Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 26 übersetzt von Hunger unter Redaction von Otto
Dig. XXVI1,
De tutelis
Liber vicesimus sextus
I.

De tutelis

(Von den Bevormundungen.)

1Paulus libro trigesimo octavo ad edictum. Tutela est, ut Servius definit, vis ac potestas in capite libero ad tuendum eum, qui propter aetatem sua sponte se defendere nequit, iure civili data ac permissa. 1Tutores autem sunt qui eam vim ac potestatem habent, exque re ipsa nomen ceperunt: itaque appellantur tutores quasi tuitores atque defensores, sicut aeditui dicuntur qui aedes tuentur. 2Mutus tutor dari non potest, quoniam auctoritatem praebere non potest. 3Surdum non posse dari tutorem plerique et Pomponius libro sexagesimo nono ad edictum probant, quia non tantum loqui, sed et audire tutor debet.
1Paul. lib. XXXVIII. ad Ed. Vormundschaft ist nach der Begriffsbestimmung11Diese Definition des Servius geht freilich nur auf die Vormundschaft der Unmündigen und lässt die Geschlechtstutel unbeachtet. Deshalb wollten auch einige Juristen (Seger in Historia jur. Rom. de tut. et cur. und Heineccius in seinen notis ad Vinnii comment. ad Instit. ad h. §.) Ergänzungen anbringen. des Servius eine durch das bürgerliche Recht übertragene und anvertraute Macht und Gewalt über eine freie Person dem zum Schutze22Der Schutz, welchen Vormünder den Mündeln gewähren, besteht nach Ulp. Fragm. XI. 25. in dem negotio gerere und dem auctoritatem interponere., der wegen seines [geringen] Alters sich nicht selbst vertheidigen kann33Ueber diese Definition des Servius, welche auch in den Basil. T. IV. p. 826. fast ebenso, nur mit Weglassung der von Beck nach Haloander recipirten Worte: sua sponte; übergetragen ist, verbreitet sich v. Glück mit Anführung der verschiedenen Meinungen darüber in seiner ausf. Erl. d. Pand. Bd. 28. S. 468—478. und Bd. 29. p. 1—36. Von Seite 25—36 findet sich eine Widerlegung der v. Schröterschen eigenthümlichen Ansicht.. 1Tutores (Vormünder) aber nennt man die, welche jene Macht und Gewalt besitzen, und gerade nach dieser Eigenschaft erhielten sie ihre Benennung. Deshalb heissen sie tutores, gleichsam tuitores (Schützer, Aufseher) und Vertheidiger, sowie Personen, welche die Aufsicht über die Tempel haben, aeditui (Tempelhüter) genannt werden. 2Ein Stummer kann nicht zum Vormunde bestellt werden, weil er sein Vollwort nicht ertheilen kann44Das auctoritatem interponere und auctorem esse war eben das Unterscheidende der Vormünder von Unmündigen.. 3Viele Rechtsgelehrte und auch Pomponius im 69. Buche zum Edict führen den Beweis, dass ein Tauber nicht zum Vormunde gegeben werden könne, weil ein Vormund nicht nur die Fähigkeit zu sprechen, sondern auch zu hören haben muss.
2Pomponius libro tertio ad Sabinum. Non est exigendum a pupillo, ut sibi tutorem petat aut ut ad tutorem suum proficiscatur.
2Pompon. lib. III. ad Sabin. Von einem Mündel kann man es nicht fordern, dass er für sich um einen Vormund anhalte, oder dass er sich selbst zu seinem Vormunde begebe.
3Ulpianus libro trigesimo septimo ad Sabinum. Qui habet tutorem pupillus vel pupilla si furere coeperint, in ea causa sunt, ut in tutela nihilo minus durent: quae sententia quinti quoque Mucii fuit et a Iuliano probatur eoque iure utimur, ut cesset cura, si tutelae aetas indigeat. quare si tutores habent, per furorem in curam non rediguntur, sive non habent et furor eis accesserit, nihilo minus tutores accipere poterunt: quia lex duodecim tabularum ita accepta est, ut ad pupillos vel pupillas non pertineat. 1Quia autem in pupillorum persona adgnatos curatores non admittimus, idcirco putavi et si minor viginti quinque annis furiosus sit, curatorem ei non ut furioso, sed ut adulescenti dari, quasi aetatis esset impedimentum. et ita definiemus ei, quem aetas curae vel tutelae subicit, non esse necesse quasi dementi quaeri curatorem, et ita imperator Antoninus Augustus rescripsit, cum magis aetati quam dementiae tantisper sit consulendum. 2Si pupillus pupillave cum iusto tutore tutorve cum eorum quo litem agere vult et curator in eam rem petitur, utrum ipsis poscentibus datur an vero et adversario? et sciendum est, sive agant sive conveniantur, dari hunc curatorem posse, sed non alias, quam si ipse petat, cui dari eum oportet. denique Cassius libro sexto scripsit talem curatorem neminem dari posse nisi praesentem neque cuique nisi praesenti et postulanti, itaque infanti non potest dari. idem Cassius ait, si pupillus curatorem poscere non vult, quo minus cum eo agatur, cogi eum a praetore debuisse. 3Quolibet loco et tempore hunc curatorem dari posse Pomponius libro sexto decimo ad Sabinum scripsit. 4Si pupillus petat talem curatorem nec addat in quam rem, an in omnes controversias datus sit? et ait Celsus Servium constituisse in omnes res datum videri.
3Ulp. lib. XXXVII. ad Sabin. Haben Mündel beiderlei Geschlechts einmal einen Vormund, und gerathen sodann in Wahnsinn, so verbleiben sie dieses Umstandes ungeachtet eben so, wie vorher, unter derselben Vormundschaft. Dieser Meinung war auch Quintus Mucius, auch Julianus gibt ihr seinen Beifall; bei uns ist es ein aufgenommener Rechtssatz, dass die Curatel nicht eintrete, wenn das Alter noch einen Vormund bedarf. Haben nun Unmündige Vormünder, so werden sie bei eintretendem Wahnsinn nicht unter eine Curatel gebracht, haben sie aber noch keine Vormünder zur Zeit, da sie die Raserei überfällt, so kann man ihnen auch in diesem Fall Vormünder geben, weil man die Bestimmungen des Zwölftafelgesetzes [hinsichtlich der Curatoren] durchaus nicht auf Unmündige bezogen wissen will. 1Weil aber bei uns für Unmündige keine Agnaten Curatoren werden dürfen, so sind wir der Meinung, dass auch einem Menschen, der noch nicht das fünfundzwanzigste Jahr vollendet hat, im Zustande der Raserei zwar ein Curator gegeben werden soll, jedoch dies nicht aus dem Grunde, weil er in Raserei verfiel, sondern weil er ein Mensch ist, dem noch seine Minderjährigkeit Hindernisse macht. Wir werden also uns dahin erklären, wenn einen Menschen sein Alter noch der Tutel oder Curatel unterwirft, so sei es nicht nothwendig für diesen aus dem Grunde, weil er wahnsinnig ist, um einen Curator nachzusuchen55Ueber diese Stelle verdient verglichen zu werden Anton Schulting ad Gaji Institut. lib. I. tit. 8 not. 7. (in jurispr. vet. Antejust. p. 67.) und die daselbst angeführte Stelle aus den Basiliken.. So verfügte auch der Kaiser Antoninus Augustus66Dieser Kaiser Antontinus ist der Kaiser Caracalla., indem man hierbei mehr auf das Alter, als auf den Wahnsinn, seine Aufmerksamkeit richten müsse. 2Wenn ein unmündiges Kind mit seinem rechtlich bestellten Vormunde, oder der Vormund mit einem seiner Pflegbefohlenen, einen Process führen will, [so entsteht die Frage,] ob auf Verlangen der Pflegbefohlenen oder des Gegners ein Curator bewilligt wird? Hierbei ist zu bemerken, dass, mögen die Mündel den Vormund belangen, oder selbst belangt werden, zwar immer ein Curator bestellt werden könne, aber dies nicht anders, als wenn der, welcher desselben bedarf, selbst darum anhält. Noch schrieb Cassius im sechsten Buche: ein solcher Curator muss immer bei seiner Bestellung gegenwärtig sein, sowie auch die Gegenwart und das Gesuch dessen nöthig ist, dem er gegeben wird. Deshalb kann er nicht für ein Kind [unter sieben Jahren] bestellt werden. Derselbe Cassius sagt: wenn ein Mündel aus dem Grunde um keinen Curator nachsuchen will, damit er in keinen Rechtsstreit verwickelt werde, so soll er von dem Prätor dazu gezwungen werden können. 3Pomponius schrieb im sechsten Buche an den Sabinus, ein solcher Curator könne an jedem Orte und zu jeder Zeit bestellt werden77Erst durch die C. 5. C. de in litem dando tutore (5. 44.) wurde für den Mündel ein Curator zur Processführung verordnet, früher war es der tutor praetorius. Daher nahm auch schon Schulting (fragm. Ulp. XI. 24. n. 73.) hier eine Interpolation an, wie auch neuerdings v. Löhr. im Magazin für Rechtsw. und Gesetzg. Bd. 3. S. 66. Zu vergleichen ist auch Corn. v. Bynkersh. Observ. V. II. p. 230.. 4Bittet nun der Mündel um einen solchen Curator und fügt den Grund wozu? nicht bei, [so fragt sich’s, ob dieser Curator, für alle Streitfälle bestellt sei? Celsus sagt: Servius habe bestimmt, er solle als für alle Fälle gegeben gelten.
4Paulus libro octavo ad Sabinum. Quod dicitur, si indistincte datus sit curator, in totam litem datum videri, fortasse eo spectet, si familiae herciscundae aut communi dividundo aut finium regundorum actio esset cum tutore, et si indistincte datus esset, non solum eo nomine curator esset, quod ageret pupillus pupillave, sed invicem quoque quod cum his ageretur. 1Possunt autem vel plures in plurium locum vel unus in plurium vel unus unius loco vel in unam litem vel in plures curator peti.
4Paul. lib. VIII. ad Sabin. Wenn es heisst: es solle wenn ohne nähere Bestimmung ein Curator bestellt würde, dies angesehen werden als sei er für den ganzen Rechtsstreit bestellt; so bezieht sich dies vielleicht blos auf den Fall, wenn gegen den Vormund mit Erb- oder Gemeingutstheilungs- oder Grenzberichtigungsklage geklagt wird. Ist nun in einem solchen Falle ein Curator ohne nähere Bestimmung bestellt worden, so solle er nicht blos aus dem Grunde, damit die Unmündigen als Kläger auftreten können, Curator sein, sondern damit auch umgekehrt gegen diese (Mündel) geklagt werden könne. 1Man kann aber um mehrere Curatoren zur Stellvertretung mehrerer Tutoren oder um einen Einzigen sowohl zur Stellvertretung mehrerer [Tutoren] als auch eines einzigen Tutors, wie auch um Bestellung von Curatoren für einen einzigen und mehrere Rechtsstreite nachsuchen.
5Pomponius libro septimo decimo ad Sabinum. Cum semel petitus sit talis curator, quamdiu is curator maneat, alius in eandem litem curator peti non potest. 1Etsi Titius verbi gratia adversus Seium curator petitus sit, idem Titius adversus alium tutorem dari poterit, ut ex diversis causis unus duorum curatorum locum optineat. quod quidem et adversus eundem accidet, si in diversas lites in diversis temporibus idem petatur.
5Pompon. lib. XVII. ad Sabin. Hat man sich einmal einen solchen Curator erbeten, so kann man sich, so lange dieser Curator vorhanden ist, für denselben Rechtsstreit keinen andern [Curator] erbitten. 1Würde nun z. B. Titius zum Curator gegen den Sejus erbeten, so kann doch derselbe Titius gegen einen Andern als Tutor auftreten, so dass aus verschiedenen Veranlassungen eine Person die Stelle zweier Curatoren behauptet. Dies kann sich auch in der Person eines und desselben Gegners treffen, nämlich wenn derselbe Mann zum Curator für verschiedene Rechtsstreite, und zu verschiedenen Zeiten, erbeten wird.
6Ulpianus libro trigesimo octavo ad Sabinum. Muto itemque mutae impuberibus tutorem dari posse verum est: sed an auctoritas eis accommodari possit, dubitatur. et si potest tacenti, et muto potest. est autem verius, ut Iulianus libro vicesimo primo digestorum scripsit, etiam tacentibus auctoritatem posse accommodare. 1Sub condicione a praesidibus provinciarum non posse dari tutorem placet et, si datus sit, nullius esse momenti dationem: et ita Pomponius ait: hanc autem adiectionem, quam praesides provinciarum faciunt ‘tutorem do, si satisdederit’ non condicionem in se habere, sed admonitionem, non aliter ei tutelam committi, quam si satisdederit, hoc est non aliter ei gerere permittendum, quam si rem salvam fore caverit. 2Tutoris datio neque imperii est neque iurisdictionis, sed ei soli competit, cui nominatim hoc dedit vel lex vel senatus consultum vel princeps. 3Surdo impuberi poterit tutor dari. 4Ei cuius pater in hostium potestate est tutorem dari non posse palam est: sed si datus sit, an in pendenti sit datio, quaeri potest. et non puto dationem valere: sic enim post patris regressum reccidit in potestatem, atque si numquam pater ab hostibus captus fuisset. immo curator substantiae dari debet, ne in medio pereat.
6Ulp. lib. XXXVIII. ad Sabin. Dass stummen unmündigen Kindern ein Vormund gegeben werden könne, ist ein wahrer Satz, ob aber für dieselben ein Vollwort ertheilt werden könne, unterliegt einigem Zweifel. Wenn nun [eine Ermächtigung] bei einem, der schweigt, Statt finden kann, so ist dies auch bei einem Stummen zulässig. Dass aber für Personen, die schweigen, ein Vollwort ertheilt werden könne, ist die richtigere Annahme, wofür sich auch Julianus im einundzwanzigsten Buche der Digesten erklärte. 1Bedingungsweise darf von den Statthaltern der Provinzen kein Vormund gegeben werden, geschah dies aber doch, so ist es eine ganz ungültige Handlung. Dies ist auch die Meinung des Pomponius. Machen aber die Statthalter der Provinzen noch den Zusatz: Diesen bestelle ich zum Vormund, wenn er Sicherheit geleistet hat; so soll hierin keine Bedingung, sondern vielmehr eine Erinnerung, enthalten sein, nämlich dass diesem nicht anders die Vormundschaft anvertraut werde, als wenn er Sicherheit geleistet habe, das ist, es werde ihm nicht anders die Verwaltung übertragen, als wenn er dem Mündel dahin sicher gestellt, dass dessen Vermögen in einem guten Zustande verbleiben solle. 2Die Bestellung eines Vormundes ist weder Ausfluss einer Amtsgewalt88Imperium ist die Gewalt, welche jedem Magistratus von Amts wegen zusteht., noch der Rechtsprechung, sondern kommt blos dem zu, welchem dies namentlich ein Gesetz oder ein Senatsbeschluss oder der Kaiser verstattete. 3Einem Unmündigen, der taub ist, kann ein Vormund bestellt werden. 4Bekanntlich kann einem Kinde, dessen Vater in feindlicher Gefangenschaft sich befindet, kein Vormund bestellt werden. Es kann aber die Frage entstehen, ob, wenn [diesem dennoch] ein Vormund bestellt wurde, die Gültigkeit [oder Ungültigkeit] dieser Bestellung erst von der Zukunft abhänge? Nach meiner Meinung ist diese Bevormundung ungültig. Denn kehrt der Vater zurück, so fällt das Kind so in seine Gewalt zurück, als ob er niemals in feindlicher Gefangenschaft gewesen wäre. Man muss [hier] über die Vermögensmasse einen Curator setzen, damit diese nicht mittlerer Weile zu Grunde gehe.
7Ulpianus libro secundo disputationum. Si filius familias tutor a praetore datus sit, si quidem pater tutelam agnovit, in solidum debet teneri, si non adgnovit, dumtaxat de peculio. adgnovisse autem videtur, sive gessit sive gerenti filio consensit sive omnino attigit tutelam. unde cum quidam filio scripsisset, ut diligenter tutelam gereret, ‘cum scias’, inquit, ‘periculum ad nos pertinere’, dixi hunc quoque videri adgnovisse: plane si solum monuit filium, non videtur agnita.
7Ulp. lib. II. Disp. Würde ein Familiensohn vom Prätor zum Vormunde bestellt, so haftet der Vater, wenn er die Vormundschaft[sführung seines Sohnes als für ihn verbindlich] anerkannte, für das Ganze, that er das nicht, nur insoweit das Peculium reicht. Das Anerkennen aber erklärt sich daraus, entweder wenn er die Verwaltung übernahm, oder seinem Sohne in diesem Bezug seine Einwilligung ertheilte, oder überhaupt in eine Beziehung mit der Vormundschaft kam. Deshalb sagte ich, es liege auch eine Anerkennung, wenn Jemand an seinen Sohn schrieb, er möge die Vormundschaft mit Achtsamkeit verwalten, in den von ihm gebrauchten Worten: da du weisst, dass jeder Schaden uns zur Last fällt. Freilich wenn er seinem Sohne blos eine Ermahnung gab, so hat er dadurch nicht anerkannt.
8Idem libro primo opinionum. Patronus quoque tutor liberti sui fidem exhibere debet, et si qua in fraudem debitorum quamvis pupilli liberti gesta sunt, revocari ius publicum permittit.
8Idem lib. I. Opin. Der Freilasser muss auch als Vormund seines Freigelassenen seine Treue verbürgen, und würde etwas Nachtheiliges unternommen, so darf nach dem gemeinen Rechte, obgleich es sich um einen freigelassenen Pflegebefohlenen handelt, doch auf Aufhebung [eines solchen Geschäfts] angetragen werden.
9Marcianus libro tertio institutionum. In eos extra ordinem animadvertitur, qui probentur nummis datis tutelam occupasse vel pretio accepto operam dedisse, ut non idoneus tutor daretur, vel consulto in edendo patrimonio quantitatem minuerit, vel evidenti fraude pupillorum bona alienasset.
9Marcian. lib. III. Instit. Bei denen findet eine ausserordentliche Strafe Statt, von welchen es erwiesen wird, dass sie durch Geld die Vormundschaft sich erkauften, oder dass sie bestochen die Bestellung eines tüchtigen Vormundes hintertrieben, oder geflissentlich bei Aufzeichnung der Vermögensmasse diese zu gering ansetzten, oder mit augenscheinlichem Betruge die Güter der Mündel veräusserten.
10Ulpianus libro secundo ad edictum. Etiam non municeps tutor dari potest, dummodo municipi detur.
10Ulp. lib. II. ad Ed. Auch ein Municipalbürger kann zum Vormunde bestellt werden, wenn nur dies für einen seiner Mitbürger geschieht.
11Paulus libro tertio ad Vitellium. Furiosus si tutor datus fuerit, potest intellegi ita dari, cum suae mentis esse coeperit.
11Paul. lib. III. ad Vitell. Würde ein Wahnsinniger zum Vormunde bestellt, so kann man dieses als so bedingt verstehen, wenn er wieder zur Vernunft gekommen sein wird.
12Idem libro decimo responsorum. Quaesitum est, an hi, qui in locum absentis rei publicae causa tutores dati sunt, mortuo illo tutores perseverent, an alii petendi essent. Paulus respondit eos, qui in locum absentis dati sunt, non reverso eo in eadem causa perseverare usque ad tempus pubertatis.
12Idem lib. X. Resp. Es war die Frage: ob die, welche an die Stelle Jemandes, der des Staates wegen abwesend ist, als Vormünder bestellt würden, nach dessen Tode in dieser Eigenschaft fortbestehen, oder ob man um Andere nachsuchen müsse? Paulus beantwortete dies so: die, welche zu Vormündern an die Stelle eines Abwesenden bestellt würden, sollen, wenn dieser nicht zurückkehrt, in diesem Verhältnisse bis zur Zeit der Mündigkeit verbleiben.
13Pomponius libro secundo enchiridii. Solet etiam curator dari aliquando tutorem habenti propter adversam tutoris valetudinem vel senium aetatis: qui magis administrator rerum, quam curator esse intellegitur. 1Est etiam adiutor tutelae, quem solet praetor permittere tutoribus constituere, qui non possunt sufficere administrationi tutelae, ita tamen ut suo periculo eum constituant.
13Pomp. lib. II. Enchir. Man pflegt auch bisweilen einem Kinde, das einen Vormund hat, einen Curator zu geben, wenn der Vormund krank oder zu alt ist. Dieser ist aber mehr für einen Verwalter des Vermögens, als für einen Curator anzusehen. 1Es gibt auch einen Gehülfen (adjutor)99Ein adjutor wird zu aussergerichtlichen, ein actor zum Process, ein procurator aber nur erst nach der Litiskontestation gültig vom Vormunde allein bestellt. (C. 11. C. de procur. in der Vormundschaft, das sind Personen, welchen zu bestellen der Prätor gewöhnlich solchen Vormündern erlaubt, die zur Verwaltung der Vormundschaft nicht hinreichen, jedoch so, dass sie diese Bestellung auf ihre Gefahr unternehmen1010Die verschiedenen Emendations- und Interpretationsversuche dieser Stelle will ich hier nicht hersetzen, weil sie angeführt zu lesen sind bei v. Glück XXXI. S. 133. Anm. 20..
14Ulpianus libro trigesimo septimo ad Sabinum. Si adrogati sunt adhuc impuberes vel deportati sint pupilli, tutores habere desinunt. 1Item si in servitutem pupillus redigatur, utique finitur tutela. 2Aliis quoque modis desinunt esse tutores, si forte quis ab hostibus fuerit captus vel pupillus vel tutor. 3Sed et si ad tempus fuerit quis datus, tempore finito tutor esse desinit. 4Praeterea si suspectus quis fuerit remotus, desinit esse tutor. 5Sed et si ad certam condicionem datus sit, aeque evenit, ut desinat esse tutor exsistente condicione.
14Ulp. lib. XXXVII. ad Sabin. Wurden Unmündige adrogirt, oder Pflegbefohlene verwiesen, so hören sie auf, unter der Vormundschaft zu stehen. 1Ebenso beendigt sich die Vormundschaft, wenn der Mündel in Sclaverei verfällt. 2Die Vormundschaft endigt sich auch auf andere Arten, wenn z. B. der Vormund oder der Mündel in feindliche Gefangenschaft kamen. 3Wenn aber auch bis zu einer gewissen Zeit hin ein Vormund gegeben wurde, so endigt sich nach Ablauf dieser Zeit sein Amt. 4Ueberdies nimmt die Vormundschaft ein Ende, wenn der Vormund als verdächtig entfernt wurde. 5Wenn aber auch ein Vormund bis zum Eintritte einer bestimmten Bedingung gegeben wurde, so hört gleichfalls die Vormundschaft auf, wenn die Bedingung eintritt.
15Idem libro trigesimo octavo ad Sabinum. Si quis tutor non sit captus ab hostibus, sed missus ad eos quasi legatus, aut etiam receptus ab eis, aut transfugerit, quia servus non efficitur, tutor manet, sed interim a praesidibus alius tutor dabitur.
15Idem lib. XXXVIII. ad Sabin. Wurde ein Vormund zwar nicht von den Feinden gefangen genommen, sondern zu diesen als ein Gesandter abgeschickt, oder auch von diesen aufgenommen, oder er entfloh zu diesen, so bleibt er Vormund, weil er kein Sclav wird, aber inzwischen wird von den Statthaltern ein anderer Vormund bestellt werden.
16Gaius libro duodecimo ad edictum provinciale. Tutela plerumque virile officium est. 1Et sciendum est nullam tutelam hereditario iure ad alium transire: sed ad liberos virilis sexus perfectae aetatis descendunt legitimae, ceterae non descendunt.
16Gaj. lib. XII. ad Ed. prov. Die Vormundschaft ist meistens1111Dieses plerumque, welches vielleicht auf die ausnahmsweise Vormundschaft der Mutter hindeutet, hält Wissenbach für ein Einschiebsel des Tribonian. ein Geschäft blos für Männer. 1Mau muss wissen, dass keine Vormundschaft erbrechtlich auf einen Andern übergehe. Aber die gesetzlichen Vormundschaften kommen auf die Kinder männlichen Geschlechtes, wenn diese das volle Alter haben, herab. Dies ist aber nicht der Fall bei den übrigen Vormundschaften.
17Paulus libro octavo ad Sabinum. Complura senatus consulta facta sunt, ut in locum furiosi et muti et surdi tutoris alii tutores dentur.
17Paul. lib. VIII. ad Sabin. Es erfolgten viele Senatsbeschlüsse zu dem Zwecke, dass an die Stelle eines wahnsinnigen, tauben, und stummen Vormundes andere Vormünder bestellt würden.
18Neratius libro tertio regularum. Feminae tutores dari non possunt, quia id munus masculorum est, nisi a principe filiorum tutelam specialiter postulent.
18Nerat. lib. III. Regul. Frauen können nicht Vormünderinnen bestellt werden, weil dies ein Geschäft für Männer ist; sie müssten es sich denn vom Kaiser besonders ausbitten, die Vormundschaft über ihre Kinder führen zu dürfen.