Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 40 übersetzt von Schneider unter Redaction von Sintenis
Dig. XL11,
De natalibus restituendis
Liber quadragesimus
XI.

De natalibus restituendis

(Von der Zurückversetzung in den Geburtsstand1.)

1Natalibus suis restitutus nannten die Römer Denjenigen, welcher, als Sclave geboren, vom Kaiser die Ingenuität erhalten hatte. Vgl. L. 2. h. t. u. s. Zimmern a. a. O. §. 216.

1Ul­pia­nus li­bro se­cun­do re­spon­so­rum. A prin­ci­pe na­ta­li­bus suis re­sti­tu­tum eum, qui se in­ge­nuum na­tum prin­ci­pi ad­fir­ma­vit, si ex an­cil­la na­tus est, ni­hil vi­de­ri im­pe­tras­se.

1Ulp. lib. II. Respons. [Ich habe das Gutachten ertheilt,] dass ein solcher vom Kaiser in seinen Geburtsstand Zurückversetzter, welcher dem Kaiser versichert hat, er sei als Freigeborner geboren, Nichts erlangt zu haben scheine, wenn er von einer Sclavin geboren ist.

2Mar­cia­nus li­bro pri­mo in­sti­tu­tio­num. In­ter­dum et ser­vi na­ti ex post fac­to iu­ris in­ter­ven­tu in­ge­nui fiunt, ut ec­ce si li­ber­ti­nus a prin­ci­pe na­ta­li­bus suis re­sti­tu­tus fue­rit. il­lis enim uti­que na­ta­li­bus re­sti­tui­tur, in qui­bus in­itio om­nes ho­mi­nes fue­runt, non in qui­bus ip­se nas­ci­tur, cum ser­vus na­tus es­set. hic enim, quan­tum ad to­tum ius per­ti­net, per­in­de ha­be­tur, at­que si in­ge­nuus na­tus es­set, nec pa­tro­nus eius pot­est ad suc­ces­sio­nem venire. id­eo­que im­pe­ra­to­res non fa­ci­le so­lent quem­quam na­ta­li­bus re­sti­tue­re ni­si con­sen­tien­te pa­tro­no.

2Marcian. lib. I. Inst. Zuweilen werden auch Die, welche als Sclaven geboren sind, in Folge eines nachherigen Ereignisses durch Hülfe des Rechts Freigeborene, wie z. B. wenn ein Freigelassener vom Kaiser in seinen Geburtsstand zurückversetzt worden ist. Denn er wird jeden Falls in den Geburtsstand zurückversetzt, in welchem sich ursprünglich alle Menschen befunden haben, nicht in den, in welchem er selbst geboren wurde, da er als Sclave geboren war. Ein solcher wird nemlich in Bezug auf das ganze Recht ebenso angesehen, als wenn er als Freigeborner geboren wäre, auch kann sein Patron nicht zur Nachfolge gelangen. Und darum pflegen die Kaiser nicht leicht Jemand in den Geburtsstand zurückzuversetzen, wenn nicht der Patron einwilligt.

3Scae­vo­la li­bro sex­to re­spon­so­rum. Re­spon­dit: quae­ris, an in­ge­nui­ta­tis iu­re uta­tur is, quem sanc­tis­si­mus et no­bi­lis­si­mus im­pe­ra­tor na­ta­li­bus suis re­sti­tuit. sed ea res nec du­bi­ta­tio­nem ha­bet nec um­quam ha­buit, quin ex­plo­ra­tum sit ad om­nem in­ge­nui­ta­tis sta­tum re­sti­tui eum, qui is­to be­ne­fi­cio prin­ci­pis uta­tur.

3Scaevola lib. VI. Respons. Scaevola hat das Gutachten ertheilt: du fragst, ob Der sich des Rechts der freien Geburt bedienen könne, welchen der ehrwürdigste und erhabenste Kaiser in seinen Geburtsstand zurückversetzt hat? Aber diese Sache hat weder einen Zweifel, noch hat sie jemals einen solchen gehabt, weil es ausgemacht ist, dass Der in jeder Hinsicht in den Stand der freien Geburt versetzt werde, welcher jene Wohlthat des Kaisers geniesst.

4Pau­lus li­bro quar­to sen­ten­tia­rum. Nec fi­lio pa­tro­ni in­vi­to li­ber­tus na­ta­li­bus suis re­sti­tui pot­est: quid enim in­ter­est, ip­si pa­tro­no an fi­liis eius fiat in­iu­ria?

4Paul. lib. IV. Sentent. Auch nicht wider Willen des Sohnes des Patrons kann ein Freigelassener in seinen Geburtsstand zurückversetzt werden, denn welcher Unterschied findet Statt, ob dem Patron selbst, oder den Söhnen desselben Unrecht geschieht?

5Mo­des­ti­nus li­bro sep­ti­mo re­gu­la­rum. Pa­tro­no con­sen­tien­te de­bet li­ber­tus ab im­pe­ra­to­re na­ta­li­bus re­sti­tui: ius enim pa­tro­ni hoc im­pe­tra­to amit­ti­tur. 1Li­ber­ti­nus, qui na­ta­li­bus re­sti­tu­tus est, per­in­de ha­be­tur, at­que si in­ge­nuus fac­tus me­dio tem­po­re ma­cu­lam ser­vi­tu­tis non sus­ti­nuis­set.

5Modestin. lib. VII. Regular. Ein Freigelassener muss mit Einwilligung des Patrons vom Kaiser in den Geburtsstand zurückversetzt werden; denn das Recht des Patrons geht, wenn dies erlangt worden ist, verloren. 1Ein Freigelassener, welcher in den Geburtsstand zurückversetzt worden ist, wird ebenso angesehen, als wenn er als Freier geboren in der Zwischenzeit den Schandfleck der Sclaverei nicht getragen hätte.