Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 44 übersetzt von Sintenis
Dig. XLIV1,
De exceptionibus praescriptionibus et praeiudiciis
Liber quadragesimus quartus
I.

De exceptionibus praescriptionibus et praeiudiciis

(Von den Einreden, Einwendungen und Vorgreifen in der Entscheidung1.)

1Exceptiones sind eigentlich Anhänge, Vorbehälte, Clauseln zum Besten des Beklagten bei einer actio; praescriptio ursprünglich das Bevorworten von Seiten des Klägers, nur Das einklagen zu wollen, was schon fällig sei; im Corp. Jur. aber steht es der Exceptio gleich. Der ältere Römische Process kannte den Ausdruck Exceptio gar nicht als legalen, sondern blos den: praescriptio für die zerstörlichen (später auch oft defensiones) und translatio für die dilatorischen Einreden. Ueber die Ableitung und Geschichte von Exceptio und Praescriptio s. meine Abhandlung in Zu-Rhein’s Jahrbüchern für Process. Bd. I. S. 164 ff. u. 175. Der Ausdruck praescriptio hielt sich aber noch lange, nachdem auch schon Exceptio häufiger geworden war, weshalb wir beide im Justin. Recht gemischt finden. (Daher obige Uebersetzung.) Praejudicium ist in specie die Einwendung, durch eine actio wurde eine andere, wohl noch wichtigere Frage, namentlich die hered. pet. vor den Centumvirn schon mit entschieden, s. Hugo R. G. S. 603. und die Anm. zu l. 12. Cujac. Obs. V. 37. sagt: praejudicii nomine et actio et exceptio praejudicialis significatur.

1Ul­pia­nus li­bro quar­to ad edic­tum. Age­re et­iam is vi­de­tur, qui ex­cep­tio­ne uti­tur: nam reus in ex­cep­tio­ne ac­tor est.

1Ulp. lib. IV. ad Ed. Dem Kläger gleichstehend wird auch Derjenige betrachtet, wer sich einer Einrede bedient; denn in der Einrede ist der Beklagte Kläger22Dies ist von der Gleichheit der Parteien im Process zu verstehen, insofern sie einseitige Behauptungen aufstellen, und von den Befugnissen und Obliegenheiten, welche für sie daher entspringen, besonders der Beweis, s. meine Lehre von den Einreden in Zu-Rhein’s Jahrbüchern Bd. I. S. 242 ff..

2Idem li­bro sep­tua­gen­si­mo quar­to ad edic­tum. Ex­cep­tio dic­ta est qua­si quae­dam ex­clu­sio, quae op­po­ni ac­tio­ni cu­ius­que rei so­let ad ex­clu­den­dum id, quod in in­ten­tio­nem con­dem­na­tio­nem­ve de­duc­tum est. 1Re­pli­ca­tio­nes ni­hil aliud sunt quam ex­cep­tio­nes, et a par­te ac­to­ris ve­niunt: quae qui­dem id­eo ne­ces­sa­riae sunt, ut ex­cep­tio­nes ex­clu­dant: sem­per enim re­pli­ca­tio id­cir­co ob­ici­tur, ut ex­cep­tio­nem op­pug­net. 2Il­lud te­nen­dum est om­nem ex­cep­tio­nem vel re­pli­ca­tio­nem ex­clu­so­riam es­se: ex­cep­tio ac­to­rem ex­clu­dit, re­pli­ca­tio reum. 3Sed et con­tra re­pli­ca­tio­nem so­let da­ri tri­pli­ca­tio, et con­tra tri­pli­ca­tio­nem rur­sus et de­in­ceps mul­ti­pli­can­tur no­mi­na, dum aut reus aut ac­tor ob­icit. 4Sa­ne so­le­mus di­ce­re quas­dam ex­cep­tio­nes es­se di­la­to­rias, quas­dam per­emp­to­rias: ut pu­ta di­la­to­ria est ex­cep­tio, quae dif­fert ac­tio­nem, vel­uti pro­cu­ra­to­ria ex­cep­tio di­la­to­ria est: nam qui di­cit non li­ce­re pro­cu­ra­to­rio no­mi­ne agi, non pror­sus li­tem in­fi­tia­tur, sed per­so­nam evi­tat.

2Idem lib. LXXIV. ad Ed. EXCEPTIO (Ausnahme) heisst eigentlich gewissermaassen eine Ausschliessung, die einer Klage auf irgend einen Gegenstand entgegengesetzt zu werden pflegt, um Dasjenige auszuschliessen, was Gegenstand der klägerischen Foderung und der Verurtheilung33Condemnatio. Die neuere Glosse will, wohl unfehlbar ganz falsch, die Klagebitte hier verstehen — Mir scheinen die Einreden hier mitgemeint zu sein, welche post sententiam vorgeschützt werden können. ist. 1Repliken sind auch nichts Anderes als Einreden und kommen von Seiten des Klägers, und sind zu dem Ende nothwendig, um die Einreden auszuschliessen, denn die Replik wird stets zu dem Ende vorgeschützt, um die Einrede zu bekämpfen. 2Das ist jedoch festzuhalten, dass jede Einrede oder Replik ausschliessend ist; die Einrede schliesst den Kläger aus, die Replik den Beklagten. 3Es pflegt aber auch wider die Replik eine Duplik und wider letztere eine Triplik, und wiederum gegen diese eine Quadruplik ertheilt zu werden, und so werden ferner die Namen [der Zahl nach] vervielfacht, je nachdem sie der Beklagte oder Kläger vorschützt. 4Einige Einreden sind aufschiebende, andere zerstörliche; eine aufschiebende Einrede ist diejenige, welche die Klage aufschiebt, z. B. die den Geschäftsbesorger angehende, denn wer da behauptet, es sei Jemandem nicht gestattet, als Geschäftsbesorger zu handeln, der stellt nicht geradezu den ganzen Streit in Abrede, sondern er will sich nur mit einer gewissen Person nicht einlassen.

3Gaius li­bro pri­mo ad edic­tum pro­vin­cia­le. Ex­cep­tio­nes aut per­pe­tuae et per­emp­to­riae sunt aut tem­po­ra­les et di­la­to­riae. per­pe­tuae at­que per­emp­to­riae sunt, quae sem­per lo­cum ha­bent nec evi­ta­ri pos­sunt, qua­lis est do­li ma­li et rei iu­di­ca­tae et si quid con­tra le­gem se­na­tus­ve con­sul­tum fac­tum es­se di­ce­tur, item pac­ti con­ven­ti per­pe­tui, id est ne om­ni­no pe­cu­nia pe­ta­tur. tem­po­ra­les at­que di­la­to­riae sunt, quae non sem­per lo­cum ha­bent, sed evi­ta­ri pos­sunt, qua­lis est pac­ti con­ven­ti tem­po­ra­lis, id est ne for­te in­tra quin­quen­nium age­re­tur: pro­cu­ra­to­riae quo­que ex­cep­tio­nes di­la­to­riae sunt, quae evi­ta­ri pos­sunt.

3Gaj. lib. I. ad Ed. prov. Die Einreden sind entweder immerwährende und zerstörliche, oder zeitliche und aufschiebende. Immerwährende und zerstörliche sind diejenigen, welche immer statthaben und nicht vermieden werden können, als z. B. die der Arglist und der rechtlich entschiedenen Sache, und wenn angegeben wird, es sei etwas wider die Gesetze und einen Senatsbeschluss geschehen, ingleichen die des immerwährenden vertragsmässigen Uebereinkommens, dass eine schuldige Summe gar nicht solle gefodert werden können. Zeitliche und aufschiebende sind diejenigen, welche nicht immer statthaben, sondern vermieden werden können, z. B. die des zeitlichen vertragsmässigen Uebereinkommens, d. h., dass etwa innerhalb fünf Jahren nicht solle Klage erhoben werden. Die den Geschäftsbesorger betreffenden Einreden sind auch verzögerliche, die vermieden werden können.

4Pau­lus li­bro vi­cen­si­mo ad edic­tum. In pu­pil­lo, cui so­lu­ta est de­bi­ta pe­cu­nia si­ne tu­to­ris auc­to­ri­ta­te, si quae­ra­tur, an do­li ex­cep­tio­ne sum­mo­ve­ri de­beat, il­lud tem­pus in­spi­ci­tur, an pe­cu­niam vel ex ea ali­quid ha­beat, quo pe­tit.

4Paul. lib. XX. ad Ed. Wenn in Betreff eines Unmündigen, dem ohne seines Vormundes Ermächtigung das ihm geschuldet werdende Geld gezahlt worden ist, die Frage erhoben wird, ob er mit der Einrede der Arglist abgewehrt werden dürfe, so wird in Ansehung des Umstandes, ob er das Geld noch habe oder Etwas davon, auf den Zeitpunkt gesehen, wo er Klage erhebt.

5Idem li­bro oc­ta­vo de­ci­mo ad edic­tum. Is, qui di­cet11Die Großausgabe liest di­cit statt di­cet. se iu­ras­se, pot­est et aliis ex­cep­tio­ni­bus uti cum ex­cep­tio­ne iu­ris­iu­ran­di vel aliis so­lis: plu­ri­bus enim de­fen­sio­ni­bus uti per­mit­ti­tur.

5Idem lib. XVIII. ad Ed. Derjenige, welcher geschworen zu haben behauptet, kann sich neben der Einrede des Schwurs auch anderer Einreden bedienen, oder anderer ohne diese; denn es ist erlaubt, mehrere zerstörliche Einreden vorzuschützen.

6Idem li­bro sep­tua­gen­si­mo pri­mo ad edic­tum. Si rem le­ga­tam pe­tat le­ga­ta­rius, de do­lo tes­ta­to­ris ex­ci­pi­tur: nam sic­ut he­res, qui in uni­ver­sum ius suc­ce­dit, sum­mo­ve­tur ex­cep­tio­ne, ita et le­ga­ta­rius de­bet sum­mo­ve­ri qua­si unius rei suc­ces­sor.

6Idem lib. LXXI. ad Ed. Wenn der Vermächtnissinhaber den vermachten Gegenstand44ἐφ᾽ ᾧ δόλον ὁ διαθέμενος ἐποίησε, setzen die Basil. hinzu, s. l. 3. §. 29. de doli mali et met. except. fodert, so kann ihm die Einrede der Arglist des Testators entgegengesetzt werden; denn sowie der Erbe, der in das gesammte Rechtsverhältniss nachfolgt, durch diese Einrede abgewehrt werden kann, so muss auch der Vermächtnissinhaber abgewehrt werden dürfen, als55Quasi. Rudolph Forner. Rer. quotid. lib. IV. c. 6. (T. O. II. 233) will mit Bezug auf l. 3. §. 29. de doli mali et met. except. quamvis lesen. Rechtsnachfolger eines einzelnen Gegenstandes.

7Idem li­bro ter­tio ad Plau­tium. Ex­cep­tio­nes, quae per­so­nae cu­ius­que co­hae­rent, non trans­eunt ad alios, vel­uti ea quam so­cius ha­bet ex­cep­tio­nem ‘quod fa­ce­re pos­sit’, vel pa­rens pa­tro­nus­ve, non com­pe­tit fi­de­ius­so­ri: sic ma­ri­ti fi­de­ius­sor post so­lu­tum ma­tri­mo­nium da­tus in so­li­dum do­tis no­mi­ne con­dem­na­tur. 1Rei au­tem co­hae­ren­tes ex­cep­tio­nes et­iam fi­de­ius­so­ri­bus com­pe­tunt, ut rei iu­di­ca­tae, do­li ma­li, iu­ris­iu­ran­di, quod me­tus cau­sa fac­tum est. igi­tur et si reus pac­tus sit in rem, om­ni­mo­do com­pe­tit ex­cep­tio fi­de­ius­so­ri. in­ter­ces­sio­nis quo­que ex­cep­tio, item quod li­ber­ta­tis one­ran­dae cau­sa pe­ti­tur, et­iam fi­de­ius­so­ri com­pe­tit. idem di­ci­tur et si pro fi­lio fa­mi­lias con­tra se­na­tus con­sul­tum quis fi­de­ius­se­rit, aut pro mi­no­re vi­gin­ti quin­que an­nis cir­cum­scrip­to: quod si de­cep­tus sit in re, tunc nec ip­se an­te ha­bet au­xi­lium, quam re­sti­tu­tus fue­rit, nec fi­de­ius­so­ri dan­da est ex­cep­tio.

7Idem lib. III. ad Plaut. Diejenigen Einreden, welche einer bestimmten Person anhängen, gehen nicht auf Andere über, z. B. die Einrede, welche der Gesellschafter hat, was er leisten kann, oder der Vater oder Freilasser, steht dem Bürgen nicht zu; so kann auch der Bürge des Ehemannes, welcher nach Auflösung der Ehe [für die Mitgift] bestellt worden ist, Namens der Mitgift auf das Ganze belangt werden. 1Ad Dig. 44,1,7,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 120, Note 2.Die mit dem Gegenstande zusammenhängenden Einreden sind auch den Bürgen zuständig, z. B. die der rechtlich entschiedenen Sache, der Arglist, des Schwurs, des aus Furcht Geschehenen. Mithin steht auch dem Bürgen allemal eine Einrede zu, wenn der Beklagte einen dinglichen Vertrag eingegangen ist. Auch die Einrede der Intercession66S. Anmerk. 1) zu l. 1. pr. ad Sct. Vellej. — Es ist der Bürge für eine intercedirende Frau zu verstehen., sowie die, dass Etwas zur Belästigung der Freiheit gefodert werde, ist dem Bürgen zuständig. Ferner, wenn Jemand für einen Haussohn dem Senatsbeschluss zuwider gebürgt hat, oder für einen betrogenen Minderjährigen. Ist er aber nicht77Sondern hat ohne Zuthun des Gegentheils durch eigenen Leichtsinn Schaden erlitten. betrogen worden, dann erhält er weder selbst ihre Hülfe, als bis er in den vorigen Stand eingesetzt worden, noch ist dem Bürgen eine Einrede zu ertheilen.

8Idem li­bro quar­to de­ci­mo ad Plau­tium. Ne­mo pro­hi­be­tur plu­ri­bus ex­cep­tio­ni­bus uti, quam­vis di­ver­sae sunt.

8Idem lib. XIV. ad Plaut. Es wird Niemandem verwehrt, sich mehrerer Einreden zu bedienen, wenn sie auch verschieden88Diversae; die Basil. geben dies deutlicher: κ ἂν ἐναντίαι ὦσιν. sind.

9Mar­cel­lus li­bro ter­tio di­ges­to­rum. Non uti­que ex­is­ti­ma­tur con­fi­te­ri de in­ten­tio­ne ad­ver­sa­rii is quo­cum agi­tur, quia ex­cep­tio­ne uti­tur.

9Marcell. lib. III. Dig. Es wird durchaus nicht angenommen, dass der Gegner, wider den geklagt wird, der Foderung geständig sei, wenn er sich einer Einrede bedient.

10Mo­des­ti­nus li­bro duo­de­ci­mo re­spon­so­rum. Mo­des­ti­nus re­spon­dit: res in­ter alios iu­di­ca­ta aliis non ob­est, nec si is, con­tra quem iu­di­ca­tum est, he­res ex­sti­te­rit ei, con­tra quem ni­hil pro­nun­tia­tum est, he­redi­ta­rium11Die Großausgabe liest he­redi­ta­riam statt he­redi­ta­rium. ei li­tem in­fe­ren­ti prae­scri­bi ex ea sen­ten­tia pos­se, quam pro­prio no­mi­ne dis­cep­tans, an­te­quam he­res ex­sti­te­rit, ex­ce­pit.

10Modestin. lib. XII. Respons. Modestinus hat gesagt: eine zwischen dritten Personen rechtlich entschiedene Sache stehe einem Andern nicht im Wege; auch könne, wenn Derjenige, wider den erkannt worden, Erbe Dessen geworden, wider den nichts entschieden worden ist, demselben, wenn er Erbschaftsklage erhebt, aus demjenigen Urtheil keine Einrede entgegengesetzt werden, welches er, im eigenen Namen streitend, bevor er Erbe geworden, erhalten hat.

11Idem li­bro ter­tio de­ci­mo re­spon­so­rum. Qui ad­gni­tis in­stru­men­tis, qua­si ve­ra es­sent, sol­vit post sen­ten­tiam iu­di­cis, quae­ro, si post­ea co­gni­ta rei ve­ri­ta­te et re­per­tis fal­sis in­stru­men­tis ac­cu­sa­re ve­lit et pro­ba­re fal­sa es­se in­stru­men­ta, ex qui­bus con­ve­nie­ba­tur, cum in­stru­men­tis sub­scrip­se­rat ex prae­cep­to si­ve in­ter­lo­cu­tio­ne iu­di­cis, an prae­scrip­tio ei op­po­ni pos­sit? cum et prin­ci­pa­li­bus con­sti­tu­tio­ni­bus ma­ni­fes­te ca­ve­tur, et­si res iu­di­ca­ta es­set ex fal­sis in­stru­men­tis, si post­ea fal­sa in­ve­nian­tur, nec rei iu­di­ca­tae prae­scrip­tio­nem op­po­ni. Mo­des­ti­nus re­spon­dit ob hoc, quod per er­ro­rem so­lu­tio fac­ta est vel cau­tio de sol­ven­do in­ter­po­si­ta pro­po­ni­tur ex his in­stru­men­tis, quae nunc fal­sa di­cun­tur, prae­scrip­tio­ni lo­cum non es­se.

11Idem lib. XIII. Resp. Wer nach vorheriger Anerkennung von Urkunden, als seien sie echte, und erfolgtem richterlichen Spruch Zahlung geleistet hat, und nachher, nachdem man sich von der Wahrheit der Sache überzeugt, und die Urkunden als falsche befunden worden sind, Anklage erheben und den Beweis übernehmen will, dass die Urkunden falsche seien, aus denen er belangt ward, indem er dieselben auf Geheiss oder ein Zwischenurtheil des Richters unterschrieben hatte, kann dem, frage ich, eine Einrede entgegengesetzt werden? da doch auch durch kaiserliche Constitutionen ausdrücklich vorgeschrieben worden, dass, wenn auch aus falschen Urkunden eine Sache rechtlich entschieden worden wäre, und dieselben nachher für falsche befunden würden, die Einrede der rechtlich entschiedenen Sache nicht entgegengestellt werden dürfe. Modestinus hat geantwortet: deswegen, dass eine Zahlung aus Irrthum geleistet worden, oder eine Sicherheitsbestellung wegen der Zahlung in Folge solcher Urkunden geschehen, die jetzt als falsche angefochten werden, hat keine Einrede statt.

12Ul­pia­nus li­bro tri­gen­si­mo oc­ta­vo ad edic­tum. Ge­ne­ra­li­ter in prae­iu­di­ciis is ac­to­ris par­tes sus­ti­net, qui ha­bet in­ten­tio­nem se­cun­dum id quod in­ten­dit.

12Ulp. lib. XXXVIII. ad Ed. Es ist allgemeine Regel, dass bei vor Entscheidung der Hauptsache zur Sprache kommenden Vorfragen99Generaliter in praejudiciis actoris partis sustinet, qui habet intentionem secundum id quod intendit; Hieron. Eleni Diatrib. s. Exercit. lib. II. c. 13. (T. O. II. p. 1436.) sagt: Praejudicium dicitur aut res, quae cum statuta fuerit, affert judicaturis exemplum quod sequantur, aut quaestio, quae alterius causae cognitionem sistit, dum de ista judicatum sit, ideoque praejudicium vocatur, quod ante de ea judicari debet. — Eodem modo in isto, de quo agimus, responso praejudicium accipimus. — Agitur autem hic de eis modo quaestionibus, si quaeratur, liber quis sit an servus, ingenuus an libertus, filius sit necne. Istae quaestiones quidem in judicium venire possunt principaliter; interdum vero (ut hic) de illis cognoscitur propter aliam quaestionem ante motam. — Quando igitur praejudicio agitur contemplatione alterius litis, jam ut constituatur, quis actoris, quis rei partibus fungatur, non hoc consideramus, uter in praejudicio possidet, sed uter in praejudicio illud alleget, quod si probaverit, in priore judicio vincet. Die Worte qui habet intent. etc. heissen also: qui habet et obtinet intentionem suam in lite prius instituta, propter quam praejudicio disceptatur, secundum id, seu ex eo, quod intendit seu allegat in praejudicio. — Verbi gratia: petit Titius ab Erote, ut patronus a suo liberto, operas; Eros libertinam conditionem infitiatur, itaque praejudicio opus est. In isto Titius probare debet, Erotem libertum esse, et actoris partes sustinet, quia in praejudicio id allegat et intendat, jus nempe patroni in Erotem. Cujac. sagt Obs. V. 37. qua ambiguitate (s. Anm. 1. dieses Tit.) deceptus Tribonianus hanc legem (12.) sub Tit. de except. posunt. — Weshalb Duker l. l. p. 375. diese Stelle nicht verstehen kann, weiss ich nicht. Derjenige die Stelle des Klägers überkömmt, dessen Foderung in der erstern von seiner Behauptung in der letztern abhängig ist.

13Iu­lia­nus li­bro quin­qua­gen­si­mo di­ges­to­rum. Si post li­tem de he­redi­ta­te con­tes­ta­tam res sin­gu­lae pe­tan­tur, pla­cet non ob­sta­re ex­cep­tio­nem ‘quod prae­iu­di­cium he­redi­ta­ti non fiat’: fu­tu­ri enim iu­di­cii, non fac­ti no­mi­ne hu­ius­mo­di ex­cep­tio­nes com­pa­ra­tae sunt.

13Ad Dig. 44,1,13Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. III, § 616, Note 1.Julian. lib. L. Dig. Wenn nach Einleitung des Verfahrens in einer Erbschaftsklage einzelne Gegenstände gefodert werden, so hat man angenommen, dass die Einrede: dass in Betreff der Erbschaft kein Vorgreifen in der Entscheidung geschehen dürfe, nicht entgegenstehe; denn es sind diese Einreden wegen einer künftigen Klage, nicht wegen einer schon erhobenen1010Gothofred will von der zu Anfang des Gesetzes erhobenen Erbschaftsklage nach Accursius verstehen, dass sie auch schon definitiv entschieden sei; hierin unterstützt ihn Cujac. Obs. IX. 27. — quia verum est factum judicium dici de re judicata. Die nach ihm weniger zulässige Meinung, die Erbschaftsklage nur als obschwebend zu verstehen, unterstützt er mit den Worten: Nam actiones quidem ceteras post litem de hereditate contest. differri, eive istam exceptionem opponi non dicimus, sed non debere de iis judicem pronuntiare antequam de hereditate pronunciatum sit; dies würde nun freilich auf Eins hinauslaufen, was die Wirkung der Einrede betrifft, und daher diese Interpretation weniger zulässig sein, weil sie dem Sinn des Gesetzes widerspricht. Noodt Comm. ad Pand. l. 7. de hered pet. stimmt damit überein, will aber contestatam herauswerfen; hierzu ist keine Autorität vorhanden; die Basil. bestätigen sogar dieses Wort: μετὰ προκάταρξιν τῆς κληρονομίας κ. τ. λ. Dieselben geben factum judicium in dem Satz: αὕτη γὰρ περὶ τῆς μελιλούσης κινεῖσθαι, οὐ μὴν τῆς κινηθείσης ἀντιτίθεται, also soviel als motum. Die Sache ist zweifelhaft, indessen kann man wohl den Gründen des Cujac. beitreten. — Noch ist mir eine andere Meinung bekannt, die das judicium hered. als obschwebend annimmt, und dann die Vindication einzelner Sachen nicht nomine heredis, sondern jure proprio versteht. — Sie bedarf keiner Widerlegung. begründet.

14Al­fe­nus Va­rus li­bro se­cun­do di­ges­to­rum. Fi­lius fa­mi­lias pe­cu­lia­rem ser­vum ven­di­dit, pre­tium sti­pu­la­tus est: is ho­mo red­hi­bi­tus et post­ea mor­tuus est. et pa­ter eius pe­cu­niam ab emp­to­re pe­te­bat, quam fi­lius sti­pu­la­tus erat. pla­cuit ae­quum es­se in fac­tum ex­cep­tio­nem eum ob­ice­re: ‘quod pe­cu­nia ob ho­mi­nem il­lum ex­pro­mis­sa est, qui red­hi­bi­tus est’.

14Ad Dig. 44,1,14Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 321, Note 2; Bd. II, § 355, Note 6.Alfen. Var. lib. II. Dig. Ein Haussohn verkaufte einen Sondergutssclaven, und stipulirte den Preis; dieser Sclave hatte zurückgenommen werden müssen, und war nachher gestorben, der Vater foderte aber vom Käufer die Summe, welche der Sohn stipulirt hatte; hier nahm man an, es sei billig, ihm die Einrede auf das Geschehene entgegenzusetzen, dass das Geld wegen eines Sclaven versprochen worden, der hat zurückgenommen werden müssen.

15Iu­lia­nus li­bro quar­to ad Ur­seium Fe­ro­cem. Ad­ver­sus ex­cep­tio­nem iu­ris­iu­ran­di re­pli­ca­tio do­li ma­li non de­bet da­ri, cum prae­tor id age­re de­bet, ne de iu­re­iu­ran­do cu­ius­quam quae­ra­tur.

15Julian. lib. IV. ad Ursej. Ferocem. Wider die Einrede des Schwurs darf die Replik der Arglist nicht ertheilt werden, indem der Prätor darauf sehen muss, dass über den Schwur, den Jemand geleistet, keine Erörterung stattfinde.

16Afri­ca­nus li­bro no­no quaes­tio­num. Fun­dum Ti­tia­num pos­si­des, de cu­ius pro­prie­ta­te in­ter me et te con­tro­ver­sia est, et di­co prae­ter­ea viam ad eum per fun­dum Sem­pro­nia­num, quem tuum es­se con­stat, de­be­ri. si viam pe­tam, ex­cep­tio­nem ‘quod prae­iu­di­cium prae­dio non fiat’ uti­lem ti­bi fo­re pu­ta­vit, vi­de­li­cet quod non ali­ter viam mi­hi de­be­ri pro­ba­tu­rus sim, quam prius pro­ba­ve­rim fun­dum Ti­tia­num meum es­se.

16African. lib. IX. Quaest. Du besitzest das Titianische Landgut, über dessen Eigenheit zwischen mir und dir Streit ist; ich behaupte aber auch noch ferner, dass zu demselben ein Fahrweg über das Sempronianische Landgut führend gehörig sei, welches dir gehört. Wenn ich hier den Fahrweg klagend fodere, so habe ich geglaubt, dass dir die Einrede, dass in Betreff des Grundstücks kein Vorgreifen in der Entscheidung geschehe, von Nutzen sein werde, weil ich nemlich gar nicht anders beweisen kann, dass mir der Fahrweg zustehe, als bis ich vorher bewiesen habe, dass das Titianische Landgut mir gehöre.

17Pau­lus li­bro sep­tua­gen­si­mo ad edic­tum. Sed si an­te viam, de­in­de fun­dum Ti­tia­num pe­tat, quia et di­ver­sa cor­po­ra sunt et cau­sae re­sti­tu­tio­num dis­pa­res, non no­ce­bit ex­cep­tio.

17Paul. lib. LXX. ad Ed. Wenn ich aber zuerst Klage auf den Fahrweg erhebe, und nachher auf das Titianische Landgut, so wird die Einrede1111Hier ist die Einrede rei judicatae zu verstehen, s. Cujac. l. l. Das Gesetz ist an einem falschen Orte in unrichtiger Verbindung gestellt. Hiermit stimmt Francisc. Ram. del Manzano ad. Leg. Jul. et Pap. lib. II. c. 27. §. 7. überein. (T. M. V. p. 216.) keinen Eintrag thun, weil sowohl die körperlichen Gegenstände1212Corpora. Anton. Guibert. Costan. Quaest. jur. memorab. c. 18. §. 10. (T. O. V. 441.) sagt: Corpora inproprie eo loco respectu servitutis poni et proprie intuitu fundi. — Allein die Sache liesse sich wohl anders richtiger erklären. Nach Cujac. Obs. V. 37. sehen wir, dass hier eine ganz andere Einrede als in l. 16. gemeint ist, nemlich rei judicatae; nun muss aber auch der Fall anders gedacht werden; formirt man ihn daher so: Titius, Besitzer des Sempronianischen Landguts, klagt auf eine via gegen Maevius, den Besitzer des Mävianischen Landguts, und wird abgewiesen: nachher klagt er aber vindicirend auf das Mävianische Landgut; so ersieht man, warum corpora diversa sind, denn vorher kam ja das Sempronianische Landgut als dominans mit zur Sprache, ergo aliud corpus erat! ganz verschiedene, als auch die Gründe der Herausgabe ungleiche sind.

18Afri­ca­nus li­bro no­no quaes­tio­num. Fun­di, quem tu pro­prium tuum es­se di­cis, par­tem a te pe­to et vo­lo si­mul iu­di­cio quo­que com­mu­ni di­vi­dun­do age­re sub eo­dem iu­di­ce: item si eius fun­di, quem tu pos­si­deas et ego pro­prium meum es­se di­cam, fruc­tus con­di­ce­re ti­bi ve­lim: quae­si­tum est an ex­cep­tio ‘quod prae­iu­di­cium fun­do par­ti­ve eius non fiat’ ob­stet an de­ne­gan­da sit. et utru­bi­que pu­tat in­ter­ve­ni­re prae­to­rem de­be­re nec per­mit­te­re pe­ti­to­ri, prius­quam de pro­prie­ta­te con­stet, hu­ius­mo­di iu­di­ciis ex­per­i­ri.

18African. lib. IX. Quaest. Ich fodere die Hälfte eines Landgutes von dir, von dem du behauptest, dass es dir allein gehöre, und will zugleich vor demselben Richter auch die Gemeingutstheilungsklage erheben. Ferner ist, wenn ich die Nutzungen von dem Landgute, welches du besitzest, und ich für mir gehörig ausgebe, condiciren will, die Frage erhoben worden, ob die Einrede: dass in Ansehung des Land gutes oder dessen Hälfte kein Vorgreifen in der Entscheidung geschehe, entgegenstehe, oder verweigert werden müsse? und er glaubt, dass der Prätor in beiden Fällen zu Hülfe kommen müsse, und dem Kläger nicht eher erlauben dürfe, Klagen dieser Art rechtlich zu betreiben, als der Punkt wegen der Eigenheit festgestellt sei.

19Mar­cia­nus li­bro ter­tio de­ci­mo in­sti­tu­tio­num. Om­nes ex­cep­tio­nes, quae reo com­pe­tunt, fi­de­ius­so­ri quo­que et­iam in­vi­to reo com­pe­tunt.

19Marcian. lib. XIII. Inst. Alle Einreden, die dem Beklagten zustehen, sind auch dem Bürgen, selbst wider des Beklagten Willen zuständig.

20Pau­lus li­bro sin­gu­la­ri de con­cep­tio­ne for­mu­la­rum. Ex­cep­tio­nes op­po­nun­tur aut quia fac­tum sit quod fie­ri opor­tet aut quia fac­tum sit quod fie­ri non opor­tuit, aut quia fac­tum non sit quod fie­ri de­bue­rat. quia fac­tum est, quod fie­ri opor­tuit, da­tur ex­cep­tio rei ven­di­tae et tra­di­tae et rei iu­di­ca­tae: quia fac­tum est, quod fie­ri non opor­tuit, da­tur ex­cep­tio do­li ma­li: quia non fac­tum est, quod fie­ri de­buit, ut bo­no­rum pos­ses­sio­nis non da­tae.

20Paul. lib. sing. de concept formul. Einreden werden entweder deshalb vorgeschützt, weil Das geschehen ist, was hat geschehen sollen, oder weil Etwas geschehen ist, was nicht hat geschehen sollen, oder weil Etwas nicht geschehen ist, was hätte geschehen müssen. Weil Das geschehen ist, was hat geschehen sollen, wird [z. B.] die Einrede des Verkaufs und der Uebergabe, und die der rechtlich entschiedenen Sache ertheilt; weil geschehen ist, was nicht hat geschehen dürfen, wird die Einrede der Arglist ertheilt; weil nicht geschehen ist, was hat geschehen sollen, z. B. die der Nichtertheilung des Nachlassbesitzes.

21Ne­ra­tius li­bro quar­to mem­bra­na­rum. Rei ma­io­ris pe­cu­niae prae­iu­di­cium fie­ri vi­de­tur, cum ea quaes­tio in iu­di­cium de­du­ci­tur, quae vel to­ta vel ex ali­qua par­te com­mu­nis est quaes­tio­ni de re ma­io­ri.

21Neratius lib. IV. Membran. Einer1313„Bereits rechtshängigen.“ Angelegenheit, die einen grössern Geldbetrag zum Gegenstande hat, wird in der Entscheidung dann vorgegriffen, wenn eine [andere] Frage rechtsanhängig gemacht wird, die entweder dem ganzen Betrage nach, oder zu einem Theile mit der ersten denselben Gegenstand betrifft.

22Pau­lus li­bro sin­gu­la­ri de va­riis lec­tio­ni­bus. Ex­cep­tio est con­di­cio, quae mo­do ex­imit reum dam­na­tio­ne, mo­do mi­nuit dam­na­tio­nem. 1Re­pli­ca­tio est con­tra­ria ex­cep­tio, qua­si ex­cep­tio­nis ex­cep­tio.

22Paul. lib. sing. de var. Lection. Eine Einrede ist eine Bedingung, die den Beklagten bald ganz von der Verurtheilung entbindet, bald die Verurtheilung dem Betrage nach vermindert. 1Eine Replik ist eine Gegeneinrede, gleichsam eine Einrede wider eine Einrede.

23La­beo li­bro sex­to pi­tha­non a Pau­lo epi­to­ma­to­rum. Paulus: si quis sta­tuam in mu­ni­ci­pio ea men­te po­suit, ut ea mu­ni­ci­pii es­set, et eam pe­te­re vult, ex­clu­di eum opor­tet prae­scrip­tio­ne in fac­tum da­ta.

23Labeo lib. VI. Pith. a Paulo epit. Paulus: wer eine Statue in einer Municipalstadt in der Absicht aufgestellt hat, dass sie derselben gehören solle, und dieselbe wiederfodern will, der muss mit einer auf das Geschehene ertheilten Einrede ausgeschlossen werden.

24Her­mo­ge­nia­nus li­bro sex­to iu­ris epi­to­ma­rum. Fi­lius fa­mi­lias ex­cep­tio­nem iu­ris­iu­ran­di pa­tri quae­rit, si eum da­re non opor­te­re iu­ra­ve­rit.

24Hermogen. lib. VI. jur Epit. Ein Haussohn erwirbt für den Hausvater die Einrede des Schwurs, wenn er geschworen hat, dass er zu geben nicht nöthig habe.