommissi statum eius, qui probari potest a fratribus defuncti filius mortui non esse, minime confirmatum esse: sed hoc ipsum a fratribus probari debet.
15Modestin. lib. XII. Respons. Jemand hat sich, gleichsam als wäre er ein von der Seja geborner Sohn des Cajus Sejus, da Cajus Brüder hatte, der Erbschaft des Cajus bemächtigt, und den Brüdern desselben, gleichsam in Folge eines Auftrags des Cajus, Fideicommisse gezahlt; er hat [von denselben] einen Empfangschein [über die Fideicommisse] erhalten; sie aber erfuhren nachher, dass er der Sohn ihres Bruders nicht wäre, und fragten daher, ob sie gegen denselben wegen der Erbschaft ihres Bruders klagen könnten, da ihm doch, gleich als ob er der Sohn [desselben] wäre, von ihnen eine Handschrift ausgestellt worden wäre. Modestinus hat zum Bescheid gegeben, durch den Empfangschein über das ausgezahlte Fideicommiss sei der Rechtszustand dessen, der, wie von den Brüdern des Verstorbenen bewiesen werden kann, der Sohn des Verstorbenen nicht ist, keineswegs bestätigt worden; aber eben das1313Dass er der Sohn ihres verstorbenen Bruders nicht sei. muss von den Brüdern bewiesen werden.
16Terentius Clemens libro tertio ad legem Iuliam et Papiam. Etiam matris professio filiorum recipitur: sed et avi recipienda est.
16Terent. Clemens lib. III. ad leg. Jul. et Pap. Auch die Angabe der Mutter1414Die Eltern mussten nämlich, wenn ihnen ein Kind geboren war, dies zu Protokoll geben, damit man gewiss sei, ob sie der Belohnungen, die der ehelichen Fruchtbarkeit bestimmt waren, theilhaftig werden könnten. Eine solche Anzeige konnte nach unserer Stelle also nicht blos vom Vater, sondern auch von der Mutter und dem Grossvater geschehen. S. v. Glück a. a. O. S. 322 ff. in Betreff ihrer Söhne wird angenommen, aber auch die des Grossvaters ist anzunehmen.
17Celsus libro sexto digestorum. Cum de lege Falcidia quaeritur, heredis probatio est locum habere legem Falcidiam: quod dum probare non potest, merito condemnabitur.
17Cels. lib. VI. Digest. Wenn über das Falcidische Gesetz gestritten wird1515Ob nämlich der Erbe das ihm durch dieses Gesetz zugesicherte Viertheil frei habe, oder nicht und deshalb die Vermächtnisse kürzen dürfe. Dass das Letztere Statt finde, muss der Erbe beweisen., so liegt dem Erben der Beweis ob, dass das Falcidische Gesetz Statt habe; und wenn er das nicht beweisen kann, so wird er mit Recht verurtheilt werden.
18Ulpianus libro sexto disputationum. Quotiens operae quasi a liberto petuntur, probationes ab eo qui se patronum dicit exiguntur: et ideo Iulianus scripsit, licet in praeiudicio possessor patronus esse videtur, verum partibus actoris non libertum fungi debere, sed eum qui se patronum esse contendit. 1Qui dolo dicit factum aliquid, licet in exceptione, docere dolum admissum debet. 2Interrogationis factae probationem actori imponi debere, id est ei, qui in iure interrogatum dixit respondisse se solum heredem esse. vel si tacuisse dicatur interrogatus, aeque tantundem erit dicendum impositam inprobationem non ei qui excepit se non respondisse, sed actori.
18Ulp. lib. VI. Disput. So oft Jemand Dienste von einem Andern, gleich als ob [dieser sein] Freigelassener sei, fordert, so werden die Beweise von dem verlangt, welcher behauptet, dass er der Patron [des Anderen] sei; und darum hat Julianus geschrieben, dass, wenngleich in dem Präjudicium der Patron der Besitzer zu sein scheint, doch der Freigelassene nicht die Rolle des Klägers haben müsse, sondern der, welcher behauptet, dass er der Patron [des Anderen] sei1616Der Streit, ob Jemand der Freigelassene des Anderen sei (praejudicium, s. L. 14. h. t.), war bei Gelegenheit einer anderen Klage entstanden, durch welche Jemand Dienste von einem Andern, als Freigelassenen, forderte. Dieser schützte die Einrede vor: er sei nicht Freigelassener des Andern. Hier soll nun nicht, wie oben bei den Streiten über den Rechtszustand, welche durch eine Klage erhoben wurden, der Besitz über die Beweislast entscheiden, sondern der Kläger in der Hauptsache, soll auch im Präjudicium als solcher gelten und beweisen müssen. S. v. Glück a. a. O. S. 329 ff.. 1Ad Dig. 22,3,18,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 265, Note 17.Wer behauptet, dass Etwas aus böser Absicht geschehen sei, wenngleich in einer Einrede, muss darthun, dass [der Andere] sich habe böse Absicht zu Schulden kommen lassen. 2Der Beweis einer vor Gericht geschehenen Frage muss dem Kläger auferlegt werden, das heisst dem, welcher behauptet hat, der vor Gericht Befragte habe geantwortet, er sei der alleinige Erbe, oder wenn behauptet werden sollte, der Befragte habe geschwiegen, so wird ebenso auf gleiche Weise zu sagen sein, dass der Beweis nicht dem werde auferlegt werden1717Es ist hier die Verwandlung der Florent. Lesart: impositam in probationem, in: impositum iri probationem, welche Hoffmann vorgeschlagen hat, befolgt worden. S. v. Glück a. a. O. S. 328 f. Anm. 87. Noch ist zu bemerken, dass nach dieser Stelle das Schweigen als eine bejahende Antwort angesehen worden zu sein scheint. S. v. Glück XI. S. 263 ff., welcher die Einrede vorgeschützt hat, dass er nicht geantwortet habe, sondern dem Kläger.
19Idem libro septimo disputationum. In exceptionibus dicendum est reum partibus actoris fungi oportere ipsumque exceptionem velut intentionem implere: ut puta si pacti conventi exceptione utatur, docere debet pactum conventum factum esse. 1Cum quis promisisset iudicio se sisti et rei publicae causa afuisse dicat et ob id non stetisse, vel dolo malo adversarii factum quo minus sisteretur, vel valetudinem sibi impedimento fuisse vel tempestatem, probare eum id oportet. 2Sed et si procuratoria quis exceptione utatur, eo quod non licuisset adversario dare vel fieri procuratorem, probare id oportet obicientem exceptionem. 3Idem erit dicendum et si ea pecunia petatur, quae pensata dicitur. 4Hoc amplius, si iudicatae rei vel iurisiurandi condicio delata dicatur de eo quod nunc petitur, sive in alea gestum esse contendatur, eum implere probationes oportet.
19Idem lib. VII. Disputat. Bei Einreden muss man sagen, dass der Beklagte die Rolle des Klägers habe und selbst die Einrede, wie eine Klage (intentionem), beweisen müsse; z. B. wenn er sich der Einrede eines abgeschlossenen Pactums bedienen sollte, so muss er darthun, dass das Pactum wirklich abgeschlossen sei. 1Wenn Jemand versprochen hatte, dass er sich vor Gericht stellen wolle, und behauptet, er sei um des Staats willen abwesend gewesen und habe sich darum nicht gestellt, oder es sei durch böse Absicht des Gegners bewirkt worden, dass er sich nicht stellte, oder eine Krankheit, oder die Witterung sei ihm ein Hinderniss gewesen, so muss er das beweisen. 2Aber auch wenn Jemand sich der Geschäftsbesorgereinrede insofern bedienen sollte, dass [er behauptet,] der Gegner hätte keine Geschäftsbesorger bestellen, oder kein Geschäftsbesorger werden dürfen, so muss dies der, welcher die Einrede entgegensetzt, beweisen. 3Dasselbe wird man sagen müssen, wenn Geld gefordert werden sollte, und [von dem Beklagten] behauptet wird, es sei aufgerechnet. 4Ferner, wenn [die Einrede] der rechtskräftig entschiedenen Sache [vorgeschützt], oder [von dem Beklagten] behauptet werden sollte, es sei ihm der Eid über das, was jetzt gefordert wird, angetragen worden, oder wenn [von dem Beklagten] behauptet werden sollte, es sei [das fragliche Geschäft] in Bezug auf ein Spiel geführt worden, so muss er die Beweise vollführen.
20Iulianus libro quadragesimo tertio digestorum. Si quis liberum hominem vi rapuerit, in vinculis habuerit, is indignissime commodum possessoris consequeretur, quia probari non poterit hominem eo tempore quo primum lis ordinaretur in libertate fuisse.
20Jul. lib. XLIII. Digest. Wenn Jemand einen freien Menschen geraubt oder in Banden gehalten haben sollte, so würde er höchst unwürdig den Vortheil eines Besitzers1818Die Freiheit vom Beweise (s. d. Bem. zu L. 14. D. h. t.). Der Regel nach müsste der geraubte Mensch beweisen, weil er den jetzigen Besitzstand verändern will; doch ist er ausnahmsweise hier von der Beweislast frei, weil der Besitz auf unrechte Weise erworben worden ist. erlangen, weil man nicht wird beweisen können, dass der [fragliche] Mensch zu der Zeit, als der Streit zuerst angeordnet wurde, sich in der Freiheit befunden habe.
21Marcianus libro sexto institutionum. Verius esse existimo ipsum qui agit, id est legatarium, probare oportere scisse alienam rem vel obligatam legare defunctum, non heredem probare oportere ignorasse alienam vel obligatam, quia semper necessitas probandi incumbit illi qui agit.
21Marcian. lib. VI. Instit. Ich glaube, dass es wahrer sei, dass der, welcher klagt, selbst, das heisst, der Legatar, beweisen müsse, dass der Verstorbene gewusst habe, er legire eine fremde oder [als Pfand] verbindliche Sache, nicht dass der Erbe beweisen müsse, dass [derselbe] nicht gewusst habe, dass es eine fremde oder [als Pfand] verbindliche Sache sei; weil die Nothwendigkeit, zu beweisen, immer dem obliegt, welcher klagt1919S. §. 4. I. de legat. 2. 20..
23Marcianus libro singulari ad formulam hypothecariam. Ante omnia probandum est, quod inter agentem et debitorem convenit, ut pignori hypothecaeve sit: sed et si hoc probet actor, illud quoque implere debet rem pertinere ad debitorem eo tempore quo convenit de pignore, aut cuius voluntate hypotheca data sit.
23Marcian. lib. sing. ad formul. hypothec. Vor allen Dingen ist zu beweisen, dass zwischen dem Klagenden und dem Schuldner die Uebereinkunft getroffen worden ist, dass [die fragliche Sache] zum Pfand oder zur Hypothek dienen solle; aber auch wenn der Kläger dies beweisen sollte, so muss er auch das noch beweisen, dass die Sache zu jener Zeit, wo man über die Pfandbestellung übereingekommen ist, dem Schuldner, oder [dem] gehörte, mit dessen Willen die Hypothek bestellt sein soll.
24Modestinus libro quarto regularum. Si chirographum cancellatum fuerit, licet praesumptione debitor liberatus esse videtur, in eam tamen quantitatem, quam manifestis probationibus creditor sibi adhuc deberi ostenderit, recte debitor convenitur.
24Modestin. lib. IV. Regular. Wenngleich ein Schuldner, wenn der Schuldschein durchstrichen worden ist, nach der Vermuthung von der Verbindlichkeit befreit zu sein scheint, so wird er doch auf den Betrag, welcher, wie der Gläubiger durch augenscheinliche Beweise gezeigt haben wird, diesem noch geschuldet wird, richtig belangt.
25Paulus libro tertio quaestionum. Cum de indebito quaeritur, quis probare debet non fuisse debitum? res ita temperanda est, ut, si quidem is, qui accepisse dicitur rem vel pecuniam indebitam, hoc negaverit et ipse qui dedit legitimis probationibus solutionem adprobaverit, sine ulla distinctione ipsum, qui negavit sese pecuniam accepisse, si vult audiri, compellendum esse ad probationes praestandas, quod pecuniam debitam accepit: per etenim absurdum est eum, qui ab initio negavit pecuniam suscepisse, postquam fuerit convictus eam accepisse, probationem non debiti ab adversario exigere. sin vero ab initio confiteatur quidem suscepisse pecunias, dicat autem non indebitas ei fuisse solutas, praesumptionem videlicet pro eo esse qui accepit nemo dubitat: qui enim solvit numquam ita resupinus est, ut facile suas pecunias iactet et indebitas effundat, et maxime si ipse qui indebitas dedisse dicit homo diligens est et studiosus pater familias, cuius personam incredibile est in aliquo facile errasse. et ideo eum, qui dicit indebitas solvisse, compelli ad probationes, quod per dolum accipientis vel aliquam iustam ignorantiae causam indebitum ab eo solutum, et nisi hoc ostenderit, nullam eum repetitionem habere. 1Sin autem is qui indebitum queritur vel pupillus vel minor sit vel mulier vel forte vir quidem perfectae aetatis, sed miles vel agri cultor et forensium rerum expers vel alias simplicitate gaudens et desidia deditus: tunc eum qui accepit pecunias ostendere bene eas accepisse et debitas ei fuisse solutas et, si non ostenderit, eas redhibere. 2Sed haec ita, si totam summam indebitam fuisse solutam is qui dedit contendat. sin autem pro parte queritur, quod pars pecuniae solutae debita non est, vel quod ab initio quidem debitum fuit, sed vel dissoluto debito postea ignarus iterum solvit vel exceptione tutus errore eius pecunias dependit: ipsum omnimodo hoc ostendere, quod vel plus debito persolvit vel iam solutam pecuniam per errorem repetita solutione dependit vel tutus exceptione suam nesciens proiecit pecuniam, secundum generalem regulam, quae eos, qui opponendas esse exceptiones adfirmant vel solvisse debita contendunt, haec ostendere exigit. 3In omnibus autem visionibus quas praeposuimus licentia concedenda est ei, cui onus probationis incumbit, adversario suo rei veritate iusiurandum ferre, prius ipso pro calumnia iurante, ut iudex iuramenti fidem secutus ita suam sententiam possit formare, iure referendae religionis ei servando. 4Sed haec, ubi de solutione indebiti quaestio est. sin autem cautio indebite exposita esse dicatur et indiscrete loquitur, tunc eum, in quem cautio exposita est, compelli debitum esse ostendere, quod in cautionem deduxit, nisi ipse specialiter qui cautionem exposuit causas explanavit, pro quibus eandem conscripsit: tunc enim stare eum oportet suae confessioni, nisi evidentissimis probationibus in scriptis habitis ostendere paratus sit sese haec indebite promississe.
25Ad Dig. 22,3,25ROHGE, Bd. 21 (1877), Nr. 84, S. 261: Folgen leichtsinnigen Leugnens.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 426, Note 10-25.Paul. lib. III. Quaestion. Ad Dig. 22,3,25 pr.ROHGE, Bd. 23 (1878), Nr. 107, S. 319: Begründung der cond. indeb. Beweis des Irrthums und dessen Entschuldbarkeit.Wenn in Betreff einer Nichtschuld gefragt wird, wer beweisen muss, dass keine Schuld vorhanden gewesen sei, so ist die Sache so anzuordnen, dass, wenn der, welcher eine Sache oder Geld ungeschuldet empfangen haben soll, dies geleugnet, und der, welcher gegeben hat, durch gesetzliche Beweise die Zahlung bewiesen haben wird, ohne irgend einen Unterschied, der, welcher geleugnet hat, dass er das Geld empfangen habe; wenn er gehört sein will, anzutreiben ist, die Beweise dafür zu liefern, dass er das Geld geschuldet empfangen hat; denn es würde gar sehr ungereimt sein, wenn der, welcher von Anfang an geleugnet hat, dass er das Geld empfangen habe, nachdem er überführt worden ist, dass er es empfangen habe, vom Gegner den Beweis, dass es nicht geschuldet gewesen sei, fordern wollte. Wenn er aber von Anfang an zwar bekennen sollte, dass er Gelder empfangen habe, aber behaupten sollte, dass sie ihm nicht ungeschuldet gezahlt worden seien, so zweifelt Niemand, dass die Vermuthung für den ist, welcher [das Geld] empfangen hat; denn Einer, welcher zahlt, ist niemals so nachlässig, dass er seine Gelder leicht wegwirft und ungeschuldet verschleudert; und vorzüglich, wenn der, welcher ungeschuldete [Gelder] gegeben haben soll, ein fleisiger und achtsamer Hausvater ist, von dem es unglaublich ist, dass er sich in irgend Etwas leicht geirrt habe, und darum wird der, welcher behauptet, dass er [die Gelder] ungeschuldet gezahlt habe, zu den Beweisen genöthigt, dass in Folge der bösen Absicht des Empfängers oder [in Folge] irgend eines rechtmässigen Grundes der Unwissenheit eine Nichtschuld von ihm gezahlt worden sei, und, wenn er das nicht nachgewiesen haben wird, so hat er kein Zurückforderungsrecht. 1Wenn aber der, welcher sich über die [Zahlung einer] Nichtschuld beschwert, entweder ein Mündel, oder ein Minderjähriger, oder eine Frauensperson, oder vielleicht zwar ein volljähriger Mann, aber Soldat, oder Landmann, oder der Geschäfte des bürgerlichen Lebens (forensium rerum) unkundig, oder sonst einfältig, oder der Nachlässigkeit ergeben sein sollte, dann muss der, welcher die Gelder empfangen hat, nachweisen, dass er sie wohl empfangen habe, und sie ihm geschuldet gezahlt worden seien, und, wenn er das nicht nachgewiesen haben wird, sie zurückgeben. 2Aber dies findet [nur] dann Statt, wenn der, welcher [das Geld] gegeben hat, behaupten sollte, dass die ganze Summe ungeschuldet gezahlt worden sei; wenn er sich aber nur wegen eines Theiles beschwert, dass ein Theil des gezahlten Geldes nicht geschuldet ist, oder dass es Anfangs zwar eine Schuld gewesen ist, er aber, entweder nachdem die Schuld getilgt gewesen ist, nachher aus Unwissenheit sie nochmals gezahlt hat, oder [dass er], obwohl er durch eine Einrede gedeckt war, aus Irrthum über dieselbe die Gelder gezahlt hat, so muss er jeden Falls dies selbst beweisen, dass er entweder mehr als die Schuld gezahlt hat, oder eine schon bezahlte Geldschuld aus Irrthum durch wiederholte Zahlung bezahlt hat, oder, obwohl er durch eine Einrede gedeckt war, [dies] nicht wissend, sein Geld verschleudert hat, der allgemeinen Regel gemäss, welche verlangt, dass die, welche versichern, dass Einreden entgegenzustellen seien, oder behaupten, dass sie Schulden bezahlt haben, dies nachweisen. 3In allen Fällen aber, welche wir aufgestellt haben, ist dem, welchem die Beweislast obliegt, die Freiheit zu gestatten, seinem Gegner über die Wahrheit der Sache den Eid anzutragen, indem er selbst zuvor für Gefährde2020S. die Bem. zu L. 16. D. de jurejur 12. 2. schwört, so dass der Richter, der Glaubwürdigkeit des Eides folgend, sein Urtheil darnach einrichten kann, indem er dem [Gegner] das Recht bewahrt, [jenem] den Eid zurückzuschieben. 4Ad Dig. 22,3,25,4Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 318, Note 4; Bd. II, § 412b, Note 2.Aber dies [gilt von dem Fall], wenn die Frage die Zahlung einer Nichtschuld betrifft. Wenn aber behauptet werden sollte, dass ein Schuldschein ungeschuldet ausgestellt sei, und [derselbe] unbestimmt abgefasst ist2121Indiscrete loquitur, d. h. keinen bestimmten Grund der Schuld angibt. Dann muss der angebliche Gläubiger beweisen, dass wirklich eine Schuld vorhanden sei; ist aber ein Schuldgrund angegeben, so muss der Aussteller des Schuldscheins, der angebliche Schuldner, die Nichtschuld beweisen., dann wird der, welchem der Schuldschein ausgestellt ist, angetrieben, nachzuweisen, dass das, was [der Andere] in den Schuldschein gebracht hat, eine Schuld sei, wenn nicht der selbst, welcher den Schuldschein ausgestellt hat, [in demselben] besonders erklärt hat, wofür er denselben aufgesetzt hat; dann nämlich muss derselbe seinem Bekenntniss Folge leisten, wenn er nicht bereit ist, durch die augenscheinlichsten in Schriften enthaltenen Beweise nachzuweisen, dass er dies ungeschuldet versprochen habe.
26Papinianus libro vicesimo quaestionum. Procula magnae quantitatis fideicommissum a fratre sibi debitum post mortem eius in ratione cum heredibus compensare vellet, ex diverso autem allegaretur numquam id a fratre quamdiu vixit desideratum, cum variis ex causis saepe rationi fratris pecunias ratio Proculae solvisset: divus Commodus cum super eo negotio cognosceret, non admisit compensationem, quasi tacite fratri fideicommissum fuisset remissum.
26Papinian. lib. XX. Quaest. Als Procula ein Fideicommiss von ansehnlichem Betrag, welches ihr von ihrem Bruder geschuldet wurde, nach dem Tode desselben in der Rechnung mit den Erben aufrechnen wollte, man aber von der andern Seite anführte, dass sie dasselbe von ihrem Bruder, so lange er gelebt, niemals verlangt habe, obwohl der Rechnungsführer2222Ratio, s. v. Glück XXI. S. 391. f. Anm. 3. der Procula oft aus verschiedenen Gründen in die Rechnung ihres Bruders Gelder gezahlt hätte, so hat der höchstselige Commodus, als er über diese Sache erkannte, die Aufrechnung nicht zugelassen, gleich als ob dem Bruder das Fideicommiss stillschweigend erlassen gewesen wäre.
27Scaevola libro trigesimo tertio digestorum. Qui testamentum faciebat ei qui usque ad certum modum capere potuerat legavit licitam quantitatem, deinde ita locutus est: ‘Titio centum do lego, quae mihi pertulit: quae ideo ei non cavi, quod omnem fortunam et substantiam, si quam a matre susceperat in sinu meo habui sine ulla cautione. item eidem Titio reddi et solvi volo de substantia mea centum quinquaginta, quae ego ex reditibus praediorum eius (quorum ipse fructum percepi et distraxi), item de calendario (si qua a matre receperat Titius) in rem meam converti’. quaero, an Titius ea exigere potest. respondit, si Titius supra scripta ex ratione sua ad testatorem pervenisse probare potuerit, exigi: videtur enim eo, quod ille plus capere non poterat, in fraudem legis haec in testamento adiecisse.
27Scaevola lib. XXXIII. Dig. Jemand, der ein Testament machte, hat [dem Titius] einem solchen, welcher nur bis auf eine bestimmte Summe [ein Vermächtniss] nehmen konnte, den erlaubten Betrag legirt; sodann hat er so gesprochen: dem Titius gebe [und] legire ich auch die Hundert, welche er mir überbracht [und anvertraut] hat, und über welche ich ihm darum keinen Schuldschein gegeben habe, weil ich das ganze Gut und Vermögen, welches er von seiner Mutter erhalten hatte, ohne irgend einen Schuldschein in meinem Gewahrsam gehabt habe. Ingleichen will ich, dass demselben Titius aus meinem Vermögen die Hundertundfunfzig wiedergegeben und gezahlt werden sollen, welche ich aus dem Ertrag seiner Grundstücke, von denen ich die Früchte gezogen und verkauft habe, ingleichen von den zum Ausleihen bestimmten Geldern2323De Calendario, s. v. Glück IX. S. 178., welche Titius von seiner Mutter erhalten hatte, in meinen Nutzen verwendet habe. Ich frage, ob Titius dies fordern kann? [Scävola] hat zum Bescheid gegeben, dass es gefordert werden könne, wenn Titius habe beweisen können, dass das Obige aus seiner Rechnung an den Testator gekommen sei; denn [letzterer] scheint darum, weil jener nicht mehr [als Vermächtniss] nehmen konnte, zur Umgehung des Gesetzes dies im Testament hinzugefügt zu haben.
28Labeo libro septimo pithanon a Paulo epitomatorum. Si arbiter animadvertere debeat, an operis facti memoria exstet, hoc ei quaerendum est, an aliquis meminerit id opus factum esse. Paulus: immo cum in arbitrio quaeritur, memoria facti operis exstet nec ne, non hoc quaeritur, num aliquis meminerit, quo die aut quo consule factum sit, sed num hoc aliquo modo probari possit, quando id opus factum sit: et hoc ita, quod Graece dici solet ἐν πλάτει. enim potest hoc memoria non teneri: intra annum puta factum, cum interim nemo sit eorum, qui meminerit, quibus consulibus id viderit, sed cum omnium haec est opinio nec audisse nec vidisse, cum id opus fieret, neque ex eis audisse, qui vidissent aut audissent: et hoc infinite similiter susum versum accidet, cum memoria operis facti non exstaret.
28Ad Dig. 22,3,28Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 113, Note 9.Labeo lib. VII. Pithanon a Paulo epitom. Wenn der nach seinem Ermessen verfahrende Richter (arbiter) untersuchen muss, ob eine Erinnerung an die [Zeit der] Errichtung eines Werkes2424Wenn nämlich auf einem Grundstücke sich eine Anlage befindet, durch welche der Lauf des Regenwassers zum Schaden des benachbarten Grundstücks ohne den Willen des Eigenthümers des letzteren und ohne rechtmässigen Grund verändert wird, so kann dieser gegen den Eigenthümer jenes Grundstücks nur dann mit der actio, oder, wie es hier heisst, dem arbitrium (s. §. 31. I. de act. 4. 6.) aquae pluviae arcendae (s. d. 3. Tit. des 39. Buchs der Dig.) auf Wegräumung jener Einrichtung klagen, wenn sie noch nicht über Menschengedenken hinaus bestanden hat. Dies muss also der Richter untersuchen. S. v. Glück XXI. S. 412. ff. vorhanden sei, so muss er darnach fragen, ob sich irgend Jemand erinnere, dass jenes Werk errichtet sei. Paulus: Vielmehr wird, wenn bei der in das Ermessen des Richters gestellten Klage gefragt wird, ob eine Erinnerung an [die Zeit] der Errichtung des Werks vorhanden sei, oder nicht, nicht darnach gefragt, ob sich Jemand erinnere, an welchem Tage, oder unter welchem Consul es errichtet sei, sondern ob dies einigermaassen bewiesen werden könne, um welche Zeit jenes Werk errichtet sei; und dies so, wie die Griechen zu sagen pflegen, ἐν πλάτει2525Dieser schon in der L. 3. D. de cond. trit. 13. 3. vorgekommene Ausdruck wird in der L. 12. §. 2. D. rem ratam hab. 46. 8. erklärt: cum laxamento et amplitudine, also im Allgemeinen, ohne dass man ängstlich auf die einzelnen Momente sieht. Im Folgenden ist die Uebersetzung nach einer doppelten Aenderung des Textes gegeben worden. Erstlich ist das ἐν πλάτει wiederholt worden (s. die Gründe dafür bei v. Glück a. a. O. S. 418. Anm. 92), und zweitens ist das non teneri mit Heineccius in contineri verwandelt worden. Zwar widerspricht dieser Aenderung das Scholion Basil. T. III. p. 47. not. b. Allein dass dieses Scholion von wenig Bedeutung sei, hat Unterholzner ausführl. Entwickl. d. Verjährungsl. B. 1. S. 504. Anm. 504. bemerkt. Auf der andern Seite spricht aber sehr viel für die Annahme eines affirmativen Sinnes, wie schon von Anderen (s. v. Glück a. a. O. S. 419. Anm. 93.) gezeigt worden ist. Wie sich übrigens das, was v. Glück zur Erläuterung des negativen Sinnes sagt, mit dem ganzen Zusammenhang der Stelle vereinigen lasse, ist dem Uebersetzer wenigstens dunkel geblieben.; denn ἐν πλάτει kann man das im Gedächtniss haben, z. B. dass die [Zeit der] Errichtung in eine gewisse Reihe von Jahren falle2626Intra annum puta factum, d. h. man weiss zwar, dass das Werk seit einer gewissen Reihe von Jahren bestehe, kann aber nicht sagen, in welchem Jahre es errichtet sei. Sollte nicht vielleicht vor annum eine Zahl, z. B. L. ausgefallen sein?, obwohl Niemand da ist, welcher sich erinnert, unter welchen Consuln er es gesehen habe. Aber wenn Aller Meinung dahin geht, dass sie weder gehört, noch gesehen haben, als jenes Werk errichtet wurde, auch es nicht von denen gehört haben, welche es gesehen oder gehört hatten, und dies auf gleiche Weise immer weiter aufwärts bis ins Unendliche gehen wird, dann2727Tum oder tunc statt quum. S. v. Glück a. a. O. S. 421. Anm. 95. Unterholzner a. a. O. Anm. 507. würde keine Erinnerung an die Errichtung des Werkes vorhanden sein.
29Scaevola libro nono digestorum. Imperatores Antoninus et Verus Augusti Claudio Apollinari11Die Großausgabe liest Apolinari statt Apollinari. rescripserunt in haec verba: ‘Probationes quae de filiis dantur, non in sola adfirmatione testium consistunt, sed et epistulas, quae uxoribus missae allegarentur, si de fide earum constet, nonnullam vicem instrumentorum optinere decretum est’. 1Mulier gravida repudiata, filium enixa, absente marito ut spurium in actis professa est. quaesitum est an is in potestate patris sit et matre intestata mortua iussu eius hereditatem matris adire possit nec obsit professio a matre irata facta. respondit veritati locum superfore.
29Scaevola lib. IX. Dig. Die Kaiser Antoninus und Verus, die Erhabenen (Augusti), haben an den Claudius Apollinaris folgendermaassen rescribirt: Es ist entschieden worden, dass die Beweise, welche über die Kindschaft (de filiis) geführt werden, nicht blos auf der Versicherung von Zeugen beruhen, sondern dass auch Briefe, welche [von Ehemännern] an Ehefrauen geschickt worden wären und beigebracht würden, wenn ihre Glaubwürdigkeit ausser Zweifel wäre, einigermaassen die Stelle von Beweismitteln vertreten. 1Eine geschiedene schwangere Frau, hatte in Abwesenheit des [geschiedenen] Ehemannes einen Sohn geboren und denselben als einen unehelichen in den Acten angegeben2828S. die Bem. z. L. 16. h. t.; man hat gefragt, ob er in der Gewalt seines Vaters sei und auf Befehl desselben, nachdem die Mutter, ohne ein Testament gemacht zu haben, gestorben ist, die Erbschaft der Mutter antreten könne, und die von der Mutter im Zorn gemachte Angabe nicht entgegenstehe? [Scävola] hat zum Bescheid gegeben, dass die Wahrheit den Vorzug haben werde.