Usufructuarius quemadmodum caveat
(Von der Art und Weise der Sicherheitsbestellung des Niessbrauchers.)
1Ulp. lib. LXXIX. ad Ed. Wenn der Niessbrauch an irgend einer Sache vermacht worden ist, so scheint es dem Prätor billig, dass der Vermächtnissinhaber wegen der beiden Umstände Sicherheit bestelle, den Gebrauch als ein guter Wirth ausüben und nach erreichter Endschaft des Niessbrauchs die Sache so, wie sie durch ordnungsmässigen Gebrauch geworden11quod inde extabit. s. Glück IX. p. 470., wieder herausgeben zu wollen. 1Diese Stipulation muss allemal Statt finden, die Sache [woran der Niessbrauch bestellt worden ist] mag beweglich oder unbeweglich sein. 2Es ist auch zu bemerken, dass dieselbe auf die Fideicommisse angewendet werden müsse. Wenn der Niessbrauch in Folge einer Schenkung auf den Todesfall bestellt wird, so muss ebenfalls diese Caution nach Art der Vermächtnisse bestellt werden; dasselbe gilt aber auch bei dem aus jedem andern Grunde bestellten Niessbrauch. 3Er muss aber dafür Sicherheit bestellen, der Niessbrauch solle nach der Handlungsweise eines guten Wirths gezogen werden, d. h. dass er den Zustand des Niessbrauchs nicht verschlechtern und übrigens ganz so damit, wie mit seiner eigenen Sache umgehen wolle. 4Der Erbe sowohl als der Vermächtnissinhaber werden aber sehr recht daran thun, wenn sie über den Zustand, worin sich die Sache bei Anfang deren Benutzung befindet, einen Befund aufnehmen lassen, um daraus nachher zu entnehmen, ob und inwieweit der Vermächtnissinhaber sie verschlechtert habe. 5Auch scheint es von Nutzen zu sein, darüber mittelst Stipulation Sicherheit zu stellen, dass wenn [der Vermächtnissinhaber] nicht wie ein guter Wirth den Gebrauch ausübt, die Stipulation gleich in Wirkung trete; dann braucht nicht gewartet zu werden, bis der Niessbrauch verloren geht. 6Jene Stipulation hat aber zwei Beziehungen, erstens, wenn man den Gebrauch anders als ein guter Wirth ausübt, und zweitens wegen der Wiederherausgabe des Niessbrauches. Die erstere wird gleich wirksam, sobald der Gebrauch anders ausgeübt wird, und kann es öfters werden; die letztere tritt erst bei Endigung des Niessbrauchs in Wirksamkeit. 7Wenn wir sagen, dass die Sache, wie sie nach ordnungsmässigem Gebrauch geworden, herausgeben werde, so [sagen wir damit nicht, dass] der Eigenheitsherr sich die Sache selbst stipulirt, denn die Stipulation seiner eigenen Sache würde ungültig sein, sondern nur die Rückgabe derselben in der Art, wie sie nach ordnungsmässigem Gebrauch geblieben ist. Zuweilen kann auch eine Schätzung der Eigenheit mit darin liegen, z. B. wenn der Niessbraucher es versäumt hat, eine Ersitzung, die er unterbrechen konnte, abzuwenden; denn er muss alle Sorge für die Sache tragen,
2Paul. lib. LXXV. ad Ed. indem der Niessbraucher die Verwahrung [der Sache] übernehmen muss.
3Ulp. lib. LXXIX. ad Ed. Diese Stipulation erstreckt sich aber auf alle Fälle, in denen der Niessbrauch verloren geht. 1Dass der Niessbrauch beendet sei, nehmen wir auch dann an, wenn er niemals Jemandem gehörig zu sein angefangen hat, obschon er vermacht worden ist; nichts desto weniger ist die Stipulation wirksam, gleichsam, wie wenn dasjenige, was mir zubehörig zu sein angefangen hat, es zu sein aufhöre. 2Wenn der Niessbrauch, so oft er verloren gegangen, durch das Vermächtniss von Neuem bestellt worden ist, so wird zwar jene Stipulation allemal wirksam, es müsste denn die Sicherheit blos auf den Fall des gänzlichen Verlustes22Utiliter; übersetzen lässt sich dies mit einem Worte nicht; ich bin daher der Erklärung der Glosse gefolgt. bestellt worden sein, aber es ist dann eine Einrede nöthig. 3Auch wenn dir Jemand den Niessbrauch vermacht hat, und die Eigenheit unter der Bedingung, wenn du Kinder haben werdest, wird bei dem Verluste des Niessbrauchs die Stipulation wirksam, aber auch der Einrede Platz gegeben. 4Wenn der Erbe die Eigenheit veräussert hat, und nachher der Niessbrauch verloren geht, so fragt es sich, ob er dann noch aus der Stipulation klagen könne. Man kann hier mit Sicherheit behaupten, dass, dem Rechte selbst zu Folge, die Stipulation nicht in Wirksamkeit trete, weil die Herausgabe ebenso wenig an den Erben und seinen Nachfolger geschehen kann, als derjenige, an den sie geleistet werden kann, d. h. der die Eigenheit erlangt hat, an der Stipulation Theil nimmt. Derjenige aber, der [die Eigenheit] überkommen hat, muss sich zu der Zeit, wo er auf das [volle] Eigenthum Anspruch macht, mit einer andern Sicherheitsbestellung versehen; er kann aber auch, wenn er es nicht gethan hat, nichts desto weniger die dingliche Klage erheben.
4Venulej. lib. XII. Stipul. Wenn der Niessbraucher die Eigenheit erlangt hat, so hört zwar der Niessbrauch wegen der Vereinigung auf, ihm zu gehören; wenn aber die Klage aus der Stipulation gegen ihn erhoben wird, so ist die Klage entweder dem Rechte selbst zu Folge vergeblich, wenn sich die Beobachtung des Gebrauchs als guter Wirth auch bis hieher erstreckt hat, oder er muss eine Einrede wegen des Geschehenen vorschützen.
5Ulp. lib. LXXIX. ad Ed. In dieser Stipulation wird auch mit inbegriffen, dass nichts in böser Absicht geschehe, noch geschehen werde; ist aber deren Erwähnung in der Art geschehen, dass sie auf die Sache selbst bezogen worden ist, so ist darin die böse Absicht aller Nachfolger [des Niessbrauchers], auch des Adoptivvaters, mitbegriffen. 1Ist aber der Gebrauch ohne die Benutzung vermacht worden, so verfügt der Prätor die Bürgschaftsstellung mit Weglassung des auf die Benutzung Bezüglichen, also in der Art, dass blos für den Gebrauch und nicht auch für den Niessbrauch Sicherheit bestellt werde. 2Daher findet nun auch die Stipulation Statt, wenn die Benutzung ohne den Gebrauch Statt findet. 3Ist das Wohnen, oder sind die Dienste eines Sclaven oder irgend eines Thieres hinterlassen worden, so leidet die Stipulation auch Anwendung, wenn gleich diese [Rechtsverhältnisse] dem Niessbrauch nicht in allem gleich kommen.
6Paul. lib. LXXV. ad Ed. Dasselbe findet rücksichtlich des Einkommens von Grundstücken Statt, sowie wenn eine Weinlese oder Ernte vermacht worden ist, wenn schon diejenigen Vermächtnisse, welche durch den Tod des Vermächtnissinhabers an den Erben zurückfallen, nach den Grundsätzen des Niessbrauchs gezogen werden.
7Ulp. lib. LXXIX. ad Ed. Ist, wenn Uebergabe einer Sache, Namens des Niessbrauches Statt gefunden, keine Bürgschaft bestellt worden, so kann, wie Proculus sagt, der Erbe die Sache eigenthümlich zurückfordern, und wenn einredeweise auf die wegen des Niessbrauchs Statt gefundene Uebergabe Bezug genommen wird, so muss eine Replik entgegengesetzt werden. Diese Ansicht ist wohl begründet; doch kann auch die Stipulation selbst klagbar gemacht werden. 1Wenn der Niessbrauch an Gelde vermacht worden ist, so müssen in der Stipulation die beiden Fälle ausdrücklich berücksichtigt werden: wenn du gestorben sein, oder eine persönliche Standesrechtsveränderung erlitten haben wirst; diese beiden Fälle allein aber nur deswegen, weil der Gebrauch von Geld auf keine andere Weise verloren gehn kann.
8Paul. lib. LXXV. ad Ed. Wenn dir der Niessbrauch und mir die Eigenheit vermacht worden ist, so muss mir Sicherheit bestellt werden; ist mir aber die Eigenheit unter einer Bedingung vermacht worden, so glauben Einige, und unter diesen auch Marcian, dass mir und dem Erben Sicherheit zu bestellen sei; diese Meinung ist richtig. Ebenso hat man den Grundsatz angenommen, dass wenn mir [die Eigenheit] vermacht worden ist und auf den Fall des Verlustes einem Andern, auch hier uns beiden, wie obgedacht, Sicherheit bestellt werden müsse. Ist Zweien der Niessbrauch zusammen vermacht worden, so müssen sie sich sowohl gegenseitig Sicherheit leisten, als auch dem Erben auf den Fall, dass wenn der Niessbrauch für den einen der Genossen verloren gehe, er dem Erben wiedergegeben werden solle.
9Ulp. lib. LI. ad Ed. Wenn mir der Niessbrauch vermacht, und ich gebeten worden bin, denselben dem Titius herauszugeben, so fragt es sich, wer Sicherheit bestellen muss, ob Titius, oder ich, der ich Vermächtnissinhaber bin? Sollte es nicht richtig sein, dass der Erbe mich in Anspruch nehmen müsse, und ich wieder den Fideicommissinhaber? Es ist allerdings am besten, dass, wenn ich noch einige Hoffnung auf die Erlangung des Niessbrauchs habe, und derselbe, wenn du ihn verloren hast, an mich, den Vermächtnissinhaber, zurückfallen kann, die Sache so abgemacht werde, dass du mir und ich dem Eigenheitsherrn Sicherheit bestelle. Ist der Niessbrauch des Fideicommissinhabers wegen mir hinterlassen worden, und keine Hoffnung, dass derselbe je an mich zurückfallen werde, so muss der Fideicommissinhaber dem Eigenheitsherrn unmittelbar Sicherheit bestellen. 1Das ist zu merken, dass, möge Jemand den Niessbrauch, dem Rechte selbst zu Folge oder durch den Schutz des Prätors erhalten haben, der Niessbraucher nichts desto weniger gezwungen werde, Sicherheit zu bestellen, oder die Klage [auf seine Gefahr] zu übernehmen. 2Ist aber Jemandem die Eigenheit von einem bestimmten Tage an vermacht worden, und der Niessbrauch unbedingt, so wird, wie Pomponius sagt, dem Niessbraucher diese Sicherheitsbestellung erlassen, indem es gewiss ist, dass die Eigenheit an ihn oder seinen Erben gelangen werde. 3Ist der Niessbrauch an einem Kleidungsstück vermacht worden, so, lehrt Pomponius, werde, selbst wenn der Erbe stipulirt habe, dass ihm nach Beerdigung des Niessbrauchers dasselbe wiedergegeben werden solle, der Versprecher dennoch [zu keinem Schadensersatz] verbindlich, wenn er es ohne böse Absicht abgetragen zurückgibt. 4Sind mehrere Eigenheitsherrn vorhanden, so muss jeder für seinen Antheil stipuliren.
10Paul. lib. XL. ad Ed. Wenn ich dir an einem uns gemeinschaftlich gehörigen Sclaven den Niessbrauch vermacht habe, so wird die Sicherheitsbestellung an meinen Erben nöthig; denn wenn er gleich rücksichtlich der Eigenheit Klage auf Theilung des Gemeinguts erheben kann, so gehört doch die Angelegenheit wegen des Niessbrauchs, der dein eigen ist, nicht in das Bereich des über die Gemeingutstheilungsklage erkennenden Richters.
11Papin. lib. II. Respons. Auch wenn der Gebrauch an einem Hause hinterlassen worden ist, muss [wegen des] nach Ermessen eines guten Wirths [zu übenden Gebrauches] Sicherheit bestellt werden, und es ändert nichts, wenn der [testirende] Vater gewollt hat, dass seine zu Erben eingesetzten Söhne zugleich mit der Vermächtnissweise dazu berechtigten Mutter darin wohnen sollen.
12Ulp. lib. XVIII. ad Sabin. Wenn der Niessbrauch an Gefässen hinterlassen worden ist, so ist keine Sicherheitsbestellung nach dem Senatsbeschluss nöthig, sondern blos insofern: dass der Niessbrauch nach Ermessen eines guten Wirths geschehen solle. Ist also die Uebergabe derselben wegen der Benutzung geschehen, so wird Niemand zweifeln, dass sie nicht Eigenthum des Empfängers werden; denn die Uebergabe findet nicht darum Statt, dass dem Uebergebenden das Eigenthum abgehe, sondern damit der Vermächtnissinhaber den Niessbrauch ausübe. Da mithin die Gefässe nicht dem Niessbraucher gehörig werden, so kann sie der Eigenheitsherr, wenn keine Sicherheit bestellt worden, eigenthümlich zurückfordern. Es fragt sich nun nur noch, ob auch eine Condiction hier Statt habe; allein es ist bekannt, dass Niemand seine eigene Sache mittelst Condiction in Anspruch nehmen könne, ausser vom Diebe.