De re iudicata et de effectu sententiarum et de interlocutionibus
(Von der [rechtskräftig] abgeurtheilten Sache, der Wirkung der Urtheile und den Zwischenerkenntnissen.)
1Modest. lib. VII. Pand. Eine abgeurtheilte Sache wird diejenige genannt, in welcher der Streit durch den Ausspruch des Richters11Eines solchen nemlich, dem die richterliche Gewalt, mittelbar oder unmittelbar, vom Staate ertheilt ist. Paul. rec. sent. V. 5. §. 1. beendigt ist. Dies geschieht entweder durch Verurtheilung oder durch Lossprechung.
2Ulp. lib. VI. ad Ed. Wer auf dem Tribunal22Welches nur den ordentlichen Obrigkeiten, dem Prätor, Präses einer Provinz, Praefectus urbi, Aedil, zukam. Ascon. Pedian. in Cic. de Div. c. 15. erkennt, bindet sich nicht immer an die [gewöhnliche] Hülfsfrist (tempus judicati)33Nach den zwölf Tafeln ein, später zwei, endlich seit Justinian vier Monate, cons. 2. Cod. Theod. de usur. rei judicatae, und const. 2. 3. de usur. rei jud. (VII, 54.) Gell. N. A. XX., 10., sondern verkürzt44Vgl. die (freilich spätere) const. 11. depositi (IV, 34.) sie bisweilen, bisweilen verlängert55Vgl. §. 2. Inst. de off. jud. (IV, 17.) er sie, nach der Beschaffenheit und dem Belang der Sache, oder nach dem Gehorsam oder Ungehorsam der Parteien; aber sehr selten werden die Urtheile vor Ablauf der gesetzlichen Frist vollstreckt, wie z. B. wenn Unterhalt (alimenta) ausgesetzt oder einem Minderjährigen, der unter fünfundzwanzig Jahr alt ist, Hülfe geleistet wird.
3Paul. lib. XVII. ad Ed. Wer verurtheilen kann, der hat auch die Macht loszusprechen.
4Ulp. lib. LVIII. ad Ed. Wenn der Bevollmächtigte sich nicht zugedrängt hat, so wird die Klage aus dem rechtskräftigen Urtheil gegen ihn verweigert und gegen den Machtgeber zugelassen; hat er sich zugedrängt, so wird sie wider ihn gestattet66Auch dann aber nur in dem Fall, wenn nicht von seinem Machtgegner Cautio judicatum solvi bestellt ist, und er auch nicht geglaubt hat, dass dies der Fall sei. Fr. 61. de procuratoribus (III. 3.) Diese Erklärung scheint mir natürlicher, als die oben Th. I. S. 382. Note. 39. angeführte. S. u. §. 4. h. fr.. Dass er sich zum Streit zugedrängt habe, kann man aber nicht von Demjenigen sagen, der als in seiner eignen Sache (zu seinem eignen Besten) Vollmacht erhalten hat; denn dieser kann aus einer andern Ursache der Klage aus dem rechtskräftigen Urtheil nicht entgehen, weil er nicht in eines Andern, sondern in eigner Sache Bevollmächtigter worden ist77Vgl. das angef. fr. 61. de procur. et def.. 1Auch ein Vormund und ein Curator sind in solcher Stellung, dass man nicht sagen kann, sie haben sich zum Streit gedrängt; daher muss gegen sie88Für ihre Person und eignes Vermögen. die Klage aus dem rechtskräftigen Urtheil versagt werden. 2Der Geschäftsführer (Actor) einer Stadtgemeinheit kann der Klage aus dem Urtheil sich entziehen; denn diese wird gegen die Stadtgemeinheit (municipes) gestattet. 3Der Prätor sagt: dass der Verurtheilte das Geld zahle; von dem Verurtheilten wird also gefordert, dass er Geld zahle. Wie nun, wenn er nicht zu zahlen, aber Sicherheit (Deckung) zu geben erbötig ist: was ist da zu sagen? Labeo meint: es hätte hinzugefügt werden sollen: wenn er nicht deshalb Sicherheit leistet; denn es könne ja sein, dass er einen tüchtigen Bürgen stellte. Allein der Grund, weshalb Zahlung gefordert wird, ist, weil der Prätor nicht will, dass aus Verbindlichkeiten wieder Verbindlichkeiten hervorgehen, deshalb sagt er: dass das Geld bezahlt werde. Eines starken und triftigen Grunde wegen wird jedoch die Meinung des Labeo zu befolgen sein. 4Wenn vermöge Uebereinkunft der streitenden Parteien Demjenigen, zu dessen Vortheil der Andere verurtheilt ist, nach der rechtskräftigen Verurtheilung Sicherheit bestellt worden ist, wird ebenfalls die Folge sein, dass man99Mit der Strenge der Hülfsvollstreckung. nachlasse; vorausgesetzt nemlich, dass [damit] eine Neuerung (novatio) eingetreten sei; sonst, wenn es nicht in der Absicht, eine Neuerung zu machen, geschehen ist, so bleibt es bei der Ordnung der Vollstreckung. Auch wenn des Gegenstandes der Verurtheilung wegen Pfänder genommen oder Bürgen gestellt sind, wird man folgerecht sagen müssen, dass die Vollstreckung nicht wegfalle; da zur [Verbindlichkeit aus der] Rechtskraft des Urtheils etwas hinzugekommen, nicht aber davon abgegangen worden ist. Ebenso ist es bei Einem, dessen Bevollmächtigter verurtheilt worden ist, zu halten. 5Wenn Jemand verurtheilt ist, binnen einer gewissen Zahl von Tagen zu bezahlen: von Wo an ist ihm die Frist der Hülfsklage (tempus judicati actionis) zu rechnen? Von Zeit des gesprochenen Urtheils, oder von dem Zeitpunkte an, wo die bestimmte Frist verstrichen ist? Hat der Richter eine kürzere Frist bestimmt, als die gesetzliche Zeit1010Er müsste denn ausdrücklich ausgesprochen haben, dass dies eine Verkürzung der gewöhnlichen Frist sein sollte, was aber selten geschah. S. fr. 2. h. t., so ist nach dem Gesetze zu ergänzen, was nach dem richterlichen Urtheil daran fehlt. Umfasst hingegen die Bestimmung des Richters eine grössere Zahl von Tagen, so wird dem Beklagten sowohl die gesetzliche Zeit, als die, welche der Richter darüber eingeräumt hat, zu Gute gerechnet. 6Verurtheilt ist [nur] Derjenige zu nennen, der ordnungsmässig1111Von einem competenten Richter (fr. 1. §. ult. ad SC. Tertull. XXXVIII, 17.); in seiner, des Verurtheilten, Gegenwart (fr. 47. h. t.); nicht über den Antrag des Klägers hinaus (fr. 18. comm. divid. X. 3.); nicht gegen den klaren Inhalt der Gesetze (fr. 19. de appell. et relat. XLIX, 1.); nicht in eigner Sache des Richters (fr. 10. de jurisdict. II, 1.). Mehrere Erfordernisse sind erwähnt im Pandektentitel quae sententiae sine appellatione rescindantur (XLIX, 8.) und im Codextitel quando provocare non sit necesse (VII, 64.), so dass das Urtheil Gültigkeit hat, verurtheilt worden ist. Sobald hingegen das Urtheil aus irgend einer Ursache keine Kraft hat, so kann man das Wort Verurtheilung nicht zulässig achten. 7Erfüllt hat1212Solvisse. — dies ist der Sinn des Wortes — nicht nur Der, welcher bezahlt hat1313Solvit., sondern überhaupt Jeder, der von der Verbindlichkeit, die auf das rechtskräftige Urtheil sich gründet, befreit worden ist. 8Celsus schreibt, wenn du auf eine Schadenklage (actio noxalis) einen Sclaven, dessen Niessbrauch einem Andern zusteht, ausgeliefert habest (noxae dedisti), so könne noch aus dem Urtheil wider dich geklagt werden; sei aber der Niessbrauch erloschen, so seist du befreit.
5Idem lib. LIX. ad Ed. Der Prätor sagt: Welcher in der Sache die Gerichtsbarkeit hat. Richtiger hätte er geschrieben: Welchem die Untersuchung (notio) der Sache zusteht; denn der Ausdruck Untersuchung würde auch Die umfassen, die keine Gerichtsbarkeit, aber doch in irgend einer andern Sache die Untersuchung haben. 1Wenn ein Richter Jemanden dahin verurtheilt: Das, was er nach dem Testamente oder Codicill des Mävius besitze, dem Titius zu erstatten: so gilt das eben so viel, als wenn er die Summe, die im Testamente oder Codicill ausgesetzt ist, benannt hätte. Auch wenn das Fideicommiss ohne Schrift1414Also mündlich; aber auch durch Zeichen. Fr. 21. de leg. III. (XXXII.) const. 22. de fideicomm. (VI. 42.) ausgesprochen ist, ist dasselbe Rechtens.
6Ulp. lib. LXVI. ad Ed. Ein Soldat, der unter den waffentragenden Truppen gedient hat, wird, wenn er verurtheilt ist, [nur] insoweit, als er sie zu leisten vermag, zur Zahlung angehalten1515Offenbar durch Versehen der Redactoren steht dieses Fragment in diesem Titel zweimal, hier und unten. Fr. 18.. 1Wer zur Bezahlung von zehn, oder zur Auslieferung1616Des geschadet habenden Sclaven oder Thiers. verurtheilt ist, der wird durch die Klage aus dem Urtheil auf zehn belangt; denn die Freiheit, auszuliefern, hat er vermöge des Gesetzes1717Der zwölf Tafeln. Fr. 2. §. 1. de noxal. act. (XI, 4.). Hat aber Jemand sich zehn oder die Auslieferung stipulirt, so kann er nicht [ausschliesslich] auf zehn klagen; weil in der Stipulation ein Jedes für sich ist, und man Beides einzeln stipuliren kann. Hingegen eine Verurtheilung zur Auslieferung allein findet nicht Statt, sondern folgt erst aus der zur Geldzahlung, und deshalb wird die Klage aus dem rechtskräftigen Urtheil auf zehn gerichtet. In diese allein wird er verurtheilt; die Auslieferung liegt in der [Art der] der Zahlung, die ihm durch das Gesetz nachgelassen ist. 2Wer Güter eines Verurtheilten aus eigner Macht1818Ohne Decret des Prätors. verkauft hat, ist mit der Diebstahls- oder Raubklage zu belangen. 3Die Klage aus dem rechtskräftigen Urtheil ist fortdauernd1919Perpetua, d. h. nicht in einem Jahre verjährbar, wie andere prätorische Klagen. S. Paul. rec. sent. V, 5. §. 7. und begreift die Verfolgung der Sache in sich2020Wenn das Urtheil auf Herausgabe einer species geht.. Sie kommt auch sowohl dem Erben, als gegen den Erben zu.
7GAJUS lib. ad Edict. Praet. urbani, titulo de re judicata. Innerhalb der gesetzlich bestimmten Tage2121S. oben Note 3. kann, wenngleich die Urtheilsklage binnen derselben nicht anzustellen ist, doch, wie heut zu Tage nicht bezweifelt wird, der Verurtheilte auf verschiedene Art der Verbindlichkeit entledigt werden; weil die Frist der bestimmten Tage zum Besten des Verurtheilten, nicht wider ihn, von dem Gesetze2222Der zwölf Tafeln. S. ebendaselbst. geordnet ist.
11Ad Dig. 42,1,11Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 258, Note 7.Celsus lib. V. Dig. Wenn ich mir eine Leistung auf den ersten des Monats habe angeloben lassen, und nun zu irgend einer Zeit nach diesem ersten die Sache anhängig wird, so muss die Verurtheilung auf so viel gerichtet werden, als ich Nutzen davon gehabt hätte, wenn es den ersten geschehen wäre; denn ein jedes Ding ist nach dem letzten Zeitpunkte, zu welchem es geleistet werden konnte, zu schätzen.
12Marcell. lib. IV. Dig. Bei der Leibklage oder bei der Niederlegungsklage2424S. o. XIII, 6. und XVI, 3. pflegt man, wenn gleich die Sache vom Beklagten absichtlich entfernt worden ist, ihm doch nach der Verurtheilung2525Es braucht ihm aber der Kläger nicht vorher deshalb Sicherheit oder Angelöbniss zu leisten. Fr. 69. de R. V. VI, 1. Nur auf diese Weise können wohl diese beiden widersprechenden Fragmente vereinigt werden. Schwerlich kann man gegen den dritten Besitzer strenger gewesen sein, als gegen den Verletzer des heiligen Niederlegungscontracts. dadurch zu helfen, dass der Eigenthümer [und Kläger] ihm seine Klagen abtreten muss.
13Celsus lib. VI. Dig. Wenn Jemand von Einem hundert, und von einem Andern, dass ihm [dafür] eine Bürgschaft geleistet werden solle, sich hat angeloben lassen, so ist [vom Richter] zu schätzen, wieviel er von Stellung des Bürgen Nutzen gehabt hätte, und dies wird entweder ebensoviel sein, oder weniger, oder bisweilen auch nichts. Denn leere Furcht2626Dass der Hauptschuldner zahlungsunfähig werden möchte. kann nicht geschätzt werden. Wenn aber das Kapital bezahlt ist, so ist kein Gegenstand der Schätzung mehr vorhanden; oder soviel von dem Kapital bezahlt ist, geht an der Schätzung ab. 1Wenn Jemand angelobt hat, zu verhüten, dass der Gläubiger irgend einen Schaden leide, und bewirkt, dass der Gläubiger keinen Schaden durch dieselbe Sache leidet, so thut er, was er versprochen hat; im entgegengesetzten Fall wird er, weil er sein Versprechen nicht erfüllt, in die [vom Gläubiger] gezahlte Summe verurtheilt, wie dies bei allen Verbindlichkeiten, etwas zu thun, geschieht.
15Ulp. lib. III. de officio cons. Der Kaiser Pius hat an die obrigkeitlichen Personen des römischen Volks rescribirt; dass diejenigen, die gewisse Richter oder Schiedsrichter gesetzt haben, deren Urtheile vollstrecken sollen. 1Unser Kaiser2828Caracalla. hat mit seinem Vater2929Septimius Severus. rescribirt, dass die Statthalter auch in den Provinzen ein zu Rom gesprochenes Urtheil, wenn sie dazu beauftragt werden, zur Vollstreckung bringen können. 2Bei der [Auspfändung und] dem Verkauf der abgepfändeten Sachen nun ordnen sie3030Die Statthalter. zuerst an, bewegliche und lebendige Sachen als Pfänder wegzunehmen und sodann zu verkaufen. Wenn deren Erlös zureicht, so ist es gut; reicht er nicht zu, so ordnen sie auch Beschlagnahme und Verkauf der Grundstücke an. Sind keine beweglichen Dinge vorhanden, so machen sie den Anfang mit den Grundstücken. Sie pflegen daher dergestalt zu bescheiden: Wenn keine beweglichen Dinge vorhanden, auch die Grundstücke in Beschlag zu nehmen. Denn es darf mit der Hilfsvollstreckung in Grundstücke nicht der Anfang gemacht werden. Wenn auch die Liegenschaften nicht zureichen, oder gar keine vorhanden sind, so greift man auch die Rechte3131Die aussenstehenden Forderungen (s. u. §. 8.) und die persönlichen Grundgerechtigkeiten. an. Auf diese Weise also vollstrecken die Statthalter rechtskräftige Urtheile. 3Wenn die abgepfändeten Sachen keinen Käufer finden, so sollen sie nach einem Rescript unsers Kaisers und seines verstorbenen Vaters Demjenigen, zu dessen Gunsten die Verurtheilung geschehen ist, zugeschlagen werden, bis auf die Summe nemlich, welche er zu fordern hat; denn wenn der Gläubiger vorzieht, die Pfänder [an Zahlungstatt] auf die Forderung zu behalten und damit sich zu begnügen, so kann er, wie im Rescript besagt, den Ueberrest nicht fordern, weil in dem Zufriedensein mit dem Besitz der Pfänder ein vertragsweiser Vergleich über die Forderung liegt, er kann nicht für eine gewisse Summe die Pfänder behalten und das Uebrige verlangen. 4Wenn über die Sachen, welche pfandweise in Beschlag genommen sind, Streit entsteht, so sollen, wie unser Kaiser verordnet hat, dieselben, die das Urtheil vollstrecken, auch das Eigenthum erörtern; und wenn sich findet, dass die Sache Dem gehört, der verurtheilt ist, so vollstrecken sie [daran] das Urtheil. Es ist aber wohl zu merken, dass sie dies [nur] summarisch erörtern dürfen, und ihre Entscheidung dem Schuldner nicht nachtheilig sein kann, wenn sie etwa geglaubt haben, eine Sache frei geben zu müssen, weil sie Dem gehöre, der den Streit erhoben hat, nicht Dem, als dessen Eigenthum sie in Beschlag genommen ist. Dem, welchem sie ausgeantwortet wird, soll sie auch vermöge des Urtheils nicht sofort eigenthümlich gehören, wenn er etwa im ordentlichen Rechtswege wegen derselben belangt würde. So geschieht es, dass alles Andere unentschieden bleibt, und das Urtheil bloss auf die Auspfändung Einfluss hat. Auch das aber ist zu bemerken, dass, wenn über eine abgepfändete Sache Streit entsteht, diese bei Seite gesetzt und eine andere, die unstreitig ist, genommen werden muss. 5Ad Dig. 42,1,15,5Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 241, Note 5.Wenn die abgepfändete Sache [schon] verpfändet ist, so ist zu sehen, ob sie so zu verkaufen sei, dass der Gläubiger3232Der Pfandgläubiger, der ein älteres Pfandrecht hat. befriedigt und der Ueberschuss auf Gegenstand des Urtheils verwendet werde. Obgleich nun der Gläubiger [sonst] nicht gezwungen wird, die ihm verpfändete Sache zu veräussern; so wird es doch für die Urtheilsvollstreckung so gehalten, dass, wenn die abgepfändete Sache einen Käufer findet, der erbötig ist, den ältern Gläubiger zu befriedigen und den Ueberschuss herauszuzahlen, der Verkauf dieser Sache auch Statt finden muss. Es erscheint auch der Gläubiger nicht als benachtheiligt, da er zu dem Seinigen gelangt, und nicht eher, als bis er befriedigt worden ist, sein Pfandrecht aufzugeben hat. 6Wenn dem Käufer, nachdem ihm das Pfand zugeschlagen ist, Streit darüber erhoben wird, so fragt sichs, ob die Untersuchung der Sache vor denselben Richter gehört, der das Urtheil vollstreckt hat? Da nun die Sache einmal verkauft ist und das Recht Desjenigen, der sie an sich gebracht hat, in Frage gestellt wird, so halte ich die Erörterung3333Von Seiten eben dieses Richters. nicht für statthaft. Hört nicht, nachdem der Käufer3434Nach der Verurtheilung des Verkäufers aus einem Kaufcontract. in Besitz gesetzt ist, die Amtsverrichtung eben dieser Richter gewiss auf? Eben so, wenn die Sache Dem, welchem zu Gunsten die Verurtheilung erfolgt ist, zugeschlagen worden ist. 7Wenn nun aber der Käufer, dem das Pfand vermöge richterlicher Hülfsvollstreckung3535Das Komma muss wohl unstreitig nach exequente judice, und nicht nach addicta stehen. zugeschlagen ist, den Kaufschilling nicht bezahlt, so fragt sich, ob dieselben Richter, die das Urtheil vollstrekken, auch gegen den Käufer hilfreiche Hand zu leisten haben? Ich halte aber nicht dafür, dass sie weiter verfahren können, sonst würde die Sache zu weit gehen. Denn wie? sollen sie den Käufer verurtheilen, und dann gegen ihn das Urtheil vollstrecken, oder sollen sie ihn sofort als schon verurtheilt behandeln? und wie, wenn er den Kauf leugnet, oder Zahlung behauptet? Es ist also besser, wenn sie sich nicht hineinmischen; da zumal Der, zu dessen Gunsten die Urtheilsvollstrekkung verlangt wird, nicht einmal eine Klage gegen ihn3636Den Käufer der abgepfändeten Sache. hat, und also auch kein Unrecht leidet. Denn abgepfändete Sachen, die verkauft werden, müssen gegen baares Geld verkauft werden, nicht so, dass das Geld erst später gezahlt werde. Wenn sie jedoch sich einmischen, so können sie es nur soweit thun, dass sie die zugeschlagene Sache selbst, als von dem Pfandverbande noch nicht befreit, in Beschlag nehmen und verkaufen. 8Die Richter haben bei Hülfsvollstreckungen ferner so zu verfahren, dass sie, wenn nichts Anderes, was genommen werden könnte, vorhanden ist, aussenstehende Forderungen in Beschlag nehmen; denn dass eine Forderung abgepfändet werden könne, hat unser Kaiser rescribirt. 9Es fragt sich nun, ob blos eine eingestandene Schuld in Beschlag genommen werden könne, oder auch eine, die geleugnet wird? Mehr ist aber dafür, dass nur Das genommen werde, was eingeräumt wird; wird hingegen eine Forderung geleugnet, so ist es billig, davon abzustehen, man müsste denn, nach dem Beispiele körperlicher Pfänder, hier weiter gehen und sagen, die nemlichen Richter müssten auch über die Forderung erkennen, wie sie über das Eigenthum thun; es sind aber Rescripte dagegen. 10Ad Dig. 42,1,15,10Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 239, Note 9.Ferner: sollen die Richter die Forderung selbst einklagen und den Betrag der Schuld eintreiben und auf den Gegenstand des Urtheils verwenden? oder sollen sie die Forderung verkaufen, wie es bei körperlichen Pfändern Gebrauch ist? Sie müssen aber Dasjenige thun, was ihnen am leichtesten zu Beendigung der Sache zu führen scheint. 11Auch Geld, was bei dem Wechsler steht, pflegt ebenfalls in Beschlag genommen zu werden. Ferner, wenn es in eines Andern Händen, aber für den Verurtheilten bestimmt ist, pflegt es nach Pfandrecht in Beschlag genommen und zu dem Gegenstande des Urtheils verwendet zu werden. 12Nicht minder pflegt man auch Geld, was für Rechnung des Verurtheilten niedergelegt oder in eine Casse verschlossen ist, in Beschlag zu nehmen, um das Urtheil zur Erfüllung zu bringen. Auch, wenn Mündelgelder, um davon Grundstücke zu kaufen, in eine Casse niedergelegt sind, werden sie gemeiniglich, auch ohne Erlaubniss des Prätors, von Dem, welcher das Urtheil vollstreckt, weggenommen und auf den Gegenstand des Urtheils verwendet.
16Idem lib. LXIII. ad Ed. Manche Personen werden auf so viel, als sie leisten können, belangt3737Das sogenannte beneficium competentiae., das heisst, ohne Abzug der Schulden3838S. unten fr. 19. u. 49. h. t.. Und zwar sind es ungefähr folgende: die mit der Gesellschaftsklage belangt werden; man muss aber3939Im Edict. S. oben Th. II. S. 326. not. 142. u. 143. Andere Versuche der Vereinigung dieser Stelle mit fr. 63. §. 1. pro socio (XVII, 1.) s. im Archiv f. d. civil. Praxis. Th. II. S. 246 u. 343. Aeltere sind angeführt bei Thibaut Pandectenrecht §. 107. not. 1. und in meiner Schrift: Die Lehre von der Erwerbsgesellschaft. §. 89. S. 128. unter dem Gesellschafter einen Genossen für das ganze Vermögen verstehen. So auch die Eltern4040Parens, im Singular, bezeichnet sowohl den Vater als die Mutter und die Grosseltern.,
18Idem lib. LXVI. ad Ed. So wird auch ein Soldat, der unter den waffentragenden Truppen gedient hat, wenn er verurtheilt ist, [nur] insoweit, als er sie zu leisten vermag, zur Zahlung angehalten4141Vgl. fr. 6. h. t..
19Paul. lib. VI. ad Plaut. Unter Denen, welche aus derselben Ursache zu fordern haben, hat den Vorzug, wer im Besitz4242Einer Sache, mit welcher seine Forderung in Verbindung steht, oder auch einer quantitas, womit er compensiren kann. ist, und es wird nicht abgezogen, was Andern gebührt, die mit ihm in gleichen Verhältnissen stehen, wie dies bei der Sondergutsklage geschieht; denn auch hier hat der Besitzende den Vorzug. Wenn aber der Vater oder Freilasser4343Versteht sich: von seinem Kinde oder Freigelassenen. belangt wird, so dürfen die Schulden nicht abgezogen werden4444Von dem Vermögen, welches Gegenstand der Hülfsvollstreckung wird.; zumal was Personen in demselben Verhältnisse, Kinder, Freigelassene, zu fordern haben. 1Auch Derjenige, welcher aus einer Schenkung belangt wird, wird soweit verurtheilt, als er es leisten kann, und zwar dieser allein unter Abzug der Schulden. Und unter Denjenigen, welche aus ähnlichem Grunde Geld zu fordern haben, hat Der den Vorzug, der im Besitze ist. Ich halte aber dafür, dass ihm4545Dem Schenker. Vgl. u. fr. 30. h. t. nicht Alles, was er hat, abgedrungen werden dürfe; sondern es muss auch auf ihn selbst Rücksicht genommen werden, dass er nicht Mangel leide.
20Modestin. lib. II. Different. Nicht blos wegen des Heirathsgutes wird der Ehemann [nur] auf soviel, als er leisten kann, verurtheilt, sondern, nach der Verordnung Kaisers Pius, auch wenn er aus andern Verträgen von der Frau gerichtlich belangt wird. Dass nun eben dieses auch auf Seiten der Frau gleichmässig beobachtet werde, fordert die Billigkeit.
21Paul. lib. VI. ad Plaut. So wie gegen den Ehemann, so wird auch gegen den Schwiegervater nur so geklagt, dass er nicht über sein Vermögen verurtheilt werde. Ist aber der Schwiegervater, auch wenn er aus einem Angelöbnisse über das Heirathsgut belangt wird, nur soweit er leisten kann, zu verurtheilen, weil auch dies billig scheint? aber es gilt hierin anderes Recht, wie auch Neratius schreibt4646S. fr. 84. de. j. d. XXIII, 3..
22Pompon. lib. XXI. ad Quint. Muc. Dies ist aber von dem Falle zu verstehen, wenn nach Trennung der Ehe gegen den Schwiegervater aus dem Angelöbnisse auf die Mitgift geklagt wird; wird er hingegen während der Dauer der Ehe auf dieselbe belangt, muss ihm allerdings so weit geholfen werden, dass er nicht in eine grössere Summe, als die er leisten kann, verurtheilt werde. 1Wegen der Genossen aber, von denen oben gesagt ist, dass auch sie [nur] in soviel, als sie leisten können, verurtheilt werden, sagt der Prätor, er werde dies nach Erörterung der Sache thun. Die Erörterung wird aber darauf gehen, dass Einem, der Genosse zu sein leugnet, oder wegen Hinterlist verbindlich ist, nicht geholfen werde.
23Paul. lib. VI. ad Plaut. Wenn wegen den Bevollmächtigten des Ehemannes des Heirathsgutes wegen geklagt worden ist, so wird die Verurtheilung, wenn sie bei Lebzeiten des Ehemannes erfolgt, auf soviel gerichtet, als er leisten kann. Denn auch der Vertheidiger4747D. i. der ohne Auftrag, als Geschäftsführer aus eigner Bewegung, zum Sachwalter sich aufwirft. des Ehemannes wird insoweit verurtheilt, als jener zu leisten vermag; nach dem Tode des Ehemannes aber ins Ganze.
24Pompon. lib. IV. ex Plaut. Und wenn einer Sache oder einer Klage4848D. i. eines dinglichen oder persönlichen Anspruchs wegen. wegen ein Bürge gestellt ist, so kommt es ihm nicht zu Statten, dass die Person, für welche er gebürgt hat, [nur] in soviel, als sie leisten kann, zu verurtheilen ist4949Vgl. fr. 63. §. 2. pro socio (XVII, 2.) fr. 7. pr. de except. (XLIV, 1.). 1Wenn der Ehemann nicht zahlungsfähig ist, so kommt [die Einrede], dass er nicht [soviel] leisten könne, zwar ihm selbst zu Statten (denn dies ist der Person des Ehemannes zugestanden), nicht aber seinem Erben.
26Ulp. lib. LXXVII. ad Ed. Wenn unter den streitenden Parteien verabredet worden ist, wie geurtheilt werden solle, so ist es nicht unangemessen, dass der Richter ein solches Urtheil ausspreche.
27Modestin. lib. I. Respons. Der Statthalter einer Provinz hatte gegen die Gesetze und kaiserlichen Verordnungen5151S. fr. 26. pr. u. §. 1. de cond. indeb. (XII, 6.) zu Zinsen von Zinsen verurtheilt, und Lucius Titius hatte daher nach Eröffnung dieses ungerechten Urtheils des Statthalters dawider Berufung eingewendet. Falls nun aber diese Berufung nicht gesetzmässig gewesen wäre5252In der Form, oder weil sie nicht an die rechte Behörde gerichtet., so frage ich: kann das Geld der Verurtheilung gemäss gefordert werden? Modestinus antwortete: wenn in dem Urtheile eine bestimmte Summe ausgedrückt sei, so liege in dem Vorgetragenen kein Grund, weshalb nicht aus dem Urtheile sollte geklagt werden können.
29Idem lib. VII. Pandect. Die Frist, welche dem Verurtheilten gegeben wird (tempus quod datur judicato)5454S. oben Note 3. Die Florentinische Lesart ist: judicati, und wohl vorzuziehen, nach fr. 2. h. t., wird auch seinen Erben und Andern, die an seine Stelle treten, gestattet, nemlich soviel als an dieser Frist noch fehlt, weil diese Rechtswohlthat mehr für die Sache, als für die Person, geordnet ist.
30Pompon. lib. VII. Var lect. Wenn Geld als Schenkung angelobt ist, und man zweifelt, ob nicht diese Summe das Vermögen des Schenkers soweit erschöpfen könne, dass ihm von seiner Habe kaum Etwas übrig bleiben möchte, so muss die Klage auf soviel, als der Beklagte leisten kann, gerichtet werden, so dass dem Schenker selbst hinreichendes Vermögen übrigbleibe. Was vorzüglich unter Kindern und Eltern zu beobachten ist.
31Callistr. lib. II. Cognit. Schuldnern muss Frist zur Zahlung auf Bitten nicht nur eingeräumt, sondern auch, wenn die Umstände es erfordern, verlängert werden. Wenn jedoch solche mehr aus Hartnäckigkeit, als weil sie das Geld dazu nicht flott machen können, die Bezahlung verzögern, so sind sie durch Auspfändung zur Befriedigung [der Gläubiger] anzuhalten, auf die Weise, wovon Kaiser Pius an den Proconsul Cassius mit folgenden Worten rescribirt hat: Denen, welche ihrer Schuld geständig, oder vermöge rechtskräftigen Urtheils zur Wiedererstattung verbunden sind, soll zur Zahlung eine Frist gegeben werden, welche nach dem Vermögen eines Jeden hinreichend scheint. Diejenigen, welche in der entweder anfänglich gesetzten oder aus solcher Ursache nachher verlängerten Frist nicht zahlen, sind auszupfänden, und die Pfänder, wenn sie binnen zwei Monaten nicht bezahlen, zu verkaufen; bleibt von dem Kaufpreise Etwas übrig, so ist es Demjenigen, dem die verkauften Pfänder angehören, herauszugeben.
32Idem lib. III. Cognit. Wenn man auf kaiserliche Verordnungen sich beruft, und doch der Richter gegen sie urtheilt, weil er sie der Sache, in welcher er urtheilt, nicht günstig hält, so kann man nicht sagen, dass er sein Urtheil im Widerspruche mit den Verordnungen gesprochen habe; daher muss gegen ein solches Urtheil appellirt werden; sonst bleibt es bei Dem, was erkannt ist.
33Ad Dig. 42,1,33ROHGE, Bd. 5 (1872), S. 213: Rescission eines auf eine falsche Urkunde gestützten Erkenntnisses. Einfluß des prozessualen Anerkenntnisses der Echtheit der Urkunde.Idem lib. V. Cognit. An den Kaiser Hadrian wandte sich Julius Tarentinus mit einer Bittschrift, und zeigte an, dass durch falsche Zeugnisse, indem durch Ränke der Gegner die Zeugen bestochen worden, die Gewissenhaftigkeit des Richters betrogen worden sei. Darauf rescribirte der Kaiser mit folgenden Worten, dass die Sache in den vorigen Stand zu setzen sei: Ich lasse dir eine Abschrift des Schreibens zugehen, das bei mir Julius Tarentinus eingereicht hat. Wenn er dir erweist, dass er durch Ränke der Gegner und bestochene Zeugen unterdrückt worden sei, so verfahre in der Sache mit aller Schärfe, und falls der Richter Etwas deshalb, weil er auf solche schlimme Weise hintergangen worden, geurtheilt hat, so setze die Sache in vorigen Stand5555Vgl. Unterholzner Verjährungslehre Th. II. S. 17. Note 538..
34Licin. Ruf. lib. XIII. Regul. Wenn Jemand verwehrt, einem Verurtheilten Nahrung oder Lagerstroh zu bringen5656Ins Gefängniss., so muss gegen ihn eine abgeleitete Strafklage zugelassen werden, oder nach Einiger Meinung kann er mit der Injurienklage belangt werden.
35Papir. Just. lib. II. Constit. Die Kaiser Antoninus und Verus haben rescribirt: Obwohl unter dem Vorwande neuer Urkunden keine Verhandlung wiederaufgehoben werden dürfe, so erlaubten sie doch, aus besondern Gründen, sich bei Verhandlungen in Staatssachen solcher Urkunden zu bedienen.
36Paul. lib. XVII. ad Ed. Pomponius schreibt im siebenunddreissigsten Buche ad Edictum: Wenn unter mehrern in einer Freiheitsache urtheilenden Richtern, einem die Sache nicht klar ist, die andern aber einstimmig sind, und nun jener schwört, es sei ihm nicht klar, so muss dieser unthätig bleiben und das Urtheil von den andern Einstimmigen gesprochen werden; weil auch, wenn er entgegengesetzter Meinung wäre, das Urtheil der Mehrern gelten würde.
38Paul. lib. XVII. ad Ed. Wenn die Richter, in gleicher Zahl getheilt, abweichende Urtheile aussprechen, so gilt in Freiheitsachen (wie Kaiser Pius verordnet hat) das der Freiheit günstige, in andern aber das dem Beklagten günstige; was auch bei öffentlichen Anklagen5757Criminalurtheilen. gelten muss. 1Wenn die Richter in verschiedene Summen verurtheilen, so ist, schreibt Julianus, die geringste anzunehmen.
40Papin. lib. X. Respons. Die Einkünfte der Preise, die wegen der in den heiligen Spielen errungenen Kränze (propter coronas sacras) gezahlt werden5858S. Cujac. ad l. 6. D. de excusat. tutor. Vgl. auch const. 5. quae res pignori. 8. 17., werden, dies ist angenommen, dem Verurtheilten entzogen und dieses Geld zu Erfüllung des Urtheils pfandweise mit Beschlag belegt.
41Paul. lib. XIV. Quaest. Ad Dig. 42,1,41 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 267, Note 12.Nesennius Apollinaris [that folgende Fragen]: ob, wenn du mir schenken willst, und ich dich meinem Gläubiger überweise, du aufs Ganze zu belangen seiest? und wenn aufs Ganze: ob es einen Unterschied mache, dass ich etwa nicht einem Gläubiger von mir, sondern Einem, dem ich [selbst] eine Schenkung machen wollte, überwiesen habe? und was von dem Falle gelte, wenn Jemand für eine Frau, der er [damit] ein Geschenk machen wollte, deren Ehemanne eine Aussteuer angelobt hat? Ich habe geantwortet: Dem Gläubiger steht keine Ausflucht im Wege, obschon Der, an den er überwiesen ist, einer solchen gegen Den, auf dessen Namen er angelobt hat, sich würde bedienen können; und mit diesem steht der Ehemann in ähnlichen Verhältnissen, zumal wenn er während der Dauer der Ehe klagt. Sowie nun der Erbe des Schenkers aufs Ganze verurtheilt wird, und ebenso der Bürge, den er beim Schenken gestellt hat: so wird auch [der Schenker] zu Gunsten eines [Klägers], dem er nicht geschenkt hat, ins Ganze verurtheilt. 1Jemand hat ein Landgut verschenkt. Wenn er es nicht abtritt, ist er, wie jeder Besitzer, zu verurtheilen. Tritt er es aber ab, so muss er wegen der Früchte, wenn er sie nicht verzehrt hat, aufs Ganze verurtheilt werden; denn er konnte der Gefahr entgehen, wenn er sofort abgetreten hätte. Hat er böslicherweise aufgehört zu besitzen, so wird der Würderungseid geleistet, und nach Maassgabe desselben die Verurtheilung ausgesprochen. 2Ein Schenker kann, wenn er auch aufs Ganze verurtheilt ist, mit der Klage aus dem Urtheile doch, vermöge durch eine kaiserliche Verordnung ertheilter Vergünstigung, auf nicht mehr, als was er leisten kann, belangt werden.
42Idem lib. III. Respons. Paulus hat begutachtet: der Prätor könne zwar sein Urtheil nicht wieder aufheben, wohl aber müsse er das Uebrige, was zwar eine Folge des schon Ausgesprochenen ausmacht, aber in dem vorigen Erkenntnisse fehlt, in Betreff der Verurtheilung oder der Lossprechung des Beklagten, ergänzen; an demselben Tage nemlich.
43Ad Dig. 42,1,43ROHGE, Bd. 24 (1879), Nr. 91, S. 354: Voraussetzung der Gleichheit der Antheile mehrerer Berechtigter. Legitimation zur Geltendmachung der Rechte Einzelner.Idem lib. XVI. Respons. Paulus hat begutachtet, Mehrere, die in Einem Urtheil in Eine Summe verurtheilt sind, seien des Urtheils wegen auf gleiche Antheile zu belangen, und wenn in Folge eines gegen drei Personen gesprochenen Erkenntnisses Titius den ihn treffenden Antheil dir bezahlt hätte, so könne er Namens der Uebrigen nicht weiter belangt werden.
44Scaevola lib. V. Respons. Eine Mündel wurde, unter Beitritt ihres Vormundes, aus einem Contract ihres Vaters verklagt und verurtheilt; nachher schlugen die Vormünder für sie die väterliche Erbschaft aus, und so fiel das väterliche Vermögen auf den Nacherben, oder auf die Miterben. Es fragt sich nun, ob diese aus dem Urtheil gehalten seien? Er hat geantwortet, es sei die Klage gegen sie zu gestatten, wenn anders die Mündel nicht durch Schuld der Vormünder verurtheilt worden sei.
45Paul. lib. I. Sentent. Der Richter kann die vor ihm gehaltenen Acten, wenn die Parteien darüber einverstanden sind und er selbst es gestattet, an demselben Tage cassiren lassen, sobald nur das Geschäft oder der Streit noch nicht beendigt ist. 1Nach gesprochenem Urtheil darf über Schärfung oder Milderung der Strafe, ohne fürstliche Ermächtigung nichts beschlossen werden. 2Gegen unvertheidigte Minderjährige, die keinen Vormund oder Curator haben, darf kein Urtheil gesprochen werden.
46Hermogen. lib. II. jur. Epit. Die Worte in den Acten, unter Beibehaltung des Inhalts des Urtheils, zu verbessern, ist nicht verboten.
47Paul. lib. V. Sentent. In einer jeden Sache muss bei Anwesenheit Aller, welche die Sache angeht, erkannt werden; denn sonst gilt das Urtheil nur unter den Gegenwärtigen. 1Wer, mehrmals vom Fiscus belangt, vernachlässigt hat, sich zu vertheidigen, der ist in Gemässheit des Urtheils zu behandeln. Dieses [Vernachlässigen] erhellet daraus, wenn Jemand, oftmals belangt, nie hat erscheinen wollen.
49Paul. lib. II. Manual. Auch ein Enterbter oder Einer, der die väterliche Erbschaft ausgeschlagen hat, ist selbst aus seinem eignen Contracte nur in soviel, als er leisten kann, zu verurtheilen5959Vergl. fr. 2. quod cum eo qui in al. pot. (XIV, 5.). Es fragt sich aber, in wiefern er als fähig zum Leisten betrachtet werden muss: ob nach Abzug aller Schulden, wie Der, welcher aus einer Schenkung belangt wird6060Vergl. fr. 19. §. 1. h. t., oder wie der Ehemann und der Freilasser, ohne Abzug der Schulden? Und es ist unbezweifelten Rechtens, dass ihm in gleichem Verhältnisse mit dem Ehemann und Freilasser abgenommen werden müsse; denn dem Schenker muss man in grösserm Maasse zu Hilfe kommen, als Dem, der eine wahre Schuld zu bezahlen angehalten wird;
51Paul. lib. II. Manual. Wer böslich seinen eigenen Bankrott (ut bona ejus venirent) herbeigeführt hat, der ist aufs Ganze gehalten6161S. Zimmern. Gesch. des Röm. Pr. R. Th. III. §. 78. n. 22. S. 248.. 1Wenn Jemand einen der Erhaltung der Sache wegen in deren Besitz eingesetzten6262Vergl. fr. 1. §. 1. ut. in possess. (XXXVI, 4.) fr. 1. §. 2, re vis fiat ei (XLIII, 4.) Gläubiger nicht zulässt, und nun der Verkäufer6363Wer damit gemeint sei, wird für dunkel gehalten. Vergl. Cujac. Obs. l. XII, obs. 23. Vermuthlich ein anderer Gläubiger, der sich schon früher in Besitz der Sache gesetzt hat und sie nun zu seiner Befriedigung verkauft, ohne den vom Prätor immittirten Mitgläubiger zum Mitbesitz und Mitverkauf gelassen zu haben. Vgl. fr. 1. pr. ne vis fiat ei. 43. 4. fr. 14. pr. quib. ex caus. in poss. 42. 4. Die von Cujacius a. a. O. erwähnten Emendationen scheinen also unnöthig. den Gläubiger6464Den vom Prätor in den Besitz eingewiesenen, aber nicht dazu gelassenen. voll befriedigt, so fragt sichs, ob der Schuldner dadurch befreit werde? Und ich halte für ungerecht, nochmals erlangen zu wollen, was man schon empfangen hat.
52Tryphon. lib. XII. Disput. Wenn ein Ehemann wegen Verschleppung von Sachen belangt wird, so muss er, wenn schon diese Klage gleichfalls6565Wie die actio dotis. aus der frühern Gemeinschaft des Lebens zu fliessen scheint, doch ins Ganze verurtheilt werden, weil dieselbe aus einem schlimmen Verbindlichkeitsgrunde und aus einem Vergehen herrührt.
53Hermogen. lib. I. jur. Epit. Der Ungehorsam Derjenigen, die der gerichtlichen Behörde nicht Folge leisten, wird mit dem Verlust des Processes bestraft. 1Ungehorsam ist Derjenige, welcher nach Erlassung dreier Ladungen, oder, anstatt der drei, einer, die gewöhnlich eine peremtorische genannt wird6666Vergl. fr. 71. 72. de judic. (V, 1.), schriftlich aufgefordert, sich persönlich zu stellen verschmäht. 2Wer durch Krankheit oder ein wichtiges Geschäft entschuldigt ist, fällt nicht in die Strafe des Ungehorsams. 3Für ungehorsam ist nur zu achten, wer nicht Folge leistet, wo er zu gehorchen verbunden war; das heisst, wer unter die Gerichtsbarkeit Desjenigen gehört, dem er den Gehorsam verweigert.
54Paul. lib. I. Sentent. Gegen einen unvertretenen Unmündigen und gegen einen in Staatsgeschäften Abwesenden oder Einen, der jünger als 25 Jahr ist, hat die erlassene peremtorische Ladung keine Kraft. 1Wer vor eine höhere Behörde beschieden wird, ist nicht für ungehorsam zu achten, wenn er den angefangenen Process aufgiebt.
55Ulp. lib. LI. ad Sabin. Sobald der Richter einmal das Urtheil gesprochen hat, hört er auf, Richter zu sein, und es ist angenommenen Rechtens, dass ein Richter, der einmal in zu Viel oder zu Wenig verurtheilt hat, sein Urtheil nicht mehr verändern könne; denn er hat einmal, gut oder schlecht, seine Amtsverrichtung vollendet6767Vergl. u. fr. 62. h. t..
56Idem lib. XXVII. ad Ed. Sobald eine Sache durch rechtskräftiges Urtheil, oder durch Eid entschieden, oder ein Zugeständniss vor dem Prätor (in jure) abgelegt ist, hat zufolge einer Rede des Kaisers Marcus alle Erörterung ein Ende, weil, wer vor dem Prätor etwas einräumt, dem Verurtheilten gleichgeachtet wird.
57Idem lib. II. Disp. Jemand fragte an: ob ein Urtheil, gesprochen von einem noch nicht fünfundzwanzig Jahre alten Richter, gültig sei? Und es ist billig, ein von einem Solchen gesprochenes Urtheil aufrecht zu erhalten, er müsste denn jünger als achtzehn Jahr sein. Gewiss muss, wenn ein Minderjähriger ein obrigkeitliches Amt verwaltet, auch angenommen werden, es geschehe nicht mit Misbilligung [des Kaisers], dass er die Gerichtsbarkeit hat. Und wenn ein minderjähriger Richter etwa durch Einwilligung, so dass die Einwilligenden darum wussten6868Dass er nicht volljährig sei., ernannt worden ist, so wird das Urtheil mit dem grössten Recht für gültig gehalten werden. Wenn ferner ein Minderjähriger, der Prätor oder Consul ist, die Gerichtsbarkeit verwaltet, oder ein Urtheil spricht, so ist dies gültig; denn der Fürst, der ihm das obrigkeitliche Amt gegeben, hat es so angeordnet, dass er Alles dieses verrichte6969Vergl. Cujac. Obs. l. XVII. obs. 34..
59Idem lib. IV. de omnibus Tribunal. In Urtheilen reicht es hin, wenn der Richter die Summe angiebt und sie zu zahlen oder zu entrichten gebietet oder mit welchem andern Worte er dies andeuten will. 1Ja, es besagt auch ein Rescript, dass, wenn gleich im Urtheil keine Sunme beigefügt ist, der Kläger aber die Summe ausgedrückt hat, und nun der Richter sagt: bezahle, was geklagt ist, oder: so viel als geklagt ist, das Urtheil gelte. 2Wer in Betreff des Kapitals verurtheilt, hinsichtlich der Zinsen aber so erkennt: die Zinsen, dafern ihm welche gebühren, oder die gebührenden Zinsen sollen entrichtet werden, urtheilt nicht richtig, denn man muss auch den Zinsenpunkt erörtern und darüber eine bestimmte Verurtheilung ausprechen. 3Wenn Jemand in Folge einer peremtorischen Ladung nach seinem Tode verurtheilt wird, so gilt das Urtheil nicht, weil durch den Tod des Beklagten die peremtorische Kraft aufgehoben wird; daher wird die Sache so, als ob noch nichts darin geschehen wäre, zu erörtern, und das, was als das Beste sich ergiebt, zu beschliessen sein.
60Jul. lib. V. Dig. Da Einer der Streitenden wegen eines Fieberanfalls sich entfernt, und der Richter in dessen Abwesenheit ein Urtheil gesprochen hatte, so wurde gefragt, ob er dieses rechtsbeständigerweise gesprochen habe? Er antwortete: Eine schwere Krankheit (morbus sonticus) hebt auch wider Willen der Parteien und des Richters den Termin auf. Schwer (sonticus) ist aber eine jede Krankheit zu achten, die der Verrichtung jedes Geschäfts hinderlich ist. Was kann nun einer streitenden Partei hinderlicher sein, als die widernatürliche Erschütterung des Körpers, welche man Fieber nennt? Wenn also zur Zeit der Aburtheilung einer Sache Einer der Streitenden das Fieber gehabt hat, so gilt die Sache nicht als abgeurtheilt. Man kann jedoch sagen, es sei auch unter den Fiebern ein Unterschied. Denn wenn ein sonst gesunder und starker Mensch zur Zeit des Urtheilsspruchs einen ganz leichten Fieberanfall bekommt, oder Jemand ein solches altes Wechselfieber hat, dass er dabei alle seine Geschäfte zu treiben pflegt: so wird man sagen können, dass ein solcher keine schwere Krankheit habe.
62Alf. Var. lib. VI. Dig. a Paulo epitomat. Da die Frage aufgeworfen wurde: ob ein Richter, der unrichtig verurtheilt hätte, an demselben Tage nochmals urtheilen könne? antwortete er: das könne er nicht7171Vergl. fr. 55. h. t..
63Ad Dig. 42,1,63Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 132, Note 2.Macer. lib. II. de Appellat. In vielen kaiserlichen Verordnungen ist enthalten, dass zwischen andern Parteien gesprochene Urtheile Niemandem Eintrag thun. Dabei ist jedoch einiger Unterschied zu machen; denn Einigen schadet auch7272Etiam muss, wenn gleich versetzt, doch dem Sinne nach schlechterdings auf inter alios dicta bezogen werden. Haloander’s und Cujacius’ (l. XII. obs. 25.) Lesart: non obest, kann nicht gebilligt werden. ein unter andern Parteien gesprochenes Urtheil, wenn sie davon wissen; Andern hingegen schadet es nichts, wenn auch gegen sie selbst geurtheilt worden ist. Denn so ist Denen, die ein Urtheil kennen, dasselbe nicht nachtheilig7373Andere lesen: Non scientibus nihil praejudicat. Das könnte nur ein unechtes Einschiebsel sein; denn die folgenden Beispiele gehören dann offenbar zu dem Vorhergehenden. Sollen diese Worte in den Text gehören, so muss man mit Cujacius und unserm Text statt: non, nam lesen; es müssen aber dann dieselben, so wie die folgenden Beispiele, nicht, mit Cujacius, auf den ersten der vorhergehenden Sätze: nam sententia etc., sondern auf den zweiten: quibusdam vero etc. bezogen werden.: z. B. wenn von zwei Erben eines Schuldners der Eine verurtheilt wird; dem Andern bleibt nemlich seine Vertheidigung unbenommen, wenn er gleich gewusst hat, dass sein Miterbe verklagt sei. So auch, wenn von zwei Klägern der Eine den Process verliert und sich dabei beruhigt, thut solches Urtheil der Klage des Andern keinen Eintrag. Dies ist in kaiserlichen Rescripten enthalten7474Es ist natürlich der Fall gemeint, wo die zwei Kläger correi credendi oder Miteigentümer u. s. w. sind, überhaupt wo sie aus einem und demselben rechtlichen Geschäfte oder Verhältnisse klagen.. Hingegen ist ein unter Andern gesprochenes Urtheil Einen, der darum weiss, schädlich, wenn derselbe, da ihm die Klage oder die Antwort in der Sache gebührte, einem Andern deshalb den Process zu führen gestattet; z. B. wenn der Gläubiger den Schuldner über das Eigenthum des Pfandes Process führen lässt, oder der Ehemann den Schwiegervater oder die Ehefrau über das Eigenthum einer zur Aussteuer empfangenen Sache, oder der Besitzer seinen Verkäufer über das Eigenthum der gekauften Sache; und so ist dieses, vielen kaiserlichen Verordnungen zufolge, zu verstehen. Dass aber das Mitwissen diesen schadet, nicht hingegen den Vorgedachten, davon ist der Grund: weil Der, welcher weiss, dass sein Miterbe einen Process hat, ihn nicht verhindern kann, seiner eignen Klage oder Ausflucht sich nach seinem eignen Belieben zu bedienen; wer hingegen den frühern Eigenthümer die Sache führen lässt, dem steht die Einrede der, wenn gleich unter Andern, abgeurtheilten Sache deshalb entgegen, weil mit seinem Willen über ein Recht, das er von dem Processführenden herleitete, geurtheilt worden ist. Denn auch wenn mein Freigelassener, unter meiner Intervention, für den Sclaven oder Freigelassenen eines Andern erkannt wird, ist das Urtheil mir nachtheilig. Ein anderer Fall ist es, wenn Titius gegen dich auf ein Landgut klagt, welches auch ich, ohne jedoch mein Recht von Titius herzuleiten, als mein anspreche. Denn wird gleich mit meinem Wissen gegen den Titius geurtheilt, so that mir dies doch keinen Eintrag, weil ich weder aus dem Rechte, mit welchem Titius unterlegen hat, klage, noch auch den Titius habe hindern können, von seinem Rechte Gebrauch zu machen; wie ich dies oben auch beim Miterben bemerkt habe.
64Scaevola lib. XXV. Dig. Einer, der auf eine Geschäftsbesorgungsklage verurtheilt worden war, appellirte, und die Sache zog sich in die Länge. Da nun seine Appellation für unbegründet erkannt wurde, so wurde gefragt: ob wegen des verspäteten Erkenntnisses für die Zwischenzeit von der Summe, auf welche die Verurtheilung ging, Zinsen entrichtet werden müssten? Er antwortete, nach den vorgetragenen Umständen sei eine abgeleitete (utilis) Klage zu gestatten.