Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 42 übersetzt von Treitschke
Dig. XLII2,
De confessis
Liber quadragesimus secundus
II.

De confessis

(Von Geständigen.)

1Paulus libro quinquagensimo sexto ad edictum. Confessus pro iudicato est, qui quodammodo sua sententia damnatur.
1Paul. lib. LVI. ad Ed. Ein Geständiger gilt einem Verurtheilten gleich, da er gewissermaassen durch seinen eigenen Ausspruch verurtheilt ist.
2Ulpianus libro quinquagensimo octavo ad edictum. Non fatetur qui errat, nisi ius ignoravit.
2Ulp. lib. LVIII. ad Ed. Wer irrt, gilt nicht als geständig, er müsste denn die Rechte nicht gekannt haben11D. h. er müsste denn aus Rechtsirrthum sich zu einer Verbindlichkeit bekannt haben, die aus den vorhandenen und ihm bekannten Thatsachen eigentlich nicht folgte. S. u. fr. 3. 5. 7..
3Paulus libro nono ad Plautium. Iulianus ait confessum certum se debere legatum omnimodo damnandum, etiam si in rerum natura non fuisset et si iam a natura recessit, ita tamen, ut in aestimationem eius damnetur: quia confessus pro iudicato habetur.
3Paul. lib. IX. ad Plaut. Julianus sagt: wenn Jemand einräume, dass er ein gewisses Vermächtniss schuldig sei, so sei er schlechterdings zu verurtheilen, wenn auch die vermachte Sache nie existirt oder zu existiren aufgehört hat22Wenn er nemlich dies gewusst hat. fr. 3. u. 8. h. t.; so nemlich, dass er zur Leistung des Werths verurtheilt wird; denn der Geständige wird dem Verurtheilten gleichgeachtet.
4Idem libro quinto decimo ad Plautium. Si is, cum quo lege Aquilia agitur, confessus est servum occidisse, licet non occiderit, si tamen occisus sit homo, ex confesso tenetur.
4Idem lib. XV. ad Plaut. Wenn Jemand, aus dem Aquilischen Gesetz verklagt, einräumt: er habe den [geklagten] Sclaven getödtet33Hierüber, oder wenigstens darüber, ob man einem Menschen etwas Todbringendes zugefügt habe, ist nicht wohl ein Irrthum möglich. Der Beklagte hat also entweder absichtlich Unwahres eingeräumt, oder er hat nur über die Folgen seiner Handlung geirrt, indem z. B. der Sclave nicht an der Wunde, die der Beklagte, sondern an der, welche ihm ein Anderer zu gleicher Zeit beigebracht, gestorben ist., so ist er aus seinem Geständnisse gehalten, wenn er ihn gleich nicht getödtet hat, sobald nur der Mensch wirklich umgebracht worden ist.
5Ulpianus libro vicensimo septimo ad edictum. Qui Stichum debere se confessus est, sive mortuus iam Stichus erat sive post litis contestationem decesserit, condemnandus est.
5Ulp. lib. XXVII. ad Ed. Wer zugestanden hat, er sei den Stichus zu geben schuldig, muss verurtheilt werden, wenngleich Stichus da schon todt war, oder nach der Litiscontestation gestorben ist.
6Ulpianus libro quinto de omnibus tribunalibus. Certum confessus pro iudicato erit, incertum non erit. 1Si quis incertum confiteatur vel corpus sit confessus Stichum vel fundum dare se oportere, urgueri debet, ut certum confiteatur: item eum, qui rem confessus est, ut certam quantitatem fateatur. 2Sed et si fundum vindicem meum esse tuque confessus sis, perinde habeberis, atque si dominii mei fundum esse pronuntiatum esset. et si alia quacumque actione civili vel honoraria vel interdicto exhibitorio vel restitutorio vel prohibitorio dum quis convenitur, confiteatur, dici potest in his omnibus subsequi praetorem voluntatem orationis divi Marci debere et omne omnino, quod quis confessus est, pro iudicato habere. dabitur igitur ex his actionibus, ex quibus dies datur ad restituendam rem, confesso tempus ad restitutionem et, si non restituatur, lis aestimabitur. 3Si quis absente adversario confessus sit, videndum, numquid non debeat pro iudicato haberi, quia nec qui iurat de operis, obligatur nec soleat quis absenti condemnari. certe procuratorem, tutorem curatoremve praesentem esse sufficit. 4Sed an et ipsos procuratores vel tutores vel curatores fateri sufficiat, videamus: et non puto sufficere. 5In pupillo tutoris auctoritatem exigimus. 6Minorem a confessione sua restituemus. 7Confessi utique post confessionem tempora quasi ex causa iudicati habebunt.
6Idem lib. V. de omnibus tribunal. Wer ein bestimmtes Geständniss ablegt, gilt als verurtheilt, nicht aber, wer ein unbestimmtes. 1Wer Unbestimmtes bekennt, wie z. B. wer eine körperliche Sache, oder dass er den Stichus, oder ein Grundstück abzutreten verbunden sei, zugesteht, der muss angehalten werden, sein Zugeständniss näher zu bestimmen; so auch wer eine Gattung (rem) herauszugeben sich schuldig bekennt, dass er eine gewisse Quantität zugestehe. 2Aber auch wenn ich ein Gut als das meinige in Anspruch nehme, und du dies zugestehst, bist du eben so gehalten, als wenn dahin, dass das Gut mein Eigenthum sei, ein Urtheil gesprochen wäre. Auch wenn Jemand auf irgend eine andere aus dem Gesetz oder aus dem Edict fliessende Klage (civili vel honoraria), oder auf ein Interdict wegen Vorzeigung, wegen Erstattung, oder wegen Verbots (exhibitorio, vel restitutorio, vel prohibitorio), womit er belangt wird, Etwas zugesteht, muss, das lässt sich behaupten, der Prätor in allen diesen Fällen der Bestimmung der Rede des Kaisers Marcus44S. o. fr. 56. de re jud. 42. 1. nachgehen und schlechterdings Alles, was Jemand einräumt, dem rechtlich Erkannten gleichachten. Bei denen Klagen also, wobei ein Aufschub bewilligt wird, ist dem Geständigen eine Frist zur Wiedererstattung einzuräumen; erstattet er [binnen derselben] nicht, so wird der Schade abgeschätzt. 3Wenn Jemand in Abwesenheit seines Gegners Etwas eingeräumt hat, so fragt sichs, ob es nicht unzulässig sei, ihn für verurtheilt zu achten; weil auch Jemand, der Dienste eidlich verspricht55Einem Abwesenden nemlich., nicht verpflichtet wird, und zu Gunsten eines Abwesenden Niemand verurtheilt zu werden pflegt? Wenigstens ist es hinlänglich, wenn der Bevollmächtigte, Vormund oder Curator66Des Gegners. dabei ist. 4Es fragt sich aber: reicht auch das Geständniss der Bevollmächtigten, der Vormünder, der Curatoren hin? und ich glaube, nein. 5Bei einem Unmündigen erfordert man das Vollwort des Vormunds. 6Einen Minderjährigen setzt man gegen sein Zugeständniss in den vorigen Stand. 7Wer eingestanden hat, dem stehen von dem Eingeständnisse an dieselben Fristen wie in Folge einer Verurtheilung zu77S. o. fr. 2. de re jud. 42. 1..
7Africanus libro quinto quaestionum. Cum fideicommissum peteretur, heres confessus est debere: arbiter ad restituendum datus comperit nihil deberi: quaesitum est, an possit absolvere. respondi posse interesse, qua ex causa nihil debeatur. nam si ob id, quod nullum fideicommissum fuerit, non debere eum absolvere: si vero quia testator forte solvendo non erat aut quod heres omne solutum esse apud praetorem dixerat et, cum controversia et conputatio difficilior esset, arbiter datus fuerit, salvo officio eum absoluturum: has enim partes eius esse, ut, si in computatione nihil inveniatur, possit absolvere. sed et ex superiore casu ad praetorem remittere debet, ut absolvatur.
7African. lib. V. Quaest. Es wurde auf ein Fideicommiss geklagt, und der Erbe räumte seine Verbindlichkeit dazu ein; der Schiedsrichter aber, der wegen der Erstattung ernannt wurde, fand, dass er zu nichts verbunden war. Nun wurde gefragt: ob er ihn lossprechen könne? Ich habe geantwortet: allerdings, jedoch mache es einen Unterschied, aus welcher Ursache der Erbe zu Nichts verbunden sei. Denn sei dies deswegen der Fall, weil kein Fideicommiss ausgesetzt worden ist88Quod nullum fideicommissum fuerit kann auch heissen: weil das ausgesetzte (sein sollende) Fideicommiss nichtig ist; und ist wahrscheinlich beides gemeint, da die Wirkung in beiden Fällen gleich ist. fr. 2. h. t. fr. 11. §. 2. de interrog. in j. f. 11. 1., so dürfe er ihn nicht lossprechen; sei es aber deswegen, weil etwa der Erblasser zahlungsunfähig war, oder weil der Erbe vor dem Prätor behauptet hatte, es sei Alles bezahlt, und der Schiedsrichter deshalb ernannt worden ist, weil der Streit darüber und die Berechnung verwickelt war99Also so oft der Erbe eine Ausflucht erweist.: so könne er seiner Pflicht unbeschadet ihn lossprechen. Denn das eben liegt [dann] in seinem Amte, dass er, wenn bei der Berechnung nichts [rückständiges] sich ergiebt, lossprechen könne. In dem erstern Falle1010Wenn der Nachlass sich insolvent findet. aber muss er den Beklagten an den Prätor zurückverweisen, damit er dort losgesprochen werde.
8Paulus libro quarto ad Sabinum. Non omnimodo confessus condemnari debet rei nomine, quae, an in rerum natura esset, incertum sit.
8Paul. lib. IV. ad Sabin. Wegen einer Sache, deren Existenz ungewiss ist, kann der Geständige nicht schlechthin1111D. h. nur falls sie existirt, oder, wenn er wusste, dass sie nicht existire, in Bezahlung des Werths. S. ob. fr. 3. h. t. verurtheilt werden.