Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 40 übersetzt von Schneider unter Redaction von Sintenis
Dig. XL12,
De liberali causa
Liber quadragesimus
XII.

De liberali causa

(Von dem Rechtsstreit über die Freiheit.)

1Ul­pia­nus li­bro quin­qua­gen­si­mo quar­to ad edic­tum. Si quan­do is, qui in pos­ses­sio­ne ser­vi­tu­tis con­sti­tu­tus est, li­ti­ga­re de con­di­cio­ne sua non pa­ti­tur, quod for­te si­bi suo­que ge­ne­ri vel­let ali­quam in­iu­riam in­fer­re, in hoc ca­su ae­quum est qui­bus­dam per­so­nis da­ri li­cen­tiam pro eo li­ti­ga­re: ut pu­ta pa­ren­ti, qui di­cat fi­lium in sua po­tes­ta­te es­se: nam et­iam­si no­lit fi­lius, pro eo li­ti­ga­bit. sed et si in po­tes­ta­te non sit, pa­ren­ti da­bi­tur hoc ius, quia sem­per pa­ren­tis in­ter­est fi­lium ser­vi­tu­tem non sub­ire. 1Ver­sa et­iam vi­ce di­ce­mus li­be­ris pa­ren­tium et­iam in­vi­to­rum ean­dem fa­cul­ta­tem da­ri: ne­que enim mo­di­ca fi­lii igno­mi­nia est, si pa­ren­tem ser­vum ha­beat. 2Id­cir­co vi­sum est co­gna­tis et­iam hoc da­ri de­be­re,

1Ulp. lib. LIV. ad Ed. Wenn etwa Jemand, der sich im Zustande der Sclaverei befindet, über seine Lage zu streiten nicht gestattet, weil er vielleicht will, dass ihm und seinem Geschlechte ein Unrecht zugefügt werde, so ist es in diesem Falle billig, dass gewissen Personen die Erlaubniss gegeben werde, für ihn zu streiten, z. B. seinem Vater, welcher behauptete, dass sein Sohn sich in seiner Gewalt befinde; denn auch, wenn der Sohn nicht will, so wird [der Vater doch] für ihn streiten. Aber auch, wenn er in Niemandes Gewalt steht, so wird doch dem Vater dieses Recht gegeben werden, weil immer dem Vater daran gelegen ist, dass sein Sohn die Sclaverei nicht erleide. 1Auch umgekehrt werden wir sagen, dass den Kindern [solcher] Eltern, auch wenn diese es nicht wollen, dieselbe Befugniss gegeben werde; denn es ist ja keine unbedeutende Schande für einen Sohn, wenn er einen Sclaven zum Vater hat. 2Darum hat man angenommen, dass auch den Verwandten das Recht gegeben werden müsse,

2Gaius ad edic­tum prae­to­ris ur­ba­ni ti­tu­lo de li­be­ra­li cau­sa. quon­iam ser­vi­tus eo­rum ad do­lo­rem nos­trum in­iu­riam­que nos­tram por­ri­gi­tur.

2Gaj. lib. ad Ed. Praet. urb., tit. de lib. causa. weil die Sclaverei derselben zu unserem Schmerz und unserer Kränkung gereicht.

3Ul­pia­nus li­bro quin­qua­gen­si­mo quar­to ad edic­tum. Am­plius pu­to na­tu­ra­li­bus quo­que hoc idem prae­stan­dum, ut pa­rens fi­lium in ser­vi­tu­te quae­si­tum et ma­nu­mis­sum pos­sit in li­ber­ta­tem vin­di­ca­re. 1Mi­li­ti et­iam pro ne­ces­sa­riis si­bi per­so­nis de li­ber­ta­te li­ti­ga­re per­mit­ti­tur. 2Cum ve­ro ta­lis ne­mo alius est, qui pro eo li­ti­get, tunc ne­ces­sa­rium est da­ri fa­cul­ta­tem et­iam ma­tri vel fi­lia­bus vel so­ro­ri­bus eius ce­te­ris­que mu­lie­ri­bus quae de co­gna­tio­ne sunt vel et­iam uxo­ri ad­ire prae­to­rem et hoc in­di­ca­re, ut cau­sa co­gni­ta et in­vi­to ei suc­cur­ra­tur. 3Sed et si li­ber­tum meum vel li­ber­tam di­cam, idem erit di­cen­dum.

3Ulp. lib. LIV. ad Ed. Ferner glaube ich, dass auch natürlichen Verwandten eben dieses [Recht] zu gewähren sei, so dass ein Vater seinen in der Sclaverei erzeugten und freigelassenen Sohn in die Freiheit fordern könne. 1Einem Soldaten wird es erlaubt, auch für ihm nahe verwandte Personen für die Freiheit zu streiten. 2Wenn aber sonst Niemand vorhanden ist, welcher für ihn streiten kann, dann ist es nothwendig, dass auch der Mutter, oder den Töchtern, oder den Schwestern desselben, und den übrigen Frauenspersonen, welche zur Verwandtschaft gehören, oder auch seiner Ehefrau die Befugniss gegeben werde, den Prätor anzugehen, und dies anzuzeigen, damit nach Untersuchung der Sache demselben auch wider Willen geholfen werde. 3Aber auch, wenn ich behaupte, dass Jemand mein Freigelassener oder meine Freigelassene sei, wird dasselbe zu sagen sein.

4Gaius ad edic­tum prae­to­ris ur­ba­ni ti­tu­lo de li­be­ra­li cau­sa. Sed tunc pa­tro­no con­ce­di­tur pro li­ber­ta­te li­ber­ti li­ti­ga­re, si eo igno­ran­te li­ber­tus venire se pas­sus est.

4Gaj. ad Ed. Praet. urb., tit. de lib. causa. Dem Patron wird aber dann gestattet, für die Freiheit seines Freigelassenen zu streiten, wenn ohne sein Wissen sich der Freigelassene hat verkaufen lassen.

5Ul­pia­nus li­bro quin­qua­gen­si­mo quar­to ad edic­tum. In­ter­est enim nos­tra li­ber­tos li­ber­tas­que ha­be­re. 1Quod si plu­res ex me­mo­ra­tis per­so­nis ex­istant, qui ve­lint pro his li­ti­ga­re, prae­to­ris par­tes in­ter­po­nen­dae sunt, ut eli­gat, quem po­tis­si­mum in hoc es­se ex­is­ti­mat. quod et in plu­ri­bus pa­tro­nis ob­ser­va­ri de­bet.

5Ulp. lib. LIV. ad Ed. Denn es liegt uns daran, Freigelassene zu haben. 1Wenn aber mehrere von den erwähnten Personen auftreten sollten, welche für solche [Personen] streiten wollen, so muss der Prätor sich ins Mittel legen, um Den zu wählen, welchen er für diesen Zweck für den vorzüglichsten hält. Und dies muss auch bei mehreren Patronen beobachtet werden.

6Gaius ad edic­tum prae­to­ris ur­ba­ni. Be­ni­gnius au­tem hoc per­se­quen­dum est, ut, si fu­rio­sus et in­fans est qui in ser­vi­tu­tem tra­hi­tur, non so­lum ne­ces­sa­riis per­so­nis, sed et­iam ex­tra­neis hoc per­mit­ta­tur.

6Gaj. ad Ed. Praet. urb., tit. de lib. causa. Es ist dies aber mit Rücksicht auf die Billigkeit zu erklären, so dass, wenn Der, welcher in die Sclaverei gezogen wird, ein Wahnsinniger, oder ein Kind ist, dies nicht blos den nahe verwandten Personen, sondern auch Fremden erlaubt wird.

7Ul­pia­nus li­bro quin­qua­gen­si­mo quar­to ad edic­tum. Li­be­ris et­iam ho­mi­ni­bus, ma­xi­me si ma­io­res vi­gin­ti an­nis ve­num se da­ri pas­si sunt vel in ser­vi­tu­tem qua­qua ra­tio­ne de­du­ci, ni­hil ob­est, quo mi­nus pos­sint in li­ber­ta­tem pro­clama­re, ni­si for­te se ve­num da­ri pas­si sunt, ut par­ti­ci­pa­ve­rint pre­tium. 1Si quis mi­nor vi­gin­ti an­nis ad par­tien­dum pre­tium ve­num se da­ri pas­sus est, ni­hil ei hoc post vi­gin­ti an­nos no­ce­bit. sed si an­te qui­dem se ve­num de­dit, post vi­cen­si­mum au­tem an­num pre­tium par­ti­tus est, pot­erit ei li­ber­tas de­ne­ga­ri. 2Si quis sciens li­be­rum eme­rit, non de­ne­ga­tur ven­di­to in li­ber­ta­tem pro­cla­ma­tio ad­ver­sus eum qui eum com­pa­ra­vit, cu­ius­que sit ae­ta­tis qui emp­tus est, id­cir­co quia non est ve­nia dig­nus qui emit, et­iam­si scien­tem pru­den­tem­que se li­be­rum eme­rit. sed enim si post­ea alius eum eme­rit ob hoc, qui sci­vit, igno­rans, de­ne­gan­da est ei li­ber­tas. 3Si duo si­mul eme­rint par­tes, al­ter sciens, al­ter igno­rans, vi­den­dum erit, num­quid is qui scit non de­beat no­ce­re igno­ran­ti: quod qui­dem ma­gis est. sed enim il­la erit quaes­tio, par­tem so­lam ha­be­bit is qui igno­ra­vit an to­tum? et quid di­ce­mus de alia par­te? an ad eum qui scit per­ti­neat? sed il­le in­dig­nus est quid ha­be­re, quia sciens eme­rit. rur­sum qui igno­ra­vit, non pot­est ma­io­rem par­tem do­mi­nii ha­be­re quam emit: eve­nit igi­tur, ut ei pro­sit qui eum com­pa­ra­vit sciens, quod alius igno­ra­vit. 4Sunt et aliae cau­sae, ex qui­bus in li­ber­ta­tem pro­cla­ma­tio de­ne­ga­tur, vel­uti si quis ex eo tes­ta­men­to li­ber es­se di­ca­tur, quod tes­ta­men­tum ape­ri­ri prae­tor ve­tat, quia tes­ta­tor a fa­mi­lia ne­ca­tus es­se di­ca­tur: cum enim in eo sit is­te, ut sup­pli­cio for­te sit ad­fi­cien­dus, non de­bet li­be­ra­le iu­di­cium ei con­ce­di. sed et si da­ta fue­rit, quia du­bi­ta­tur, utrum no­cens sit an in­no­cens, dif­fer­tur li­be­ra­le iu­di­cium, do­nec con­stet de mor­te eius, qui ne­ca­tus est: ap­pa­re­bit enim, utrum sup­pli­cio ad­fi­cien­dus sit an non. 5Si quis ex ser­vi­tu­te in li­ber­ta­tem pro­cla­mat, pe­ti­to­ris par­tes sus­ti­net: si ve­ro ex li­ber­ta­te in ser­vi­tu­tem pe­ta­tur, is par­tes ac­to­ris sus­ti­net qui ser­vum suum di­cit. igi­tur cum de hoc in­cer­tum est, ut pos­sit iu­di­cium or­di­nem ac­ci­pe­re, hoc an­te apud eum, qui de li­ber­ta­te co­gni­tu­rus est, dis­cep­ta­tur, utrum ex li­ber­ta­te in ser­vi­tu­tem aut con­tra aga­tur. et si for­te ap­pa­rue­rit eum, qui de li­ber­ta­te sua li­ti­gat, in li­ber­ta­te si­ne do­lo ma­lo fuis­se, is qui se do­mi­num di­cit ac­to­ris par­tes sus­ti­ne­bit et ne­ces­se ha­be­bit ser­vum suum pro­ba­re: quod si pro­nun­tia­tum fue­rit eo tem­po­re, quo lis prae­pa­ra­ba­tur, in li­ber­ta­te eum non fuis­se aut do­lo ma­lo fuis­se, ip­se qui de sua li­ber­ta­te li­ti­gat de­bet se li­be­rum pro­ba­re.

7Ulp. lib. LIV. ad Ed. Auch freien Menschen, vorzüglich, wenn sie, älter als zwanzig Jahre, sich haben verkaufen, oder auf irgend eine Weise in die Sclaverei bringen lassen, steht nichts im Wege, dass sie nicht die Freiheit in Anspruch nehmen können, ausser wenn sie sich haben verkaufen lassen, um des Kaufpreises theilhaft zu werden. 1Wer jünger als zwanzig Jahre, sich, um des Kaufpreises theilhaft zu werden, hat verkaufen lassen, dem wird das nach dem zwanzigsten Jahre nichts schaden. Aber wenn er sich zwar vorher verkauft hat, nach dem zwanzigsten Jahre aber des Kaufpreises theilhaft geworden ist, so wird ihm die Freiheit versagt werden können. 2Wenn Jemand wissentlich einen Freien gekauft hat, so wird dem Verkauften die Berufung auf die Freiheit gegen Den, welcher ihn erworben hat, von welchem Alter Der, welcher gekauft worden ist, auch sein möge, nicht versagt, weil Der keiner Nachsicht würdig ist, welcher [einen Freien] gekauft hat, auch wenn der Gekaufte wusste und damit bekannt war, dass er ein Freier sei. Aber wenn nachher ein Anderer ihn von Dem, welcher es gewusst hat, unwissentlich gekauft hat, so muss ihm die Freiheit versagt werden. 3Wenn Zwei zugleich Theile [eines freien Menschen] gekauft haben, der Eine wissentlich, der Andere unwissentlich, so wird zu untersuchen sein, ob Der, welcher es wusste, dem Nichtswissenden nicht schaden dürfe. Und dafür spricht mehr. Aber es wird die Frage Statt finden: wird Der, welcher es nicht gewusst hat, blos einen Theil, oder den ganzen [Menschen] haben? und was soll man von dem anderen Theile sagen? gehört er etwa Dem, welcher es weiss? Aber Der ist unwürdig, Etwas zu haben, welcher wissentlich gekauft hat; auf der andern Seite kann Der, welcher es nicht gewusst hat, keinen grösseren Theil der Herrschaft haben, als er gekauft hat; es tritt also der Fall ein, dass es Dem, welcher ihn wissentlich erworben hat, nützt, dass der Andere es nicht gewusst hat. 4Es giebt auch andere Gründe, aus welchen die Berufung auf die Freiheit versagt wird, z. B. wenn behauptet wird, dass Jemand in Folge eines solchen Testaments frei sei, dessen Eröffnung der Prätor verbietet, weil der Testator von seiner Sclavenfamilie getödtet sein soll; denn da Jener sich in der Lage befindet, dass ihn vielleicht eine Strafe treffen muss, so darf ihm kein rechtliches Verfahren über die Freiheit gestattet werden. Aber auch wenn [die Freiheit] ertheilt worden ist, wird, weil es ungewiss ist, ob er schuldig oder unschuldig sei, das Verfahren über die Freiheit verschoben, bis man über den Tod des Ermordeten Gewissheit hat; dann wird sich nemlich ergeben, ob er mit einer Strafe zu belegen sei, oder nicht. 5Wenn Jemand aus der Sclaverei auf die Freiheit Anspruch erhebt, so hat er die Rolle des Klägers zu übernehmen; wenn er aber aus der Freiheit in die Sclaverei gefordert wird, so hat Der die Rolle des Klägers, welcher behauptet, dass [der Andere] sein Sclave sei. Wenn daher hierüber Ungewissheit herrscht, so wird dies, damit das rechtliche Verfahren seine gehörige Ordnung11Ueber die ordinatio liberalis causae s. Cujac. Observ. XVIII. c. 23. u. Zimmern a. a. O. Bd. 3. §. 66. S. 203. erhalten könne, vorher bei Dem, welcher über die Freiheit erkennen wird, erörtert, ob aus der Freiheit in die Sclaverei, oder umgekehrt geklagt werde. Und wenn sich etwa ergeben haben sollte, dass Der, welcher wegen seiner Freiheit streitet, sich ohne Arglist in der Freiheit befunden habe, so wird Der, welcher behauptet, dass er der Herr [des Andern] sei, die Rolle des Klägers auf sich haben, und nothwendig beweisen müssen, dass [der Andere] sein Sclave sei. Wenn aber erkannt worden ist, dass er zu der Zeit, zu welcher der Rechtsstreit vorbereitet wurde, sich nicht in der Freiheit befunden habe, oder mit Arglist sich darin befunden habe, so muss Der selbst, welcher wegen seiner Freiheit streitet, beweisen, dass er frei sei.

8Idem li­bro quin­qua­gen­si­mo quin­to ad edic­tum. Co­gni­tio de li­be­ra­li cau­sa usu­fruc­tua­rio da­tur, et­iam­si do­mi­nus quo­que ve­lit, hoc est qui se do­mi­num di­cit, mo­ve­re sta­tus con­tro­ver­siam. 1Si plu­res si­bi do­mi­nium ser­vi vin­di­cant di­cen­tes es­se com­mu­nem, ad eun­dem iu­di­cem mit­ten­di erunt: et ita se­na­tus cen­suit. ce­te­rum si unus­quis­que suum es­se in so­li­dum, non in par­tem di­cat, ces­sat se­na­tus con­sul­tum: ne­que enim ti­mor est, ne va­rie iu­di­ce­tur, cum unus­quis­que so­li­dum do­mi­nium si­bi vin­di­cet. 2Sed et si al­ter usum fruc­tum to­tum, al­ter pro­prie­ta­tem ser­vi vin­di­cet, item si al­ter do­mi­nium, al­ter pig­ne­ra­tum si­bi di­cat, idem iu­dex erit: et par­vi re­fert, ab eo­dem an ab alio ei pig­ne­ri da­tus sit.

8Ulp. lib. LV. ad Ed. Die Klage in einer Freiheitssache wird dem Niessbraucher [des angeblichen Sclaven] gegeben, wenn auch der Herr, das heisst Der, welcher behauptet, dass er Herr sei, den Streit über den Rechtszustand des Sclaven erheben will. 1Wenn Mehrere die Herrschaft über einen Sclaven in Anspruch nehmen, indem sie behaupten, dass er ein gemeinschaftlicher sei, so müssen sie an einen und denselben Richter geschickt werden; und so hat der Senat verordnet. Sonst wenn ein Jeder behaupten sollte, dass derselbe aufs Ganze, nicht auf einen Theil sein sei, so fällt der Senatsschluss weg, denn es findet keine Besorgniss Statt, dass verschieden geurtheilt werden möchte, da ein Jeder sich die ganze Herrschaft anmasst. 2Aber auch, wenn der Eine nur den Niessbrauch, der Andere das blosse Eigenthum an dem Sclaven in Anspruch nimmt, desgleichen wenn der Eine behauptet, dass er in seinem Eigenthume, der Andere, dass er ihm verpfändet sei, wird ein und derselbe Richter sein, und es macht nichts aus, ob der Sclave dem Letzteren vom Erstern, oder von einem Anderen zum Pfande gegeben worden sei.

9Gaius ad edic­tum prae­to­ris ur­ba­ni ti­tu­lo de li­be­ra­li cau­sa. Si pa­ri­ter ad­ver­sus eum, qui de li­ber­ta­te li­ti­gat, con­sis­tant fruc­tua­rius et pro­prie­ta­rius, fie­ri pot­est, ut al­ter­uter ab­sit: quo ca­su an prae­sen­ti so­li per­mis­su­rus sit prae­tor ad­ver­sus eum age­re, du­bi­ta­ri pot­est, quia non de­bet al­te­rius col­lu­sio­ne aut in­er­tia al­te­ri ius cor­rum­pi. sed rec­tius di­ci­tur et­iam al­ter­utri eo­rum per­mit­ten­dum age­re, ut al­te­rius ius in­cor­rup­tum ma­neat. quod si ad­huc non­dum fi­ni­to iu­di­cio su­per­ve­ne­rit, ad eun­dem iu­di­cem mit­te­tur, ni­si si ius­tam cau­sam ad­fe­rat, qua­re ad eum mit­ti non de­beat, for­te si eum iu­di­cem in­imi­cum si­bi es­se ad­fir­met. 1Idem di­ce­mus et si duo plu­res­ve do­mi­ni es­se di­can­tur et qui­dam prae­sto sint, qui­dam aberi­nt. 2Un­de in utro­que ca­su di­spi­cia­mus, an, si is qui prior ege­rit vic­tus sit, pro­sit ei, quod pos­te­rior vi­ce­rit, vel con­tra, id est ut, cum om­ni­no al­ter­uter vi­ce­rit, pro­sit et­iam al­te­ri, sic­ut prod­est he­redi li­ber­ti, quod in frau­dem pa­tro­ni ser­vi ma­nu­mis­si sint. si cui pla­ceat prod­es­se, con­se­quens est, ut, cum idem pe­tat, ex­cep­tio­ni rei iu­di­ca­tae ob­icia­tur re­pli­ca­tio: si cui ve­ro pla­ceat non prod­es­se, is ha­be­bit se­quen­tem du­bi­ta­tio­nem, utrum id, in quo quis vic­tus est, nul­lius erit an eius es­se de­beat, cum quo ac­tum sit, an po­tius eius qui vi­ce­rit? sci­li­cet ut uti­lis ac­tio de­tur ei qui vi­ce­rit, mi­ni­me au­tem prae­tor pa­ti de­beat, ut pro par­te quis ser­vus sit.

9Gaj. ad Ed. Praet. urb., tit. de lib. causa. Wenn auf gleiche Weise gegen Den, welcher über seine Freiheit streitet, der Niessbraucher und blosse Eigenthümer auftreten, so kann es sich zutragen, dass Einer von Beiden abwesend ist; in diesem Falle kann man nun zweifeln, ob der Prätor dem Gegenwärtigen allein erlauben werde, gegen den Sclaven zu klagen, weil durch das heimliche Einverständniss, oder die Unthätigkeit des Einen das Recht des Andern nicht vernichtet werden darf; aber man sagt richtiger, dass es auch dem Einen von Beiden erlaubt werden müsse, zu klagen, so dass das Recht des Anderen unvermindert bleibe. Wenn aber der Andere vor Ende des Rechtsstreites noch hinzugekommen ist, so wird er an denselben Richter gewiesen werden, ausser wenn er einen rechtmässigen Grund beibringen sollte, warum er nicht an denselben gewiesen werden dürfe, z. B. er versichert, dass jener Richter sein Feind sei. 1Dasselbe werden wir auch dann sagen, wenn angegeben wird, dass Zwei oder Mehrere Herren wären, und Einige gegenwärtig, Einige abwesend seien. 2Daher wollen wir in Bezug auf beide Fälle sehen, ob, wenn Der, welcher zuerst geklagt hat, besiegt worden ist, es ihm nütze, dass der Zweite gesiegt habe, oder umgekehrt, das heisst, dass, wenn überhaupt der Eine von Beiden gesiegt habe, es auch dem Anderen nütze, so wie es dem Erben des Freigelassenen nützt, dass [von dem letzteren] zur Bevortheilung des Patrons Sclaven freigelassen worden sind22Denn solche Freilassungen sind ungültig, und daher wird die Erbmasse grösser. S. die notae ad Caj. I. l. §. 6. ap. Schulting.. Nimmt man an, es nütze, so folgt daraus, dass, wenn der Andere [nachher] dieselbe Forderung erhebt, der Einrede der rechtlich entschiedenen Sache eine Gegeneinrede entgegengesetzt werden könne; nimmt man aber an, dass es nicht nütze, so wird der Zweifel entstehen, ob Das, in Betreff dessen der Eine besiegt worden ist, Keinem gehöre, oder Dem gehören solle, gegen den geklagt worden, oder vielmehr Dem, welcher gesiegt habe? nemlich dergestalt, dass Dem, welcher gesiegt hat, eine analoge Klage ertheilt werde. Allein33So muss interpungirt werden, sonst erhält man keine Antwort; und dann muss man mit Baudoza debet lesen. Die Entscheidung beruhet auf einem ähnlichen Grunde wie l. 7. §. 3. h. tit. A. d. R. der Prätor darf nicht dulden, dass Jemand zum Theil Sclave sei.

10Ul­pia­nus li­bro quin­qua­gen­si­mo quin­to ad edic­tum. Quod au­tem di­xi­mus ‘in li­ber­ta­te fuis­se’ sic est ac­ci­pien­dum non ut se li­be­rum do­ceat is, qui li­be­ra­le iu­di­cium pa­ti­tur, sed in pos­ses­sio­ne li­ber­ta­tis si­ne do­lo ma­lo fuis­se. quid sit au­tem ‘si­ne do­lo ma­lo fuis­se’, vi­dea­mus. nam Iu­lia­nus ait om­nes, qui se li­be­ros pu­tant, si­ne do­lo ma­lo in li­ber­ta­te fuis­se, si mo­do se pro li­be­ris ge­rant, quam­vis ser­vi sint. Va­rus au­tem scri­bit eum, qui se li­be­rum sciat, dum in fu­ga sit, non vi­de­ri si­ne do­lo ma­lo in li­ber­ta­te es­se: sed si­mul at­que de­sie­rit qua­si fu­gi­ti­vus se ce­la­re et pro li­be­ro age­re, tunc in­ci­pe­re si­ne do­lo ma­lo in li­ber­ta­te es­se: et­enim ait eum, qui scit se li­be­rum, de­in­de pro fu­gi­ti­vo agit, hoc ip­so, quod in fu­ga sit, pro ser­vo age­re,

10Ulp. lib. LV. ad Ed. Wenn wir aber gesagt haben: sich in der Freiheit befunden habe, so ist dies so zu verstehen, nicht dass Der, welcher in einen Freiheitsstreit verwickelt wird, darthue, dass er frei sei, sondern dass er sich ohne Arglist im Besitze der Freiheit befunden habe. Was heisst das aber, sich ohne Arglist befunden haben? Julianus sagt, dass Alle, welche sich für frei halten, sich ohne Arglist in der Freiheit befunden haben, wenn sie sich nur als Freie benehmen, obwohl sie Sclaven sind. Varus aber schreibt: dass Derjenige, welcher wisse, dass er frei sei, so lange er auf der Flucht sei, sich nicht ohne Arglist in der Freiheit zu befinden scheine, sondern erst dann, wenn er aufgehört habe, sich als ein Flüchtling zu verbergen, und als Freier handle, fange er an, sich ohne Arglist in der Freiheit zu befinden; denn er sagt: Derjenige, welcher weiss, dass er frei ist, aber als Flüchtling handelt, benimmt sich gerade dadurch, dass er auf der Flucht ist, als Sclave.

11Gaius ad edic­tum prae­to­ris ur­ba­ni ti­tu­lo de li­be­ra­li cau­sa. li­cet fu­gae tem­po­re pro li­be­ro se ges­se­rit: di­ce­mus enim eum in ea­dem cau­sa es­se.

11Gaj. ad Ed. Praet. urb., tit. de lib. causa. Wenn er sich gleich auf der Flucht als Freier benommen hat, so werden wir doch sagen, dass er sich in derselben Lage befinde.

12Ul­pia­nus li­bro quin­qua­gen­si­mo quin­to ad edic­tum. Igi­tur scien­dum est et li­be­rum pos­se do­lo ma­lo in li­ber­ta­te es­se et ser­vum pos­se si­ne do­lo ma­lo in li­ber­ta­te es­se. 1In­fans sub­rep­tus bo­na fi­de in ser­vi­tu­te fuit, cum li­ber es­set, de­in­de, cum de sta­tu igna­rus es­set, re­ces­sit et clam in li­ber­ta­te mo­ra­ri coe­pit: hic non si­ne do­lo ma­lo in li­ber­ta­te mo­ra­tur. 2Pot­est et ser­vus si­ne do­lo ma­lo in li­ber­ta­te mo­ra­ri, ut pu­ta tes­ta­men­to ac­ce­pit li­ber­ta­tem, quod nul­lius mo­men­ti es­se igno­rat, vel vin­dic­ta ei im­po­si­ta est ab eo, quem do­mi­num es­se pu­ta­vit, cum non es­set, vel edu­ca­tus est qua­si li­ber, cum ser­vus es­set. 3Et ge­ne­ra­li­ter di­cen­dum est, quo­tiens quis ius­tis ra­tio­ni­bus duc­tus vel non ius­tis, si­ne cal­li­di­ta­te ta­men pu­ta­vit se li­be­rum et in li­ber­ta­te mo­ra­tus est, di­cen­dum est hunc in ea cau­sa es­se, ut si­ne do­lo ma­lo in li­ber­ta­te fue­rit at­que id­eo pos­ses­so­ris com­mo­do frua­tur. 4Pro­ba­tio au­tem ad id tem­pus re­fe­re­tur, cum si­ne do­lo ma­lo in li­ber­ta­te fue­rit, quo pri­mum in ius ad­itum est. 5Si ope­rae ali­cui de­bean­tur, is quo­que li­be­ra­li iu­di­cio ex­per­i­ri pot­est. 6Si quod dam­num mi­hi de­de­rit, qui ad li­ber­ta­tem pro­cla­mat, il­lo tem­po­re, quo bo­na fi­de mi­hi ser­vie­bat, vel­uti si ego bo­na fi­de do­mi­nus noxa­li iu­di­cio con­ven­tus et con­dem­na­tus li­tis aes­ti­ma­tio­nem pro eo op­tu­li: in id mi­hi con­dem­na­bi­tur.

12Ulp. lib. LV. ad Ed. Daher muss man wissen, dass sowohl ein Freier sich mit Arglist in der Freiheit, als ein Sclave ohne Arglist sich in der Freiheit befinden könne. 1Ein entwendetes Kind hat sich in gutem Glauben in der Sclaverei befunden, während es doch frei war; sodann hat es sich, unkundig über seinen Rechtszustand, entfernt, und angefangen, heimlich sich in der Freiheit zu befinden; dieses befindet sich nicht ohne Arglist in der Freiheit. 2Es kann sich auch ein Sclave ohne Arglist in der Freiheit befinden, z. B. er hat in einem Testamente die Freiheit erhalten, von welchem er nicht weiss, dass es von keiner Gültigkeit sei, oder es ist ihm der Stab von Demjenigen auferlegt worden, welchen er für seinen Herrn gehalten hat, während er es nicht war, oder er ist als ein Freier erzogen worden, während er Sclave war. 3Man kann im Allgemeinen die Regel aufstellen, dass, so oft Jemand durch rechtmässige Gründe verleitet, oder durch unrechtmässige, jedoch ohne Verschlagenheit sich für frei gehalten und in der Freiheit befunden hat, er in der Lage sei, dass er sich ohne Arglist in der Freiheit befunden habe, und darum den Vortheil des Beklagten geniesse. 4Der Beweis aber wird, wenn er sich ohne Arglist in der Freiheit befunden hat, auf die Zeit bezogen werden, zu welcher man zuerst vor Gericht gegangen ist. 5Wem Dienste gebühren, der kann auch einen Rechtsstreit über die Freiheit beginnen. 6Wenn Der, welcher auf die Freiheit Anspruch erhebt, während der Zeit, dass er mir in gutem Glauben als Sclave diente, mir einen Schaden zugefügt hat, z. B. wenn ich, als sein Herr, im guten Glauben, mit einer Noxalklage belangt und verurtheilt für ihn die Streitwürderung bezahlt habe, so wird er mir dazu verurtheilt werden.

13Gaius ad edic­tum prae­to­ris ur­ba­ni ti­tu­lo de li­be­ra­li cau­sa. Il­lud cer­tum est dam­num hoc so­lum in hac in fac­tum ac­tio­ne de­du­ci, quod do­lo, non et­iam quod cul­pa fac­tum sit. id­eo­que li­cet ab­so­lu­tus hoc iu­di­cio fue­rit, ad­huc ta­men post­ea cum eo pot­erit le­ge Aqui­lia agi, cum ea le­ge et­iam cul­pa te­n­ea­tur. 1Item cer­tum est tam res nos­tras quam res alie­nas, quae ta­men pe­ri­cu­lo nos­tro sunt, in hanc ac­tio­nem de­du­ci, vel­uti com­mo­da­tas et lo­ca­tas: cer­te de­po­si­tae apud nos res, quia nos­tro pe­ri­cu­lo non sunt, ad hanc ac­tio­nem non per­ti­nent.

13Gaj. ad Ed. Praet. urb., tit. de lib. causa. Das ist gewiss, dass blos ein solcher Schaden Gegenstand dieser Klage auf das Geschehene werde, welcher durch Arglist, nicht auch welcher durch Verschulden, zugefügt worden ist. Und darum wird, wenngleich [der angebliche Sclave] in dieser Klage freigesprochen worden ist, doch noch nachher gegen ihn aus dem Aquilischen Gesetz geklagt werden können, da er nach diesem Gesetz auch wegen eines Verschuldens gehalten ist. 1Es ist ferner gewiss, dass sowohl unsere Sachen, als fremde Sachen, welche jedoch auf unsere Gefahr stehen, Gegenstand dieser Klage werden, z. B. geliehene oder gemiethete. Dagegen gehören bei uns niedergelegte Sachen, weil sie nicht auf unsere Gefahr stehen, nicht zu dieser Klage.

14Ul­pia­nus li­bro quin­qua­gen­si­mo quin­to ad edic­tum. Rec­tis­si­me prae­tor cal­li­di­ta­ti eo­rum, qui, cum se li­be­ros sci­rent, do­lo ma­lo pas­si sunt se pro ser­vis ve­num da­ri, oc­cur­rit. 1De­dit enim in eos ac­tio­nem, quae ac­tio to­tiens lo­cum ha­bet, quo­tiens non est in ea cau­sa is qui se venire pas­sus est, ut ei ad li­ber­ta­tem pro­cla­ma­tio de­ne­ge­tur. 2Do­lo au­tem non eum fe­cis­se ac­ci­pi­mus, qui non ul­tro in­stru­xit emp­to­rem, sed qui de­ce­pit:

14Ulp. lib. LV. ad Ed. Mit vollem Rechte begegnet der Prätor der Verschlagenheit Derjenigen, welche, da sie wussten, dass sie frei seien, sich haben als Sclaven verkaufen lassen; denn er hat eine Klage gegen sie ertheilt. 1Und diese Klage hat allemal dann Statt, wenn sich Der, welcher sich hat verkaufen lassen, nicht in der Lage befindet, dass ihm die Berufung auf die Freiheit versagt wird. 2Wir nehmen aber an, dass nicht Der mit Arglist gehandelt habe, welcher den Käufer nicht von selbst unterrichtet hat, sondern Der, welcher [denselben] betrogen hat44Nach der Florent. Lesart, welche auch durch die Basil. XLVIII. 8. 14. bestätigt wird.,

15Pau­lus li­bro quin­qua­gen­si­mo pri­mo ad edic­tum. (id est si­ve vi­ri­lis se­xus si­ve fe­mi­ni­ni sit, dum­mo­do eius ae­ta­tis sit, ut do­lum ca­piat):

15Paul. lib. LI. ad Ed. möge er von männlichem oder weiblichem Geschlecht sein, wenn er nur von dem Alter ist, dass er eine Arglist hegen kann,

16Ul­pia­nus li­bro quin­qua­gen­si­mo quin­to ad edic­tum. im­mo eum, qui fin­xit se ser­vum et sic ven­iit de­ci­pien­di emp­to­ris cau­sa. 1Si ta­men vi me­tu­que com­pul­sus fuit hic qui dis­trac­tus est, di­ce­mus eum do­lo ca­re­re. 2Tunc ha­bet emp­tor hanc ac­tio­nem, cum li­be­rum es­se ne­sci­ret: nam si scit li­be­rum et sic emit, ip­se se cir­cum­ve­nit. 3Qua­re si fi­lius fa­mi­lias emit, si qui­dem ip­se scit, pa­ter igno­ra­vit, non ad­quisiit pa­tri ac­tio­nem: hoc si pe­cu­lia­ri no­mi­ne ege­rit. ce­te­rum si pa­tre man­dan­te, hic quae­ri­tur, an fi­lii scien­tia no­ceat: et pu­to ad­huc no­ce­re, quem­ad­mo­dum pro­cu­ra­to­ris no­cet. 4Pla­ne si fi­lius igno­ra­vit, pa­ter scit, ad­huc di­co re­pel­len­dum pa­trem, et­iam­si pe­cu­lia­ri no­mi­ne fi­lius emit, si mo­do pa­ter prae­sens fuit po­tuit­que fi­lium eme­re pro­hi­be­re.

16Ulp. lib. LV. ad Ed. jedoch auch Der, welcher sich gestellt hat, als sei er Sclave, und so, um den Käufer zu betrügen, verkauft worden ist. 1Wenn jedoch Der, welcher verkauft worden ist, durch Gewalt oder Furcht genöthigt worden ist, so werden wir sagen, dass er von Arglist frei sei. 2Der Käufer hat dann diese Klage, wenn er nicht wusste, dass [der Andere] frei sei; denn wenn er es weiss, und ihn doch kauft, so hintergeht er sich selbst. 3Wenn daher ein Haussohn gekauft hat, so hat er, wenn er selbst es weiss, der Vater aber es nicht gewusst hat, dem Vater die Klage nicht erworben. So, wenn er Namens des Sondergutes gehandelt hat; sonst, wenn im Auftrag des Vaters, so fragt es sich, ob das Wissen des Sohnes schade? Und ich glaube noch, dass es schade, ebenso wie das des Geschäftsbesorgers schadet. 4Wenn freilich der Sohn es nicht gewusst hat, der Vater es aber weiss, so behaupte ich doch noch, dass der Vater zurückzuweisen sei, auch wenn der Sohn Namens des Sondergutes gekauft hat, sobald nur der Vater gegenwärtig gewesen ist, und den Sohn vom Kauf hat abhalten können.

17Pau­lus li­bro quin­qua­gen­si­mo pri­mo ad edic­tum. In ser­vo et in eo, qui man­da­to nos­tro emit, ta­le est, ut, si cer­tum ho­mi­nem man­da­ve­ro emi sciens li­be­rum es­se, li­cet is cui man­da­tum est, igno­ret, idem sit: et non com­pe­tet ei ac­tio. con­tra au­tem, si ego igno­ra­vi, pro­cu­ra­tor scit, non est mi­hi de­ne­gan­da.

17Paul. lib. LI. ad Ed. Rücksichtlich des Sclaven und Dessen, der in unserem Auftrag gekauft hat, verhält es sich so, dass, wenn ich Auftrag ertheilt habe, einen bestimmten Sclaven zu kaufen, wissend, dass er frei sei, es einerlei ist, wenngleich Der, dem der Auftrag ertheilt worden ist, es nicht weiss, und es wird [daher] demselben die Klage nicht zustehen. Umgekehrt aber, wenn ich es nicht gewusst habe, der Geschäftsbesorger es [aber] weiss, so kann man sie mir nicht versagen.

18Ul­pia­nus li­bro quin­qua­gen­si­mo quin­to ad edic­tum. In tan­tum er­go te­ne­tur, quan­tum de­dit vel in quan­tum ob­li­ga­tus est, sci­li­cet in du­plum. 1Sed utrum pre­tium tan­tum an et­iam id quod pre­tio ac­ces­sit du­pli­ce­tur, vi­dea­mus. et pu­tem om­ne om­ni­no, quod prop­ter emp­tio­nem vel de­dit.

18Ulp. lib. LV. ad Ed. [Der Käufer] ist also auf so viel gehalten, als er gegeben hat, oder auf wie viel er verbindlich geworden ist, und zwar auf das Doppelte. 1Ob aber blos der Preis, oder auch Das, was zu dem Preise hinzugekommen ist, verdoppelt werde, wollen wir sehen. Ich möchte glauben, dass überhaupt Alles, was er wegen des Kaufes entweder gegeben,

19Pau­lus li­bro quin­qua­gen­si­mo pri­mo ad edic­tum. Vel per­mu­ta­vit vel com­pen­sa­vit eo no­mi­ne (nam et is de­dis­se in­tel­le­gen­dus est)

19Paul. lib. LI. ad Ed. oder vertauscht, oder deswegen aufgerechnet hat (denn auch von diesem ist anzunehmen, dass er gegeben habe),

20Ul­pia­nus li­bro quin­qua­gen­si­mo quin­to ad edic­tum. vel ob­li­ga­tus est, du­pla­ri de­be­re. 1Pro­in­de si quid cui­dam ob hanc ac­tio­nem li­ci­to iu­re de­dit, di­cen­dum est in hoc edic­tum ca­de­re du­pla­ri­ve. 2Ob­li­ga­tum vel ip­si ven­di­to­ri ac­ci­pe­re de­be­mus vel alii ob­li­ga­tum: nam quod de­dit, si­ve ip­si ven­di­to­ri si­ve alii ex ius­su eius si­ve ip­se si­ve alius de­de­rit, ae­que con­ti­ne­bi­tur. 3Ob­li­ga­tum ac­ci­pe­re de­be­mus, si ex­cep­tio­ne se tue­ri non pot­est: ce­te­rum si pot­est, di­cen­dum non es­se ob­li­ga­tum. 4In­ter­dum eve­nit, ut is qui com­pa­ra­vit ha­beat in qua­dru­plum ac­tio­nem: nam in ip­sum qui­dem, qui sciens pro ser­vo ven­iit, hinc ha­bet in du­plum ac­tio­nem et prae­ter­ea in ven­di­to­rem vel eum, qui du­plam pro­mi­sit, in du­plum ac­tio est,

20Ulp. lib. LV. ad Ed. oder auf was er verbindlich geworden ist, verdoppelt werden müsse. 1Deshalb ist, wenn er Einem Etwas wegen dieser Klage rechtlich erlaubterweise gegeben hat, zu sagen, dass es unter dieses Edict falle und verdoppelt werde. 2Als verbindlich geworden müssen wir Den ansehen, welcher entweder dem Verkäufer selbst, oder einem Andern verbindlich geworden ist. Denn was er gegeben hat, sei es dem Verkäufer selbst, oder einem Andern auf das Geheiss desselben, möge er es selbst, oder ein Anderer gegeben haben, wird auf gleiche Weise darunter begriffen sein. 3Als verbindlich geworden müssen wir ihn dann ansehen, wenn er sich durch keine Einrede schützen kann; sonst, wenn er es kann, so muss man sagen, dass er nicht verbindlich geworden sei. 4Zuweilen trägt es sich zu, dass Der, welcher den Sclaven gekauft hat, eine Klage aufs Vierfache erhält; denn gegen Den selbst, welcher wissentlich als Sclave verkauft worden ist, hat er diese Klage auf das Doppelte, und ausserdem findet gegen den Verkäufer, oder Den, welcher das Doppelte versprochen hat55Auf den Fall der Entwährung. S. tit. D. de evict. 21. 2., eine Klage auf das Doppelte Statt;

21Mo­des­ti­nus li­bro pri­mo de poe­nis. uti­que eius du­plum, quod prop­ter emp­tio­nem vel de­dit vel ob­li­ga­tus est. se­cun­dum quae id, quod al­ter eo­rum sol­ve­rit, ni­hil ad ex­one­ran­dum al­te­rum per­ti­ne­bit, quia pla­cuit hanc ac­tio­nem poe­na­lem es­se. et id­eo post an­num non da­tur nec cum suc­ces­so­ri­bus, cum sit poe­na­lis, age­tur. 1Ac­tio­nem, quae ex hoc edic­to ori­tur, ma­nu­mis­sio­ne non ex­tin­gui rec­tis­si­me di­ce­tur, quia ve­rum est auc­to­rem con­ve­ni­ri non pos­se, post quem ad eum, qui ad li­ber­ta­tem pro­cla­ma­vit, per­ve­nie­ba­tur.

21Modestin. lib. I. de Poenis. jeden Falls aber auf das Doppelte von Dem, was er entweder wegen des Kaufes gegeben hat, oder worauf er verbindlich geworden ist. Und demgemäss wird Das, was der Eine66D. h. der Verkäufer oder der verkaufte Freie. A. d. R. von ihnen etwa gezahlt hat, Nichts beitragen, um den Andern zu erleichtern, weil man angenommen hat, dass diese Klage eine Strafklage sei; und darum wird sie nach einem Jahre nicht ertheilt. Auch wird nicht gegen die Nachfolger Klage erhoben werden können, da sie eine Strafklage ist. 1Daher sagt man ganz richtig, dass die Klage, welche aus diesem Edict entsteht, durch die Freilassung nicht erlösche, obwohl77Quia, s. Gothfr. es wahr ist, dass der Gewährsmann nicht belangt werden könne, nachdem man gegen Den, welcher sich auf die Freiheit berufen hat, Klage erhob88S. l. 25. D. de evict..

22Ul­pia­nus li­bro quin­qua­gen­si­mo quin­to ad edic­tum. Non so­lus au­tem emp­tor, sed et suc­ces­so­res eius hac in fac­tum ac­tio­ne age­re pot­erunt. 1Eme­re sic ac­ci­pie­mus, et­iam­si per alium quis eme­rit, ut pu­ta pro­cu­ra­to­rem. 2Sed et si plu­res eme­rint, om­nes ha­be­bunt hanc ac­tio­nem, sic ta­men, ut, si qui­dem pro par­ti­bus eme­rint, pro par­te pre­tii ha­beant ac­tio­nem: enim­ve­ro si unus­quis­que in so­li­dum, quis­que in so­li­dum ha­beat ac­tio­nem. nec al­te­rius scien­tia al­te­ri no­ce­bit, vel igno­ran­tia prod­erit. 3Si eum li­be­rum es­se emp­tor ne­sciit, post­ea au­tem sci­re coe­pit, hoc ei non no­ce­bit, quia tunc igno­ra­vit. sed si tunc sciit, post­ea du­bi­ta­re coe­pit, ni­hi­lum prod­erit. 4He­redi et ce­te­ris suc­ces­so­ri­bus scien­tia sua ni­hil no­cet, igno­ran­tia ni­hil prod­est. 5Sed si per pro­cu­ra­to­rem scien­tem quis eme­rit, ei no­cet, sic­uti tu­to­ris quo­que no­ce­re La­beo pu­tat. 6Haec ac­tio post an­num non da­tur, cum sit ho­no­ra­ria: est au­tem et poe­na­lis.

22Ulp. lib. LV. ad Ed. Nicht aber blos der Käufer, sondern auch die Nachfolger desselben werden mit dieser Klage auf das Geschehene klagen können. 1Kaufen werden wir so verstehen, auch wenn Jemand durch einen Andern gekauft hat, z. B. durch einen Geschäftsbesorger. 2Aber auch wenn Mehrere gekauft haben, werden Alle diese Klage haben, so jedoch, dass, wenn sie zu Theilen gekauft haben, sie nach Verhältniss des Theiles am Preise die Klage haben; wenn aber ein Jeder aufs Ganze gekauft hat, so wird Jeder die Klage aufs Ganze haben, auch wird das Wissen des Einen nicht dem Andern schaden, oder das Nichtwissen nützen. 3Wenn der Käufer nicht gewusst hat, dass [der Gekaufte] frei sei, nachher aber es erfahren hat, so wird ihm dies nicht schaden, weil er es damals nicht gewusst hat. Aber wenn er es damals gewusst, [aber] nachher angefangen hat, daran zu zweifeln, so wird es ihm gar nichts nützen. 4Sowohl dem Erben, als den übrigen Nachfolgern schadet ihr Wissen nichts, und nützt ihr Nichtwissen nichts. 5Aber wenn Jemand durch einen Geschäftsbesorger, welcher es weiss, gekauft hat, so schadet es ihm, sowie Labeo glaubt, dass auch das Wissen des Vormunds schade. 6Diese Klage wird nach einem Jahre nicht gegeben, da sie eine honorarische ist, sie ist aber auch eine Strafklage.

23Pau­lus li­bro quin­qua­gen­si­mo ad edic­tum. Si usum fruc­tum ti­bi ven­di­de­ro li­be­ri ho­mi­nis et ces­se­ro, ser­vum ef­fi­ci eum di­ce­bat Quin­tus meus11Die Großausgabe liest Mu­cius statt meus., sed do­mi­nium ita de­mum fie­ri meum, si bo­na fi­de ven­di­dis­sem, alio­quin si­ne do­mi­no fo­re. 1In sum­ma scien­dum est, quae de ven­di­tis ser­vis, qui­bus de­ne­ga­tur ad li­ber­ta­tem pro­cla­ma­tio, dic­ta sunt, et­iam ad do­na­tos et in do­tem da­tos re­fer­ri pos­se, item ad eos, qui pig­no­ri se da­ri pas­si sunt. 2Si ma­ter et fi­lius de li­ber­ta­te li­ti­gant, aut con­iun­gen­da sunt utro­rum­que iu­di­cia aut dif­fe­ren­da est cau­sa fi­lii, do­nec de ma­tre con­stet, sic­ut di­vus quo­que Ha­d­ria­nus de­cre­vit. nam cum apud alium iu­di­cem ma­ter li­ti­ga­bat, apud alium au­tem fi­lius, Au­gus­tus di­xit an­te de ma­tre con­sta­re opor­te­re, sic de­in de fi­lio co­gnos­ci.

23Paul. lib. L. ad Ed. Wenn ich dir den Niessbrauch an einem freien Menschen verkauft und abgetreten habe, so sagte Quintus Mucius, dass er ein Sclave werde, aber das Eigenthum werde nur dann mein, wenn ich ihn in gutem Glauben verkauft hätte, sonst werde er ohne Herrn sein. 1Ueberhaupt muss man wissen, dass das, was von verkauften Sclaven, denen die Berufung auf die Freiheit versagt wird, gesagt worden ist, auch auf geschenkte und zum Heirathsgut gegebene bezogen werden könne, ingleichen auf diejenigen, welche sich haben zum Pfand geben lassen. 2Wenn eine Mutter und ihr Sohn über die Freiheit streiten, so sind entweder die Klagen beider zu verbinden, oder es muss der Rechtsstreit des Sohnes verschoben werden, bis man über die Mutter Gewissheit hat, wie auch der höchstselige Hadrianus decretirt hat. Denn als die Mutter bei einem anderen Richter stritt, als der Sohn, so hat der Kaiser gesagt, dass man zuvor über die Mutter Gewissheit haben, sodann über den Sohn Untersuchung angestellt werden müsse.

24Idem li­bro quin­qua­gen­si­mo pri­mo ad edic­tum. Or­di­na­ta li­be­ra­li cau­sa li­be­ri lo­co ha­be­tur is, qui de sta­tu suo li­ti­gat, ita ut ad­ver­sus eum quo­que, qui se do­mi­num es­se di­cit, ac­tio­nes ei non de­ne­gen­tur, quas­cum­que in­ten­de­re ve­lit: quid enim si quae ta­les sint, ut tem­po­re aut mor­te in­ter­eant? qua­re non con­ce­da­tur ei li­tem con­tes­tan­do in tu­tum eas red­ige­re? 1Quin et­iam Ser­vius ait in ac­tio­ni­bus an­nuis ex eo tem­po­re an­num ce­de­re, ex quo lis or­di­na­ta sit. 2Sed si cum aliis ex­per­i­ri ve­lit, non est quae­ren­dum, an lis or­di­na­ta sit, ne in­ve­nia­tur ra­tio, quem­ad­mo­dum sub­iec­to ali­quo, qui li­ber­ta­ti con­tro­ver­siam mo­veat, in­ter­im ac­tio­nes ex­clu­dan­tur: ae­que enim ex even­tu iu­di­cii li­be­ra­lis aut uti­lis aut in­anis ac­tio eius ef­fi­cie­tur. 3Sed si quas ac­tio­nes in­fe­rat do­mi­nus, quae­ri­tur, an com­pel­len­dus sit sus­ci­pe­re iu­di­cium. et ple­ri­que ex­is­ti­mant, si in per­so­nam agat, sus­ci­pe­re ip­sum ad li­tis con­tes­ta­tio­nem, sed sus­ti­nen­dum iu­di­cium, do­nec de li­ber­ta­te iu­di­ce­tur: nec vi­de­ri prae­iu­di­cium li­ber­ta­ti fie­ri aut vo­lun­ta­te do­mi­ni in li­ber­ta­te eum mo­ra­ri: nam or­di­na­to li­be­ra­li iu­di­cio in­ter­im pro li­be­ro ha­be­tur, et sic­ut ip­se age­re, ita cum ip­so quo­que agi pot­est. ce­te­rum ex even­tu aut uti­le iu­di­cium erit aut nul­lum, si con­tra li­ber­ta­tem pro­nun­tia­tum fue­rit. 4Si is, qui in li­ber­ta­tem pro­cla­mat, fur­ti aut dam­ni in­iu­ria ab ali­quo ar­gua­tur, Me­la ait in­ter­im eum ca­ve­re de­be­re iu­di­cio se sis­ti, ne me­lio­ris con­di­cio­nis sit qui du­biae li­ber­ta­tis est, quam qui cer­tae: sed sus­ti­nen­dum iu­di­cium, ne prae­iu­di­cium li­ber­ta­ti fiat. ae­que si cum pos­ses­so­re ho­mi­nis fur­ti agi coe­pe­rit, de­in­de is, cu­ius no­mi­ne age­ba­tur, in li­ber­ta­tem pro­cla­ma­ve­rit, sus­ti­nen­dum iu­di­cium, ut, si li­ber iu­di­ca­tus sit, in ip­sum trans­fe­ra­tur iu­di­cium: et, si dam­na­tio fac­ta sit, iu­di­ca­ti ac­tio­nem po­tius in eum dan­dam.

24Idem lib. LI. ad Ed. Wenn ein Rechtsstreit über die Freiheit geordnet worden ist99S. d. Bem. zu l. 7. §. ult. h. t., so wird Der, welcher über seinen Rechtszustand streitet, als Freier angesehen, so dass ihm auch gegen Den, welcher behauptet, dass er Herr desselben sei, die Klagen, welche er nur immer anstellen will, nicht versagt werden. Denn wie, wenn einige von der Beschaffenheit sind, dass sie durch die Zeit oder durch seinen Tod zu Grunde gehen? warum soll man es ihm nicht gestatten, dieselben dadurch, dass er den Streit einleitet, in Sicherheit zu bringen? 1Ja, Servius sagt sogar, bei jährigen Klagen fange das Jahr von der Zeit zu laufen an, seit welcher der Rechtsstreit geordnet worden9 sei. 2Aber wenn er etwa gegen Andere klagen will, so kömmt es nicht auf die Frage an, ob der Rechtsstreit geordnet worden9 sei, damit man nicht ein Mittel finde, wie durch Unterstellung Jemands, welcher Streit über die Freiheit erhebt, die Klagen unterdessen ausgeschlossen werden können; denn es wird auf gleiche Weise in Folge des Ausgangs des Freiheitsstreites die Klage desselben entweder wirksam oder unwirksam werden. 3Aber wenn der Herr Klagen vorbringen sollte, so fragt es sich, ob [der angebliche Sclave] zu nöthigen sei, sich auf das Verfahren einzulassen? Und die Meisten glauben, dass wenn [jener] eine persönliche Klage anstelle, dieser sich auf dieselbe einlassen, aber der Rechtsstreit aufgeschoben werden müsse, bis über die Freiheit entschieden worden sei; auch scheine nicht für die Freiheit ein Nachtheil zu entstehen, oder er sich mit dem Willen des Herrn in der Freiheit zu befinden. Denn wenn der Freiheitsstreit geordnet worden ist, so wird er unterdessen als Freier angesehen, und sowie er selbst klagen kann, so kann auch gegen ihn geklagt werden; übrigens wird die Klage in Folge des Ausgangs [des Freiheitsstreits] entweder wirksam, oder nichtig sein; [letzteres] wenn gegen die Freiheit gesprochen worden ist. 4Mela sagt, wenn Derjenige, welcher auf die Freiheit Anspruch macht, von irgend Jemand eines Diebstahls oder eines widerrechtlich zugefügten Schadens beschuldigt werde, so müsse er unterdessen Sicherheit stellen, dass er sich im Verfahren stellen wolle, damit nicht Der, welcher eine zweifelhafte Freiheit hat, besser daran sei, als Der, welcher eine gewisse hat; allein der Streit muss aufgeschoben werden, damit der Freiheit nicht in der Entscheidung vorgegriffen werde. Auf gleiche Weise muss, wenn man angefangen hat, gegen den Besitzer eines Sclaven wegen Diebstahls zu klagen, sodann Der, wegen dessen geklagt wurde, die Freiheit für sich in Anspruch genommen hat, der Streit aufgeschoben werden, damit, wenn er durch das Urtheil für frei erklärt worden ist, der Streit auf ihn übertragen werde, und wenn eine Verurtheilung erfolgt ist, die Klage aus dem Erkenntniss vielmehr gegen ihn ertheilt werde.

25Gaius ad edic­tum prae­to­ris ur­ba­ni ti­tu­lo de li­be­ra­li cau­sa. Si cui de li­ber­ta­te sua li­ti­gan­ti op­tio le­ga­ta sit, quae­cum­que he­redi­ta­te ei re­lic­ta di­cun­tur, ea­dem et de op­tio­ne trac­ta­ri pos­sunt. 1In­ter­dum ex in­te­gro da­tur ad li­ber­ta­tem pro­cla­ma­tio, vel­uti eius, qui ad­fir­mat id­eo se pri­mo iu­di­cio vic­tum, quod sta­tu­ta li­ber­tas non­dum ei op­ti­ge­rat, quam nunc di­cit si­bi opti­gis­se. 2Li­cet vul­go di­ca­tur post or­di­na­tum li­be­ra­le iu­di­cium ho­mi­nem, cu­ius de sta­tu con­tro­ver­sia est, li­be­ri lo­co es­se, ta­men, si ser­vus sit, cer­tum est ni­hi­lo mi­nus eum, quod ei tra­da­tur vel sti­pu­le­tur, per­in­de do­mi­no ad­quire­re at­que si non de li­ber­ta­te eius quae­re­ba­tur. tan­tum de pos­ses­sio­ne vi­de­bi­mus, cum ip­sum post li­tem or­di­na­tam de­si­nat do­mi­nus pos­si­de­re: sed ma­gis est, ut ad­quirat, li­cet ab eo non pos­si­dea­tur. et cum pla­cuit per fu­gi­ti­vum quo­que nos pos­ses­sio­nem ad­quire­re pos­se, quid mi­rum et­iam per hunc, de quo quae­ra­mus ad­quiri?

25Gaj. ad Ed. Praet. urb., tit. de lib. causa. Wenn Dem, der über seine Freiheit streitet, die Option1010S. d. Bem. zur. Inscr. tit. de opt. v. elect. leg. 33. 5. vermacht worden ist, so kann Alles, was man von der einem solchen hinterlassenen Erbschaft sagt, auch auf die Option angewendet werden. 1Zuweilen wird die Berufung auf die Freiheit von Neuem gestattet, z. B. Dem, der versichert, dass er darum im ersten Streit besiegt worden sei, weil ihm die festgesetzte Freiheit noch nicht zu Theil geworden war, von welcher er behauptet, dass sie ihm nun zu Theil geworden sei. 2Wenn man gleich gewöhnlich sagt, dass, nachdem der Freiheitsstreit geordnet sei, der Mensch, über dessen Rechtszustand Streit ist, als Freier gelte, so ist doch, wenn er wirklich ein Sclave sein sollte, gewiss, dass er nichtsdestoweniger Das, was ihm übergeben wird, oder was er stipulirt, ebenso seinem Herrn erwerbe, als wenn nicht über seine Freiheit gestritten würde. Nur wegen des Besitzes wollen wir sehen, da der Herr nach Anordnung des Streits aufhört, den [Sclaven] selbst zu besitzen. Allein es spricht mehr dafür, dass [der Herr den Besitz durch den Sclaven] erwerbe, wenn er gleich nicht von ihm besessen wird; und da man angenommen hat, dass man auch durch einen Flüchtling den Besitz erwerben könne, was Wunder, dass er auch durch den in Rede stehenden erworben wird?

26Idem li­bro vi­cen­si­mo ad edic­tum pro­vin­cia­le. Qui ex li­ber­ta­te in ser­vi­tu­tem pe­tit, si iu­di­cii de evic­tio­ne ser­van­di cau­sa con­tra li­ber­ta­tem agit, in­iu­ria­rum ac­tio­ne non con­ve­ni­tur.

26Idem lib. XX. ad Ed. prov. Wer [einen Menschen] aus der Freiheit in die Sclaverei fordert, wird, wenn er, um die Klage wegen der Entwährung zu erhalten, gegen die Freiheit klagt, mit der Injurienklage nicht belangt werden.

27Ul­pia­nus li­bro se­cun­do de of­fi­cio con­su­lis. Di­vi fra­tres Pro­cu­lo et Mu­na­tio re­scrip­se­runt: ‘Cum Ro­mu­lus, de cu­ius sta­tu quae­ri­tur, pu­pil­la­ris ae­ta­tis sit, an ex­igen­te Va­ria He­do­ne ma­tre et con­sen­tien­te Va­rio Her­me­te tu­to­re ad tem­pus pu­ber­ta­tis cau­sa dif­fe­ren­da sit, ves­trae gra­vi­ta­tis est ex fi­de per­so­na­rum quod uti­le est pu­pil­lo, con­sti­tue­re’. 1Si ea per­so­na de­sit co­gni­tio­ni, quae ali­cui sta­tus con­tro­ver­siam fa­cie­bat, in ea­dem cau­sa est qui de li­ber­ta­te sua li­ti­gat, qua fuit, prius­quam de li­ber­ta­te con­tro­ver­siam pa­tia­tur: sa­ne hoc lu­cra­tur, quod is qui eam sta­tus con­tro­ver­siam fa­cie­bat amit­tit suam cau­sam. nec ea res in­ge­nuum fa­cit eum qui non fuit: nec enim pen­u­ria ad­ver­sa­rii in­ge­nui­ta­tem so­let tri­bue­re. rec­te at­que or­di­ne iu­di­ces pu­to fac­tu­ros, si hanc for­mam fue­rint con­se­cu­ti, ut, ubi de­est is qui in ser­vi­tu­tem pe­tit, elec­tio­nem ad­ver­sa­rio de­fe­rant, utrum ma­lit co­gni­tio­nem cir­cum­du­ci an au­di­ta cau­sa sen­ten­tiam pro­fer­ri. et si co­gno­ve­rint, pro­nun­tia­re de­be­bunt ser­vum il­lius non vi­de­ri: ne­que haec res cap­tio­nem ul­lam ha­bet, cum non in­ge­nuus pro­nun­tie­tur, sed ser­vus non vi­de­ri. quod si ex ser­vi­tu­te in in­ge­nui­ta­tem se al­le­gat, me­lius fe­ce­rint, si co­gni­tio­nem cir­cum­du­xe­rint, ne si­ne ad­ver­sa­rio pro­nun­tient in­ge­nuum vi­de­ri, ni­si mag­na cau­sa sua­deat et evi­den­tes pro­ba­tio­nes sug­ge­rant se­cun­dum li­ber­ta­tem pro­nun­tian­dum: ut et­iam re­scrip­to Ha­d­ria­ni con­ti­ne­tur. 2Quod si is, qui pro sua li­ber­ta­te li­ti­gat, de­sit, con­tra­dic­tor ve­ro prae­sens sit, me­lius erit in­au­ge­ri cau­sam eius sen­ten­tiam­que pro­fer­ri: si enim li­que­bit, con­tra li­ber­ta­tem da­bit: eve­ni­re au­tem pot­est, ut et­iam ab­sens vin­cat: nam pot­est sen­ten­tia et­iam se­cun­dum li­ber­ta­tem fer­ri.

27Ulp. lib. II. de off. Cons. Die höchstseligen Brüder haben an den Proculus und Munatius rescribirt: Da Romulus, dessen Rechtszustand in Frage gezogen wird, sich im unmündigen Alter befindet, so kommt es eurer Weisheit zu, in Bezug auf die Frage, ob auf Verlangen seiner Mutter Varia Hedo und mit Einwilligung seines Vormunds Varius Hermes der Streit bis zur Zeit der Mündigkeit zu verschieben sei, der Redlichkeit der Personen gemäss das zu bestimmen, was dem Mündel nützlich ist. 1Wenn diejenige Person bei der Untersuchung fehlt, welche gegen Jemand Streit über seinen Rechtszustand erhob, so befindet sich Der, welcher wegen seiner Freiheit streitet, in derselben Lage, in welcher er gewesen ist, bevor er den Streit über seine Freiheit erlitt. Freilich gewinnt er das, dass Der, welcher jenen Streit über den Rechtszustand erhob, sachfällig wird. Aber es macht dieser Umstand nicht Den zu einem Freigeborenen, welcher es nicht gewesen ist; denn es pflegt ja nicht der Mangel an einem Gegner die freie Geburt zu ertheilen. Aber ich glaube, dass die Richter recht und nach der Ordnung handeln werden, wenn sie den Grundsatz befolgen, dass sie, wenn Der, welcher in die Sclaverei fordert, fehlt, dem Gegentheil die Wahl anbieten, ob er lieber will, dass die Untersuchung aufgehoben, oder, nachdem die Sache verhandelt worden ist, ein Urtheil gefällt werde. Und nach vorheriger Untersuchung werden sie erkennen müssen, dass er nicht der Sclave jenes zu sein scheine; auch hat diese Sache keine Verfänglichkeit, da nicht erkannt wird, dass er ein Freigeborener sei, sondern, dass er kein Sclave zu sein scheine. Wenn er aber in der Sclaverei befindlich die freie Geburt geltend macht, so werden sie besser thun, wenn sie die Untersuchung aufheben, damit sie nicht ohne einen Gegner erkennen, dass er ein Freigeborener zu sein scheine, es müsste dies denn ein wichtiger Grund räthlich machen und deutliche Beweise es unterstützen, dass zu Gunsten der Freiheit zu erkennen sei, wie auch in einem Rescript des Hadrianus enthalten ist. 2Wenn aber Der, welcher für seine Freiheit streitet, ausbleibt, der Widersprecher aber gegenwärtig ist, so wird es besser sein, wenn die Sache desselben verhandelt und ein Urtheil gefällt wird; denn wenn [die Freiheit] nicht erwiesen sein wird, so wird der Richter [das Urtheil] gegen die Freiheit fallen; es kann sich aber zutragen, dass auch ein Abwesender siegt; denn es kann das Urtheil auch zu Gunsten der Freiheit gefällt werden.

28Pom­po­nius li­bro duo­de­ci­mo ad Quin­tum Mu­cium. Non vi­de­tur do­mi­ni vo­lun­ta­te ser­vus in li­ber­ta­te es­se, quem do­mi­nus igno­ras­set suum es­se: et est hoc ve­rum: is enim de­mum vo­lun­ta­te do­mi­ni in li­ber­ta­te est, qui pos­ses­sio­nem li­ber­ta­tis ex vo­lun­ta­te do­mi­ni con­se­qui­tur.

28Pompon. lib. XII. ad Quint. Muc. Der Sclave scheint nicht mit dem Willen seines Herrn sich in der Freiheit zu befinden, von welchem der Herr nicht gewusst hat, dass er der seinige sei. Und das ist wahr; denn nur der befindet sich mit dem Willen seines Herrn in der Freiheit, welcher den Besitz der Freiheit dem Willen seines Herrn gemäss erlangt.

29Ar­rius Me­nan­der li­bro pri­mo de re mi­li­ta­ri. Qui de li­ber­ta­te sua li­ti­gans nec­dum sen­ten­tia da­ta mi­li­tiae se de­dit, in pa­ri cau­sa ce­te­ris ser­vis ha­ben­dus est nec ex­one­rat eum, quod pro li­be­ro ha­bea­tur in qui­bus­dam. et li­cet li­ber ap­pa­rue­rit, ex­auc­to­ra­tus, id est mi­li­tia re­mo­tus cas­tris re­icie­tur, uti­que qui ex ser­vi­tu­te in li­ber­ta­tem pe­ti­tus sit vel qui non si­ne do­lo ma­lo in li­ber­ta­te mo­ra­tus est: qui ve­ro per ca­lum­niam pe­ti­tus in ser­vi­tu­tem est, in mi­li­tia re­ti­ne­bi­tur. 1Qui in­ge­nuus pro­nun­tia­tus est, si se mi­li­tiae de­dit, in­tra quin­quen­nium re­trac­ta­ta sen­ten­tia no­vo do­mi­no red­den­dus est.

29Arrius Menander lib. I. de Re milit. Wer über seine Freiheit streitend, vor Ertheilung des Urtheils in den Soldatenstand getreten ist, wird als in gleicher Lage mit den übrigen Sclaven stehend angesehen, auch macht das seine Lage nicht besser, dass er in einiger Hinsicht für frei gehalten wird; und wenn es gleich sich ergeben haben wird, dass er frei sei, so wird er doch seines Eides schimpflich1111Exauctoratus, s. Duker de Lat. v. ICt. p. 275. n. 4. entlassen, das heisst, er wird, vom Soldatenstand ausgeschlossen, aus dem Lager gebracht werden, jeden Falls wenn er in der Sclaverei stehend auf die Freiheit Anspruch erhoben, oder sich nicht ohne Arglist in der Freiheit befunden hat. Wer aber durch Chikane in die Sclaverei gefordert worden ist, wird in dem Soldatenstand behalten werden. 1Wenn Derjenige, welcher für freigeboren erklärt worden ist, in den Soldatenstand getreten ist, so muss er, wenn das Urtheil innerhalb fünf Jahren widerrufen worden, seinem neuen Herrn zurückgegeben werden.

30Iu­lia­nus li­bro quin­to ex Mi­n­icio. Duo­bus pe­ten­ti­bus ho­mi­nem in ser­vi­tu­tem pro par­te di­mi­dia se­pa­ra­tim, si uno iu­di­cio li­ber, al­te­ro ser­vus iu­di­ca­tus est, com­mo­dis­si­mum est eo us­que co­gi iu­di­ces, do­nec con­sen­tiant: si id non con­tin­get, Sa­binum re­fer­tur ex­is­ti­mas­se du­ci ser­vum de­be­re ab eo qui vi­cis­set: cu­ius sen­ten­tiae Cas­sius quo­que est et ego sum. et sa­ne rid­icu­lum est ar­bi­tra­ri eum pro par­te di­mi­dia du­ci, pro par­te li­ber­ta­tem eius tue­ri. com­mo­dius au­tem est fa­vo­re li­ber­ta­tis li­be­rum qui­dem eum es­se, com­pel­li au­tem pre­tii sui par­tem vi­ri bo­ni ar­bi­tra­tu vic­to­ri suo prae­sta­re.

30Julian. lib. V. ex Minicio. Wenn Zwei unabhängig von einander einen Menschen ein Jeder zur Hälfte in die Sclaverei gefordert haben, und er in dem einen Rechtsstreit für frei, in dem anderen für einen Sclaven durch das Urtheil erklärt worden ist, so ist es am passendsten, dass die Richter so lange gezwungen werden, bis sie übereinstimmen; wenn das nicht gelingen wird, so soll Sabinus gemeint haben, dass der Sclave von Dem fortgeführt werden dürfe, welcher gesiegt hätte; und dieser Meinung ist auch Cassius und ich bin es ebenfalls. Und es würde in der That lächerlich sein, zu glauben, dass er zur Hälfte [als Sclave] fortgeführt, zur Hälfte seine Freiheit geschützt werde; allein es ist passender, dass er aus Begünstigung der Freiheit zwar frei sei, aber genöthigt werde, einen Theil seines Werthes nach dem Ermessen eines redlichen Mannes dem Sieger zu entrichten.

31Ul­pia­nus li­bro pri­mo re­spon­so­rum. Fi­lium ob hoc, quod pa­tri he­res ex­ti­tit, pro­hi­be­ri a pa­tre suum ser­vum ma­nu­mis­sum in ser­vi­tu­tem pe­te­re.

31Ulp. lib. I. Resp. [Ich habe das Gutachten ertheilt,] dass ein Sohn deshalb, weil er Erbe seines Vaters geworden ist, abgehalten werde, seinen vom Vater freigelassenen Sclaven in die Sclaverei zu fordern.

32Pau­lus li­bro sex­to re­gu­la­rum. De bo­nis eo­rum, qui ex ser­vi­tu­te aut li­ber­ta­te in in­ge­nui­ta­tem vin­di­ca­ti sunt, se­na­tus con­sul­tum fac­tum est, quo ca­ve­tur de his qui­dem, qui ex ser­vi­tu­te de­fen­si es­sent, ut id dum­ta­xat fer­rent, quod in do­mo cu­ius­que in­tu­lis­sent: in eo­rum au­tem bo­nis, qui post ma­nu­mis­sio­nem re­pe­te­re ori­gi­nem suam vo­luis­sent, hoc am­plius, ut, quod post ma­nu­mis­sio­nem quo­que ad­quisis­sent non ex re ma­nu­mis­so­ris, se­cum fe­rant, ce­te­ra bo­na re­lin­que­rent il­li, ex cu­ius fa­mi­lia ex­is­sent.

32Paul. lib. VI. Regular. In Bezug auf das Vermögen Derjenigen, welche aus der Sclaverei oder dem Zustand eines Freigelassenen in den eines Freigeborenen gefordert worden sind, ist ein Senatsschluss errichtet worden, durch welchen in Betreff Derjenigen, welche aus der Sclaverei vertheidigt worden wären, verordnet wird, dass sie nur Das mit sich nehmen sollten, was sie in das Haus eines jeden [Herrn] eingebracht hätten; in Bezug auf das Vermögen Derjenigen aber, welche nach der Freilassung ihren Ursprung hätten darthun wollen, ausserdem noch, dass sie auch Das, was sie nach der Freilassung nicht aus dem Vermögen des Freilassers erworben hätten, mit sich nehmen, das übrige Vermögen Dem lassen sollten, aus dessen Familie sie herausgetreten wären.

33Idem li­bro sin­gu­la­ri de li­be­ra­li cau­sa. Qui sciens li­be­rum emit, quam­vis et il­le se pa­te­re­tur venire, ta­men non pot­est con­tra­di­ce­re ei qui ad li­ber­ta­tem pro­cla­mat: sed si alii eum igno­ran­ti ven­di­de­rit, de­ne­ga­bi­tur et pro­cla­ma­tio.

33Idem lib. sing. de Lib. causa. Wer wissentlich einen Freien gekauft hat, kann, wenn dieser sich auch verkaufen liess, demselben doch nicht widersprechen, wenn er auf die Freiheit Anspruch erhebt. Aber wenn er denselben einem Andern, der es nicht wusste, verkauft hat, so wird jenem der Anspruch [auf die Freiheit] versagt werden.

34Ul­pia­nus li­bro sin­gu­la­ri pan­dec­ta­rum. Im­pe­ra­tor An­to­ni­nus con­sti­tuit non alias ad li­ber­ta­tem pro­cla­ma­tio­nem cui­quam per­mit­ten­dam, ni­si prius ad­mi­nis­tra­tio­num ra­tio­nes red­di­de­rit, quas cum in ser­vi­tu­te es­set ges­sis­set.

34Ulp. lib. sing. Pandect. Der Kaiser Antoninus hat verordnet, dass die Berufung auf die Freiheit Keinem anders zu erlauben sei, als wenn er zuvor Rechnung über die Verwaltungen abgelegt habe, welche er, als er sich in der Sclaverei befand, geführt hätte.

35Pa­pi­nia­nus li­bro no­no re­spon­so­rum. Ser­vos ad tem­pli cus­to­diam, quod ae­di­fi­ca­ri Ti­tia vo­luit, de­sti­na­tos ne­que ma­nu­mis­sos he­redis es­se con­sti­tit.

35Papin. lib. IX. Resp. Man hat angenommen, dass die Sclaven, welche zur Bewachung des Tempels, welchen Titia hat erbaut wissen wollen, bestimmt und nicht freigelassen worden wären, dem Erben gehörten.

36Idem li­bro duo­de­ci­mo re­spon­so­rum. Do­mi­nus qui op­ti­nuit, si ve­lit ser­vum suum ab­du­ce­re, li­tis aes­ti­ma­tio­nem pro eo ac­ci­pe­re non co­ge­tur.

36Idem lib. XII. Resp. Ein Herr, welcher [in einem Freiheitsstreit] die Oberhand behalten hat, wird, wenn er seinen Sclaven wegführen will, nicht gezwungen werden, den Werth statt desselben anzunehmen.

37Cal­lis­tra­tus li­bro se­cun­do quaes­tio­num. Con­ven­tio pri­va­ta ne­que ser­vum quem­quam ne­que li­ber­tum ali­cu­ius fa­ce­re pot­est.

37Callistrat. lib. II. Quaest. Eine Privatübereinkunft kann Niemanden zum Sclaven, oder zum Freigelassenen von irgend Jemand machen.

38Pau­lus li­bro quin­to de­ci­mo re­spon­so­rum. Pau­lus re­spon­dit, si, ut pro­po­ni­tur, post per­fec­tam si­ne ul­la con­di­cio­ne emp­tio­nem post­ea emp­tor ex vo­lun­ta­te sua lit­te­ras emi­sit, qui­bus pro­fi­te­re­tur se post cer­tum tem­pus ma­nu­mis­su­rum eum quem eme­rat, non vi­de­ri eas lit­te­ras ad con­sti­tu­tio­nem di­vi Mar­ci per­ti­ne­re. 1Idem re­spon­dit con­sti­tu­tio­nem qui­dem di­vi Mar­ci ad li­ber­ta­tem eo­rum man­ci­pio­rum per­ti­ne­re, quae hac le­ge ven­ie­rint, ut post tem­pus ma­nu­mit­te­ren­tur: sed eun­dem fa­vo­rem li­ber­ta­tis con­se­quen­dae cau­sa et­iam eam me­re­ri, pro qua do­mi­nus pre­tium ac­ce­pit, ut an­cil­lam suam ma­nu­mit­te­ret, cum idem et­iam li­ber­tam ha­bi­tu­rus sit. 2Quae­si­tum est, an emp­tor ser­vo rec­te li­ber­ta­tem de­de­rit non­dum pre­tio so­lu­to. Pau­lus re­spon­dit ser­vum, quem ven­di­tor emp­to­ri tra­di­dit, si ei pro pre­tio sa­tis­fac­tum est, et non­dum pre­tio so­lu­to in bo­nis emp­to­ris es­se coe­pis­se. 3Gaius Se­ius Sti­chum ser­vum Lu­cio Ti­tio ven­di­dit ita, ut Ti­tius Sti­chum post tri­en­nium ma­nu­mit­te­ret, si con­ti­nuo tri­en­nio ser­vis­set: sed non­dum ex­ac­to tem­po­re tri­en­ni Sti­chus fu­git et post ali­quan­tum tem­po­ris de­func­to Ti­tio re­ver­tit: quae­ro, an ob­stet Sti­cho ad con­se­quen­dam ex ven­di­tio­ne li­ber­ta­tem, quod an­te tri­en­nium dis­ces­se­rit. Pau­lus re­spon­dit se­cun­dum ea quae pro­po­nun­tur ex­ple­to tem­po­re, post quod Sti­chus ma­nu­mit­ti de­buit, li­ber­ta­tem ei com­pe­tis­se.

38Paul. lib. XV. Resp. Paulus hat das Gutachten ertheilt: wenn der Käufer, wie angeführt wird, nachem der Kauf ohne alle Bedingung abgeschlossen worden ist, nachher aus eigenem Antrieb einen Brief abgeschickt hat, in welchem er erklärte, dass er nach einer gewissen Zeit den [Sclaven,] welchen er gekauft hatte, freilassen werde, so schiene dieser Brief nicht in den Kreis der Constitution des höchstseligen Marcus1212S. die l. I. 3. 4. 6. pr. u. 9. D. qui sine manumiss. 40. 8. zu gehören. 1Derselbe hat das Gutachten ertheilt, die Constitution des höchstseligen Marcus beziehe sich zwar auf die Freiheit derjenigen Sclaven, welche unter der Bedingung verkauft wären, dass sie nach einiger Zeit freigelassen werden sollten, aber dieselbe Begünstigung, um die Freiheit zu erlangen, verdiene auch die Sclavin, für welche der Herr einen Preis erhalten hätte, damit er sie freilassen möchte, indem derselbe sie auch zur Freigelassenen haben wird. 2Man hat gefragt, ob der Käufer dem Sclaven richtig die Freiheit ertheilt habe, da der Preis noch nicht gezahlt war? Paulus hat das Gutachten ertheilt, ein Sclave, welchen der Verkäufer dem Käufer übergeben hat, habe, wenn dem Verkäufer wegen des Preises Genüge geschehen sei, auch als der Preis noch nicht gezahlt war, zum Vermögen des Käufers zu gehören angefangen. 3Cajus Sejus hat den Sclaven Stichus dem Lucius Titius so verkauft, dass Titius den Stichus nach drei Jahren freilassen sollte, wenn er die drei Jahre lang ununterbrochen als Sclave gedient hätte; aber als die Zeit der drei Jahre noch nicht verflossen war, ist Stichus geflohen, und kehrt nach einiger Zeit, nachdem Titius verstorben ist, zurück. Ich frage, ob es dem Stichus, um die Freiheit in Folge des Verkaufs zu erlangen, im Wege stehe, dass er vor den drei Jahren weggegangen sei? Paulus hat das Gutachten ertheilt, den angeführten Umständen nach, habe dem Stichus, nachdem die Zeit, nach welcher er hätte freigelassen werden sollen, verflossen wäre, die Freiheit zugestanden.

39Idem li­bro quin­to sen­ten­tia­rum. Cui ne­ces­si­tas pro­ban­di de in­ge­nui­ta­te sua non in­cum­bit, ul­tro si ip­se pro­ba­re de­si­de­ret, au­dien­dus est. 1Qui de in­ge­nui­ta­te co­gnos­cunt, de ca­lum­nia eius, qui te­me­re con­tro­ver­siam mo­vit, ad mo­dum ex­ilii pos­sunt fer­re sen­ten­tiam. 2Tu­to­res vel cu­ra­to­res pu­pil­lo­rum, quo­rum tu­te­lam et res ad­mi­nis­tra­ve­runt, post­ea sta­tus quaes­tio­nem fa­ce­re non pos­sunt. 3Ma­ri­tus uxo­ri ei­dem­que li­ber­tae sta­tus quaes­tio­nem in­fer­re non pro­hi­be­tur.

39Idem lib. V. Sent. Der, dem die Nothwendigkeit, seine freie Geburt zu beweisen, nicht aufliegt, ist zu hören, wenn er sie von freien Stücken zu beweisen verlangt. 1Diejenigen, welche über die freie Geburt erkennen, können über die Chikane Desjenigen, welcher leichtsinnig Streit erhoben hat, bis zur Strafe des Exils erkennen. 2Die Vormünder und Curatoren können gegen die Mündel, deren Vormundschaft und Vermögen sie verwaltet haben, nachher keinen Streit über den Rechtszustand erheben. 3Einem Ehemann ist es nicht verboten, gegen seine Ehefrau, welche zugleich seine Freigelassene ist, einen Streit über ihren Rechtszustand zu erheben.

40Her­mo­ge­nia­nus li­bro quin­to iu­ris epi­to­ma­rum. Cum pac­to par­ti­tio­nis pre­tii ma­ior vi­gin­ti an­nis ve­na­lem se prae­buit, nec post ma­nu­mis­sio­nem ad li­ber­ta­tem pro­clama­re pot­est.

40Hermogen. lib. V. juris Epitom. Wer älter als zwanzig Jahre, sich unter dem Vertrage der Theilung des Kaufpreises zum Verkaufen hergegeben hat, der kann auch nicht ein Mal nach der Freilassung sich auf die Freiheit berufen.

41Pau­lus li­bro sin­gu­la­ri de ar­ti­cu­lis li­be­ra­lis cau­sae. Si in ob­scu­ro sit, in quo fue­rit sta­tu is, qui pro li­ber­ta­te sua li­ti­gat, prior au­dien­dus est pro­ba­re vo­lens se ip­sum in li­ber­ta­tis es­se pos­ses­sio­nem. 1Iu­dex au­tem, qui de li­ber­ta­te co­gnos­cit, et­iam de re­bus amo­tis dam­no­ve fac­to co­gnos­ce­re de­bet: fie­ri enim pot­est, ut fi­du­cia li­ber­ta­tis et sub­ri­pe­re quae­dam et cor­rum­pe­re at­que con­su­me­re ex bo­nis, qui­bus ser­vie­bat, au­sus sit.

41Paul. lib. sing. de Articul. lib. caus. Wenn es zweifelhaft sein sollte, in welchem Rechtszustande sich Der befunden habe, welcher für seine Freiheit streitet, so ist er zuerst zu hören, wenn er beweisen will, dass er sich selbst im Besitz der Freiheit befinde. 1Der Richter aber, welcher über die Freiheit erkennt, muss auch über die [von demselben] weggebrachten Sachen, oder einen grossen [von demselben] angerichteten Schaden erkennen; denn es kann geschehen, dass er in Vertrauen auf seine Freiheit gewagt habe, von dem Vermögen Derjenigen, welchen er als Sclave diente, [Etwas] zu entwenden, zu verderben, oder zu gebrauchen.

42La­beo li­bro quar­to pos­te­rio­rum. Si ser­vus quem eme­ras ad li­ber­ta­tem pro­cla­ma­vit et ab iu­di­ce per­pe­ram pro eo iu­di­ca­tum est et do­mi­nus eius ser­vi post rem con­tra te iu­di­ca­tam te he­redem fe­cit aut alio quo no­mi­ne is tuus es­se coe­pis­set, pe­te­re eum tuum es­se poteris nec ti­bi ob­sta­bit rei iu­di­ca­tae prae­scrip­tio. Ia­vo­le­nus: haec ve­ra sunt.

42Labeo lib. IV. Posterior. Wenn der Sclave, welchen du gekauft hattest, auf die Freiheit Anspruch erhoben, und der Richter fälschlich für ihn erkannt hat, und der Herr jenes Sclaven, nachdem die Sache gegen dich entschieden worden, dich zu seinem Erben gemacht, oder der Sclave auf irgend eine Weise dir zu gehören angefangen hat, so wirst du ihn als den deinigen fordern können, und es wird dir der Einwand der rechtlich entschiedenen Sache nicht entgegenstehen. Javolenus [bemerkt hierzu]: dies ist wahr.

43Pom­po­nius li­bro ter­tio se­na­tus con­sul­to­rum. De his, qui bo­na eo­rum qui­bus ser­vie­bant in­ter­ce­pis­sent, de­in­de ad li­ber­ta­tem pro­cla­ma­bant, Ha­d­ria­nus im­pe­ra­tor re­scrip­sit, cu­ius re­scrip­ti ver­ba haec sunt: ‘Sic­ut non est ae­quum fi­du­cia li­ber­ta­tis, quae ex fi­dei­com­mis­si cau­sa prae­stan­da est, in­ter­ci­pe­re he­redi­ta­riam pe­cu­niam, ita nec li­ber­ta­ti prae­stan­dae mo­ram quae­ri opor­tet. quam pri­mum er­go ar­bi­trum da­re de­beat, apud quem con­sta­ret, quid ser­va­ri pot­est he­redi, an­te­quam ad ser­vum ma­nu­mit­ten­dum com­pel­le­re­tur’.

43Pompon. lib. III. Senatuscons. Ueber Die, welche Vermögen Derjenigen, welchen sie als Sclaven dienten, untergeschlagen, und sodann sich auf die Freiheit berufen haben, hat der Kaiser Hadrianus rescribirt. Die Worte dieses Rescripts lauten so: Sowie es nicht billig ist, im Vertrauen auf die Freiheit, welche aus dem Grunde eines Fideicommisses zu leisten ist, erbschaftliches Geld zu unterschlagen, so darf auch [dadurch] für die Leistung der Freiheit kein Verzug bewirkt werden. [Der Prätor] muss also, sobald wie möglich einen nach seinem Ermessen entscheidenden Richter bestellen, damit es bei demselben in Gewissheit komme, was dem Erben erhalten werden könne, ehe er den Sclaven freizulassen genöthigt würde.

44Ve­nu­leius li­bro sep­ti­mo ac­tio­num. Li­cet du­bi­ta­tum ant­ea fuit, utrum ser­vus dum­ta­xat an li­ber­tus iu­ran­do pa­tro­no ob­li­ga­re­tur in his quae li­ber­ta­tis cau­sa im­po­nun­tur, ta­men ve­rius est non ali­ter quam li­be­rum ob­li­ga­ri. id­eo au­tem so­let ius­iu­ran­dum a ser­vis ex­ige­re, ut hi re­li­gio­ne ad­stric­ti, post­ea­quam suae po­tes­ta­tis es­se coe­pis­sent, iu­ran­di ne­ces­si­ta­tem ha­be­rent, dum­mo­do in con­ti­nen­ti, cum ma­nu­mis­sus est, aut iu­ret aut pro­mit­tat. 1Li­cet au­tem cir­ca do­num mu­nus ope­ras et­iam uxo­rum per­so­nas in­se­re­re. 2In eum, qui im­pu­bes iu­ra­ve­rit, sci­li­cet qui et iu­ra­re po­tue­rit, dan­da est uti­lis ac­tio ope­ra­rum no­mi­ne, cum pu­bes ta­men fac­tus erit. pot­est ta­men et im­pu­bes ope­ras da­re, vel­uti si no­men­cu­la­tor sit vel his­trio.

44Venulej. lib. VII. Action. Wenn es gleich früher bezweifelt worden war, ob nur ein Sclave, oder auch ein Freigelassener in Betreff Desjenigen, was um der Freiheit willen auferlegt wird, durch einen Eid seinem Patron verbindlich würde, so ist es doch richtiger, dass nur ein Freier verbindlich werde. Von den Sclaven pflegt aber darum ein Eid gefordert zu werden, damit sie durch die Religion gebunden, nachdem sie angefangen hätten, in ihrer eigenen Gewalt zu stehen, die Nothwendigkeit, zu schwören, auf sich hätten, wenn [ein Sclave] nur sogleich, wenn er freigelassen worden ist, entweder schwört, oder verspricht. 1Es ist aber [den Herren] erlaubt, in Betreff einer Gabe, eines Geschenkes, oder der Dienste, auch die Personen ihrer Ehefrauen [in den Eid] zu setzen. 2Gegen Den, der als Unmündiger geschworen hat, vorausgesetzt, dass er schwören konnte, ist eine analoge Klage wegen der Dienste zu ertheilen, jedoch [erst dann,] wenn er mündig geworden ist; er kann jedoch auch als Unmündiger Dienste leisten, z. B. wenn er ein Namennenner, oder ein Schauspieler ist.