Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Viertes Buch übersetzt von Otto
Dig. IV3,
De dolo malo
Liber quartus
III.

De dolo malo

(Vom bösen Vorsatze1.)

1Ich brauche diesen Ausdruck, weil sich dessen meine geschätzten Vorgänger stets bedient haben. Auf alle Stellen der Quellen freilich, wo dolus oder dolus malus vorkommt, möchte er nicht anwendbar sein, da oft in denselben nicht blos vom Vorsatze, sondern vom wirklichen Handeln die Rede ist, wo man dann wohl dolus malus durch bösliches Verfahren oder Verfahren aus bösem Vorsatze, übersetzen könnte; v. Glück übersetzt unsern Begriff meistens blos durch Betrug. Auch das Wort Arglist möchte bisweilen nicht unstatthaft sein.

1Ulpianus libro undecimo ad edictum. Hoc edicto praetor adversus varios et dolosos, qui aliis offuerunt calliditate quadam, subvenit, ne vel illis malitia sua sit lucrosa vel istis simplicitas damnosa. 1Verba autem edicti talia sunt: ‘Quae dolo malo facta esse dicentur, si de his rebus alia actio non erit et iusta causa esse videbitur, iudicium dabo.’ 2Dolum malum Servius quidem ita definiit machinationem quandam alterius decipiendi causa, cum aliud simulatur et aliud agitur. Labeo autem posse et sine simulatione id agi, ut quis circumveniatur: posse et sine dolo malo aliud agi, aliud simulari, sicuti faciunt, qui per eiusmodi dissimulationem deserviant et tuentur vel sua vel aliena: itaque ipse sic definiit dolum malum esse omnem calliditatem fallaciam machinationem ad circumveniendum fallendum decipiendum alterum adhibitam. Labeonis definitio vera est. 3Non fuit autem contentus praetor dolum dicere, sed adiecit malum, quoniam veteres dolum etiam bonum dicebant et pro sollertia hoc nomen accipiebant, maxime si adversus hostem latronemve quis machinetur. 4Ait praetor: ‘si de his rebus alia actio non erit’. merito praetor ita demum hanc actionem pollicetur, si alia non sit, quoniam famosa actio non temere debuit a praetore decerni, si sit civilis vel honoraria, qua possit experiri: usque adeo, ut et Pedius libro octavo scribit, etiamsi11Die Großausgabe liest etiam si statt etiamsi. interdictum sit quo quis experiri, vel exceptio qua se tueri possit, cessare hoc edictum. idem et Pomponius libro vicensimo octavo, et adicit: et si stipulatione tutus sit quis, eum actionem de dolo habere non posse, ut puta si de dolo stipulatum sit. 5Idem Pomponius ait et si actionem in nos dari non oporteat, veluti si stipulatio tam turpis dolo malo facta sit, ut nemo daturus sit ex ea actionem, non debere laborare, ut habeam de dolo malo actionem, cum nemo sit adversus me daturus actionem. 6Idem Pomponius refert Labeonem existimare, etiamsi22Die Großausgabe liest etiam si statt etiamsi. quis in integrum restitui possit, non debere ei hanc actionem competere: et si alia actio tempore finita sit, hanc competere non debere, sibi imputaturo eo qui agere supersedit: nisi in hoc quoque dolus malus admissus sit ut tempus exiret. 7Si quis cum actionem civilem haberet vel honorariam, in stipulatum deductam acceptilatione vel alio modo sustulerit, de dolo experiri non poterit, quoniam habuit aliam actionem: nisi in amittenda actione dolum malum passus est. 8Non solum autem si adversus eum sit alia actio, adversus quem de dolo quaeritur,
1Ad Dig. 4,3,1ROHGE, Bd. 5 (1872), S. 324: Voraussetzung des Dolus: Täuschung und Uebervortheilung des andern Contrahenten.Ulp. lib. XI. ad Edict. Durch dieses Edict22D. i. diesen Theil seines Edicts. kommt der Prätor gegen unzuverlässige33Varios d. i. solche, die sich von verschiedenen Seiten zeigen, so dass man nicht weiss, welche Gesinnungen sie in der That hegen. und arglistige Menschen, welche Andern durch eine gewisse Schlauheit geschadet haben, zu Hülfe, damit nicht entweder jenen ihre Bosheit Vortheil bringe, oder diesen ihre Einfalt zum Nachtheil gereiche. 1Die Worte aber des Edicts sind folgende: Rücksichtlich dessen, was als aus bösem Vorsatze geschehen angeführt werden wird, werde ich, wenn über diese Gegenstände eine andere Klage nicht vorhanden sein sollte, und die Veranlassung mir als wohlbegründet44Oder: vollkommen triftig. erschienen sein wird, eine Klage gestatten. 2Den bösen Vorsatz hat zwar Servius so erklärt, er sei eine gewisse Unternehmung zur Hintergehung des Andern, vermöge welcher etwas anderes vorgegeben und etwas anderes gethan wird. Labeo aber [sagt dagegen], es könne auch ohne Vorspiegelung darauf hingearbeitet werden, dass Jemand hintergangen werde, es könne aber auch ohne bösen Vorsatz etwas anderes gethan, etwas anderes vorgespiegelt werden, wie es diejenigen thun, welche durch eine solche Verhehlung der Wahrheit entweder ihr oder fremdes Eigenthum erhalten und schützen. Deshalb stellt er selbst folgende Erklärung auf: böser Vorsatz sei jeder zur Hintergehung, Täuschung und Berückung eines Andern in Anwendung gebrachte Rank, Trug, Anschlag55Diese bekannte Definition, in welcher ein Glied dem andern genau entspricht, lässt sich freilich im Deutschen kaum genügend wiedergeben.. Labeo’s Erklärung ist die richtige. 3Der Prätor hat sich aber nicht damit begnügt, den Ausdruck dolus anzuwenden, sondern den Zusatz malus gebraucht, weil die Alten auch von einem dolus bonus sprachen und diesen Ausdruck von einer [besondern] Gewandheit verstanden, hauptsächlich in dem Falle, wenn Jemand gegen einen Feind oder Strassenräuber listig verfährt. 4Es sagt der Prätor: wenn wegen dieser Gegenstände eine andere Klage nicht statthaft sein sollte; mit Recht verspricht der Prätor erst für den Fall diese Klage (de dolo), wenn eine andere nicht statthaft sein sollte, weil eine infamirende Klage nicht unnöthiger Weise [temere] vom Prätor bewilligt werden durfte, wenn noch eine Klage des Civil- oder des prätorischen Rechts66Actio honoraria ist zwar an sich jede aus dem jus honorarium, also auch aus dem edictum aedilitium, entspringende Klage, allein hier ist vorzugsweise eine vom Prätor in seinem Edict gestattete Klage zu verstehen. vorhanden ist, mit der man einen Versuch machen kann; diess geht soweit, dass auch Pedius im achten Buche schreibt, wenn selbst nur ein Interdict, womit man einen Versuch machen, oder eine Einrede, durch welche man sich schützen könne, vorhanden sei, so falle die Anwendung dieses Edicts77Worunter nämlich immer die vom dolus malus handelnde Stelle des gesammten prätorischen Edicts zu verstehen ist. weg. Hiermit stimmt Pomponius im 28. Buche überein, und setzt noch hinzu: Wenn Jemand auch nur vermöge einer Stipulation sichergestellt sei, z. B. wenn über den dolus88Ueber die Gewährleistung des dolus. eine Stipulation Statt gefunden hat, so könne ihm die Klage wegen böser Absicht (actio de dolo) nicht zustehen. 5Derselbe Pomponius sagt, wenn auch gegen uns eine Klage nicht gegeben werden dürfe, z. B. wenn eine so schändliche Stipulation aus böser Absicht eingegangen worden sein sollte, dass Niemand aus derselben eine Klage gestatten würde, so sei es nicht nöthig, dahin zu arbeiten, dass mir die Klage de dolo malo zukomme, da ja [in diesem Falle] Niemand gegen mich eine Klage gestatten werde. 6Desgleichen führt Pomponius an, Labeo sei der Meinung, dass wenn Jemand auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erlangen könne, so dürfe ihm doch diese Klage (de dolo malo) nicht zustehen; und wenn [ferner] eine andere Klage durch Ablauf [der Verjährungs-] Zeit ausgeschlossen worden sein sollte, so dürfe diese [actio de dolo malo] nicht Statt finden, indem derjenige, welcher die Klaganstellung [zu rechter Zeit] unterliess, sich selbst den dadurch erlittenen Schaden zuschreiben müsse, ausgenommen wenn etwa die Arglist auch mit darauf gerichtet worden ist, dass die gehörige Zeit [ohne Klaganstellung] ablaufen sollte. 7Wenn Jemand, da ihm doch eine Civilklage oder eine durch Beifügung der Stipulationsform verstärkte actio honoraria zur Seite stand, diese vermöge einer Acceptilation oder auf andere Weise aufgegeben haben sollte, so wird er sich nun der actio de dolo nicht bedienen können, weil er eine andere Klage hatte, es müsste denn beim Verluste jener Klage ein arglistiges Verfahren gegen ihn Statt gefunden haben. 8Nicht aber blos dann, wenn wider denjenigen, dessen arglistiges Verfahren zur Sprache gekommen ist, eine andere Klage vorhanden sein sollte,
2Paulus libro undecimo ad edictum. vel ab eo res servari poterit,
2Paul. lib. XI. ad Ed. oder die [durch Arglist entzogene] Sache selbst [für den Eigenthümer] noch wird gerettet werden können.
3Ulpianus libro undecimo ad edictum. non habet hoc edictum locum, verum etiamsi11Die Großausgabe liest etiam si statt etiamsi. adversus alium
3Ulp. lib. XI. ad Ed. findet dieses Edict keine Anwendung, sondern auch dann nicht, wenn es noch gegen einen Andern
4Paulus libro undecimo ad edictum. sit actio vel si ab alio res mihi servari potest.
4Paul. lib. XI. ad Ed. eine Klage geben sollte, oder durch einen Andern mir meine Sache gerettet werden kann.
5Ulpianus libro undecimo ad edictum. Ideoque si quis pupillus a Titio, tutore auctore conludente, circumscriptus sit, non debere eum de dolo actionem adversus Titium habere, cum habeat tutelae actionem, per quam consequatur quod sua intersit. plane si tutor solvendo non sit, dicendum erit de dolo actionem dari ei.
5Ulp. lib. XI. ad Ed. Deshalb dürfe, wenn ein Pflegbefohlener vom Titius so, dass der Vormund durch seinen Beitritt zum Rechtsgeschäfte am Betruge Antheil nahm, hintergangen worden sein sollte, demselben nicht die Klage de dolo gegen Titius zukommen, da er ja die Klage aus der Vormundschaft hat, vermöge welcher er das, worauf es ihm ankommen mag, wieder erlangen kann. Freilich (plane) wenn der Vormund nicht zahlungsfähig sein sollte, so wird man zugeben müssen, dass [dem Pflegbefohlenen] die Klage de dolo [gegen jenen Titius] gestattet werde.
6Gaius libro quarto ad edictum provinciale. Nam is nullam videtur actionem habere, cui propter inopiam adversarii inanis actio est.
6Gaj. lib. IV. ad Edict. prov. Denn von demjenigen ist anzunehmen, dass er keine Klage habe, dem wegen Hülflosigkeit des Gegners seine Klage nichts hilft.
7Ulpianus libro undecimo ad edictum. Et eleganter Pomponius haec verba ‘si alia actio non sit’ sic excipit, quasi res alio modo ei ad quem ea res pertinet salva esse non poterit. nec videtur huic sententiae adversari, quod Iulianus libro quarto scribit, si minor annis viginti quinque consilio servi circumscriptus eum vendidit cum peculio emptorque eum manumisit, dandam in manumissum de dolo actionem (hoc enim sic accipimus carere dolo emptorem, ut ex empto teneri non possit) aut nullam esse venditionem, si in hoc ipso ut venderet circumscriptus est. et quod minor proponitur, non inducit in integrum restitutionem: nam adversus manumissum nulla in integrum restitutio potest locum habere. 1Secundum quae et si poenali actione indemnitati eius consuli possit, dicendum erit cessare de dolo actionem. 2Pomponius autem, etiamsi11Die Großausgabe liest etiam si statt etiamsi. popularis actio sit, cessare de dolo ait actionem. 3Non solum autem si alia actio non sit, sed et si dubitetur an alia sit, putat Labeo de dolo dandam actionem et adfert talem speciem. qui servum mihi debebat vel ex venditione vel ex stipulatu, venenum ei dedit et sic eum tradidit: vel fundum, et dum tradit, imposuit ei servitutem vel aedificia diruit, arbores excidit vel extirpavit: ait Labeo, sive cavit de dolo sive non, dandam in eum de dolo actionem, quoniam si cavit, dubium est, an competat ex stipulatu actio. sed est verius, si quidem de dolo cautum est, cessare actionem de dolo, quoniam est ex stipulatu actio: si non est cautum, in ex empto quidem actione cessat de dolo actio, quoniam est ex empto, in ex stipulatu de dolo actio necessaria est. 4Si servum usuarium proprietarius occidit, legis Aquiliae actioni et ad exhibendum accedit, si possidens proprietarius occidit, ideoque cessat de dolo actio. 5Item si servum legatum heres ante aditam hereditatem occiderit, quoniam priusquam factus sit legatarii, interemptus est, cessat legis Aquiliae actio: de dolo autem actio, quocumque tempore eum occiderit, cessat, quia ex testamento actio competit. 6Si quadrupes tua dolo alterius damnum mihi dederit, quaeritur, an de dolo habeam adversus eum actionem. et placuit mihi, quod Labeo scribit, si dominus quadrupedis non sit solvendo, dari debere de dolo, quamvis, si noxae deditio sit secuta, non puto dandam nec in id quod excedit. 7Idem Labeo quaerit, si compeditum servum meum ut fugeret solveris, an de dolo actio danda sit? et ait Quintus apud eum notans: si non misericordia ductus fecisti, furti teneris: si misericordia, in factum actionem dari debere. 8Servus pactionis pro libertate reum domino dedit ea condicione, ut post libertatem transferatur in eum obligatio: manumissus non patitur in se obligationem transferri. Pomponius scribit locum habere de dolo actionem. sed si per patronum stabit, quo minus obligatio transferatur, dicendum ait patronum exceptione a reo summovendum. ego moveor: quemadmodum de dolo actio dabitur, cum sit alia actio? nisi forte quis dicat, quoniam exceptione patronus summoveri potest, si agat cum reo, debere dici, quasi nulla actio sit quae exceptione repellitur, de dolo decernendam: atquin patronus tunc summovetur, si nolit expromissorem ipsum manumissum accipere. expromissori plane adversus manumissum dari debebit de dolo: aut si non sit solvendo expromissor, domino dabitur. 9Si dolo malo procurator passus sit vincere adversarium meum, ut absolveretur, an de dolo mihi actio adversus eum qui vicit competat, potest quaeri. et puto non competere, si paratus sit reus transferre iudicium sub exceptione hac ‘si collusum est’: alioquin de dolo actio erit danda, scilicet si cum procuratore agi non possit, quia non esset solvendo. 10Idem Pomponius refert Caecidianum praetorem non dedisse de dolo actionem adversus eum, qui adfirmaverat idoneum esse eum, cui mutua pecunia dabatur, quod verum est: nam nisi ex magna et evidenti calliditate non debet de dolo actio dari.
7Ulp. lib. XI. ad Ed. Ad Dig. 4,3,7 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 78, Note 5.Und treffend nimmt Pomponius die Worte: wenn eine andere Klage nicht statthaft sein sollte, so, als ob dafür [geschrieben stünde]: wenn die Sache auf eine andere Weise für denjenigen, dem sie angehört, nicht sollte gerettet werden können. Auch scheint es dieser Ansicht nicht zu widerstreiten, dass Julianus, im vierten Buche schreibt, wenn Jemand vor Erreichung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres durch den Anschlag eines Sclaven hintergangen, denselben mit seinem Sondergute (peculium) verkauft und der Käufer ihn freigelassen habe, so sei gegen den Freigelassenen die Klage de dolo zu gestatten. Denn dies verstehen wir so, dass der Käufer frei von bösem Vorsatze sei, mithin aus dem Kaufcontract nicht belangt werden könne, oder dass der Verkauf selbst nichtig sei, wenn nämlich der Betrug eben darin bestand, dass [der Minderjährige] zum Verkaufen veranlasst wurde. Dass aber ein Minderjähriger als Beispiel genommen wird, veranlasst uns nicht etwa [in diesem Falle] eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als nothwendig anzunehmen; denn gegen einen Freigelassenen kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Platz haben. 1Hiernach wird auch behauptet werden müssen, dass, wenn auch nur durch eine Pönalklage für seine Schadloshaltung gesorgt werden könne, die Klage de dolo wegfalle. 2Pomponius aber sagt, dass, wenn auch nur eine actio popularis99Eine solche Klage also, welche zur Verfolgung einer gewissen unerlaubten Handlung jeder Römische Bürger anstellen kann. vorhanden sei, die Klage de dolo wegfalle. 3Nicht aber blos dann, wenn eine andere Klage nicht vorhanden sein sollte, sondern selbst dann, wenn noch Zweifel obwaltet, ob eine andere Klage statthaft sei, müsse, meint Labeo, die Klage de dolo bewilligt werden, und er führt folgenden Fall an: Derjenige, welcher mir entweder aus einem Kaufcontracte oder in Folge einer Stipulation einen Sclaven schuldete, hat demselben Gift gegeben und ihn in diesem Zustande mir ausgeliefert; oder derjenige, welcher ein Grundstück [mir zu übergeben verbunden war], hat, indem er es mir übergibt, dasselbe mit Dienstbarkeiten belastet oder [darauf befindliche] Gebäude eingerissen, oder Bäume daselbst niedergehauen oder ausgerottet: [in diesem Falle nun], sagt Labeo, müsse gegen denselben, er möge wegen böslichen Verfahrens Caution geleistet haben oder nicht, die actio de dolo gestattet werden, weil, wenn er Caution leistete, Zweifel obwaltet, ob die Klage ex stipulatu (Stipulationsklage) Statt finde. Aber es ist richtiger, dass, wenn nur wegen des böslichen Verfahrens Caution geleistet worden ist, die Klage de dolo wegfalle, weil dann die Klage ex stipulatu eintritt; wenn keine Caution geleistet worden ist, so fällt, wenn die Klage aus dem Kaufcontracte statthaft ist, die Klage de dolo weg, weil eben die Klage aus dem Kaufcontracte vorhanden ist, wenn aber die Stipulationsklage zulässig ist, so ist auch die Klage de dolo nothwendig. 4Wenn der Eigenthümer seinen einem Andern zum Gebrauche1010Usus ist hier das als persönliche Dienstbarkeit Jemandem bewilligte Recht, aus einer fremden Sache [wozu auch Sclaven gehören] alle Vortheile, die sie ausser den eigentlichen Früchten gewährt, zu geniessen. überlassenen Sclaven getödtet hat, so kommt, falls der Eigenthümer, im Besitze des Sclaven sich befindend, diesen tödtete, [von Seiten dessen, dem der Gebrauch bewilligt war,] zu der actio legis Aquiliae auch die ad exhibendum1111Actio ad exhibendum ist hier eine solche, welche auf Auslieferung eines Gegenstandes (hier des Sclaven) gerichtet ist. hinzu, und deshalb fällt die Klage de dolo weg. 5Desgleichen wenn ein Erbe vor angetretener Erbschaft den [vom Erblasser] als Vermächtniss Jemandem hinterlassenen Sclaven getödtet haben sollte, fällt, weil er eher, als er angefangen hat, dem Legatarius anzugehören, getödtet wurde, die actio legis Aquiliae weg, die Klage de dolo aber fällt, zu welcher Zeit auch nur der Erbe ihn getödtet habe, weg, weil eine Klage aus dem Testamente Statt findet. 6Wenn dein Hausthier durch die Arglist eines Andern mir Schaden zugefügt haben sollte, so entsteht die Frage, ob ich gegen ihn die Klage de dolo habe? Und es hat, was Labeo schreibt, meinen Beifall gefunden, dass, wenn der Herr des Hausthieres nicht zahlungsfähig sei, die Klage de dolo bewilligt werden müsse; wiewohl ich der Meinung bin, dass sie, wenn die Auslieferung des Thieres zum Schadensersatze (noxae deditio) erfolgt sein sollte, nicht zu bewilligen sei, nicht einmal auf Erlangung desjenigen Schadensbetrages, welcher den Werth des [ausgelieferten] Thieres übersteigt. 7Derselbe Labeo fragt, ob mir, wenn du meinem gefesselten Sclaven, damit er entfliehen möchte, die Fesseln abgenommen haben solltest, die Klage de dolo zu gestatten sei? Und Quintus sagt in seinem Commentar zu Labeo’s Schriften (apud eum notans): wenn du dies nicht durch Mitleid bewogen gethan hast, so bist du der Diebstahlsanklage (actio furti) ausgesetzt; hast du es aus Mitleid gethan, so muss gegen dich [nur] eine actio in factum1212D. i. eine lediglich auf Schadensersatz gerichtete Klage. gegeben werden. 8Ein Sclav hat bei Eingehung eines Vertrags über seine Freilassung dem Herrn einen Expromissor1313Dass unter reus hier ein Expromissor zu verstehen sei, geht aus den nächstfolgenden Worten ganz klar hervor. Es ist aber expromissor derjenige, welche die Verpflichtung eines Andern so auf sich nimmt, dass dieser sofort von aller Verbindlichkeit gegen seinen bisherigen Gläubiger befreit wird. gestellt, unter der Bedingung, dass nach der Freilassung die [vom Expromissor übernommene] Verpflichtung auf ihn (den Sclaven) allein übertragen werde, nach der Freilassung aber lässt er die Verpflichtung auf sich allein nicht übertragen; Pomponius schreibt, dass [in diesem Falle] die Klage de dolo Statt finde; wenn es aber am Freilasser selbst liegen sollte, dass die Verpflichtung nicht [auf den Sclaven] übertragen wird, so, sagt er, müsse behauptet werden, der Freilasser sei vom Expromissor vermittelst einer Einrede zurückzuweisen. Ich (Ulpianus) werde zu einer andern Ansicht veranlasst, [denn] wie wird die Klage de dolo gestattet werden, da es noch eine andere Klage gibt? Es möchte denn Jemand sagen, weil der Freilasser durch eine Einrede abgewiesen werden kann, wenn er gegen den Expromissor klagt, müsse behauptet werden, dass [in diesem Falle], als ob eine Klage, welche durch Einrede entkräftigt wird, für gar keine gelte, die Klage de dolo [dem Freilasser] zuzusprechen sei. Nun aber wird der Freilasser dann [durch Einrede] abgewiesen, wenn er sich weigern sollte, den Freigelassenen selbst als Expromissor anzunehmen; dem Expromissor wird unstreitig gegen den Freigelassenen die Klage de dolo gegeben werden müssen, oder, wenn der Expromissor nicht zahlungsfähig sein sollte, wird sie dem Freilasser gestattet werden. 9Wenn ein Procurator (Stellvertreter) aus böser Absicht meinen Gegner sollte haben siegen lassen, so dass derselbe freigesprochen wurde, so kann die Frage entstehen, ob mir gegen denjenigen, welcher gesiegt, die Klage de dolo zukomme. Ich aber bin der Meinung, dass sie nicht Statt finde, wenn der Beklagte bereit sein sollte, sich von Neuem der Klage auszusetzen (transferre judicium in se), unter Vorbehalt der Einrede, wenn eine heimliche Verabredung [zwischen ihm und dem Procurator] Statt gefunden hat; ausserdem wird die Klage de dolo bewilligt werden müssen, nämlich wenn gegen den Procurator wegen der Zahlungsunfähigkeit desselben nicht sollte geklagt werden können. 10Derselbe Pomponius führt an, der Prätor Caecidianus habe die Klage de dolo gegen denjenigen nicht bewilligt, welcher die Zusicherung gegeben hatte, dass derjenige, welcher Geld als Darlehn empfing, zuverlässig sei, was auch richtig ist; denn es darf hier ausser dem Falle einer grossen und augenscheinlichen Arglist die Klage de dolo nicht gestattet werden.
8Gaius libro quarto ad edictum provinciale. Quod si cum scires eum facultatibus labi, tui lucri gratia adfirmasti mihi idoneum esse, merito adversus te, cum mei decipiendi gratia alium falso laudasti, de dolo iudicium dandum est.
8Ad Dig. 4,3,8ROHGE, Bd. 10 (1874), S. 402: Haftung aus Rath und Empfehlung nur für Dolus.Gaj. lib. IV. ad Edict. provinc. Wenn du mir Jemanden, da du wusstest, dass sein Vermögen schwinde, doch deines Gewinnstes wegen als sicher (zahlungsfähig) anempfohlen hast, so ist mit Grund gegen dich, da du, um mich zu hintergehen, einen Andern fälschlich gelobt hast, die Klage de dolo mir zu gewähren.
9Ulpianus libro undecimo ad edictum. Si quis adfirmavit minimam esse hereditatem et ita eam ab herede emit, non est de dolo actio, cum ex vendito sufficiat. 1Si autem mihi persuaseris, ut repudiem hereditatem, quasi minus solvendo sit, vel ut optem servum, quasi melior eo in familia non sit: dico de dolo dandam, si callide hoc feceris. 2Item si tabulae testamenti, ne de inofficioso diceretur, diu suppressae sint, mox mortuo filio prolatae, heredes filii adversus eos qui suppresserunt et lege Cornelia et de dolo posse experiri. 3Labeo libro trigensimo septimo posteriorum scribit, si oleum tuum quasi suum defendat Titius, et tu hoc oleum deposueris apud Seium, ut is hoc venderet et pretium servaret, donec inter vos deiudicetur cuius oleum esset, neque Titius velit iudicium accipere: quoniam neque mandati neque sequestraria Seium convenire potes nondum impleta condicione depositionis, de dolo adversus Titium agendum. sed Pomponius libro vicensimo septimo posse cum sequestre praescriptis verbis actione agi, vel si is solvendo non sit, cum Titio de dolo. quae distinctio vera esse videtur. 4Et si servum pigneratum noxae mihi dederis per iudicem et sis absolutus: de dolo teneris, si apparuerit esse eum pigneri datum. 4aHaec de dolo actio noxalis erit: ideo Labeo quoque libro trigensimo praetoris peregrini scribit de dolo actionem servi nomine interdum de peculio, interdum noxalem dari. nam si ea res est, in quam dolus commissus est, ex qua de peculio daretur actio, et nunc in peculio dandam: sin vero ea sit, ex qua noxalis, hoc quoque noxale futurum. 5Merito causae cognitionem praetor inseruit: neque enim passim haec actio indulgenda est. nam ecce in primis, si modica summa sit,
9Ulp. lib. XI. ad Ed. Ad Dig. 4,3,9 pr.ROHGE, Bd. 10 (1874), S. 336: Ein Dolus kann auch durch wissentlich unwahre Angaben über Eigenschaften des Kaufgegenstandes begangen werden, besondere betrügliche Veranstaltungen setzt er nicht voraus. Lobpreisungen decipiendi animo.Wenn Jemand versicherte, die Erbschaft sei ganz gering, und sie so vom Erben durch Kauf an sich gebracht hat, so findet die Klage de dolo nicht Statt, da die [Klage] aus dem Kaufcontracte hinreicht. 1Wenn du aber mich überredet haben solltest, die Erbschaft auszuschlagen, weil sie zur Deckung der Schulden des Erblassers nicht hinreiche, oder einen [gewissen] Sclaven vor andern zu wählen, weil kein besserer sich in der ganzen Sclavenschaar finde, so behaupte ich, dass, wenn du dies arglistiger Weise gethan haben solltest, gegen dich die Klage de dolo zu gestatten sei. 2Desgleichen wenn Testamentsurkunden, damit, das Testament nicht als lieblos angefochten werden könnte, lange unterdrückt, dann aber nach dem Tode des Sohnes an das Licht gebracht worden sein sollten, so können die Erben des Sohnes gegen diejenigen, welche [die Testamentsurkunden] unterdrückt haben, sich theils der Klage aus dem Cornelischen Gesetze1414Es ist hier die lex Cornelia de falsis (bisweilen auch nach ihrem Hauptinhalte testamentaria oder nummaria genannt) von 673 n. R. E. zu verstehen., theils der de dolo bedienen. 3Labeo im 37. Buche der Posteriora schreibt, dass, wenn etwa Titius dein Oel als das seinige in Anspruch nimmt, und du dieses Oel beim Sejus niedergelegt haben solltest, damit er es verkaufe und das Geld dafür aufbewahre, bis es unter euch darüber, wem das Oel angehöre, zur Entscheidung gekommen sei, Titius aber sich auf deine Klage nicht einlassen will, dir gegen den Titius, weil du, so lange als die Bedingung, unter welcher die Niederlegung [des Oels beim Sejus] geschah, noch nicht in Erfüllung gegangen ist, den Sejus weder durch die actio mandati, noch durch die actio sequestraria, belangen kannst, die Klage de dolo zukommen müsse. Aber Pomponius bemerkt im 27. Buche, es könne gegen den Sequester (Sejus) die actio praescriptis verbis, oder, wenn dieser nicht zahlungsfähig sei, gegen den Titius die Klage de dolo angestellt werden; welche Unterscheidung richtig zu sein scheint. 4Ferner, wenn du einen dir verpfändeten Sclaven mir als Schadensersatz ausgeliefert haben und deshalb durch den Richter [der Noxalklage] entbunden worden sein solltest1515Nach der Interpunction der Ausgabe von Beck: dederis, per judicem absolutus de dolo teneris, u. s. w., so bist du doch, falls es an den Tag käme, dass der Sclav dir als Pfand übergeben worden sei, der Klage de dolo ausgesetzt; 4adiese Klage de dolo wird als Noxalklage anzusehen sein. Deshalb schreibt auch Labeo im 30. Buche [des Werkes] vom Praetor peregrinus, die Klage de dolo in Bezug auf einen Sclaven werde bisweilen als Klage de peculio, bisweilen als Noxalklage gegeben. Denn wenn die Sache, rücksichtlich welcher ein arglistiges Verfahren vorgefallen ist, die Beschaffenheit hat, dass wegen ihr die Klage de peculio zu gestatten wäre, so müsse auch jetzt die Klage de peculio bewilligt werden; wenn sie aber von der Art ist, dass wegen ihr eine Noxalklage zu bewilligen wäre, so müsse auch jetzt dieser Fall als zur Gestattung der Noxalklage geeignet angesehen werden. 5Mit Recht hat der Prätor in sein Edict die Untersuchung der Veranlassung [zum Gesuche um Gewährung der actio de dolo] als nothwendig aufgenommen; denn es ist diese Klage (de dolo) keineswegs ohne Unterschied zu bewilligen; denn siehe, inbesondere wenn die Summe [wobei dolus vorfiel] gering sein sollte,
10Paulus libro undecimo ad edictum. id est usque ad duos aureos,
10Paul. lib. XI. ad Ed. das heisst nicht über zwei Goldstücke (aureos),
11Ulpianus libro undecimo ad edictum. non debet dari. 1Et quibusdam personis non dabitur, ut puta liberis vel libertis adversus parentes patronosve, cum sit famosa. sed nec humili adversus eum qui dignitate excellet debet dari: puta plebeio adversus consularem receptae auctoritatis, vel luxurioso atque prodigo aut alias vili adversus hominem vitae emendatioris. et ita Labeo. quid ergo est? in horum persona dicendum est in factum verbis temperandam actionem dandam, ut bonae fidei mentio fiat,
11Ulp. lib. XI. ad Ed. so darf sie nicht bewilligt werden. 1Gewissen Personen wird sie gar nicht gestattet werden, z. B. Kindern oder Freigelassenen gegen Eltern oder Freilasser, da sie Infamie verursacht. Aber sie darf auch nicht einem Niedrigen gegen denjenigen, welcher durch eine Würde ausgezeichnet ist, z. B. einem Plebejer gegen einen gewesenen Consul von anerkanntem Ansehen, oder einem Schwelger und Verschwender oder einem sonst verworfenen Menschen gegen einen Menschen von besserem Lebenswandel gestattet werden; und dies ist die Meinung Labeo’s. Wie verhält es sich also mit solchen Menschen?1616Nach der hier wohl vorzuziehenden Lesart Beck’s: Quid ergo est in horum persona? Dicendum est: in factum verbis temparandam de dolo actionem etc. Man muss sagen, dass [rücksichtlich ihrer] die Klage de dolo in eine actio in factum dergestalt zu ermässigen sei, dass der bona fides Erwähnung geschehe1717D. i. nach der Erklärung von Anton Faber (Rational. in Pand. Lugd. 1604. tom. I. p. 537.): so dass jene actio in factum auf alles dasjenige gerichtet werde, was der Beklagte nach billiger Berechnung (ex bona fide) zu leisten hat.,
12Paulus libro undecimo ad edictum. ne ex dolo suo lucrentur.
12Paul. lib. XI. ad Ed. damit sie doch nicht aus ihrer Arglist Vortheil ziehen.
13Ulpianus libro undecimo ad edictum. Heredibus tamen harum personarum, item adversus heredes de dolo actio erit danda. 1Item in causae cognitione versari Labeo ait, ne in pupillum de dolo detur actio, nisi forte nomine hereditario conveniatur. ego arbitror et ex suo dolo conveniendum, si proximus pubertati est, maxime si locupletior ex hoc factus est.
13Ulp. lib. XI. ad Ed. Den Erben jedoch dieser Personen, desgleichen gegen die Erben wird die Klage de dolo zu gestatten sein. 1Desgleichen komme es, sagt Labeo, bei der Untersuchung des Bewilligungsgrundes1818Oder Grundes, aus welchem um Gestattung der Klage de dolo (d. i. der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, denn diese wird hier eben dadurch bewerkstelligt, dass der zu restituirenden Person zur Wiedererlangung ihres verlorenen Rechts die Anstellung der actio de dolo bewilligt wird) angesucht worden ist. auch darauf an, dass nicht etwa gegen einen Unmündigen, er müsste denn in Erbschaftsangelegenheiten belangt werden, die Klage de dolo gegeben werde. Ich bin der Meinung, dass er auch aus seinem arglistigen Verfahren belangt werden könne, falls er der Mündigkeit ganz nahe steht; hauptsächlich wenn er dadurch reicher geworden ist.
14Paulus libro undecimo ad edictum. Quid enim, si impetraverit a procuratore petitoris, ut ab eo absolveretur, vel si de tutore mentitus pecuniam accepit, vel alia similia admisit, quae non magnam machinationem exigunt?
14Paul. lib. XI. ad Edict. Denn wie, wenn er nun beim Procurator des Klägers es dahin gebracht hätte, dass er freigesprochen wurde, oder wenn er vom Vormunde durch Lügen Geld empfangen, oder sonst etwas ähnliches begangen hat, was keine grosse Machination erfordert.
15Ulpianus libro undecimo ad edictum. Sed et ex dolo tutoris, si factus est locupletior, puto in eum dandam actionem, sicut exceptio datur. 1Sed an in municipes de dolo detur actio, dubitatur. et puto ex suo quidem dolo non posse dari: quid enim municipes dolo facere possunt? sed si quid ad eos pervenit ex dolo eorum, qui res eorum administrant, puto dandam. de dolo autem decurionum in ipsos decuriones dabitur de dolo actio. 2Item si quid ex dolo procuratoris ad dominum pervenit, datur in dominum de dolo actio in quantum ad eum pervenit: nam procurator ex dolo suo procul dubio tenetur. 3In hac actione designari oportet, cuius dolo factum sit, quamvis in metu non sit necesse.
15Ulp. lib. XI. ad Ed. Aber auch wegen arglistigen Verfahrens des Vormundes müsse, glaube ich, gegen [den Unmündigen], wenn er dadurch bereichert worden ist, Klage gestattet werden, wie ja eine Einrede gegeben wird. 1Aber ob gegen Bewohner von Municipien die Klage de dolo gegeben werde, steht in Zweifel. Ich nun meine, dass sie wegen ihres eigenen bösen Vorsatzes nicht gegeben werden könne; denn was können Bewohner von Municipien mit bösem Vorsatze thun? Aber dann, wenn ihnen aus dem arglistigen Verfahren derer, die ihre Angelegenheiten verwalten, ein Vortheil erwachsen ist, glaube ich, dass gegen sie die Klage [de dolo] zu gestatten sei. Wegen arglistigen Verfahrens der Municipalvorsteher (decurionum) gegen Municipalvorsteher selbst wird die Klage de dolo bewilligt werden. 2Desgleichen wird, wenn aus dem arglistigen Verfahren des Procurators dem Principal (domino) ein Vortheil zugefallen ist, gegen den Principal in soweit, als er Vortheil gezogen hat, die Klage de dolo bewilligt; denn der Procurator ist aus seiner Arglist ohne allen Zweifel verbindlich. 3Bei dieser Klage muss genau angegeben werden, durch wessen Arglist etwas geschehen sei, obwohl bei der Klage metus causa dies nicht nothwendig ist.
16Paulus libro undecimo ad edictum. Item exigit praetor, ut comprehendatur, quid dolo malo factum sit: scire enim debet actor, in qua re circumscriptus sit, nec in tanto crimine vagari.
16Paul. lib. XI. ad Edict. Desgleichen fordert der Prätor, dass angeführt werde, was aus bösem Vorsatze geschehen sei; denn der Kläger muss doch wissen, worin er bevortheilt worden ist, und bei einem so grossen Vergehen nicht ungewiss umherirren.
17Ulpianus libro undecimo ad edictum. Si plures dolo fecerint et unus restituerit, omnes liberantur: quod si unus quanti ea res est praestiterit, puto adhuc ceteros liberari. 1Haec actio in heredem et ceteros successores datur dumtaxat de eo quod ad eos pervenit.
17Ulp. lib. VI. ad Ed. Wenn etwa Mehrere arglistig gehandelt haben, und Einer [von ihnen die durch Arglist erworbene] Sache zurückgegeben haben sollte, so werden dadurch Alle frei; wenn ferner Einer [bloss] den Werth jener Sache1919Der Ausdruck quanti ea res est bezeichnet nach den Quellen in der Regel aestimationem rei, den wahren Werth der in Frage stehenden Sache, wogegen unter dem id quod interes meistens das bei den Neuern sogenannte Interesse singulare zu verstehen ist, d. h. derjenige Werth, den eine Sache nach den besondern Verhältnissen eines Individuums annimmt. (S. v. Glück Erläut. der Pand. 12. Th. 2. Abth. p. 423. vergütet haben sollte, so meine ich doch, dass dadurch die Uebrigen loskommen. 1Diese Klage [de dolo] wird gegen den Erben und die übrigen Nachfolger lediglich in soweit gestattet, als sie [aus dem dolus ihres Vorgängers] Vortheil gezogen haben.
18Paulus libro undecimo ad edictum. Arbitrio iudicis in hac quoque actione restitutio comprehenditur: et nisi fiat restitutio, sequitur condemnatio quanti ea res est. ideo autem et hic et in metus causa actione certa quantitas non adicitur, ut possit per contumaciam suam tanti reus condemnari, quanti actor in litem iuraverit: sed officio iudicis debet in utraque actione taxatione iusiurandum refrenari. 1Non tamen semper in hoc iudicio arbitrio iudicis dandum est: quid enim si manifestum sit restitui non posse (veluti si servus dolo malo traditus defunctus sit) ideoque protinus condemnari debeat in id quod intersit actoris? 2Si dominus proprietatis insulam, cuius usus fructus legatus erat, incenderit, non est de dolo actio, quoniam aliae ex hoc oriuntur actiones. 3De eo qui sciens commodasset pondera, ut venditor emptori merces adpenderet, Trebatius de dolo dabat actionem. atquin si maiora pondera commodavit, id quod amplius mercis datum est repeti condicione potest, si minora, ut reliqua merx detur ex empto agi potest: nisi si ea condictione merx venit, ut illis ponderibus traderetur, cum ille decipiendi causa adfirmasset se aequa pondera habere. 4Dolo cuius effectum est, ut lis temporibus legitimis transactis pereat: Trebatius ait de dolo dandum iudicium, non ut arbitrio iudicis res restituatur, sed ut tantum actor consequatur, quanti eius interfuerit id non esse factum, ne aliter observantibus lex circumscribatur. 5Si servum, quem tu mihi promiseras, alius occiderit, de dolo malo actionem in eum dandam plerique recte putant, quia tu a me liberatus sis: ideoque legis Aquiliae actio tibi denegabitur.
18Ad Dig. 4,3,18ROHGE, Bd. 25 (1880), Nr. 83, S. 351: Haftung der Gesellschaft für dolose Kreditempfehlung eines Gesellschafters.Paul. lib. XI. ad Ed. Der Entscheidung des Richters ist auch bei dieser Klage die Zurückgabe [der arglistiger Weise erworbenen Sache] anheimgestellt, und wenn die Zurückgabe nicht geschehen sollte, folgt die Verurtheilung in Ersatz des Werthes jener Sache. Es wird aber sowohl hier, als bei der Klage metus causa, eine gewisse Quantität [vom Prätor im Edicte] nicht beigefügt, damit der Beklagte im Falle seines Ungehorsams in soviel, als worauf der Kläger seinen Würderungseid gerichtet hat (quanti actor in litem juraverit) verurtheilt werden könne; doch muss bei beiden Klagen durch den Richter Amtswegen vermöge einer Abschätzung [des wahren Werthes der streitigen Sache] der Eid in gewissen Grenzen gehalten werden. 1Doch bleibt nicht immer bei dieser Klage [die Restitution der Sache] dem Ermessen des Richters überlassen. Denn wie, wenn es es offenkundig sein sollte, dass die Sache selbst nicht zurückgegeben werden könne? Wie zum Beispiel wenn der [vom Beklagten] arglistiger Weise einem Andern übergebene Sclav [des Klägers] gestorben sein sollte, und deshalb [der Beklagte] sogleich in dasjenige verurtheilt werden müsste, was das Interesse des Klägers beträgt. 2Wenn der Herr der Proprietät ein freistehendes Gebäude, dessen Niessbrauch ihm vermacht worden war, angezündet haben sollte, so findet, weil daraus andere Klagen entstehen, die Klage de dolo nicht Statt. 3Gegen denjenigen, welcher etwa vorsätzlich falsche Gewichte hergeliehen hätte, damit der Verkäufer dem Käufer vermittelst derselben Waaren zuwiegen möchte, gestattete Trebatius die Klage de dolo. Wenn er nun zu grosse Gewichte hergeliehen hat, so kann das, was deshalb zu viel an Waare gegeben worden ist, durch eine Condiction2020Es ist dies condictio sine causa, eine persönliche Klage, wodurch im vorliegenden Falle der Verkäufer das, was er ohne Rechtsgrund zu viel weggegeben hat, dem Käufer wieder abverlangt. [vom Verkäufer] zurückgefordert werden; Wenn zu kleine, so kann durch die Klage aus dem Kaufe [vom Käufer] verlangt werden, dass ihm [durch den Verkäufer] die fehlende Waare nachgeliefert werde, wenn nicht etwa die Waare unter der Bedingung verkauft worden ist, dass sie nach jenen Gewichten übergeben werden sollte, nachdem [der Leiher], in der Absicht zu betrügen, versichert hatte, seine Gewichte seien ganz gleich. 4Gegen denjenigen, durch dessen Arglist es dahin gebracht worden ist, dass ein Rechtsstreit nach dem Ablauf der gesetzlichen Zeiten verloren geht, müsse, sagt Trebatius, die Klage de dolo gestattet werden, nicht in der Absicht, dass nach dem Ermessen des Richters [die streitige Sache] zurückgegeben werde, sondern damit der Kläger soviel erlange, als sein Interesse daran, dass jenes nicht geschehen sein möchte, beträgt: [dies sei anzunehmen], damit nicht, wenn man etwas Anderes befolge, das Gesetz umgangen werde. 5Wenn den Sclaven, den du mir versprochen hattest, ein Anderer getödtet haben sollte, so halten die Meisten mit Recht dafür, dass gegen ihn die Klage de dolo zu gestatten sei, weil du selbst von mir der Verpflichtung entbunden worden seiest, und dir deshalb die Klage aus dem Aquilischen Gesetze [gegen den Mörder] wird verweigert werden müssen.
19Papinianus libro trigensimo septimo quaestionum. Si fideiussor promissum animal ante moram occiderit, de dolo actionem reddi adversus eum oportere Neratius Priscus et Iulianus responderunt, quoniam debitore liberato per consequentias ipse quoque dimittitur.
19Papinian. lib. XXXVII. Quaest. Wenn ein Bürge das [dem Gläubiger] versprochene Thier vor eingetretenem Verzuge [des Schuldners] getödtet haben sollte, so müsse gegen ihn, haben Neratius Priscus und Julianus zum Bescheid gegeben, die Klage de dolo zugesprochen werden, weil nach eingetretener Befreiung des Schuldners2121Von der Verpflichtung, das versprochene Thier an den Gläubiger abzuliefern., der [richtigen] Schlussfolgerung gemäss, auch er seiner Verpflichtung entledigt wird.
20Paulus libro undecimo ad edictum. Servus tuus cum tibi deberet nec solvendo esset, hortatu tuo pecuniam mutuam a me accepit et tibi solvit: Labeo ait de dolo malo actionem in te dandam, quia nec de peculio utilis sit, cum in peculio nihil sit, nec in rem domini versum videatur, cum ob debitum dominus acceperit. 1Si persuaseris mihi nullam societatem tibi fuisse cum eo, cui heres sum, et ob id iudicio absolvi te passus sim: dandam mihi de dolo actionem Iulianus scribit.
20Paul. lib. XI. ad Ed. Dein Sclav, als er dir schuldete und nicht zahlungsfähig war, hat auf deine Aufforderung von mir Geld geliehen bekommen und dich bezahlt; Labeo sagt, dass [hier] gegen dich die Klage wegen arglistigen Verfahrens zu gewähren sei, da weder die Klage de peculio von Nutzen sei, weil kein Peculium vorhanden ist, noch eine Verwendung in den Nutzen des Herrn angenommen werden könne, weil der Herr das Geld doch als Schuldbezahlung bekommen hat. 1Wenn du mich überredet haben solltest, dass du in keinem Gesellschaftsvertrage mit demjenigen, dessen Erbe ich bin, gestanden habest, und ich deshalb deine Freisprechung von der Klage2222Es ist hier actio pro socio, die Klage aus dem Gesellschaftsvertrage, zu verstehen. zugegeben habe, so müsse mir, schreibt Julianus, die Klage de dolo bewilligt werden.
21Ulpianus libro undecimo ad edictum. Quod si deferente me iuraveris et absolutus sis, postea periurium fuerit adprobatum, Labeo ait de dolo actionem in eum dandam: Pomponius autem per iusiurandum transactum videri, quam sententiam et Marcellus libro octavo digestorum probat: stari enim religioni debet.
21Ulp. lib. XI. ad Ed. Wenn du den von mir dir angetragenen Eid geleistet haben und freigesprochen worden sein solltest, hernach aber dein Meineid erwiesen worden ist, so sagt Labeo, dass gegen dich die Klage de dolo zu gewähren sei, Pomponius aber, dass vermöge des Eides ein Vergleich [zwischen euch] abgeschlossen zu sein scheine; welche Meinung auch Marcellus im achten Buche der Digesten billigt; es muss nämlich der Eid aufrecht erhalten werden,
22Paulus libro undecimo ad edictum. Nam sufficit periurii poena.
22Paul. lib. XI. ad Ed. denn es genügt schon die Strafe des Meineids.
23Gaius libro quarto ad edictum provinciale. Si legatarius, cui supra modum legis Falcidiae legatum est, heredi adhuc ignoranti substantiam hereditatis ultro iurando vel quadam alia fallacia persuaserit, tamquam satis abundeque ad solida legata solvenda sufficiat hereditas, atque eo modo solida legata fuerit consecutus: datur de dolo actio.
23Gaj. lib. IV. ad Ed. prov. Wenn ein Vermächtnissnehmer, welchem über das durch das Falcidische Gesetz angeordnete Maass Vermächtnisse hinterlassen worden sind, dem Erben, als dieser den Betrag der Erbmasse noch nicht kannte, durch ohne Aufforderung geleisteten Eid oder durch irgend ein anderes Täuschungsmittel die Meinung, als ob zur Auszahlung der vollen Vermächtnisse die Erbmasse mehr als hinreichend sei, beigebracht und auf diese Weise die vollen Vermächtnisse erlangt haben sollte, so wird [gegen ihn] die Klage de dolo gestattet.
24Ulpianus libro undecimo ad edictum. Si dolo acciderit eius, qui verba faciebat pro eo, qui de libertate contendebat, quo minus praesente adversario secundum libertatem pronuntietur, puto statim de dolo dandam in eum actionem, quia semel pro libertate dictam sententiam retractari non oportet.
24Ulp. lib. XI. ad Ed. Wenn es durch die Arglist dessen, welcher für denjenigen, der für seine Freiheit im Rechtsstreite begriffen war, als Sprecher2323Es ist hier der nach früherem Römischen Rechte bei einer solchen Verhandlung erforderliche adsertor libertatis zu verstehen. auftrat, dahin gekommen sein sollte, dass in Abwesenheit des Gegners2424Gegner oder Beklagter ist hier der bisherige Herr desjenigen Sclaven, dessen Freiheitszustand vom adsertor behauptet worden ist. zu Gunsten der Freiheit entschieden wird, so glaube ich, dass gegen ihn (den Sprecher) sofort die Klage de dolo [dem Gegner] zu gewähren sei, weil der zum Besten der Freiheit einmal gefällte Urtheilsspruch nicht wieder aufgehoben werden darf.
25Paulus libro undecimo ad edictum. Cum a te pecuniam peterem eoque nomine iudicium acceptum est, falso mihi persuasisti, tamquam eam pecuniam servo meo aut procuratori solvisses, eoque modo consecutus es, ut consentiente me absolvereris: quaerentibus nobis, an in te doli iudicium dari debeat, placuit de dolo actionem non dari, quia alio modo mihi succurri potest: nam ex integro agere possum et si obiciatur exceptio rei iudicatae, replicatione iure uti potero.
25Paul. lib. XI. ad Ed. Als ich von dir das [mir schuldig gewordene] Geld forderte und der Rechtsstreit deshalb seinen Anfang genommen, hast du mich fälschlich überredet, als ob du dieses Geld meinem Sclaven oder Procurator ausgezahlt habest, und auf diese Weise es dahin gebracht, dass du unter meiner Zustimmung freigesprochen wurdest; bei Untersuchung nun der Frage, ob gegen dich die Klage de dolo gegeben werden müsse, bin ich auf die Ansicht gekommen, dass die Klage de dolo nicht zu gestatten sei, weil mir auf andere Weise geholfen werden kann, denn ich kann von neuem Klage2525Nämlich die Contractsklage, welche condictio certi ex mutuo heisst. erheben, und wenn mir die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache (exceptio rei judicatae) entgegengesetzt würde, werde ich mich mit Recht einer Widerrede (Replication) bedienen können.
26Gaius libro quarto ad edictum provinciale. In heredem eatenus daturum se eam actionem proconsul pollicetur, quatenus ad eum pervenerit, id est quatenus ex ea re locupletior ad eum hereditas venerit
26Gaj. lib. IV. ad Ed. prov. Gegen den Erben verspricht der Proconsul diese Klage (de dolo) in soweit gestatten zu wollen, als in wiefern er Vortheil gezogen haben, das heisst, als in wiefern in Folge des arglistigen Verfahrens [des Erblassers] eine reichhaltigere Erbschaft an ihn gekommen sein sollte,
27Paulus libro undecimo ad edictum. dolove malo eius factum est, quo minus pervenerit.
27Paul. lib. XI. ad Ed. oder durch sein eigenes arglistiges Verfahren bewirkt wurde, dass ihm weniger2626Als der eigentliche Betrag dessen, was der Erblasser an Vermögen hinterlassen hat. zugefallen ist.
28Gaius libro quarto ad edictum provinciale. Itaque si accepto lata sit tibi pecunia, omnimodo cum herede tuo agetur. at si res tibi tradita sit, si quidem mortuo te ea res extitit, agetur cum herede tuo, si minus, non agetur. sed utique in heredem perpetuo dabitur, quia non debet lucrari ex alieno damno. cui conveniens est, ut et in ipso, qui dolo commiserit, in id quod locupletior esset perpetuo danda sit in factum actio.
28Gaj. lib. IV. ad Ed. prov. Demnach wird, wenn du vom Gläubiger der Leistung des ihm schuldigen Geldes entbunden worden bist2727Oder: wenn dein Gläubiger sich rücksichtlich des ihm schuldigen Geldes vermöge einer Acceptilation für befriedigt erklärt hat, [nämlich durch dein arglistiges Verfahren bewogen], obwohl er in der That nichts bekommen hat., allerdings gegen deinen Erben geklagt werden können2828Weil nämlich dadurch, dass du nicht genöthigt gewesen bist, das schuldige Geld zu bezahlen, dein Erbe eine grössere Erbschaft bekommen, also wirklich durch deine Arglist zum Nachtheil des Gläubigers reicher geworden ist.. Aber wenn dir eine fremde Sache [auf Veranlassung deiner Arglist] sollte wirklich übergeben worden sein, so wird, wenn nämlich nach deinem Tode dieselbe Sache noch sich vorfindet, gegen deinen Erben geklagt, wenn aber nicht, keine Klage erhoben werden können. Gegen den Erben freilich wird zu jeder Zeit Klage gestattet werden, weil er keinen Vortheil aus dem Nachtheile eines Andern ziehen darf. Womit es übereinstimmend ist, dass auch gegen denjenigen, von welchem das arglistige Verfahren ausgegangen ist, auf die Erstattung dessen, wodurch er reicher geworden ist, zu jeder Zeit eine Klage in factum gestattet werden müsse.
29Paulus libro undecimo ad edictum. Sabinus putat calculi ratione potius quam maleficii heredem conveniri, denique famosum non fieri: ideoque in perpetuum teneri oportere.
29Paul. lib. XI. ad Ed. Sabinus ist der Meinung, dass der Erbe mehr des [durch die Arglist des Erblassers verursachten] Geldschadens (calculi2929Calculus wird hier von Anton Faber (Ration. in Pand. Lugd. 1604. tom. I. p. 552.) durch damnum pecuiarum erklärt. ratione), als des Vergehens selbst wegen belangt werde; dass derselbe ferner nicht in Infamie verfalle, und eben deshalb für immer verbindlich bleiben müsse.
30Ulpianus libro undecimo ad edictum. Neque causae cognitio in heredis persona erit necessaria.
30Ulp. lib. XI. ad Ed. Auch wird bei der Person des Erben eine Untersuchung der Sachlage nicht erforderlich sein.
31Proculus libro secundo epistularum. Cum quis persuaserit familiae meae, ut de possessione decedat, possessio quidem non amittitur, sed de dolo malo iudicium in eum competit, si quid damni mihi accesserit.
31Proculus lib. II. Epistol. Wenn Jemand meine Sclavenschaar beredet haben sollte, den Besitz [meines Eigenthums] aufzugeben, so geht mir der Besitz zwar nicht verloren, aber ich habe, wenn mir irgend ein Nachtheil erwachsen sein sollte, gegen jenen die Klage de dolo malo.
32Scaevola libro secundo digestorum. Filius legatum sibi servum per praeceptionem rogatus manumittere post certum tempus, posteaquam rationes ipsi et coheredibus fratribus reddidisset, ante diem et ante redditas rationes ad libertatem vindicta manumittendo perduxerat: quaesitum est, an ex fideicommisso fratribus tenetur, ut rationes eorum pro portionibus redderet. respondi, cum liberum fecisset, ex causa quidem fideicommissi non teneri: verum si ideo properasset manumittere, ne rationes fratribus redderet, posse de dolo actionem in eum exercere.
32Scaevola lib. II. Digest. Ein Sohn [vom Erblasser] ersucht, den ihm im Voraus vermachten Sclaven nach Verlauf einer gewissen Zeit, nachdem derselbe ihm und seinen Brüdern als Miterben Rechnung abgelegt hätte, freizulassen, hatte demselben vor jener Zeit und vor abgelegter Rechnung durch Entlassung per vindictam die Freiheit gegeben: nun entstand die Frage, ob er aus der fideicommissarischen Verordnung [des Erblassers] seinen Brüdern verpflichtet ist, ihnen nach dem Verhältnisse der Erbtheile Rechnung abzulegen. Ich habe zur Antwort gegeben, dass deshalb zwar, weil er ihn zu einem freien Menschen gemacht hat, er aus fideicommissarischer Verfügung nicht gehalten sei, jedoch, wenn er deshalb die Freilassung beschleunigt hätte, um seinen Brüdern nicht Rechnung ablegen zu müssen, die Klage de dolo gegen ihn angestellt werden könne.
33Ulpianus libro quarto opinionum. Rei, quam venalem possessor habebat, litem proprietatis adversarius movere coepit et posteaquam opportunitatem11Die Großausgabe liest oportunitatem statt opportunitatem. emptoris, cui venundari potuit, peremit, destitit: placuit possessori hoc nomine actionem in factum cum sua indemnitate competere.
33Ulp. lib. IV. Opinion. Es hat der Gegner rücksichtlich einer Sache, welche ihr Besitzer feil bot, einen Rechtsstreit über die [ihm zukommende] Proprietät derselben zu erregen angefangen, und nachdem er den vortheilhaftesten Käufer, dem die Sache verkauft werden konnte, verdrängt hat, denselben aufgegeben; es findet die Ansicht Statt, dass dem Besitzer deshalb eine Klage in factum zu seiner Schadloshaltung zukomme.
34Idem libro quadragensimo secundo ad Sabinum. Si, cum mihi permisisses11Die Großausgabe liest permississes statt permisisses. saxum ex fundo tuo eicere vel cretam vel harenam fodere, et sumptum in hanc rem fecerim, et non patiaris me tollere: nulla alia quam de dolo malo actio locum habebit.
34Idem lib. LXII. ad Sabin. Wenn ich, nachdem du mir die Erlaubniss gegeben hattest, Steine aus deinem Grundstücke zu nehmen, oder daselbst Kreide oder Sand zu graben, deshalb Aufwand gemacht haben sollte, und du etwa mich [jene Gegenstände] nicht wegschaffen lässest, so wird keine andere Klage als die de dolo malo Statt finden.
35Idem libro trigensimo ad edictum. Si quis tabulas testamenti apud se depositas post mortem testatoris delevit vel alio modo corruperit, heres scriptus habebit adversus eum actionem de dolo. sed et his, quibus legata data sunt, danda erit de dolo actio.
35Idem lib. XXX. ad Ed. Wenn Jemand die bei ihm niedergelegten Testamentsurkunden nach dem Tode des Erblassers vernichtet oder auf irgend eine Weise verdorben haben sollte, so wird der darin eingesetzte Erbe die Klage de dolo haben. Aber auch denen, welchen darin Vermächtnisse ausgesetzt worden sind, wird die Klage de dolo zu gestatten sein.
36Marcianus libro secundo regularum. Si duo dolo malo fecerint, invicem de dolo non agent.
36Marcian. lib. II. Regular. Wenn Zweie in böser Absicht [gegen einander] gehandelt haben sollten, so werden sie gegen einander nicht wegen des arglistigen Verfahrens klagen können.
37Ulpianus libro quadragensimo quarto ad Sabinum. Quod venditor ut commendet dicit, sic habendum, quasi neque dictum neque promissum est. si vero decipiendi emptoris causa dictum est, aeque sic habendum est, ut non nascatur adversus dictum promissumve actio, sed de dolo actio.
37Ad Dig. 4,3,37ROHGE, Bd. 10 (1874), S. 336: Ein Dolus kann auch durch wissentlich unwahre Angaben über Eigenschaften des Kaufgegenstandes begangen werden, besondere betrügliche Veranstaltungen setzt er nicht voraus. Lobpreisungen decipiendi animo.Ulp. lib. XLIV. ad Sabin. Was ein Verkäufer, um [seine Waare] zu empfehlen, sagt, ist so anzusehen, als ob es nicht gesagt oder versprochen worden ist. Wenn es aber um den Käufer zu betrügen gesagt worden ist, so ist dies wiederum so zu nehmen, dass nicht etwa eine Klage wider das Gesagte oder Versprochene, sondern die Klage de dolo Platz ergreife.
38Idem libro quinto opinionum. Quidam debitor epistulam quasi a Titio mitti creditori suo effecit, ut ipse liberetur: hac epistula creditor deceptus Aquiliana stipulatione et acceptilatione liberavit debitorem: postea epistula falsa vel inani reperta creditor maior quidem annis viginti quinque de dolo habebit actionem, minor autem in integrum restituetur.
38Idem lib. V. Opinion. Ein gewisser Schuldner wollte es durch das Vorgeben, als ob seinem Gläubiger vom Titius ein Brief3030Worin nämlich Titius erklärt, dass er die Leistung der Schuld auf sich nehmen wolle. geschickt werde, dahin bringen, dass er [von seiner Verbindlichkeit] befreit würde; der Gläubiger hat auch, durch diesen Brief hintergangen, den Schuldner vermöge einer Aquilianischen Stipulation und Acceptilation [seiner Verpflichtung] entlassen; wenn nun später der Brief als falsch oder ungültig erfunden wird, so wird der Gläubiger, wenn er über 25 Jahre alt ist, die Klage de dolo haben, wenn er aber noch minderjährig ist, in den vorigen Stand wieder eingesetzt werden.
39Gaius libro vicensimo septimo ad edictum provinciale. Si te Titio optuleris de ea re quam non possidebas in hoc ut alius usucapiat, et iudicatum solvi satisdederis: quamvis absolutus sis, de dolo malo tamen teneberis: et ita Sabino placet.
39Gaj. lib. XXVII. ad Ed. prov. Wenn du dich in Bezug auf eine Sache, die du doch nicht besassest, dem Titius [da er vindiciren wollte] als Besitzer dargestellt haben solltest, und zwar in soweit, dass ein Anderer die Verjährung ausübt, und du durch Caution das Versprechen gegeben hast, dass der Kläger rücksichtlich des Gegenstandes der Verurtheilung werde befriedigt werden (et judicatum solvi satisdederis), so wirst du, wiewohl vom Richter freigesprochen, doch der Klage de dolo malo ausgesetzt sein; und dieser Meinung ist auch Sabinus.
40Furius Anthianus libro primo ad edictum. Is, qui decepit aliquem, ut hereditatem non idoneam adiret, de dolo tenebitur, nisi fortasse ipse creditor erat et solus erat: tunc enim sufficit contra eum doli mali exceptio.
40Furius Anthianus lib. I. ad Ed. Derjenige, welcher einen Andern durch Trug veranlasst hat, dass er eine nicht vortheilhafte Erbschaft antrat, wird der Klage de dolo unterworfen sein, er müsste denn vielleicht selbst der Gläubiger und zwar der alleinige sein; denn dann ist gegen ihn die Einrede der bösen Absicht (doli mali exceptio) hinreichend.