De curatoribus furioso et aliis extra minores dandis
(Von der Bestellung von Curatoren für einen Rasenden und für Andere ausser den Minderjährigen.)
1Ulp. lib. I. ad Sabin. Durch das Gesetz der zwölf Tafeln wird einem Verschwender die Verwaltung seines Vermögens untersagt; und das ist Anfangs durch die Sitten eingeführt worden. Aber heut zu Tage pflegen die Prätoren oder Präsides, wenn sie einen solchen Menschen gefunden haben, der weder Zeit, noch Maass bei seinen Ausgaben berücksichtigt, sondern sein Vermögen durch Vergeuden und Verschleudern durchbringt, ihm nach dem Beispiel, wie es bei einem Rasenden gehalten wird, einen Curator zu geben; und Beide werden so lange unter Curatel stehen, bis entweder der Rasende den Verstand, oder jener einen verständigen Lebenswandel wieder erlangt haben wird; und wenn das eingetreten sein wird, so hören Beide von Rechts wegen auf, unter der Gewalt ihrer Curatoren zu stehen. 1Man behauptete aber, dass die Curatel über einen solchen, dem die Verwaltung seines Vermögens untersagt wird, seinem Sohne nicht zu erlauben sei; aber es ist ein Rescript des höchstseligen Pius vorhanden, dass dem Sohne vielmehr die Curatel über seinen rasenden Vater zu erlauben sei, wenn er so rechtschaffen sein sollte.
2Paul. lib. I. de off. Procons. Aber auch Anderen, welche ihren Angelegenheiten nicht vorstehen können, wird der Proconsul Curatoren geben oder zu geben befehlen, und wird auch kein Bedenken tragen, auch einen Sohn seinem Vater zum Curator zu geben.
3Ulp. lib. XXXI. ad Sabin. Während die eingesetzten Erben überlegen, ob sie die Erbschaft antreten wollen, wird von dem Prätor ein Curator für den Nachlass bestellt.
4Idem lib. XXXVIII. ad Sabin. Die Curatel über eine rasende Mutter gehört für den Sohn; denn man ist den Eltern, obgleich ihre Gewalt ungleich ist, doch eine gleiche kindliche Liebe schuldig.
5Gaj. lib. IX. ad Ed. prov. Es wird einem Senatsschluss gemäss ein Curator bestellt, wenn eine vornehme Person, z. B. ein Senator oder die Ehefrau eines solchen, sich in der Lage befinden sollte, dass ihr Vermögen verkauft werden muss; denn damit von dem Vermögen derselben soviel, als geschehen kann, den Gläubigern auf eine ehrenvollere Weise gezahlt werde, wird ein Curator um das Vermögen zu verkaufen, entweder vom Prätor oder in den Provinzen vom Präses bestellt.
6Ulp. lib. I. de omnib. Tribunal. Der Prätor wird darauf achten müssen, dass er Niemandem unüberlegt ohne die vollständigste Untersuchung der Sache einen Curator bestelle, weil sehr Viele entweder Raserei oder Wahnsinn vorgeben, damit sie einen Curator empfangen und so den bürgerlichen Lasten sich entziehen können.
7Julian. lib. XXI. Dig. Durch den Rath und die Bemühung des Curators muss nicht blos das Vermögen, sondern auch der Körper und die Wohlfahrt des Rasenden geschützt werden11Tueri ist hier als Passiv gebraucht. Vgl. v. Glück XXXIII. S. 235. Anm. 60.. 1Der einem Wahnsinnigen gegebene Curator hat auf das ertheilte Decret, dass er Bürgschaft bestellen sollte, keine Sicherheit gegeben, und doch einige Sachen aus dem Vermögen desselben auf gesetzliche Weise veräussert; wenn die Erben des Wahnsinnigen eben diese Sachen, welche der Curator veräussert hat, vindiciren sollten, und die Einrede entgegengesetzt werden wird: wenn der Curator nicht verkauft haben wird22Vgl. über diese negativ bedingte Form der Einrede die Bem. zu L. 22. D. de pact. dot. 23. 4. Ueber die gleich darauf folgende affirmative Fassung der Replik vgl. v. Glück a. a. O. S. 215. Anm. 7., so muss die Gegeneinrede gegeben werden: oder wenn er nach bestellter Bürgschaft einem Decret gemäss verkauft haben wird; wenn aber der Curator den Preis erhalten und die Gläubiger des Rasenden abgefunden hat, so wird die Triplik der bösen Absicht die Besitzer sichern. 2Wenn der Proconsul den Curator eines Wahnsinnigen, weil er keine Bürgschaft bestellt hatte, und das Vermögen schlecht verwaltete, von der Vermögens[-Verwaltung] entfernt, und einen anderen Curator an die Stelle desselben gesetzt haben wird, und dieser spätere, da auch er keine Bürgschaft bestellt hatte, gegen den abgesetzten mit der Geschäftsführungsklage geklagt haben sollte, und nachher die Erben des Wahnsinnigen gegen denselben mit der Geschäftsführungsklage klagen sollten, und derselbe sich der Einrede der zwischen ihm und dem Curator entschiedenen Sache bedienen sollte, so wird den Erben die Gegeneinrede zu geben sein: oder wenn der, welcher geklagt hat, Bürgschaft bestellt hatte. Aber ob dem Curator eine Triplik von Nutzen sein wird, wird der Richter bestimmen; denn wenn der zweite Curator das Geld, welches er aus der Verurtheilung erlangt hatte, zum Besten des Rasenden verwendet hatte, so wird die Triplik der bösen Absicht entgegenstehen33Vgl. über diese Stelle Keller über Litiscontestation. S. 335. ff. v Glück a. a. O. S. 216. ff.. 3Man hat gefragt, ob dem einen von zwei Curatoren eines Rasenden richtig gezahlt werden, oder ob einer allein eine Sache des Rasenden veräussern könne; ich habe das Gutachten ertheilt, es könne richtig gezahlt werden; auch der, welcher von dem einen der Curatoren ein Grundstück des Mündels gesetzmässig erkaufte, werde es ersitzen, weil Zahlung, Verkauf, Uebergabe mehr etwas Thatsächliches als Rechtliches sind. Und darum genügt die Person eines einzigen von den Curatoren, weil man annimmt, dass der andere einstimme; sonach wird, wenn er gegenwärtig sein und verbieten sollte, dass gezahlt, verbieten sollte, dass verkauft, oder übergeben werde, weder der Schuldner befreit werden, noch der Käufer ersitzen.
8Ulp. lib. VI. de off. Procons. Es muss für eine Leibesfrucht ein Curator zum Nachlass bestellt werden, und der Proconsul befiehlt, dass derselbe nach dem Ermessen eines rechtschaffenen Mannes Bürgschaft gebe: dass das Vermögen ungeschmälert sein werde; aber dies findet nur Statt, wenn er nicht nach vorgängiger Untersuchung bestellt werden sollte, denn wenn er nach vorgängiger Untersuchung bestellt werden sollte, so fällt die Bürgschaft weg.
9Nerat. lib. I. Membran. Der Senat hat den Gläubigern nicht erlaubt, das Vermögen desjenigen zu verkaufen, für dessen Vermögen zum Behuf des Verkaufs er Curatoren zu bestellen erlaubt hat, obwohl die Gläubiger nach [Ertheilung] dieser Wohlthat das Vermögen lieber verkaufen wollen; denn sowie solange, als in der Sache noch Nichts geschehen ist, es in ihrer Gewalt steht, zu wählen, was von Beiden sie wollen, so müssen sie, wenn sie das Eine gewählt haben werden, sich des Andern enthalten. Und es ist billig, dass dies noch vielmehr dann beobachtet werde, wenn der auch zum Curator bestellt worden ist, durch den das Vermögen verkauft werden soll, obwohl er, ehe er noch das Geschäft zu Stande gebracht hat, verstorben sein sollte; denn auch dann ist von Neuem ein anderer Curator zu bestellen, und nicht der Erbe des früheren Curators zu belästigen, da es sich treffen kann, dass er entweder wegen des Geschlechts, oder wegen der Schwäche des Alters oder wegen einer höheren oder geringeren Würde, als man bei dem ersten Curator berücksichtigt hatte, zu dem Geschäfte nicht tauglich ist; es könnten auch Mehrere seine Erben sein, und es entweder nicht dienlich sein, dass dies Geschäft von Allen verwaltet werde, oder man keinen Grund angeben, warum Einer von ihnen vorzüglich zu belästigen sei.
10Ulp. lib. XVI. ad Ed. Julianus schreibt, dass die, denen vom Prätor die Vermögensverwaltung untersagt worden ist, auf Niemand Etwas übertragen können, weil sie Nichts im Vermögen haben, da ihnen eine Verminderung [desselben] untersagt worden ist. 1Ad Dig. 27,10,10,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 442, Note 4.Der Curator eines Rasenden wird zwar seine Sache, gleich als wäre sie die des Rasenden, übergeben und das Eigenthum übertragen können; wenn er aber eine Sache des Rasenden, gleich als ob sie die seinige wäre, übertragen sollte, so muss man sagen, dass er das Eigenthum nicht übertrage, weil er nicht das Geschäft des Rasenden führte, als er die Sache übergeben hat.
12Marcell. lib. I. Dig. Es ist bekannt, dass die Sache eines Rasenden von einem Agnaten oder einem anderen Curator des Rasenden nicht [der Gottheit] geweiht werden könne; denn dem Agnaten eines Rasenden steht nicht überall die Veräusserung der Sachen desselben zu, sondern nur soweit es die Verwaltung des Vermögens erfordert.
13Gaj. lib. III. ad Ed. prov. Oft gehört die Curatel über einen Rasenden oder einen Verschwender nach dem Gesetz der zwölf Tafeln für einen Andern, als für den, welchem der Prätor die Verwaltung gibt, nämlich [dann], wenn jener gesetzliche zu dieser Sache untauglich zu sein scheint.
15Paul. lib. III. Sentent. Es kann auch einer Frau, welche verschwenderisch lebt, die Vermögensverwaltung untersagt werden. 1Es findet an dem Vermögen des Curators ein Vorzugsrecht des Rasenden oder der Rasenden Statt. Ein Verschwender und überhaupt alle [Pflegbefohlenen], erlangen, wenn gleich ihrer im Edict keine Erwähnung geschieht, durch ein Decret ein Vorzugsrecht am Vermögen des Curators.
16Ad Dig. 27,10,16Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 446, Note 9.Tryphonin. lib. XIII. Disp. Wenn der Vater einem rasenden Mündigen, obgleich derselbe älter als fünfundzwanzig Jahre ist, im Testament einen Curator ernannt haben wird, so muss der Prätor denselben bestellen, indem er den Willen des Vaters befolgt; denn es bleibt jene Ernennung eines Curators beim Prätor bestehen, wie in einem Rescript des höchstseligen Marcus enthalten ist. 1Hiernach ist es folgerichtig, dass auch, wenn der Vater einem Verschwender einen Curator ernannt haben wird, der Prätor den Willen desselben befolgen und jenen zum Curator bestellen müsse. Aber ob schlechterdings, oder nur dann, wenn der Prätor, hätte der Vater Nichts im Testament verordnet, dem [Sohn] die Vermögensverwaltung untersagen würde, und besonders wenn jener Verschwender Kinder hat? 2Es hätte jedoch der Vater für seine Enkel auch auf andere Weise sorgen können, wenn er sie zu Erben eingesetzt hätte und seinen Sohn enterbt hätte, und demselben ein Gewisses, soviel [nämlich], als hinreichend war, zum Unterhalt legirt [und] jenen [das Legat auferlegt hätte]; indem er den Grund und die Nothwendigkeit seiner Verfügung beifügte; oder wenn er die Enkel nicht in der Gewalt gehabt hat, weil sie, als sein Sohn schon aus der väterlichen Gewalt entlassen war, geboren worden sind, so konnte er sie unter der Bedingung zu Erben einsetzen, dass sie von ihrem verschwenderischen Vater aus der Gewalt entlassen werden sollten. 3Aber wie, wenn der Verschwender auch dazu nicht seine Einwilligung gegeben haben würde? Aber man muss die Verfügung des Vaters durchaus befolgen, damit den, welchen der Vater in ernstlicher Meinung für einen Verschwender gehalten hat, die Obrigkeit nicht etwa wegen irgend eines eigenen Fehlers für tüchtig halte44S. über diese Stelle v. Glück a. a. O. S. 146. ff..
17Gaj. lib. I. de Manumiss. Der Curator eines Rasenden kann auf keine Weise die Freiheit ertheilen, weil diese Sache nicht zur Verwaltung gehört; denn durch Uebergeben veräussert er die Sache des Rasenden dann, wenn das zur Geschäftsverwaltung gehört, und darum wird, wenn er, um zu schenken, veräussern sollte, auch die Uebergabe Nichts gelten, wenn er dies nicht wegen eines grossen Nutzens des Rasenden nach vorgängiger Untersuchung von Seiten des Richters thun sollte.