Ad legem Aquiliam
(Ueber das Aquilische Gesetz.)
1Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Das Aquilische Gesetz hob alle früheren, über widerrechtlichen Schaden sprechenden, Gesetze auf, sowohl die Zwölftafeln, als alle andern, weshalb eine Aufzählung dieser Gesetze unnöthig ist. 1Das Aquilische Gesetz ist ein Beschluss der niedern Volksclasse, indem der Volkstribun Aquilius ihn bei dem Volke in Vorschlag gebracht hat.
2Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Im ersten Hauptstück ist im Aquilischen Gesetze verordnet worden, Wer einen fremden Sclaven, oder eine fremde Sclavin, oder ein vierfüssiges Vieh11Unser Text hat noch die Florentinische mit der Vulgate übereinstimmende Lesart quadrupedem vel pecud., was jedoch schon längst verworfen worden ist; statt vel ist nämlich ve zu lesen. S. Glück X. 353, und die daselbst genannten Interpreten, so wie die Göttinger C. J. Ausgabe. widerrechtlich getödtet hat, soll so viel, als dessen höchster Werth in diesem Jahre betrug, dem Eigenthümer in Gelde zu vergüten schuldig sein. 1Weiter unten wird alsdann verordnet, dass wider den Leugnenden die Klage auf das Doppelte Statt finden solle. 2Wie es also den Anschein hat, so setzt es diejenigen vierfüssigen Thiere unsern Sclaven gleich, welche zum Vieh gerechnet, und heerdenweis gehalten werden, wie Schafe, Ziegen, Ochsen, Pferde, Maulesel und Esel. Ob auch Schweine unter der Benennung Vieh zu verstehen seien, darüber ist Frage erhoben worden; Labeo nimmt die bejahende Meinung ganz richtig an; Hunde gehören aber nicht zum Vieh. Um so weniger gehören wilde Thiere dazu, wie Bären, Löwen, und Panther, Elephanten und Kameele stehen gewissermaassen in der Mitte, denn eines Theils verrichten sie die Dienste von Lastthieren, und andern Theils ist ihre Natur wild; daher müssen sie im ersten Hauptstück mitbegriffen verstanden werden.
3Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Wenn ein Sclav oder eine Sclavin widerrechtlich getödtet worden ist, so kommt das Aquilische Gesetz zur Anwendung. Widerrechtlich getödtet worden sein, wird mit Absicht hinzugesetzt, denn die Tödtung an sich genügt nicht, sondern sie muss auch widerrechtlich geschehen sein.
4Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wenn ich daher deinen Sclaven, der mir als Strassenräuber nachstellt, getödtet habe, so bin ich gesichert; denn gegen die Gefahr erlaubt ein natürlicher Vernunftgrund die Vertheidigung. 1Einen bei Nacht ergriffenen Dieb erlaubt das Zwölftafelgesetz zu tödten, es muss dies jedoch mit lautem Geschrei kund gethan werden; einen bei Tage ergriffenen erlaubt es unter der Bedingung zu tödten, wenn er sich mit einer Waffe vertheidigt; doch muss dies auch mit Geschrei kund gethan werden.
5Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Auch derjenige, wer irgend Jemanden, der ihn mit Waffen angreift, getödtet hat, wird als keiner widerrechtlichen Tödtung schuldig angesehen; und wer aus Furcht vor Lebensgefahr einen Dieb getödtet hat, der geht ohne allen Zweifel nach dem Aquilischen Gesetze frei aus; wenn er ihn aber festnehmen konnte, und es doch vorgezogen hat, ihn zu tödten, so wird allerdings die Tödtung als eine widerrechtliche betrachtet, und er haftet daher auch nach dem Cornelischen Gesetz. 1Widerrechtlichkeit muss man aber hier nicht in dem Sinn wie Beschimpfung bei der Injurienklage nehmen, sondern als etwas ohne Recht dazu, also wider das Recht, Geschehenes verstehen, mithin wenn Jemand die Tödtung aus Schuld begangen hat; deshalb treffen zwar zuweilen sowohl die Aquilische als die Injurienklage zusammen, allein jede hat ihre besondere Werthschätzung, die eine wegen des Schadens, und die andere wegen der Beschimpfung. Widerrechtlichkeit heisst also hier, ein verschuldeter Schaden, wenn er auch von Jemand ausgegangen ist, der nicht hat schaden wollen. 2Daher fragt es sich, ob, wenn ein Wahnsinniger Schaden angerichtet hat, die Klage aus dem Aquilischen Gesetz Statt finde? — Pegasus leugnet es; denn wie [, sagt er,] könnte ihm Schuld beigemessen werden, da er nicht bei Sinnen ist? — Und dies ist ganz richtig; die Aquilische Klage fällt daher ebensowohl weg, wie wenn ein vierfüssiges Thier Schaden angerichtet, oder ein Ziegel vom Dache gefallen ist. Dasselbe ist der Fall, wenn ein Kind den Schaden gestiftet hat. Ist es ein Unmündiger gewesen, so, sagt Labeo, haftet er durch die Aquilische Klage, weil er auch wegen Diebstahls haftet; dies halte ich für begründet, wenn er schon einer Widerrechtlichkeit fähig ist. 3Wird ein Lehrer, der beim Unterricht einen Sclaven verwundet oder todtgeschlagen hat, durch das Aquilische Gesetz gehalten, wie wenn er einen Schaden widerrechtlich angerichtet habe? Julian schreibt, wer einem Schüler beim Unterricht ein Auge ausschlage, hafte nach jenem Gesetz; um so mehr sei dies also in Betreff eines erschlagenen der Fall. Es wird bei ihm aber ein Fall folgender Art angeführt: ein Schuster schlug einem freigeborenen Lehrling und Familiensohn, der etwas, das ihm gezeigt worden war, nicht recht machte, mit einem Leisten an den Kopf, so dass er ihm ein Auge einstiess; hier, sagt Julian, finde zwar eine Injurienklage nicht Statt, weil Jener nicht geschlagen hatte, um eine Injurie zu verüben, sondern um ihn zu ermahnen und zu belehren; auch glaubt er, dass die Miethklage angestellt werden könne, weil dem Lehrer nur eine mässige Züchtigung erlaubt ist. Dass aber Klage aus dem Aquilischen Gesetz erhoben werden könne, bezweifele ich gar nicht,
6Paul. lib. XXII. ad Sabin. denn zu grosse Strenge des Lehrers wird als Schuld gerechnet.
7Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Vermittelst dieser Klage, sagt er, werde der Vater dasjenige erlangen, was er an der Arbeit seines Sohnes durch dessen beschädigtes Auge verliert, und die Kosten, welche er auf dessen Heilung verwendet hat. 1Der Begriff Tödtung ist [einerlei], sie möge durch ein Schwert, einen Prügel, oder andere Waffe, oder mit den Händen, z. B. durch Erwürgen, oder Stösse mit den Füssen, oder auf den Kopf, oder es sei auf welche Weise da wolle, verübt sein. 2Hat Jemand aber mit einer zu schweren Bürde belastet, sie abgeworfen, und einen Sclaven getödtet, so findet die Aquilie Statt, weil es von seinem Willen abhing, sich nicht so zu belasten. Denn auch, wenn Jemand gefallen ist, und einen fremden Sclaven unter einer Last gequetscht hat, haftet derselbe, wie Pegasus sagt, nur dann nach dem Aquilischen Gesetz, wenn er sich entweder mit einer zu grossen Last beschwert hat, oder unvorsichtig über schlüpfrige Stellen gegangen ist. 3Wenn daher Jemand auf Antrieb, eines Andern den Schaden angerichtet hat, so, schreibt Proculus, hafte weder der, welcher dazu angetrieben hat, weil er selbst nicht getödtet, noch der, welcher dazu angetrieben worden ist, weil er keinen Schaden widerrechtlicher Weise verübt hat; hiernach ist also eine Klage auf das Geschehene gegen den erstern zu ertheilen. 4Wenn beim Ringen, beim Wettkampf, oder im Faustkampf Einer den Andern bei öffentlichen Kämpfen getödtet hat, so fällt die Aquilische Klage weg, weil der Schaden hier der Tapferkeit und des Ruhmes wegen, und nicht in Folge einer Widerrechtlichkeit zugefügt worden ist. Auf Sclaven erstreckt sich dies nicht, denn nur Freigeborene pflegen zu kämpfen; wohl aber auf einen verwundeten Familiensohn. Ist aber ein vom Kampf sich Zurückziehender noch verwundet, oder ein Sclav, der nicht im Kampf begriffen war, getödtet worden, so findet die Aquile Statt, es müsste denn [letzteres] mit Erlaubniss des Herrn geschehen sein; dann fällt sie weg. 5Hat aber Jemand einem kranken Sclaven einen leichten Schlag gegeben, wovon dieser gestorben ist, so, sagt Labeo ganz richtig, hafte er durch das Aquilische Gesetz, weil dem Einen dies, dem Andern jenes todbringend zu sein pflegt. 6Ad Dig. 9,2,7,6ROHGE, Bd. 20 (1877), Nr. 96, S. 382: Schaden durch Ausbringen eines Ankers im Hafen ohne Bezeichnung.Celsus sagt aber, es sei ein grosser Unterschied, ob Jemand getödtet, oder nur die Ursache zum Tode herbeigeführt habe, insofern vorhanden, dass im letztern Fall der Thäter nicht durch die Aquilische, sondern durch die Klage auf das Geschehene hafte. Er führt dabei denjenigen an, der Gift statt eines Heilmittels gegeben hat, und sagt, hier habe derselbe ebensowohl die Ursache zum Tode herbeigeführt, wie derjenige, welcher einem Wüthenden ein Schwert dargereicht hat; denn auch dieser hafte nicht durch das Aquilische Gesetz, sondern [durch die Klage] auf das Geschehene. 7Wer aber einen Andern von der Brücke gestossen hat, der haftet, sagt Celsus, durch das Aquilische Gesetz, es möge nun derselbe durch den Stoss getödtet, oder sogleich untergesunken, oder überwältigt und ermattet von der Gewalt des Stromes ertrunken sein, gerade wie wenn Jemand einen Knaben mit einem Stein geworfen hat. 8Proculus sagt, dass, wenn ein Arzt einem Sclaven unvorsichtig zur Ader gelassen hat, entweder die Klage aus dem Miethcontract, oder die aus dem Aquilischen Gesetz Statt finde.
8Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Dasselbe ist Rechtens, wenn er ein Heilmittel schlecht angewendet hat. Auch wer gut die Ader geschlagen, nachher aber die weitere Behandlung unterlassen hat, ist keineswegs ausser Verantwortung, sondern wird als der Schuld theilhaftig angesehen. 1Auch nimmt man allgemein an, dass der Mauleseltreiber, der aus Unerfahrenheit die Maulthiere nicht hat halten können, wenn sie einen fremden Sclaven überjagt haben, wegen Verschuldung hafte. Dasselbe gilt auch, wenn er die Maulthiere aus Mangel an Kraft nicht hat halten können. Und es scheint wirklich nicht unbillig, Mangel an Kraft zur Schuld zu zählen, denn es muss sich Niemand etwas zutrauen, wobei er einsieht, oder einsehen muss, dass sein Mangel an Kraft einem Andern gefährlich sein könne. Dasselbe gilt in Betreff dessen, der die Gewalt eines Pferdes, worauf er ritt, aus Ungeschicklichkeit oder Mangel an Kraft nicht hat aufhalten können.
9Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Ebenso macht Labeo, wenn eine Hebamme eine Arznei gegeben hat, in deren Folge die Wöchnerin gestorben ist, den Unterschied, dass, wenn jene dasselbe mit ihren Händen eingegeben, Tödtung angenommen werde, wenn sie es aber der Wöchnerin dargereicht habe, damit sie es selbst einnehmen möge, die Klage auf das Geschehene zu ertheilen sei; diese Meinung ist die richtige, denn [im letztern Fall] führt sie vielmehr die Ursache des Todes herbei, als sie selbst tödtet. 1Wer einem Andern entweder mit Gewalt, oder durch Zureden eine Arznei beigebracht, es sei durch den Mund, [oder] durch ein Klystier, oder ihn mit schädlichen Salben bestrichen hat, der haftet nach dem Aquilischen Gesetz, wie die eine Arznei eingebende Hebamme. 2Wer einen Sclaven hat verhungern lassen, der, sagt Neratius, hafte durch die Klage auf das Geschehene. 3Wenn du das Pferd meines Sclaven, worauf er reitet, wild gemacht, und dadurch bewirkt hast, dass er in einen Fluss gestürzt worden, und in Folge dessen gestorben ist, so, schreibt Ofilius, sei die Klage auf das Geschehene zu ertheilen, wie wenn einer meiner Sclaven von einem Andern an einen unsichern Ort geführt, und dann von einem Dritten erschlagen worden ist. 4Ad Dig. 9,2,9,4ROHGE, Bd. 20 (1877), Nr. 99, S. 398: Einfluß der Konkurrenz der culpa levis des Beschädigten auf die Haftpflicht.Wird ein Sclav aber von Personen während eines Spieles mit Werfen von Speeren getödtet, so findet die Aquilie Statt. Wenn sich aber welche auf dem [dazu bestimmten] Platze mit Werfen üben, und ein Sclav über diese Stelle gegangen und getödtet worden ist, so fällt die Aquilie weg, weil er nicht hätte sollen zur Unzeit über den Uebungsplatz gehen. Hat aber Einer mit Absicht nach ihm geworfen, so haftet er allerdings durch die Aquilie,
10Paul. lib. XXII. ad Ed. denn auch ein schädliches Spiel kann Verschuldung herbeiführen.
11Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Ebenso schreibt Mela, dass, wenn welche mit der Wurfscheibe spielen, und Einer die Scheibe heftiger und auf die Hand eines einen Sclaven rasirenden Barbiers dergestalt geworfen hat, dass durch die Bewegung des Messers dem Sclaven die Kehle abgeschnitten worden ist, der Schuldige nach dem Aquilischen Gesetz hafte. Proculus [hingegen sagt,] der Barbier sei schuld; und allerdings kann ihm Schuld beigemessen werden, wenn er da rasierte, wo gewöhnlich gespielt zu werden pflegte, oder wo häufig Menschen vorübergingen, wiewohl auch nicht mit Unrecht gesagt werden kann, dass wer sich einem Barbier, der seinen Stuhl an einem gefährlichen Ort hat, anvertrauet, es sich selbst zuzuschieben habe. 1Wenn der Eine Jemanden gehalten, und der Andere ihn ermordet hat, so haftet der erstere, als derjenige, welcher die Ursache des Todes herbeigeführt hat, durch die Klage auf das Geschehene. 2Wenn aber Mehrere auf einen Sclaven losgeschlagen haben, so fragt es sich, ob Alle gleichsam als Tödter haften? Lässt sich ermitteln, durch wessen Schlag er gestorben ist, so haftet dieser als Tödter, wenn aber nicht, so haften, wie Julian sagt, Alle als solche. Auch werden, wenn gegen Einen allein Klage erhoben worden, die Uebrigen nicht befreiet; denn dem Aquilischen Gesetze nach kommt dasjenige, was der Eine gewährt hat, dem Andern nicht zu Gute, weil es eine Strafe begreift. 3Ad Dig. 9,2,11,3Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 258, Note 15.Celsus schreibt, dass, wenn der Eine Jemandem eine tödtliche Wunde beigebracht und ein Anderer ihn darauf vollends todtgemacht hat, der erstere nicht als Tödter, sondern als Verwundender hafte, weil der [Getödtete] an einer andern Wunde gestorben ist; diesem stimmt auch Marcell bei, und es ist allerdings richtig. 4Wenn Mehrere einen Balken herabwerfen, und einen Sclaven zerquetscht haben, so haften sie, nach der Annahme der Alten, Alle nach dem Aquilischen Gesetz. 5Auch wider denjenigen, der einen Hund böse gemacht und dadurch verursacht hat, dass er einen Andern beisst, findet, wie Proculus lehrt, wenn er auch diesen nicht festgehalten hat, die Aquilische Klage Statt. Julian sagt aber, nur derjenige hafte durch die Aquilie, wer Jemanden festhielt, und dann verursachte, dass ihn [der Hund] biss; wenn er ihn nicht festgehalten habe, sei die Klage auf das Geschehene zu erheben. 6Die Klage aus dem Aquilischen Gesetz kommt aber dem Herrn, d. h. dem Eigenthümer [des verwundeten oder getödteten Sclaven] zu. 7Wenn einem Sclaven, den ich dir wieder herausgeben wollte, ein widerrechtlicher Schaden zugefügt worden ist, so, sagt Julian, steht mir die Aquilische Klage zu; wenn ich aber bereits dazu geschritten bin, so muss ich dir [das Erstrittene22Dass hier dies hinzuzudenken sei, ist klar; unser Text gibt auch in der Note Haloand. Variante, der quiquid fuero consecutus einschiebt. Ebenso list Ed. Fradin.] herausgeben. 8Steht aber demjenigen, dem ein Sclav im guten Glauben dient, die Aquilische Klage zu? — Es spricht mehr dafür, dass demselben die Klage auf das Geschehene zu ertheilen sei. 9Wem geborgte Kleider zerrissen worden sind, der kann, sagt Julian, nicht aus dem Aquilischen Gesetz Klage erheben, sondern diese steht dem Eigenthümer zu. 10Ob der Niessbraucher oder Gebraucher die Aquilische Klage anstellen kann, darüber handelt Julian auch. Ich glaube, dass es angemessener ist, dieserhalb eine analoge Klage zu verstatten.
12Paul. lib. X. ad Sabin. Auch wenn der Eigenheitsherr einen Sclaven, an dem der Niessbrauch mein ist, verwundet oder getödtet hat, steht mir, nach Art der aus dem Aquilischen Gesetz, wider ihn eine Klage nach Maassgabe des Niessbrauchs33Glück erklärt pro portione ususfructus, mit Pothier ad h. l., p. p. quam in pretio servi ususfructus in eo alienus minuet; der Griechische Scholiast bei demselben erklärt: ut si solidum ususfr. quis habeat in solid., si semiss. in semissim habeat actionem. Die Glosse des Accursius stimmt mit Pothier überein. Man kann jede dieser Erklärungen als richtig bezeichnen; allein am deutlichsten wird es, wenn man sagt, p. p. ususfr. heisse der Capitalwerth, welcher dem Niessbraucher, als solchem (nach Abzug des bildlichen Eigenheitswerths des Sclaven), an dem Sclaven zusteht; ea pars anni etc. (nämlich in Bezug auf den höchsten Werth in diesem Zeitraum) erklärt Glück so, dass es nicht darauf ankomme, ob der Niessbraucher schon in diesem Jahre den Niessbrauch gehabt habe, weil dasselbe rückwärts gerechnet werde; dies scheint mir unrichtig; ich verstehe die Sache so, dass auch das Jahr rückwärts voll gerechnet werden soll, wenn ich den Niessbrauch auch noch kein ganzes Jahr gehabt habe; denn sonst würde ja der Umstand, ob ich den Niessbrauch gehabt habe, oder nicht, gar nicht in Betracht gezogen zu werden brauchen, indem das Recht ohnehin, wenn es mir bereits über ein Jahr zuständig gewesen ist, auch mein war, es mag mir etwas eingetragen haben oder nicht. zu, so dass auch derjenige Theil des Jahres mit in Anschlag kommt, wo der Niessbrauch noch nicht mein3 war.
13Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Ein freier Mann hat wegen ihm selbst [zugefügten Schadens] eine analoge Aquilische Klage; denn die directe hat er nicht, weil Niemand als Eigenthümer seiner Gliedmassen angesehen wird. Wegen eines entflohenen Sclaven steht sie dessen Herrn zu. 1Julian schreibt: wenn ein freier Mensch mir im guten Glauben als Sclav dient, so hafte er mir nach dem Aquilischen Gesetz selbst. 2Wenn ein Erbschaftssclav getödtet wird, so fragt es sich, wer die Aquilie erheben könne, da doch Niemand dessen Herr sei, und Celsus beantwortet dies dahin: das Gesetz habe gewollt, dass dem Herrn Schadensersatz zu Theil werde; die Erbschaft wird also selbst als Herr angesehen, weshalb nach deren Antritt der Erbe die Klage erheben kann. 3Wenn ein vermachter Sclav nach dem Erbantritt getödtet worden ist, so steht dem Vermächtnissinhaber die Klage aus dem Aquilischen Gesetz zu, wenn er nach dem Tode des Sclaven das Vermächtniss angenommen44Si non post mort. servi agnov. leg. Haloander und die Vulgate lassen non weg, dem ich darum gefolgt bin, weil es unverkennbar ist, dass hier entgegengesetzte Fälle gemeint sind. hat; hat er es aber ausgeschlagen, so, sagt Julian, sei folgerichtig, dass sie dem Erben zukomme;
14Paul. lib. XXII. ad Ed. hat ihn aber der Erbe selbst getödtet, so wird dem Vermächtnissinhaber wider denselben die Klage ertheilt.
15Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Dieser Regel gemäss ist auch die, dass, wenn ein vermachter Sclav vor dem Erbantritt getödtet wird, die durch die Erbschaft erworbene Aquilische Klage dem Erben verbleibt. Ist aber ein solcher vor dem Erbantritt verwundet worden, so verbleibt die Klage zwar bei der Erbschaft, aber der Erbe muss sie dem Vermächtnissinhaber abtreten. 1Ad Dig. 9,2,15,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 258, Note 15.Wenn ein [bereits] tödtlich verwundeter Sclav nachher durch Einsturz oder Schiffbruch, oder durch ein anderes gewaltsames Ereigniss früher umkommt, so kann nicht wegen seiner Tödtung, sondern nur wegen seiner Verwundung geklagt werden. Wenn er aber freigelassen oder veräussert worden und an der Wunde gestorben ist, so kann gleichsam wegen seiner Tödtung, wie Julian sagt, Klage erhoben werden. Diese Verschiedenheit rührt daher, dass damals, als du ihn verwundetest, wirklich die Ursache zu seinem Tode gelegt ward, was durch seinen Tod erst zur Gewissheit geworden ist; im ersten Fall aber ist der Einsturz [u. s. w.] der Gewissheit, ob der Tod erfolgen würde, zuvorgekommen. Wenn du aber dem tödtlich Verwundeten die Freiheit ertheilt und ihn zum Erben eingesetzt hast, und derselbe darnach gestorben ist, so kann sein Erbe die Aquilische Klage nicht erheben,
17Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Wenn ein Herr seinen Sclaven getödtet hat, so haftet er dem Besitzer im guten Glauben, oder dem Pfandinhaber desselben, durch die Klage auf das Geschehene.
19Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Hat einer [von mehreren Miteigenthümern] einen gemeinschaftlichen Sclaven getödtet, so haftet er, sagt Celsus, durch die Aquilie; ebenso bei Verwundungen;
20Idem lib. XLII. ad Sabin. nämlich zu dem Antheil, wo der Kläger Eigenthümer ist.
21Idem lib. XVIII. ad Ed. Das Gesetz sagt: so viel als der höchste Werth des Sclaven in dem Jahre gewesen wäre; dieser Satz begreift die Schätzung des angestifteten Schadens. 1Das Jahr wird aber von da an rückwärts gerechnet, wo die Tödtung erfolgt ist. Ist eine tödtliche Verwundung erfolgt, der Tod aber erst nach einem langen Zwischenraum eingetreten, so rechnen wir nach Julian das Jahr von da an, wo die Verwundung geschah, wenn gleich Celsus entgegengesetzter Meinung ist. 2Schätzen wir aber nur den Werth des Körpers darnach, wieviel er betrug, als er getödtet ward, oder darnach, wieviel uns daran gelegen war, dass er nicht getödtet worden sei? — Es ist Rechtens, dass die Schätzung nach dem letztern Maassstabe geschehe.
22Paul. lib. XXII. ad Ed. Ad Dig. 9,2,22 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 285, Note 12.Hast du daher einen Sclaven getödtet, den ich unter Versprechung einer Strafe zu übergeben versprochen habe, so kommt der [mir entgangene] Nutzen bei dieser Klage in Betracht. 1Daher werden auch körperliche Eigenschaften mit in Anschlag gebracht, [z. B.] wenn Jemand einen Schauspieler-, oder Sängersclaven, oder einen Zwilling, oder ein Pferd aus einem Viergespann, oder aus einem Maulthierpaare getödtet hat. Denn hier muss sich die Schätzung nicht blos auf den getödteten Körper erstrecken, sondern auch darauf Rücksicht genommen werden, um wieviel die übrigen [dazu gehörigen] nun an Werth verloren haben.
23Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Daher schreibt Neratius, dass, wenn ein [von Jemand] zum Erben eingesetzter Sclav getödtet worden ist, auch die Schätzung der Erbschaft in Betracht komme. 1Julian sagt: dass, wenn ein Sclav, der freigelassen und zum Erben eingesetzt worden, getödtet worden ist, weder der nacheingesetzte noch der gesetzmässige Erbe desselben mit der Aquilischen Klage den Werth der Erbschaft erlangen würden, welche der Sclav nun nicht hat erwerben können. Diese Meinung ist richtig. Es geschehe daher nur eine Schätzung des Werths des [Getödteten], weil nur hieran der Nacheingesetzte als betheiligt angesehen werden könne. Ich hingegen glaube, dass nicht einmal dessen Werth in Anschlag zu bringen sei, weil, wenn er Erbe geworden wäre, er auch frei gewesen sein würde. 2Derselbe Julian schreibt: wenn ich unter der Bedingung zum Erben eingesetzt worden bin, dass ich den Stichus freilasse, und Stichus nach dem Tode des Testators getödtet worden ist, so werde ich auch bei der Schätzung [des Schadens] den Werth der Erbschaft erlangen; denn die Bedingung wird nun wegen der Tödtung unmöglich. Ist derselbe noch bei Lebzeiten des Testators getödtet worden, so fällt die Werthschätzung der Erbschaft weg, weil dann mit Rücksichtsnahme auf die rückwärts liegende Zeit der höchste Werth [des Sclaven] in Anschlag kommt. 3Derselbe Julian schreibt: die Werthschätzung eines getödteten Sclaven werde auf diejenige Zeit bezogen, zu welcher während des Jahres er den höchsten Werth gehabt habe, und wenn daher einem werthvollen Maler der Daumen abgeschnitten worden, derselbe aber noch binnen des Jahres, wo dies geschah, getödtet worden sei, so könne der [Herr] die Aquilie erheben, und den Werth in Anschlag bringen, welchen er hatte, ehe er mit dein Daumen um seine Kunst kam. 4Auch wenn ein Sclav, der bedeutende Betrügereien in meinem Rechnungswesen verübt hatte, getödtet worden ist, den ich zur Untersuchung zu ziehen beschlossen hatte, um die Theilnehmer am Betrug ausfindig zu machen, so, schreibt Labeo sehr richtig, belaufe sich die Werthschätzung so hoch, wie mir daran gelegen war, dass die von dem Sclaven begangenen Betrügereien entdeckt würden, und nicht blos, wie gross der Werth des Sclaven selbst war. 5Auch wenn ein Sclav von guter Aufführung, dessen Sitten sich verändert hatten, binnen Jahresfrist getödtet worden ist, wird der Preis darnach berechnet, wieviel er werth war, bevor sich seine Aufführung änderte. 6Ueberhaupt kann man sagen, dass alle Vortheile, welche den Werth eines Sclaven während des Jahres, wo er getödtet worden ist, erhöhet haben würden, zu der Schätzung desselben hinzugerechnet werden. 7Wenn ein noch kein Jahr altes Sclavenkind getödtet worden ist, so genügt nach richtiger Ansicht die Klage, so dass die Schätzung auf diejenige Zeit bezogen wird, welche es innerhalb des Jahres lebte. 8Dass auch den Erben und andern Nachfolgern diese Klage gegeben werde, ist bekannt; gegen die Erben oder andern [Nachfolger] findet dieselbe aber nicht Statt, weil sie eine Strafklage ist, es müsste denn der Erbe durch den [von seinem Erblasser angerichteten] Schaden reicher geworden sein. 9Wenn ein Sclav absichtlich getödtet worden ist, so kann der Herr sowohl aus dem Cornelischen Gesetz Klage erheben, als es darf auch, wenn er aus dem Aquilischen Gesetz Klage erhoben hat, dem Cornelischen dadurch nicht vorgegriffen werden. 10Gegen den geständigen Beklagten findet diese Klage auf den einfachen Betrag gegen den [überführten] Leugnenden auf den doppelten Statt. 11Wenn Jemand fälschlich gesteht, einen noch lebenden Sclaven erschlagen zu haben und nachher sich bereit erklärt, darzuthun, dass er noch lebe, so, schreibt Julian, endige sich die Aquilie, wiewohl er die Tödtung eingestanden habe; denn die Geständnissklage55Confessoria actio, i. e. quae contra confitentem datur. Zum Unterschied von der Confessorienklage bei den Servituten wird man die obige Uebersetzung, die wenigstens wörtlich ist, entschuldigen. überhebe den Kläger blos der Nothwendigkeit, den Beweis der Tödtung zu führen; übrigens muss gegen Jeden [der Beweis], dass der Sclav getödtet worden sei, geführt [werden].
24Paul. lib. XXII. ad Ed. Noch deutlicher ist dies in Ansehung eines verwundeten Sclaven; denn wenn Jemand ihn verwundet zu haben bekennt, und derselbe unverwundet ist, was für eine Wunde soll da geschätzt oder auf welche Zeit soll da Bezug genommen werden?
25Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Wenn daher [ein Sclav] zwar nicht getödtet worden, aber gestorben ist, so haftet [der sich zur Tödtung bekennende] demungeachtet doch nicht wegen der Tödtung. 1Wenn ein Geschäftsbesorger, oder Vormund, oder Curator, oder irgend ein Anderer, [für eine Person, welche durch ihn vertreten wird] das Geständniss ablegt, dass jene abwesende Person [einen Sclaven] verwundet habe, so findet wider sie die Geständnissklage analog Statt. 2Uebrigens ist zu bemerken, dass bei dieser Klage, welche gegen einen Geständigen Statt findet, der Richter nicht bestellt wird, um die Sache zu entscheiden, sondern um abzuschätzen; denn gegen Geständige hat der Richter nichts weiter zu entscheiden;
26Paul. lib. XXII. ad Ed. denn man nehme den Fall, dass der Beklagte bekennt, dass er der Tödter und bereit sei, die Werthschätzung zu erlegen, der Kläger aber den Streitgegenstand sehr hoch würdert.
27Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Wenn ein Sclav einen fremden Sclaven fortgeschleppt und erschlagen hat, so, schreiben Julian und Celsus, findet sowohl die Klage wegen Diebstahls, als wegen widerrechtlichen Schadens Statt. 1Wenn ein mir und dir gemeinschaftlich gehörender Sclav einen mir allein gehörigen Sclaven getödtet hat, so kommt das Aquilische Gesetz wider dich zur Anwendung, wenn er es mit deinem Willen gethan hat. Urseius berichtet, dass Proculus dieser Meinung gewesen sei. Hat er es nicht mit deinem Willen gethan, so fällt die Noxalklage weg, damit es nicht in der Gewalt des Sclaven stehe, dir allein zu dienen; dies halte ich für richtig. 2Wenn ein mir und dir gemeinschaftlich gehöriger Sclav von einem Sclaven des Titius getödtet worden ist, so, schreibt Celsus, werde, wenn einer der Herren als Kläger auftritt, derselbe die Würderung des Streitgegenstandes entweder zur Hälfte erlangen, oder [der Thäter] müsse ihm allein an Schädens Statt ausgeliefert werden, weil der Gegenstand keine Theilung zulässt. 3Namens des tödtenden Sclaven haftet aber der Eigenthümer; wem Jemand im guten Glauben dient, der braucht nicht zu haften. Ob aber derjenige, dessen Sclav flüchtig geworden ist, wegen desselben durch die Aquilische Klage hafte, ist die Frage; Julian bejaht es; dies ist ganz richtig, und es stimmt damit auch Marcell überein. 4Das zweite Hauptstück dieses Gesetzes ist ausser Gewohnheit gekommen. 5Im dritten Hauptstück spricht das Aquilische Gesetz folgendermaassen: Wenn Jemand an andern Sachen ausser getödteten Sclaven und Vieh, einem Andern Schaden zugefügt hat, so soll er, was er widerrechtlich verbrannt, zerbrochen oder verdorben hat, nach dem Werthe, den die Sache in den nächsten dreissig Tagen gehabt hat66Unser Text hat erit. Das fuit des Haloander ist schon lange aus überwiegenden Gründen als besser angenommen worden. S. Glück X. p. 364. n. 91. Es lassen sich übrigens beide Lesarten vereinigen, wenn man fuerit liest.; an Gelde dem Eigenthümer zu erstatten schuldig sein. 6Hat also Jemand einen Sclaven oder Stück Vieh nicht getödtet, sondern [eine Sache] verbrannt, zerbrochen, oder verdorben, so ist zweifelsohne aus diesen Worten des Gesetzes Klage zu erheben. Deshalb haftest du mir aber auch, wenn du auf meinen Sclaven einen Feuerbrand geworfen und ihn verbrannt hast. 7Auch wenn du einen mir gehörigen Wald oder ein Landhaus verbrannt hast, steht mir die Aquilische Klage zu. 8Wenn Jemand mein Gehöfte hat abbrennen wollen, das Feuer aber auch das Gehöfte des Nachbars ergriffen hat, so haftet jener auch dem Nachbar durch die Aquilische Klage; nicht weniger auch, den Miethsleuten wegen ihrer verbrannten Sachen. 9Wenn der Ofenheizer-Sclav eines Pachters am Ofen eingeschlafen und das Landhaus abgebrannt ist, so, schreibt Neratius, müsse derselbe, aus dem Pachtcontract belangt, den Schaden ersetzen, dass er nachlässig in der Wahl seiner Bedienung77Ministeriis. Unser Text gibt in der Note selbst ministris ex ne. corr. Br., schon Ed. Frad. liest so: ich stehe nicht an, es anzunehmen. war. Wenn übrigens ein Anderer Feuer in dem Ofen angemacht, ein Anderer aber nachlässig Achtung gegeben hat, haftet da der Erstere? Denn der Bewachende hat nicht thätig gehandelt, und der, welcher so, wie es sich gehört, das Feuer angemacht hat, hat auch nicht gefehlt; wie ist es nun also? Ich glaube, dass eine analoge Klage sowohl wider denjenigen Statt finde, der am Ofen eingeschlafen ist, als wider den, welcher nachlässig Acht gehabt hat. Auch kann man nicht sagen, dass demjenigen, welcher eingeschlafen ist, etwas Menschliches und Natürliches begegnet sei, indem er entweder das Feuer hätte auslöschen, oder Vorkehrungen gegen dessen Umsichgreifen treffen sollen. 10Wenn du einen Backofen an einer gemeinschaftlichen Wand angelegt hast, haftest du da wegen widerrechtlichen Schadens? Proculus verneint es, weil auch wider den, der einen Heerd hat, [keine Klage erhoben werden könne]; ich halte es daher für billiger, dass die Klage auf das Geschehene zu ertheilen sei, wenn nämlich die Wand angebrannt ist; hast du mir aber noch keinen Schaden zugefügt, sondern ein Feuer in der Art [angezündet], dass ich Schaden dadurch befürchte, so reicht, meines Erachtens, eine Sicherheitsbestellung wegen drohenden Schadens hin. 11Proculus sagt: Wenn Sclaven des Pachters ein Landhaus abgebrannt haben, so hafte der Pachter entweder aus dem Pachtcontract, oder aus dem Aquilischen Gesetz, so dass derselbe seine Sclaven an Schädens Statt ausliefern kann, und es darf, wenn die Sache in dem einen Verfahren bereits entschieden ist, die andere Klage nicht auch noch erhoben werden. Dies verhält sich jedoch nur dann so, wenn der Pachter ausser Schuld ist; wenn er übrigens Taugenichtse zu Sclaven hatte, so haftet er, weil er solche hielt, wegen widerrechtlichen Schadens. Dasselbe gilt auch von den Miethsleuten eines Gehöftes; eine Meinung, die wohlbegründet ist. 12Wenn meine Bienen zu den deinigen sich gesellen, und du sie mit Rauch erstickst, so, sagt Celsus, steht mir die Aquilische Klage zu. 13Das Gesetz sagt: ruperit (zerstört hat), fast alle Alten aber verstanden dies Wort für corruperit (verdorben hat). 14Daher sagt Celsus, dass, wenn du Unkraut oder Radelsaamen in fremde Saat geworfen häst, um dieselbe damit zu verunreinigen, der Eigenthümer nicht blos [das Interdict] Was mit Gewalt oder heimlich anstellen könne, oder der Pachter, wenn das Landgut verpachtet worden ist, sondern auch auf das Geschehene geklagt werden dürfe; wenn der Pachter geklagt hat, so muss er [dem Schadensstifter] Gewähr leisten, dass weiter keine Klage wider ihn erhoben werden solle, nämlich, dass der Eigenthümer ihn nicht von Neuem angreife. Denn der Schaden, [welcher dadurch geschieht,] dass Etwas selbst verdorben und verändert wird, so dass das Aquilische Gesetz Anwendung leidet, ist von anderer Art, als derjenige, welcher dadurch entsteht, dass ohne Veränderung einer Sache etwas hinzugefügt wird, dessen Absonderung beschwerlich ist. 15Wider denjenigen, der Wein verfälscht, ausgegossen, zu Essig gemacht, oder auf andere Weise verdorben hat, kann, wie Celsus sagt, ohne Zweifel die Aquilie erhoben werden, weil auch ausgegossener und zu Essig gewordener Wein unter dem Namen des verdorbenen begriffen wird. 16Auch werde, sagt er, unter diesem Ausdruck dasjenige, was zerbrochen und verbrannt worden ist, begriffen, denn es sei nichts Neues, dass das Gesetz nach Aufzählung einiger besondern Fälle ein allgemein umfassendes Wort gebrauche, um darin die einzelnen Beispiele zu begreifen; eine Behauptung die richtig ist. 17Verderben zu haben, wird auch von demjenigen angenommen, der Wunden verursacht hat, er mag mit Ruthen, Peitschen oder Fäusten geschlagen haben, oder mit einem Schwert, oder womit es sonst gewesen, um Jemand körperlich zu verletzen, oder Geschwulst zu verursachen. Es versteht sich, dass dies alles nur dann in Betracht kommt, wenn ein widerrechtlicher Schaden wirklich entstanden ist; ist der Sclav um nichts schlechter oder werthloser [durch die Verletzungen] geworden, so fällt die Aquilie weg und es kann blos die Injurienklage erhoben werden. Denn die Aquilie geht wider diejenigen Beschädigungen, welche Nachtheil bereiten. Wenn daher ein Sclav zwar nicht an Werth verloren hat, aber Kosten auf seine Heilung und Herstellung seiner Gesundheit verwendet worden sind, so ist anzunehmen, dass mir in dieser Beziehung Schaden entstanden sei, und ich kann daher aus dem Aquilischen Gesetz klagen. 18Wer Kleider zerrissen oder besudelt hat, der haftet nach dem Aquilischen Gesetz, als habe er sie verdorben. 19Auch wider den, der mir gehörige Hirse oder Getreide in den Fluss geschüttet hat, genügt die Aquilische Klage. 20Ebenso kann, wenn Jemand Sand oder sonst etwas Anderes, dessen Absonderung schwer wird, unter Getreide gemischt hat, gleichsam wegen Verderbens Klage erhoben werden. 21Wenn mir Jemand Geld aus der Hand geschlagen hat, so, glaubt Sabinus, finde die Klage wegen widerrechtlichen Schadens Statt, vorausgesetzt, dass es in der Art verloren gegangen, dass es in Niemandes Hände gekommen, z. B. also in einen Fluss, ins Meer, oder in einen Cloak gefallen ist; ist es aber absichtlich und im Einverständniss mit Jemandem in dessen Besitz gekommen, so ist Klage wegen geschehenen Diebstahls zu erheben; dies nahmen die Alten auch an. Auch, sagt er, könne die Klage auf das Geschehene erhoben werden. 22Wenn einem Weibe durch einen von dir erhaltenen Faustschlag, oder einer Stute durch einen Stoss [die Leibesfrucht] abgeht, so haftest du, sagt Brutus, durch die Aquilie, als habest du etwas verdorben. 23Auch wenn Jemand einen Maulesel zu schwer beladen und ihm ein Glied zerbrochen hat, findet die Aquilie Statt. 24Wer ein Kauffahrtheischiff leck gemacht hat, haftet, wie Vivian schreibt, aus dem Aquilischen Gesetz, als habe er etwas verdorben. 25Wer unreife Oliven abgerissen, oder unreife Saat, oder noch herbe Trauben abgeschnitten hat, haftet durch die Aquilie; sind sie reif, so fällt dieselbe weg, denn dann ist keine Widerrechtlichkeit vorhanden, indem er dir sogar die auf das Einernten dieser Art Früchte verwendeten Kosten geschenkt hat. Wer aber dergleichen schon eingesammelte heimlich an sich nimmt, der haftet wegen Diebstahls, ausser, setzt Octavenus in Bezug auf die Trauben hinzu, wenn er sie auf die Erde geworfen hat, damit sie auslaufen sollen. 26Dasselbe schreibt er von einem Schlagwald, so dass, wenn [derselbe] zur Unzeit [geschlagen wird, der Thäter] nach dem Aquilischen Gesetz haftet; hat er aber schlagbares Holz heimlich fortgetragen, so haftet er [mittelst der Klage] wegen Diebstahls und wegen heimlich abgehauener Bäume. 27Hat Jemand ausgewachsene Satzweiden, ohne die Stämme zu verletzen, gekellt, so fällt die Aquilie weg. 28Wenn Jemand einen Sclavenknaben verschnitten und ihn [dadurch] werthvoller gemacht hat, so, schreibt Vivian, fällt die Aquilie weg; allein man kann die Injurienklage erheben, oder aus dem ädilitischen Edict, oder auf den vierfachen Werth Klage erheben. 29Wenn du Jemandem einen Becher auszudrehen gegeben hast, und ihn derselbe aus Unerfahrenheit zerbrochen hat, so haftet er wegen widerrechtlichen Schadens; wenn aber nicht Unerfahrenheit daran Schuld gewesen ist, sondern derselbe fehlerhafte Stellen gehabt hat, so kann sich jener damit entschuldigen; darum pflegen auch die Künstler meistentheils auszubedingen, wenn, ihnen Stoffe der Art gegeben werden, dass sie die Arbeit nicht auf ihre Gefahr übernehmen; dieser Umstand wendet alsdann sowohl die Klage aus dem Miethcontract, als die Aquilische ab. 30Wenn ein Ehemann seiner Frau reine Perlen zum Gebrauch gegeben, und diese wider Willen oder Wissen ihres Mannes dieselben durchbohrt hat, um sie auf eine Schnur gezogen zu gebrauchen, so haftet sie nach dem Aquilischen Gesetz, sie mag geschieden, oder noch mit ihm verheirathet sein. 31Wer die Thüren meines Gebäudes erbricht, oder zerbricht, oder das Gebäude selbst zerstört, haftet nach dem Aquilischen Gesetz. 32Wenn Jemand meine Wasserleitung zerstört hat, so ist es, wiewohl die zerstörten Steine mir gehören, dennoch, weil der Grund und Boden nicht mein ist, auf dem ich die Wasserleitung habe, angemessener, dass eine analoge Klage Statt finde. 33Wenn ein Stein von einem Lastwagen gefallen ist, und etwas verdorben oder zerbrochen hat, so haftet der Fuhrmann durch die Aquilische Klage, wenn er die Steine schlecht, geschichtet hat, und sie dadurch herabgefallen sind. 34Wenn Jemand einem zum Führer eines Maulesels gemietheten Sclaven den Maulesel anvertraut, und dieser ihn mit dem Zügel an seinem Daumen befestigt hat, und der Maulesel durchgeht, so dass er dem Sclaven sowohl den Daumen abreisst, als selbst niederstürzt, so, schreibt Mela, müsse, wenn ein unerfahrener [Sclav] für einen geschickten [ausgegeben und] vermiethet worden ist, wider den Eigenthümer [des Sclaven] wegen der Beschädigung oder Schwächung des Maulesels Klage erhoben werden; sei aber der Maulesel durch einen Schlag oder Schrecken scheu gemacht worden, so stehe dem Eigenthümer des Maulesels wie des Sclaven die Klage aus dem Aquilischen Gesetz wider denjenigen zu, der jenen scheu gemacht hat. Nach meiner Ansicht aber findet die Aquilie auch in dem Fall Statt, wo aus dem Miethcontract geklagt werden kann. 35Wenn man einem Böttcher ein volles Weinfass zu bespunden verdingt, und derselbe es eingeschlagen hat, so dass der Wein herausgeflossen ist, so, schreibt Labeo, sei auf das Geschehene Klage zu erheben.
28Paul. lib. X. ad Sabin. Wer Gruben um Bären oder Hirsche zu fangen macht, der haftet, wenn er dies auf einem Wege gethan, und etwas [Anderes] hineingefallen ist und Schaden gelitten hat, durch das Aquilische Gesetz; war es aber an andern Orten, wo dies gewöhnlich geschieht, so haftet er für nichts. 1Diese Klage findet aber nur unter Umständen Statt, d. h. wenn es weder angezeigt worden ist, noch [der, welcher Schaden gelitten hat,] es gewusst, oder hat voraussehen können; und so gibt es viele Beispiele dieser Art, in denen der Kläger abgewiesen wird, wenn er die Gefahr hätte vermeiden können;
29Ulp. lib. XVIII. ad Ed. z. B. wenn du Schlingen an einen Ort hinlegst, wo du kein Recht dazu hast, und das Vieh des Nachbars hineingerathen ist. 1Wenn du ein Wetterdach, welches ich über deinem Hause ohne Befugniss hatte, abgeschlagen hast, so kann ich, schreibt Proculus, wider dich wegen widerrechtlichen Schadens klagen; denn du hättest wider mich Klage erheben sollen, dass mir kein Recht zustehe, ein Wetterdach anzubringen, und es ist unbillig, dass ich durch das von dir geschehene Absägen meiner Balken Schaden leiden soll. Das Gegentheil aber findet, einem Rescript des Kaisers Sever zufolge, [in einem solchen Fall, wie der ist] Statt, wo dieser an Jemand, durch dessen Haus, ohne dass eine Dienstbarkeit dazu vorhanden gewesen wäre, eine Wasserleitung gelegt worden war, rescribirte, dass er diese mit vollem Rechte abschneiden könne; und dies ist allerdings richtig, denn der Unterschied liegt darin, dass jener das Wetterdach an seinem [Hause] angebracht, im zweiten Fall aber Jemand auf fremdem Grund und Boden [die Wasserleitung] angelegt hat. 2Man hat die Frage erhoben, was für eine Klage mir zustehe, wenn dein Schiff wider mein Boot gestossen ist, und mir Schaden verursacht hat? Proculus sagt: wenn es in der Gewalt der Schiffsmannschaft gestanden habe, das Zusammenstossen abzuwenden, und es durch deren Schuld entstanden sei, so könne die Aquilische Klage wider die Schiffsleute erhoben werden, weil es wenig austrage, ob du durch das Fortstossen des Schiffes, oder durch Heranziehen des Steuerruders88Servaculum. Nach den von Brencmann angestellten Forschungen (Gött. C. J. Ausgabe) glaube ich doch, dass serraculum zu lesen, und dieses dann mit Brisson. zu erklären sei. an dasselbe, oder [unmittelbar] mit den Händen den Schaden angerichtet habest, indem ich auf jede Weise durch dich in Schaden komme. Wenn aber das Schiff dadurch, dass ein Tau gerissen ist, oder ohne, dass es von Jemandem gewendet ward, [auf mein Boot] gestossen ist, so könne wider den Eigenthümer desselben keine Klage erhoben werden. 3Auch, schreibt Labeo, finde keine Klage Statt, wenn ein Schiff durch die Gewalt des Sturmes auf die Ankertaue eines andern getrieben worden ist, und die Schiffsmannschaft die Taue gekappt hat, Falls dasselbe auf keine andere Weise als durch das Kappen der Taue wieder losgemacht werden konnte. Dasselbe bezogen Labeo und Proculus auch auf die Fischernetze, worin sich ein Fischerkahn verwickelt hat; wäre dies hingegen durch die Schuld der Schiffsleute geschehen, so könne aus dem Aquilischen Gesetz geklagt werden. Werde aber wegen widerrechtlichen Schadens deshalb geklagt, so beziehe sich die Werthschätzung auf die Netze, und nicht auf die Fische, welche deshalb nicht gefangen worden seien, weil es ungewiss gewesen, ob überhaupt welche gefangen worden sein würden; dasselbe sei auch auf Jäger und Vogelsteller anzuwenden. 4Wenn ein Schiff ein anderes ihm entgegen kommendes in den Grund gebohrt hat, so findet, sagt Alfenus, sowohl gegen den Steuermann, als gegen den Schiffsführer die Klage wegen widerrechtlichen Schadens Statt. Ist aber das Schiff in solchem Schuss, dass es nicht angehalten werden kann, so sei keine Klage wider dessen Eigenthümer begründet; wenn es aber durch Schuld der Schiffsleute geschehen ist, so glaube ich, reicht die Aquilie hin. 5Wer ein Tau, woran ein Schiff befestigt war, abgeschnitten hat, wider den kann, wegen des dadurch untergegangenen Schiffes auf das Geschehene geklagt werden. 6Aus dem letztgedachten Hauptstück des Gesetzes kann auch wegen Verwundung aller derjenigen Thiere geklagt werden, welche zum Vieh nicht gehören, wie z. B. Hunde; dies gilt auch von Ebern, Löwen und andern wilden Thieren und Vögeln. 7Städtische Behörden, welche Schaden angerichtet haben, können auch mit der Aquilie belangt werden. Denn hat eine solche Vieh als Pfand weggenommen, und dasselbe während sie nicht zugab, dass du es füttern durftest, verhungern lassen, so findet die Klage auf das Geschehene Statt. Hat die Behörde in dem Glauben, dass sie gesetzlicher Weise ein Pfand wegnehme, keinen gesetzlichen Grund dazu gehabt, und die [abgepfändeten] Sachen verdorben und verschlechtert zurückgegeben, so findet das Aquilische Gesetz Anwendung; dies gilt auch, wenn sie das Pfand in Folge eines gesetzlichen Grundes weggenommen hat. Hat jedoch eine Behörde gegen Widerspenstige strengere Maassregeln ergriffen, so haftet sie nicht nach dem Aquilischen Gesetz; denn es findet auch, wenn sie einen Sclaven als Pfand weggenommen, und dieser sich aufgehängt hat, keine Klage Statt. 8Die Worte: wieviel der Werth in den nächsten dreissig Tagen betrug, sind, wenn auch nicht der höchste darin gesagt worden, dennoch, wie bekannt, so zu verstehen.
30Paul. lib. XXII. ad Ed. Wer einen im Ehebruch betroffenen fremden Sclaven todschlägt, haftet nach diesem Gesetze nicht. 1Ad Dig. 9,2,30,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 249, Note 5.Ist ein als Pfand gegebener Sclav getödtet worden, so steht die Klage dem Schuldner zu. Ob sie aber analog auch dem Gläubiger zu ertheilen sei, weil er dabei betheiligt sein kann, wenn der Gläubiger nicht zahlungsfähig ist, oder wenn er den Process durch Verjährung verloren hat99Litem tempore amittere; dies ist nicht von der Klagenverjährung zu verstehen, sondern von der Processverjährung binnen 1½ Jahren (nach dem Justin. R. l. 13. C. de jud. binnen 3 Jahren) zufolge der lex Julia Judiciaria. Hiervon ist auch der Ausdruck legitimum tempus in vielen Stellen zu verstehen, z. B. l. 32. D. de jud. Dies ergibt sich aus Gaj. IV. §. 104. vgl. Schilling Bemerk. über die R. R. Gesch. Lpzg. 1829. p. 24. n. 34. und die das. genannten Schriften., darüber ist Frage erhoben worden. Zwar ist es unbillig, dass der [Thäter] sowohl dem Eigenthümer als dem Gläubiger haften solle, dennoch aber kann man dagegen sagen, dass dem Schuldner überhaupt kein Schade geschehe, indem ihm ja [dasjenige, was der Gläubiger erlangt] auf den Betrag der Schuld zu Gute geht, und er den Ueberschuss erhält, oder demselben schon von Anfang an auf den die Schuld übersteigenden Rest eine Klage zuständig sei. Es steht also dem Gläubiger die Aquilische Klage in denjenigen Fällen, wo sie ihm wegen Dürftigkeit des Schuldners, oder weil Processverjährung eingetreten ist, ertheilt werden muss, bis auf den Betrag seiner Forderung zu, so dass sie insoweit auch dem Schuldner zu Gute kommt, diesem, dem Schuldner, selbst aber auf den die Forderung übersteigenden Rest. 2Wer fremden Wein oder Getreide verzehrt hat, von dem kann man nicht sagen, dass er einen widerrechtlichen Schaden stifte, daher findet nur eine analoge Klage Statt. 3Ad Dig. 9,2,30,3ROHGE, Bd. 20 (1877), Nr. 96, S. 382: Schaden durch Ausbringen eines Ankers im Hafen ohne Bezeichnung.Auch bei der aus diesem [, dem dritten,] Hauptstück entspringenden Klage wird böse Absicht und Verschuldung bestraft. Wenn daher Jemand in seinen Dornen oder Stoppeln Feuer angelegt hat, um sie abzubrennen, und das Feuer weiter um sich gegriffen, und die Saat oder Weinpflanzungen eines Andern beschädigt hat, so wird darauf Rücksicht genommen, ob Unerfahrenheit oder Nachlässigkeit dies herbeigeführt haben; geschah es [z. B.] an einem stürmischen Tage, so ist Verschuldung vorhanden; denn man nimmt auch von einem Gelegenheitsmacher an, dass er den [entstandenen] Schaden gestiftet habe. Dasselbe Vergehen begeht derjenige, welcher nicht Achtung gegeben hat, dass das Feuer nicht hat um sich greifen können. Wer aber alles Nöthige beobachtet hat, und dann also ein plötzlich entstandener Sturm das Feuer weiter getrieben hat, der ist ausser Schuld. 4Wenn ein Sclav nicht lebensgefährlich verwundet worden, aber durch Vernachlässigung gestorben ist, so findet die Klage nur wegen der Verwundung, und nicht wegen der Tödtung Statt.
31Idem lib. X. ad Sabin. Wenn ein Baumverschneider dadurch, dass er einen Ast vom Baume herabwirft, oder ein Handlanger einen Vorübergehenden getödtet hat, so haftet er nur dann, wenn der Ast auf die öffentliche Strasse herabgefallen ist, und er nicht zugerufen hat, dass das Unglück hätte vermieden werden können. Mucius sagt aber, es könne, auch wenn es sich auf Privatgrund und Boden ereignet hätte, wegen Verschuldung geklagt werden; denn Verschuldung bestehe darin, wenn eine Vorsicht nicht getroffen worden ist, die ein Aufmerksamer hätte treffen können, oder wenn dann erst Anzeige gemacht worden ist, als die Gefahr unvermeidlich geworden war. Aus diesem Grunde ist es einerlei, ob der Weg [, auf den der Ast herabfiel,] über öffentlichen oder über Privatgrund und Boden geht, indem die Wege meistentheils durch Privatbesitzungen gehen. Ist aber gar kein Weg daselbst vorhanden, so braucht blos böse Absicht vertreten zu werden, so dass [der Baumverschneider die Aeste] nicht auf diejenigen, welche er vorübergehen sieht, werfen darf; Verschuldung trifft ihn nicht, indem er nicht wissen konnte, ob Jemand gerade über die Stelle gehen würde.
32Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Es ist darüber Frage erhoben worden, ob das, was der Proconsul in Betreff eines von einem ganzen Hausgesinde begangenen Diebstahls zu beobachten pflegt, nämlich dass die Verfolgung der Strafe nicht gegen jeden Einzelnen eingeleitet wird, sondern die Gewährung dessen genügt, was, wenn ein Freier allein den Diebstahl begangen hätte, zu gewähren sein würde, auch bei der Klage wegen widerrechtlichen Schadens zu befolgen sei? Man hat sich jedoch mehr für die bejahende Meinung erklärt, und mit Recht; denn weil in Ansehung der Diebstahlsklage der Grund vorwaltet, dass der Eigenthümer nicht sein ganzes Gesinde um eines einzigen Verbrechers willen verlieren soll, und derselbe Grund ähnlicher Weise auch bei der Klage wegen widerrechtlichen Schadens eintritt, so folgt daraus, dass auch dasselbe in beiden Fällen Statt finden müsse, zumal besonders hier der Grund des Verbrechens öfters ein geringfügigerer ist, z. B. wenn der Schaden durch Verschuldung und nicht durch böse Absicht herbeigeführt worden. 1Wenn Jemand denselben Sclaven erst verwundet und nachher auch getödtet hat, so haftet er sowohl wegen der Verwundung, als wegen der Tödtung; denn es sind zwei Verbrechen vorhanden. Etwas Anderes ist es, wenn Jemand einen [Sclaven] auf einmal mit mehreren Wunden getödtet hat; dann findet wegen der Tödtung nur eine Klage Statt.
33Paul. lib. II. ad Plaut. Wenn du meinen Sclaven getödtet hast, so darf nach meiner Ansicht eine besondere Zuneigung nicht mit in Anschlag gebracht werden; wie z. B. wenn Jemand deinen natürlichen Sohn getödtet hat, den du um einen hohen Preis gekauft haben würdest, sondern nur derjenige Werth, den er für Jeden hatte; auch sagt Sextus Pedius, dass der Werth der Sachen nicht nach Liebhaberei, noch deren besonderem Nutzen für Einzelne, sondern nach ihrem allgemeinen Nutzen geschätzt werde. Wer also einen natürlichen Sohn besitzt, sei dadurch nicht reicher, dass er ihn, wenn ihn ein Anderer besässe, um einen hohen Preis an sich kaufen würde, und wer den Sohn eines Andern besitzt, [von dem könne man nicht sagen,] dass er soviel [an ihm] besitze, als wofür er ihn dem Vater verkaufen könnte; denn dem Aquilischen Gesetz nach erlangen wir [den Ersatz] desjenigen Schadens, und werden als dessen verlustig angesehen, was wir entweder [für das Verlorene] haben erhalten können, oder aufzuwenden genöthigt werden. 1Ad Dig. 9,2,33,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 455, Note 6.Wegen desjenigen Schadens, den die Aquilische Klage nicht begreift, findet die Klage auf das Geschehene Statt.
34Marcell. lib. XXI. Dig. Jemand vermachte dem Titius und Sejus einen Sclaven, Namens Stichus; während Sejus sich noch [über die Annahme des Vermächtnisses] besann, und Titius das Vermächtniss in Anspruch genommen hatte, ward Stichus getödtet, und nachher schlug Sejus das Vermächtniss aus; hier kann nun Titius klagen, wie wenn ihm [der Sclav] allein vermacht worden wäre,
35Ulp. lib. XVIII. ad Ed. weil angenommen wird, als sei ihm das [alleinige] Eigenthum rückwärts gerechnet zugewachsen;
36Marcell. lib. XXI. Dig. denn ebensowohl wie, wenn der Vermächtnissinhaber das Vermächtniss ausschlägt, die Klage an den Erben übergeht, als wäre [der Sclav] gar nicht vermacht gewesen, steht auch dem [Mitvermächtnissinhaber allein] die Klage zu, wie wenn jener ihm allein vermacht worden wäre. 1Wenn ein Herr seinen Sclaven, den Titius tödtlich verwundet hatte, für frei erklärt, und ihn zum Erben eingesetzt hat, und nachher Mävius dessen Erbe geworden ist, so steht dem Mävius, die Aquilische Klage wider den Titius nicht zu; dies nach der Meinung des Sabinus, welcher sich darauf bezog, dass auf den Erben keine Klage übergehen könne, welche dem Erblasser nicht zuständig gewesen sein konnte. Denn es würde in der That widersinnig sein, dass der Erbe einen Preis gleichsam für die Tödtung seines Erblassers erhalten solle. Hat ihn hingegen der Herr als Erben zur Hälfte mit Ertheilung der Freiheit eingesetzt, so kann der Miterbe nach seinem Tode aus dem Aquilischen Gesetz Klage erheben.
37Javolen. lib. XIV. ex Cassio. Ad Dig. 9,2,37 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 455, Note 27.Wenn ein Freier auf Geheiss eines Andern eine thatliche Widerrechtlichkeit verübt hat, so findet die Klage aus dem Aquilischen Gesetz wider den, welcher es geheissen hat, Statt, vorausgesetzt, dass er ein Befehlsrecht gehabt hat; hat er dieses nicht gehabt, so ist lediglich der Thäter zu verklagen. 1Wenn ein vierfüssiges Thier, dessen wegen wider seinen Eigenthümer die Klage begründet war, weil es einen Schaden angerichtet hatte, von einem Andern getödtet worden ist, und wider diesen die Aquilische Klage angestellt wird, so muss die Werthschätzung nicht auf den körperlichen Werth des Thieres, sondern darauf gerichtet werden, was den Gegenstand der Klage wegen des von dem Thiere angerichteten Schadens bildete, und der Tödter in dem Verfahren über die Aquilische Klage dazu verurtheilt werden, um wieviel der Kläger dabei betheiligt war, sich durch Auslieferung [des Thieres] an Schädens Statt aus der Sache zu ziehen, anstatt den Streitgegenstand zu ersetzen.
39Pompon. lib. XVII. ad Quint. Muc. Quintus Mucius schreibt: eine trächtige Stute, welche auf fremdem Boden weidete, verwarf, während sie fortgejagt ward; es wurde Frage erhoben, ob der Eigenthümer derselben wider den, der sie fort gejagt hatte, aus dem Aquilischen Gesetz Klage erheben könne, weil er der Stute durch das Verwerfen geschadet hatte? — Man erklärte sich dahin, dass wenn er sie gestossen, oder absichtlich übermässig gejagt hätte, Klage erhoben werden könne. 1Pomponius: wenn schon Jemand fremdes Vieh auf seinem Grund und Boden betrifft, so darf er es doch nur auf die Weise forttreiben, wie wenn er sein eigenes betroffen hätte, weil, wenn er dadurch Schaden gelitten hat, er seine besondern Klagen hat. Wer daher fremdes Vieh auf seinem Acker betroffen hat, darf es nicht einsperren, noch auf andere Weise, wie gesagt, forttreiben, als sein eigenes, sondern er muss es entweder, ohne ihm zu schaden, fortjagen, oder den Eigenthümer auffordern, es abzuholen.
40Ad Dig. 9,2,40ROHGE, Bd. 4 (1872), S. 417: Zulassung einer Schadensklage wegen Vernichtung einer bedingt lautenden Schuldverschreibung pendente conditione.Paul. lib. III. ad Ed. Mit der Aquilischen Klage wird man, wenn man behauptet, dass eine Handschrift vernichtet worden sei, welcher zufolge man eine Summe Geldes unter einer Bedingung zu fordern hatte, und vorläufig dies auch mit [solchen] Zeugen erweisen kann, welche zu der Zeit, wo die Bedingung eintritt, als Zeugen nicht gebraucht werden können, selbst dann obsiegen, wenn man bei dem Richter durch eine summarische Auseinandersetzung der Sache nur Verdacht erregt hat. Die Einforderung dessen, wozu der Beklagte verurtheilt worden ist, findet aber erst nach dem Eintritt der Bedingung für die schuldige Summe Statt; tritt sie nicht ein, so wird die Verurtheilung wirkungslos.
41Ulp. lib. XLI. ad Sabin. Es fragt sich, ob auch gegen den, der ein Testament verdorben hat, die Klage wegen widerrechtlichen Schadens begründet sei. Marcell im fünften Buche seiner Digesten erklärt sich für die verneinende Meinung; denn auf welche Weise, sagt er, soll hier eine Schätzung geschehen? Ich habe zu demselben die Bemerkung hinzugefügt, dass dies zwar in Ansehung des Testators richtig sei, weil dasjenige, um wie viel er betheiligt ist, nicht geschätzt werden kann; allein in Ansehung des Erben oder des Vermächtnissinhabers ist ein Unterschied, denn für diese vertritt das Testament beinahe die Stelle einer Handschrift. Ebendaselbst schreibt Marcell, dass wegen Verderbens einer Handschrift die Klage des Aquilischen Gesetzes Statt finde. Wer aber ein bei ihm niedergelegtes Testament verdorben oder in Gegenwart Mehrerer gelesen hat, gegen den wird passender auf das Geschehene1010In factum. Bekannt ist Noodts Conjectur hier furti zu lesen (Oper. omn. T. I. p. 141. ad Leg. Aqu.), die vieles für scih hat, besonders wenn man den folgenden §. liest. und wegen Injurien Klage erhoben, wenn er die Geheimnisse des letzten Willens, in der Absicht [, Jemanden] zu beschimpfen, bekannt gemacht hat. 1Zuweilen, bemerkt Pomponius scharfsinnig, tritt der Fall ein, dass Jemand wegen Verderbung eines Testaments nicht [mit der Klage] wegen Diebstahls, sondern nur wegen widerrechtlichen Schadens haftet, nämlich wenn er es nicht in der Absicht, einen Diebstahl zu begehen, sondern nur um Schaden zu stiften verdorben hat; hier haftet er nicht wegen Diebstahls, denn der Diebstahl erfordert neben der Thatsache auch die Absicht des Diebes dazu.
42Julian. lib. XLVIII. Dig. Wer ein niedergelegtes Testament oder irgend eine Urkunde so verdirbt, dass man sie nicht mehr lesen kann, der kann mit der Niederlegungsklage und der auf Vorzeigung1111S. Instit. II. 1. Note 21) sub 2). belangt werden, weil er eine verdorbene Sache wieder herausgegeben oder vorgezeigt hat. Aus demselben Grunde findet auch die Aquilische Klage Statt, denn auch derjenige verdirbt eine Urkunde, wer die Schrift zerstört.
43Pompon. lib. XIX. ad Sabin. Auch wegen desjenigen Schadens, der vor dem deinerseits geschehenen Erbschaftsantritt an Erbschaftssachen verübt worden ist, steht dir die Aquilische Klage zu, weil es nach dem Tode deines Erblassers geschehen ist; denn das Aquilische Gesetz versteht unter Eigenthümer nicht durchaus denjenigen, der es damals war, als der Schade angerichtet ward; denn auf diese Weise könnte ja die Klage nicht einmal vom Erblasser auf den Erben übergehen, und du könntest dann wegen dessen, was, während du dich in feindlicher Gewalt befandest, vorgefallen ist, zurückgekehrt, vermöge des Heimkehrrechts keine Klage erheben, und überhaupt würde ohne grosse Beeinträchtigung der nach [dem Tode ihres Vaters] geborenen Kinder, welche ihre Väter beerben, dies nicht anders bestimmt werden können. Dasselbe verstehen wir auch von während dieser Zeit heimlich abgehauenen Bäumen. Auch glaube ich, dass man dasselbe von der Klage Was mit Gewalt oder heimlich behaupten könne, sobald es nur Jemand, dem es zuvor verboten worden, gethan hat, oder es klar ist, dass er sich hätte denken müssen, dass es diejenigen, denen die Erbschaft zukommt, wenn sie es wüssten, verbieten würden.
44Ulp. lib. XLII. ad Sabin. Das Aquilische Gesetz begreift auch die geringste Verschuldung. 1Sobald ein Sclav mit Wissen seines Herrn [einen fremden Sclaven] verwundet oder getödtet hat, so haftet der Herr ohne Zweifel durch die Aquilie;
45Paul. lib. X. ad Sabin. Wissenschaft heisst hier das Geschehenlassen, so dass derjenige haftet, wer etwas verhindern konnte und es nicht gethan hat. 1Die Klage aus dem Aquilischen Gesetz kann auch erst, wenn der verwundete Sclav wiederhergestellt worden ist, erhoben werden. 2Wer meinen Sclaven, in dem Glauben, er sei ein Freier, getödtet hat, der haftet nach dem Aquilischen Gesetz. 3Wenn zwei [Sclaven] über brennendes Stroh springen, zusammenstossen, und beide niederfallen, und einer verbrennt, so kann aus diesem Grunde keine Klage erhoben werden, sobald nicht zu ermitteln ist, welcher den Andern niedergestossen hat. 4Wer Schaden durch Verschuldung angerichtet hat, weil er sich auf keine andere Weise retten konnte, ist ausser Verantwortung; denn Gewalt mit Gewalt abzuwehren, erlauben alle Gesetze und alle Rechte. Habe ich aber, um mich zu vertheidigen, einen Stein nach meinem Gegner geworfen, und nicht ihn, sondern einen Vorübergehenden getroffen, so hafte ich nach dem Aquilischen Gesetz; denn nur gegen den, der Gewaltthätigkeiten anfängt, darf wieder Gewalt ausgeübt werden, und auch dies nur, wenn es zum Schutz, und nicht der Rache wegen geschehen ist. 5Wer eine noch in gutem Zustande befindliche Wand eingenommen hat, haftet deren Eigenthümer wegen widerrechtlichen Schadens.
47Julian. lib. LXXXVI. Dig. Wenn aber in dem erstern Verfahren bereits eine Werthschätzung erfolgt ist, und der Herr des Sclaven nachher wegen dessen Tödtung Klage erhoben hat, so steht ihm die Einrede der Arglist entgegen, dergestalt, dass er aus beiden Verfahren nicht mehr erlangt, als er erlangt haben würde, wenn er gleich von Anfang an wegen der Tödtung des Sclaven Klage erhoben hätte.
48Paul. lib. XXXIX. ad Ed. Wenn ein Sclav vor dem Erbantritt einer Erbschaftssache Schaden zugefügt hat, und, frei geworden, die Sache [von neuem] beschädigt, so haftet er durch beide Klagen1212Nämlich durch die Aquilische und die auf das Geschehene., weil jede derselben1313Hae res, nach der Glosse. auf einer besondern Thatsache beruhet.
49Ulp. lib. IX. Disput. Wer durch Räuchern fremde Bienen verjagt, oder auch getödtet hat, der hat mehr die Ursache des Todes herbeigeführt, als dass man sagen könnte, er habe sie getödtet; er haftet daher durch die Klage auf das Geschehene. 1Wenn es heisst, dass die Aquilie gegen einen widerrechtlich gestifteten Schaden gerichtet sei, so ist dies so zu verstehen, dass ein Schaden durch eine widerrechtliche Handlung geschehen sei, der an und durch sich selbst eine Widerrechtlichkeit ist, er wäre denn durch eine dringende Nothwendigkeit herbeigeführt worden, wie Celsus in Betreff dessen bemerkt, der, um einer Feuersbrunst Einhalt zu thun, ein Nachbargebäude niedergerissen hat; hier, sagt er, falle die Klage aus dem Aquilischen Gesetz weg, denn er hat, aus gerechter Besorgniss, dass das Feuer auch bis an sein Gebäude gelangen möge, das Nachbargebäude eingerissen, und darum, glaubt er, finde die Aquilische Klage, es möge nun das Feuer wirklich sich so weit erstreckt haben, oder vorher gelöscht worden sein, nicht Statt.
50Idem lib. VI. Opin. Wer ein fremdes Haus wider den Willen des Eigenthümers eingerissen, und auf dessen Stelle ein Bad angelegt hat, der unterliegt, ausserdem, dass die natürliche Rechtsregel, wonach das Aufgebaute dem Eigenthümer des Bodens zugehört, [wider ihn zur Anwendung kommt], auch der Klage wegen [widerrechtlichen] Schadens.
51Julian. lib. LXXXVI. Dig. Ad Dig. 9,2,51 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 258, Note 15.Ein Sclav war dergestalt verwundet worden, dass die Gewissheit vorhanden war, er werde daran sterben; ehe er starb, ward er zum Erben eingesetzt, und nachher verwundete ihn nochmals ein Anderer, worauf er endete; kann hier, frage ich, wider beide wegen der Tödtung des Sclaven aus dem Aquilischen Gesetz Klage erhoben werden? — Antwort: getödtet zu haben, kann man zwar im Allgemeinen nur von dem sagen, der die Ursache des Todes auf irgend eine Weise herbeigeführt hat, allein dem Aquilischen Gesetz zufolge wird nur derjenige als haftend angesehen, wer mit Gewalt und unmittelbar die Todesursache herbeigeführt hat, mit Anwendung der Erklärung des Ausdrucks von Morden (caedere) und Mord (caedes). Wiederum aber wird nicht blos derjenige als nach dem Aquilischen Gesetz haftend angesehen, wer eine solche Verwundung beigebracht hat, dass [der Verwundete] gleich stirbt, sondern auch, wer eine solche Wunde geschlagen hat, woraus mit Gewissheit zu ersehen ist, dass der Tod erfolgen werde. Wenn daher Jemand einem Sclaven eine tödtliche Wunde versetzt, und denselben einige Zeit darnach ein Anderer so geschlagen hat, dass sein Tod früher, als es nach der ersten Wunde geschehen sein würde, erfolgt ist, so haften beide nach dem Aquilischen Gesetz. 1Dies ist auch der Ansicht der Alten entsprechend, welche, wenn derselbe Sclav von Mehreren so verwundet worden ist, dass sich nicht ermitteln lässt, durch wessen Schlag er eigentlich das Leben verloren hat, Alle als nach dem Aquilischen Gesetz haftend erachteten. 2Ad Dig. 9,2,51,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 258, Note 15.Die Schätzung des Erschlagenen ist aber nicht für beide Personen dieselbe; denn wer zuerst verwundet hat, muss soviel erstatten, als der höchste Werth des Sclaven im nächstverflossenen Jahre, d. h. mit Zurückrechnung von 365 Tagen vom Tage der geschehenen Verwundung an, betragen hatte; der letztere aber den höchsten Preis, um welchen der Sclav in dem nächstverflossenen Jahre von seinem Sterbetage an hätte verkauft werden können, worin auch der Werth einer [etwanigen] Erbschaft begriffen wird. Wegen der also geschehenen Tödtung eines Sclaven wird der eine [der Thäter] eine grössere, der andere eine geringere Schätzung erlegen müssen; dies kann auch nicht befremden, denn von jedem wird angenommen, dass er aus einem verschiedenen Grunde und zu einer verschiedenen Zeit den Sclaven getödtet habe. Wer diese unsere Behauptung widersinnig finden sollte, der möge bedenken, dass es noch viel widersinniger sei, dass keiner von beiden aus dem Aquilischen Gesetz haften solle, oder nur einer, da doch ebensowenig Missethaten unbestraft bleiben dürfen, als sich nicht leicht ermitteln lässt, welcher von beiden durch das Gesetz [allein] hafte. Dass vielmehr im bürgerlichen Rechte Vieles gegen die Rechtsstrenge1414Ratio disputandi; s. d. Glosse, auch Calvini Lex. Jurid. h. v. des allgemeinen Nutzens wegen angenommen worden sei, kann mit unzähligen Fällen belegt werden; mir soll es übrigens genügen, ein Beispiel angeführt zu haben: wenn Mehrere einen fremden Balken, um ihn zu stehlen, fortgeschleppt haben, den ein Einzelner nicht tragen konnte, so nimmt man an, dass sie alle durch die Diebstahlsklage haften, wiewohl man hier spitzfindiger Weise sagen könnte, dass gar keiner von ihnen hafte, weil in der That keiner denselben weggeschleppt habe.
52Alfen. lib. II. Dig. Ad Dig. 9,2,52 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 258, Note 18.Wenn ein Sclav an Wunden gestorben, und dies weder durch Unwissenheit des Arztes, noch durch Nachlässigkeit des Eigenthümers herbeigeführt worden ist, so kann mit vollem Rechte wegen widerrechtlicher Tödtung geklagt werden. 1Ein Schenkwirth hatte an einen Fusssteig bei Nacht auf einen Stein eine Laterne gesetzt; ein Vorübergehender nahm sie an sich; der Schenkwirth holte ihn ein, forderte die Laterne zurück, und hielt ihn, als er davonlaufen wollte, fest; dieser fing an, den Schenkwirth mit einer Peitsche, die er in Händen hatte, worin ein Dolch steckte, zu schlagen, damit dieser ihn losliesse; hieraus entstand eine Prügelei, worin der Wirth dem, der die Laterne weggenommen hatte, ein Auge ausschlug. Derselbe fragte nun an, ob angenommen werden könne, dass er einen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, da er doch zuerst mit der Peitsche geschlagen worden sei? Ich habe geantwortet, dass wenn er das Auge nicht absichtlich ausgeschlagen hätte, nicht anzunehmen sei, dass er einen widerrechtlichen Schaden gestiftet habe, denn die Verschuldung sei auf dessen Seite, der zuerst mit der Peitsche geschlagen habe; wäre er hingegen von jenem nicht zuerst geschlagen worden, sondern mit ihm, während er ihm die Laterne entreissen wollen, in ein Handgemenge gerathen, so werde Verschuldung des Schenkwirthes angenommen. 2Es zogen Maulthiere zwei beladene Lastwagen den Capitolinischen Hügel hinauf; die Fuhrleute des vordern unterstützten den rückwärts gehenden Wagen in den Rädern, um den Maulthieren die Last zu erleichtern; unterdessen fing aber der vordere Wagen an, zurückzurollen, und da die sich zwischen beiden Wagen befindenden Fuhrleute aus dem Zwischenraume herausgetreten waren, so rollte der hintere Wagen, von dem vordern geschoben, [ebenfalls] zurück und räderte Jemandes Sclavenknaben; der Eigenthümer des Knaben fragte nun um Rath, gegen wen er Klage zu erheben habe? — Ich habe geantwortet: es hänge hier die rechtliche Beurtheilung von den Umständen ab, denn wenn die Fuhrleute, welche den vordern Wagen unterstützten, ohne Veranlassung dazu weggegangen wären, und es daher gekommen sei, dass die Maulthiere den Wagen nicht hätten halten können, sondern von der Last selbst zurückgezogen worden wären, so finde gegen den Eigenthümer der Maulthiere keine Klage Statt; wider die Leute aber, welche den zurückgehenden Wagen unterstützt hätten, könne aus, dem Aquilischen Gesetz Klage erhoben werden; denn auch derjenige stifte einen Schaden, der mit seinem Willen dasjenige, was er halten soll, fahren lässt, so dass es Jemanden verletzt, denn wer z. B. einen Esel, den er [am Zügel] führt, laufen lässt, kann ebensowohl einen widerrechtlichen Schaden stiften, als derjenige, welcher eine Waffe oder etwas Anderes aus der Hand geschleudert hat. — Wenn hingegen die Maulthiere scheu geworden sind, und sich vom Wagen losgerissen haben, und die Fuhrleute dann, aus Furcht, gequetscht zu werden, [ebenfalls haben zurückspringen und den Wagen im Stich lassen müssen], so findet keine Klage wider die Fuhrleute Statt, sondern wider den Eigenthümer der Maulthiere. Wenn aber weder die Maulthiere, noch die Leute die Ursache gewesen sind, sondern die erstern die Last nicht haben halten können, oder während der Anstrengung dazu niedergestürzt sind, und dadurch der Wagen zurückgerollt ist, sie aber, sobald er zurückgerollt, die Last nicht mehr haben halten können, so findet weder wider den Eigenthümer der Maulthiere, noch wider die Fuhrleute eine Klage Statt. Das übrigens ist ausser Zweifel, dass, die Sache mag nun sein, wie sie will, wider den Eigenthümer der hintern Maulthiere nicht geklagt werden kann, weil diese nicht freiwillig, sondern gedrängt zurückgewichen sind. 3Es hatte Jemand Zugochsen unter der Bedingung verkauft, dass er sie [dem Käufer] erst zur Probe geben sollte, und sie demselben darauf gegeben; ein Sclav des Käufers ward beim Probiren von dem einen Ochsen mit dem Horn gestossen; es ward nun die Frage erhoben, ob der Verkäufer dem Käufer Schadensersatz leisten müsse? Ich habe geantwortet: wenn der Käufer die Ochsen bereits gekauft habe, so brauche er den Schaden nicht zu ersetzen; habe er sie aber noch nicht gekauft, so brauche er, wenn es durch Verschuldung des Sclaven gekommen, dass er gestossen worden sei, keinen Ersatz zu leisten, wohl aber, wenn durch Tücke des Ochsen. 4Während Mehrere mit dem Ball spielten, stiess einer, als er den Ball zu fangen suchte, einen kleinen Sclaven um, dieser fiel, und zerbrach ein Bein; es entstand nun die Frage, ob der Eigenthümer des Sclaven wider den, durch dessen Anstoss er gefallen war, Klage aus dem Aquilischen Gesetz erheben könne? Ich habe geantwortet, er könne nicht klagen, indem das Ereigniss mehr durch einen Zufall, als durch Verschuldung herbeigeführt worden sei.
53Ad Dig. 9,2,53ROHGE, Bd. 20 (1877), Nr. 96, S. 382: Schaden durch Ausbringen eines Ankers im Hafen ohne Bezeichnung.Neratius. lib. I. Membran. Du hast fremde Ochsen auf einen engen Raum zusammengetrieben, und dadurch bewirkt, dass sie heruntergestürzt sind; hier findet wider dich nach Art der Aquilischen eine Klage auf das Geschehene Statt.
54Papin. lib. XXXVII. Quaest. Die Klage aus dem Aquilischen Gesetz steht dem Schuldner zu, wenn der Gläubiger das ihm versprochene Thier vor der [zu dessen Uebergabe] bestimmten Zeit verwundet hat. Dasselbe ist der Fall, wenn er es getödtet hat. Wenn aber derjenige, welcher es sich stipulirt hat, dasselbe nach der bestimmten Zeit getödtet hat, so wird der Versprecher zwar von seiner Verbindlichkeit frei, allein aus dem Aquilischen Gesetz kann er in diesem Fall nicht Klage erheben; denn der Gläubiger hat in diesem Fall sich vielmehr selbst, als einem Andern geschadet.
55Paul. lib. XXII. Quaest. Ich habe dem Titius den Sclaven Stichus, oder den Pamphilus versprochen; während Stichus 10,000 Sestertien, Pamphilus 20,000 werth war; der Stipulirende erschlug den Stichus vor der Verfallzeit; nun ward Frage über die [Zulässigkeit der] Aquilischen Klage erhoben. Ich habe geantwortet: da er, der Lage der Sache nach, den an Werth geringern Sclaven getödtet habe, so stehe der Gläubiger in dieser Beziehung einem Dritten [, Nichtbetheiligten,] ganz gleich. Wie wird also nun die Werthschätzung angelegt werden, auf die zehntausend, welche der getödtete werth war, oder den Betrag des andern, welchen ich nun zu geben genöthigt, d. h. um wie viel ich dabei betheiligt bin? und wie wenn Pamphilus auch vor der Verfallzeit stirbt? — Hier wird der Werth des Stichus abgezogen, weil der Versprecher von seiner Verbindlichkeit befreiet wird, und es genügt, dass jener zu der Zeit, als er erschlagen ward, einen grössern Werth gehabt habe, oder wenigstens binnen Jahresfrist. Aus demselben Grunde wird auch, wenn [Stichus] binnen eines Jahres nach dem Tode des Pamphilus getödtet wird, angenommen, dass derselbe von grösserem Werthe gewesen sei.
56Idem lib. II. Sententiar. Eine Frau, welche der Sache eines Mannes Schaden zugefügt hat, kann auch nach dem Inhalt des Aquilischen Gesetzes belangt werden.
57Javolen. lib. VI. ex Poster. Labeon. Ich habe dir ein Pferd geliehen; während du auf diesem reitest, und Mehrere zugleich mitreiten, stürzt einer von diesen auf jenes Pferd los, wirft dich herunter, und es werden dadurch dem Pferde die Beine zerbrochen; hier, sagt Labeo, findet gegen dich keine Klage Statt; ist es aber durch Schuld des [andern] Reiters geschehen, so kann, nach meiner Ansicht, allerdings gegen diesen, nicht aber wider den Eigenthümer des Pferdes [, worauf der Andere ritt,] Klage erhoben werden.