Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 44 übersetzt von Sintenis
Dig. XLIV1,
De exceptionibus praescriptionibus et praeiudiciis
Liber quadragesimus quartus
I.

De exceptionibus praescriptionibus et praeiudiciis

(Von den Einreden, Einwendungen und Vorgreifen in der Entscheidung1.)

1Exceptiones sind eigentlich Anhänge, Vorbehälte, Clauseln zum Besten des Beklagten bei einer actio; praescriptio ursprünglich das Bevorworten von Seiten des Klägers, nur Das einklagen zu wollen, was schon fällig sei; im Corp. Jur. aber steht es der Exceptio gleich. Der ältere Römische Process kannte den Ausdruck Exceptio gar nicht als legalen, sondern blos den: praescriptio für die zerstörlichen (später auch oft defensiones) und translatio für die dilatorischen Einreden. Ueber die Ableitung und Geschichte von Exceptio und Praescriptio s. meine Abhandlung in Zu-Rhein’s Jahrbüchern für Process. Bd. I. S. 164 ff. u. 175. Der Ausdruck praescriptio hielt sich aber noch lange, nachdem auch schon Exceptio häufiger geworden war, weshalb wir beide im Justin. Recht gemischt finden. (Daher obige Uebersetzung.) Praejudicium ist in specie die Einwendung, durch eine actio wurde eine andere, wohl noch wichtigere Frage, namentlich die hered. pet. vor den Centumvirn schon mit entschieden, s. Hugo R. G. S. 603. und die Anm. zu l. 12. Cujac. Obs. V. 37. sagt: praejudicii nomine et actio et exceptio praejudicialis significatur.

1Ulpianus libro quarto ad edictum. Agere etiam is videtur, qui exceptione utitur: nam reus in exceptione actor est.
1Ulp. lib. IV. ad Ed. Dem Kläger gleichstehend wird auch Derjenige betrachtet, wer sich einer Einrede bedient; denn in der Einrede ist der Beklagte Kläger22Dies ist von der Gleichheit der Parteien im Process zu verstehen, insofern sie einseitige Behauptungen aufstellen, und von den Befugnissen und Obliegenheiten, welche für sie daher entspringen, besonders der Beweis, s. meine Lehre von den Einreden in Zu-Rhein’s Jahrbüchern Bd. I. S. 242 ff..
2Idem libro septuagensimo quarto ad edictum. Exceptio dicta est quasi quaedam exclusio, quae opponi actioni cuiusque rei solet ad excludendum id, quod in intentionem condemnationemve deductum est. 1Replicationes nihil aliud sunt quam exceptiones, et a parte actoris veniunt: quae quidem ideo necessariae sunt, ut exceptiones excludant: semper enim replicatio idcirco obicitur, ut exceptionem oppugnet. 2Illud tenendum est omnem exceptionem vel replicationem exclusoriam esse: exceptio actorem excludit, replicatio reum. 3Sed et contra replicationem solet dari triplicatio, et contra triplicationem rursus et deinceps multiplicantur nomina, dum aut reus aut actor obicit. 4Sane solemus dicere quasdam exceptiones esse dilatorias, quasdam peremptorias: ut puta dilatoria est exceptio, quae differt actionem, veluti procuratoria exceptio dilatoria est: nam qui dicit non licere procuratorio nomine agi, non prorsus litem infitiatur, sed personam evitat.
2Idem lib. LXXIV. ad Ed. EXCEPTIO (Ausnahme) heisst eigentlich gewissermaassen eine Ausschliessung, die einer Klage auf irgend einen Gegenstand entgegengesetzt zu werden pflegt, um Dasjenige auszuschliessen, was Gegenstand der klägerischen Foderung und der Verurtheilung33Condemnatio. Die neuere Glosse will, wohl unfehlbar ganz falsch, die Klagebitte hier verstehen — Mir scheinen die Einreden hier mitgemeint zu sein, welche post sententiam vorgeschützt werden können. ist. 1Repliken sind auch nichts Anderes als Einreden und kommen von Seiten des Klägers, und sind zu dem Ende nothwendig, um die Einreden auszuschliessen, denn die Replik wird stets zu dem Ende vorgeschützt, um die Einrede zu bekämpfen. 2Das ist jedoch festzuhalten, dass jede Einrede oder Replik ausschliessend ist; die Einrede schliesst den Kläger aus, die Replik den Beklagten. 3Es pflegt aber auch wider die Replik eine Duplik und wider letztere eine Triplik, und wiederum gegen diese eine Quadruplik ertheilt zu werden, und so werden ferner die Namen [der Zahl nach] vervielfacht, je nachdem sie der Beklagte oder Kläger vorschützt. 4Einige Einreden sind aufschiebende, andere zerstörliche; eine aufschiebende Einrede ist diejenige, welche die Klage aufschiebt, z. B. die den Geschäftsbesorger angehende, denn wer da behauptet, es sei Jemandem nicht gestattet, als Geschäftsbesorger zu handeln, der stellt nicht geradezu den ganzen Streit in Abrede, sondern er will sich nur mit einer gewissen Person nicht einlassen.
3Gaius libro primo ad edictum provinciale. Exceptiones aut perpetuae et peremptoriae sunt aut temporales et dilatoriae. perpetuae atque peremptoriae sunt, quae semper locum habent nec evitari possunt, qualis est doli mali et rei iudicatae et si quid contra legem senatusve consultum factum esse dicetur, item pacti conventi perpetui, id est ne omnino pecunia petatur. temporales atque dilatoriae sunt, quae non semper locum habent, sed evitari possunt, qualis est pacti conventi temporalis, id est ne forte intra quinquennium ageretur: procuratoriae quoque exceptiones dilatoriae sunt, quae evitari possunt.
3Gaj. lib. I. ad Ed. prov. Die Einreden sind entweder immerwährende und zerstörliche, oder zeitliche und aufschiebende. Immerwährende und zerstörliche sind diejenigen, welche immer statthaben und nicht vermieden werden können, als z. B. die der Arglist und der rechtlich entschiedenen Sache, und wenn angegeben wird, es sei etwas wider die Gesetze und einen Senatsbeschluss geschehen, ingleichen die des immerwährenden vertragsmässigen Uebereinkommens, dass eine schuldige Summe gar nicht solle gefodert werden können. Zeitliche und aufschiebende sind diejenigen, welche nicht immer statthaben, sondern vermieden werden können, z. B. die des zeitlichen vertragsmässigen Uebereinkommens, d. h., dass etwa innerhalb fünf Jahren nicht solle Klage erhoben werden. Die den Geschäftsbesorger betreffenden Einreden sind auch verzögerliche, die vermieden werden können.
4Paulus libro vicensimo ad edictum. In pupillo, cui soluta est debita pecunia sine tutoris auctoritate, si quaeratur, an doli exceptione summoveri debeat, illud tempus inspicitur, an pecuniam vel ex ea aliquid habeat, quo petit.
4Paul. lib. XX. ad Ed. Wenn in Betreff eines Unmündigen, dem ohne seines Vormundes Ermächtigung das ihm geschuldet werdende Geld gezahlt worden ist, die Frage erhoben wird, ob er mit der Einrede der Arglist abgewehrt werden dürfe, so wird in Ansehung des Umstandes, ob er das Geld noch habe oder Etwas davon, auf den Zeitpunkt gesehen, wo er Klage erhebt.
5Idem libro octavo decimo ad edictum. Is, qui dicet11Die Großausgabe liest dicit statt dicet. se iurasse, potest et aliis exceptionibus uti cum exceptione iurisiurandi vel aliis solis: pluribus enim defensionibus uti permittitur.
5Idem lib. XVIII. ad Ed. Derjenige, welcher geschworen zu haben behauptet, kann sich neben der Einrede des Schwurs auch anderer Einreden bedienen, oder anderer ohne diese; denn es ist erlaubt, mehrere zerstörliche Einreden vorzuschützen.
6Idem libro septuagensimo primo ad edictum. Si rem legatam petat legatarius, de dolo testatoris excipitur: nam sicut heres, qui in universum ius succedit, summovetur exceptione, ita et legatarius debet summoveri quasi unius rei successor.
6Idem lib. LXXI. ad Ed. Wenn der Vermächtnissinhaber den vermachten Gegenstand44ἐφ᾽ ᾧ δόλον ὁ διαθέμενος ἐποίησε, setzen die Basil. hinzu, s. l. 3. §. 29. de doli mali et met. except. fodert, so kann ihm die Einrede der Arglist des Testators entgegengesetzt werden; denn sowie der Erbe, der in das gesammte Rechtsverhältniss nachfolgt, durch diese Einrede abgewehrt werden kann, so muss auch der Vermächtnissinhaber abgewehrt werden dürfen, als55Quasi. Rudolph Forner. Rer. quotid. lib. IV. c. 6. (T. O. II. 233) will mit Bezug auf l. 3. §. 29. de doli mali et met. except. quamvis lesen. Rechtsnachfolger eines einzelnen Gegenstandes.
7Idem libro tertio ad Plautium. Exceptiones, quae personae cuiusque cohaerent, non transeunt ad alios, veluti ea quam socius habet exceptionem ‘quod facere possit’, vel parens patronusve, non competit fideiussori: sic mariti fideiussor post solutum matrimonium datus in solidum dotis nomine condemnatur. 1Rei autem cohaerentes exceptiones etiam fideiussoribus competunt, ut rei iudicatae, doli mali, iurisiurandi, quod metus causa factum est. igitur et si reus pactus sit in rem, omnimodo competit exceptio fideiussori. intercessionis quoque exceptio, item quod libertatis onerandae causa petitur, etiam fideiussori competit. idem dicitur et si pro filio familias contra senatus consultum quis fideiusserit, aut pro minore viginti quinque annis circumscripto: quod si deceptus sit in re, tunc nec ipse ante habet auxilium, quam restitutus fuerit, nec fideiussori danda est exceptio.
7Idem lib. III. ad Plaut. Diejenigen Einreden, welche einer bestimmten Person anhängen, gehen nicht auf Andere über, z. B. die Einrede, welche der Gesellschafter hat, was er leisten kann, oder der Vater oder Freilasser, steht dem Bürgen nicht zu; so kann auch der Bürge des Ehemannes, welcher nach Auflösung der Ehe [für die Mitgift] bestellt worden ist, Namens der Mitgift auf das Ganze belangt werden. 1Ad Dig. 44,1,7,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 120, Note 2.Die mit dem Gegenstande zusammenhängenden Einreden sind auch den Bürgen zuständig, z. B. die der rechtlich entschiedenen Sache, der Arglist, des Schwurs, des aus Furcht Geschehenen. Mithin steht auch dem Bürgen allemal eine Einrede zu, wenn der Beklagte einen dinglichen Vertrag eingegangen ist. Auch die Einrede der Intercession66S. Anmerk. 1) zu l. 1. pr. ad Sct. Vellej. — Es ist der Bürge für eine intercedirende Frau zu verstehen., sowie die, dass Etwas zur Belästigung der Freiheit gefodert werde, ist dem Bürgen zuständig. Ferner, wenn Jemand für einen Haussohn dem Senatsbeschluss zuwider gebürgt hat, oder für einen betrogenen Minderjährigen. Ist er aber nicht77Sondern hat ohne Zuthun des Gegentheils durch eigenen Leichtsinn Schaden erlitten. betrogen worden, dann erhält er weder selbst ihre Hülfe, als bis er in den vorigen Stand eingesetzt worden, noch ist dem Bürgen eine Einrede zu ertheilen.
8Idem libro quarto decimo ad Plautium. Nemo prohibetur pluribus exceptionibus uti, quamvis diversae sunt.
8Idem lib. XIV. ad Plaut. Es wird Niemandem verwehrt, sich mehrerer Einreden zu bedienen, wenn sie auch verschieden88Diversae; die Basil. geben dies deutlicher: κ ἂν ἐναντίαι ὦσιν. sind.
9Marcellus libro tertio digestorum. Non utique existimatur confiteri de intentione adversarii is quocum agitur, quia exceptione utitur.
9Marcell. lib. III. Dig. Es wird durchaus nicht angenommen, dass der Gegner, wider den geklagt wird, der Foderung geständig sei, wenn er sich einer Einrede bedient.
10Modestinus libro duodecimo responsorum. Modestinus respondit: res inter alios iudicata aliis non obest, nec si is, contra quem iudicatum est, heres exstiterit ei, contra quem nihil pronuntiatum est, hereditarium11Die Großausgabe liest hereditariam statt hereditarium. ei litem inferenti praescribi ex ea sententia posse, quam proprio nomine disceptans, antequam heres exstiterit, excepit.
10Modestin. lib. XII. Respons. Modestinus hat gesagt: eine zwischen dritten Personen rechtlich entschiedene Sache stehe einem Andern nicht im Wege; auch könne, wenn Derjenige, wider den erkannt worden, Erbe Dessen geworden, wider den nichts entschieden worden ist, demselben, wenn er Erbschaftsklage erhebt, aus demjenigen Urtheil keine Einrede entgegengesetzt werden, welches er, im eigenen Namen streitend, bevor er Erbe geworden, erhalten hat.
11Idem libro tertio decimo responsorum. Qui adgnitis instrumentis, quasi vera essent, solvit post sententiam iudicis, quaero, si postea cognita rei veritate et repertis falsis instrumentis accusare velit et probare falsa esse instrumenta, ex quibus conveniebatur, cum instrumentis subscripserat ex praecepto sive interlocutione iudicis, an praescriptio ei opponi possit? cum et principalibus constitutionibus manifeste cavetur, etsi res iudicata esset ex falsis instrumentis, si postea falsa inveniantur, nec rei iudicatae praescriptionem opponi. Modestinus respondit ob hoc, quod per errorem solutio facta est vel cautio de solvendo interposita proponitur ex his instrumentis, quae nunc falsa dicuntur, praescriptioni locum non esse.
11Idem lib. XIII. Resp. Wer nach vorheriger Anerkennung von Urkunden, als seien sie echte, und erfolgtem richterlichen Spruch Zahlung geleistet hat, und nachher, nachdem man sich von der Wahrheit der Sache überzeugt, und die Urkunden als falsche befunden worden sind, Anklage erheben und den Beweis übernehmen will, dass die Urkunden falsche seien, aus denen er belangt ward, indem er dieselben auf Geheiss oder ein Zwischenurtheil des Richters unterschrieben hatte, kann dem, frage ich, eine Einrede entgegengesetzt werden? da doch auch durch kaiserliche Constitutionen ausdrücklich vorgeschrieben worden, dass, wenn auch aus falschen Urkunden eine Sache rechtlich entschieden worden wäre, und dieselben nachher für falsche befunden würden, die Einrede der rechtlich entschiedenen Sache nicht entgegengestellt werden dürfe. Modestinus hat geantwortet: deswegen, dass eine Zahlung aus Irrthum geleistet worden, oder eine Sicherheitsbestellung wegen der Zahlung in Folge solcher Urkunden geschehen, die jetzt als falsche angefochten werden, hat keine Einrede statt.
12Ulpianus libro trigensimo octavo ad edictum. Generaliter in praeiudiciis is actoris partes sustinet, qui habet intentionem secundum id quod intendit.
12Ulp. lib. XXXVIII. ad Ed. Es ist allgemeine Regel, dass bei vor Entscheidung der Hauptsache zur Sprache kommenden Vorfragen99Generaliter in praejudiciis actoris partis sustinet, qui habet intentionem secundum id quod intendit; Hieron. Eleni Diatrib. s. Exercit. lib. II. c. 13. (T. O. II. p. 1436.) sagt: Praejudicium dicitur aut res, quae cum statuta fuerit, affert judicaturis exemplum quod sequantur, aut quaestio, quae alterius causae cognitionem sistit, dum de ista judicatum sit, ideoque praejudicium vocatur, quod ante de ea judicari debet. — Eodem modo in isto, de quo agimus, responso praejudicium accipimus. — Agitur autem hic de eis modo quaestionibus, si quaeratur, liber quis sit an servus, ingenuus an libertus, filius sit necne. Istae quaestiones quidem in judicium venire possunt principaliter; interdum vero (ut hic) de illis cognoscitur propter aliam quaestionem ante motam. — Quando igitur praejudicio agitur contemplatione alterius litis, jam ut constituatur, quis actoris, quis rei partibus fungatur, non hoc consideramus, uter in praejudicio possidet, sed uter in praejudicio illud alleget, quod si probaverit, in priore judicio vincet. Die Worte qui habet intent. etc. heissen also: qui habet et obtinet intentionem suam in lite prius instituta, propter quam praejudicio disceptatur, secundum id, seu ex eo, quod intendit seu allegat in praejudicio. — Verbi gratia: petit Titius ab Erote, ut patronus a suo liberto, operas; Eros libertinam conditionem infitiatur, itaque praejudicio opus est. In isto Titius probare debet, Erotem libertum esse, et actoris partes sustinet, quia in praejudicio id allegat et intendat, jus nempe patroni in Erotem. Cujac. sagt Obs. V. 37. qua ambiguitate (s. Anm. 1. dieses Tit.) deceptus Tribonianus hanc legem (12.) sub Tit. de except. posunt. — Weshalb Duker l. l. p. 375. diese Stelle nicht verstehen kann, weiss ich nicht. Derjenige die Stelle des Klägers überkömmt, dessen Foderung in der erstern von seiner Behauptung in der letztern abhängig ist.
13Iulianus libro quinquagensimo digestorum. Si post litem de hereditate contestatam res singulae petantur, placet non obstare exceptionem ‘quod praeiudicium hereditati non fiat’: futuri enim iudicii, non facti nomine huiusmodi exceptiones comparatae sunt.
13Ad Dig. 44,1,13Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. III, § 616, Note 1.Julian. lib. L. Dig. Wenn nach Einleitung des Verfahrens in einer Erbschaftsklage einzelne Gegenstände gefodert werden, so hat man angenommen, dass die Einrede: dass in Betreff der Erbschaft kein Vorgreifen in der Entscheidung geschehen dürfe, nicht entgegenstehe; denn es sind diese Einreden wegen einer künftigen Klage, nicht wegen einer schon erhobenen1010Gothofred will von der zu Anfang des Gesetzes erhobenen Erbschaftsklage nach Accursius verstehen, dass sie auch schon definitiv entschieden sei; hierin unterstützt ihn Cujac. Obs. IX. 27. — quia verum est factum judicium dici de re judicata. Die nach ihm weniger zulässige Meinung, die Erbschaftsklage nur als obschwebend zu verstehen, unterstützt er mit den Worten: Nam actiones quidem ceteras post litem de hereditate contest. differri, eive istam exceptionem opponi non dicimus, sed non debere de iis judicem pronuntiare antequam de hereditate pronunciatum sit; dies würde nun freilich auf Eins hinauslaufen, was die Wirkung der Einrede betrifft, und daher diese Interpretation weniger zulässig sein, weil sie dem Sinn des Gesetzes widerspricht. Noodt Comm. ad Pand. l. 7. de hered pet. stimmt damit überein, will aber contestatam herauswerfen; hierzu ist keine Autorität vorhanden; die Basil. bestätigen sogar dieses Wort: μετὰ προκάταρξιν τῆς κληρονομίας κ. τ. λ. Dieselben geben factum judicium in dem Satz: αὕτη γὰρ περὶ τῆς μελιλούσης κινεῖσθαι, οὐ μὴν τῆς κινηθείσης ἀντιτίθεται, also soviel als motum. Die Sache ist zweifelhaft, indessen kann man wohl den Gründen des Cujac. beitreten. — Noch ist mir eine andere Meinung bekannt, die das judicium hered. als obschwebend annimmt, und dann die Vindication einzelner Sachen nicht nomine heredis, sondern jure proprio versteht. — Sie bedarf keiner Widerlegung. begründet.
14Alfenus Varus libro secundo digestorum. Filius familias peculiarem servum vendidit, pretium stipulatus est: is homo redhibitus et postea mortuus est. et pater eius pecuniam ab emptore petebat, quam filius stipulatus erat. placuit aequum esse in factum exceptionem eum obicere: ‘quod pecunia ob hominem illum expromissa est, qui redhibitus est’.
14Ad Dig. 44,1,14Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 321, Note 2; Bd. II, § 355, Note 6.Alfen. Var. lib. II. Dig. Ein Haussohn verkaufte einen Sondergutssclaven, und stipulirte den Preis; dieser Sclave hatte zurückgenommen werden müssen, und war nachher gestorben, der Vater foderte aber vom Käufer die Summe, welche der Sohn stipulirt hatte; hier nahm man an, es sei billig, ihm die Einrede auf das Geschehene entgegenzusetzen, dass das Geld wegen eines Sclaven versprochen worden, der hat zurückgenommen werden müssen.
15Iulianus libro quarto ad Urseium Ferocem. Adversus exceptionem iurisiurandi replicatio doli mali non debet dari, cum praetor id agere debet, ne de iureiurando cuiusquam quaeratur.
15Julian. lib. IV. ad Ursej. Ferocem. Wider die Einrede des Schwurs darf die Replik der Arglist nicht ertheilt werden, indem der Prätor darauf sehen muss, dass über den Schwur, den Jemand geleistet, keine Erörterung stattfinde.
16Africanus libro nono quaestionum. Fundum Titianum possides, de cuius proprietate inter me et te controversia est, et dico praeterea viam ad eum per fundum Sempronianum, quem tuum esse constat, deberi. si viam petam, exceptionem ‘quod praeiudicium praedio non fiat’ utilem tibi fore putavit, videlicet quod non aliter viam mihi deberi probaturus sim, quam prius probaverim fundum Titianum meum esse.
16African. lib. IX. Quaest. Du besitzest das Titianische Landgut, über dessen Eigenheit zwischen mir und dir Streit ist; ich behaupte aber auch noch ferner, dass zu demselben ein Fahrweg über das Sempronianische Landgut führend gehörig sei, welches dir gehört. Wenn ich hier den Fahrweg klagend fodere, so habe ich geglaubt, dass dir die Einrede, dass in Betreff des Grundstücks kein Vorgreifen in der Entscheidung geschehe, von Nutzen sein werde, weil ich nemlich gar nicht anders beweisen kann, dass mir der Fahrweg zustehe, als bis ich vorher bewiesen habe, dass das Titianische Landgut mir gehöre.
17Paulus libro septuagensimo ad edictum. Sed si ante viam, deinde fundum Titianum petat, quia et diversa corpora sunt et causae restitutionum dispares, non nocebit exceptio.
17Paul. lib. LXX. ad Ed. Wenn ich aber zuerst Klage auf den Fahrweg erhebe, und nachher auf das Titianische Landgut, so wird die Einrede1111Hier ist die Einrede rei judicatae zu verstehen, s. Cujac. l. l. Das Gesetz ist an einem falschen Orte in unrichtiger Verbindung gestellt. Hiermit stimmt Francisc. Ram. del Manzano ad. Leg. Jul. et Pap. lib. II. c. 27. §. 7. überein. (T. M. V. p. 216.) keinen Eintrag thun, weil sowohl die körperlichen Gegenstände1212Corpora. Anton. Guibert. Costan. Quaest. jur. memorab. c. 18. §. 10. (T. O. V. 441.) sagt: Corpora inproprie eo loco respectu servitutis poni et proprie intuitu fundi. — Allein die Sache liesse sich wohl anders richtiger erklären. Nach Cujac. Obs. V. 37. sehen wir, dass hier eine ganz andere Einrede als in l. 16. gemeint ist, nemlich rei judicatae; nun muss aber auch der Fall anders gedacht werden; formirt man ihn daher so: Titius, Besitzer des Sempronianischen Landguts, klagt auf eine via gegen Maevius, den Besitzer des Mävianischen Landguts, und wird abgewiesen: nachher klagt er aber vindicirend auf das Mävianische Landgut; so ersieht man, warum corpora diversa sind, denn vorher kam ja das Sempronianische Landgut als dominans mit zur Sprache, ergo aliud corpus erat! ganz verschiedene, als auch die Gründe der Herausgabe ungleiche sind.
18Africanus libro nono quaestionum. Fundi, quem tu proprium tuum esse dicis, partem a te peto et volo simul iudicio quoque communi dividundo agere sub eodem iudice: item si eius fundi, quem tu possideas et ego proprium meum esse dicam, fructus condicere tibi velim: quaesitum est an exceptio ‘quod praeiudicium fundo partive eius non fiat’ obstet an deneganda sit. et utrubique putat intervenire praetorem debere nec permittere petitori, priusquam de proprietate constet, huiusmodi iudiciis experiri.
18African. lib. IX. Quaest. Ich fodere die Hälfte eines Landgutes von dir, von dem du behauptest, dass es dir allein gehöre, und will zugleich vor demselben Richter auch die Gemeingutstheilungsklage erheben. Ferner ist, wenn ich die Nutzungen von dem Landgute, welches du besitzest, und ich für mir gehörig ausgebe, condiciren will, die Frage erhoben worden, ob die Einrede: dass in Ansehung des Land gutes oder dessen Hälfte kein Vorgreifen in der Entscheidung geschehe, entgegenstehe, oder verweigert werden müsse? und er glaubt, dass der Prätor in beiden Fällen zu Hülfe kommen müsse, und dem Kläger nicht eher erlauben dürfe, Klagen dieser Art rechtlich zu betreiben, als der Punkt wegen der Eigenheit festgestellt sei.
19Marcianus libro tertio decimo institutionum. Omnes exceptiones, quae reo competunt, fideiussori quoque etiam invito reo competunt.
19Marcian. lib. XIII. Inst. Alle Einreden, die dem Beklagten zustehen, sind auch dem Bürgen, selbst wider des Beklagten Willen zuständig.
20Paulus libro singulari de conceptione formularum. Exceptiones opponuntur aut quia factum sit quod fieri oportet aut quia factum sit quod fieri non oportuit, aut quia factum non sit quod fieri debuerat. quia factum est, quod fieri oportuit, datur exceptio rei venditae et traditae et rei iudicatae: quia factum est, quod fieri non oportuit, datur exceptio doli mali: quia non factum est, quod fieri debuit, ut bonorum possessionis non datae.
20Paul. lib. sing. de concept formul. Einreden werden entweder deshalb vorgeschützt, weil Das geschehen ist, was hat geschehen sollen, oder weil Etwas geschehen ist, was nicht hat geschehen sollen, oder weil Etwas nicht geschehen ist, was hätte geschehen müssen. Weil Das geschehen ist, was hat geschehen sollen, wird [z. B.] die Einrede des Verkaufs und der Uebergabe, und die der rechtlich entschiedenen Sache ertheilt; weil geschehen ist, was nicht hat geschehen dürfen, wird die Einrede der Arglist ertheilt; weil nicht geschehen ist, was hat geschehen sollen, z. B. die der Nichtertheilung des Nachlassbesitzes.
21Neratius libro quarto membranarum. Rei maioris pecuniae praeiudicium fieri videtur, cum ea quaestio in iudicium deducitur, quae vel tota vel ex aliqua parte communis est quaestioni de re maiori.
21Neratius lib. IV. Membran. Einer1313„Bereits rechtshängigen.“ Angelegenheit, die einen grössern Geldbetrag zum Gegenstande hat, wird in der Entscheidung dann vorgegriffen, wenn eine [andere] Frage rechtsanhängig gemacht wird, die entweder dem ganzen Betrage nach, oder zu einem Theile mit der ersten denselben Gegenstand betrifft.
22Paulus libro singulari de variis lectionibus. Exceptio est condicio, quae modo eximit reum damnatione, modo minuit damnationem. 1Replicatio est contraria exceptio, quasi exceptionis exceptio.
22Paul. lib. sing. de var. Lection. Eine Einrede ist eine Bedingung, die den Beklagten bald ganz von der Verurtheilung entbindet, bald die Verurtheilung dem Betrage nach vermindert. 1Eine Replik ist eine Gegeneinrede, gleichsam eine Einrede wider eine Einrede.
23Labeo libro sexto pithanon a Paulo epitomatorum. Paulus: si quis statuam in municipio ea mente posuit, ut ea municipii esset, et eam petere vult, excludi eum oportet praescriptione in factum data.
23Labeo lib. VI. Pith. a Paulo epit. Paulus: wer eine Statue in einer Municipalstadt in der Absicht aufgestellt hat, dass sie derselben gehören solle, und dieselbe wiederfodern will, der muss mit einer auf das Geschehene ertheilten Einrede ausgeschlossen werden.
24Hermogenianus libro sexto iuris epitomarum. Filius familias exceptionem iurisiurandi patri quaerit, si eum dare non oportere iuraverit.
24Hermogen. lib. VI. jur Epit. Ein Haussohn erwirbt für den Hausvater die Einrede des Schwurs, wenn er geschworen hat, dass er zu geben nicht nöthig habe.