De novationibus et delegationibus
(Von den Novationen und Delegationen.1)
1Es sind die lateinischen Ausdrücke beibehalten worden, und zwar novatio (d. h. im Allgemeinen die Umwandlung einer obligatio, dadurch, dass die bestehende obligatio aufgehoben und eine neue an deren Stelle gesetzt wird), weil die deutschen Worte: Umschaffung, Neuerung, welche man dafür setzen könnte, in der heutigen juristischen Sprache nicht gebräuchlich sind, und delegatio (d. h. diejenige novatio, durch welche entweder ein neuer Schuldner im Auftrage des alten dem Gläubiger, oder der bisherige Schuldner im Auftrage des alten Gläubigers einem neuen Zahlung zu leisten verspricht), weil die dafür zuweilen gebrauchten Worte: Anweisung oder Ueberweisung theils zweideutig, theils ebenfalls nicht recipirt sind.
1Ulp. lib. XLVI. ad Sabin. Novation ist die Uebertragung und Verwandlung einer früheren Schuld in ein anderes, entweder civilrechtliches oder natürliches Verhältniss, dass heisst, wenn aus einer vorhandenen Rechtsverbindlichkeit eine neue so gebildet wird, dass die frühere zu Grunde geht. Die Novation hat nemlich ihren Namen von dem Neuen (a novo) und von dem neuen Obligationsverhältniss (a nova obligatione) erhalten. 1Das macht keinen Unterschied, welche Verbindlichkeit vorhergegangen ist, ob eine natürliche oder eine civilrechtliche, oder eine honorarische und ob sie auf Worten, oder einer Sache, oder der Einwilligung beruhte. Von welcher Art also auch immer die Verbindlichkeit ist, welche vorausgegangen ist, sie kann durch Worte novirt werden, wenn nur die darauf folgende entweder nach dem Civilrecht, oder nach dem natürlichen Recht verpflichtet, z. B. wenn ein Mündel Etwas ohne Ermächtigung des Vormunds versprochen hat.
2Ulp. lib. XLVIII. ad Sabin. Alle Sachen können in eine Novation übergehen. Denn was auch immer, sei es durch Worte, oder nicht durch Worte, contrahirt ist, kann novirt werden, und aus jeder Verbindlichkeit in eine Verbindlichkeit aus Worten übergehen, nur müssen wir wissen, dass eine Novation nur dann stattfinde, wenn dies beabsichtigt wird, dass die Verbindlichkeit novirt werden solle; sonst wenn dies nicht beabsichtigt wird, werden zwei Verbindlichkeiten vorhanden sein.
4Ulp. lib. V. ad Sabin. Wenn ich dir meinen Schuldner eines Niessbrauchs delegirt haben werde, so wird mein Forderungsrecht nicht novirt, obwohl der, welcher von mir delegirt sein wird, gegen mich durch eine Einrede der bösen Absicht oder auf das Geschehene gesichert sein muss; und nicht blos solange, als der Niessbrauch Dessen, welchem ich [jenen] delegirt habe, bestehen bleibt, sondern auch nach dem Untergang desselben werden wir dies finden, weil [der Schuldner] auch den Nachtheil empfinden würde, dass jenem der Niessbrauch nach meinem Tode bleibt. Und Ebendasselbe ist bei jedem mit einer Person zusammenhängenden Forderungsrecht zu sagen.
5Idem lib. XXXIV. ad Sabin. Eine auf einen Termin gestellte Verbindlichkeit kann, auch ehe der Termin gekommen sein wird, novirt werden. Und im Allgemeinen ist es ausgemacht, dass, auch wenn eine Stipulation auf einen Termin eingegangen ist, eine Novation stattfinde, dass aber nicht sogleich aus dieser Stipulation geklagt werden könne, ehe der Termin gekommen sei.
6Idem lib. XLVI. ad Sabin. Wenn ich so stipulirt haben werde: Verbürgst du dich für so viel, als ich vom Schuldner Titius weniger werde habe einfodern können? so wird keine Novation vorgenommen, weil das nicht beabsichtigt wird, dass novirt werden solle. 1Wenn Jemand ein Gelddarlehn ohne Stipulation gegeben hat, und sogleich darauf eine Stipulation eingegangen ist, so ist ein einziger Contract vorhanden. Dasselbe wird auch dann zu sagen sein, wenn zuerst die Stipulation eingegangen, bald darauf das Geld gezahlt worden ist.
7Pompon. lib. XXIV. ad Sabin. Denn wenn wir, nachdem das Geld zum Darlehn gegeben worden ist, stipuliren, so glaube ich nicht, dass eine Verbindlichkeit aus der Auszahlung entstehe, und dieselbe sodann durch die Stipulation novirt werde, weil das beabsichtigt wird, dass blos die Stipulation verpflichten solle, und anzunehmen ist, dass die Zahlung mehr, um die Stipulation zu erfüllen, geschehe.
8Ulp. lib. XLVI. ad Sabin. Wenn ich stipulirt habe, dass Stichus gegeben werde sollte, und ich, als der Versprecher sich in Verzug befand, sodass er ihn nicht gab, wiederum denselben stipulirt haben werde, so hört die Gefahr auf, den Versprecher zu treffen, gleich als ob der Verzug wieder gut gemacht wäre. 1Ad Dig. 46,2,8,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 355, Note 3.Wenn Legate oder Fideicommisse in eine Stipulation gebracht worden sind, und dies beabsichtigt worden ist, dass novirt werden solle, so wird eine Novation stattfinden, und zwar wenn sie unbedingt oder auf einen Termin hinterlassen sein werden, sogleich, wenn aber unter einer Bedingung, nicht sogleich, sondern dann, wenn die Bedingung eingetreten sein wird. Denn auch sonst novirt, wenn dies beabsichtigt worden ist, Der, welcher auf eine Zeit stipulirt, sogleich, wenn es gewiss ist, dass der Termin einst kommen werde; aber wer unter einer Bedingung stipulirt, der novirt nicht sogleich, wenn nicht die Bedingung eingetreten sein wird. 2Wenn Jemand so vom Sejus stipulirt haben sollte: Gelobst du zu geben, was ich vom Titius stipulirt haben werde? wird dann wohl, wenn er nachher vom Titius Etwas stipulirt hat, eine Novation stattfinden, und ist dann Sejus allein gehalten? Und Celsus sagt: es finde eine Novation statt, wenn nur das beabsichtigt worden sei, dass novirt werden solle, das heisst, dass Sejus schulden solle, was Titius versprochen hat; denn er sagt, dass zu derselben Zeit sowohl die Bedingung der früheren Stipulation erfüllt, als auch novirt werde, und das befolgen wir als Recht. 3Derselbe Celsus sagt: durch die Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, werde nicht novirt, mit Recht, weil blos das mit jener Stipulation beabsichtigt wird, dass mit Bürgen Sicherheit geleistet sei, nicht dass von der durch das Urtheil begründeten Verbindlichkeit zurückgetreten werde. 4Wenn ich Zehn, welche mir Titius schuldet, oder Zehn, welche Sejus schuldet, von einem Dritten stipulirt haben werde, so glaubt Marcellus, dass keiner von beiden befreit werde, aber der Dritte wählen könne, für welchen er die Zehn zahlen wolle. 5Man nimmt an, dass, wenn ein Ehemann das ihm von einem Andern versprochene Heirathsgut von seiner Ehefrau als Heirathsgut stipulirt habe, das Heirathsgut nicht verdoppelt, sondern eine Novation bewirkt werde, wenn dies beabsichtigt worden ist; denn welcher Unterschied ist, ob sie selbst, oder irgend ein Anderer verspreche? Denn wenn ein Anderer Das, was ich schulde, verspricht, so kann er mich befreien, wenn dies in der Absicht einer Novation geschieht; wenn dies aber nicht in der Absicht zu noviren geschieht, so sind zwar Beide gehalten; aber wenn der Eine bezahlt, so wird der Andere befreit. Jedoch entzieht Der, welcher stipulirt, was mir geschuldet wird, mir nicht die Klage, wenn er nicht mit meinem Willen stipulirt; es befreit mich aber Der, welcher verspricht, was ich schulde, auch wenn ich es nicht will.
9Ulp. lib. XLVII. ad Sabin. Ad Dig. 46,2,9 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 355, Noten 4, 5.Wenn ein Mündel ohne Ermächtigung des Vormunds stipulirt hat, dass das Vermögen unversehrt sein werde, und nachdem er mündig geworden, die Stipulation, um zu noviren, genehmigt haben wird, so wird die Vormundschaftsklage aufgehoben. Wenn er es nicht genehmigt haben wird, so hat er, auch wenn er mit der Vormundschaftsklage geklagt hatte, doch noch die Klage aus der Stipulation, aber der Richter darf auf die Vormundschaftsklage nicht anders verurtheilen, als wenn eine Befreiung aus der Stipulation stattfand. 1Wer unter einer Bedingung, welche jedenfalls eintreten wird, stipulirt, scheint unbedingt zu stipuliren. 2Wer eine Viehtrifts-, sodann eine Fusssteigsgerechtigkeit stipulirt, richtet nichts aus. Eben so richtet Der, welcher den Niessbrauch stipulirt hat, nichts aus, wenn er das Gebrauchsrecht stipulirt. Aber wenn Der, welcher eine Fusssteigsgerechtigkeit stipulirt hat, nachher eine Viehtriftsgerechtigkeit stipulirt, so stipulirt er mehr etwas Anderes; denn die Fusssteigsgerechtigkeit ist etwas Anderes, als die Viehtriftsgerechtigkeit22Vergl. l. 58. D. de verb. obl. 45. 1..
11Ulp. lib. XXVII. ad Ed. Delegiren heisst an seiner Stelle einen andern Schuldner dem Gläubiger, oder Demjenigen stellen, welchem es nach dem Geheiss des [Gläubigers] geschehen soll. 1Es geschieht aber die Delegation entweder durch Stipulation33Auch durch Literalcontract. S. Keller über Litiscont. und Urtheil. S. 90. Anm. 4., oder durch Litiscontestation44Auch durch das Urtheil. S. l. 29. D. h. t. und Keller a. a. O. S. 200. ff..
12Paul. lib. XXXI. ad Ed. Wenn Jemand einen Schuldner, welcher wusste, dass er sich durch die Einrede der bösen Absicht schützen könne, delegirt haben wird, so wird der Schuldner einem solchen ähnlich zu sein scheinen, welcher schenkt, weil er die Einrede zu erlassen scheint. Aber wenn er aus Unwissenheit dem Gläubiger das Versprechen geleistet haben wird, so wird er sich zwar keiner Einrede gegen den [neuen] Gläubiger bedienen können, weil dieser das ihm Gebührende angenommen hat55S. l. 44. D. de cond. ind. 12. 6.; aber Der, welcher ihn delegirt hat, ist auf die Condiction entweder des Unbestimmten gehalten66Nemlich darauf, dass er den delegirten Schuldner von der Verbindlichkeit gegen Den, welchem er delegirt worden ist, befreie., wenn das Geld noch nicht gezahlt war, oder des Bestimmten, wenn es gezahlt war, und darum wird er77Er hat also im Falle der Zahlung die Wahl zwischen der condictio certi und der mandati actio. mit der Auftragsklage [gegen den delegirenden Gläubiger] klagen, wenn er selbst das Geld geleistet haben wird.
13Ulp. lib. XXXVIII. ad Ed. Wenn ich einen Nichtschuldner, gleich als wäre er ein Schuldner, delegirt haben werde, so wird keine Einrede [gegen Den, an welchen er delegirt ist,] statthaben, sondern die Condiction steht gegen Den zu, welcher delegirt hat.
14Idem lib. VII. Disput. So oft Das, was unbedingt geschuldet wird, in der Absicht zu noviren, unter einer Bedingung versprochen wird, findet nicht sogleich eine Novation statt, sondern erst dann, wenn die Bedingung eingetreten sein wird. Und darum wird auch dann, wenn etwa Stichus Gegenstand der Verbindlichkeit gewesen, und während die Bedingung schwebt, gestorben sein wird, keine Novation stattfinden, weil die Sache zu der Zeit, wo die Bedingung erfüllt wird, nicht vorhanden ist. Deshalb glaubt Marcellus, dass auch, wenn Stichus nach einem Verzug in eine bedingte Verbindlichkeit gebracht sei, der Verzug wieder gut gemacht und nicht in die zweite Verbindlichkeit gebracht werde. 1Ad Dig. 46,2,14,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 355, Note 3.Aber wenn Jemand Das, was unter einer Bedingung geschuldet wird, unbedingt, um zu noviren, stipulirt, so novirt er nicht ein Mal jetzt sogleich, wenn gleich die unbedingte Stipulation Etwas bewirkt zu haben scheint, sondern dann wird er noviren, wenn die Bedingung eingetreten sein wird; denn die eintretende Bedingung bewirkt den Verfall der ersten Stipulation, und überträgt die verfallene [Stipulation] in die zweite. Und darum schreibt Marcellus, dass, wenn etwa die Person des Versprechers, während die Bedingung schwebt, deportirt sei, nicht ein Mal beim Eintritt der Bedingung irgend eine Novation stattfinde, weil jetzt, wo die Bedingung eingetreten ist, keine Person vorhanden ist, welche verbindlich werden könnte.
15Julian. lib. XIII. Dig. Wenn der Gläubiger eine Strafe auf den Fall, wenn das Geld an dem Termin nicht gezahlt worden wäre, versprochen haben wird, so wird, wenn eine Novation geschehen ist, die Stipulation nicht verfallen.
16Ad Dig. 46,2,16Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 355, Noten 4, 5.Florent. lib. VIII. Inst. Ein Sclave kann nicht einmal eine zum Sondergut gehörige Verbindlichkeit ohne den Willen des Herrn noviren, sondern er fügt viel mehr eine Verbindlichkeit [zu der schon vorhandenen] hinzu, als dass er die frühere novirt.
17Ulp. lib. VIII. ad Ed. Man kann seinen Schuldner durch eine Schrift, oder durch einen Wink delegiren88Hier wird der Ausdruck delegare in einem etwas uneigentlichen Sinne blos auf die Handlung des delegans bezogen. S. Keller a. a. O. S. 91. Anm. 6., wenn man nicht sprechen kann.
18Paul. lib. LVII. ad Ed. Wenn eine Novation99Nemlich eine freiwillige (voluntaria), d. h. durch den Vertrag der Parteien bewirkte. Vgl. l. 29. h. t. gesetzmässig geschehen ist, so werden die Hypotheken und das Faustpfand frei, und die Zinsen laufen nicht mehr.
19Ad Dig. 46,2,19Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 485, Note 18; Bd. II, § 487, Note 3.Idem lib. LXIX. ad Ed. Die Einrede der bösen Absicht, welche dem Delegirenden hätte entgegengesetzt werden können, fällt rücksichtlich der Person des Gläubigers, welchem Jemand delegirt worden ist, weg. Und dasselbe findet auch bei den übrigen ähnlichen Einreden statt, ja sogar bei der, welche in Folge des Senatsschlusses1010Des Macedonianischen. Vgl. l. 29. h. t. einem Haussohn gegeben wird. Denn gegen den Gläubiger, welchem er von Dem, der ein Gelddarlehn gegen den Senatsschluss gegeben hatte, delegirt worden ist, wird er sich der Einrede nicht bedienen können, weil bei diesem Versprechen nichts gegen den Senatsschluss geschieht, um so mehr, weil ein solcher [Haussohn] auch nicht das Gezahlte zurückfordern kann1111Nach der Florent. — Die Vulg. und mit kleinen Aenderungen auch Haloander hat nach senatusconsultum noch folgende Worte: factum est, ideoque quod solverit, repetere non potest, tanto magis fit, quod etc.. Das Gegentheil findet bei einer Frauensperson statt, welche gegen den Senatsschluss1212Den Vellejanischen. S. tit. D. 16. 1. versprochen hat; denn auch in dem zweiten Versprechen liegt eine Intercession. Und dasselbe findet bei einem Minderjährigen statt, welcher verkürzt worden ist und darauf delegirt wird, weil er, wenn er auch jetzt noch minderjährig ist, wieder hintergangen wird. Das Gegentheil findet statt, wenn er schon das Alter von fünfundzwanzig Jahren überschritten hat, obwohl er gegen einen frühern Glaubiger noch in den vorigen Stand wiedereingesetzt werden kann. Es werden aber die Einreden gegen den zweiten Gläubiger darum versagt, weil bei Privatcontracten und Verträgen Der, welchem das Forderungsrecht zusteht, nicht leicht wissen kann, was zwischen Dem, welcher delegirt worden ist, und dem [bisherigen] Schuldner verhandelt worden ist, oder auch, wenn er es weiss, es verbergen muss, damit er nicht neugierig zu sein scheine, und darum ist mit Recht gegen ihn eine Einrede aus der Person des Schuldners zu versagen.
20Paul. lib. LXXII. ad Ed. Wir können entweder selbst noviren, wenn wir eigenen Rechtens sind, oder durch Andere, welche mit unserem Willen stipuliren. 1Ein Mündel kann ohne Ermächtigung des Vormunds nicht noviren; der Vormund kann es, wenn es dem Mündel zuträglich ist, desgleichen ein für das ganze Vermögen bestellter Procurator.
24Idem lib. V. ex Plaut. Es kann eine Novation nicht mit einer solchen Stipulation geschehen, welche nicht verfällt. Auch widerspricht dem nicht, dass in dem Falle, wenn ich in der Absicht, zu noviren, vom Titius unter einer Bedingung Das stipulirt haben werde, was mir Sempronius schuldet, und Titius, während die Bedingung schwebt, verstorben sein wird, eine Novation stattfinden würde, obwohl die Bedingung vor dem Antritt der Erbschaft eingetreten ist; denn in diesem Falle erlischt die Stipulation nicht durch den Tod des Versprechers, sondern geht auf den Erben über, dessen Person unterdessen die Erbschaft vertritt.
25Cels. lib. I. Dig. Es kann Jemand ein altes Forderungsrecht nicht darum richtig noviren, weil ihm zuweilen richtig gezahlt wird; denn auch Denen, welche in unserer Gewalt stehen, wird Das, was von ihnen dargeliehen ist, zuweilen richtig gezahlt, da doch keiner von ihnen für sich ein früheres Forderungsrecht mit Recht noviren kann.
26Cels. lib. III. Dig. Wenn Derjenige, welchem Titius Zehn, Sejus Funfzehn schuldete, vom Attius stipulirt hat, dass ihm Das, was dieser oder was jener schulde, gegeben werden solle, so ist nicht Beides novirt, sondern es steht in der Macht des Attius, für welchen er zahlen und welchen er dadurch befreien wolle. Wir müssen uns aber denken, es sei das ausgemacht worden, dass er Eins von Beiden geben sollte; denn sonst scheint er Beides stipulirt zu haben, und Beides novirt worden zu sein, wenn das [Versprechen] in der Absicht, zu noviren, geschah.
28Idem lib. II. Definit. Nachdem ich das Cornelianische Grundstück stipulirt habe, stipulire ich nachher soviel, als das Grundstück werth ist. Wenn die zweite Stipulation nicht in der Absicht, zu noviren, eingegangen ist, so fällt die Novation weg, die zweite Stipulation aber, in Folge welcher nicht das Grundstück, sondern das Geld geschuldet wird, verpflichtet. Wenn daher der Schuldner das Grundstück leistet, so wird die zweite Stipulation nach dem Recht nicht aufgehoben, auch nicht wenn der Kläger in Folge der erstern die Litiscontestation vornimmt. Sonach wird, wenn das Grundstück ohne Schuld des Schuldners nachher besser oder schlechter geworden ist, dann, wenn das Grundstück gefordert wird, der gegenwärtige Werth richtig berücksichtigt; bei der zweiten [Stipulation] kommt aber der Werth in Betracht, welcher zur Zeit der zweiten Stipulation stattgefunden hat.
29Ad Dig. 46,2,29ROHGE, Bd. 11 (1874), Nr. 27, S. 69: Natur der Judicatsklage.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 354, Note 15.Paul. lib. XXIV. Quaest. Dass das Verhältniss einer freiwilligen1313S. d. B. zu l. 18. h. t. und zu l. 35. D. de usur. 22. 1. Novation ein anderes sei, als das der Einlassung auf eine Klage1414Die Neueren nennen die durch dieselbe bewirkte Novation zum Gegensatz von der freiwilligen: necessaria., zeigen viele Beispiele. Es geht nemlich das Vorzugsrecht beim Heirathsgut und der Vormundschaft1515Ehe nemlich die Frau wegen ihres Heirathsguts an dem Vermögen des Mannes, und der Pupill an dem Vermögen des Tutor eine gesetzliche Hypothek erhielten, hatten sie nur ein privilegium exigendi. Vgl. l. 74. D. de jure dot. 23. 3. l. 22. D. de tut. act. 27. 3. und l. 17. §. 1. — l. 23. D. de reb. auct. jud. 42. 5. und Mackeldey. Lehrb. d. heut. R. R. §. 313. und 785. zu Grunde, wenn nach der Scheidung das Heirathsgut in eine Stipulation gebracht, oder nach der Mündigkeit des Mündels die Vormundschaftsklage novirt wird, wenn das besonders beabsichtigt worden ist. Und das möchte wohl Niemand in dem Falle, wenn die Litiscontestation vorgenommen ist, behaupten; denn wir machen ja dadurch, dass wir eine Klage anstellen, unsere Lage nicht schlechter, sondern besser, wie man in Bezug auf die Klagen zu sagen pflegt, welche durch die Zeit oder den Tod aufhören können.
30Ad Dig. 46,2,30Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 233b, Note 2.Idem lib. V. Respons. Paulus hat das Gutachten ertheilt: wenn der Gläubiger vom Sempronius in der Absicht, zu noviren, Etwas stipulirt hätte, so dass man von der ersten Verbindlichkeit ganz und gar zurücktrat, so könnten von dem zweiten Schuldner dieselben Sachen ohne die Einwilligung des ersten Schuldners nicht wieder in die Verbindlichkeit gebracht werden.
31Venulej. lib. III. Stipulat. Wenn ich irgend eine Sache stipulirt habe, sodann dieselbe unter einer Bedingung in der Absicht, zu noviren, von demselben stipuliren sollte, so muss die Sache auf der Welt bleiben, damit die Novation statthaben könne, wenn es nicht etwa am Versprecher gelegen hat, dass er sie nicht gab. Und darum bist du, wenn du mir einen Sclaven geben musst, und dich in Verzug befunden hast, so dass du mir ihn nicht gabst, auch, nachdem er gestorben ist, gehalten; und wenn ich, bevor er starb, nachdem schon der Verzug stattgefunden hat, denselben von dir unter einer Bedingung stipulirt haben werde, und der Sclave nachher gestorben, sodann die Bedingung eingetreten sein wird, da du mir schon in Folge der Stipulation verbindlich bist, so wird auch eine Novation stattfinden. 1Ad Dig. 46,2,31,1ROHGE, Bd. 4 (1872), S. 217: Liberation eines Schuldners ohne dessen Wissen durch Zahlung bez. Angabe an Zahlungsstatt, Novation eines Dritten.ROHGE, Bd. 16 (1875), Nr. 82, S. 328: Ersatzanspruch aus der Tilgung bezw. Uebernahme der Schuld eines Andern.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 295, Note 5; Bd. II, § 354, Note 15.Wenn zwei Correalgläubiger vorhanden sind, so fragt es sich, ob der eine das Recht, zu noviren, habe, und welches Recht ein jeder für sich erlangt habe? Es ist aber fast ausgemacht, dass sowohl einem einzigen nichtig gezahlt werde, als auch ein einziger, wenn er eine Klage erbittet1616So lässt sich vielleicht die Florent. judicium petentem, statt welcher Haloander und die Vulg.: in judicio pet. hat, rechtfertigen, obwohl nicht petere, sondern postulare hier der technische Ausdruck ist., die ganze Sache klagbar mache, desgleichen durch die Acceptilation von Seiten eines Einzigen die Forderung Beider vernichtet werde. Und daraus kann man schliessen, dass ein jeder ebenso für sich erworben habe, als wenn er allein stipulirt hätte, mit der Ausnahme, dass der Stipulirende auch durch eine Handlung Desjenigen, mit welchem er ein gemeinschaftliches Recht hat, den Schuldner verlieren kann. Demgemäss wird der eine [Correalgläubiger], wenn er vom [Schuldner] stipulirt, denselben durch die Novation, wenn er dies besonders beabsichtigt, auch von dem Andern befreien können, um so mehr, da wir eine solche Stipulation der Zahlung gleich achten; [denn] was würden wir sonst in dem Falle sagen, wenn ein [Correalgläubiger] seinem Gläubiger den gemeinschaftlichen Schuldner delegirt, und jener von diesem stipulirt hätte? oder eine Frauensperson [einem solchen Schuldner] geheissen hätte, ihrem Mann ein Grundstück zum Heirathsgut zu versprechen, oder, da sie im Begriff war, [den Schuldner1717Gegen welchen sie und ein Anderer zusammen eine Correalobligation hatte.,] selbst zu heirathen, ihm dasselbe zum Heirathsgut versprochen hätte? Der Schuldner wird [in diesem Falle] von beiden [Correalgläubigern] befreit werden.
32Paul. lib. I. ad Nerat. Du musst mir einen Sclaven und Sejus muss mir Zehn geben; ich stipulire von dem einen in der Absicht, zu noviren, so: was du [geben musst] oder [was] Sejus geben muss. Beides wird novirt. Paulus [bemerkt hierzu] mit Recht, weil Beides in die zweite Stipulation gebracht wird.
33Tryphonin. lib. VII. Disputat. Wenn Titius, welcher mir ein Geschenk machen wollte, von mir delegirt, meinem Gläubiger Das, was dieser sich stipulirt, gelobt hat, so wird er gegen denselben nicht jene Einrede haben, dass er nur auf so viel, als er leisten kann, verurtheilt werde; denn gegen mich konnte er zwar mit Recht eine solche Vertheidigung gebrauchen, weil ich ein Geschenk von ihm forderte, der Gläubiger aber verfolgt die Schuld.
34Gaj. lib. III. de verb. obligat. Man darf nicht zweifeln, dass ein Sohn oder Sclave, welchem die Verwaltung des Sonderguts gestattet worden ist, auch das Recht habe, Sondergutsschulden zu noviren; jeden Falls, wenn sie selbst stipuliren, vorzüglich, wenn sie auf diese Weise ihre Lage auch verbessern; denn wenn sie einem Andern heissen, dass er stipuliren solle, so kommt es darauf an, ob sie es in der Absicht, zu schenken, dem Andern heissen, oder [in der Absicht,] damit er für den Sohn oder Sclaven selbst ein Geschäft führe; und in diesem [letztern] Falle wird auch die Auftragsklage für das Sondergut erworben. 1Es ist durchaus nicht zu bezweifeln, dass der agnatische Curator eines Wahnsinnigen oder Verschwenders das Recht, zu noviren, habe, wenn dies für den Wahnsinnigen oder Verschwender von Nutzen ist. 2Im Allgemeinen ist zu erinnern, dass Nichts verhindere, durch eine einzige Stipulation mehrere Verbindlichkeiten zu noviren, z. B. wenn man so stipulirt: Gelobst du Das zu geben, was Titius und Sejus mir geben muss? Denn wenngleich Jeder aus einem anderen Grund verbindlich war, so werden doch Beide kraft der Novation befreit, da die Verbindlichkeit beider in der Person eines Einzigen, von welchem wir jetzt stipuliren, zusammentrifft.