De magistratibus conveniendis
(Von der Belangung der Obrigkeiten1.)
1Nämlich der Municipalobrigkeiten, (d. h. obrigkeitlichen Personen.) S. die Anm. 27. zu L. 5. D. de confir. tut. 26. 3. u. v. Glück a. a. O. S. 413. ff.
1Ulp. lib. XXXVI. ad Ed. Gegen das Collegium wird die Hülfsklage nicht gegeben werden, sondern gegen die Obrigkeiten, auch nicht gegen die Bürgen derselben; denn diese versprechen, dass das öffentliche Vermögen, nicht das des Mündels, ungeschmälert sein werde; deshalb werden auch die, welche die Obrigkeiten in Vorschlag gebracht haben, aus diesem Grunde nicht gehalten sein, sondern blos die Obrigkeiten. Aber wenn das Collegium die Gefahr auf sich genommen haben sollte, so muss man sagen, dass diejenigen, welche gegenwärtig gewesen sind, gehalten seien; denn es macht wenig Unterschied, ob sie [die Vormünder] in Vorschlag gebracht, oder sich [für dieselben] verbürgt, oder die Gefahr [für dieselben] auf sich genommen haben; es steht also eine analoge Klage gegen dieselben zu. Aber wenn von den Municipalobrigkeiten ein Vormund bestellt sein sollte, so scheint er nicht durch das Collegium erwählt zu sein. 1Weder der Prätor, noch sonst Jemand, dem das Recht, einen Vormund zu bestellen, zusteht, wird auf diese Klage gehalten sein. 2Wenn der Präses einer Provinz gewollt hat, dass die Obrigkeiten nur über die Vermögensumstände der Vormünder Bericht erstatten sollten, damit er selbst sie bestellen könnte, so wollen wir sehen, ob und inwieweit sie gehalten seien; und es ist ein Rescript des höchstseligen Marcus vorhanden, in welchem er seinen Willen dahin ausgesprochen hat, dass die, welche dem Präses Bericht erstatten, nicht eben so gehalten sein sollen, als wenn sie selbst [die Vormünder] bestellt hätten, sondern nur wenn sie betrogen haben, indem sie etwa aus Gunst oder für Geld falsch berichtet haben. Freilich wenn der Präses der Provinz befohlen hat, dass sie Bürgschaft fordern sollten, so werden wir nicht zweifeln, dass sie gehalten seien, obgleich der Präses [die Vormünder] bestellt hat. 3Wenn der Präses der Provinz von einem Anderen die Namen von Vormündern erhalten, und die Municipalobrigkeiten angewiesen haben sollte, ihm22Ut se…. instruant. Se steht hier für eum. S. v. Glück a. a. O. S. 422. Anm. 52. u. L. 5. §. 11. im folg. Tit. über [diese] Namen Auskunft zu geben, und sodann, nachdem er Auskunft erhalten, die Vormünder bestellt haben sollte, so fragt es sich, ob die Obrigkeiten nach dem Muster derer, welche dem Prätor Auskunft geben, gehalten sein müssen; denn es ist allerdings ein Unterschied, ob die Obrigkeiten selbst die Namen ausgewählt und dem Präses gegeben, oder ob sie über die, welche der Präses von einem Anderen erhalten hat, Erkundigung eingezogen haben. Und ich glaube, dass sie in beiden Fällen insofern gehalten sind, inwiefern sie mit böser Absicht oder mit grobem Verschulden verfahren sind. 4Nicht nur die Mündel, sondern auch die Nachfolger derselben können mit der Hülfsklage klagen. 5Wenn weniger tüchtige Curatoren bestellt sein sollten, so muss man sagen, dass die Obrigkeiten gehalten sein müssen, wenn der Präses die Vormünder auf den Bericht derselben, oder nachdem er die Namen von ihnen erhalten hatte, die Curatoren bestellt haben sollte. Aber auch wenn er sie angewiesen haben sollte, dass sie selbst dieselben bestellen sollten, oder nach der Bestellung, dass sie Bürgschaft fordern sollten, so wird sie die Gefahr treffen. 6Es wird den Obrigkeiten zugerechnet, auch wenn überhaupt kein Vormund oder Curator bestellt sein sollte, aber sie sind nur gehalten, wenn sie dazu aufgefordert, keinen bestellt haben. Daher ist es nicht zweifelhaft, dass der Schaden, welchen die Unmündigen oder die Minderjährigen in der Zwischenzeit gelitten haben, diejenigen Obrigkeiten treffe, welche, da ihnen das Amt aufgetragen war, [demselben] nicht nachgekommen sind. 7Man muss aber wissen, dass, wenn die Municipalobrigkeiten mit Fleiss die Vormundschaft[sbestellung] bis auf ihre Nachfolger verschoben, oder wenn sie die Bürgschaftsbestellung mit Fleiss in die Länge gezogen haben, es ihnen nichts nütze. 8Der höchstselige Hadrianus hat rescribirt, dass auch gegen den, welcher gewählt worden ist, um die Bürgschaften der Vormünder zu schätzen, die Klage zu geben sei. 9Der höchstselige Hadrianus hat rescribirt, dass wenn unter den Obrigkeiten diese Uebereinkunft getroffen sei, dass nur auf die Gefahr der einen Vormünder bestellt werden sollten, diese Uebereinkunft dem Mündel keinen Nachtheil bringe; denn durch eine Uebereinkunft der Duumvirn33S. d. Bem. zu L. 6. §. 1. Quod cujuscunq. univ. 3. 4. kann das öffentliche Recht nicht geändert werden; ich glaube jedoch, dass zuvor derjenige, welcher diese [Gefahr] übernommen hat, zu belangen sei, und dass man, nachdem das Vermögen desselben ausgeklagt worden ist, zu seinem Collegen kommen müsse, ebenso wie wir [dann], wenn er allein den Vormund bestellt hätte, sagen würden, dass zuvor er, und dann sein College in Anspruch zu nehmen sei. 10Wenn es einmal in der Stadt, aus welcher die Mündel geboren sind, an solchen fehlen sollte, welche tüchtig zu sein scheinen, so ist es die Pflicht der Obrigkeiten, aus den benachbarten Städten die ehrbarsten zu erforschen und die Namen [derselben] den Präsides der Provinz zu schicken, nicht aber sich selbst die Macht, sie zu bestellen, anzumaassen. 11Wenn eine Obrigkeit einen Anfangs tüchtigen Vormund bestellt hat, und keine Bürgschaft gefordert hat, so ist es nicht hinreichend; wenn sie aber Bürgschaft gefordert, und einen tüchtigen erwählt hat, so ist, ob wohl die Vormünder oder ihre Bürgen nachher mit ihrem Vermögen in Abfall gekommen sein sollten, [doch] kein Grund vorhanden, um es dem, welcher sie bestellt hat, zuzurechnen; denn es brauchen ja die Obrigkeiten dem Mündel nicht für künftige Unglücksfälle und für sein Vermögen zu stehen. 12Aber auch wenn [die Obrigkeit] keine Bürgschaft gefordert hat, der Vormund jedoch zu der Zeit, wo mit der Vormundschaftsklage geklagt werden kann, tüchtig gewesen ist, so genügt es. 13Ad Dig. 27,8,1,13ROHGE, Bd. 6 (1872), S. 216: Beweislast bei einem Anspruche gegen den Mandatar wegen Verabsäumung der vertragsmäßigen Diligenz. Rechenschaftspflicht des Mandatars.Der Beweis liegt aber nicht dem Mündel ob, dass er darthue, die Bürgen seien [damals], als sie angenommen wurden, nicht zahlungsfähig gewesen, sondern den Obrigkeiten, dass sie darthun, dieselben seien zahlungsfähig gewesen. 14Ein Vorzugsrecht an dem Vermögen der Obrigkeiten hat der Mündel nicht, sondern er wird [zugleich] mit den übrigen Gläubigern seinen Theil haben. 15Die Obrigkeit muss aber die Sicherheit so fordern, dass ein Sclav des Mündels, oder der Mündel selbst, wenn er sprechen kann, und gegenwärtig ist von den Vormündern, desgleichen von den Bürgen derselben stipulire, dass das Vermögen [des Mündels] ungeschmälert sein werde, oder wenn Niemand da ist, welcher stipuliren könnte, so muss ein öffentlicher Sclav, oder doch die Obrigkeit selbst, stipuliren, dass das Vermögen dem Mündel ungeschmälert sein werde. 16Freilich wenn ein öffentlicher Sclav oder die Obrigkeit selbst stipulirt, so muss man sagen, dass dem Mündel eine analoge Klage zu geben sei. 17Wenn die Obrigkeit ein Haussohn gewesen ist, und nicht dafür gesorgt haben sollte, dass dem Mündel Sicherheit gegeben wurde, oder wenn durch die Schuld desselben nicht gehörig Sicherheit gegeben sein sollte, so fragt es sich, ob und inwieweit gegen den Vater desselben eine Klage zu geben sei; und Julianus sagt, dass gegen den Vater die Klage wegen des Sonderguts zu geben sei, möge nun der Sohn mit dem Willen desselben Decurio geworden sein, oder nicht; denn auch wenn er mit dem Willen des Vaters das Amt verwaltet hat, so müsse der Vater doch nicht auf mehr, als soweit das Sondergut reicht, belangt werden, gleichsam ob der, welcher seine Einwilligung gibt, dass sein Sohn zum Decurio gewählt werde, verspräche, dass blos das öffentliche Vermögen ungeschmälert sein werde.
2Idem lib. III. Disp. Man legte den Fall vor, dass zwei Vormünder von Municipalobrigkeiten bestellt worden wären, ohne dass Sicherheit gefordert worden wäre, und von denselben wäre der eine dürftig gestorben, der andere aufs Ganze belangt worden, und habe dem Mündel Genüge gethan; und man fragte, ob jener Vormund gegen die Municipalobrigkeit irgend eine Klage haben könne, weil er wüsste, dass man von seinem Mitvormunde keine Bürgschaft gefördert habe. Ich sagte, da von dem Vormund dem Mündel Genüge geschehen ist, so könne weder der Mündel noch der Vormund die Obrigkeiten in Auspruch nehmen, da der Vormund niemals gegen die Obrigkeiten eine Klage habe, — denn der Senatsschluss kommt [blos] dem Mündel zu Hülfe —, vorzüglich da Grund vorhanden ist, dass es dem Vormund zugerechnet werden kann, dass er von dem Mitvormund keine Bürgschaft gefordert, oder ihn nicht verdächtig gemacht hat, wenn er, wie man anführt, weiss, dass derselbe den Obrigkeiten keine Sicherheit gegeben habe.
4Ulp. lib. III. Disp. Die Erben der Obrigkeiten sind nicht auf gleiche Weise gehalten, wie sie selbst gehalten sind, denn auch der Erbe des Vormundes ist nicht wegen Nachlässigkeit gehalten; denn die Obrigkeit tritt zwar in die ganze Gefahr ein, der Erbe derselben [aber] tritt nur in das Verschulden ein, welches der bösen Absicht ganz nahe kommt.
5Julian. lib. XXI. Dig. Zwei Vormünder haben unter sich die Verwaltung der Vormundschaft getheilt, der eine ist ohne Erben verstorben; man hat gefragt, ob dem Mündel gegen die Obrigkeit, welche nicht dafür gesorgt hätte, dass Sicherheit gegeben wurde, oder gegen den anderen Vormund eine Klage gegeben werden müsste? Ich habe das Gutachten ertheilt, es sei billiger, dass sie gegen den anderen Vormund, als dass sie gegen die Obrigkeit gegeben werde; denn es hätte derselbe, da er wusste, dass dem Mündel keine Sicherheit gegeben sei, die gesammten Geschäfte besorgen sollen, und in Bezug auf den Theil derselben, welchen er dem anderen Vormunde anvertraut hätte, sei er dem gleich, welcher die Verwaltung einiger Geschäfte des Mündels gar nicht angetreten hätte; denn wenn er auch einen Theil der Geschäfte des Mündels verwaltet habe, so ist er [doch] auch wegen der Angelegenheiten gehalten, welche er nicht geführt hat, da er sie hätte führen sollen.
6Ulp. lib. I. ad Ed. Was den Erben der Obrigkeit betrifft, so ist ein Rescript des höchstseligen Pius vorhanden, dass nach Untersuchung der Sache eine Klage [gegen denselben] gegeben werden solle; denn wenn die Nachlässigkeit der Obrigkeit so gross gewesen ist, dass sie jede Sicherheitsbestellung [zu fordern] unterliess, so ist es billig, dass sie als Bürge angesehen werde, so dass auch ihr Erbe gehalten ist; wenn sie aber Sicherheit hat bestellen lassen, und [die Vormünder] damals tüchtig gewesen sind, und [erst] nachher aufgehört haben, [es zu sein,] so [wird], wie auch die Obrigkeit selbst [die Einlassung auf] diese Klage mit Recht verweigern würde, so auch ihr Erbe [dieselbe] noch mit viel mehr Recht [verweigern]. Zuletzt sagt er, dass die Klage nicht anders gegen den Erben zu geben sei, als wenn die Obrigkeiten augenscheinlich mit weniger tüchtigen Bürgen contrahiren.
7Cels. lib. XI. Dig. Ich bitte dich, antworte mir, ob gegen die Obrigkeiten, welche einen Vormund bestellt haben, die Klage [gegen jede einzelne] nach Verhältniss des Antheils einer jeden zu geben sei, oder ob der, welcher Mündel gewesen ist, die Wahl hat, gegen welche er am liebsten [aufs Ganze] klagen wolle. [Celsus] hat das Gutachten ertheilt. Wenn die Obrigkeiten es mit böser Absicht bewirkt haben, dass dem Mündel keine Sicherheit gegeben würde, so ist ihm gegen jede, gegen welche er will, die Klage aufs Ganze zu geben; wenn es aber nur durch Verschulden, nicht aber durch böse Absicht derselben geschehen ist, so glaube ich, dass es billiger sei, dass gegen jede von ihnen nach Verhältniss ihres Antheils die Klage gegeben werde, bis dem Mündel sein Vermögen ungeschmälert ist.
8Modestin. lib. VI. Resp. Die Obrigkeiten haben von den Curatoren eines Minderjährigen die Sicherheit, dass das Vermögen [desselben] ungeschmälert sein werde, gefordert; von ihnen ist der Eine ohne einen Erben verstorben; ich frage, ob der College desselben die Schadloshaltung aufs Ganze leisten müsse; Modestinus hat das Gutachten ertheilt, dass kein Grund angeführt würde, warum er es nicht müsse.
9Idem lib. IV. Pandect. Man hat gefragt, ob, wenn die Klage gegen die Obrigkeiten gegeben sei, das Capital mit Zinsen eingeklagt werden dürfe, oder aber keine Zinsen gefordert werden können, weil verordnet worden ist, dass von Strafen keine Zinsen gefordert werden können; und es ist von den höchstseligen Severus und Antoninus rescribirt worden, dass auch die Zinsen gefordert werden können, weil gegen die Obrigkeiten dieselbe Klage gegeben wird, welche gegen die Vormünder zusteht.