Iudicatum solvi
(Dass dem Urtheil Genüge geschehen solle1.)
1Diese cautio wird vor der Litiscontestation nur von Seiten des Beklagten geleistet, und zwar war im älteren Recht ein Unterschied, ob er a) mit einer dinglichen Klage, und zwar per formulam petitoriam, in Anspruch genommen war; dann musste, mochte er selbst oder ein Anderer im Namen desselben auftreten, er oder der Stellvertreter alle Mal caviren (Gaj. IV. 88—92.); oder ob er b) mit einer persönlichen Klage belangt war; trat in diesem Falle der Beklagte selbst auf, so war er in der Regel von Leistung der cautio frei (Gaj. ib. 102.), wenn aber statt seiner ein Stellvertreter, und zwar ein cognitor auftrat, so musste der Beklagte selbst, wenn ein procurator, tutor oder curator, so musste der Stellvertreter caviren. Gaj. ib. 101. Vat. Fr. §. 317. Vgl. auch pr. u. §. 1. I. de satisd. 4. 11. Im justin. Recht dagegen wird sie ohne Unterschied der Klagen nur dann geleistet, wenn ein Stellvertreter für den Beklagten auftritt, und zwar von diesem selbst, wenn ein praesentis procurator, von dem Stellvertreter aber, wenn ein absentis procurator oder defensor für den Beklagten handelt. §. 4. u. 5. I. eod. Ueber den tutor s. l. 28. §. 3. C. de admin. tut. 5. 37. Vgl. v. Glück III. S. 434 ff., Bethmann-Hollweg Vers. über d. Civ. Proc. S. 234 ff. u. Zimmern Gesch. d. R. Pr. R. B. 3. §. 65. S. 197. u. §. 161. S. 482 ff.
1Paul. lib. XXIV. ad Ed. Bei der Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, fängt, nachdem die Sache durch das Urtheil entschieden ist, der Termin sogleich zu laufen an, aber die Einforderung wird bis auf [den Ablauf der] dem Hauptbeklagten verstatteten Frist22S. die Bem. zu l. 2. u. l. 4. §. 5., l. 7., l. 31. D. de re jud. 42. 1. verschoben.
2Idem lib. LXXI. ad Ed. Da nach untergegangenem Rechtsstreit33Lite mortua. Der Ausdruck lis moritur wird von Gaj. IV. 104. im technischen Sinne von der Processverjährung, welche die Lex Julias judicaria eingeführt hatte, gebraucht. Vgl. die Bem. zu l. 30. §. 1. D. ad L. Aq. 9. 2. u. zu l. 8. §. 1. D. rat. rem hab. 46. 8. Daher sind viele früher auf die Klagenverjährung bezogenen Stellen der justin. Rechtssammlung von jenem Institut zu verstehen. S. Dirksen Beiträge S. 271 ff. Dass aber auch in der vorliegenden Stelle lis mortua darauf zu beziehen sei, lässt sich nicht mit Bestimmtheit aus ihrem Inhalt erkennen, und es kann also auch von einem anderweitigen Untergang des judicium verstanden werden. S. Keller a. a. O. S. 154 u. 116. kein Gegenstand [der Verurtheilung] vorhanden ist, so sind deshalb die Bürgen bekanntlich nicht mehr aus der Stipulation, dass dem Urtheile Genüge geschehen solle, gehalten.
3Ulp. lib. LXXVII. ad Ed. Wenn Jemand, im Begriff, zu irgend einem Richter zu gehen, stipulirt hat, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, und bei einem anderen geklagt hat, so verfällt die Stipulation nicht, weil die Bürgen sich nicht der Entscheidung dieses Richters unterworfen haben. 1Die Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, können sowohl ein Procurator, als ein Vormund und ein Curator [des Klägers] stipuliren. 2Unter dem Procurator müssen wir einen solchen verstehen, welchem es aufgetragen worden ist, möge er nun blos wegen dieser Sache, oder wegen des gesammten Vermögens einen Auftrag übernommen haben. Aber auch wenn es genehmigt sein wird, scheint er ein Procurator zu sein. 3Aber wenn etwa eins von den Kindern oder Eltern, oder der Mann für die Ehefrau [als Kläger] eintreten sollte, von welchen nicht verlangt wird, dass sie einen Auftrag haben44S. g. mandatum praesuntum. Vgl. l. 35. D. de procur. 3. 3. u. v. Glück V. S. 225. ff., so fragt es sich, ob die Stipulation verfalle? Und es wird mehr dafür sein, dass sie nicht verfallen müsse, wenn es einem solchen nicht aufgetragen, oder es nicht genehmigt sein wird, [dass er klagt;] denn wenn ihnen auch durch das Edict des Prätors zu klagen erlaubt wird, so macht sie das doch nicht zu Procuratoren55Wenigstens insofern nicht, als sie nach dieser Stelle sich nicht die Caution judicatum solvi leisten lassen können, und als sie de rato caviren müssen. S. v. Glück a. a. O. S. 226. A. 73.. Wenn daher eine solche Person [als Kläger] eintreten sollte, so wird von Neuem Sicherheit zu leisten sein. 4Aber auch was wir vom Vormund gesagt haben, ist so zu verstehen, wenn es ein solcher gewesen ist, welcher die Vormundschaft verwaltete; wenn er nicht Vormund war, so ist er nicht unter der Benennung Vormund begriffen. 5Aber auch wenn er zwar Vormund sein, jedoch nicht als Vormund die Geschäfte verwalten sollte, entweder weil er es nicht weiss, oder aus einem anderen Grunde, so wird man sagen müssen, dass die Stipulation nicht verfalle; denn im Edict des Prätors66S. d. l. 3. D. de postul. 3. 1. wird einem solchen Vormund die Fähigkeit, zu klagen, ertheilt, welchem vom Vater, oder dem grösseren Theil der Vormünder, oder von Dem, welchem die richterliche Entscheidung darüber zugestanden hat, die Verwaltung der Vormundschaft gestattet sein wird. 6Aber wir werden auch den Curator eines Rasenden oder einer Rasenden, desgleichen eines Mündels oder einer Mündelin darunter verstehen; auch die Curatoren Anderer, z. B. eines Minderjährigen; oder wenn Jemand Curator irgend eines Anderen sein wird, so glaube ich, dass die Stipulation verfalle. 7Wenn man anführen sollte, dass Jemand Vormund in irgend einem Bezirk, oder einer Provinz, oder wegen der italischen Angelegenheiten sei, so wird man folgerichtig sagen müssen, dass die Stipulation nur dann verfalle, wenn sie aus einem solchen Verhältniss geklagt haben, welches zur Verwaltung derselben gehörte. 8Wenn der Beklagte, nachdem er versprochen hat, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, wahnsinnig geworden sein sollte, so fragt es sich, ob die Stipulation wegen nicht vertheidigter Sache verfalle. Und es ist mehr dafür, dass sie verfalle, wenn ihn Niemand vertheidigt. 9Die Stipulation verfällt wegen nicht vertheidigter Sache solange nicht, als Jemand auftreten kann, welcher den Beklagten vertheidigt. 10Wenn mehrere Vormünder vorhanden sein sollten, so kann, nachdem mit einem die Litiscontestation vorgenommen worden ist, der Beklagte selbst in Folge der Clausel wegen nicht vertheidigter Sache die Vertheidigung übernehmen;
5Ulp. lib. LXXVII. ad Ed. Wenn jedoch der Bürge, welcher sich auf die Klage eingelassen hatte, schon verurtheilt worden ist, so übernimmt der Schuldner die Vertheidigung vergeblich; sonst würden wir auch dann, wenn, nachdem das Urtheil gesprochen, gezahlt worden ist, eine Zurückforderung Dessen, was gezahlt worden ist, annehmen müssen. 1Einer von mehreren Bürgen oder Erben kann, wenn der andere säumt, die Vertheidigung übernehmen. 2Wenn bei dieser Stipulation, weil [bei ihr] mehrere Fälle77S. l. 6. h. t. in einer einzigen Summe zusammengefasst sind, die Stipulation sogleich wegen eines einzigen Falles verfallen war, so kann sie nicht mehr wegen eines anderen verfallen. 3Nun wollen wir sehen, welche Vertheidigung und von welchen Personen sie erfordert werde, damit die Stipulation nicht verfalle. Und wenn nun von den aufgezählten Personen Jemand zur Vertheidigung schreitet, so ist es offenbar, dass die Sache recht vertheidigt werde, und die Stipulation nicht verfalle; wenn aber die Person des Vertheidigers von Aussen her (ein Fremder) eintreten sollte, so wird die Stipulation auf gleiche Weise nicht verfallen, wenn nur jener bereit ist, die Sache nach dem Ermessen eines redlichen Mannes zu vertheidigen, das heisst, Bürgschaft zu stellen; dann nemlich scheint er zu vertheidigen, wenn er Bürgschaft bestellt; sonst, wenn er schlechthin einzutreten bereit sein, aber nicht zugelassen werden sollte, so wird jene Stipulation wegen nicht vertheidigter Sache verfallen. Wenn ihn aber ein [Kläger] entweder mit Bürgschaft, oder ohne Bürgschaft zugelassen haben sollte, so wird man folgerichtig sagen müssen, dass kein Theil von jener Stipulation verfalle, weil er es sich zurechnen muss, dass er einen solchen Vertheidiger zugelassen hat. 4Wenn unter den Bürgen, welche Sicherheit gegeben hatten, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, ein Vertheidiger auftreten sollte, so hat man angenommen, dass die Stipulation: wegen der durch Urtheil entschiedenen Sache, nicht verfalle, und das Uebrige sich ebenso verhalte, als wenn ein Fremder als Vertheidiger auftrete. 5Rücksichtlich dieser Stipulation wird über die Frage verhandelt, ob Die, welche sich verbürgt haben, auf die Auftragsklage gehalten seien, wenn sie die Vertheidigung unterlassen haben? Und es ist richtiger, dass sie nicht gehalten seien; denn sie haben sich wegen der schuldigen Summe, — und das ist ihnen aufgetragen gewesen, — nicht wegen der Vertheidigung verbindlich gemacht. 6Wie jedoch, wenn sie auch Das auf sich genommen haben, dass sie vertheidigen wollten? ob sie dann mit der [Gegen]auftragsklage klagen können? Und wenn sie besiegt worden sind, so werden sie durchaus Das, was sie wegen der durch das Urtheil entschiedenen Sache geleistet haben, erlangen, die Processkosten werden sie aber keinesweges fordern können; wenn sie aber gesiegt haben, so werden sie die Processkosten erlangen können, gleich als wäre es dem Auftrag gemäss, wenn es auch nicht aufgetragen gewesen ist. 7Wenn aber mehrere Bürgen bereit gewesen sind, zu vertheidigen, so wollen wir sehen, ob sie einen einzigen Vertheidiger stellen müssen, oder aber es genüge, dass ein jeder von ihnen für seinen Theil vertheidige, oder einen Vertheidiger stelle. Und es ist mehr dafür, dass, wenn sie nicht einen einzigen Procurator bestellen, nemlich wenn dies der Kläger verlangt, die Stipulation wegen der nicht vertheidigten Sache verfalle. Denn auch mehrere Erben des Beklagten werden nothwendig einen Procurator bestellen müssen, damit nicht die unter mehreren getheilte Vertheidigung dem Kläger irgend einen Nachtheil zufüge. Anders verhält es sich bei den Erben des Klägers, welchen die Nothwendigkeit, durch einen einzigen zu streiten, nicht auferlegt wird. 8Das muss man wissen, dass die Sache, damit sie richtig vertheidigt werde, da zu vertheidigen sei, wo geklagt werden muss.
6Ulp. lib. LXXVIII. ad Ed. Die Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, enthält drei in Eins vereinigte Clauseln: wegen der durch das Urtheil entschiedenen Sache, wegen der zu vertheidigenden Sache, wegen der bösen Absicht88S. die Bem. zu l. 15. pr. D. de procur. et def. 3. 3..
7Gaj. lib. XXVII. ad Ed. prov. Wenn vor der Einlassung auf die Klage dem Procurator von dem Geschäftsherrn (Beklagten) [die Vertheidigung] untersagt sein, und der Kläger ohne zu wissen, dass sie demselben untersagt sei, geklagt haben sollte, ob wohl dann die Stipulation verfällt? Und man kann nichts Anderes sagen, als dass sie verfalle. Wenn aber Jemand, wissend, dass die Vertheidigung dem [Procurator] untersagt sei, geklagt haben sollte, so glaubt Julianus nicht, dass die Stipulation verfalle; denn damit sie verfalle, reiche es nicht hin, sagt er, dass man sich mit der Person auf die Klage eingelassen habe, welche in der Stipulation angegeben ist, sondern es müsse auch das Verhältniss der Person dasselbe sein, welches es zu der Zeit, als man die Stipulation einging, gewesen ist; und darum verfalle die Stipulation nicht, wenn Der, welcher zum Procurator bestellt worden ist, Erbe des Geschäftsherrn (Beklagten) geworden sei, und sich dann [als Erbe] auf die Klage eingelassen, oder auch sich gegen ein Verbot eingelassen habe; und in einem anderen Falle habe man das Gutachten ertheilt, wenn Jemand, welcher einen Abwesenden vertheidigte, Bürgschaft bestellt, sodann entweder als von demselben bestellter Procurator oder nachdem er Erbe desselben geworden, sich auf die Klage eingelassen habe, so seien die Bürgen nicht gehalten.
8Paul. lib. LXXIV. ad Ed. Wenn der Kläger nach der Bestellung der Bürgschaft vor der Einlassung auf die Klage Erbe des Beklagten geworden ist, so erlöscht die Stipulation.
9Ulp. lib. XIV. ad Ed. Die Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, enthält eine bestimmte Summe99Expeditam habet quantitatem, nemlich nach dem Urtheil, also kein Widerspruch mit l. 2. §. 2. D. de stip. praet. 46. 5.; denn sie verfällt auf so viel, als der Richter durch das Urtheil ausgesprochen haben wird.
10Modestin. lib. IV. Pandect. Wenn ein Procurator zur Vertheidigung bestellt sein sollte, so wird befohlen, Bürgschaft vermittelst der Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, zu stellen, welche nicht vom Procurator selbst, sondern vom Herrn des Processes eingegangen wird. Wenn aber der Procurator Jemanden vertheidigen sollte, so wird er gezwungen, selbst vermittelst der Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, Bürgschaft zu stellen1010In dieser Stelle ist ein offenbarer Widerspruch enthalten, indem zwei gleiche Fälle verschieden behandelt werden. Dass aber der erste Satz derselben interpolirt sei, und in demselben zwei Mal statt procurator ursprünglich cognitor gestanden habe, (s. Gaj. IV. 101. Fr. Vat. 317.) haben Keller a. a. O. S. 328., Schilling a. a. O. S. 264 ff. Anm. 728., sowie die von demselben S. 421. citirten Bethmann-Hollweg u. v. Buchholtz, endlich auch Zimmern a. a. O. S. 483. Anm. 16. nachgewiesen. Was dagegen Smallenburg l. l. p. 145. bemerkt hat, ist unerheblich, insbes. ist die l. 8. §. 3. D. de procur. 3. 3., auf welche er sich bezieht, selbst, ebenso wie unsere Stelle u. mehrere andere, nach dem §. 4. I. de satisd. 4. 11. interpolirt. S. Bethmann-Hollweg a. a. O. S. 238. Anm. 156. Freilich für das justin. Recht sind alle Stellen, welche sich ursprünglich auf den cognitor bezogen, auf den praesentis procurator zu beziehen, und dann ist in dem zweiten Satz unserer Stelle der procurator für einen absentis procurator zu nehmen. §. 4. u. 5. I. eod..
11Paul. lib. LXXIV. ad Ed. Einige glauben, dass, wenn ein Sclave, welcher durch eine dingliche Klage gefordert wurde, nach der Litiscontestation verstorben sei, sodann der Beklagte den Rechtsstreit habe liegen lassen, die für den Rechtsstreit1111Pro lite. S. die Bem. zu l. 33. D. de fidej. 46. 1. u. vgl. mit dieser Stelle l. 16. D. de rei vind. 6. 1. u. l. 8. D. de re jud. 42. 1. bestellten Bürgen desselben nicht gehalten seien, weil, nachdem der Sclave gestorben, nun kein Gegenstand [der Verurtheilung] mehr vorhanden sei. Das ist aber falsch, weil es, um die Klage wegen der Entwährung zu erhalten, desgleichen wegen der Früchte von Nutzen ist, dass die Sache durch das Urtheil entschieden werde.
12Pompon. lib. XXVI. ad Sabin. Wenn der Beklagte, nachdem von ihm Bürgschaft gestellt ist, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, sich in einem obrigkeitlichen Amte befinden sollte, und also nicht wider Willen vor Gericht gefordert werden kann, so sind doch, wenn die Sache nicht nach dem Ermessen eines redlichen Mannes vertheidigt wird, die Bürgen gehalten.
13Ulp. lib. VII. Disputat. Als gefragt wurde: ob, wenn nach eingegangener Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, der [Versprecher] die Sache nicht vertheidigte, nachher in Folge der Versäumniss1212Eremodicio. Ueber den Begriff dieses Wortes s. v. Glück III. S. 493. ff. u. Zimmern a. a. O. §. 136. das Urtheil gegen ihn gesprochen wäre, die Clausel wegen der durch das Urtheil entschiedenen Sache verfalle? so sagte ich: In der Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, enthalte eine einzige Clausel sowohl [den Fall] wegen nicht vertheidigter Sache, als auch [den] wegen der entschiedenen Sache in sich. Da also die Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, in einer einzigen Clausel abgefasst wird, so fragt es sich, — mag nun die Sache durch das Urtheil entschieden, oder mag die Sache nicht vertheidigt werden, — mit Recht, ob die Stipulation, wenn sie aus dem einen Grund verfalle, noch aus dem anderen verfallen könne? So z. B. wenn Jemand stipuliren sollte: Wenn das Schiff aus Asien gekommen sein wird, oder wenn Titius Consul gewesen sein wird, so ist gewiss, dass, möge das Schiff zuerst gekommen, oder Titius zuvor Consul geworden sein, die Stipulation verfalle; aber wenn sie aus dem ersten Grund verfallen ist, so verfällt sie aus dem zweiten nicht mehr, wenngleich die Bedingung eintritt; denn einer von beiden Gründen, nicht beide waren in der Stipulation enthalten. Nun ist zu untersuchen, ob die Stipulation wegen nicht vertheidigter Sache [sogleich] verfallen ist, wenn die Sache nicht vertheidigt worden ist, oder nicht eher für verfallen gehalten wird, als bis die Litiscontestation in Folge der Stipulation erfolgt ist? Und dafür spricht mehr, und darum scheint auch für die Bürgen der Termin nicht sogleich zu laufen anzufangen, sobald die Sache nicht vertheidigt wurde. Deshalb hat man folgerichtig angenommen, dass, wenn etwa der Rechtsstreit beendigt sei, zu welchem die Vertheidigung nothwendig war, entweder durch Zahlung, oder durch Vergleich, oder durch Acceptilation, oder auf irgend eine andere Weise, die Clausel wegen nicht vertheidigter Sache erlösche1313Hierin liegt die Antwort auf die in dem Anfang der Stelle aufgeworfene Frage. Denn wenn das Urtheil gegen den Versprecher gefällt wurde, als er sich schon auf die Klage aus der Clausel ob rem non defensam eingelassen hatte, so kann die Clausel ob rem judicatam nicht mehr verfallen, da dies schon mit jener der Fall gewesen ist. Umgekehrt kann die Clausel ob rem non defensam nicht mehr verfallen, wenn, bevor aus derselben geklagt wurde, das Urtheil gesprochen wird, denn nun verfällt die ob rem judicatam. S. Pothier l. l. h. t. num. 24.. 1Wenn ich vom Bürgen des Procurators stipulirt haben werde, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, gleich als wollte ich eine dingliche Klage anstellen, und nachher mit einer persönlichen Klage geklagt haben werde, oder als wollte ich eine gewisse Klage anstellen, nachher aber eine andere Klage erhoben haben werde, so verfällt die Stipulation nicht, weil wegen einer anderen Sache geklagt zu sein scheint, als wegen der, in Bezug auf welche die Stipulation eingegangen worden ist.
14Julian. lib. LV. Dig. Wenn von zwei Bürgen, welche gelobt hatten, dass dem Urtheil Genüge geschehn solle, der eine wegen nicht vertheidigter Sache seinen Antheil bezahlt haben wird, so wird die Sache nichtsdestoweniger vertheidigt werden können, und doch der, welcher gezahlt haben wird, [das Gezahlte] nicht zurückfordern; denn die Stipulation ist nach Verhältniss seines Antheils vernichtet, ebenso wie wenn sie ihm durch Acceptilation erlassen gewesen wäre. 1So oft aus der Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, wegen nicht vertheidigter Sache gegen die Bürgen geklagt wird, ist es nicht unbillig, dass Sicherheit gegeben werde, dass der Geschäftsherr (Beklagte) von der früheren Klage freigesprochen werde, weil, wenn diese Sicherheitsbestellung unterlassen worden ist, die Bürgen auf die Auftragsklage Nichts [vom Beklagten] erlangen werden, oder wenigstens werden gezwungen werden, den Geschäftsherrn bei der früheren Klage zu vertheidigen.
16Ad Dig. 46,7,16Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 479, Note 10.Nerat. lib. III. Membran. Ich will aus der Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, wegen nicht vertheidigter Sachen gegen einen von den Bürgen klagen; dieser ist bereit, mir zu zahlen, was auf seinen Theil komme. Es darf mir gegen diesen keine Klage gegeben werden; denn es ist ja nicht billig, dass Derjenige mit einer Klage in Anspruch genommen, oder zum Leugnen genöthigt werde, welcher ohne Dazwischenkunft des Richters so viel zu geben bereit ist, als sein Gegner durch den Richter von ihm würde erlangen können.
17Venulej. lib. VI. Stipulat. In Folge der Clausel wegen der durch das Urtheil entschiedenen Sache, wegen böser Absicht, wegen nicht vertheidigter Sache verfällt die Stipulation aufs Ganze; denn die Sache wird nicht nach dem Ermessen eines redlichen Mannes vertheidigt zu sein scheinen, welche nicht aufs Ganze vertheidigt worden ist.
19Idem lib. IX. Stipulat. Die letzte Clausel der Stipulation: dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, [nemlich die:] dass böse Absicht fern sei und fern sein werde, bezeichnet eine, auch in die Zukunft fortdauernde Handlungsweise. Daher wird, wenn auch etwa Der, welcher mit böser Absicht gehandelt hat, verstorben ist, sein Erbe gehalten sein; denn der Ausdruck; fern sein werde, ist sehr umfassend und bezieht sich auf alle Zeit, so dass, wenn zu irgend einer Zeit die böse Absicht nicht fern gewesen sein wird, diese Clausel verfällt, weil es wahr ist, dass sie nicht fern gewesen sei. 1Wenn aber hinzugefügt sein sollte: Gelobst du auf den Fall, wenn von dieser Sache die böse Absicht nicht fern sein wird, so viel zu geben, als diese Sache beträgt? so wird der Versprecher auch wegen der bösen Absicht eines Fremden auf die Strafe gehalten sein. 2Die Clausel der bösen Absicht wird aber, ebenso wie die übrigen Stipulationen, bei welchen die Zeit nicht namentlich hinzugefügt worden ist, auf den Anfang der Stipulation bezogen1414D. h. wegen eines vor der Stipulation vorgekommenen dolus verfällt die doli mali clausula nicht, kann also Der, welcher die cautio judicatum solvi bestellt hat, nicht in Anspruch genommen werden..
20Scaevola lib. XX. Dig. Als bei dem [von der Obrigkeit] bestellten Richter Sempronius, der Beklagte, vertheidigt wurde, ist durch Stipulation Sicherheit bestellt worden, dass Das, was der Richter Sempronius durch das Urtheil entschieden hätte, geleistet werden sollte; gegen die Entscheidung desselben hat der Kläger appellirt, und, als die Sache bei dem rücksichtlich der Appellation competenten Richter verhandelt wurde, hat man gefragt, ob, wenn der Vertheidiger verurtheilt worden, die Stipulation verfallen wäre? [Scaevola] hat das Gutachten ertheilt, den angeführten Umständen gemäss sei sie dem Rechte nach nicht verfallen. Claudius1515S. oben die Bem. zu l. 88. D. de solut. 46. 3. [bemerkt hierzu:] darum wird in der Stipulation hinzugefügt: Oder wer an die Stelle desselben gesetzt sein wird.
21Idem lib. sing. Quaest. publ. tract. Wenn einer von den Bürgen wegen nicht vertheidigter Sache belangt sein, sodann nachher die Sache vertheidigt werden sollte, so kann der andere von den Bürgen wegen der durch das Urtheil entschiedenen Sache belangt werden. Und wenn ein Beklagter mit Hinterlassung von zwei Erben verstorben sein [und], der eine die Sache nicht vertheidigen, der andere sie vertheidigen sollte, so kann Der, welcher sie nicht vertheidigt, wegen nicht vertheidigter Sache belangt werden, Jener, welcher vertheidigt, wegen der durch das Urtheil entschiedenen Sache, weil man annimmt, dass diese beiden Clauseln nicht in der Person eines und desselben verfallen können; und wir behaupten, dass die Clausel der durch das Urtheil entschiedenen Sache immer den Vorzug habe und sie allein verfalle1616Nemlich in der Person eines einzigen Versprechers..