Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 45 übersetzt von Jungmeister unter Redaction von Sintenis
Dig. XLV2,
De duobus reis constituendis
Liber quadragesimus quintus
II.

De duobus reis constituendis

(Von mehreren Theilnehmern an einem Stipulationsverhältnisse.)

1Mo­des­ti­nus li­bro se­cun­do re­gu­la­rum. Qui sti­pu­la­tur, reus sti­pu­lan­di di­ci­tur: qui pro­mit­tit, reus pro­mit­ten­di ha­be­tur.

1Modestin. lib. II. Regular. Wer stipulirt, wird der Stipulationsberechtigte (reus stipulandi), und Derjenige, welcher verspricht, der Stipulationsverpflichtete (reus promittendi) genannt11Sunt autem duo pluresve rei stipulandi, qui eandem rem ab eodem in solidum stipulati sunt, ea mente, ut, quamvis solida singulis, una tamen debeatur omnibus. Duo pluresve rei promittendi sunt, quorum singuli eandem rem eidem stipulanti in solidum promiserunt, ea mente, ut quamvis solidum singuli debeant, una tantum tamen debeatur ab omnibus. Westenberg Princip. jur. Rom. ad h. lib. et tit. §. 3. u. 5..

2Ia­vo­le­nus li­bro ter­tio ex Plau­tio. Cum duo ean­dem pe­cu­niam aut pro­mi­se­rint aut sti­pu­la­ti sunt, ip­so iu­re et sin­gu­li in so­li­dum de­ben­tur et sin­gu­li de­bent: id­eo­que pe­ti­tio­ne ac­cep­ti­la­tio­ne unius to­ta sol­vi­tur ob­li­ga­tio.

2Javol. lib. III. ex Plaut. Wenn Zwei dieselbe Geldsumme entweder versprochen, oder stipulirt haben22Nach der Lesart: singulis in solidum debetur., so wird jeder Einzelne sofort dem Rechte selbst zufolge auf das Ganze berechtigt und ebenso verpflichtet. Und es wird auch durch die Foderung (petitio) oder acceptilation33Acceptilatio ist eine solche Stipullation, durch welche eine durch Stipulation entstandene Verbindlichkeit wiederaufgenommen wird. Es kann durch sie daher nur eine durch Stipulation begründete Obligation aufgehoben werden. Wir haben im Deutschen kein Wort dafür. des Einen die ganze Verbindlichkeit getilgt.

3Ul­pia­nus li­bro qua­dra­gen­si­mo sep­ti­mo ad Sa­binum. In duo­bus reis pro­mit­ten­di frus­tra ti­me­tur no­va­tio: nam li­cet an­te prior re­spon­de­rit pos­te­rior et­si ex in­ter­val­lo ac­ci­pia­tur, con­se­quens est di­ce­re pris­ti­nam ob­li­ga­tio­nem du­ra­re et se­quen­tem ac­ce­de­re: et par­vi re­fert, si­mul spon­deant an se­pa­ra­tim pro­mit­tant, cum hoc ac­tum in­ter eos sit, ut duo rei con­sti­tuan­tur: ne­que ul­la no­va­tio fiet. 1Ubi duo rei fac­ti sunt, pot­est vel ab uno eo­rum so­li­dum pe­ti: hoc est enim duo­rum reo­rum, ut unus­quis­que eo­rum in so­li­dum sit ob­li­ga­tus pos­sit­que ab al­ter­utro pe­ti. et par­tes au­tem a sin­gu­lis pe­ti pos­se ne­qua­quam du­bium est, quem­ad­mo­dum et a reo et fi­de­ius­so­re pe­te­re pos­su­mus. uti­que enim cum una sit ob­li­ga­tio, una et sum­ma est, ut, si­ve unus sol­vat, om­nes li­be­ren­tur, si­ve sol­va­tur, ab al­te­ro li­be­ra­tio con­tin­gat.

3Ulp. lib. XLVII. ad Sabin. Bei zwei durch ein Versprechen Verpflichteten befürchtet man ohne Grund eine Erneuerung der Verbindlichkeit. Denn hätte gleich der Erste früher geantwortet, und der Andere wäre erst nach einem Zwischenraume angenommen worden, so ist es doch folgerecht, zu entscheiden, dass die vorhergehende Verbindlichkeit fortdauere und die folgende hinzutrete, und es hat nichts auf sich, ob sie zugleich geloben oder jeder besonders das Versprechen leisten, sobald es Absicht gewesen, dass zwei Verpflichtete bestellt werden und auch keine Erneuerung geschehen solle. 1Wo zwei Verpflichtete bestellt worden sind, kann auch von einem derselben das Ganze gefodert werden. Denn das ist das Eigenthümliche bei zweien Verpflichteten, dass ein jeder derselben auf das Ganze verpflichtet ist, und dass es auch von jedem derselben gefodert werden kann; dass auch Antheile von dem Einzelnen gefodert werden können, ist aber durchaus unzweifelhaft; so wie es sowohl von dem Hauptverpflichteten als von dem Bürgen gefodert werden kann. Denn wo eine Verbindlichkeit vorhanden ist, existirt auch nur eine Zahlung derselben; sodass, wenn der Eine zahlt, Alle befreit werden, oder wenn von dem Andern die Zahlung geleistet wird, die Befreiung ebenfalls Allen zu Theil wird.

4Pom­po­nius li­bro vi­cen­si­mo quar­to ad Sa­binum. Duo rei pro­mit­ten­di si­ve ita in­ter­ro­ga­ti ‘spon­de­tis?’ re­spon­deant ‘spon­deo’ aut ‘spon­de­mus’, si­ve ita in­ter­ro­ga­ti ‘spon­des?’ re­spon­dis­sent ‘spon­de­mus’, rec­te ob­li­gan­tur.

4Pomponius lib. XXIV. ad Sabin. Zwei Stipulationsverpflichtete werden rechtsbeständig verpflichtet, mögen sie nun in der Art gefragt worden sein: Gelobt ihr? und darauf geantwortet haben: ich gelobe oder wir geloben; oder in der Art: Gelobst du? und geantwortet haben: wir geloben es.

5Iu­lia­nus li­bro vi­cen­si­mo se­cun­do di­ges­to­rum. Ne­mo est qui ne­sciat alie­nas ope­ras pro­mit­ti pos­se et fi­de­ius­so­rem ad­hi­be­ri in ea ob­li­ga­tio­ne. et id­eo ni­hil pro­hi­bet duos reos sti­pu­lan­di con­sti­tui vel pro­mit­ten­di, sic­uti si ab eo­dem fa­b­ro duo rei sti­pu­lan­di eas­dem ope­ras sti­pu­len­tur: et ex con­tra­rio duo fa­b­ri eius­dem pe­ri­tiae eas­dem ope­ras pro­mit­te­re in­tel­le­gun­tur et duo rei pro­mit­ten­di fie­ri.

5Julian. lib. XXII. Digestor. Es wird Jedermann bekannt sein, dass fremde Dienste versprochen und für eine solche Verbindlichkeit Bürgen bestellt werden können, und deshalb können auch zwei Stipulationsberechtigte oder Verpflichtete bestellt werden, z. B. wenn zwei Stipulationsberechtigte von ein und demselben Handwerker sich dieselben Dienste stipuliren; und umgekehrt wird von zwei Handwerkern desselben Handwerks, welche dieselbe Arbeit versprechen, angenommen, dass sie auch zwei Stipulationsverpflichtete werden.

6Idem li­bro quin­qua­gen­si­mo se­cun­do di­ges­to­rum. Duos reos pro­mit­ten­di fac­tu­rus si utrum­que in­ter­ro­ga­ve­ro, sed al­ter dum­ta­xat re­spon­de­rit, ve­rius pu­to eum qui re­spon­de­rit ob­li­ga­ri: ne­que enim sub con­di­cio­ne in­ter­ro­ga­tio in utrius­que per­so­na fit, ut ita de­mum ob­li­ge­tur, si al­ter quo­que re­spon­de­rit. 1Duo­bus au­tem reis con­sti­tu­tis quin li­be­rum sit sti­pu­la­to­ri vel ab utro­que vel ab al­te­ro dum­ta­xat fi­de­ius­so­rem ac­ci­pe­re, non du­bi­to. 2Sed si a duo­bus reis sti­pu­lan­di in­ter­ro­ga­tus re­spon­dis­set uni se spon­de­re, ei so­li te­ne­tur. 3Duo rei si­ne du­bio ita con­sti­tui pos­sunt, ut et tem­po­ris ra­tio ha­bea­tur, in­tra quod uter­que re­spon­deat: mo­di­cum ta­men in­ter­val­lum tem­po­ris, item mo­di­cus ac­tus, qui mo­do con­tra­rius ob­li­ga­tio­ni non sit, ni­hil im­pe­dit, quo mi­nus duo rei sunt. fi­de­ius­sor quo­que in­ter­ro­ga­tus in­ter duo­rum reo­rum re­spon­sa si re­spon­de­rit, pot­est vi­de­ri non im­pe­di­re ob­li­ga­tio­nem reo­rum, quia nec lon­gum spa­tium in­ter­po­ni­tur nec is ac­tus, qui con­tra­rius sit ob­li­ga­tio­ni.

6Idem lib. LII. Dig. Wenn ich, in der Absicht, mir zwei Personen durch ein Versprechen zu verpflichten, beide gefragt habe, aber nur einer geantwortet hat, halte ich es für richtiger, dass nur Der verpflichtet wird, welcher geantwortet hat, indem die Befragung Beider nicht unter der Bedingung geschieht, dass jeder nur alsdann verpflichtet werde, wenn der Andere auch geantwortet hat. 1Jedoch bezweifle ich nicht, dass es, wenn zwei Verpflichtete bestellt worden, in der Willkür des Stipulators steht, entweder von Beiden oder nur von dem Einen einen Bürgen anzunehmen. 2Wenn jedoch der von zweien Theilnehmern an der Stipulation Befragte nur dem Einen geantwortet hätte, dass er gelobe, so ist er auch nur diesem allein gehalten. 3Zwei Verpflichtete können ohne Zweifel so bestellt werden, dass man auch auf die Zeit Rücksicht nimmt, innerhalb welcher beide die Antwort ertheilen. Jedoch hindert ein mässiger Zwischenraum oder ein kurzes Geschäft, insofern es nur der Verbindlichmachung nicht entgegengesetzt ist, nicht die Entstehung zweier Verpflichteten. Auch die Befragung eines Bürgen zwischen den Antworten der beiden Verpflichteten und dessen Antwort darauf kann nicht als ein Hinderniss gegen die Verbindlichmachung der Hauptschuldner angesehen werden, weil weder ein langer Zeitraum dazwischentritt, noch eine Verhandlung, welche jener Verbindlichkeit entgegengesetzt ist.

7Flo­ren­ti­nus li­bro oc­ta­vo in­sti­tu­tio­num. Ex duo­bus reis pro­mit­ten­di alius in diem vel sub con­di­cio­ne ob­li­ga­ri pot­est: nec enim im­pe­d­imen­to erit dies aut con­di­cio, quo mi­nus ab eo, qui pu­re ob­li­ga­tus est, pe­ta­tur.

7Florentin. lib. VIII. Inst. Von zwei Stipulationsverpflichteten kann der eine auf einen Termin oder unter einer Bedingung verpflichtet werden; und der Termin oder die Bedingung verursacht auch kein Hinderniss, Denjenigen, welcher unbedingt verpflichtet worden ist, in Anspruch zu nehmen.

8Ul­pia­nus li­bro pri­mo re­spon­so­rum. His ver­bis: ‘ea­que prae­sta­ri sti­pu­lan­ti ti­bi spopon­di­mus’ in­ter­es­se, quid in­ter con­tra­hen­tes ac­tum sit: nam si duo rei fac­ti sint, eum qui ab­sens fuit non te­ne­ri, prae­sen­tem au­tem in so­li­dum es­se ob­li­ga­tum, aut si mi­nus, in par­tem fo­re ob­stric­tum.

8Ulp. lib. I. Respons. Bei den Worten — und dieses44Flor. eaque. zu gewähren, geloben wir auf deine Stipulation: — kommt es auf die Absicht der Contrahenten an. Denn sollten beide Correalverpflichtete werden, so ist derjenige, welcher abwesend war, nicht gehalten; derjenige aber, welcher anwesend war, ist auf das Ganze verpflichtet; war dies aber nicht der Fall, so ist er nur auf seinen Antheil verpflichtet.

9Pa­pi­nia­nus li­bro vi­cen­si­mo sep­ti­mo quaes­tio­num. Ean­dem rem apud duos pa­ri­ter de­po­sui utrius­que fi­dem in so­li­dum se­cu­tus, vel ean­dem rem duo­bus si­mi­li­ter com­mo­da­vi: fiunt duo rei pro­mit­ten­di, quia non tan­tum ver­bis sti­pu­la­tio­nis, sed et ce­te­ris con­trac­ti­bus, vel­uti emp­tio­ne ven­di­tio­ne, lo­ca­tio­ne con­duc­tio­ne, de­po­si­to, com­mo­da­to tes­ta­men­to, ut pu­ta si plu­ri­bus he­redi­bus in­sti­tu­tis tes­ta­tor di­xit: ‘Ti­tius et Mae­vius Sem­pro­nio de­cem da­to’. 1Sed si quis in de­po­nen­do pe­nes duos pa­cis­ca­tur, ut ab al­te­ro cul­pa quo­que prae­sta­re­tur, ve­rius est non es­se duos reos, a qui­bus in­par sus­cep­ta est ob­li­ga­tio. non idem pro­ban­dum est, cum duo quo­que cul­pam pro­mi­sis­sent, si al­te­ri post­ea pac­to cul­pa re­mis­sa sit, quia pos­te­rior con­ven­tio, quae in al­te­rius per­so­na in­ter­ces­sit, sta­tum et na­tu­ram ob­li­ga­tio­nis, quae duos in­itio reos fe­cit, mu­ta­re non pot­est. qua­re si so­cii sint et com­mu­nis cul­pa in­ter­ces­sit, et­iam al­te­ri pac­tum cum al­te­ro fac­tum prod­erit. 2Cum duos reos pro­mit­ten­di fa­ce­rem ex di­ver­sis lo­cis, Capuae pe­cu­niam da­ri sti­pu­la­tus sim, ex per­so­na cu­ius­que ra­tio pro­prii tem­po­ris ha­be­bi­tur: nam et­si ma­xi­me pa­rem cau­sam sus­ci­piunt, ni­hi­lo mi­nus in cu­ius­que per­so­na pro­pria sin­gu­lo­rum con­sis­tit ob­li­ga­tio.

9Papin. lib. XXVII. Quaest. Ad Dig. 45,2,9 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 297, Note 4.Ich habe eine und dieselbe Sache gleichmässig bei Zweien niedergelegt und Beider Redlichkeit sie im Ganzen anvertraut, oder dieselbe Sache auf gleiche Weise Zweien geliehen; hier entstehen dadurch zwei aus einem Versprechen Verpflichtete, und zwar nicht nur durch die Worte einer Stipulation, sondern auch durch alle andere Contracte, z. B. aus dem Kaufe, Verkaufe, Pacht, Verpacht, der Niederlegung, dem Leihen, und aus dem Testamente, z. B. wenn der Testator nach Einsetzung mehrerer Erben gesagt hat: Titius und Maevius sollen dem Sempronius zehn geben. 1Wenn jedoch Jemand, indem er eine Sache bei Zweien niederlegt, bedingt, dass von Einem auch Verschuldung vertreten werden solle, so ist die richtigere Meinung, dass hier nicht zwei Verpflichtete seien, da von ihnen55A quibus, diese Wendung giebt den Ausschlag. D. R. eine ungleiche Verbindlichkeit übernommen worden ist. Nicht dasselbe aber ist anzunehmen, wenn, nachdem Beide die Vertretung der Verschuldung versprochen, Einem von ihnen durch einen nachher eingegangenen Vertrag diese Vertretung erlassen worden wäre, weil eine spätere Uebereinkunft, welche nur in des Einen Person eingetreten ist, den Zustand und die Natur einer Verbindlichkeit, wodurch ursprünglich zwei Verpflichtete entstanden, nicht verändern kann. Sind sie daher Gesellschafter, und es ist eine gemeinschaftliche Verschuldung eingetreten, so wird der mit dem Einen eingegangene Vertrag auch dem Andern zu statten kommen. 2Als ich mir zwei Stipulationsverpflichtete bestellte, stipulirte ich mir aus verschiedenen Orten die Zahlung des Geldes zu Capua. Hier muss die dazu erfoderliche Zeit mit Rücksicht auf jedes Person berechnet werden. Denn ob sie gleich hauptsächlich eine gleiche Verpflichtung übernehmen, so besteht doch nichtsdestoweniger eine jedem einzelnen besonders obliegende Verbindlichkeit66Nämlich für den einen z. B. es von Mailand nach Capua, für den andern es von Florenz nach Capua zu bringen..

10Idem li­bro tri­gen­si­mo sep­ti­mo quaes­tio­num. Si duo rei pro­mit­ten­di so­cii non sint, non prod­erit al­te­ri, quod sti­pu­la­tor al­te­ri reo pe­cu­niam de­bet.

10Ad Dig. 45,2,10ROHGE, Bd. 12 (1874), Nr. 81, S. 253: Compensationsbefugniß eines vom Gläubiger wegen einer Correalschuld in Anspruch genommenen Schuldners mit Privatforderungen des andern Socius.Papin. lib. XXXVII. Quaest. Wenn zwei Stipulationsverpflichtete nicht Gesellschafter sind, so kann dem einen nicht zu statten kommen, dass der Stipulator dem andern Geld schuldig ist.

11Idem li­bro un­de­ci­mo re­spon­so­rum. Reos pro­mit­ten­di vi­ce mu­tua fi­de­ius­so­res non in­uti­li­ter ac­ci­pi con­ve­nit. reus ita­que sti­pu­lan­di ac­tio­nem suam di­vi­de­re si ve­lit (ne­que enim di­vi­de­re co­gen­dus est), pot­erit eun­dem ut prin­ci­pa­lem reum, item qui fi­de­ius­sor pro al­te­ro ex­sti­tit, in par­tes con­ve­ni­re, non se­cus ac si duos pro­mit­ten­di reos di­vi­sis ac­tio­ni­bus con­ve­ni­ret. 1Cum ta­bu­lis es­set com­pre­hen­sum ‘il­lum et il­lum cen­tum au­reos sti­pu­la­tos’ ne­que ad­iec­tum ‘ita ut duo rei sti­pu­lan­di es­sent’, vi­ri­lem par­tem sin­gu­li sti­pu­la­ti vi­de­ban­tur. 2Et e con­tra­rio cum ita cau­tum in­ve­ni­re­tur: ‘tot au­reos rec­te da­ri sti­pu­la­tus est Iu­lius Car­pus, spopon­di­mus ego An­to­ni­nus Achil­leus et Cor­ne­lius Dius’, par­tes vi­ri­les de­be­ri, quia non fue­rat ad­iec­tum sin­gu­los in so­li­dum spopon­dis­se, ita ut duo rei pro­mit­ten­di fie­rent.

11Idem lib. XI. Respons. Man hat sich dahin entschieden, zwei Stipulationsverpflichtete rechtsgültig wechselseitig als Bürgen anzusehen. Will daher der Stipulationsberechtigte seine Klage theilen (wozu er jedoch nicht gezwungen werden kann), so kann er denselben als Hauptschuldner und zugleich als Bürgen für den andern auf Antheile belangen: mithin so, als wenn er zwei aus einem Versprechen Verpflichtete mit getheilten Klagen belangte77S. hierzu Glück Bd. 4. S. 526. n. 86.. 1Ad Dig. 45,2,11,1ROHGE, Bd. 24 (1879), Nr. 91, S. 354: Voraussetzung der Gleichheit der Antheile mehrerer Berechtigter. Legitimation zur Geltendmachung der Rechte Einzelner.Wenn in einer Urkunde enthalten wäre: dieser und jener habe sich hundert Goldstücke stipulirt, jedoch ohne den Zusatz, dass sie zwei Stipulationsberechtigte wären, so sind sie als solche anzusehen, die sich jeder einen Kopftheil stipulirt haben. 2Ad Dig. 45,2,11,2ROHGE, Bd. 24 (1879), Nr. 91, S. 354: Voraussetzung der Gleichheit der Antheile mehrerer Berechtigter. Legitimation zur Geltendmachung der Rechte Einzelner.Und umgekehrt, wenn der Inhalt der Verhandlung so befunden würde: Julius Carpus hat rechtsbeständig stipulirt, dass ihm so und so viel Goldstücke gegeben werden sollen, und wir, ich Antonius Achilleus und Cornelius Divus, haben es gelobt: so werden ebenfalls nur Kopftheile geschuldet, weil der Zusatz fehlt, dass die Einzelnen das Ganze angelobt haben, sodass sie zwei Stipulationsverpflichtete würden.

12Ve­nu­leius li­bro se­cun­do sti­pu­la­tio­num. Si ex duo­bus, qui pro­mis­su­ri sint, ho­die al­ter, al­ter pos­te­ra die re­spon­de­rit, Pro­cu­lus non es­se duos reos ac ne ob­li­ga­tum qui­dem in­tel­le­gi eum, qui pos­te­ra die re­spon­de­rat, cum ac­tor ad alia neg­otia dis­ces­se­rit vel pro­mis­sor, li­cet per­ac­tis il­lis re­bus re­spon­de­rit. 1Si a Ti­tio et pu­pil­lo si­ne tu­to­ris auc­to­ri­ta­te sti­pu­la­tus fue­ro ea­dem de­cem, vel a ser­vo, et qua­si duos reos pro­mit­ten­di con­sti­tui, ob­li­ga­tum Ti­tium so­lum Iu­lia­nus scri­bit, quam­quam, si ser­vus spopon­de­rit, in ac­tio­ne de pe­cu­lio ea­dem ob­ser­va­ri de­bent, ac si li­ber fuis­set.

12Venulej. lib. II. Stipulat. Wenn von Zweien, welche etwas versprechen wollen, der Eine heute, der Andere am folgenden Tage antwortete: ich verspreche es88Nach der Lesart der Vulg. promitto., so werden es nicht zwei zugleich Verpflichtete: man kann sogar Den nicht einmal für verpflichtet ansehen, welcher am folgenden Tage geantwortet hätte; da der Stipulator inmittelst zu andern Geschäften übergegangen ist, oder der Versprecher, hätte er auch gleich, nachdem er jene Geschäfte vollbracht, geantwortet. 1Wenn ich vom Titius und einem Unmündigen ohne Ermächtigung des Vormundes mir zehn stipulirt habe, oder von einem Sclaven, und mir auf diese Weise gleichsam zwei Stipulationsverpflichtete bestellt habe, so ist doch, wie Julianus schreibt, Titius allein verpflichtet: obgleich, wenn ein Sclave angelobt hätte, man bei der Klage aus dem Sondergute ganz so verfahren muss, als wenn er frei gewesen wäre.

13Idem li­bro ter­tio sti­pu­la­tio­num. Si reus pro­mit­ten­di al­te­ro reo he­res ex­ti­te­rit, duas ob­li­ga­tio­nes eum sus­ti­ne­re di­cen­dum est. nam ubi qui­dem al­te­ra dif­fe­ren­tia ob­li­ga­tio­num es­se pos­sit, ut in fi­de­ius­so­re et reo prin­ci­pa­li, con­sti­tit al­te­ram ab al­te­ra per­imi: cum ve­ro eius­dem duae po­tes­ta­tis sint, non pot­est rep­per­i­ri qua al­te­ra po­tius quam al­te­ram con­sum­ma­ri. id­eo­que et si reus sti­pu­lan­di he­res ex­sti­te­rit, duas spe­cies ob­li­ga­tio­nis eum sus­ti­ne­re.

13Idem lib. III. Stipulat. Wenn der eine Stipulationsverpflichtete Erbe des andern Verpflichteten wird, so muss dafür entschieden werden, dass er beide Verbindlichkeiten überkommt; denn nur wo eine Verschiedenheit der Verbindlichkeit obwaltet, wie bei dem Bürgen und dem Hauptschuldner, wird bekanntlich die eine durch die andere vernichtet. Wenn aber beide von derselben Qualität sind, lässt sich kein Grund auffinden, warum die eine früher als die andere erlöschen sollte, daher auch, wenn der eine Stipulationsberechtigte Erbe [des andern] wird, er beide Arten der Verbindlichkeit überkommt.

14Pau­lus li­bro se­cun­do ma­nua­lium. Et sti­pu­la­tio­num prae­to­ria­rum duo rei fie­ri pos­sunt.

14Paul. lib. II. Manual. Auch durch prätorische Stipulationen können zwei Verpflichtete entstehen.

15Gaius li­bro se­cun­do de ver­bo­rum ob­li­ga­tio­ni­bus. Si id, quod ego et Ti­tius sti­pu­la­mur, in sin­gu­lis per­so­nis pro­prium in­tel­le­ga­tur, non pot­eri­mus duo rei sti­pu­lan­di con­sti­tui, vel­uti cum usum fruc­tum aut do­tis no­mi­ne da­ri sti­pu­le­mur: id­que et Iu­lia­nus scri­bit. idem ait, et si Ti­tius et Se­ius de­cem aut Sti­chum, qui Ti­tii sit, sti­pu­la­ti fue­rint, non vi­de­ri eos duos reos sti­pu­lan­di, cum Ti­tio de­cem tan­tum, Se­io Sti­chus aut de­cem de­bean­tur: quae sen­ten­tia eo per­ti­net, ut, quam­vis vel huic vel il­li de­cem sol­ve­rit vel Se­io Sti­chum, ni­hi­lo mi­nus al­te­ri ob­li­ga­tus ma­net. sed di­cen­dum est, ut, si de­cem al­te­ri sol­ve­rit, ab al­te­ro li­be­re­tur.

15Gajus lib. II. de verbor. obligat. Wenn Das, was ich und Titius uns stipuliren, als eine Eigenthümlichkeit einzelner Personen zu betrachten ist, so können wir nicht als zwei Stipulationsberechtigte bestellt werden, z. B. wenn wir uns einen Niessbrauch oder Etwas als Heirathsgut stipuliren, was auch Julianus annimmt. Ebenderselbe sagt: wenn sowohl Titius als Sejus sich zehn oder den Stichus, welcher dem Titius gehört, stipuliren, so können sie nicht als zwei Stipulationsberechtigte angesehen werden, weil dem Titius nur zehn, dem Sejus aber Stichus oder zehn gebühren; welche Meinung darauf hinauskommt, dass, wenn der Verpflichtete auch entweder diesem oder jenem zehn gäbe, oder dem Sejus den Stichus, er nichtsdestoweniger dem Andern verpflichtet bliebe. Man muss jedoch dafür entscheiden, dass, wenn er dem Einen zehn bezahlt, er von dem Anderen befreit wird.

16Idem li­bro ter­tio de ver­bo­rum ob­li­ga­tio­ni­bus. Ex duo­bus reis sti­pu­lan­di si se­mel unus ege­rit, al­te­ri pro­mis­sor of­fe­ren­do pe­cu­niam ni­hil agit.

16Idem lib. III. de verb. obligat. Wenn von zwei Stipulationsberechtigten der Eine einmal geklagt hat, ist es ohne Wirkung, wenn der Versprecher dem Andern die Zahlung anbietet.

17Pau­lus li­bro oc­ta­vo ad Plau­tium. Si­ve a cer­tis per­so­nis he­redum no­mi­na­tim le­ga­tum es­set, si­ve ab om­ni­bus ex­cep­to ali­quo, Ati­li­ci­nus Sa­b­inus Cas­sius pro he­redi­ta­riis par­ti­bus to­tum eos le­ga­tum de­bi­tu­ros aiunt, quia he­redi­tas eos ob­li­gat. idem est, cum om­nes he­redes no­mi­nan­tur.

17Ad Dig. 45,2,17Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. III, § 626, Note 11.Paul. lib. VIII. ad Plaut. Es mag nun die Entrichtung eines Vermächtnisses bestimmten Personen der Erben namentlich, oder allen mit Ausnahme eines Einzelnen, auferlegt worden sein, so schulden diese, wie Atilicinus, Sabinus und Cassius sagen, das ganze Vermächtniss nach Verhältniss ihrer Erbantheile, weil sie durch die Erbschaft verpflichtet werden. Ebendasselbe findet statt, wenn alle Erben aufgezählt werden99S. hierzu Glück Bd. I. S. 422..

18Pom­po­nius li­bro quin­to ex Plau­tio. Ex duo­bus reis eius­dem Sti­chi pro­mit­ten­di fac­tis al­te­rius fac­tum al­te­ri quo­que no­cet.

18Ad Dig. 45,2,18Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 295, Note 13.Pompon. lib. V. ex Plaut. Bei zwei aus einem Versprechen auf Gewährung ein und desselben Sclaven Stichus Verpflichteten gereicht die Handlung des Einen auch dem Andern zum Nachtheil.

19Idem li­bro tri­gen­si­mo sep­ti­mo ad Quin­tum Mu­cium. Cum duo ean­dem pe­cu­niam de­bent, si unus ca­pi­tis de­mi­nutio­ne ex­emp­tus est ob­li­ga­tio­ne, al­ter non li­be­ra­tur. mul­tum enim in­ter­est, utrum res ip­sa sol­va­tur an per­so­na li­be­re­tur. cum per­so­na li­be­ra­tur ma­nen­te ob­li­ga­tio­ne, al­ter du­rat ob­li­ga­tus: et id­eo si aqua et ig­ni in­ter­dic­tum est ali­cui11Die Großausgabe liest ali­cu­ius statt ali­cui. fi­de­ius­sor post­ea ab eo da­tus te­ne­tur.

19Idem lib. XXXVII. ad Quint. Mucium. Wenn Zwei eine und dieselbe Summe schulden, so wird, wenn der Eine durch eine Veränderung seiner Standesrechte von der Verbindlichkeit entbunden wird, der Andere nicht befreit. Denn es ist ein grosser Unterschied, ob die Schuld selbst getilgt, oder ob die Person befreit wird. Wenn die Person befreit wird, die Verbindlichkeit aber bleibt, so dauert auch die Verpflichtung für den Andern fort: und deshalb bleibt, wenn Jemandem der Gebrauch des Feuers und Wassers untersagt worden ist, der von ihm bestellte Bürge auch nachher gehalten. —