Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 16 übersetzt von Schneider unter Redaction von Otto
Dig. XVI2,
De compensationibus
Liber sextus decimus
II.

De compensationibus

(Von den Aufrechnungen.)

1Mo­des­ti­nus li­bro sex­to pan­dec­ta­rum. Com­pen­sa­tio est de­bi­ti et cre­di­ti in­ter se con­tri­bu­tio.

1Ad Dig. 16,2,1ROHGE, Bd. 8 (1873), S. 43: Zulässigkeit der Compensation von Gegenforderungen, obschon über letztere bereits quittirt ist, sofern die Quittung die Art der Tilgung nicht ergibt und behauptet wird, daß dieselbe nicht durch Zahlung, sondern durch Aufrechnung geschehen ist.Modest. lib. VI. Pandect. Aufrechnung ist die Ausgleichung11Contributio; die angenommene Uebersetzung schien darum die passendste, weil der Begriff, dass die sich gegenüberstehenden Forderungen nur insoweit, als sie sich gleich sind, aufgehoben werden, ebenso in Ausgleichung, wie in contributio liegt. einer Schuld und einer Forderung unter einander.

2Iu­lia­nus li­bro no­na­gen­si­mo di­ges­to­rum. Unus­quis­que cre­di­to­rem suum eun­dem­que de­bi­to­rem pe­ten­tem sum­mo­vet, si pa­ra­tus est com­pen­sa­re.

2Ad Dig. 16,2,2ROHGE, Bd. 8 (1873), S. 43: Zulässigkeit der Compensation von Gegenforderungen, obschon über letztere bereits quittirt ist, sofern die Quittung die Art der Tilgung nicht ergibt und behauptet wird, daß dieselbe nicht durch Zahlung, sondern durch Aufrechnung geschehen ist.Julian. lib. XC. Digest. Ein Jeder weist seinen Gläubiger, welcher zugleich sein Schuldner ist und fordert zurück, wenn er bereit ist, aufzurechnen.

3Pom­po­nius li­bro vi­cen­si­mo quin­to ad Sa­binum. Id­eo com­pen­sa­tio ne­ces­sa­ria est, quia in­ter­est nos­tra po­tius non sol­ve­re quam so­lu­tum re­pe­te­re.

3Pompon. lib. XXV. ad Sabin. Darum ist die Aufrechnung nothwendig, weil uns daran liegt, lieber nicht zu zahlen, als das Gezahlte zurückzufordern.

4Pau­lus li­bro ter­tio ad Sa­binum. Ve­rum est, quod et Ne­ra­tio pla­ce­bat et Pom­po­nius ait, ip­so iu­re eo mi­nus fi­de­ius­so­rem ex om­ni con­trac­tu de­be­re, quod ex com­pen­sa­tio­ne reus re­ti­ne­re pot­est: sic­ut enim, cum to­tum pe­to a reo, ma­le pe­to, ita et fi­de­ius­sor non te­ne­tur ip­so iu­re in ma­io­rem quan­ti­ta­tem quam reus con­dem­na­ri pot­est.

4Ad Dig. 16,2,4Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 349, Note 10.Paul. lib. III. ad Sabin. Es ist wahr, was sowohl Neratius annahm, als auch Pomponius sagt, dass ein Bürge in Folge eines jeden Contracts um so weniger schulde, als der Schuldner vermittelst der Aufrechnung zurückhalten kann; denn so wie ich, wenn ich von dem Schuldner das Ganze fordere, nicht recht fordere, so ist auch der Bürge von Rechtswegen22Ipso jure heisst hier nicht, wie gewöhnlich: nach dem strengen Recht, so dass in dem Augenblicke, wo die Gegenforderung entsteht, diese und die Forderung, soweit sie sich decken, durchaus nichtig sind, und aufgehört haben, zu existiren, es also auch nicht mehr in der Willkühr des Schuldners stehen kann, eine gar nicht mehr vorhandene Gegenforderung geltend zu machen, — sondern es bedeuten jene Worte hier soviel, dass die Aufhebung der sich gegenüber stehenden Forderungen durch blosses Vorhandensein beider von selbst und ohne ein Zuthun der Parteien (einen Vertrag oder eine Willenserklärung des Schuldners) eintritt, so dass es zwar von der Willkühr des Schuldners abhängt, seine Gegenforderung geltend zu machen, und wenn dieses nicht geschieht, sie bestehen bleibt, die Wirksamkeit der Geltendmachung aber auf den Augenblick des Gegenüberstehens zurückbezogen wird. S. Hasse im Arch. f. civil. Pr. B. 7. S. 156 ff. Bethmann-Hollweg im Rhein. Mus. Bd. 1. S. 269 ff. nicht auf einen grössern Betrag gehalten, als [auf den, in welchen] der Schuldner verurtheilt werden kann.

5Gaius li­bro no­no ad edic­tum pro­vin­cia­le. Si quid a fi­de­ius­so­re pe­te­tur, ae­quis­si­mum est eli­ge­re fi­de­ius­so­rem, quod ip­si an quod reo de­be­tur, com­pen­sa­re ma­lit: sed et si utrum­que ve­lit com­pen­sa­re, au­dien­dus est.

5Ad Dig. 16,2,5Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 349, Note 20.Gaj. lib. IX. ad Ed. prov. Wenn man Etwas von einem Bürgen fordern wird, so ist es ganz billig, dass der Bürge wähle, ob er lieber das, was ihm selbst, oder das, was dem Schuldner [von dem fordernden Gläubiger] geschuldet wird, aufrechnen will; aber auch wenn er Beides etwa aufrechnen will, ist er zu hören.

6Ul­pia­nus li­bro tri­gen­si­mo ad Sa­binum. Et­iam quod na­tu­ra de­be­tur, venit in com­pen­sa­tio­nem.

6Ad Dig. 16,2,6Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 288, Note 12.Ulp. lib. XXX. ad Sabin. Auch was nach dem Naturrecht geschuldet wird, kommt zur Aufrechnung.

7Idem li­bro vi­cen­si­mo oc­ta­vo ad edic­tum. Quod in diem de­be­tur, non com­pen­sa­bi­tur, an­te­quam dies venit, quam­quam da­ri opor­teat. 1Si ra­tio­nem com­pen­sa­tio­nis iu­dex non ha­bue­rit, sal­va ma­net pe­ti­tio: nec enim rei iu­di­ca­tae ex­cep­tio ob­ici pot­est. aliud di­cam, si re­pro­ba­vit pen­sa­tio­nem qua­si non ex­is­ten­te de­bi­to: tunc enim rei iu­di­ca­tae mi­hi no­ce­bit ex­cep­tio.

7Idem lib. XXVIII. ad Ed. Was auf einen Termin geschuldet wird, wird nicht aufgerechnet werden, ehe der Termin gekommen ist, obgleich es gegeben werden muss. 1Wenn der Richter keine Rücksicht auf die Aufrechnung genommen haben sollte, so bleibt die Forderung unversehrt; denn es kann ja nicht die Einrede der entschiedenen Sache entgegengestellt werden. Etwas Anderes werde ich sagen, wenn er die Aufrechnung, gleich als ob die Schuld nicht vorhanden wäre, verworfen hat; dann nämlich wird mir die Einrede der entschiedenen Sache schaden.

8Gaius li­bro no­no ad edic­tum pro­vin­cia­le. In com­pen­sa­tio­nem et­iam id de­du­ci­tur, quo no­mi­ne cum ac­to­re lis con­tes­ta­ta est, ne di­li­gen­tior quis­que de­te­rio­ris con­di­cio­nis ha­bea­tur, si com­pen­sa­tio ei de­ne­ge­tur.

8Gaj. lib. IX. ad Ed. prov. In Aufrechnung wird auch das gebracht, wegen dessen mit dem Kläger der Streit eingeleitet worden ist, damit nicht gerade der [in der Verfolgung seines Rechts] Beflissenere in einer schlechtern Lage sich befinde (habeatur), wenn ihm die Aufrechnung versagt werden sollte.

9Pau­lus li­bro tri­gen­si­mo se­cun­do ad edic­tum. Si cum fi­lio fa­mi­lias aut ser­vo con­trac­ta sit so­cie­tas et agat do­mi­nus vel pa­ter, so­li­dum per com­pen­sa­tio­nem ser­va­mus, quam­vis, si age­re­mus, dum­ta­xat de pe­cu­lio prae­sta­re­tur. 1Sed si cum fi­lio fa­mi­lias aga­tur, an quae pa­tri de­bean­tur fi­lius com­pen­sa­re pos­sit, quae­ri­tur: et ma­gis est ad­mit­ten­dum, quia unus con­trac­tus est, sed cum con­di­cio­ne, ut ca­veat pa­trem suum ra­tum ha­bi­tu­rum, id est non ex­ac­tu­rum quod is com­pen­sa­ve­rit.

9Paul. lib. XXXII. ad Ed. Wenn mit einem Haussohne oder einem Sclaven eine Gesellschaft contrahirt sein, und der Herr oder der Vater klagen sollte, so erhalten wir durch Aufrechnung das Ganze, obwohl, wenn wir klagen würden, [das Schuldige] nur von dem Sondergut geleistet würde. 1Aber wenn gegen den Haussohn geklagt werden sollte, so fragt es sich, ob der Sohn das, was dem Vater etwa geschuldet wird, aufrechnen könne. Und es ist mehr zuzulassen, weil es ein einziger Contract ist, jedoch unter der Bedingung, dass er Sicherheit gebe, dass sein Vater es genehmigen, das heisst, nicht fordern werde, was jener aufgerechnet hat.

10Ul­pia­nus li­bro se­xa­gen­si­mo ter­tio ad edic­tum. Si am­bo so­cii pa­rem neg­le­gen­tiam so­cie­ta­ti ad­hi­bui­mus, di­cen­dum est de­si­ne­re nos in­vi­cem es­se ob­li­ga­tos ip­so iu­re com­pen­sa­tio­ne neg­le­gen­tiae fac­ta. si­mi­li mo­do pro­ba­tur, si al­ter ex re com­mu­ni ali­quid per­ce­pe­rit, al­ter tan­tam neg­le­gen­tiam ex­hi­bue­rit, quae ea­dem quan­ti­ta­te aes­ti­ma­tur, com­pen­sa­tio­nem fac­tam vi­de­ri et ip­so iu­re in­vi­cem li­be­ra­tio­nem. 1Si quis igi­tur com­pen­sa­re po­tens sol­ve­rit, con­di­ce­re pot­erit qua­si in­de­bi­to so­lu­to. 2Quo­tiens ex ma­le­fi­cio ori­tur ac­tio, ut pu­ta ex cau­sa fur­ti­va ce­te­ro­rum­que ma­le­fi­cio­rum, si de ea pe­cu­nia­rie agi­tur, com­pen­sa­tio lo­cum ha­bet: idem est et si con­di­ca­tur ex cau­sa fur­ti­va. sed et qui noxa­li iu­di­cio con­ve­ni­tur, com­pen­sa­tio­nem op­po­ne­re pot­est. 3In sti­pu­la­tio­ni­bus quo­que quae in­star ac­tio­num ha­bent, id est prae­to­riis, com­pen­sa­tio lo­cum ha­bet, et se­cun­dum Iu­lia­num tam in ip­sa sti­pu­la­tio­ne quam in ex sti­pu­la­tu ac­tio­ne pot­erit ob­ici com­pen­sa­tio.

10Ulp. lib. LXIII. ad Ed. Ad Dig. 16,2,10 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 349, Note 10.Wenn wir Beide als Gesellschafter gleiche Nachlässigkeit bei der Gesellschaft uns haben zu Schulden kommen lassen, so muss man sagen, dass wir aufhören, [deshalb] gegenseitig verbindlich zu sein, indem von Rechtswegen33S. die vorhergehende Anm. Aufrechnung der Nachlässigkeit geschieht. Auf ähnliche Weise wird es gebilligt, dass, wenn der Eine aus einer gemeinschaftlichen Sache Etwas gezogen hat, der Andere eine sehr grosse Nachlässigkeit begangen haben sollte, welche zu eben demselben Betrag geschätzt wird, Aufrechnung und von Rechtswegen gegenseitig Befreiung geschehen zu sein scheine. 1Ad Dig. 16,2,10,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 349, Note 5.Wenn also Jemand, der aufrechnen konnte, gezahlt haben sollte, so wird er condiciren können, gleich als wenn eine Nichtschuld gezahlt worden sei. 2So oft aus einer Uebelthat eine Klage entsteht, z. B. aus dem Grunde des Diebstahls und der übrigen Uebelthaten, so hat, wenn wegen dieser Sache im bürgerlichen Process44Pecuniarie; s. die Bem. zu L. 1. §. D. de calum. 3. 6. geklagt wird, die Aufrechnung Statt. Dasselbe findet Statt, auch wenn aus dem Grunde des Diebstahls condicirt werden sollte. Aber auch wer mit einer Schädenklage belangt wird, kann die Aufrechnung entgegensetzen. 3Auch bei Stipulationen, welche so gut wie Klagen sind, das heisst bei prätorischen55S. L. 1. §. 2. D. de stipul. praetor. 46. 5., hat die Aufrechnung Statt; und nach Julianus wird sowohl bei der Stipulation selbst, als bei der Klage aus der Stipulation, die Aufrechnung entgegengestellt werden können.

11Idem li­bro tri­gen­si­mo se­cun­do ad edic­tum. Cum al­ter al­te­ri pe­cu­niam si­ne usu­ris, al­ter usu­ra­riam de­bet, con­sti­tu­tum est a di­vo Se­ve­ro con­cur­ren­tis apud utrum­que quan­ti­ta­tis usu­ras non es­se prae­stan­das.

11Ad Dig. 16,2,11ROHGE, Bd. 25 (1880), Nr. 9, S. 38: Kompensation verzinslicher Forderungen.Idem lib. XXXII. ad Ed. Wenn Einer dem Andern Geld ohne Zinsen, der Andere Verzinsliches schuldet, so ist vom höchstseligen Severus constituirt worden, dass die Zinsen für den auf beiden Seiten gleichkommenden Betrag nicht zu leisten seien.

12Idem li­bro se­xa­gen­si­mo quar­to ad edic­tum. Idem iu­ris est non so­lum in pri­va­tis, ve­rum et­iam in cau­sa fis­ci con­sti­tu­tum. sed et si in­vi­cem sit usu­ra­ria pe­cu­nia, di­ver­sae ta­men sint usu­rae, com­pen­sa­tio ni­hi­lo mi­nus lo­cum ha­bet eius quod in­vi­cem de­be­tur.

12Ad Dig. 16,2,12ROHGE, Bd. 25 (1880), Nr. 9, S. 38: Kompensation verzinslicher Forderungen.Idem lib. LXIV. ad Ed. Dasselbe Recht ist nicht blos in Bezug auf Privat[sachen], sondern auch in Bezug auf die Sache des Fiscus constituirt worden. Aber auch wenn auf beiden Seiten eine verzinsliche Geld[schuld] vorhanden sein sollte, die Zinsen jedoch verschieden sein sollten, so findet nichts desto weniger eine Aufrechnung dessen Statt, was gegenseitig geschuldet wird.

13Idem li­bro se­xa­gen­si­mo sex­to ad edic­tum. Quod La­beo ait, non est si­ne ra­tio­ne, ut, si cui pe­ti­tio­ni spe­cia­li­ter de­sti­na­ta est com­pen­sa­tio, in ce­te­ris non ob­icia­tur.

13Idem lib. LXVI. ad Ed. Was Labeo sagt, ist nicht ohne vernünftigen Grund, dass [nämlich,] wenn für irgend eine Forderung insbesondere die Aufrechnung bestimmt worden ist, sie nicht bei andern entgegengestellt werde.

14Ia­vo­le­nus li­bro quin­to de­ci­mo ex Cas­sio. Quae­cum­que per ex­cep­tio­nem per­emi pos­sunt, in com­pen­sa­tio­nem non ve­niunt.

14Javolen. lib. XV. ex Cassio. Alles, was durch eine Einrede vernichtet werden kann, kommt nicht zur Aufrechnung.

15Idem li­bro se­cun­do epis­tu­la­rum. Pe­cu­niam cer­to lo­co Ti­tio da­ri sti­pu­la­tus sum: is pe­tit a me quam ei de­beo pe­cu­niam: quae­ro, an hoc quo­que pen­san­dum sit, quan­ti mea in­ter­fuit cer­to lo­co da­ri. re­spon­dit: si Ti­tius pe­tit, eam quo­que pe­cu­niam, quam cer­to lo­co pro­mi­sit, in com­pen­sa­tio­nem de­du­ci opor­tet, sed cum sua cau­sa, id est ut ra­tio ha­bea­tur, quan­ti Ti­tii in­ter­fue­rit eo lo­co quo con­ve­ne­rit pe­cu­niam da­ri.

15Idem lib. II. Epistol. Ich habe stipulirt, dass [mir] von Titius an einem bestimmten Orte Geld gegeben werden sollte, der fordert von mir das Geld, welches ich ihm schulde; ich frage, ob auch das aufzurechnen sei, wie gross mein Interesse gewesen ist, dass an einem bestimmten Orte gegeben würde? [Javolenus] hat zum Bescheid gegeben: wenn Titius fordert, so muss auch das Geld, welches er auf einen bestimmten Ort versprochen hat, in Aufrechnung gebracht werden, aber mit seiner Zubehör, das heisst, so dass [darauf] Rücksicht genommen wird, wie gross das Interesse des Titius gewesen ist, dass an dem Orte, auf den man übereingekommen ist, das Geld gegeben würde.

16Pa­pi­nia­nus li­bro ter­tio quaes­tio­num. Cum mi­li­ti cas­tren­sium bo­no­rum alius, ce­te­ro­rum alius he­res ex­sti­tit et de­bi­tor al­te­ri he­redum ob­li­ga­tus vult com­pen­sa­re quod ab alio de­be­tur, non au­die­tur. 1Cum in­tra diem ad iu­di­ca­ti ex­se­cu­tio­nem da­tum iu­di­ca­tus Ti­tio agit cum eo­dem Ti­tio, qui et ip­se pri­dem il­li iu­di­ca­tus est, com­pen­sa­tio ad­mit­te­tur: aliud est enim diem ob­li­ga­tio­nis non venis­se, aliud hu­ma­ni­ta­tis gra­tia tem­pus in­dul­ge­ri so­lu­tio­nis.

16Papinian. lib. III. Quaest. Ad Dig. 16,2,16 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 350, Note 17.Wenn Einer Erbe eines Soldaten in Betreff des in Kriegsdiensten erworbenen, ein Anderer in Betreff des übrigen Vermögens geworden ist, und ein Schuldner, welcher dem einen der Erben verbindlich ist, aufrechnen will, was [ihm] von dem andern geschuldet wird, so wird er nicht gehört werden. 1Wenn innerhalb des zur Vollstreckung des Urtheils gegebenen Termins der dem Titius Verurtheilte gegen eben denselben Titius, der selbst auch jenem vorher verurtheilt worden ist, klagt, so wird die Aufrechnung zugelassen werden; denn etwas Anders ist es, wenn der Termin der Verbindlichkeit nicht gekommen ist, etwas Anders, wenn aus Menschlichkeit eine Zeit zur Zahlung gestattet wird.

17Idem li­bro pri­mo re­spon­so­rum. Id­eo con­dem­na­tus, quod ar­tio­rem an­no­nam ae­di­li­ta­tis tem­po­re prae­buit, fru­men­ta­riae pe­cu­niae de­bi­tor non vi­de­bi­tur, et id­eo com­pen­sa­tio­nem ha­be­bit.

17Idem lib. I. Resp. Wer darum verurtheilt worden ist, weil er zur Zeit [seines] Aedilenamts den Proviant zu sparsam vertheilt hat66Arctiorem annonam aedilitatis tempore praebuit. Die Aedilen erhielten den von den curatores (s. Anm. 32.) eingekauften Proviant zur Vertheilung, nicht aber das Geld selbst zum Ankauf, waren also nicht Schuldner der pecunia frumentaria an den Fiscus, und wurden deshalb zur Aufrechnung gelassen. S. v. Glück a. a. O. S. 86., wird nicht als Schuldner des zu Ankauf des Getreides bestimmten Geldes angesehen werden, und darum wird er [das Recht zur] Aufrechnung haben.

18Idem li­bro ter­tio re­spon­so­rum. In rem suam pro­cu­ra­tor da­tus post li­tis con­tes­ta­tio­nem, si vi­ce mu­tua con­ve­nia­tur, ae­qui­ta­te com­pen­sa­tio­nis ute­tur. 1Cre­di­tor com­pen­sa­re non co­gi­tur quod alii quam de­bi­to­ri suo de­bet, quam­vis cre­di­tor eius pro eo, qui con­ve­ni­tur ob de­bi­tum pro­prium, ve­lit com­pen­sa­re.

18Idem lib. III. Resp. Ein zu seinem eigenen Besten bestellter Geschäftsbesorger wird, wenn er nach der Einleitung des Streits mit einer Wiederklage77Vice mutua. S. Mühlenbruch Cession S. 584. Wenn also derjenige, welchem eine Forderung abgetreten ist, (hier nach der Formalität des ältern Rechts procurator in rem suam genannt,) diese Forderung geltend macht und der Schuldner ihn mit einer Wiederklage belangt, so kann er seine und des Cedenten Gegenforderungen durch Aufrechnung geltend machen. belangt werden sollte, sich des billigen Rechts der Aufrechnung bedienen. 1Ein Gläubiger wird nicht gezwungen aufzurechnen, was er einem Andern, als seinem Schuldner schuldet, obwohl der Gläubiger desselben zum Besten desjenigen, welcher wegen einer eigenen Schuld belangt wird, aufrechnen will88D. h. obgleich der Gläubiger des Gläubigers es sich gefallen lassen will, dass das dem Erstern von dem Letztern Geschuldete, diesem von dem jetzt belangten Schuldner vermittelst der Aufrechnung abgezogen werde..

19Idem li­bro un­de­ci­mo re­spon­so­rum. De­bi­tor pe­cu­niam pu­bli­cam ser­vo pu­bli­co ci­tra vo­lun­ta­tem eo­rum sol­vit, qui­bus de­bi­tum rec­te sol­vi po­tuit: ob­li­ga­tio pris­ti­na ma­ne­bit, sed da­bi­tur ei com­pen­sa­tio pe­cu­lii fi­ni, quod ser­vus pu­bli­cus ha­be­bit.

19Idem lib. XI. Resp. Ein Schuldner hat öffentliches Geld einem öffentlichen Sclaven ohne den Willen derjenigen, welchen die Schuld richtig hat gezahlt werden können, gezahlt; die frühere Verbindlichkeit wird bleiben, aber es wird ihm die Aufrechnung bis zur Grösse99Peculii fini. S. Brisson. s. v. finis. des Sonderguts, welches der öffentliche Sclav haben wird, gegeben werden.

20Idem li­bro ter­tio de­ci­mo re­spon­so­rum. Ob neg­otium co­pia­rum ex­pe­di­tio­nis tem­po­re man­da­tum cu­ra­to­rem con­dem­na­tum pe­cu­niam iu­re com­pen­sa­tio­nis re­ti­ne­re non pla­cuit, quon­iam ea non com­pen­san­tur.

20Idem lib. XIII. Resp. Man hat angenommen, dass ein [Proviant-]Besorger, welcher wegen eines zur Zeit des Feldzugs aufgetragenen Proviantgeschäfts verurtheilt worden ist1010Die curatores annonae oder frumentarii waren diejenigen, welche vom Staat Geld erhielten, um zur Zeit des Feldzugs Proviant zu kaufen. Copiae heisst hier so viel als annona, commeatus. S. v. Glück a. a. O. S. 85 f. — Vgl. übrigens L. 24. h. t., das Geld vermöge des Rechts der Aufrechnung nicht zurückhalten könne, weil dergleichen nicht aufgerechnet wird.

21Pau­lus li­bro pri­mo quaes­tio­num. Post­ea­quam pla­cuit in­ter om­nes id quod in­vi­cem de­be­tur ip­so iu­re com­pen­sa­ri, si pro­cu­ra­tor ab­sen­tis con­ve­nia­tur, non de­be­bit de ra­to ca­ve­re, quia ni­hil com­pen­sat, sed ab in­itio mi­nus ab eo pe­ti­tur.

21Ad Dig. 16,2,21Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 349, Noten 9, 10.Paul. lib. I. Quaest. Nachdem unter Allen angenommen worden ist, dass das, was gegenseitig geschuldet wird, von Rechtswegen aufgerechnet werde, so wird der Geschäftsbesorger eines Abwesenden, wenn er belangt werden sollte, nicht wegen der Genehmigung Sicherheit geben müssen, weil er nichts aufrechnet, sondern von ihm von Anfang an weniger gefordert wird1111Der procurator absentis soll nach dieser Stelle die cautio de rato, welche er sonst immer geben muss, wenn er Etwas für den Abwesenden thut, was dieser widerrufen kann, nicht zu geben brauchen, weil die Klage bei dem Vorhandensein von Forderung und Gegenforderung gleich auf weniger gerichtet werden müsse, die Aufrechnung also gar nicht mehr in der Willkühr des Beklagten stehe. Dies wird daraus abgeleitet, weil die Aufrechnung ipso jure geschehe, so dass dem ipso jure hier der Sinn untergelegt wird, welchen es nach der Anm. zu L. 4. h. t. bei der compensatio nicht hat. Wahrscheinlich ist die Stelle interpolirt, und sie bezog sich wohl ursprünglich auf die compensatio der Argentarien, welche von der Regel abwich. S. Bethmann-Hollweg a. a. O. S. 281 ff..

22Scae­vo­la li­bro se­cun­do quaes­tio­num. Si de­beas de­cem aut ho­mi­nem, utrum ad­ver­sa­rius vo­let, ita com­pen­sa­tio hu­ius de­bi­ti ad­mit­ti­tur, si ad­ver­sa­rius pa­lam di­xis­set, utrum vo­luis­set.

22Scaevol. lib. II. Quaest. Wenn du zehn Tausend, oder einen Menschen, was von beiden der Gegner wolle, schulden solltest, so wird die Aufrechnung dieser Schuld dann zugelassen, wenn der Gegner deutlich gesagt hätte, was von beiden er wollte.

23Pau­lus li­bro no­no re­spon­so­rum. Id quod pu­pil­lo­rum no­mi­ne de­be­tur si tu­tor pe­tat, non pos­se com­pen­sa­tio­nem ob­ici eius pe­cu­niae, quam ip­se tu­tor suo no­mi­ne ad­ver­sa­rio de­bet.

23Paul. lib. IX. Resp. Wenn ein Vormund das, was Namens der Mündel geschuldet wird, fordern sollte, so kann nicht eine Aufrechnung des Geldes entgegengestellt werden, welches der Vormund selbst auf eigenen Namen dem Gegner schuldet.

24Idem li­bro ter­tio de­cre­to­rum. Ius­sit im­pe­ra­tor au­di­ri ad­pro­ban­tem si­bi a fis­co de­be­ri, quod ip­se con­ve­ni­tur.

24Idem lib. III. Decretor. Der Kaiser1212Entweder Septimius Severus oder dessen Sohn Antonin. Caracalla, denn die Entscheidungen beider hatte Paulus gesammelt. Vgl. übrigens L. 46. §. 4. D. de jure fisci 49. 14. und als Ausnahmen von der hier gegebenen Regel L. 5. D. cod. und L. 20. h. t. hat befohlen, dass der, welcher beweist, dass ihm das, worauf er selbst belangt wird, vom Fiscus geschuldet werde, gehört werden solle.