De aqua et aquae pluviae arcendae
(Vom Wasser, und [der Klage] auf Abhaltung des Regenwassers.)
1Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn Jemandem das Regenwasser Schaden droht, so kann durch die Klage auf Abhaltung des Regenwassers die Abhaltung des Wassers bewirkt werden. Regenwasser nennen wir dasjenige, welches vom Himmel fällt und durch den Regen anschwellt: es mag nun, wie Tubero sagt, dieses vom Himmel kommende Wasser an sich Schaden bringen, oder in seiner Vereinigung mit anderem Wasser. 1Diese Klage aber hat bei noch nicht erfolgtem Schaden, jedoch nach bereits errichtetem Werke Statt: das heisst, wegen eines Werks, von welchem Schaden befürchtet wird; und greift so oft Platz, als ein durch Menschenhand errichtetes Werk einem Acker Schaden droht; das heisst, wenn Jemand mit Menschenhand bewirkt hat, dass das Wasser einen andern, als seinen natürlichen Lauf nimmt; wenn er es etwa durch Hinzuleitung [eines andern Wassers] grösser, oder reissender oder stärker gemacht, oder durch Einengen dessen Austritt bewirkt hat. Aber auf den Fall erstreckt sich die Klage nicht, wenn das Wasser durch seinen natürlichen Lauf Schaden anrichtet. 2Neratius schreibt, wenn Jemand ein Werk errichtet hat, um das Wasser entfernt zu halten, welches beim Austreten eines Sumpfes, so oft solcher durch das Regenwasser anwächst, auf seinem Acker abzufliessen pflegte, und das durch jenes Werk zurückgedrängte Wasser den Aeckern des Nachbars Schaden bringen würde; so kann derselbe mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers zum Niederreissen des Werks gezwungen werden. 3Wegen eines solchen Werks, welches zur Bebauung des Ackers mit dem Pfluge gemacht worden, stehe, sagt Quintus Mucius, diese Klage nicht zu. Trebatius hingegen nahm nicht Werke, die des Ackers wegen, sondern lediglich solche aus, welche des Fruchtbaues wegen mit dem Pfluge gemacht worden11Es sind hier Furchen, Wasserlasse, Gräben u. s. w. zur Wässerung oder Austrocknung von Wiesen und Aeckern zu verstehen. A. d. R.. 4Aber auch Gräben, welche zur Austrocknung der Aecker gemacht worden, werden, sagt Mucius, zum Behufe der Bebauung des Landgutes angelegt; doch dürften sie nicht, um das Wasser abzuleiten, gezogen werden: denn ein Jeder müsse seinen Acker auf die Weise verbessern, dass er jenen des Nachbars [dadurch] nicht verschlechtere. 5Wenn aber Jemand auch ohne Wasser gräben pflügen und säen könne, so werde er verbindlich, wenn er dergleichen, obgleich zum Zwecke der Bebauung des Ackers angelegt habe; könnte er nicht anders säen, als nach Anlegung von Wassergräben, so werde er nicht verbindlich. Ofilius aber sagt, Gräben, welche zum Zwecke der Bebauung eines Ackers so geleitet seien, dass sie nach einer Seite gehen, sei man anzulegen berechtigt. 6Aber bei den Schülern22Brisson. voce „Auditores.“ des Servius wird gesagt, wenn Jemand Weidengebüsche gepflanzt habe und deshalb das Wasser sich stauete, so könne die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt werden, im Fall dass jenes Wasser dem Nachbar Schaden verursachen würde. 7Labeo schreibt auch, auf alle jene Werke, die zur Erzielung von Getreidefrüchten und Baumfrüchten angelegt werden, erleide diese Klage keine Anwendung; und es mache keinen Unterschied, zum Anbaue welcher Früchte das Werk errichtet werde. 8Sabinus und Cassius sagen eben so, Gegenstand dieser Klage sei ein durch Menschenhand errichtetes Werk, wenn es nicht zur Bebauung eines Ackers angelegt werde. 9Jedoch wenn Jemand Wassergräben, die ἕλικες genannt werden, mache, so werde er mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers gehalten. 10Dieselben sagen, wenn das Wasser seinen natürlichen Abfluss habe, so finde die Klage auf Abhaltung des Regenwassers nicht Statt: wenn aber durch Anlage des Werks das Wasser entweder auf die höher liegende Seite zurückgedrängt, oder auf die niedriger liegende hingeleitet wird, so stehe die Klage auf Abhaltung des Regenwassers zu. 11Dieselben behaupten, Jedermann sei berechtigt, das Regenwasser auf seinem Eigenthum zurückzuhalten, oder, wenn dasselbe überströme, es von des Nachbars Grundstück auf das seinige hinzuleiten, wenn er nur kein Werk auf fremdem Eigenthum anlege: denn Niemandem ist verwehrt, sich selbst Nutzen zu schaffen, wenn ein Anderer dadurch keinen Schaden erleidet: und Niemand könne deshalb belangt werden. 12Auch schreibt Marcellus, gegen Denjenigen, welcher dadurch, dass er auf seinem Grund und Boden [einen Brunnen] grub, dem Nachbar die Quelle abgeschnitten, könne keine Klage angestellt werden; auch nicht die Klage wegen Arglist: in der That darf [diese Klage] nicht Statt finden, wenn er solches nicht in der Absicht gethan, dem Nachbar zu schaden, sondern nur um seinen Acker zu verbessern. 13Nicht minder ist zu merken, dass diese Klage sowohl dem höher Liegenden gegen den niedriger Liegenden zustehe, dass er das Wasser, welches einen natürlichen Abfluss habe, mittels Anlage eines Werks nicht hindere, durch seinen Acker abzufliessen: als auch dem niedriger Liegenden gegen den höher Liegenden, dass er ihm das Wasser auf keine andere Weise, als in seinem natürlichen Abflusse zusende. 14Dem ist noch beizufügen, dass diese Klage niemals zustehe, wenn die natürliche Lage des Platzes schadet: denn hier, könnte man richtiger sagen, schadet nicht das Wasser, sondern die natürliche Lage des Platzes. 15Ueberhaupt halte ich dafür, dass die Klage auf Abhaltung des Regenwassers lediglich alsdann Statt findet, wenn Regenwasser, oder solches Wasser, das durch den Regen wächst, nicht in seinem natürlichen Laufe Schaden drohet, sondern wegen Anlage eines Werks: sobald dasselbe nicht zur Bebauung des Ackers errichtet worden ist. 16Durch Regen wächst dasjenige Wasser, das seine Farbe ändert, oder anschwillt. 17Ad Dig. 39,3,1,17Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 169, Note 11.Wohl zu merken, dass diese Klage nicht anders Statt findet, als wenn Regenwasser einem Acker Schaden bringt. Wenn es übrigens einem Gebäude oder Wohnhause schadet, findet jene Klage nicht Statt: doch wird man mit der Klage auftreten können, dass [der Nachbar] das Recht nicht habe, Einem die Wassertraufe oder den Abfluss zuzusenden. Deshalb sagen auch Labeo und Cascellius, die Klage auf Abhaltung des Regenwassers sei eine besondere, die Klage wegen Abfluss und Wassertraufe eine allgemeine: und man dürfe sie überall anstellen. Demnach wird das Wasser, welches einem Acker schadet, durch die Klage auf Abhaltung des Regenwassers abgehalten werden. 18Auch darnach hat man nicht zu fragen, wo das Wasser entspringt: denn auch wenn es auf einem öffentlichen, oder den Göttern geweihten Platze entspringt und durch das Landgut des Nachbars seinen Lauf nimmt, wird derselbe nach Labeo’s Behauptung mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers belangt, wenn er es durch Anlage eines Werks auf mein Landgut hinleitet. 19Cassius schreibt auch, wenn das Wasser von einem Wohnhause in der Stadt einem Acker oder einem Wohnhause auf dem Lande schade, müsse man Klage wegen Abfluss und Wassertraufe anstellen. 20Bei Labeo aber finde ich vorgetragen, wenn das von einem Acker abfliessende Wasser einem Platze schadet, der innerhalb der Vorstadt33Nach der Lesart: „qui est intra continentia aedificia.“ Brisson. voce: „Continentia Aedificia.“ Will man hingegen „qui est intra continentia, hoc est, aedificio“ lesen, so wäre in diesem Paragraphen von solchen Plätzen die Rede, welche innerhalb der Gebäude liegen, also von den Hofräumen. liegt, so könne ich nicht mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers belangt werden. Wenn es aber aus der Vorstadt hervor und auf meinen Acker abfliesse, so habe die Klage auf Abhaltung des Regenwassers Statt. 21Wie aber ein Werk, welches so angelegt ist, dass mir das Regenwasser Schaden bringt, in diese Klage fällt; so fragt es sich im entgegengesetzten Falle, ob die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt werden könne, wenn der Nachbar ein Werk angelegt habe, damit das Wasser, welches sonst durch seinen Abfluss meinem Acker Nutzen gebracht hatte, diesem nicht mehr nützlich sei? Ofilius und Labeo sind der Meinung, man könne nicht klagen, wenn ich gleich ein Interesse dabei habe, dass mir das Wasser zufliesse; denn diese Klage finde Statt, wenn Regenwasser Schaden drohe, nicht wenn es keinen Nutzen gewähre. 22Ad Dig. 39,3,1,22Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 473, Note 7.Aber auch, wenn der Nachbar ein Werk niederreisst und hierdurch das Wasser in seinem natürlichen Abflusse auf den niedriger liegenden Acker schadet, glaubt Labeo, könne nicht die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt werden; denn es sei allzeit eine Dienstbarkeit der niedriger liegenden Grundstücke, dass sie das im natürlichen Laufe abfliessende Wasser aufnähmen. Allerdings aber, gesteht auch Labeo zu, könne die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt werden, wenn durch die Niederreissung jenes Werks das Wasser reissender hervorströme, oder sich ansammle. 23Ad Dig. 39,3,1,23Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 473, Note 7.Es sind auch, sagt derselbe, für die Lage der Aecker gewisse Gesetze gegeben: so dass bei den Aeckern, wo grosse Wasserfluthen wären, mir z. B. erlaubt sei, auf deinem Acker Dämme oder Gräben zu haben: wenn jedoch für den Acker eine solche Vorschrift nicht ertheilt worden sei, so sei die natürliche Lage des Ackers zu beachten, und immer der niedriger liegende dem höher liegenden dienstbar: diesen Nachtheil müsse, der Natur der Sache nach, der niedriger liegende Acker von dem höher liegenden ertragen und ihn mit einem anderen Vortheile ausgleichen; denn so gut ihm die ganze Fettigkeit des Bodens zufliesse, so gehe ihm auch der Nachtheil des Wassers zu: wenn jedoch für den Acker eine ausdrückliche Vorschrift fehle, so trete das Herkommen an deren Stelle: denn allerdings befolgen wir dies auch bei Dienstbarkeiten, dass, wo keine Dienstbarkeit bestellt worden ist, Derjenige, welcher sich der Dienstbarkeit lange, weder mit Gewalt, noch heimlich, noch bittweise bedient hat, dafür angesehen wird, als habe er eine durch lange Gewohnheit begründete, oder eine rechtlich bestellte Dienstbarkeit. Wir können also den Nachbar nicht zwingen, Dämme zu errichten, aber wir dürfen sie auf dessen Acker errichten, und dieses wird eine Quasidienstbarkeit sein, wofür wir eine analoge Klage oder Interdict haben.
2Paul. lib. XLIX. ad Ed. Ueberhaupt ist es dreierlei, wodurch ein niedriger liegender Ort dem höher liegenden dienstbar ist: ausdrückliche Festsetzung, natürliche Lage des Orts, Alter, welches immer als Bestimmung gilt, zur Verminderung der Rechtstreite. 1Bei Labeo kommt der Fall vor, es sei ein alter Graben zur Austrocknung der Aecker vorhanden, und es wisse sich Niemand mehr zu erinnern, wann derselbe gemacht worden sei: der niedriger liegende Nachbar reinigte solchen nicht; auf diese Weise geschah es, dass durch dessen Austreten das Wasser unserem Landgute Schaden zufügte. Labeo sagt deshalb, man könne gegen den niedriger liegenden Nachbar die Klage auf Abhaltung des Regenwassers anstellen: dass er entweder selbst [den Graben] reinige, oder Dir gestatte, solchen in den vorigen Zustand wiederherzustellen. 2Ferner wenn ein Graben an der Grenzscheide liegt, und der Nachbar Dir nicht gestattet denjenigen Theil zu reinigen, welcher zu Deinem Eigenthum gehört, so könnest Du, sagt Labeo, mit um so mehr Grund die Klage auf Abhaltung des Regenwassers anstellen. 3Cassius aber schreibt, wenn auf öffentliche Anordnung Werke gemacht werden, um uns das Wasser zuzusenden, so gehöre das nicht zu der Klage auf Abhaltung des Regenwassers. Dasselbe gelte auch hinsichtlich jener Werke, deren Alter über Menschengedenken hinausreiche. 4Bei Atejus hingegen wird gesagt, einen solchen Graben, aus welchem das Wasser auf das niedrigere Grundstück abfliesst, könne der Nachbar zu reinigen gezwungen werden, dessen Entstehung mag über Menschengedenken hinausreichen, oder nicht: dem glaube ich mich selbst anschliessen zu müssen. 5Varus erzählt, einen Damm, der sich auf dem Grundstücke des Nachbars befand, riss die Gewalt des Wassers nieder: dies hatte zur Folge, dass das Regenwasser mir Schaden zufügte: Varus behauptet, wenn es ein natürlicher Damm gewesen, so könne ich den Nachbar nicht durch die Klage auf Abhaltung des Regenwassers zwingen, denselben wiederherzustellen, oder [von mir] herstellen zu lassen. Das ist auch seine Meinung, wenn er durch Menschenhände errichtet gewesen, dessen Entstehung aber über Menschengedenken hinausreicht; reiche die Entstehung nicht über Menschengedenken hinaus, so glaubt er, der Nachbar könne mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers belangt werden. Labeo hingegen behauptet, wenn der Damm durch Menschenhand errichtet worden, so könne auf seine Wiederherstellung geklagt werden, obgleich seine Entstehung über Menschengedenken hinausreiche: denn mittels dieser Klage könne Niemand angehalten werden, dem Nachbar Vortheil zu bringen, wohl aber demselben keinen Schaden zuzufügen, oder ihn nicht zu stören in dem, was er mit Recht thun kann. Aber wenn auch die Klage auf Abhaltung des Regenwassers nicht Statt findet, so meine ich demohngeachtet, dass mir eine analoge Klage oder ein Interdict gegen den Nachbar zustehe, wenn ich einen Damm auf seinem Acker wiederherstellen will, dessen Errichtung mir Nutzen, ihm aber keinen Schaden bringen wird: dies erheischt die Billigkeit, wenn es gleich an einer Gesetzesvorschrift [darüber] mangelt. 6Bei Namusa wird angegeben, wenn ein fliessendes Wasser sein Bett durch Unrath verstopft habe, und durch seine Ueberströmung dem höher liegenden Acker Schaden bringe, so könne gegen den niedriger liegenden Nachbar geklagt werden, dass er dessen Reinigung gestatte: denn diese Klage sei nicht nur hinsichtlich der durch Menschenhand errichteten Werke anwendbar, sondern auch bei allen, ohne Willen [des Nachbars] entstandenen. Labeo ist entgegengesetzter Meinung mit Namusa: denn er sagt, die natürliche Lage eines Ackers könne sich von selbst ändern, und wenn sich die natürliche Lage des Ackers von selbst geändert, so müsse es jeder mit Gleichmuth ertragen, sein Zustand möge sich verbessert oder verschlechtert haben; deshalb könne auch, wenn durch ein Erdbeben, oder einen Wolkenbruch die Beschaffenheit des Ackers eine Veränderung erlitten habe, Niemand gezwungen werden, die Wiederherstellung des Platzes in seinen früheren Zustand zu gestatten: wir aber haben auch für diesen Fall der Billigkeit Raum gegeben. 7Derselbe Labeo sagt, wenn das Zusammenströmen der Gewässer auf Deinem Acker einen Platz ausgehöhlt hat, so könne die Klage auf Abhaltung des Regenwassers nicht von Deinen Nachbarn wider Dich angestellt werden. Wenn aber ein Graben rechtlich errichtet worden, oder ein solcher, dessen Ursprung über Menschengedenken hinausreiche, vorhanden sei, so könne allerdings wider Dich mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers geklagt werden, dass Du ihn ausbesserst. 8Derselbe Labeo sagt, bei der Untersuchung, ob die Errichtung eines Werks über Menschengedenken hinausreiche, müsse nicht gerade Tag- und Jahreszahl bis zur völligen Gewissheit ausgemittelt werden, sondern es genüge, wenn Jemand von dessen Errichtung wisse, d. h. wenn über dessen Errichtung kein Zweifel obwalte: es sei auch nicht einmal durchaus nothwendig, dass noch Leute am Leben seien, die sich derselben erinnern, sondern es reiche schon hin, wenn sie es von Leuten gehört, die noch Erinnerung davon gehabt. 9Derselbe Labeo sagt, wenn der Nachbar einen Fluss, oder Giessbach weggeleitet habe, damit das Wasser nicht zu ihm gelange, und auf solche Weise bewirkt worden sei, dass dem andern Nachbar ein Schaden zugehe, so könne die Klage auf Abhaltung des Regenwassers nicht wider ihn angestellt werden: denn das Wasser abhalten, heisse dessen Einströmung verhindern. Diese Meinung ist auch die richtigere, wenn es derselbe nur nicht in der Absicht gethan hat, Dir zu schaden, sondern von sich Schaden abzuwenden. 10Ad Dig. 39,3,2,10Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 211a, Note 11.Auch das halte ich für richtig, was Ofilius schreibt: wenn Dein Landgut dem Nachbar dienstbar sei und deshalb das Wasser aufnehme, so finde die Klage auf Abhaltung des Regenwassers nicht Statt: jedoch nur insofern, wenn es keinen übermässigen Schaden zufügt. Dem entspricht auch, was Labeo meint: wenn Jemand seinem Nachbar das Recht eingeräumt habe, das Wasser [auf sein Grundstück] abfliessen zu lassen, so könne er die Klage auf Abhaltung des Regenwassers nicht anstellen.
3Ulp. lib. LIII. ad Ed. Bei Trebatius ist der Fall aufgestellt, Jemand, auf dessen Grundstück Wasser entspringt, habe an der Quelle eine Walkerei errichtet, und aus dieser das Wasser auf das Grundstück des Nachbars abfliessen zu lassen begonnen; er sagt nun, dieser könne nicht mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers belangt werden; wenn er jedoch das Wasser zusammenleitet, oder Unrath in dasselbe einfliessen lässt, so erachten die Meisten dafür, es könne ihm verwehrt werden. 1Derselbe Trebatius meint, Derjenige, welchem abfliessende warme Bäder Schaden drohen, könne wider seinen Nachbar die Klage auf Abhaltung des Regenwassers anstellen: dies ist unrichtig; denn warmes Wasser ist kein Regenwasser. 2Wenn der Nachbar, welcher sein Feld zur bestimmten Zeit zu wässern pflegte, eine Wiese daselbst angelegt, und durch beständiges Wässern seinem Nachbar Schaden zuzufügen begonnen hat, so sei derselbe, sagt Ofilius, weder mit der Klage wegen drohenden Schadens, noch mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers zu belangen; es sei denn, dass der Platz geebnet worden, und dadurch das Wasser einen rascheren Lauf zu dem Nachbar hin genommen hat. 3Es ist angenommen, dass mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers blos Derjenige belangt werden kann, welcher ein Werk auf seinem Eigenthum errichtet: und dies ist Rechtens. Errichtet daher Jemand auf öffentlichem Eigenthum ein Werk, so hat diese Klage nicht Statt: und Derjenige, der sich keine Sicherheit wegen drohenden Schadens hat leisten lassen, muss es sich selbst zuschreiben; ist jedoch ein Werk auf Privateigenthum errichtet und auf öffentliches Eigenthum ausgedehnt worden, so könne, sagt Labeo, wegen des Ganzen die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt werden. 4Ad Dig. 39,3,3,4Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 473, Note 17.Der Nutzniesser kann weder selbst die Klage auf Abhaltung des Regenwassers anstellen, noch kann sie gegen ihn angestellt werden.
4Ulp. lib. LIII. ad Ed. Obgleich aber die Klage auf Abhaltung des Regenwassers nur wider den Eigenthümer des Werks geht, so ist, schreibt Labeo, im Falle Jemand ein Grabmal gebaut habe und hierdurch das Wasser Schaden drohe, dennoch mit mehr Grund anzunehmen, dass derselbe mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers belangt werden könne, wenn er gleich dadurch, dass der Ort ein Begräbnissplatz geworden, aufgehört habe, Eigenthümer des Werks zu sein: denn er war der Eigenthümer zur Zeit, als er das Werk errichtete; und wenn er, durch Befehl des Richters genöthigt, das Werk in den früheren Stand wiederhergestellt, so finde die Klage wegen Verletzung eines Grabmals nicht Statt. 1Julianus schreibt auch, wenn, nach Anstellung der Klage auf Abhaltung des Regenwassers, Derjenige, gegen welchen wegen bereits erfolgten Schadens und Niederreissung des Werks geklagt worden, das Landgut veräussert habe, so müsse der Richter die nemliche Entscheidung geben, wie wenn keine Veräusserung Statt gefunden hätte: denn obgleich das Landgut veräussert worden sei, so bleibe demohngeachtet die Klage dieselbe, und es komme auch jener Schaden dabei in Betracht, der sich nach der Veräusserung zuträgt. 2Derselbe Julianus schreibt, die Klage auf Abhaltung des Regenwassers gehe lediglich wider den Eigenthümer. Wenn deshalb ein Pächter, ohne Willen des Eigenthümers, ein Werk errichtet habe, so habe der Eigenthümer des Landguts nichts weiter zu thun, als die Wiederherstellung des vorigen Zustandes zu gestatten; der Pächter aber könne mit dem Interdict Was mit Gewalt oder heimlich gezwungen werden, die Kosten zur Niederreissung des Werks und den Schaden, wenn einer dadurch veranlasst worden ist, zu erstatten; wenn jedoch der Eigenthümer Sicherheit wegen drohenden Schadens von Demjenigen verlange, von dessen Grundstück ihm Schaden droht, so wird es ganz billig sein, dass ihm Sicherheit geleistet werden müsse. 3Auf gleiche Weise wird, wenn nicht ich, sondern mein Geschäftsbesorger ein solches Werk errichtet hat, dass das Regenwasser dem Nachbar Schaden droht, gegen mich die Klage in dem natürlichen Masse, wie wider den Pächter zustehen; der Geschäftsbesorger selbst aber wird mit dem Interdicte Was mit Gewalt oder heimlich belangt werden können, und zwar Julian’s Meinung zufolge, auch nach Niederreissung des Werks.
5Paul. lib. XLIX. ad Ed. Wenn der Pächter, ohne Wissen des Eigenthümers, ein Werk errichtet hat, wodurch das Wasser den Nachbar Schaden droht, so sei, begutachtete Labeo, der Pächter mit dem Interdicte Was mit Gewalt oder heimlich zu belangen: der Eigenthümer des Landguts aber mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers, weil er allein das Werk wieder niederreissen kann; jedoch brauche er nur dann die Wiederherstellung des vorigen Zustandes zu gestatten, wenn ihm durch Stipulation Sicherheit wegen drohenden Schadens geleistet werde; und wenn er einen Kostenaufwand bei Wiederherstellung des vorigen Zustandes bestritten habe, so könne er dessen Ersatz mit der Klage aus dem Verpacht vom Pächter erhalten: man müsse denn aus dem Grunde das Gegentheil annehmen wollen, weil er ja zur Wiederherherstellung nicht verbunden gewesen. Hat aber [der Pächter] auf Geheiss des Eigenthümers gehandelt, so könne auch der Eigenthümer mit dem Interdicte belangt werden.
6Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn der dritte Nachbar ein Werk errichtet hat, wodurch das, durch das Landgut meines ersten Nachbars abfliessende Wasser mir Schaden droht, so könne ich, sagt Sabinus, entweder gegen den Ersten, oder gegen den Dritten, mit Uebergehung des Ersten, Klage anstellen: diese Meinung ist richtig. 1Wenn das von einem Mehreren gemeinschaftlich gehörenden Landgute abfliessende Wasser schadet, oder das einem Mehreren gemeinschaftlich gehörenden Landgute [zufliessende Wasser] Schaden bringt, so war man der Meinung, und ist auch Rechtens, dass, wenn das Landgut Mehreren gemeinschaftlich gehört, Jeder derselben für seinen Antheil klagen mag und seinen Antheil zuerkannt erhält; oder wenn gegen mehrere Miteigenthümer Klage geführt wird, Jeder derselben auf seinen Antheil belangt und in seinen Antheil verurtheilt wird. 2Daran schliesst sich die Frage: Wenn das Wasser von Deinem Acker fliesst und einem Acker Schaden bringt, der mir und Dir gemeinschaftlich gehört, kann ich die Klage auf Abhaltung des Regenwassers anstellen? Ich sollte glauben, dass sie Statt finde; jedoch in der Art, dass die Hälfte des Schadens erstattet werde. 3Auch im umgekehrten Falle, wenn der Acker unser gemeinschaftliches Eigenthum ist, von welchem das Wasser einem Acker, der [einem von uns] allein gehört, Schaden bringt, wird man mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers Schadenersatz erlangen können, jedoch nur die Hälfte. 4Wenn Jemand, bevor er die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt, das Eigenthum des Landgutes auf einen Andern übertragen hat, so verliert er die Klage auf Abhaltung des Regenwassers, und sie wird auf Denjenigen übergehen, dessen Eigenthum der Acker geworden; denn da dieselbe den künftigen Schaden umfasst, so wird sie Dem zustehen, welcher [nun] Eigenthümer ist: obgleich das Werk vom Nachbar zu einer Zeit errichtet worden, als das Eigenthum einem Andern gehörte. 5Man darf nicht ausser Acht lassen, dass die Klage auf Abhaltung des Regenwassers keine dingliche, sondern eine persönliche Klage ist. 6Die Pflicht des Richters aber wird diese sein: dass er, wenn ein Werk vom Nachbar errichtet worden, es ihm wieder niederzureissen und den Schaden zu ersetzen befiehlt, im Falle ein solcher sich nach der Einlassung auf das Verfahren ereignet hat: hat sich der Schaden vor der Einlassung auf das Verfahren zugetragen, so wird derselbe blos das Werk wieder niederreissen müssen, den Schaden braucht er nicht zu erstatten. 7Celsus schreibt, wenn ich selbst ein Werk errichtet habe, wodurch Dir das Regenwasser Schaden bringt, so kann ich gezwungen werden, es auf meine Kosten niederreissen zu lassen: hat es ein Andrer, der mich nichts angeht, errichtet, so genüge es, dass ich Dir die Niederreissung gestatte. Wenn es aber ein Sclave, oder Jemand, den ich beerbt habe, errichtet hat, so darf ich zwar den Sclaven für den Schaden ausliefern, was aber Den betrifft, dessen Erbe ich bin, so ist es eben so, als wenn ich es selbst gethan hätte. 8Die Schätzung aber wird der Richter nach dem wahren Werthe der Sache anstellen, d. h. des Schadens, der sich als entstanden ergiebt.
7Paul. lib. XVIII. ad Ed. Wenn auch Derjenige, gegen welchen die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt wird, weil er ein Werk errichtet hat, bereit ist, den Platz aufzugeben; so ist er doch gezwungen, sich in den Streit einzulassen, weil die Klage auch darauf wider ihn gerichtet ist, dass er das Werk wieder niederreisse. 1Anders ist es bei dem Käufer in gutem Glauben: denn dieser hat blos die Niederreissung zu gestatten. Will derselbe daher den Platz aufgeben, so muss er gehört werden: denn er leistet mehr [als ihm obliegt].
8Ulp. lib. LIII. ad Ed. Bei der Einräumung des Rechts der Wasserleitung wird nicht nur die Einwilligung Derjenigen erfordert, auf deren Grund und Boden das Wasser entspringt, sondern auch Derer, welchen die Benutzung dieses Wassers zukommt, d. h. Derjenigen, welchen die Dienstbarkeit der Wasserleitung44Servitus aquae, oder jus aquae = aquae ducendae jus. zustand: und nicht ohne Grund; denn da ihr Recht geschmälert wird, so ist es folgerecht, ihre Einwilligung einzuholen. Ueberhaupt es mag Jemand auf den Platz selbst, wo das Wasser entspringt, oder auf die darauf haftenden Rechte, oder auf das Wasser selbst einen Anspruch haben, so muss auf dessen Zustimmung Rücksicht genommen werden.
9Paul. lib. XLIX. ad Ed. Ist ein Grundstück mit dem Vorbehalt des bessern Gebots verkauft worden, so ist die Einwilligung des Käufers sowohl, als des Verkäufers erforderlich; damit, es mag nun das Gut dem Käufer verbleiben, oder nicht, [auf jeden Fall] Gewissheit darüber vorhanden ist, dass die Zugestehung der Wasserleitung mit Einwilligung des Eigenthümers erfolgt sei. 1Es wird aber deshalb die Zustimmung erfordert, damit der Eigenthümer nicht ohne sein Wissen eine Ungerechtigkeit erleide: denn Derjenige, welcher einmal eingewilligt hat, kann nicht angesehen werden, als ob er eine Ungerechtigkeit erleide. 2Bei der Ueberlassung der Wasserleitung wird aber nicht allein die Zustimmung Desjenigen verlangt, welchem das Recht der Wasserleitung zusteht, sondern auch die des Eigenthümers des Platzes, wenngleich der Eigenthümer das Wasser nicht benutzen kann, weil das volle Recht auf ihn zurückfallen kann.
10Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn aber der Eigenthümer des Platzes, von welchem das Wasser bezogen wird, mehrere sind, so unterliegt es keinem Zweifel, dass die Zustimmung Aller erforderlich sei: denn es schien unbillig, dass die Zustimmung Eines Miteigenthümers, der vielleicht einen unbedeutenden Antheil besitzt, den andern Theilhabern Eintrag thun solle. 1Ob aber die Zustimmung nachträglich erfolgen könne? ist die Frage. Man hält dafür, es mache keinen Unterschied, ob die Zustimmung vor Errichtung der Wasserleitung, oder nach derselben erfolgt sei: weil der Prätor auch die später ertheilte Zustimmung schützen muss. 2Wenn ein Fluss schiffbar ist, so dürfe, sagt Labeo, der Prätor keine Wasserleitung aus demselben gestatten, welche den Fluss weniger schiffbar macht. Dasselbe gilt, wenn durch diesen Fluss ein anderer schiffbar wird.
11Paul. lib. XLIX. ad Ed. Ueber den Fusssteig eines Andern ist man nicht berechtigt, einen Bogen zu einer Wasserleitung zu errichten. Auch Derjenige, welchem das Recht des Fahrweges zusteht, ist nicht befugt, [einen Bogen über die Wasserleitung eines Andern] zu errichten; aber eine Brücke, um darüber zu fahren, wird er mit Recht bauen. Wenn Jemand55Dem das Recht der Wasserleitung zusteht. aber einen offenen, keinen bedeckten Wassergang66Specus = canalis apertus, cuniculus = canalis opertus. unter einem Canal hinführt, so wird das Wasser verdorben werden, weil durch diese Austiefung das Wasser abfliesst und der Bach austrocknet. 1Cassius sagt, wenn das Wasser aus einem gemeinschaftlichen Landgute, oder einem gemeinschaftlichen Landgute Schaden bringe, so könne entweder Einer gegen Einen, oder Einer besonders wider die Einzelnen, oder die Einzelnen besonders gegen Einen, oder die Einzelnen gegen die Einzelnen klagen. Wenn Einer geklagt habe, und die Niederreissung des Werks, und Streitwürderung erfolgt sei, so falle die Klage der Uebrigen weg. Ebenso erlösche die Verbindlichkeit der Uebrigen, wenn gegen Einen geklagt worden und derselbe Ersatz geleistet habe; und was Namens der Theilhaber gegeben worden, könne durch die Gemeingutstheilungsklage vermöge schiedsrichterlichen Ermessens zurückerstattet verlangt werden; und man müsse nicht gerade Denjenigen von den Theilhabern belangen, der das Werk errichtet, [sondern] ebenso auch Derjenige den Schaden ersetzen, welcher das Werk veranlasst habe. 2Proculus sagt bei Ferox, wenn gegen Einen der Eigenthümer geklagt worden, der das Werk nicht errichtet habe, so müsse derselbe das Werk auf seine Kosten niederreissen lassen: weil ihm die Gemeingutstheilungsklage zusteht; er [Ferox] aber sei eher der Meinung, es müsse derselbe lediglich die Niederreissung des Werks gestatten: weil der Kläger, der nicht wider Denjenigen klagt, von welchem das Werk errichtet worden, durch sein eigenes Verschulden diesen Nachtheil erleide; es ist auch unbillig, dass Derjenige, welcher das Werk nicht errichtet hat, solches deshalb niederreissen müsse, weil er die Gemeingutstheilungsklage anstellen könne; denn wie, wenn sein Theilhaber nicht zahlungsfähig sein sollte? 3Was aber [bei dieser Klage] die Pflicht eines zwischen Zweien bestellten Richters sein werde, darüber, sagt Julianus, sei er im Zweifel: wenn [nemlich] das Landgut, welchem das Wasser Schaden bringe, oder dasjenige, auf welchem das Werk errichtet worden, Mehreren gehört, und wider Einen Klage angestellt wird, wird alsdann sowohl im Betreff des nach der Einleitung des Verfahrens erfolgten Schadens, als auch wegen unterbliebener Niederreissung des Werks, die Verurtheilung auf das Ganze erfolgen müssen? — wie bei der Noxalklage, wenn sie wegen eines gemeinschaftlichen Sclaven gegen Einen angestellt wird, die Verurtheilung auf das Ganze erfolgt, weil derselbe von seinem Theilhaber Ersatz seiner Leistung erlangen kann, — oder muss Derjenige, wider welchen geklagt wird, nach seinem Antheil sowohl wegen des erfolgten Schadens, als wegen unterbliebener Niederreissung des Werks verurtheilt werden? — wie solches bei der Klage wegen drohenden Schadens geschieht, wenn dasjenige Grundstück, von welchem der Schaden befürchtet wird, mehrere Eigenthümer hat, und wider Einen geklagt wird, und wobei, obgleich das Werk, von welchem der Schaden droht, untheilbar ist, und das Haus selbst, so wie der Grund und Boden nicht theilweise Schaden verursachen können, demohngeachtet Derjenige, wider welchen geklagt wird, auf seinen Antheil verurtheilt wird —? [Julianus] ist eher der Meinung, es sei bei der Klage auf Abhaltung des Regenwassers dasselbe, wie bei der Klage wegen drohenden Schadens zu beobachten: weil es sich auf beiden Seiten nicht un bereits erfolgten, sondern um künftigen Schaden handelt. 4Gehört das Landgut aber, welchem das Regenwasser Schaden droht, Mehreren, so könne zwar auch jeder Einzelne klagen: jedoch von demjenigen Schaden, der nach der Einleitung des Verfahrens erfolgt ist, werde jeder Einzelne nicht mehr als seinen Antheil ersetzt erhalten: ebenso dürfe, wenn das Werk nicht wieder niedergerissen worden, die Verurtheilung auf nicht mehr, als das theilweise Interesse eines jeden Einzelnen dabei geschehen. 5Wenn das Wasser aus dem, Einem [der Theilhaber] gehörigen, Acker in deren gemeinschaftlichen abgelassen werde, so könne, sagt Ofilius, der [andere] Theilhaber wider denselben klagen. 6Trebatius hält dafür, wenn wegen eines solchen Werks geklagt werde, das durch Menschenhand errichtet worden, so müsse es allerdings von Demjenigen, wider welchen geklagt wird, wieder niedergerissen werden: wenn aber der Acker durch die Gewalt des Stromes verwüstet, oder Kies eingeschwemmt, oder ein Graben mit Schlamm angefüllt worden sei, alsdann müsse [dem Kläger] blos [die Wiederherstellung des früheren Zustandes] gestattet werden.
12Paul. lib. XVI. ad Sabin. Der Käufer, wenn es nicht ein Scheinverkauf ist, und die übrigen Nachfolger müssen, entweder, wenn sie dies wollen, das errichtete Werk wieder niederreissen, oder [die Niederreissung dem Kläger] gestatten: denn offenbar muss der Kläger den Nachtheil seiner Zögerung selbst tragen. Ein Gleiches gilt hinsichtlich des Theilhabers Desjenigen, der das Werk errichtet hat, wenn er nicht selbst dessen Urheber gewesen. Dasselbe findet auch bei einem verschenkten oder vermachten Landgute Statt.
13Gaj. ad Ed. Praet. Urban. tit. de aq. pluv. arc. Der Verkäufer oder Schenker aber können mit dem Interdicte Was mit Gewalt oder heimlich sowohl wegen des Schadens, als der vom Kläger bestrittenen Kosten belangt werden.
14Paul. lib. XLIX. ad Ed. Atejus sagt, wenn Derjenige, welcher das Werk errichtet hat, das Grundstück an einen Mächtigern verkauft habe, so müsse wider denselben, weil er aufgehört habe, Eigenthümer zu sein, das Interdict Was mit Gewalt oder heimlich angestellt werden: sei [bereits] ein Jahr verflossen, so finde die Klage wegen Arglist Statt. 1Bei der Klage auf Abhaltung des Regenwassers wird eine Handlung, welche Schaden verursacht, erfordert. Hat sich daher durch Schadhaftigkeit des Platzes ein Theil des Grund und Bodens gesenkt, so steht diese Klage nicht zu, wenngleich durch diese Veranlassung das Regenwasser dem niedriger Liegenden Schaden droht. Dasselbe ist vielleicht zu behaupten, wenn auf einem Acker ein durch Menschenhand errichtetes Werk sich gesenkt hat. 2Bei dieser Klage, sowie bei der Klage wegen drohenden Schadens, kommt der künftige Schaden in Betracht, während bei fast allen übrigen Klagen der geschehene Schaden ersetzt wird. 3Wegen des früher geschehenen Schadens muss man das Interdict Was mit Gewalt oder heimlich anstellen; wegen jenes Schadens, der sich nach dem Ausspruche des Richters ereignen wird, muss Sicherheit wegen drohenden Schadens geleistet, oder das Werk so wieder niedergerissen werden, dass keine Gefahr des Schadens mehr vorhanden ist. 4Wegen eines solchen Werks, das nach der Einleitung des Verfahrens errichtet worden, muss eine neue Klage gestellt werden.
16Pompon. lib. XX. ad Sabin. Der Verkäufer kann, selbst nach dem Verkaufe und der Uebergabe, den Schaden, welcher an einem Landgute, hinsichtlich77D. h. zu dessen Vortheil. Accurs. dessen zuvor die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt worden, sich ereignet hat, mit dieser Klage erstattet verlangen: nicht weil [ihm] dem Verkäufer, sondern weil der Sache ein Schaden erwachsen ist, und derselbe muss den [empfangenen] Ersatz dem Käufer herausgeben. Wenn aber der Beklagte vor dem Eintritte des Schadens verkauft hat88Jenes Grundstück nemlich, von welchem der Schaden herrührt., so muss man sogleich wider den Käufer Klage anstellen: oder innerhalb Jahresfrist gegen den Verkäufer, wenn er es, um die Klage zu vermeiden, gethan hat.
17Paul. lib. XV. ad Plaut. Wenn mir früher die Dienstbarkeit, des Nachts Wasser [aus einem Grundstücke] zu beziehen, zugestanden, alsdann in der Folge mir durch ein anderes Zugeständniss auch bei Tage Wasser zu beziehen, gestattet worden ist, und ich die [gesetzlich] bestimmte Zeit hindurch mich des Wasserbezugs nur bei Nacht bedient habe, so verliere ich die Dienstbarkeit bei Tage Wasser zu beziehen, weil in diesem Falle mehrere, [aus] verschiedenen Rechtsgeschäften [herrührende] Dienstbarkeiten vorliegen. 1Mit Recht ist angenommen worden, es sei lediglich alsdann gestattet, das Wasser über Steine zu leiten, wenn es bei Bestellung der Dienstbarkeit ausgemacht worden sei; denn es ist nicht gewöhnlich, dass, wer das Recht des Wasserbezugs habe, es über ein Pflaster leite: was aber insgemein üblich sei, nemlich das Wasser in Röhren zu leiten, dürfe geschehen, wenngleich bei Bestellung der Dienstbarkeit nichts darüber festgesetzt worden; jedoch so, dass dem Eigenthümer des Landgutes dadurch kein Schaden zugefügt werde. 2Man hat sich dafür entschieden, dass, wenn ein öffentlicher Weg dazwischenliege, die Dienstbarkeit des Wasserschöpfens bestellt werden könne: und es ist richtig, jedoch nicht blos allein wenn ein öffentlicher Weg, sondern auch, wenn ein öffentlicher Fluss [dazwischenliegt]; gleichwie auch in dem Falle, dass ein öffentlicher Fluss dazwischenfliesst, die Dienstbarkeit des Fahrwegs, Fusssteigs [und] der Uebertrift auferlegt werden kann, d. h. wenn die Grösse des Flusses den Uebergang [über denselben] nicht hindert. 3So werde ich auch, wenn mein Nachbar nicht meinem anstossenden, sondern meinem entfernter liegenden Grundstücke zu einer Dienstbarkeit verbunden ist, klagen können, dass mir das Recht zustehe, nach jenem entfernter liegenden Landgute zu fahren, obgleich ich selbst keine Dienstbarkeit an meinem Landgute habe: gleichwie wenn ein öffentlicher Weg, oder ein Fluss, den man durchwaten kann, dazwischenliegt. Liegt aber ein den Göttern geweihter oder zum Begräbniss bestimmter, oder geheiligter Platz dazwischen, den man nicht benutzen darf, so kann daran keine Dienstbarkeit bestellt werden. 4Wenn hingegen das zwischen mir und Dir in der Mitte liegende Landgut einem Andern gehört, so werde ich die Dienstbarkeit des Wasserschöpfens an Deinem Landgute mir erwerben können, wenn mir der Eigenthümer des in Mitte liegenden Landguts einen Fusssteig zum Darübergehen eingeräumt hat; gleichwie mir auch, wenn ich mich des Wasserschöpfens aus einem öffentlichen, nie versiegenden Flusse bedienen will, an welchen Dein Acker zunächst anstösst, ein Fusssteig an dem Fluss hin eingeräumt werden kann.
18Javolen. lib. X. ex Cass. Wenn auf öffentlichem Eigenthum ein Werk errichtet worden ist, wodurch das Regenwasser Schaden verursachen würde, so kann keine Klage angestellt werden: liegt ein öffentlicher Platz dazwischen99D. h. zwischen jenem Platze, worauf das Werk errichtet worden, und dem mit Schaden bedrohten Platze. Glosse., so wird Klage erhoben werden können; der Grund hiervon ist der, dass mit jener Klage nur der Eigenthümer belangt werden kann1010Ein öffentlicher Platz aber keinen Eigenthümer hat. Glosse.. 1Ohne Erlaubniss des Kaisers darf über keinen öffentlichen Weg Wasser geleitet werden.
19Pompon. lib. XIV. ad Quint. Muc. Labeo sagt, wenn ich mit der Erlaubniss meines Nachbars ein Werk errichte, und durch dasselbe ihm das Regenwasser schadet, so hafte ich nicht durch die Klage auf Abhaltung des Regenwassers.
20Idem lib. XXXIV. ad Sab. Dies aber in sofern, wenn derselbe nicht durch Irrthum oder Unkunde hintergangen worden ist: denn die Einwilligung eines Irrenden ist nichtig.
21Ad Dig. 39,3,21Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 465, Note 6a.Idem lib. XXXII. ad Quint. Muc. Wenn auf meinem Eigenthume Wasser hervorquillt, dessen Adern von Deinem Landgute auslaufen, so wirst Du, wenn Du jene Adern abgeschnitten hast, und dadurch das Wasser nicht mehr zu mir gelangt, nicht angesehen, als habest Du gewaltsam gehandelt, sobald mir in dieser Hinsicht keine Dienstbarkeit zusteht; kannst auch nicht mit dem Interdicte Was mit Gewalt oder heimlich belangt werden.
22Idem lib. X. ex var. Lect. Wenn der Niessbrauch eines Landguts vermacht worden ist, so steht die Klage auf Abhaltung des Regenwassers dem Erben, und wider den Erben Dessen zu, dem das Grundstück gehörte. Wenn der Nutzniesser durch das Werk1111Welches der Eigenthümer auf jenem Grundstücke errichtet hat, dessen Niessbrauch vermacht worden ist. Accurs. einen Nachtheil erleidet, so kann er zuweilen auch das Interdict Was mit Gewalt oder heimlich anstellen. Steht ihm dieses nicht zu, so fragt es sich, ob ihm, gleichsam als Eigenthümer, eine analoge Klage auf Abhaltung des Regenwassers verliehen werden solle, oder ob er auch Klage auf den Niessbrauch anstellen [müsse]? Es ist jedoch mehr Grund dazu da, ihm eine analoge Klage auf Abhaltung des Regenwassers zu geben. 1Von Demjenigen, welcher ein Werk errichtet hat, wird nur alsdann angenommen, dass er den vorigen Zustand wiederhergestellt habe, wenn er das Wasser abhält. 2Aber wenn der Nutzniesser ein Werk errichtet hat, durch welches das Regenwasser Jemandem Schaden droht, so geht zwar die gesetzliche Klage gegen den Eigenthümer: es wurde jedoch die Frage aufgeworfen, ob nicht auch wider den Nutzniesser eine analoge Klage auf Abhaltung des Regenwassers Statt finde? Es ist mit mehr Grund anzunehmen, dass sie Statt finde.
23Paul. lib. XVI. ad Sab. Ein Werk, welches auf Befehl des Kaisers oder Senats, oder von Denjenigen errichtet worden ist, die zuerst die Aecker angebaut haben, ist kein Gegenstand dieser Klage. 1Diese Klage findet auch bei Aeckern Statt, die im Erbpachtsverbande stehen. 2Dämme, welche neben Flüssen auf Privateigenthum errichtet worden sind, sind ein Gegenstand der Klage auf Abhaltung des Regenwassers, wenn sie gleich jenseits des Flusses Schaden drohen: in dem Falle, wenn ihre Entstehung nicht über Menschengedenken hinausreicht und kein Recht zu deren Errichtung vorhanden war.
24Alfen. lib. IV. Dig. a Paulo epit. Ein Nachbar pflügte eine höher liegende Wiese um, so dass durch die Gräben und Furchen das Wasser zu dem niedriger liegenden [Grundstücke] kam. Es wurde die Anfrage gemacht, ob solcher [von dem Besitzer des niedriger liegenden Grundstücks] mittels der Klage auf Abhaltung des Regenwassers gezwungen werden könne, auf die andere Seite hin zu pflügen, damit die Furchen nicht gegen dessen Acker liefen? Er [Alfenus] begutachtete, derselbe könne den Nachbar nicht hindern, seinen Acker so zu pflügen, wie er wolle. 1Wenn aber Einer in die Quere Wasserfurchen ziehe, durch welche das Wasser in Jemandes1212Statt ejus dürfte cujus, d. h. aljenus, zu lesen sein. Acker abfliesse, so könne derselbe durch den [zur Entscheidung] der Klage auf Abhaltung des Regenwassers [bestellten] Schiedsrichter gezwungen werden, solche wieder zuzumachen. 2Aber auch wenn derselbe Gräben gemacht habe, durch welche das Regenwasser schaden könne, müsse der Schiedsrichter ihn zwingen, die Gräben auszufüllen, wenn ersichtlich sei, dass das Regenwasser Schaden verursachen werde, und, im Falle er solches nicht thue, ihn verurtheilen: obschon, vor dem Urtheilsspruche, das Wasser noch nicht durch die Gräben geflossen. 3Seen mögen steigen oder fallen, so kann dadurch den [angrenzenden] Nachbarn weder ein Gebietszuwachs, noch eine Gebietsverminderung zugehen1313Man vergl. l. 69. D. de c. e. v. l. 12. D. de a. r. d..