De damno infecto et de suggrundis et proiectionibus
(Von dem drohenden Schaden, den Wetterdächern und den Vordächern.)
2Gaj. lib. XXVIII. ad Ed. prov. Damnum infectum (drohender Schaden) ist ein noch nicht geschehener Schaden, den wir zu erleiden fürchten.
3Paul. lib. XLVII. ad Ed. Die Wörter damnum und damnatio (Schaden und Beschädigung) stammen von ad emptio (Entziehung) und gleichsam deminutio (Verringerung) des Vermögens.
4Ulp. lib. I. ad Ed. Wenn der für die Sicherheitsleistung festgesetzte Termin zu Ende geht, so liegt es dem Prätor oder dem Präsidenten ob, dieselbe nach Befund entweder zu erneuern, oder den Termin zu verlängern: und wenn die Sache eine örtliche Untersuchung erheischt, sie an die Municipalobrigkeit zu verweisen. 1Wenn innerhalb der von Prätor festzusetzenden Frist die Sicherheit nicht geleistet wird, so muss [der Kläger] in den Mitbesitz11Die Immission ex primo decreto wurde, wo es der Gegensatz beider Immissionsarten nothwendig machte, mit „Einsetzung oder Einweisung in den Mithesitz,“ jene ex secundo decreto hingegen mit „Einsetzung oder Einweisung in den alleinigen Besitz“ übersetzt.Thibaut, System des Pand.-Rechts. §. 588. — Sonst wurde für beide der Ausdruck „Einsetzung oder Einweisung in den Besitz“ gebraucht. derselben Sache eingesetzt werden. Der Ausdruck derselben Sache ist so zu verstehen, es mag die ganze Sache, oder ein Theil der Sache sein. 2Kann aber Derjenige, welcher [die Einweisung] nicht zulässt, auch mit Pfändung von den Obrigkeiten gestraft werden? Ich glaube nicht; sondern er wird mit der Klage auf das Geschehene belangt werden müssen. Denn auch wenn der vom Prätor Eingewiesene nicht zugelassen wird, muss man die nemliche Klage anstellen. 3Zwei Sachen also hat der Prätor oder der Präsident den Municipalobrigkeiten aufgetragen, die Sicherheitsleistung und Besitzeinweisung: das Uebrige hat er seiner Gerichtsbarkeit vorbehalten. 4Wenn vielleicht bei der Verweigerung der Sicherheitsleistung beharret wird, so werden nicht die Duumviren, sondern der Prätor oder der Präsident in den alleinigen Besitz einweisen, was nach Untersuchung der Sache zu geschehen pflegt: ebenso, nach Befund, die gänzliche Ausweisung [des Beklagten] aussprechen. 5Der Prätor sagt, Indem ich Demjenigen, welcher abwesend ist, zuvor im Hause Anzeige zu machen22Glück’s Comment. Bd. XXVIII. S. 90. befehle. Als abwesend wird überhaupt Derjenige betrachtet, welcher nicht bei Gericht ist. Dieser Meinung schliesst sich auch Pomponius an. Schonend befiehlt aber der Prätor, im Hause Anzeige zu machen, nicht den Beklagten aus seinem Hause zu holen. Aber: dass die Anzeige im Hause, worin er lebt, gemacht werden solle, ist so zu verstehen, dass, wenn er auch in einem fremden Hause wohnt, dort ihm die Anzeige gemacht werden kann. Hat er keine Wohnung, so wird die Anzeige bei dem Gebäude selbst, oder an seinen Geschäftsbesorger, oder wenigstens an die Miethleute gemacht werden müssen. 6Es ist aber anzunehmen, dass der Prätor so oft die Anzeige fordert, als Jemand da ist, an den sie gemacht werden kann. Uebrigens wenn ein solcher nicht vorhanden, z. B. wenn es ein zu einer Erbschaft gehöriges Haus, und die Erbschaft noch nicht angetreten ist, oder wenn kein Erbe da ist, auch das Haus nicht bewohnt wird, so erleidet dieser Theil des Edicts keine Anwendung. Doch ist es sicherer, die Klagschrift am Hause selbst anzuheften: denn es ist möglich, dass auf eine solche Aufforderung sich ein Vertreter einstellt. 7Gegen diejenige [Obrigkeit], welche etwas von dem oben Beschriebenen versäumt hat, findet eine Klage auf den Betrag der Sache statt, für welche die Sicherheit wegen drohenden Schadens nicht geleistet worden ist; dies ist nicht von dem Werth der Sache, sondern von dem Interesse zu verstehen, und bezweckt den Schadenersatz, keine Strafe. 8Dieses Rechtsmittel ist aber an die bestimmte Bedingung geknüpft, wenn geklagt worden ist: sonst kann Derjenige, der nicht geklagt hat, davon keinen Gebrauch machen. Klagen im eigentlichen Sinne aber heisst vor Gericht fordern, und nicht anderswo. 9Wenn eine Municipalstadt so nahe an Rom liegt, dass, wenn die Ortsobrigkeit die Sache versäumt, der Prätor oder Präsident angegangen werden kann; so lässt sich behaupten, es falle diese Klage wider die Ortsobrigkeit weg, wie wenn das Interesse des Klägers nicht beeinträchtigt worden wäre, da es in Deiner Macht gestanden, vom Prätor oder Präsidenten die Einweisung in den Mitbesitz zu begehren. 10Diese Klage aber wird, da sie den Schadenersatz bezweckt, sowohl dem Erben als auch gegen den Erben zustehen und immerwährend dauern.
5Paul. lib. I. ad Ed. Die vom Prator ausgehende Einweisung hat die Wirkung, dass der in den Besitz Eingewiesene auch die Sache innerhalb des Zeitraumes der ordentlichen Ersitzung eigenthümlich erwerben kann. 1Wenn der Eigenthümer, welche Sicherheit leisten müssen, Mehrere sind und Einer keine Sicherheit leistet, so wird die Besitzeinweisung in dessen Antheil Statt haben. Und im entgegengesetzten Falle, wenn Mehrere sind, die Sicherheitsleistung verlangen, und der Eine ein Haus von höherem, der Andere von geringerem Werthe hat, oder die Häuser eines und desselben Besitzers mehrere Theile von ungleichem Werthe haben; so wird dennoch nicht Jeder derselben nach Verhältniss der Grösse seines Eigenthums, sondern Alle gleichmässig in den Mitbesitz eingewiesen werden. 2Wenn sowohl der Eigenthümer als auch der Nutzniesser Sicherheitsleistung begehren, so müssen Beide gehört werden: denn dem Versprecher widerfährt dadurch ja kein Unrecht, indem er einem Jeden mehr nicht, als dessen Interesse, zu gewähren hat.
6Gaj. lib. I. ad Ed. prov. Es trifft sich, dass manchmal bei entstandenem Schaden uns keine Klage zusteht, wenn keine Sicherheit zuvor bestellt worden ist: wie wenn das baufällige Haus des Nachbars auf mein Haus gefallen ist: so, dass die Meisten dafür halten, es könne derselbe nicht einmal gezwungen werden, die Trümmer wegzuräumen, wenn er anders Alles, was da liegt, aufgiebt.
7Ulp. lib. LIII. ad Ed. Der Prätor sagt: „Für einen drohenden Schaden werde ich an Denjenigen Sicherheit zu leisten befehlen, und zwar, wenn dieselbe in eigenem Namen gestellt wird, durch ein blosses Verprechen, wenn in fremdem Namen, durch Bürgen, welcher geschworen, dass er sie nicht aus Chikane verlange, oder dass Derjenige, in dessen Namen er klagt, bis zu jener Zeit, die ich nach Untersuchung der Sache bestimmen werde, dieselbe fordern werde. Wenn ein Streit obwaltet, ob der Sicherheit Leistende Eigenthümer sei, oder nicht, so werde ich unter Bedingung Bürgschaft zu stellen befehlen. Wegen eines solchen Bauwerks, das an einem öffentlichen Fluss oder dessen Ufer unternommen wird, werde ich auf zehen Jahre Bürgschaft zu stellen befehlen. Wenn Einem auf diese Weise keine Bürgschaft geleistet wird, so werde ich ihn in den Mitbesitz der Sache, wegen welcher die Sicherheitsleistung verlangt wird, und wenn mir der Anspruch gerecht scheint, auch in den alleinigen Besitz derselben einweisen. Gegen Denjenigen, welcher weder Sicherheit leistet, noch den Mitbesitz, noch den alleinigen Besitz gestattet, werde ich eine Klage verleihen: dass er so viel gewährt, als er gewähren müsste, wenn für die Sache nach meinem Beschlusse, oder nach dem Beschlusse jener Obrigkeit, welcher desfalls die mir zuständige Gerichtsbarkeit übertragen ist, Sicherheit geleistet worden wäre. Wenn wegen jener Sache, in deren Mitbesitz ich einweisen werde, von dem Besitzer keine Bürgschaft für den drohenden Schaden gestellt wird, so werde ich Demjenigen, welchem keine Bürgschaft geleistet wird, den alleinigen Besitz einräumen.“ 1Dieses Edict sorgt für einen noch nicht geschehenen Schaden, während die übrigen Klagen den Ersatz von Beschädigungen, die bereits geschehen sind, bezwecken, wie bei der Klage aus dem Aquilischen Gesetze, und anderen. Ueber einen bereits geschehenen Schaden aber wird nichts im Edict verordnet. Denn da Thiere, welche einen Schaden angerichtet haben, uns keine weitere Verbindlichkeit aufzubürden pflegen, als33Unser Text hat hier einen Druckfehler, quum statt quam. A. d. R.. dass wir sie an Schadens Statt ausliefern, so dürfen uns leblose Gegenstände um so weniger eine weitere Verbindlichkeit aufbürden; zumal da lebende Wesen, welche Schaden veranlasst haben, selbst noch existiren, Häuser aber, wenn sie durch ihren Einsturz Schaden verursacht haben, zu sein aufhören. 2Daher entsteht die Frage, ob, wenn ein Haus vor der Sicherheitsleistung eingefallen ist, und der Eigenthümer die Trümmer nicht wegschaffen will, und sie aufgibt, eine Klage wider ihn Statt finde? Und da Julianus gefragt worden, „wenn vor der Sicherheitsleistung wegen drobenden Schadens ein schadhaftes Haus eingefallen sei, was Der thun müsste, auf dessen Haus die Trümmer gefallen seien, um Schadenersatz zu erhalten?“ so gab er zum Gutachten: wenn der Hauseigenthümer die Trümmer wegräumen wolle, so müsse man es ihm lediglich unter der Bedingung gestatten, dass er Alles, d. h. auch das, was unbrauchbar sei, wegschaffe: und derselbe sei nicht nur für den zukünftigen, sondern auch für den geschehenen Schaden Sicherheit zu leisten verbunden; wenn aber der Eigenthümer des eingefallenen Hauses nichts thue, so werde Demjenigen, auf dessen Haus die Trümmer gefallen sind, ein Interdict verliehen werden müssen, durch welches der Nachbar angehalten wird, entweder die Trümmer wegzuschaffen, oder das ganze Haus aufzugeben.
8Gaj. ad Ed. Praet. urb. tit. de damn. inf. Dies wird sich [auch] alsdann mit Recht behaupten lassen, wenn der Beschädigte nicht aus eigener Nachlässigkeit, sondern eines Hindernisses wegen, Vorkehrung zu treffen unterlassen hat.
9Ulp. lib. LIII. ad Ed. Ferner sagt Julianus, es lasse sich [ausnahmsweise] behaupten, dass [der Hauseigenthümer] auch ausserdem zur Sicherheitsleistung für den bereits geschehenen Schaden angehalten werden könne: denn was billig ist, so lange ein Haus noch unversehrt ist, das wird nicht unbillig auch nach dessen Einsturz geleistet werden. So lange aber das Haus noch unversehrt ist, wird Jeder gezwungen, entweder für den drohenden Schaden Sicherheit zu leisten, oder das Haus, dessen er sich nicht annimmt, aufzugeben. Wenn daher44Die Stellen von l. 6. bis hieher haben dem grossen Bynkershoek Gelegenheit zu Zweifeln gegeben (Obs. III. Cap. 9.), die sein Genie für unauflösliche Widersprüche hält, nemlich quando, cautione non interposita, de damno praeterito cavendum, oder quando hoc damnum sarciendum sit? — Es differiren ihm zufolge besonders l. 6. l. 7. §. 2. l. 8. u. l. 9. pr. Allerdings scheint auf den ersten Anblick hier gar kein Zusammenhang zu sein, allein ich halte es doch für nicht unmöglich ihn zu finden. Die l. 4. h. t. lehrt uns, dass, um Schadenersatz durch Ruin eines Gebäudes zu erhalten, cautio damni infecti durchaus nothwendig ist; ausserdem findet nur retentio der ruderum Statt. Die postulatio war hier so wichtig, dass, wenn der Magistratus, wo sie angebracht ward, nicht dafür sorgte, er sogar mittels einer subsidiarischen Klage haftete. Dies war die Regel. In l. 6. macht nun Gaj. eine Bemerkung, die der Uebergang zur fernern, genauern Untersuchung über die obgedachte Frage ist; l. 7. sagt zwar ganz unzweifelhaft, dass in dem Edicte blos von damnum infectum die Rede sei, indem die ruina aedium der Noxa analog zu beurtheilen sei; indessen liess eben dieser Umstand es fühlen, dass für bestimmte Fälle doch eine Ausnahme gemacht werden müsse. Des Julianus Meinung, die am weitläuftigsten ausgeführt ist, zeigt dies ganz deutlich, wenn man einige Ausdrücke richtig versteht; in l. 7. beantwortet er die Frage, welche ihm vorgelegt worden, mit Rücksicht auf die allgemeine Regel. Des Gaj. Meinung l. 8. sucht nun auf die Ausnahme aufmerksam zu machen, und steht allerdings etwas isolirt; das quod zu Anfang geht offenbar auf die in l. 7 gedachte cautio damni praeteriti. Wahrscheinlich fand sich keine bessere Anknüpfung bei Zusammenstellung der Compilation. Nun tritt aber l. 9. Julian. wieder ein: Hoc amplius etc. Hiermit wird angezeigt, dass auch in besondern Fällen die cautio de damno praeterito verlangt werden könne, selbst wenn die damni infecti nicht gefordert worden sei (dies vor Augen habend, sagt Gaj. l. 6. nonnunquam!), und ein Beispiel von denique angebracht.In den fraglichen Stellen liegen nun also folgende Lehrsätze:1) Schadenersatz durch ruina aedium kann nur verlangt werden, wenn postulatio cautionis vorangegangen ist.2) Ausserdem steht die Ruina der Noxa insofern gleich, dass, wenn der Dominus die Rudera verlangt, er vollen Ersatz leisten muss; wenn er sie pro derelicto habet, aber gar nicht haftet.3) Das Edict selbst spricht zwar nur von damno infecto; natürlich; aber die Natur der Sache bringt es mit sich, bei dieser Gelegenheit auch das damnum praeteritum mit in Betrachtung zu ziehen.4) Der Grund dieser Bestimmungen ist, weil der negligens es sich zuzuschreiben hat, keine Caution gefodert zu haben; wenn Gründe, diese zu entschuldigen, vorhanden sind, lässt der Prätor, auch wenn die cautio de damno infecto nicht gefordert worden, volle Forderung des Schadenersatzes zu;5) will diese dominus aedium quae ruinam dederunt nicht leisten, so kann er nur zum völligen Weichen aus dem Hause genöthigt werden, zu weiter aber auch nichts; weil6) wenn res integra wäre, er zu nicht mehr würde gezwungen werden können.Die Schwierigkeit liegt also im Schluss der l. 7. (rudera) — aut tollere aut totas aedes pro derelicto habere und dem pr. der l. 9. — aedibus carere. In l. 7. kann ich jedoch den Ausdruck totas aedes nicht anders verstehen, als den Inbegriff der utilium und inutilium, wovon Gaj. l. 6. sagt omnia quae jaceant, mithin nur das Hinübergefallene. In l. 9. aber muss das ganze Gebäude verstanden werden, d. h. auch die stehen gebliebene Ruine und der Platz, in den immittirt wird, wie es re integra bei verweigerter Caution geschieht. Nun liesse sich zwar der Erklärung von totas aedes l. 15. §. 12. quib. ex causs. in possess. entgegenstellen, und erkenne ich dies recht wohl an; allein für die Erklärung spricht wiederum, dass, wenn vom Retentionsrecht an den Ruderibus die Rede ist, l. 6. u. 7. §. 2. pro derelicto habere brauchen und nicht carere, was l. 9. pr. gebraucht wird, und der eigentliche Ausdruck dafür ist, dass der Eigenthümer fürs erste den Mitbesitz gestatten und eventualiter ganz um sein Haus kommen soll. Es soll mir lieb sein, hierüber anders belehrt zu werden, aber ich weiss keinen andern Ausweg. Anm. d. Red. z. B., sagt er, Jemand wegen Kürze der Zeit, oder weil er in Staatsgeschäften abwesend war, nicht stipuliren konnte, so werde der Prätor billig dafür sorgen, dass der Eigenthümer des schadhaften Hauses entweder den Schaden ersetze, oder das Haus verlasse. Für die Meinung Julian’s spricht die Nützlichkeit [derselben]. 1Es fragt sich aber, ob in Betreff jener Gegenstände, welche durch die Gewalt eines Stromes herbeigeführt werden, ein Interdict gegeben werden könne? Trebatius berichtet, als die Tiber ausgetreten war und viele Sachen vieler Einwohner in fremde Gebäude hingeführt hatte, sei vom Prätor ein Interdict gegeben worden, dass die Eigenthümer an der Fortschaffung und Wegräumung des Ihrigen nicht gewaltsam gehindert werden sollten, wenn sie nur für den drohenden Schaden durch ein blosses Versprechen Sicherheit leisten würden. 2Auch Alfenus schreibt, wenn von Deinem Acker ein Stück auf meinen Acker gefallen ist, und Du solches in Anspruch nimmst, so finde gegen Dich eine Klage wegen des bereits geschehenen Schadens Statt. Dem schliesst sich auch Labeo an; denn der Ausspruch des Richters, bei welchem die herabgefallene Erde in Anspruch genommen wurde, fasste den Schaden, den ich zuvor erlitten, nicht in sich, und das Interdict dürfe bloss dazu verliehen werden, dass Alles, was herabgefallen, weggeschafft werde. Aber nur unter der Voraussetzung, sagt derselbe Alfenus, könne die übergefallene Erde eigentlich zurückgefordert werden, wenn solche mit meinem Erdreich sich nicht schon verbunden und vereinigt hat. Auch ein Baum, welcher auf meinen Acker geschoben worden und mit meinem Erdreich zusammengewachsen ist, kann von Dir nicht eigenthümlich zurückgefordert werden. — Aber auch ich werde gegen Dich keine Klage anstellen können, dass Dir kein Recht zustehe, Dein Stück Acker dergestalt [auf meinem Acker] zu haben, sobald es mit dem meinigen sich verbunden, weil es mein Eigenthum geworden ist. 3Neratius aber schreibt, wenn durch die Gewalt des Stroms ein Floss auf meinen Acker geführt worden sei, so könne Dir nur alsdann dessen Wegschaffung gestattet werden, wenn Du mir auch für den bereits geschehenen Schaden Sicherheit geleistet habest. 4Es wurde die Frage aufgeworfen, ob, wenn Grund und Boden Einem, was darauf gebauet worden, aber einem Andern gehöre, der Inhaber des letztern durch ein blosses Versprechen, oder durch Bürgschaft, Sicherheit wegen drohenden Schadens leisten müsse? Und Julianus schreibt, so oft das auf der Oberfläche errichtete Gebäude schadhaft sei, habe der Eigenthümer nicht nur wegen der Schadhaftigkeit des Grund und Bodens, sondern auch des Gebäudes, durch ein blosses Versprechen, oder Derjenige, welchem das Gebäude gehört, wegen beider durch Bürgschaft Sicherheit zu leisten: wenn Beide sich weigern, so müsse der Nachbar in den Mitbesitz eingewiesen werden. 5Celsus schreibt auch, wenn der Niessbrauch Deines Hauses der Titia gehört, so müsse entweder der Eigenthümer durch ein blosses Versprechen, oder Titia durch Bürgschaft Sicherheit für den drohenden Schaden leisten. Wenn Derjenige, dem die Sicherheit zu leisten gewesen, in den Mitbesitz gesetzt worden, so kann er der Titia den Niessbrauch versagen. Derselbe sagt, auch demjenigen Nutzniesser, der nichts ausbessern lässt, dürfe vom Eigenthümer der Niessbrauch entzogen werden; wenn daher der Nutzniesser für den drohenden Schaden keine Sicherheit leistet, und der Eigenthümer genöthigt ist, sie zu leisten, so darf ihm gleichfalls der Niessbrauch entzogen werden.
10Paul. lib. XLVIII. ad Ed. Wenn auch der Niessbrauch einem Andern zusteht, so muss doch, nach der Behauptung des Cassius, der Eigenthümer durch ein blosses Versprechen Sicherheit leisten. Wenn der Eigenthümer nicht für das Ganze durch ein blosses Versprechen, oder der Nutzniesser durch Bürgschaft, Sicherheit leistet, so muss Derjenige, welchem die Sicherheitsbestellung verweigert wird, in den Mitbesitz eingewiesen werden. Wenn aber der Nutzniesser dem Eigenthümer für die [vom Letzteren] geleistete Sicherheit keine [Gegensicherheit] stellt, so ist ihm, wie Julianus schreibt, die Klage auf Nutzniessung zu versagen. Hat hingegen der Nutzniesser wegen der Schadhaftigkeit des Grund und Bodens etwas geleistet55D. h. wenn der Nutzniesser aus der wegen drohenden Schadens bestellten Bürgschaft belangt worden ist, und Demjenigen, welchem die Bürgschaft gestellt wurde, für den Schaden Ersatz geleistet hat, welcher durch Schadhaftigkeit des Grund und Bodens verursacht wurde., so muss das Recht des Eigenthums auf ihn übertragen werden.
11Ad Dig. 39,2,11Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 459, Note 3.Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wofür sollen wir uns in Betreff des Pfandgläubigers entscheiden? Wird er, weil er sein Recht wahrt, durch ein blosses Versprechen, oder, weil er nicht Eigenthümer ist, durch Bürgschaft Sicherheit stellen müssen? Diese Frage ist von der entgegengesetzten Seite bei Marcellus abgehandelt, ob [nemlich] dem Pfandgläubiger Sicherheit für den drohenden Schaden geleistet werden müsse? Und Marcellus sagt, die Sicherheit, welche ihm bestellt werde, sei wirkungslos: und ein Gleiches sei hinsichtlich Desjenigen zu behaupten, der von einem Nichteigenthümer kauft, denn auch eine Stipulation in seiner Person sei ohne Erfolg: doch halte ich es für sehr billig, dass für diesen, d. h. den [Pfand] Gläubiger, durch eine Stipulation Vorsorge getroffen werde.
12Paul. lib. XLVIII. ad Ed. Derjenige, welchem die Sicherheit für drohenden Schaden verweigert wird, hat den Vorzug vor den Pfandgläubigern, weil66Si = quia. Accurs. ihm der alleinige Besitz der Sache und deren [eigenthümliche] Erwerbung innerhalb der ordentlichen Ersitzungszeit gestattet worden ist.
13Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn Jemand in gutem Glauben von einem Nichteigenthümer gekauft hat, so ist zu untersuchen, ob er durch ein blosses Versprechen, und nicht auch durch Bürgschaft, Sicherheit zu leisten habe? Das Letztere wird von Einigen behauptet; es hat aber guten Grund, dass derselbe eher durch ein blosses Versprechen, als durch Bürgschaft Sicherheit stelle: denn er thut es in seinem Namen. 1Es mag der Eigenthümer der Sache, oder Derjenige, welcher ein Recht darauf hat, z. B. eine Dienstbarkeit, für einen drohenden Schaden Sicherheit leisten, so glaube ich, er müsse sie durch ein blosses Versprechen, nicht durch Bürgschaft bestellen, weil er es in seinem, nicht in fremdem Namen thut. 2Wenn zwischen meinem Hause und dem Deinigen ein anderes, nicht baufälliges steht, so ist die Frage zu untersuchen, ob Du allein mir Sicherheit leisten musst, oder auch Derjenige, dessen Haus nicht baufällig ist, ob Jener allein, oder Beide? Und es ist mit mehr Grund anzunehmen, dass Beide [zugleich] Sicherheit leisten müssen: weil der Fall sein kann, dass das baufällige Haus, indem es auf das nicht baufällige fällt, mir Schaden verursacht; obgleich sich einwenden liesse, dass es nicht von dem in gutem Stand befindlichen Hause herrühre, wenn ein anderes, auf dasselbe fallendes Haus Schaden veranlasst hat; wenn aber [der Eigenthümer des in der Mitte liegenden Hauses] sich keine Sicherheit verschafft hat, da er gekonnt hätte, so wird er mit Recht belangt werden. 3Wer Sicherheit für drohenden Schaden verlangt, muss zuvor den Eid vor Gefährde schwören. Wer also den Eid gegen Gefährde abgelegt hat, wird zur Stipulation zugelassen. Und es wird nicht untersucht werden, ob er ein Interesse habe, oder nicht; ob er ein Haus in der Nähe besitze, oder nicht? doch dies Alles muss der Gerichtsbarkeit des Prätors überlassen werden, wenn Sicherheit geleistet werden muss, wenn nicht. 4Uebrigens brauche ich weder Demjenigen, der auf meinem Eigenthum lustwandelt, noch Dem, welcher auf meinem Eigenthum badet, oder in meinem Laden einkehrt, Sicherheit zu bestellen. 5Ad Dig. 39,2,13,5Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 459, Note 6.Den Nachbarn, und ihren Miethleuten, und den Gattinnen der Miethleute, sagt Labeo, müsse allerdings Sicherheit geleistet werden. Eben so Denjenigen, welche sich bei ihnen aufhalten. 6Darüber ist man nicht einig, ob der Hauseigenthümer seinen Miethleuten Sicherheit leisten solle? Und Sabinus sagt, den Miethleuten brauche man nicht Sicherheit zu leisten; denn sie haben entweder von Anfang an ein schadhaftes Haus gemiethet, und müssen es sich selbst zuschreiben: oder das Haus ist erst später baufällig geworden, und dann können sie aus dem Pacht klagen: diese Meinung ist die richtigere. 7Wenn Jemand neben einem Grabmal gebaut, oder neben seinem Hause ein Grabmal hat errichten lassen, so braucht ihm in der Folge keine Sicherheit für drohenden Schaden geleistet zu werden: weil er eine unerlaubte Sache gestattet hat; anders verhält es sich aber, wenn ein Haus einem Grabmale Schaden droht, und Demjenigen, welchem das Recht des Grabmals gehört, nichts zur Last fällt; hier muss dem Letztern Sicherheit geleistet werden. 8Dass der Erbpächter und Nutzniesser sich mit Wirksamkeit Sicherheit bestellen lassen können, darüber ist man jetzt einig. 9Ad Dig. 39,2,13,9Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 459, Note 3.Demjenigen aber, welcher in gutem Glauben von einem Nichteigenthümer gekauft hat, steht, nach der Behauptung des Marcellus, die Stipulation wegen eines drohenden Schadens nicht zu77S. l. 11. in fin.. 10Julianus handelt davon, ob, wenn Jemand Einspruch gegen einen Neubau gethan habe, ihm demohngeachtet Sicherheit für drohenden Schaden geleistet werden müsse? Und er hält es für richtiger, dass die Sicherheit bestellt werden müsse. Denn auch Demjenigen, welcher Klage gestellt habe, dass sein Gegner das Recht nicht habe, höher zu bauen, müsse Sicherheit geleistet werden. Eben so, sagt Julianus, müsse Derjenige, gegen welchen das Interdict Was mit Gewalt oder heimlich angewandt werden könne, Sicherheit bestellen; weil [durch jene Rechtsmittel] weder für die Baufälligkeit des Hauses, noch die Schadhaftigkeit des Bauwerks Sicherheit gewährt sei. 11Wenn Jemand deshalb, weil ihm die Sicherheitsbestellung verweigert worden, in den Besitz des Hauses eingewiesen worden ist, und hierauf Derjenige, dessen Eigenthum das Haus gewesen, da derselbe ausserdem noch ein anderes Haus hatte, von dem in den Besitz Eingewiesenen verlangt, dass er ihm wegen dieses Hauses, in dessen Besitz er eingewiesen worden, Sicherheit leiste: so ist die Frage, ob derselbe zu hören sei? Und Julianus schreibt: fordert Derjenige, welcher ein baufälliges Haus geräumt hat, welches er, wenn es in gutem Stande gewesen wäre, behalten hätte, von Demjenigen, der das baufällige Haus zu besitzen begonnen hat, vielleicht unredlicher Weise Sicherheit? da er darum den Besitz verloren hat, weil er selbst keine Sicherheit bestellt hat? In der That, er fordert wegen eines Hauses, dessen er selbst wegen der Sicherheitsleistung sich entschlagen hat, diese nicht gar aufrichtig. Diese Meinung ist die richtige. 12Wenn Jemand, um zu stipuliren, den Eid vor Gefährde geschworen und nicht stipulirt hat, so ist die Frage, ob derselbe, wenn er später stipuliren will, den Eid [wiederholt] ablegen muss? Ich bin der Meinung, es müsse nochmal geschworen werden, weil es der Fall sein kann, dass derselbe entweder damals, oder jetzt aus Chikane handelt. 13Wenn ich für einen Andern Sicherheit für drohenden Schaden verlange, so muss ich schwören, dass Derjenige, für welchen ich Sicherheitsbestellung fordere, sie nicht aus Chikane begehren werde. 14Wenn ich aber für Einen Sicherheitsbestellung verlange, der, wenn er sie selbst begehrte, nicht zum Schwure angehalten würde, wie ein Freilasser oder einer der Eltern, so muss man annehmen, dass der Eid nicht Statt habe: denn, wo jener nicht schwören würde, braucht auch dessen Stellvertreter bei derselben Stipulation nicht zu schwören. 15In dieser Stipulation muss eine bestimmte Zeit festgesetzt sein, innerhalb welcher, wenn ein Schaden sich ereignet, die Sicherheitsbestellung zur Anwendung kommt: denn die Verbindlichkeit aus der Stipulation darf nicht ins Unendliche gehen. Der Prätor selbst wird also die Dauer der Stipulation bestimmen, mit Berücksichtigung der Veranlassung und Beschaffenheit des Schadens, der befürchtet wird.
14Paul. lib. XLVIII. ad Ed. Bei Untersuchung der Sache muss auch die Länge des Platzes und die Grösse des Werks gesehen werden.
15Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn der für die [Dauer der] Sicherheitsbestellung festgesetzte Termin zu Ende ist, so muss nach Ermessen des Prätors von Neuem Sicherheit geleistet werden. 1Wenn die Stipulation aber ohne Zeitbestimmung eingegangen worden ist, so wird, wenn anders sie der Uebereinkunft zufolge, es sei wann da wolle, in Wirkung getreten, aus der Stipulation geklagt werden können; ist aber aus Irrthum kein Termin bestimmt worden, so ist mit mehr Grund anzunehmen, dass nach Verlauf des Termins, auf dessen Dauer sonst die Sicherheit geleistet zu werden pflegt, bei dem Prätor die Befreiung von der Stipulation verlangt werden dürfe. 2Ferner sagt der Prätor: „Wegen eines solchen Bauwerks, das an einem öffentlichen Fluss oder dessen Ufer unternommen wird, werde ich auf zehen Jahre Bürgschaft zu stellen befehlen.“ Hier wird Bürgschaft erfordert, und für die [Dauer der] Stipulation ein Zeitpunkt zum Voraus festgesetzt: aus dem Grunde, weil etwas auf öffentlichem Eigenthume errichtet wird; wenn aber etwas auf fremdem Eigenthume errichtet wird, so legt der Prätor [nur]88D. h. ohne die Zeit zu bestimmen. A. d. R. Bürgschaft auf. 3Zu bemerken ist, dass [hier] nicht auch wegen Schadhaftigkeit des Platzes, sondern blos des Bauwerkes Sicherheit geleistet wird: während, wenn ein solches auf Privateigenthum errichtet wird, sowohl wegen Schadhaftigkeit des Platzes als auch des Werks, Sicherheit gestellt wird. Aber wenn es ein öffentlicher Platz ist, so war es nicht nothwendig, dass Derjenige, welcher daselbst ein Werk errichtete, für andere Schadhaftigkeit, als jene des Bauwerks, Bürgschaft für drohenden Schaden stellte. 4Wenn sich also innerhalb zehen Jahren ein Schaden ereignete, so ist er in der Stipulation begriffen. 5Die Worte des Prätors Wegen eines solchen Bauwerks sind so zu nehmen, wegen des Schadens, der aus dem Werke entstehen sollte. 6Wenn ein Bauwerk auf einer öffentlichen Strasse unternommen wird, so muss, weil solches auf fremdem Eigenthum geschieht, Bürgschaft gestellt werden. 7Der Prätor wird aber, nach Untersuchung der Sache, deren Dauer nach der Beschaffenheit des Werks bestimmen. 8Wenn aber Jemand eine öffentliche Strasse befestigt, oder etwas Anderes auf einer öffentlichen Strasse unternimmt, so wird die Sicherheitsbestellung Statt haben müssen, damit nicht Private dadurch Schaden leiden. 9Hinsichtlich der übrigen öffentlichen Plätze ist nichts Besonderes [im Edicte] verordnet: sondern, der allgemeinen Bestimmung zu Folge, wird wegen des drohenden Schadens Bürgschaft geleistet werden müssen, wie wenn auf fremdem Eigenthum etwas unternommen wird. 10Wenn ein öffentlicher Ort auf öffentliche Veranstaltung ausgebessert wird, so braucht, wie Labeo ganz richtig schreibt, und dieses Rechtens ist, keine Sicherheit für drohenden Schaden geleistet zu werden. Wenn durch die Schadhaftigkeit des Platzes oder Werks [ein Schaden] verursacht wird, so muss auf jeden Fall das Werk so angelegt werden, dass dasselbe den Nachbarn nicht schadet oder Nachtheil bringt. 11Wird keine Sicherheit gestellt, so erfolgt, diesem Edicte gemäss, durch den Prätor die Einweisung in den Mitbesitz desjenigen Theils, welcher baufallig zu sein scheint. 12Ob aber die Einweisung in den Besitz des ganzen Hauses Statt habe, ist die Frage. Es besteht eine Meinung des Sabinus, die Einweisung müsse in den Besitz des ganzen Hauses geschehen; denn sonst, sagt er, wird die Sache, wenn der Schaden von einem Gebäude zu besorgen wäre, kein Ende nehmen, und es zu nichts fruchten, in den Besitz einer Sache gesetzt zu werden, die man nicht besitzen, oder die Einem nichts nützen kann; und die Meinung des Sabinus ist die richtigere. 13Wenn aber ein Haus mehrere Abtheilungen hat, so ist die Frage, ob in den Besitz eines Theils, oder des ganzen Hauses die Einweisung erfolgen müsse? Wenn das Haus von so grossem Umfange sein sollte, dass zwischen dem schadhaften Theile, und jenem, welcher nicht schadhaft ist, ein Raum in der Mitte liegt, so muss man sagen, dass die Besitzeinweisung blos in jenen Theil geschehe. Wenn es aber durch den Zusammenhang der Gebäude ein vereinigtes Ganze bildet, [so geschieht die Einweisung] in das ganze Haus. Daher wird man auch bei Häusern von grösserem Umfange richtiger sagen, die Einweisung geschehe in jenen Theil des Hauses, welcher mit dem schadhaften Theile vereinigt ist. Wenn übrigens ein sehr kleiner Theil eines Hauses von sehr grossem Umfange schadhaft wäre, welchen Namen würde da die Behauptung verdienen, Derjenige, welchem wegen drohenden Schadens keine Sicherheit geleistet wird, müsse in den Besitz des ganzen Hauses gesetzt werden, da dieses von so sehr grossem Umfange sei? 14Ferner was werden wir in dem Falle sagen, wenn ein Nebengebäude des Hauses schadhaft ist; muss die Besitzeinweisung in das Nebengebäude, oder in das ganze Haus geschehen? Mit mehr Grund ist anzunehmen, dass die Besitzeinweisung nicht in das Haus, sondern in das Nebengebäude geschieht. 15Wenn Mehrere die Sicherheitsbestellung verlangen, so pflegen sie alle in den Mitbesitz eingewiesen zu werden. Dasselbe billigt Labeo auch in dem Falle, wenn Jemand schon in den Mitbesitz eingewiesen worden und ein Anderer die Einweisung begehrt, denn wir werden nicht auf die Reihenfolge sehen, sondern Beide werden den Besitz erhalten. Wenn der Erstere schon in den alleinigen Besitz eingewiesen worden, und ein Anderer Sicherheitsleistung wegen drohenden Schadens fordert, so wird alsdann der Letztere, wenn sie ihm von Ersterem verweigert wird, in den Mitbesitz gesetzt. 16Julianus schreibt, Derjenige, welcher wegen eines drohenden Schadens in den Mitbesitz eingewiesen worden, beginne die Eigenthumserwerbung durch Ersitzung nicht eher, als bis er vom Prätor durch einen zweiten Beschluss zum alleinigen Besitzer gemacht werde. 17Wenn noch ein Zweiter vor diesem Beschlusse in den Mitbesitz gesetzt worden, so werden Beide gleichmässig Eigenthümer, nemlich sobald sie in den alleinigen Besitz eingewiesen worden sind. Wenn aber Titius, nachdem Derjenige, welcher zuerst in den Mitbesitz eingewiesen ward, schon zum Eigenthümer geworden ist, Sicherheitsbestellung wegen drohenden Schadens für sich fordert: so wird dem Titius, falls der Erste die Sicherheitsbestellung verweigert, allein der Besitz zustehen. 18Wenn aber Mehrere in den Mitbesitz eingewiesen werden, so geschieht solches gleichmässig, nicht nach Verhältniss des Schadens, welcher einen Jeden derselben treffen würde; und mit Recht. Denn auch wenn Einer in den Mitbesitz eingewiesen wird, geschieht solches nicht nach dem Masse seines Schadens, sondern in das Ganze; wenn also Mehrere eingewiesen werden, so werden Alle, gleichsam als gemeinschaftlich in das Ganze Eingewiesene, durch das Zusammentreffen gleiche Theile haben. 19Wenn aber Einer der in den Mitbesitz Eingewiesenen Auslagen gemacht hat und hierauf in den alleinigen Besitz gesetzt wird, kann derselbe deren Ersatz verlangen, und mit welcher Klage? Man hat hier angenommen, dass er es mit der Gemeingutstheilungsklage erlangen könne. 20Wenn aber Jemand in den Mitbesitz, und noch nicht in den alleinigen Besitz eingesetzt worden ist, so ist die Frage, ob der Eigenthümer aus dem Besitz weichen müsse? Labeo sagt, er brauche nicht daraus zu weichen, so wenig dies geschehe, wenn Gläubiger oder Vermächtnissinhaber eingewiesen werden; und dies ist die richtige Ansicht. 21Der Prätor räumt aber, wenn er in den Mitbesitz gesetzt hat, nicht sogleich auch den alleinigen Besitz ein, sondern erst alsdann, wenn ihm der Anspruch gerecht erscheint. Es wird also eine Zwischenzeit verflossen sein, nach welcher entweder der Eigenthümer wegen seines langen Stillschweigens anzusehen ist, als habe er das Haus aufgegeben, oder während welcher Demjenigen, welcher in den Mitbesitz eingesetzt worden und eine Zeit lang darin sich befunden hat, Niemand Sicherheit leistet. 22Wenn der Eigenthümer etwa in Angelegenheiten des Staats, oder aus einer andern rechtmässigen Ursache abwesend ist, oder in jenem Alter steht, dem der gesetzliche Schutz verliehen zu werden pflegt: so ist es billig, dass der Prätor nicht mit der Zuerkennung des alleinigen Besitzes eilt. Allein wenn er ihn auch zuerkannt hat, so ist doch kein Zweifel, dass derselbe die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ertheilen werde. 23Ist aber Jemand in den alleinigen Besitz eingesetzt, so wird der Eigenthümer aus dem Besitze gesetzt werden müssen. 24Wenn Solchen, die wegen drohenden Schadens Sicherheit hätten leisten können, [Dienstbarkeits] Rechte99Auf das Haus, welches Schaden droht. zustehen, so wird ihnen deren Geltendmachung wider Denjenigen, der in den alleinigen Besitz gesetzt worden, zu versagen sein; dieser Meinung schliesst sich auch Labeo an. 25Eben so fragt es sich bei dem Pfandgläubiger, ob ihm die Geltendmachung [seines] Pfandrechts gegen Denjenigen, welcher in den alleinigen Besitz gesetzt worden, versagt werden könne? Es ist mit mehr Grund anzunehmen, dass, wenn weder der Schuldner durch ein blosses Versprechen, noch der Gläubiger durch Bürgschaft Sicherheit geleistet hat, die Geltendmachung des Pfandrechts versagt werde. So schreibt Celsus mit Recht auch von dem Nutzniesser. 26Ad Dig. 39,2,15,26Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 459, Note 27.Wenn für ein im Zinsverbande stehendes Haus keine Sicherheit bestellt wird, so werden wir sagen, dass die Einweisung in den Mitbesitz, und nicht in den alleinigen Besitz Statt habe; denn [der Eingewiesene] kann durch den Besitz auch das Eigenthum nicht erwerben; sondern es hat [der Prätor] zu beschliessen, dass ihm dasselbe Recht zukommen solle, welches Demjenigen zustehen würde, der die Sicherheit verweigert hat: nach diesem Beschlusse wird er sich der Klage aus dem Zinscontract bedienen können1010S. Unterholzner Verjährungslehre Thl. II. S. 251. Anm. 689. A. d. R.. 27Wenn aber bei einem im Zinsverbande stehenden Gute die Municipalbürger1111Statt municipes liest man nach einer bekannten Conjectur [Alciat. Dispunct. III. 10.] mancipes [Unterholzner a. a. O. nimmt hiervon gar keine Notiz]. die Sicherheitsleistung verweigert haben, so gilt die Regel, dass durch ordentliche Ersitzung das Eigenthum erworben werde1212S. Unterholzner a. a. O. Thl. I. S. 193. A. d. R.. 28Es wird die scharfsinnige Frage aufgeworfen, ob, wenn sich ein Schaden ereignet hat, während der Prätor über die Verleihung der Stipulation1313D. h. ob das Gesuch um Sicherheitsbestellung durch Stipulation begründet sei, oder nicht. berathschlagt, dessen Ersatz verlangt werden könne? Die Besitzeinweisung wird zwar unterbleiben; jedoch muss der Prätor verordnen, dass auch für allen Schaden, der sich zugetragen, Sicherheit geleistet werde; oder, wenn er es für gut findet, eine analoge Klage zu gestatten, so mag er es beschliessen. 29Hat ein Mündel keinen Vormund, unter dessen Ermächtigung er Sicherheit leisten könnte, so wird die Einweisung in den Besitz Statt haben, als wenn er nicht vertreten würde. 30Ist Jemand wegen drohenden Schadens in den Mitbesitz eingewiesen worden, so halten Manche dafür, er müsse das Haus stützen und ausbessern lassen, auch für Verschuldung, wie der Pfandgläubiger haften; es ist aber ein Anderes Rechtens: denn da derselbe lediglich deshalb in den Mitbesitz gesetzt worden, um statt der Sicherheitsbestellung den Besitz zu haben, so kann ihm nichts zur Last gelegt werden, wenn er nicht ausgebessert hat. 31Wir wollen ferner untersuchen, ob, wenn Jemandem, nachdem er in den Mitbesitz eingewiesen worden, Sicherheitsleistung angeboten wird, er diesen nicht eher zu räumen brauche, als wenn ihm auch für jenen Schaden, der nach der Besitzeinweisung sich ereignet hat, Sicherheit geleistet wird? Diese Meinung hat mehr Vertheidiger; das Versprechen wird also zurückbezogen verstanden werden müssen: überdies wird ihm auch für die Kosten, wenn er deren gehabt hat, Sicherheit geleistet werden müssen. 32Auch die Frage wird aufgeworfen, von welchem Zeitpunkte an der Schaden berücksichtigt werde, ob von der Besitzantretung, oder von jener Zeit an, wo der Prätor die Einweisung zuerkannt hat? — Labeo sagt, vom Zeitpunkte der Zuerkennung an; Sabinus, von der Zeit der Besitzantretung an. Ich bin der Meinung, man müsse, nach den Umständen, bald diese bald jene Meinung anwenden: denn meisten Theils wird auch Derjenige in Schutz genommen, der, nachdem er in den Besitz eingewiesen worden, aus irgend einer Ursache solchen entweder gar nicht, oder später angetreten hat. 33Nachdem aber Jemand vom Prätor in den Besitz mit Eigenthumsrecht gesetzt worden, wird die Sicherheitsanbietung keineswegs Statt haben: so behauptet auch Labeo. Sonst, sagt er, wird die Sache kein Ende nehmen. Es ist dies auch die richtigste Meinung; ausgenommen dass Einige, entweder wegen ihres Alters, oder irgend einer andern rechtmässigen Ursache, in Schutz genommen werden. 34Wenn das Haus schon eingestürzt ist, so bleibt zu untersuchen, ob demohngeachtet Derjenige, welchem noch keine Sicherheitsleistung bestellt worden, in den Besitz der Ruinen oder des Bauplatzes eingesetzt werden müsse? Es ist mit mehr Grund anzunehmen, dass die Besitzeinweisung geschehen müsse; so behauptet auch Labeo: aber er setzt hinzu, wenn alsdann erst, nachdem der Prätor die Einweisung in den Besitz beschlossen hat, das Haus eingefallen ist; und ich halte Labeo’s Meinung für die richtige1414Denn es gilt hier, was l. 7. §. 2., l. 8. u. l. 9. pr. gesagt worden. A. d. R.. Wenn derselbe daher eine Ausbesserung vorgenommen, so wird man es gutheissen müssen, dass er den Besitz nicht eher zu räumen brauche, bis ihm Ersatz geleistet und für den schon geschehenen Schaden Sicherheit gestellt wird. Er kann aber auch durch eine Klage auf das Geschehene die gemachten Auslagen erstattet verlangen; jedoch nicht mehr, als die nach dem Ermessen eines rechtlichen Mannes zu billigenden. Gleiches gilt auch, wenn ein Anderer auf mein Geheiss oder Verlangen eine Verwendung ohne Arglist gemacht, und ich deshalb [ihm] zum Ersatz verurtheilt worden bin, oder ohne Arglist freiwillig Ersatz geleistet habe. 35Hat Jemand aus Furcht vor dem Einsturz den Besitz geräumt, in diesem Falle schreibt Labeo, es verbleibe ihm, wenn er anders solches gethan, weil er der Sache nicht abhelfen konnte, sein Recht eben so ungeschmälert, als ob er sich fortwährend im Besitze behauptet hätte; hat er aber, da er Abhilfe schaffen konnte, es vorgezogen, den Besitz aufzugeben, so sei er der vom Prätor ertheilten Rechtswohlthat verlustig; und wenn er hernach die Rechtshilfe für sich in Anspruch nehmen wolle, nicht mehr zu hören. Cassius hingegen behauptet, wenn er aus Furcht vor dem Einsturze sich entfernt habe, nicht in der Absicht, [den Besitz] des Hauses aufzugeben, so müsse er in den Besitz wiedereingesetzt werden1515Er corrigirt also insofern des Labeo Meinung, als er den Unterschied desselben in Bezug auf die Ausbesserung verwirft. A. d. R.; wer jedoch, schreibt er, in den Besitz eingewiesen worden, solchen nicht angetreten habe, sei der Rechtswohlthat des Prätors verlustig, wenn die Gebäude einstürzten; dies wird so zu verstehen sein, wenn er es vernachlässigt hat, den Besitz zu ergreifen, nicht wenn, während der Zeit er den Besitz ergreifen wollte, der Einsturz geschehen ist. 36Wenn Jemand, der vom Prätor nach diesem Edicte in den Mitbesitz eingewiesen wurde, nicht zugelassen worden ist, so wird er eine Klage auf das Geschehene anstellen können, dass ihm so viel geleistet werde, als ihm geleistet werden müsste, wenn Sicherheit wegen drohenden Schaden gestellt worden wäre; denn [diese] Klage erstreckt sich auf den Zeitpunkt, wo der Schaden geschieht.
17Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn Jemand, welcher in den Besitz eingewiesen worden, von Einem, der in fremder Gewalt steht1616D. h. von einem Sclaven., an der Besitznahme verhindert wird, so glauben die Meisten, es stehe ihm deshalb eine Noxalklage zu. 1Wie nun, wenn der Geschäftsbesorger [die Besitznahme] verhindert hat, werden wir gegen ihn selbst, oder den Eigenthümer die Klage verleihen? Es ist richtiger, dass sie gegen ihn selbst zu verleihen sei. 2Aber auch bei dem Sachwalter der Municipalstädte, dem Vormunde und den Uebrigen, die für Andere auftreten, wird dasselbe behauptet werden müssen. 3Jene Klage auf das Geschehene wird als immerwährend ertheilt, und sowohl für den Erben, als wider den Erben, so wie wider und für die übrigen Nachfolger Statt finden. 4Der Richter, welcher über [die Stipulation wegen] drohenden Schadens erkennt, pflegt, wenn auch das Haus von Demjenigen, gegen welchen Klage erhoben wurde, veräussert worden ist, allen Schaden in Anschlag zu bringen, der sich nur immer vor dem Urtheilsspruch ereignet hat.
18Paul. lib. XLVIII. ad Ed. Die Stipulation wegen drohenden Schadens kann nicht nur Derjenige fordern, in dessen Eigenthum sich die Sache befindet, sondern auch Jener, auf dessen Gefahr dieselbe steht. 1Wegen desjenigen aber, was der Versprecher nach Errichtung des Werks durch Ersitzung1717Die Glosse versteht diesen Paragraphen von folgendem Falle: Jemand hatte, als er ein neues Bauwerk errichtete, Sicherheit wegen drohenden Schadens mittels Stipulation geleistet. Nach Vollendung des Baues erwarb er das Eigenthum desjenigen Hauses, dessen Besitzer er Sicherheit bestellt hatte, durch Verjährung. Es fragt sich nun, ob der frühere Hauseigenthümer, mit der Klage aus der Stipulation wegen drohenden Schadens, von dem Promittenten Ersatz für den Schaden verlangen könne, welcher ihm dadurch zugegangen, dass der Promittent sein Haus ersessen hat? Pomponius verneint diese Frage. (Gothofred, der der Glosse nicht folgt, erklärt sich zu undeutlich, als dass man verstehen könnte, was er will; ich mag der Glosse nicht gerade widersprechen, allein anders will der Fall doch wohl wahrscheinlich verstanden sein; ich glaube, dass vielmehr von einer Ersitzung an dem opere facto selbst, oder dem Grund und Boden, oder der superficies die Rede ist. Zus. d. R. des Eigenthums erworben hat, sagt Pomponius, könne derselbe [aus der Stipulation] nicht belangt werden; weil er es weder durch Schadhaftigkeit des Grund und Bodens, noch des Werks, sondern durch das öffentliche Recht erworben habe. 2Demjenigen, welchem der Niessbrauch eines Hauses zusteht, braucht wegen Schadhaftigkeit eben dieses Hauses keine Sicherheit geleistet zu werden, wenn derselbe auch noch ein anderes Haus in der Nachbarschaft besitzt; weil es in seiner Macht steht, Ausbesserungen vorzunehmen; denn wer nach dem Gutbefinden eines rechtlichen Mannes benutzen muss, erlangt auch die Befugniss, Ausbesserungen vorzunehmen. Also darf auch dem Eigenthümer kein Gehör gegeben werden, wenn er von dem Nutzniesser für ein Haus, das er in dessen Nähe besitzt, Sicherheit verlangt: weil er eine Klage wider den Nutzniesser hat, dass derselbe das Haus so benutzen müsse, wie es ein rechtlicher Mann billigen würde. 3Meinem Miethmann werde ich aber, wenn er ein benachbartes Haus besitzt, für dasselbe wegen drohenden Schadens Sicherheit bestellen müssen. 4Wer auf gepachtetem Boden ein Gebäude aufgeführt hat, dem wird der Eigenthümer des erstern für den Schaden, welcher durch die Schadhaftigkeit des Bodens entstehen könnte, keine Sicherheit zu leisten haben, und eben so wenig der Besitzer des Gebäudes dem Eigenthümer des Bodens: weil ihnen gegenseitig die Klagen aus dem Pacht und Verpacht zustehen. Gegenstand dieser Klagen wird jedoch nur, was durch Verschulden geschieht: umfassender aber ist der der Stipulation wegen drohenden Schadens, was eben die Last der Stipulation genannt wird. 5Es ward die Frage aufgeworfen, ob, wenn Jemand, der ein Haus besass, stipulirt, und hierauf ein zweites Haus in der Nachbarschaft gekauft habe, er auch wegen des Hauses, welches er nach Eingehung der Stipulation gekauft, Ansprüche wider den Versprecher habe? Julianus schreibt, es dürfte derselbe doch wohl nur für jenes Haus Sicherheit geleistet erhalten haben, über welches Anfangs zwischen ihm und dem Versprecher die Rede war. Als folgerecht hiermit könne es betrachtet werden, dass auch in dem Falle, wenn zwei Theilhaber für ein gemeinschaftliches Haus stipuliren, die Sicherheit lediglich für den Schaden als geleistet anzusehen sei, welcher jedem der Theilhaber an den ihm zustehenden Hausantheile zugegangen ist; es mag also Einer von ihnen den andern Theil an sich gekauft, oder ihm solcher vom Richter zuerkannt worden sein, so werde dadurch die Verbindlichkeit aus dem Versprechen nicht vergrössert. Pomponius sagt, indem er Julian’s Ansicht anführt, er billige sie vollkommen. 6Wenn aber der Stipulirende nach dem Zustandekommen der Stipulation einige Gegenstände in das Haus bekam, und diese durch den Einsturz des benachbarten Hauses zu Grunde gegangen sind, so kann er aus der Stipulation klagen; obgleich damals, als solche eingegangen wurde, diese Gegenstände ihm nicht gehörten. 7Wenn der Käufer eines Grundstücks vor dessen Uebergabe [wegen drohenden Schadens] stipulirt hat, so erstreckt sich die Sicherheitsleistung [nur] auf jenen Schaden, welcher nach der Uebergabe eintreten sollte. 8Der Verkäufer eines Hauses aber muss, bevor er den Besitz übergibt, [wegen drohenden Schadens] stipuliren: weil er auch in dieser Hinsicht für das Verschulden zu haften hat. 9Was wird aber geschehen, wenn der Verkäufer, ohne dass ihn Verschuldung traf, nicht stipuliren konnte, und deshalb der Käufer stipulirt hat? erleidet er keinen Schaden? oder hat sich dieser Schaden an einer fremden Sache ereignet, fällt aber auf den Käufer zurück, weil ihm die Klage aus dem Kaufe nicht zusteht? Auch in diesem Falle ist die Stipulation von keinem Nutzen, als hinsichtlich jenes [Schadens], der sich nach der Uebergabe ereignet hat; weil, so lange der Verkäufer für die Verwahrung zu sorgen hat, er stipuliren und dem Verkäufer für volle Fleiss-[Anwendung] haften muss: und was durch eine andere Klage erlangt werden kann, durchaus nicht in die Stipulation wegen drohenden Schadens hinübergezogen wird. 10Wenn hingegen der Verkäufer eine Stipulation eingegangen ist, so wird solche auch jenen Schaden umfassen, der dem Käufer nach der Uebergabe widerfahren ist, — was, wie Aristo sagt, höchst unbillig ist; weil, wenn auch der Käufer wegen drohenden Schadens stipulirt hätte, der Versprecher wegen eines und desselben Gegenstandes Zweien verpflichtet wäre: wenn man nicht etwa dagegen anführen will, dass die Stipulation auf das Interesse gerichtet ist, und demnach angenommen werden zu können scheint, dass der Verkäufer [nach der Uebergabe] an der wegen drohenden Schadens errichteten Stipulation kein Interesse mehr habe. 11Die Meinung des Sabinus ist richtig, der dafür hält, dass, wenn während des Bauens, ininnerhalb der für die [Dauer der] Stipulation bestimmten Zeit, das Haus über meine Wand herabgefallen und solche beschädigt habe, ich Klage führen könne, wenn auch die Wand, nach Verlauf der für die [Dauer der] Stipulation festgesetzten Frist eingefallen sei: weil ich den Schaden schon damals erlitten habe, als die Wand schadhaft geworden sei: und es stehe sogar vor dem Einsturze der Wand der Klageanstellung kein Hinderniss im Wege: und wenn die Wand so verdorben sei, dass sie auf keine Weise wiederhergestellt werden kann und deshalb eingerissen werden muss, so sei der Entschädigungsbetrag eben so hoch zu bestimmen, als ob sie eingestürzt wäre. 12Wenn wir benachbarte Häuser haben und wechselseitig Sicherheitsleistung wegen drohenden Schadens verlangen, so wird nichts entgegenstehen, dass wir, sowohl ich in den Besitz Deines Hauses, als auch Du in den Besitz meines Hauses eingewiesen werden können. 13Wenn ein Unmündiger die Besitzeinweisung wegen drohenden Schadens verhindert hat, so findet nach meiner Meinung diese Klage auf das Geschehene mit vollem Rechte gegen ihn Statt. 14Hat solche ein Anderer in meinem Auftrag verhindert, so steht diese Klage wider mich zu. 15Der Prätor straft aber nicht nur Denjenigen, welcher die Einweisung in den Mitbesitz, sondern auch Jenen, der die Einweisung in den alleinigen Besitz verhindert hat: obgleich ausserdem Derjenige, welcher auf Befehl des Prätors den alleinigen Besitz, und durch den Besitz die Eigenthumserwerbung begonnen hatte, wenn er entweder an der Besitzergreifung gehindert, oder aus dem Besitze gesetzt worden ist, ein analoges Interdict Von wo man mit Gewalt, oder die Publicianische Klage erheben kann. Ist er aber mit der Klage auf das Geschehene aufgetreten, so kann er diese Klagen nicht anstellen, da der Prätor blos bezweckt, dass der Kläger keinen Schaden erleide, nicht dass er im Gewinn bleibe. 16Wenn mein Geschäftsbesorger wegen drohenden Schadens stipulirt hat, so steht nach Befinden mir eine Klage aus jener Stipulation zu.
19Gaj. ad. Ed. Praet. urb. tit. de d. i. Das Recht Derjenigen, welche in gutem Glauben abwesend sind, wird bei der Stipulation wegen drohenden Schadens nicht beeinträchtigt, sondern denselben nach ihrer Rückkehr, der Billigkeit gemäss, die Befugniss verliehen, Sicherheit zu leisten: sie mögen nun Eigenthümer sein, oder ein dingliches Recht an jener Sache haben; wie der [Pfand]Gläubiger, der Nutzniesser und Erbpächter. 1Es mag durch Schadhaftigkeit eines Hauses, oder eines Werkes, das entweder auf einem Hause, oder auf einem Platze in der Stadt oder auf dem Lande, an einem Privat- oder öffentlichen Orte errichtet wird, Schaden zu befürchten sein, so trägt der Prätor dafür Sorge, dass Demjenigen, welcher Schaden befürchtet, Sicherheit geleistet werde.
20Idem lib. XIX. ad Ed. Prov. Zwischen dem Nutzniesser und Eigenthümer findet Sicherheitsleistung wegen drohenden Schadens alsdann Statt, wenn der Nutzniesser wegen Schadhaftigkeit des Bodens, der Eigenthümer aber — wenn der Nutzniesser einen Bau vornimmt — wegen Schadhaftigkeit des Bauwerks Sicherheitsbestellung verlangt; denn wegen drohenden Einsturzes des Hauses kann keiner von Beiden von dem Andern Sicherheitsleistung fordern: der Nutzniesser deshalb nicht, weil die Ausbesserung des Hauses ihm selbst nicht zur Last liegt; der Eigenthümer darum nicht, weil die gewöhnliche Stipulation, mittels welcher der Nutzniesser für die Zurückgabe der Sache Sicherheit leistet, auch auf diesen Fall sich erstreckt.
21Paul. lib. VIII. ad Plaut. Wir wollen untersuchen, ob ein Haussohn, wenn derselbe Miethmann ist, wegen drohenden Schadens in den Besitz des benachbarten Hauses einzuweisen sei? Es fragt sich nemlich, ob nicht der Haussohn Schaden zu erleiden scheine, wenn die [im Hause befindlichen] Sachen sein Sondergut sind, und ob der Vater auf den Fall stipuliren könne, wenn demselben Schaden zustossen sollte? Man nimmt an, Beide seien in den Besitz zu setzen, es sei denn, dass der Sohn mit der Bedingung gemiethet hatte, dass das Haus auf seine Gefahr stehen sollte; denn alsdann wird man, weil derselbe allein aus dem Verpacht haftet, mit Recht behaupten, dass er selbst in den Besitz zu setzen sei, wenn ihm keine Sicherheit geleistet wird.
22Idem lib. X. ad Plaut. Wenn der Eigenthümer wegen drohenden Schadens Sicherheit bestellt, oder etwa eine Leistung bestritten, oder umgekehrt, der Nutzniesser eine Leistung gemacht hat, so ist es unbillig, dass der andere Theil das Haus schadenfrei benutze oder eigenthümlich besitze; wenn also der Eigenthümer eine Zahlung bestritten hat, so ist dem Nutzniesser die Benutzung nicht anders zu gestatten, als wenn er seinen Beitrag geleistet: dasselbe ist auch dem Nutzniesser zu gewähren, dass der Eigenthümer angehalten werde, ihm seinen Beitrag zu leisten: der Nutzniesser darf also auch, wenn das Haus eingefallen ist, den Grund und Boden vorenthalten, bis ihm der Schaden ersetzt wird: so dass [alle Rechte], welche der in den Besitz eingewiesene Nachbar haben würde, dem Nutzniesser, welcher ihm den Schaden erstattet hat, zustehen. Dasselbe gilt auch, wenn ein ganz geringer Schaden veranlasst wird. 1Plautius [begutachtete]: Wenn ich von Demjenigen, welchen ich als Eigenthümer nicht anerkenne, Sicherheitsleistung durch Bürgschaft unter der Bedingung fordere, „wenn derselbe nicht Eigenthümer wäre;“ [zugleich] aber von Demjenigen, welchen ich als Eigenthümer anerkenne, unbedingte Sicherheitsbestellung durch ein blosses Versprechen begehre: so ist es ausgemacht, dass meinem Verlangen nicht Statt gegeben werden darf, sondern dass ich [Einen von Beiden] wählen muss, von wem ich Sicherheit geleistet haben will.
23Ulp. lib. LXIII. ad Ed. Bei einer Stipulation wegen drohenden Schadens, die wegen eines Hauses eingegangen wird, wird die Einweisung in den Besitz Statt haben, wenn nicht für das Ganze Sicherheit geleistet worden ist.
24Idem lib. LXXXI. ad Ed. Die öffentlichen Flüsse dienen zum allgemeinen Gebrauche, wie auch die öffentlichen Wege und die Ufer. Es darf daher an denselben Jedermann ohne Unterschied bauen und niederreissen, wenn es nur ohne Nachtheil eines Andern geschieht. Deshalb wird nur des Bauwerks wegen Sicherheit durch Bürgschaft geleistet: (wegen Schadhaftigkeit des Platzes wird keine Sicherheit geleistet) d. h. wegen des Bauwerks, das Jemand errichtet; wenn übrigens von der Schadhaftigkeit des Platzes ein Schaden zu besorgen ist, so lässt sich durchaus nicht sagen, dass eine Stipulation wegen drohenden Schadens getroffen werden müsse: denn wer zweifelt, dass Niemand vorhanden sei, von dem stipulirt werden sollte, indem, ohne irgend Jemandes Zuthun, der öffentliche Platz selbst durch seine Beschaffenheit den Schaden verursacht? 1Ad Dig. 39,2,24,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 459, Note 21.Die Stipulation hat also auf solche Werke Bezug, welche von Privaten errichtet werden. Was ist also zu thun, wenn auf Veranstaltung des Staats ein Werk errichtet wird? Was soll man thun, wenn es schadhaft ist? Entweder muss der Kaiser angegangen werden, oder wenn solches in der Provinz Statt findet, der Provinzial-Präsident. Der Ausdruck „durch Schadhaftigkeit des Bauwerks“ muss aber so genommen werden, dass man ihn sowohl auf die Zeit bezieht, wo das Werk errichtet wird, als auch auf die Zukunft, wenn später sich ein Schaden ereignet: denn wie, wenn darum, weil schlecht gebaut worden ist, der Einsturz erfolgt ist? 1aBei dieser Stipulation wird auch der Name der Erben, oder Nachfolger, und Derjenigen, welchen die Sache gehört, beigesetzt: unter diesen Worten sind aber nicht nur die Nachfolger in das Gesammtvermögen, sondern auch Jene begriffen, welche blos in das Eigenthumsrecht der Sache nachfolgen. 2Dafür aber, dass durch Schadhaftigkeit des Hauses, des Platzes, oder Werkes kein Schaden verursacht werde, wird eine Stipulation ohne Bürgschaft eingegangen, die nicht blos auf das ganze Haus, sondern auch auf jeden Theil des Hauses Bezug hat. Unter Schadhaftigkeit des Hauses und Platzes aber, sagt Labeo, ist zu verstehen, was diese durch äussere Veranlassung weniger haltbar macht; daher fällt es Niemandem ein, dass wegen eines sumpfigen oder sandigen, als eines schadhaften Platzes, die Stipulation verfalle: weil dies ein natürlicher Fehler ist, und deshalb weder eine Stipulation dafür getroffen wird, noch, wenn dies geschehen ist, die Stipulation verfallen wird. 3Umfasst diese Stipulation blos jenen Schaden, der widerrechtlich veranlasst wird, oder allen Schaden, der durch äussere Veranlassung eintritt? Labeo wenigstens schreibt, es könne wegen solchen Schadens keine Klage erhoben werden, der etwa durch Erdbeben, oder durch die Gewalt eines Stromes, oder einen andern Zufall eingetreten sei. 4Auch Servius ist der Meinung, dass, wenn durch den Wind Dachziegel vom Hause des Versprechers heruntergeworfen worden und dem Nachbar Schaden verursacht haben, derselbe alsdann zu haften habe, wenn es durch Schadhaftigkeit des Gebäudes geschehen ist, nicht aber, wenn durch die Gewalt der Winde, oder auf eine andere Weise, die übermenschliche Kraft hat. Labeo fügt auch den Grund bei: wollte man diese Ausnahme nicht zulassen, so würde es unbillig sein; denn welches Gebäude ist so fest, dass es der Macht eines Stromes, oder des Meeres, oder des Sturmes, oder des Einsturzes, oder einer Feuersbrunst, oder eines Erdbebens widerstehen könnte? 5Derselbe Servius ist der Meinung, wenn die Gewalt des Wassers das Haus [des Versprechers] umgerissen habe, und hierauf das Gebäude des Stipulirenden eingefallen sei, so werde derselbe durch die Stipulation nichts bezwecken: weil dieses weder durch Schadhaftigkeit des Werks, noch des Platzes veranlasst worden sei. Wenn aber das Wasser das Fundament untergraben hat, und das Gebäude auf diese Weise eingestürzt ist, so verfalle, sagt er, die Stipulation: denn es sei ein grosser Unterschied, ob, was sonst fest gewesen, sogleich durch die Macht des Stroms eingefallen, oder ob es zuvor schadhaft gewesen, und später in diesem Zustande zusammengestürzt sei; dem schliesst sich auch Labeo an: denn es ist [ebenso] nach dem Aquilinischen Gesetze ein grosser Unterschied, ob Jemand einen gesunden oder kranken Sclaven tödte. 6Obgleich aber die Stipulation verfällt, wenn durch Schadhaftigkeit eines Werks ein Schaden verursacht worden ist, so verfällt sie dennoch nicht, wenn das Werk von Jemandem errichtet worden, den der Versprecher nicht daran verhindern konnte. Allerdings wird dieselbe verfallen, wenn er ihn zu verhindern vermocht. Hat aber Jemand im Namen des Versprechers, oder Dessen, für welchen versprochen worden ist, oder ein Anderer, der verhindert werden konnte, [das Werk] errichtet, so wird die Stipulation verfallen. 7Ferner, wenn wegen eines Backofens wegen drohenden Schadens Sicherheit geleistet, und hierauf durch Verschulden des Bäckers ein Schaden verursacht worden ist, so erachten die Meisten, dass solcher nicht in dieser Stipulation einbegriffen sei. 8Auch Cassius schreibt, hinsichtlich eines solchen Schadens, dem durch keine Macht hätte begegnet werden können, begründe die Stipulation keine Verbindlichkeit. 9Auf gleiche Weise findet sich bei Vivianus erörtert, wenn Bäume, die auf dem Acker meines Nachbarn durch die Gewalt des Sturmes entwurzelt wurden, auf meinen Acker gefallen sind und dadurch meinen Weinstöcken oder Saaten Schaden zufügen, oder meine Gebäude niederreissen, so fruchte jene Stipulation nichts, welche die Bestimmung enthalte: Wenn durch Schadhaftigkeit der Bäume oder des Platzes ein Schaden sich ereignen sollte: weil nicht durch Schadhaftigkeit der Bäume, sondern durch die Macht der Winde, mir ein Schaden verursacht worden ist. Wenn solches aber durch das Alter der Bäume veranlasst worden, so können wir behaupten, dass mir durch Schadhaftigkeit der Bäume ein Schaden zugegangen ist. 10Derselbe sagt: Wenn ich Dir wegen meines Hauses für drohenden Schaden Sicherheit geleistet habe, hierauf dieses Haus durch die Gewalt des Sturmes auf Deine Gebäude gefallen ist und dieselben zerstört hat, so brauche nichts aus jener Stipulation geleistet zu werden, weil Dir kein Schaden durch Baufälligkeit meines Hauses entstanden ist, wenn nicht etwa mein Haus so schadhaft gewesen, dass es bei jedem, selbst dem geringsten Sturm zusammengestürzt ist. Dies ist Alles richtig. 11Aber auch Labeo’s Meinung ist richtig, es komme darauf an, ob das Gebäude durch den Andrang des Stroms zusammengestürzt, oder ob solches vorher sich schon in schlechtem Zustand befunden und hernach eingefallen sei. 12Ferner wollen wir untersuchen, wenn eher Schadenzufügung anzunehmen sei: denn diese Stipulation umfasst den Schaden, der durch Schadhaftigkeit eines Hauses, eines Platzes, oder Werkes verursacht wird. Z. B. ich grabe in meinem Hause einen Brunnen, durch welchen Deinem Brunnen die Quelle abgeschnitten wird: kann ich belangt werden? Trebatius sagt, ich könne nicht [aus der Stipulation] wegen drohenden Schadens belangt werden; denn es werde in einem solchen Falle, wo ich mich meines Rechts bedient habe, nicht angenommen, dass Dir durch Schadhaftigkeit meines Werkes ein Schaden veranlasst worden sei. Wenn ich jedoch auf meinem Eigenthum so tief grabe, dass Deine Wand einstürzen muss, so wird die Stipulation wegen drohenden Schadens verfallen.
25Paul. lib. LXXVIII. ad Ed. Trebatius sagt, auch Derjenige erleide einen Schaden, dessen Hause die Hellung verbaut wird.
26Ulp. lib. LXXXI. ad Ed. Proculus sagt, wenn Jemand, vermöge seines Rechts, etwas auf seinem Eigenthume unternehme, so könne derselbe, obgleich er dem Nachbar wegen drohenden Schadens Sicherheit geleistet, dennoch aus jener Stipulation nicht belangt werden: wie wenn Du ein Gebäude neben meinem Gebäude besitzest und dasselbe, in Gemässheit des Dir zustehenden Rechts, höher bauest: oder wenn Du auf Deinem benachbarten Acker durch einen unterirdischen Gang oder einen Graben mein Wasser ableitest: denn obgleich Du mir hier das Wasser entziehst, dort die Hellung verbaust, so stehe mir dennoch keine Klage aus jener Stipulation zu: weil Derjenige, welcher nur jenen Vortheil, den er bisher genossen, verliert, nicht so zu betrachten ist, als erleide er einen Schaden: und es sei ein grosser Unterschied, ob Jemand einen Schaden erleidet, oder einen seither gehabten Vortheil verliert: die Meinung des Proculus scheint mir die richtige.
27Paul. lib. LXXVIII. ad Ed. Von mehreren Eigenthümern eines und desselben Hauses muss jeder derselben ohne Bestimmung des Antheils stipuliren, weil jeder wegen seines Schadens stipulirt: die Bestimmung des Antheils würde sogar die Theilung seines Antheiles bewirken. Wenn hingegen das baufällige Haus mehrere Eigenthümer hat, so muss jeder für seinen Antheil [Schadloshaltung] versprechen, damit nicht jeder Einzelne auf das Ganze verpflichtet werde.
28Ulp. lib. LXXXI. ad Ed. Bei dieser Stipulation kommt das Interesse1818Quanti ea res est ist hier gleichbedeutend mit quanti interest. Conf. l. 37. h. t. Brisson. de V. S. voce: „Quanti.“ in Anschlag. Deshalb schreibt auch Cassius, Derjenige, welcher wegen drohenden Schadens stipulirt habe, könne, wenn er aus Furcht vor dem Einsturze jene Gebäude, um deren willen er sich Sicherheit leisten liess, gestützt habe, die hierfür bestrittenen Kosten mit der Klage aus der Stipulation ersetzt verlangen. Dasselbe sei auch Rechtens, wenn Derjenige, welcher sich wegen der Baufälligkeit einer gemeinschaftlichen Wand wegen drohenden Schadens Sicherheit leisten liess, seine Gebäude gestützt habe, um die auf der Wand ruhenden Lasten zu erleichtern. Eben so verhält es sich mit dem durch den Auszug der Miethleute herbeigeführten Nachtheil, wenn er aus gegründeter Furcht erfolgt ist. Aristo aber bemerkt sehr gut, gleichwie Cassius hier fordere, dass die Veranlassung zum Auszuge in gegründeter Furcht gelegen haben müsse, ebenso hätte er auch hinsichtlich Desjenigen, der die Gebäude gestützt habe, sagen sollen, wenn derselbe aus gegründeter Furcht vor dem Einsturze zum Stützen genöthigt worden sei.
29Gaj. lib. XXVIII. ad Ed. Prov. Aber auch, wenn Niemand wegen Baufälligkeit des [benachbarten] Hauses die Wohnung miethen will, wird dasselbe behauptet werden müssen.
30Ulp. lib. LXXXI. ad Ed. Die Stipulation wegen drohenden Schadens erstreckt sich auch auf den Fall, wenn mir durch Schadhaftigkeit eines Werks, das zum Behufe einer Wasserleitung auf meinem Landgute errichtet wird, ein Schaden widerfährt: auf fremdem Eigenthum aber pflegt ein Werk errichtet zu werden, wenn Jemand in Folge einer Dienstbarkeit, die er auf ein fremdes Grundstück erworben hat, ein Werk auf dem fremden Eigenthum aufführt. 1Ob derselbe aber wegen dieses Werkes Sicherheit durch ein blosses Versprechen, oder durch Bürgschaft leisten müsse, wollen wir nun untersuchen. Entscheidend scheint zwar, dass er auf fremdem Eigenthume baut: wer aber für fremdes Eigenthum Sicherheit leistet, muss durch Bürgschaft, wer für sein Eigenthum, durch ein blosses Versprechen Sicherheit bestellen. Deshalb meinte Labeo, Derjenige, welcher, um eine Wasserleitung oder einen Wassergang anzulegen, ein Werk errichte, müsse Bürgschaft stellen, weil er solches auf fremdem Eigenthume thue. Da aber wegen des Werkes, das er unternimmt, eine Stipulation verlangt wird, so wird es folgerecht sein zu sagen, dass ein blosses Versprechen hinreiche: denn er leistet gewissermassen wegen seiner eigenen Sache Sicherheit. 2Was von der Wasserleitung gesagt worden, ist beispielsweise angeführt: übrigens wird die Stipulation auf alle Werke auszudehnen sein.
31Paul. lib. LXXVIII. ad Ed. Diejenigen, welche öffentliche Wege ausbessern, müssen es ohne Schaden für die Nachbarn thun. 1Wenn Streit darüber herrscht, ob Derjenige, von welchem die Sicherheitsbestellung gefordert wird, Eigenthümer sei, oder nicht, so wird derselbe angewiesen, unter Bedingung1919Unter der Bedingung nemlich, dass der Cautionsleister nicht als Eigenthümer erkannt werden sollte. Conf. l. 22. §. 1. h. t. Bürgschaft zu stellen.
32Gaj. lib. XXVIII. ad Ed. prov. Wenn an mein Haus ein mir und Dir gemeinschaftlich gehöriges Haus anstösst, so fragt es sich, ob Du mir wegen des Schadens eines eigenen Hauses, der durch letzteres entstehen kann, Sicherheit leisten müssest, nemlich für Deinen Eigenthumsantheil? Und die Meisten sind dieser Meinung: mich bestimmt aber [der Umstand zu der entgegengesetzten Ansicht], dass ich mein [gemeinschaftliches] Haus selbst ausbessern, und den theilweisen Kostenersatz mit der Gesellschaftsklage, oder der Gemeingutstheilungsklage erlangen kann. Denn auch, wenn ich ein einziges Haus gemeinschaftlich mit Dir besitze, und dasselbe schadhaft wird, und Du mit dessen Ausbesserung zu säumen scheinst, stellen unsere Rechtslehrer in Abrede, dass Du Sicherheit leisten müssest; weil ich selbst ausbessern könne, indem ich mit der Gesellschaftsklage, oder der Gemeingutstheilungsklage, meinen Kostenaufwand theilweise erstattet bekäme; daher werde auch die bestellte Sicherheit von geringerem Nutzen sein, weil auf andere Weise mein Schaden ersetzt werden könne. Die Meinung unserer Rechtslehrer läuft daher darauf hinaus, dass wir glauben sollen, die Stipulation wegen drohenden Schadens sei in dem Falle unnöthig, wo der Schaden auf eine andere Weise erstattet werden könne: und dies ist auch in dem obigen Falle anzunehmen.
33Ulp. lib. XLII. ad Sab. Dem Miethmann steht wegen drohenden Schadens keine Klage zu, weil er aus dem Pacht klagen kann, wenn ihn der Eigenthümer am Ausziehen hindert,
34Paul. lib. X. ad Sab. vorausgesetzt, dass er das verfallene Miethgeld zu zahlen bereit war; sonst würde der Eigenthümer mit Recht ein Unterpfand zurückbehalten. Hat derselbe aber auch ein Unterpfand zurückbehalten, und es ist durch den Einsturz des benachbarten Hauses zu Grunde gegangen, so kann man sagen, dass der Vermiether auch mit der Pfandklage belangt werden könne, wenn er jene Gegenstände an einen sicherern Ort hinschaffen konnte.
35Ulp. lib. XLII. ad Sab. Bei Niederreissung einer gemeinschaftlichen Wand muss man darauf sehen, ob dieselbe zur Tragung der Lasten tauglich war, oder nicht.
37Ulp. lib. XLII. ad Sab. Denn wenn sie dies nicht ist, so muss sie niedergerissen werden; und Derjenige, welcher dieselbe niederreisst, kann nicht darum belangt werden, wenn sich dadurch ein Schaden ergiebt: es sei denn, dass die neue Wand auf eine verschwenderische Weise, oder nicht haltbar genug wiederhergestellt wurde. War aber die niedergerissene Wand haltbar, so wird das Interesse Gegenstand der Klage wegen drohenden Schadens, das der Kläger dabei hatte, dass die Wand stehen blieb; mit Recht: denn wenn dieselbe nicht niedergerissen zu werden brauchte, so muss sie jener auf eigene Kosten wiederherstellen. Auch wenn wegen der Niederreissung ein Einkommen verloren wurde, verlangte Sabinus folgerecht dessen Ersatz. Sind etwa die Bewohner ausgezogen, oder können sie nicht mehr so bequem wohnen, so kann dieses dem Bauunternehmer zur Last gelegt werden.
38Paul. lib. X. ad Sab. Obschon der Käufer eines Hauses vor erfolgter Besitzübergabe darum nicht mit Wirksamkeit stipuliren kann, weil ihm der Verkäufer für volle Fleiss- [Anwendung] zu haften hat, so stipulirt er doch alsdann mit Wirksamkeit, wenn dem Verkäufer kein Verschulden zur Last fällt: wie wenn derselbe dem Käufer bittweise die Wohnung im Hause gestattet, und ihm die Aufsicht übertragen hat, weil er verreisen will. 1Wenn für einen Acker die Sicherheitsbestellung verweigert wird, so muss die Besitzeinsetzung in jenen Theil geschehen, von welchem Gefahr droht: der Grund hiefür ist dieser, dass bei Gebäuden auch die übrigen Theile mit eingerissen werden: bei Aeckern ist dies nicht der Fall. Aber noch ist zu bemerken, dass bei grösseren Häusern der Prätor zuweilen, nach Untersuchung der Sache, bestimmen muss, hinsichtlich welchen Theils Derjenige, dem die Sicherheitsbestellung verweigert wird, in den Besitz eingesetzt werden soll. 2Ist, nach Abzug des Werths der alten Wand, ein Mehreres [auf die neue Wand] verwendet worden, so muss es in Anschlag gebracht werden, und wenn von der alten Wand [Baumaterialien] zu der neuen gebraucht wurden, so ist deren Schätzung abzurechnen.
39Pompon. lib. XXI. ad Sab. Diejenigen, welche eine gemeinschaftliche Wand besitzen, pflegen in Ansehung der Gebäude, die Jedem ausschliessend eigenthümlich gehören, wegen drohenden Schadens zu stipuliren: diese Sicherheitsleistung ist aber [nur] alsdann nothwendig, wenn entweder Einer von ihnen allein baut und von dem Bauwerke Beschädigung zu besorgen ist, oder der Andere ein Gebäude von höherem Werthe hat und bei dem Einsturze der Wand mehr Schaden erleiden würde: sonst bekommt Jeder, wenn die Gefahr gleich ist, von seinem Nachbar ebensoviel, als er ihm leistet2020Folglich gleicht sich alsdann der beiderseitige Schaden aus, und ist deshalb die Sicherheitsleistung zwecklos.. 1Wenn ein Haus im Streite liegt, so liegt dem Besitzer die Sicherheitsleistung wegen drohenden Schadens ob, da er, was er geleistet, dem Eigenthümer des Grundstücks in Rechnung bringen kann. Verweigert er die Sicherheitsbestellung, so muss er dem Kläger, welcher wegen drohenden Schadens Sicherheit verlangt, den Besitz überlassen; denn es scheint unbillig, ihn als Stipulirenden zu zwingen, das Haus, von welchem der Schaden befürchtet wird, zu verlassen und den Eigenthümer aufzusuchen. 2Die Stipulation wegen drohenden Schadens hat einen weiteren Umfang: und sie ist deshalb auch Demjenigen, welcher ein Erbpachtsgehöfte besitzt, nützlich, wenn der Erbpacht ein Schaden zugefügt worden: und nicht minder ist sie für den Eigenthümer des Grund und Bodens von Nutzen, wenn dem Grund und Boden ein Schaden zugegangen, so dass das ganze Gehöfte abgebrochen werden muss: denn der Eigenthümer wird um die jährliche Rente gebracht werden. 3In fremdem Namen darf man so stipuliren, dass der Schaden, welcher den Eigenthümer betroffen, in der Stipulation begriffen sein soll; Derjenige, welcher stipulirt, wird aber Sicherheit leisten müssen, dass der Eigenthümer seine Genehmigung ertheilen werde: und die wider einen Geschäftsbesorger zustehende Einrede wird der Stipulation beizufügen sein, wie bei der Stipulation über Vermächtnisse: wird ihm die Sicherheitsbestellung verweigert, so wird der Geschäftsbesorger allemal in den Besitz einzusetzen sein, so dass ihm die wider einen Geschäftsbesorger zustehende Einrede nicht schadet. 4Bei Schätzung der neuen Wand müssen die Kosten berücksichtigt werden, welche, im Verhältnisse zu deren altem Bau, ein billiges Mass nicht überschreiten und nicht zu beschwerlich fallen.
40Ulp. lib. XLIII. ad Sab. Bei der Stipulation wegen drohenden Schadens darf keine alle Grenzen überschreitende, oder übermässige Schätzung gemacht werden; z. B. wegen Tünchwerks und Malerei. Denn wenn gleich ein grosser Aufwand dafür gemacht wurde, so muss dennoch bei der Stipulation wegen drohenden Schadens die Schätzung mässig gemacht werden: weil eine anständige Bauart zu beobachten, nicht aber die übertriebene Verschwendung eines Jeden nachzuahmen ist. 1So oft sich durch Baufälligkeit einer gemeinschaftlichen Wand ein Schaden ereignet, hat ein Theilhaber dem Andern keinen Ersatz zu leisten, da der Schaden durch Baufälligkeit einer gemeinschaftlichen Sache veranlasst worden ist. Hat sich der Schaden deshalb zugetragen, weil der Eine dieselbe gedrückt oder belastet hatte, so ist es folgerecht zu sagen, dass auch er den Verlust, welcher durch seine Veranlassung verursacht worden, erstatten müsse. Ist die Wand eingefallen, indem sie gleichmässig von beiden Besitzern belastet wurde, so gleicht sich, wie Sabinus sehr richtig schreibt, die Sache aus. Hat aber auch der Eine mehrere, oder werthvollere Gegenstände eingebüsst, so ist es doch besser, zu sagen, dass Keinem von Beiden eine Klage wider den Andern zustehe, weil Beide der Wand Lasten aufgelegt haben. 2So oft Mehrere aus [der Stipulation] wegen drohenden Schadens Klage erheben, weil sie in Betreff derselben Sache Schaden erlitten haben, d. h. an Einem Hause, darf nicht Jeder von ihnen auf das Ganze, sondern [nur] auf seinen Antheil klagen: denn der Schaden, welcher Mehreren verursacht worden, hat nicht Jeden derselben ganz betroffen, sondern ist als theilweise zugestossen zu betrachten: daher hat auch Julianus geschrieben, es stehe einem Jeden die Klage für seinen Antheil zu. 3Ferner wenn das Haus, von welchem Schaden droht, Mehreren gehört, steht alsdann die Klage gegen einen Jeden der Miteigenthümer auf das Ganze, oder auf dessen Antheil zu? Julianus schrieb, und Labeo heisst dies auch gut, dass sie im Verhältniss zu ihren Eigenthumsantheilen belangt werden müssen. 4Wenn mehrere Miteigenthümer Eines Hauses sich wegen drohenden Schadens sicherstellen wollen, und Niemand ihnen für den drohenden Schaden Sicherheit leistet, so werden dieselben alle in den Besitz einzusetzen sein, und zwar zu gleichen Theilen, wenn gleich ihre Eigenthumsantheile verschieden gewesen: so schreibt auch Pomponius.
41Pompon. lib. XXI. ad Sab. Bei Ausbesserung einer gemeinsamen Wand wird Demjenigen vorzugsweise die Bauführung gestattet, der die Wand auf eine zweckmässigere Weise ausbessern will. Dasselbe muss gesagt werden, wenn es sich um Ausbesserung eines Weges, oder einer Wasserleitung, unter Zweien oder Mehreren handelt.
42Jul. lib. LVIII. Dig. Hat ein gemeinschaftlicher Sclave wegen drohenden Schadens stipulirt, so ist es ebenso anzusehen, als ob die Herren selbst in eigener Person, Jeder für seinen Antheil, stipulirt hätten.
43Alfen. Var. lib. II. Dig. Jemand hatte seinem Nachbar wegen drohenden Schadens Sicherheit geleistet; es wurden von seinem Gebäude durch den Wind Dachziegel herabgeworfen, die auf die Dachziegel des Nachbars fielen, und sie zerbrachen. Es ward die Anfrage gestellt, ob ein Ersatz geleistet werden müsse? Das Gutachten war: wenn es durch die Schadhaftigkeit des Gebäudes und dessen Mangel an Festigkeit geschehen sei, so müsse Ersatz geleistet werden; wäre hingegen die Macht des Windes so gross gewesen, dass dieselbe auch feste Gebäude erschüttern konnte, so brauche kein Ersatz geleistet zu werden; und was den in der Stipulation enthaltenen Satz: „Oder wenn daselbst Etwas einstürzen wird,“ betrifft; so scheine ihm Dasjenige nicht einzustürzen, was entweder durch den Wind, oder überhaupt durch eine äussere Gewalt einfalle, sondern blos jenes, was von selbst falle. 1Jemand leistete, als er eine ihm mit seinem Nachbar gemeinschaftliche Wand bauen wollte, bevor er die alte niederriss, seinem Nachbar Sicherheit wegen drohenden Schadens, und liess sich auch seinerseits [von demselben] Sicherheit bestellen: nachdem die gemeinschaftliche Wand eingelegt worden, und aus den Stockwerken des Nachbars die Miethleute ausgezogen waren, wollte dieser das Miethgeld, welches die Miethbewohner nicht mehr entrichteten, von ihm ersetzt haben. Es ward angefragt, ob er es mit Recht fordere? Das Gutachten war: die Parteien hätten, da sie eine gemeinschaftliche Wand bauten, sich keine wechselseitige Sicherheit zu leisten nöthig gehabt, und es hätte auch auf keine Weise Einer von dem Andern dazu gezwungen werden können. Aber wenn dieselben doch Sicherheit leisten wollen, so hätten sie es für nicht mehr als den halben Theil nöthig gehabt, für ein Mehreres brauchte Keiner, wenn er eine gemeinschaftliche Wand baute, nicht einmal einem Dritten, Sicherheit zu leisten: weil er aber einmal für das Ganze Sicherheit geleistet hätte, so müsse er auch den ganzen Verlust, welchen der Nachbar an dem Miethgelde erlitten, vergüten. 2Derselbe fragte an, ob er, was er desfalls gegeben, wieder zurückfordern könne: weil er sich von seinem Nachbar wiederum Sicherheit habe leisten lassen, dass ihm, wenn er durch den Bau einen Schaden erleiden sollte, dieser erstattet werde; da er doch gerade dieses Geld, welches er zahle, auch durch jenes Bauwerk einbüsse. Das Gutachten war: er könne es nicht; aus dem Grunde, weil er nicht durch Schadhaftigkeit des Bauwerks, sondern durch die Stipulation dieses Geld verliere.
44African. lib. IX. Quaest. Als ich von Dir [aussergerichtlich] verlangte, dass Du mir wegen drohenden Schadens Sicherheit leisten solltest, wolltest Du nicht; und bevor der Prätor angegangen wurde, stürzte Dein Haus zusammen und fügte mir Schaden zu: es sei besser, anzunehmen, sagte er (Africanus), dass der Prätor keine neue Anordnung mache, und dass ich durch mein Verschulden den Schaden erlitten habe, weil ich zu spät aufgetreten bin. Wenn hingegen der Prätor beschlossen hatte, dass Du Sicherheit leisten solltest, und, weil Du sie verweigertest, mir den Besitz zuerkannt hatte, bevor ich aber den Besitz ergriffen, das Haus eingestürzt ist, so sei, meinte er, Alles ebenso zu halten, als ob der Schaden erst, nachdem ich mich in den Besitz gesetzt, sich ereignet hatte. 1Wegen drohenden Schadens in den alleinigen Besitz gesetzt, erwarb ich durch den Besitz das Eigenthum; später wollte ein Gläubiger auf das Haus Ansprüche machen, weil ihm dasselbe verpfändet sei; nicht ohne Grund kann man sagen, dass ihm die Geltendmachung [seiner Ansprüche] wider mich nicht zu gestatten sei, wenn er sich nicht erbiete, mir die auf die Ausbesserung verwendeten Kosten zu ersetzen. Warum aber wird dieses nicht auch dem Käufer, wenn Jemand etwa ein verpfändetes Haus gekauft hat, zugestanden? Es lässt sich zwischen diesen Fällen kein richtiger Vergleich machen, da der Käufer aus eigenem Willen ein Geschäft unternimmt: daher derselbe auch mit mehr Sorgfalt sich vom Verkäufer Sicherheit bestellen lassen kann und muss; dies kann nicht auf gleiche Art von Demjenigen gesagt werden, dem die Sicherheit wegen drohenden Schadens verweigert wird.
45Ad Dig. 39,2,45Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 198, Note 16.Scaevola lib. XII. Quaest. 2121Unser Text hat den sinnlosen Satz a quem fundus petetur si rem nolit, mit Recht in Klammern eingeschlossen. Du hast einen Bau aufgeführt: ich stelle Klage an, Du habest kein Recht dazu: Du lässt Dich auf die Klage nicht ein. In diesem Falle muss mir der Besitz eingeräumt werden: zwar nicht, um sogleich das Bauwerk zu zerstören (denn es ist unbillig, die Niederreissung sogleich zu bewerkstelligen), sondern damit es geschehe, wenn Du nicht innerhalb einer gewissen Zeit beweisest, dass Du ein Recht zum Bauen habest.
46Paul. lib. I. Sentent. Es gehört zu dem Amt des Staatsprocurators, dafür zu sorgen, dass eingerissene Häuser von ihren Eigenthümern aufgebaut werden. 1Ein auf öffentliche Kosten wiederaufgebautes Haus veräussert der Staat mit Recht, wenn der Eigenthümer das aufgewendete Geld nebst Zinsen nicht zu bestimmter Zeit zurückerstatten will.
47Nerat. lib. VI. Membran. Ein Gemach2222Welches in der Mitte zwischen zweien Häusern lag, früher zum Gebrauche des Hauses A. eingerichtet war, und nun zum Gebrauche des Hauses B. eingerichtet wurde., welches der Eigenthümer zweier Häuser aus dem einen Hause zum Gebrauche des andern eingerichtet hat, wird nicht nur alsdann ein Bestandtheil des letzteren Hauses werden, wenn das Gebälk, wodurch dasselbe getragen wird, von dem Hause ausläuft, zu dessen Gebrauch [das Gemach] verwendet worden ist; sondern auch wenn das ganze Queergebälk auf den Wänden des andern Hauses ruht. Auch Labeo schreibt in seinen hinterlassenen Schriften: Ein Eigenthümer zweier Häuser habe auf beiden einen Balkon2323Porticum = maenianum. errichtet, den Eingang in diesen von dem einen Hause aus angelegt und das andere verkauft, mit der Dienstbarkeit, die Last des Balkons zu tragen; der ganze Balkon sei ein Bestandtheil desjenigen Hauses, welches er behalten habe, obgleich er, beiden Häusern entlang, sich auf einem Queergebälke ausdehne, das auf beiden Seiten von den Wänden des erkauften Hauses getragen werde. Doch folgt hieraus nicht, dass der obere Theil eines Gebäudes, der mit keinem [Hause] in Verbindung steht, auch seinen Eingang nicht anders woher hat, einem Andern, als dem Eigenthümer des Gebäudes, auf welchem derselbe steht, gehöre.
48Marcian. lib. sing. de Delatoribus. Für den Fall, wenn Jemand überwiesen worden ist, dass er Geschäfts halber ein Haus oder einen Theil davon zum Niederreissen verkauft habe, besteht die Verordnung, dass Käufer und Verkäufer, Jeder den Preis, um welchen das Haus veräussert worden, zu entrichten haben. Verkauft derselbe aber den Marmor [davon] oder die Säulen zu einem öffentlichen Bau, so that er es mit vollem Rechte.