De iureiurando sive voluntario sive necessario sive iudiciali
(Vom Eid, sei er ein freiwilliger, oder ein nothwendiger, oder ein gerichtlicher1.)
1Da diese Eintheilung sonst nicht erwähnt und die Ausdrücke selbst nirgends erklärt werden werden, so ist man über die wahre Bedeutung derselben verschiedener Meinung. Die Glossatoren verstanden unter jusj. voluntarium den aussergerichtlich angetragenen, unter necessarium den vom Richter auferlegten und unter judiciale den vor Gericht angetragenen Eid. Anderer Meinung waren die Griechen, indem Stephanus zwar in Hinsicht des voluntarium die Meinung der Glossatoren hatte, Attaliata aber unter demselben sowohl den gerichtlich als aussergerichtlich, von einer Partei der andern angetragenen Eid (also auch den, welchen die Glossatoren judiciale nannten,) beide aber mit jusj. necessarium und judiciale ganz andere Begriffe verbanden. Ersterer war ihnen der dem Antragenden zurückgeschobene, (weil er geleistet werden muss, wenn man nicht sachfällig werden will,) letzterer aber der vom Richter auferlegte Eid. S. v. Glück Th. 12. S. 180 f., welcher mit Anderen die Erklärung der Glossatoren für die wahrscheinlichere hält.
1Gaj. lib. V. ad Ed. prov. Als das vorzüglichste Mittel, Streite zu schlichten, ist die Heiligkeit des Eides in Gebrauch gekommen, durch welche entweder in Folge der Verabredung der Streiter selbst, oder in Folge der Willensmeinung des Richters Streitigkeiten entschieden werden.
2Paul. lib. XVIII. ad Ed. Der Eid enthält eine Art Vergleich, und hat grössere Kraft, als ein rechtskräftiges Urtheil.
3Ulp. lib. XXII. ad Ed. Der Prätor sagt: Wenn derjenige, gegen welchen geklagt werden wird, da ihm der Vorschlag [dazu] gemacht worden (conditione delata), geschworen haben sollte; unter demjenigen, gegen welchen geklagt werden wird, müsssen wir den Beklagten selbst verstehen. Auch wird nicht umsonst hinzugefügt: da ihm der Vorschlag [dazu] gemacht worden, denn wenn der Beklagte geschworen hat, da ihm Niemand den Eid antrug, so wird der Präter einen solchen Eid nicht schützen, denn er hat für sich geschworen; sonst würde gerade der Leichtsinnigste, indem er zu dem Eide seine Zuflucht nähme, da ihm Niemand den Eid antrug, sich von den Lasten der Klagen befreien. 1Es mag aber eine Klage sein, welche es will, mit welcher Jemand belangt wird, so wird ihm, wenn er geschworen haben sollte, der Eid nützen, mag mit einer persönlichen, oder mit einer dinglichen, oder [mit einer Klage] auf das Geschehene, oder mit einer Strafklage, oder mit jeder andern geklagt werden, oder mit einem Interdict. 2Aber auch wenn über den Zustand einer Person geschworen sein sollte, so wird der Prätor den Eid schützen; z. B. ich habe den Eid angetragen und du hast geschworen, dass du nicht in meiner Gewalt seiest, so wird der Eid zu schützen sein. 3Daher schreibt Marcellus, auch darüber könne geschworen werden, ob eine Frauensperson schwanger sei, oder es nicht sei, und man müsse bei dem Eide stehen bleiben. Sonach, sagt er, wenn die Streitfrage sich auf den Besitz bezog, müsse [der Eid] gehalten werden, wenn sie etwa gleich, als wenn sie schwanger [wäre,] in den Besitz treten (ire) wollte, und, da ihr widersprochen wurde, entweder sie selbst schwur, dass sie schwanger sei, oder gegen sie geschworen worden ist; denn wenn sie selbst, so wird sie ohne Furcht in den Besitz treten, wenn gegen sie, so wird sie nicht [in den Besitz] treten, obwohl sie in der That schwanger gewesen sein sollte; und es wird, sagt Marcellus, der schwörenden Frauensperson der Eid nützen, dass sie nicht belangt werde, als wenn sie aus Chicane Namens der Leibesfrucht im Besitz gewesen sei, oder dass sie im Besitz keine Gewalt erleide. Ob aber der Eid bis so weit nütze, dass nach der Geburt der Leibesfrucht nicht untersucht werde, ob sie von dem erzeugt sei oder nicht, dem sie zugehören soll, [das] behandelt Marcellus; und er sagt, es sei die Wahrheit zu untersuchen, weil der Eid einem Dritten weder nützt, noch schadet; der Eid der Mutter also wird der Leibesfrucht nicht nützen, auch wird es nicht schaden, wenn die Mutter den Eid angetragen haben und geschworen werden sollte, dass sie von dem [, von dem sie sagt,] nicht schwanger sei. 4Es muss aber [so] geschworen werden, wie der Eid angetragen worden ist; sonst, wenn ich [den Eid so] angetragen habe, dass du bei der Gottheit schwören solltest, du [aber] bei deinem Haupte geschworen hast,
4Paul. lib. XVIII. ad Ed. oder [bei dem] deiner Söhne,
5Ulp. lib. XXII. ad Ed. so wird der Eid nicht für gültig zu halten sein. Wenn ich aber gefordert habe, dass du bei deinem Wohl schwören solltest, und du geschworen hast, so wird man dabei stehen bleiben; denn überhaupt ein jeder erlaubter Eid, vermittelst dessen Jemand gewollt hat, dass man ihm schwöre, ist tauglich, und wenn demselben zufolge geschworen worden ist, so wird der Prätor denselben schützen. 1Der höchstselige Pius hat rescribirt, dass man bei dem Eid, welcher nach eigenthümlicher Religionsansicht (superstitione) geschworen worden ist, stehen bleiben müsse. 2Nach abgelegtem Eid wird nichts anderes gefragt, als, ob geschworen worden sei, nachdem die Frage, ob geschuldet werde, bei Seite gesetzt worden ist, gleich als wenn es durch den Eid hinlänglich bewiesen worden sei. 3Aber wenn Jemand einen unerlaubten Eid angetragen haben sollte, nämlich [einen] auf einer öffentlich verbotenen Religion [beruhenden], so wollen wir sehen, ob man es für dasselbe halte, als wenn nicht geschworen worden wäre; und das, meine ich, sei mehr zu sagen. 4Wenn weder geschworen, noch der Eid erlassen worden ist, so muss man es für dasselbe halten, als wenn man die Sache nicht zum Eid hätte kommen lassen22Dies ist vom aussergerichtlichen Eide zu verstehen, über den gerichtlich angetragenen s. L. 34 §. 6. 7. und L. 38.; deshalb wird, wenn er nachher zu schwören bereit sein sollte, ihm dieser Eid nichts nützen, weil in Folge [des Eides], welcher angetragen worden ist, nicht geschworen worden ist.
6Paul. lib. XIX. ad Ed. Den Eid erlässt [derjenige,] welcher, da auf sein Antragen der Gegner zu schwören bereit war, demselben [die Eidesleistung] schenkt (gratiam facit), zufrieden mit dem bei dem Annehmen des Eides [gezeigten] Willen. Wenn aber [der Gegner] den Eid nicht angenommen hat, [und], obgleicht er nachher zu schwören bereit ist, der Kläger den [Eid] etwa nicht antragen will, so wird er nicht erlassen [zu sein] scheinen; denn [nur ein Eid,] welcher angenommen worden ist, darf erlassen werden.
7Ulp. lib. XXII. ad Ed. Der Prätor sagt: Wegen derjenigen Sache, über welche der Eid angetragen gewesen sein sollte, werde ich weder gegen ihn selbst, noch gegen denjenigen, dem diese Sache angehört, eine Klage geben; wegen derjenigen Sache wird so zu verstehen sein, möge über die ganze Sache oder über einen Theil geschworen worden sein; denn wegen desjenigen, was beschworen worden ist, verspricht er, dass er keine Klage geben werde, weder gegen den, welcher geschworen hat, noch gegen die, welche in die Stelle desjenigen, welchem der Eid angetragen worden ist, nachfolgen,
8Paul. lib. XVIII. ad Ed. auch wenn sie [nur] in eine [einzelne] Sache nachgefolgt sein sollten.
9Ulp. lib. XXII. ad Ed. Denn nachdem geschworen worden ist, wird die Klage versagt, oder wenn Streit sein wird, das heisst, wenn gezweifelt wird, ob der Eid abgelegt worden sei, so wird eine Einrede Statt finden. 1Nachdem der Eid abgelegt oder erlassen worden ist, so erwirbt zwar der Beklagte für sich und Andere eine Einrede, der Kläger aber erwirbt eine Klage33Das heisst, je nachdem der Beklagte oder der Kläger geschworen hat; der Schwörende also erwirbt ein Rechtsmittel zur Verfolgung des beschworenen Anspruchs, gegen denselben aber findet ferner keins Statt. S. L. 7. Dies ist vom aussergerichtlichen Eid zu verstehen., bei welcher dies allein gefragt wird, ob er geschworen habe, dass ihm gegeben werden müsse, oder [ob,] da er zu schwören bereit war, ihm der Eid erlassen worden sei. 2Wenn Jemand nach [Leistung eines] Eides in Folge einer infamirenden Klage verurtheilt werden sollte, so ist mehr [dafür,] dass er infam sei. 3Wenn derjenige, welcher mir auf eine zeitliche Klage verbindlich war, den Eid angetragen haben sollte, damit ich schwöre, dass er geben müsse, und ich geschworen haben werde, so wird er durch die Zeit nicht befreit, weil nach dem mit ihm eingeleiteten Streit die Verbindlichkeit gegen ihn zu einer immerwährenden wird. 4Wenn [Einer, der] jünger als fünfundzwanzig Jahre ist, [einen Eid] angetragen haben und sagen sollte, dass er gerade dabei hintergangen sei, so wird gegen die Einrede des Eides eine Gegeneinrede gebraucht werden (replicari) müssen, wie Pomponius sagt. Ich aber glaube, dass diese Gegeneinrede nicht immer zu geben sei, sondern gewöhnlich der Prätor selbst untersuchen, ob [der Minderjährige] hintergangen sei, und dann in den vorigen Stand wieder einsetzen müsse; denn es hat ja durchaus nicht, wer minderjährig ist, sich sogleich auch als verkürzt dargethan. Ausserdem darf jene Einrede44Exceptio ist hier für replicatio gebraucht. Der Fall, der hier zum Grunde liegt, ist folgender: ein Minderjähriger hat ausser Gericht einen Eid angetragen; der Gegner hat ihn geschworen und sich so von der angeblichen Verbindlichkeit gegen jenen befreit. Später aber klagt der Minderjährige gleichwohl aus jener Verbindlichkeit gegen den, welcher geschworen hat; dieser stellt die Einrede, dass er die Verbindlichkeit abgeschworen, entgegen, der Minderjährige aber behauptet vermittelst einer Gegeneinrede, dass er beim Eid hintergangen und also in den vorigen Stand wieder einzusetzen sei. Diese Gegeneinrede nun soll nur innerhalb der nach dem fünfundzwanzigsten Jahre des Minderjährigen zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestatteten Zeit (früher eines annus utilis, seit Justinian eines quadriennium continuum) vorgeschützt werden können. Vgl. auch Unterholzner ausführl. Entwickelung d. gesammt. Verjährungslehre, Bd. 2. 8. 26 f. oder Untersuchung die festgesetzte Zeit nach dem fünfundzwanzigsten Jahre nicht überschreiten. 5Aber auch wenn Jemand zur Bevortheilung der Gläübiger dem Schuldner einen Eid angetragen haben sollte, so muss gegen die Einrede des Eides die Gegeneinrede der Bevortheilung den Gläubigern gegeben werden. Ausserdem wenn ein bevortheilender [Schuldner] einem Gläubiger einen Eid angetragen haben sollte, damit er schwöre, dass ihm Zehn gegeben werden müssten, [und] nachdem bald darauf die Güter desselben verkauft worden, [der Gläubiger] etwa klagen wollte, so muss ihm entweder die Klage versagt werden, oder es wird die Einrede der bevortheilten Gläubiger entgegengesetzt. 6Julianus schreibt, dass der Eid des Vertheidigers oder Geschäftsbesorgers, demselben vom Gegner angetragen, dem Herrn nütze und eine Einrede verschaffe. Dasselbe wird also zu sagen sein, auch wenn ein zum Fordern bestellter Geschäftsbesorger, da der Beklagte [den Eid] antrug, geschworen haben sollte, dass mir gegeben werden müsse; denn er verschafft mir eine Klage; und diese Meinung hat einen vernünftigen Grund. 7Wenn der Kläger, da der Besitzer (Beklagte) [den Eid] antrug, geschworen hat, dass die Sache sein sei, so wird dem Kläger eine Klage55Dies und das Folgende ist vom aussergerichtlichen Eide zu verstehen, in Folge dessen der Schwörende ein Rechtsmittel erwirbt. S. Anm. 23. gegeben werden; aber dies nur gegen den, welcher den Eid angetragen hat, und die, welche in seine Stelle nachfolgten; sonst, wenn er etwa gegen einen Andern das Vorrecht des Eides gebrauchen will, wird es ihm nichts nützen,
10Paul. lib. XVIII. ad Ed. weil einem Andern nicht schaden dürfte, was unter Andern verhandelt worden wäre.
11Ulp. lib. XXII. ad Ed. Aber wenn dem Besitzer der Eid angetragen sein und er geschworen haben sollte, dass die Sache dem Kläger nicht gehöre, so wird er so lange zwar, als er besitzt, gegen den, welcher den Eid angetragen hat, wenn [dieser die Sache] fordern sollte, die Einrede des Eides gebrauchen, wenn er aber den Besitz verloren haben sollte, so wird er keine Klage haben, nicht einmal, wenn der besitzen sollte, welcher ihm den Eid angetragen hat; denn er hat nicht geschworen, dass die Sache sein sei, sondern dass sie dem [Kläger] nicht gehöre. 1Deshalb werden wir, wenn er, da er besass, auf Antragen des Klägers, geschworen hat, dass die Sache sein sei, folgerichtig sagen, dass ihm, auch nachdem der Besitz verloren, wenn der, welcher den Eid angetragen hat, den Besitz erlangt haben sollte, eine Klage auf das Geschehene zu geben sei; und man hat angenommen, dass mir die aus der Sache, von welcher ich geschworen habe, dass sie mein sei, gezogenen Früchte zurückerstattet werden; aber dass auch die geborene Leibesfrucht und die Jungen der Thiere nach [mir] angetragenem [und von mir geleistetem] Eide zurückzuerstatten seien, ist bekannt. 2Ingleichen, wenn ich geschworen haben werde, dass der Niessbrauch irgend einer Sache entweder mein sei, oder mir gegeben werden müsse, so steht mir so lange eine Klage zu, als, wenn ich in der That den Niessbrauch hätte, er dauern würde; in den Fällen aber, in welchen er verloren würde, steht mir die Klage nicht zu. Aber wenn [Jemand] geschworen haben sollte, dass er an solchen Sachen, an welchen ein Niessbrauch wegen der Ahnutzung durch den Gebrauch (propter abusum) nicht begründet werden kann, den Niessbrauch habe, oder [derselbe] ihm geschuldet werde, so glaube ich, dass man der Wirkung des Eides folgen müsse; und darum glaube ich, dass er auch dann richtig geschworen zu haben scheine, und in Folge dieses Eides den Niessbrauch, nachdem er Sicherheit angeboten, fordern könne. 3Wenn ich, da über eine Erbschaft zwischen mir und dir eine Streitigkeit war, werde geschworen haben, dass die Erbschaft mein sei, so muss ich das erlangen, was ich haben würde, wenn zu meinen Gunsten über die Erbschaft erkannt worden wäre; und du musst nicht blos diejenigen Sachen zurückerstatten, welche du damals besassest, sondern auch wenn du etwa irgend welche nachher zu besitzen angefangen hattest; und [es muss], was beschworen worden ist, für eben so gehalten werden, als wenn es bewiesen worden wäre; deshalb steht mir eine analoge Klage zu. Wenn ich aber aus derselben Erbschaft [Etwas] besässe, und du angefangen hättest, [es] von mir zu fordern, da ich gegen dich geschworen hätte, so dürfe ich die Einrede des Eides gebrauchen. Freilich wenn ein Anderer von mir die Erbschaft zu fordern angefangen haben sollte, so wird es nicht zweifelhaft sein, wie auch Julianus schreibt, dass mir der Eid nichts nütze.
12Julian. lib. IX. Digest. Dasselbe findet Statt auch wenn ich etwa von irgend einem andern Besitzer erbschaftliche Sachen fordern will, weil, auch wenn ich von dir die Erbschaft gefordert und bewiesen hätte, [dass sie] mein [sei,] nichts desto weniger beim Fordern von einem Andern gerade das nothwendig beweisen müsste.
13Ulp. lib. XXII. ad Ed. Wenn zwei Patrone [desselben Freigelassenen] wären, und der Freigelassene auf das Antragen des einen geschworen hätte, dass er nicht der Freigelassene desselben sei, ob [dann] dem andern der Nachlassbesitz des ganzen den Patronen gebührenden Antheils, oder aber des halben ihnen gebührenden Antheils zustehen würde? Und er sagt, wenn der, welchem geschworen worden ist, Patron gewesen wäre, so stehe dem andern der Nachlassbesitz seines Theils zu, und es nütze ihm nichts, dass der Freigelassene gegen den andern geschworen hätte; viel Glauben jedoch und Gewicht würde der Patron beim Richter haben, so dass er um so eher beweisen würde, dass er der alleinige Patron sei, weil der Freigelassene geschworen hätte, dass der andere nicht Patron sei. 1Ad Dig. 12,2,13,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 179, Note 7.Julianus sagt, dass derjenige, welcher geschworen hätte, dass ein Grundstück sein sei, auch nach der Ersitzung innerhalb langer Zeit eine analoge Klage haben müsse. 2Derselbe Julianus schreibt, dass derjenige, welcher geschworen hat, dass er einen Diebstahl nicht begangen habe, wegen des Ganzen geschworen zu haben scheine; und darum ist er weder auf die Diebstahls[-klage] noch auf die Condiction gehalten, weil auf die Condiction, sagt er, blos der Dieb gehalten ist. Bedient sich also etwa [derjenige,] welcher geschworen hat, dass er einen Diebstahl nicht begangen habe, nur in dieser Hinsicht, wenn er mit der Condiction belangt werden sollte, der Einrede des Eides?66Diese Frage ist nicht ausdrücklich beantwortet, doch geht aus dem Folgenden hervor, dass der, welcher geschworen hat, dass er nicht der Dieb sei, blos dann die Einrede habe, wenn er als Dieb belangt wird, nicht aber in anderer Hinsicht, wie wenn er als Erbe des Diebes belangt wird. Im Folgenden ist μονομερής condictio durch einseitige Condiction übersetzt worden. Ueber die Bedeutung jenes griechischen Wortes ist man nicht ganz einig. Nach Cujacius ist es eine solche, welche gegen den Beklagten nur als Erben des Diebes, nicht als Dieb selbst geht. Eine andere Erklärung ist die, dass die Condiction so genannt worden sei, welcher keine Einrede entgegengesetzt werden könne (s. Gebauers Anm. zu dieser Stelle). Der Sinn der Stelle ist jeden Falls der, dass nach abgeschworenem Diebstahle die Condiction gegen den, welcher geschworen hat, noch von der Seite zustehe, wenn er als Erbe des Diebes belangt wird. S. v. Glück a. a. O. S. 266. Anm. 79. Sonst wenn der, welcher condicirt, behaupten sollte, als wenn er gegen den Erben des Diebes klage, so darf er nicht zurückgewiesen werden, und es muss ihm gleichsam eine einseitige Condiction gegen den Erben des Diebes gegeben werden; auch darf der Richter ihn nicht zulassen, wenn er anfangen sollte, zu versuchen, den Beweis wegen des Diebes zu führen. 3Wenn Jemand geschworen haben sollte, dass ich ihm eine Sache um Hundert verkauft habe, so wird er aus dem Kauf klagen können, damit ihm das Uebrige geleistet werde, das heisst, die Sache übergeben und wegen der Entwährung Sicherheit gegeben werde. Ob er jedoch, um den Preis zu erlangen, aus dem Verkaufe belangt werden könne, ist zu untersuchen; und wenn auch gerade darüber geschworen worden ist, dass der Preis bezahlt worden ist, so ist keine Klage auf den Preis vorhanden; wenn aber das nicht beschworen sein sollte, dann ist es folgerichtig, dass er wegen des Preises gehalten sei. 4Dasselbe werden wir sagen, auch wenn Jemand geschworen haben sollte, dass er eine Gesellschaft eingegangen sei, denn auch der wird mit der Gesellschafter[klage] belangt werden können. 5Marcellus schreibt, auch wenn Jemand geschworen habe, dass er wegen Zehn ein Grundstück zum Pfand gegeben habe, so könne er nicht anders mit der Pfand[klage] klagen, als wenn er Zehn bezahlt habe; aber auch das fügt er hinzu, dass er vielleicht auch auf Zehn in Folge seines Eides belangt werden könne, was er mehr billigt. Mit ihm stimmt Quintus Saturninus überein und bedient sich des von demjenigen [entlehnten] Beweisgrundes, welcher geschworen hat, dass diejenige, welche seine Gattin gewesen, ihm eine Sache zur Mitgift gegeben habe; denn auch hier, sagt er, sei der Gattin eine analoge Klage wegen der Mitgift zu geben; und dass dies nicht ohne Billigkeit aufgestellt worden sei, möchte ich gar wohl behaupten. 6Wenn Jemand in einer Geldsache beim Schutzgeiste des Kaisers geschworen, dass er nicht geben müsse, und falsch geschworen haben sollte, oder dass ihm gegeben werden müsse, oder geschworen haben sollte, dass er innerhalb einer bestimmten Zeit zahlen werde, und nicht gezahlt hat, so hat unser Kaiser mit seinem Vater77Ant. Caracalla mit seinem Vater Septim. Severus. S. B. I. S. 372. A. 31. rescribirt, dass er mit Ruthen gezüchtigt entlassen und ihm dies dazu gesagt werde: Schwöre nicht unbesonnen.
14Paul. lib. III. ad Ed. So oft wegen einer Sache geschworen wird, so wird weder dem Vater, noch dem Patron der Eid erlassen; wegen einer Sache wird aber der Eid gefordert, z. B. wegen dargeliehenen Geldes, wenn der Kläger schwört, dass ihm gegeben werden müsse, oder der Beklagte, dass er nicht geben müsse. Dasselbe findet Statt, wenn wegen constituirten Geldes88S. den 5. Tit. des folg. Buchs. ein Eid gefordert wird.
16Ulp. lib. X. ad Ed. Wenn ein Patron seine Freigelassene zur Gattin genommen haben sollte, so wird er nicht angetrieben werden, über die Klage wegen weggebrachter Sachen zu schwören; aber auch wenn er selbst den Eid seiner Freigelassenen antragen sollte, so muss er nicht für Gefährde99De calumnia. Durch diesen Eid versichert man, dass man nicht aus Chicane, sondern um sein Recht zu verfolen, in einer rechtlichen Angelegenheit handle. Er konnte namentlich von dem verlangt werden, der den Eid angetragen hatte. S. v. Glück a. a. O. S. 352 ff. schwören.
17Paul. lib. XVIII. ad Ed. Der Eid, welcher in Folge einer Uebereinkunft ausserhalb des Gerichts angetragen wird, kann nicht zurückgeschoben werden. 1Ein Mündel muss unter Ermächtigung des Vormundes den Eid antragen; wenn er aber ohne Ermächtigung des Vormundes angetragen haben sollte, so wird zwar eine Einrede [aus dem Eide] entgegenstehen, es wird aber eine Gegeneinrede gebraucht werden, weil ihm das Recht, seine Sachen zu verwalten, nicht zusteht. 2Wenn ein Vormund, welcher die Vormundschaft führt, oder ein Curator eines Rasenden oder Verschwenders einen Eid angetragen haben sollte, so muss derselbe für gültig gehalten werden; denn [sie können] Sachen [der Pflegbefohlenen] veräussern, es kann ihnen [für die Pflegbefohlenen] gezahlt werden, und sie machen dadurch, dass sie klagen, die Sache [der Pflegbefohlenen] klagbar1010In judicium deducunt, d. h. der Pflegbefohlene muss die aus der Einleitung des Streites (litis contestatio) und aus dem Urtehil (res judicata) entstehende Verbindlichkeit anerkennen.. 3Auch [der Eid,] welchen ein Geschäftsbesorger angetragen hat, ist für gültig zu halten, nämlich wenn entweder er die Verwaltung des gesammten Vermögens auf sich haben, oder wenn gerade das namentlich aufgetragen sein, oder wenn er ein Geschäftsbesorger zu seinem Besten sein sollte.
18Ulp. lib. XXVI. ad Ed. Sonst aber sei ein Geschäftsbesorger, welcher den Eide anträgt, nicht zu hören, schreibt Julianus im zehnten Buche der Digesten; damit nicht1111Es ist hier die Lesart von Haloander u. A. ne postea st. nec p. befolgt worden. nachher der Beklagte, welcher einmal geschworen hat, vom Herrn belangt werde. Auch nütze es ihm nicht viel, wenn ihm wegen der Genehmigung Sicherheit gegeben worden sei; denn sei es, dass der Herr fordere, so wird der Beklagte darzuthun gezwungen werden, dass er mit gutem Gewissen geschworen habe, nachdem nämlich eine Einrede aufgestellt ist; oder sei es, dass er aus der Stipulation wegen der Genehmigung klage, so wird er nothwendig selbst seinen Meineid darthun müssen1212Denn klagt der Principal und wird vom Beklagten die Einrede vorgeschützt, er habe die Verbindlichkeit abgeschworen, so wird der Kläger die Gegeneinrede (denn exceptio steht hier für replicatio) gebrauchen, dass der Eid von einem nicht dazu beauftragten Geschäftsbesorger angetragen worden sei, und der Beklagte sieht sich also genöthigt, seine schon beschworene Behauptung zu beweisen. Gelingt ihm dies nicht und klagt er nun gegen den Geschäftsbesorger deshalb, weil dieser für die Genehmigung des Principals stehen zu wollen versprochen hatte, so wird er darthun müssen, dass er das, was er beschworen hatte, nicht habe beweisen können, und also trotz des Eides dem Principal verurtheilt worden sei. S. v. Glück a. a. O. S. 257. Anm. 59..
19Idem lib. XXVI. ad Ed. Wenn es daher dem Geschäftsbesorger aufgetragen war, dass er fordere, er [aber] den Eid angetragen hat, so hat er etwas Anderes gethan, als was ihm aufgetragen worden ist.
20Paul. lib. XVIII. ad Ed. [Der Eid,] welchen ein Sclav angetragen oder geschworen hat, werde aufrecht erhalten, wenn er die Verwaltung des Sonderguts gehabt hat;
21Gaj. lib. V. ad Ed. prov. denn diesem kann auch richtig gezahlt werden, und er hat das Recht gehabt, eine Verbindlichkeit zu erneuern.
22Paul. lib. XVIII. ad Ed. Einige [glauben,] dass auch die Klage wegen des Sonderguts gegen den Herrn zu geben sei, wenn der Sclav dem Kläger den Eid angetragen habe. Dasselbe ist vom Haussohn zu sagen.
23Ulp. lib. XXVI. ad Ed. Wenn ein Sclav geschworen haben sollte, dass der Herr nicht geben müsse, so ist dem Herrn eine Einrede zu gestatten, und der Gegner muss es sich zurechnen, weil er dem Sclaven den Eid angetragen hat.
24Paul. lib. XXVIII. ad Ed. Um viel mehr wird dem Vater der Eid (religio) des Sohnes nützen, gegen welchen auch eine Klage bestehen kann; sie selbst aber machen, wenn sie [den Eid] zurückschieben, die Lage derjenigen, welchen sie unterworfen sind, nicht schlechter.
25Ulp. lib. XXVI. ad Ed. Aber auch wenn mein Sclav, da ihm der Eid angetragen oder zurückgeschoben war, geschworen hat, dass die Sache [seinem] Herrn gehöre, oder ihm gegeben werden müsse, so glaube ich, dass mir eine Klage oder die Einrede aus dem Pactum wegen des Eides und der Uebereinkunft zu geben sei.
26Paul. lib. XVIII. ad Ed. Es kommt nichts darauf an1313Nämlich beim aussergerichtlichen Eide, von welchem Paulus hier spricht. S. v. Glück a. a. O. S. 275 ff., welchen Geschlechts oder Alters [der] sei, welcher geschworen haben soll; denn es muss auf jede Weise der Eid gegen denjenigen bewahrt werden, welcher mit demselben, da er [ihn] antrug, zufrieden war, obwohl der Mündel keinen Meineid zu schwören scheint, da er nicht wissentlich zu täuschen scheint. 1Wenn ein Vater geschworen haben sollte, dass [sein] Sohn nicht geben müsse, so hat Cassius zum Bescheid gegeben, dass sowohl dem Vater, als dem Sohn die Einrede des Eides zu geben sei. Wenn der Vater geschworen haben sollte, dass nichts im Sondergut sich befinde, so wird der Sohn belangt werden können; aber auch der Vater wird so belangt werden, dass auf das nachher erworbene Sondergut Rücksicht genommen wird. 2Der Vorschlag zum Eid kann als eine Art (ex numero) des Erneuerns und Ueberweisens angesehen werden, weil er aus einer Uebereinkunft hervorgeht, obwohl er auch so gut wie ein Urtheil ist.
27Gaj. lib. V. ad Ed. prov. Ein Eid tritt auch an die Stelle der Zahlung.
28Paul. lib. XVIII. ad Ed. Bei zweien einer Stipulation Theilhaftigen wird der von dem einen angetragene Eid auch dem andern schaden. 1[Der Eid,] welchen der Schuldner geschworen hat, nützt auch dem Bürgen; dass der vom Bürgen geforderte Eid auch dem Schuldner nütze, sagen Cassius und Julianus; denn weil [der Eid] in die Stelle der Zahlung eintritt, so ist er auch hier [als] in derselben Stelle [befindlich] anzusehen, wenn man nur den Eid darum hat eintreten lassen, damit wegen des Contracts selbst und der Sache, nicht wegen der Person des Schwörenden, verhandelt würde. 2Ad Dig. 12,2,28,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 295, Note 6.Wenn ich demjenigen, welcher meinen Schuldner vor Gericht zu stellen versprochen hat, den Eid angetragen und der geschworen haben sollte, dass er überhaupt die Stellung desselben nicht versprochen habe, so darf dies meinem Schuldner nicht nützen; wenn er aber geschworen haben sollte, dass er mir nichts leisten müsse, so ist wohl zu unterscheiden, und durch eine Gegeneinrede nachzuhelfen, ob er darum geschworen hat, entweder weil er nach dem Versprechen gestellt, oder aber weil er gezahlt hat. Und so ist auch beim Bürgen für eine Schuld zu unterscheiden. 3Von zwei eines Versprechens desselben Geldes Theilhaftigen hat der eine geschworen; es muss [dies] auch dem andern nützen. 4Die Einrede des Eides darf nicht nur, wenn Jemand sich derjenigen Klage bedienen sollte, wegen welcher er den Eid gefordert hat, entgegengesetzt werden, sondern auch wenn [er sich] einer andern [bedienen sollte,] wenn nur dieselbe Streitfrage klagbar gemacht werden sollte — etwa wenn wegen der Auftrags-, Geschäftsführungs-, Gesellschafts-Klage und wegen sonstiger ähnlicher der Eid gefordert worden sein, nachher aus denselben Gründen etwas Bestimmtes condicirt werden sollte, — weil durch die eine Klage auch die andere vernichtet wird. 5Wenn Jemand geschworen haben sollte, dass er nicht geraubt habe, so darf er nicht mit diesem Eid bei der Diebstahlsklage oder Condiction unterstützt werden, weil es etwas Anderes ist, einen Diebstahl begangen haben, der auch heimlich geschehen kann. 6Wenn ein Pachter, gegen welchen etwa wegen umgehauener Bäume aus dem Pachtvertrage geklagt wurde, geschworen haben sollte, dass er [sie] nicht umgehauen habe, so wird er, mag er aus dem Gesetze der zwölf Tafeln wegen umgehauener Bäume, oder aus dem Aquilischen Gesetze wegen des widerrechtlichen Schadens, oder mit dem Interdict: Was mit Gewalt oder heimlich nachher belangt werden, durch die Einrede des Eides vertheidigt werden können. 7[Diejenige,] welche geschworen hat, dass sie aus Rücksicht auf die Ehescheidung eine Sache nicht weggebracht habe, darf nicht durch die Einrede vertheidigt werden, wenn gegen sie [mit einer Klage] auf eine Sache geklagt werden sollte; und wenn sie behaupten sollte, [die Sache] sei die ihrige, so ist ein anderer Eid nöthig; auf der andern Seite muss sie, wenn sie geschworen haben sollte, [die Sache] sei die ihrige, bei der Klage wegen weggebrachter Sachen vertheidigt werden. Und überhaupt ist das zu beobachten, dass, obgleich durch eine andere Klage dieselbe Frage angeregt werden sollte, die Einrede des Eides [doch] Statt findet. 8Daher wenn Jemand geschworen hat, dass er nicht verurtheilt worden sei, so wird er durch die Einrede vertheidigt werden, obgleich er aus der Stipulation, dass das Erkannte geleistet werde, wegen des rechtskräftigen Urtheils belangt werden sollte. Umgekehrt, wenn er, da er aus der Stipulation, dass das Erkannte geleistet werde, belangt wurde, geschworen hat, dass er nicht geben müsse, so wird dem auf das Erkannte Klagenden nicht durchgehends die Einrede entgegenstehen; es kann nämlich geschehen, dass die Stipulation nicht verfallen sei, obgleich über die Sache erkannt worden ist, wenn er nicht etwa darum geschworen hatte, weil er sagte, dass er auch nicht verurtheilt sei. 9Ingleichen sagt Pomponius, dass derjenige, welcher geschworen hat, dass bei ihm an irgend einer Sache ein Diebstahl begangen sei, nicht sogleich auch einen Grund zur Condiction erlange. 10Ingleichen da von dieser Seite der Eid sowohl eine Klage, als eine Einrede herbeiführt, — wenn etwa der Beklagte ausserhalb Gerichts, da der Kläger antrug, geschworen haben sollte, dass er nicht geben müsse, und der Kläger, da der Beklagte antrug, dass ihm gegeben werden müsse, oder umgekehrt, — so wird das spätere Eidesverhältniss für vorzüglicher gehalten werden; jedoch wird dadurch ein Vorurtheil für einen Meineid des Andern nicht begründet werden, weil nicht gefragt werden wird, ob er geben müsse, sondern ob der Kläger geschworen habe.
29Tryohon. lib. VI. Disput. Wenn ich aber auf dein Antragen geschworen habe, dass du nicht geschworen habest, dass dir gegeben werden müsse, so ist auch gegen die analoge Klage, mit welcher das untersucht wird, ob du geschworen hast, dass dir gegeben werden müsse, die Einrede des Eides, welcher die in der Klage begriffene Frage aufhebt, entgegenzusetzen.
30Paul. lib. XVIII. ad Ed. Pedius sagt, dass derjenige, welcher geschworen hat, dass ihm in Folge einer solchen Klage, welche durch Leugnen wächst, etwas geschuldet werde, die Verfolgung des Einfachen, nicht des Doppelten sich erwerbe1414Wenn nämlich der Beklagte auf gewisse Klagen (s. z. B. §. 1. J. de poena temere litig.) in jure geleugnet hatte, so wurde er nun auf das Doppelte verurtheilt. Dies findet dann nicht Statt, wenn der Kläger seinen Anspruch beschworen und sich so von der Beweislast befreit hat. Wenn er aber von diesem Theile des Edicts (d. h. von dem durch das Edict des Prätors bestätigten und geschützten Eid) keinen Gebrauch gemacht hat, so hat er natürlich die Klage mit voller Wirkung; klagt aber der Kläger aus dem Eide, so scheint er nur seinen Eid aufrecht erhalten, nicht den alten Anspruch mit seiner Wirkung verfolgen zu wollen.; denn es genüge hinlänglich, den Kläger von der Nothwendigkeit, zu beweisen, zu befreien, da, wenn dieser Theil des Edicts übergangen worden, die Klage auf das Doppelte unbenommen bleibt; und man kann sagen, dass durch diese Klage nicht die Hauptsache ausgeführt, sondern der Eid des Klägers erhalten werde. 1Wenn ich geschworen haben werde, dass du mir den Stichus geben müssest, welcher sich nicht in der Natur der Dinge befindet, so muss mir der Beklagte nicht einmal die Werthschätzung leisten, ausser aus dem Diebstahlsgrund und wegen Verzugs; dann nämlich wird auch nach dem Tode des Sclaven die Werthschätzung geleistet. 2Wenn eine Frauensperson geschworen haben sollte, dass ihr Zehn von der Mitgift geschuldet werden, so ist diese ganze Summe zu leisten; aber wenn sie geschworen hat, dass sie Zehn in die Mitgift gegeben habe, so wird blos das nicht zu untersuchen sein, ob [die Zehn] gegeben worden seien, sondern, gleich als wenn sie gegeben seien, wird das, was davon zurückgegeben werden muss, zu leisten sein. 3Bei Volksklagen1515S. Bd. I. S. Anm. 36. wird der geforderte Eid nur dann gegen Andere nützen, wenn er in gutem Glauben gefordert sein wird; denn auch wenn Jemand geklagt haben sollte, so vernichtet er nur dann die öffentliche Klage, wenn nicht in Folge heimlichen Verständnisses geklagt worden ist. 4Wenn ein Freigelassener auf den Antrag des Patrons geschworen hat, dass er nicht Freigelassener sei, so ist der Eid für gültig zu halten, so dass weder die Forderung von Dienstleistungen, noch der Nachlassbesitz gegen die [Testaments-]Schrift gegeben werden darf. 5Wenn ich geschworen haben werde, dass mir der Niessbrauch gegeben werden müsse, so braucht er nicht anders gegeben zu werden, als wenn ich Sicherheit gebe, dass ich [die Sache] nach dem Ermessen eines unbescholtenen Mannes gebrauchen und nach Beendigung des Niessbrauchs zurückerstatten wolle.
31Gaj. lib. XXX. ad Ed. prov. Wir sind daran zu erinnern, dass zuweilen auch, nachdem [vom Richter] der Eid gefordert worden, es durch Constitutionen der Kaiser erlaubt werde, von Neuem die Sache zu verhandeln, wenn Jemand sagen sollte, dass er neue Beweismittel1616Instrumenta. Im engern Sinne bezeichnet zwar dieses Wort nur Urkunden, im weitern aber jedes Beweismittel, und dass hier diese Bedeutung anzunehmen sei, dafür spricht theils der Ausdruck der Basiliken: διακαιώματα, theils Anderes. S. v. Glück a. a. O. S. 393 ff. gefunden habe, deren er sich jetzt allein bedienen wolle. Aber diese Constitutionen scheinen dann Statt zu haben, wenn Jemand vom Richter freigesprochen sein sollte; es pflegen nämlich die Richter oft in zweifelhaften Sachen, nachdem der Eid gefordert worden, zu Gunsten desjenigen zu erkennen, welcher geschworen hat. Wenn aber sonst unter ihnen selbst durch den Eid das Geschäft ausgeglichen sein sollte, so wird es nicht zugegeben, dieselbe Sache wieder zu verhandeln.
32Modestin. lib. (III.) Diff. Ein Mündel kann den Eid nicht schenken.
33Ulp. lib. XXVIII. ad Sabin. Wer bei seinem Wohle schwört, scheint, obwohl er bei der Gottheit zu schwören scheint, — denn mit Rücksicht auf das göttliche Wesen schwört er so — dennoch, wenn ihm nicht so besonders der Eid angetragen worden ist, nicht geschworen zu haben; und darum ist von Neuem feierlich zu schwören.
34Idem lib. XXVI. ad Ed. Ein Eid hat sowohl in Bezug auf Gelder, als auf alle Sachen Statt; auch wegen Dienstleistungen kann ein Eid angetragen werden; auch kann sich der Gegner nicht über Unrecht beklagen, da er den Eid zurückschieben kann. Wie jedoch, wenn der Beklagte darum behaupten sollte, dass er befreit sei, weil er glaubt, dass Stichus, welchen er versprochen hat, gestorben sei? Er wird durch die Zurückschiebung [des Eides] nicht sicher sein, und darum glaubt Marcellus aus diesem Grunde, und [zwar] richtig, dass ihm entweder der Eid zu erlassen, oder eine Frist zu geben sei, damit er in Gewissheit gesetzt werde und dann schwöre. 1Ein Vertheidiger von Municipal-1717S. Bd. I. S. 386. Anm. 40.Bürgern, oder sonst einer Corporation, kann den Eid antragen, wenn er hierüber einen Auftrag hat. 2Einem Mündel wird der Eid nicht angetragen1818Dies ist vom gerichtlich angetragenen Eide zu verstehen und daher auch kein Widerspruch mit L. 26. pr. S. v. Glück a. a. O. S. 206. u. 276.. 3Ein Geschäftsbesorger wird nicht genöthigt, zu schwören, auch nicht ein Vertheidiger; und so schreibt Julianus im zwölften Buche der Digesten, ein Vertheidiger werde nicht genöthigt, zu schwören, und es genüge zur vollständigen Vertheidigung, wenn er bereit sei, sich auf die Klage einzulassen. 4Ad Dig. 12,2,34,4ROHGE, Bd. 3 (1872), S. 323: Voraussetzung des wegen der Eideszuschiebung zu verlangenden Calumnieneides.Wer den Eid anträgt, muss vorher für Gefährde schwören, wenn das verlangt werden sollte; dann wird ihm geschworen werden. Dieser Eid für Gefährde wird auf gleiche Weise dem Patron, wie den Eltern1919In unserm Text steht zwar neque patrono neque parentibus, doch ist wohl kein Zweifel, dass die in der Anm. angeführte Lesart: neque — atque (oder et oder que) vorzuziehen sei. S. v. Glück a. a. O. 263 ff., erlassen. 5Wenn über die Beschaffenheit des Eides unter den Parteien gezweifelt sein sollte, so ist die Fassung desselben im Ermessen des Erkennenden. 6Der Prätor sagt: denjenigen, von welchem der Eid gefordert werden wird, werde ich zwingen zu zahlen oder zu schwören; das eine wähle also der Beklagte, entweder zahle oder schwöre er; wenn er nicht schwört, so muss er vom Prätor zu zahlen gezwungen werden. 7Es wird aber dem Beklagten auch ein anderes Mittel (facultas) gegeben, dass er, wenn er etwa lieber will, den Eid zurückschiebe; und wenn derjenige, welcher fordern wird, von dem vorgeschlagenen Eide (conditione jurisjurandi) keinen Gebrauch machen will2020Wenn er also den ihm zurückgeschobenen Eid nicht leisten will., so wird ihm der Prätor keine Klage geben; er thut dies nämlich ganz billig, da der Vorschlag zum Eide dem nicht missfallen dürfte, welcher [ihn] angetragen hat. Aber auch der Eid für Gefährde wird dem Zurückschiebenden nicht angetragen, weil es vom Kläger nicht zu dulden ist, wenn er will, dass ihm wegen des [Eides-]Vorschlags, den er selbst gemacht hat, für Gefährde geschworen werde. 8Nicht immer aber ist es passend, dass der Eid in jeder Hinsicht [so] zurückgeschoben werde, wie er angetragen wird, da etwa aus der Verschiedenheit der Sachen oder Personen etwas entsteht, was eine Abwechslung herbeiführt; und darum mag, wenn so etwas eingetreten sein sollte, nach der Pflicht des Richters die Fassung eines Eides der Art bestimmt werden. 9Wenn eine Sache auf den Eid gestellt ist, so spricht der Richter den Schwörenden frei, den Zurückschiebenden wird er hören, und, wenn der Kläger schwören sollte, so verurtheile er den Beklagten; den nicht schwörenden Beklagten spricht er, wenn er zahlen sollte, frei, den nicht zahlenden verurtheilt er; wenn der Kläger zufolge der Zurückschiebung nicht schwört; so spricht er den Beklagten frei.
35Paul. lib. XXVIII. ad Ed. Der Vormund eines Mündels ist, wenn er, da alle andern Beweismittel fehlen, den Eid anträgt, zu hören; so oft2121D. h. so oft als der Vormund den Eid angetragen und der Gegner in Folge desselben geschworen hat, so oft wird dem Mündel, wenn er aus der abgeschworenen Verbindlichkeit klagen will, die Klage versagt werden. Dies Uebersetzung des quandoque durch so oft, und diesen Sinn der ganzen Stelle rechtfertigen die Basilica XXII. 5. 35. T. III. p. 129, wo es heisst: τότε γὰρ ἀποκλείει τῷ ἀνήσῳ. nämlich wird dem Mündel die Klage versagt werden. 1Ein Verschwender ist, wenn er den Eid antragen sollte, nicht zu hören. Und dasselbe ist bei den übrigen ihm ähnlichen zu sagen, denn mag dieser Eid anstatt eines Pactum, über welches man übereingekommen ist, oder anstatt der Zahlung, oder anstatt eines Urtheils gelten, so darf er, wenn er von Andern, als [denen,] welche dazu fähig sind, angetragen worden ist, nicht gebilligt werden. 2[Diejenigen,] welche nicht genöthigt werden, sich zu Rom auf die Klage einzulassen, sind auch nicht zu nöthigen, zu schwören, wie die Provincialgesandten2222Diese nämlich hatten das jus revocandi domum, d. h. das Recht, an einem andern Orte, als in ihrer Heimath, gegen sie angestellte Klagen abzuweisen, und zu verlangen, dass dieselben in ihrer Heimath gegen sie angestellt werden sollten..
36Ulp. lib. XXVII. ad Ed. Wenn der Kläger blos über das constituirte Geld den Eid antragen und der Beklagte geschworen haben sollte, so wird [dieser] sich der Einrede bedienen, wenn er wegen des constituirten [Geldes] belangt werden sollte; aber wenn er wegen des Capitals, das heisst, wegen der frühern Verbindlichkeit belangt werden sollte, so wird die Einrede wegfallen, wenn er nicht auch wegen dieser auf den Antrag des Gegners geschworen haben sollte.
37Ad Dig. 12,2,37ROHGE, Bd. 3 (1872), S. 323: Voraussetzung des wegen der Eideszuschiebung zu verlangenden Calumnieneides.Idem lib. XXXIII. ad Ed. Wenn der Eid von demjenigen, welcher [ihn] angetragen hat, nicht erlassen sein sollte, aber [von ihm] nicht für Gefährde geschworen wird, so ist es folgerichtig, dass ihm die Klage versagt werden müsse; denn er mag es sich zurechnen, da er zum Antrag des Eides geschritten ist, und nicht vorher für Gefährde geschworen hat, so dass er einem Erlassenden ähnlich ist.
38Paul. lib. XXXVII. ad Ed. Es ist [ein Zeichen] offenbaren Schimpfes und Geständnisses, weder schwören, noch den Eid zurückschieben wollen.
39Julian. lib. X. Digest. Wenn Jemand mit seinem Schuldner verabredet haben sollte, dass das [schuldige] Geld von demselben nicht gefordert werden sollte, wenn er geschworen hätte, dass er nicht auf das Capitolium gestiegen sei, oder irgend etwas Anderes gethan oder nicht gethan habe, und der geschworen haben sollte, so wird sowohl die Einrede des Eides gegeben werden müssen, als auch das schon Gezahlte zurückgefordert werden können; denn es ist eine rechtmässige Uebereinkunft, wenn irgend eine Sache auf die Bedingung des Eides gestellt worden sein sollte.
40Idem lib. XIII. Digest. Ein vom Schuldner geforderter Eid bewirkt, dass das Pfand befreit werde; es ist dies nämlich der Acceptilation ähnlich, verschafft wenigstens eine immerwährende Einrede. Daher muss auch der die Strafe fordernde Gläubiger mit der Einrede zurückgewiesen werden, und das Gezahlte kann zurückgefordert werden, da nämlich nach eingetretenem Eid von jeder Streitigkeit zurückgetreten wird.
42Idem lib. XVIII. Epistol. Da der Gläubiger, welcher wegen eines Gelddarlehns gegen einen Mündel stritt, den Eid antrug, hat der Mündel geschworen, dass er nicht geben müsse; dasselbe Geld fordert [der Gläubiger] vom Bürgen desselben; ist er wohl durch die Einrede des Eides auszuschliessen? Antworte mir, was du annimmst. Diese Sache erklärt Julianus deutlicher; denn wenn ein Streit zwischen dem Gläubiger und dem Mündel gewesen sein sollte, ob er überhaupt ein Gelddarlehn erhalten hätte, und man übereingekommen sein sollte, dass man von dem ganzen Verhältniss zurücktreten würde, wenn der Mündel geschworen hätte, und der geschworen haben sollte, dass er nicht geben müsse, so wird die natürliche Verbindlichkeit durch diesen Vertrag aufgehoben werden und das gezahlte Geld zurückgefordert werden können; wenn aber der Gläubiger zwar behauptete, dass er ein Darlehn gegeben habe, der Mündel aber dadurch allein vertheidigt wurde, dass sein Vormund nicht dazu getreten wäre, und man einen Eid dieses Inhalts hat eintreten lassen, so wird in diesem Falle der Prätor den Bürgen nicht schützen. Wenn es aber nicht klar bewiesen werden kann, was man beabsichtigt habe, und es im Dunkeln sein wird, wie es gewöhnlich geschieht, ob über eine Thatsache oder ein Recht zwischen dem Gläubiger und Mündel Streit gewesen sei, so müssen wir [dies,] dass auf das Antragen des Gläubigers der Mündel geschworen habe, so ansehen, als ob das von ihnen beabsichtigt worden sei, dass, wenn er geschworen hätte, dass er nicht geben misse, von dem ganzen Verhältniss zurückgetreten würde; und dann werden wir meinen, dass sowohl das gezahlte Geld zurückgefordert werden könne, als auch den Bürgen eine Einrede gegeben werden müsse. 1Wenn ein Bürge geschworen haben sollte, dass er nicht geben müsse, so wird der eines Versprechens Theilhaftige durch die Einrede des Eides sicher sein. Aber wenn er geschworen hat, als hätte er überhaupt für eben dasselbe sich nicht verbürgt, so darf dieser Eid dem eines Versprechens Theilhaftigen nicht nützen. 2Ad Dig. 12,2,42,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 295, Note 8.Aber auch wenn auf den Antrag des Klägers der Vertheidiger eines Abwesenden oder Gegenwärtigen geschworen hat, dass der, welchen er vertheidigt, nicht geben müsse, so wird die Einrede des Eides demjenigen, in dessen Namen geschworen worden ist, gegeben werden müssen. Dasselbe Verhältniss findet Statt, auch wenn der Vertheidiger eines Bürgen geschworen haben sollte; dem Schuldner nämlich werde die Einrede gegeben. 3Ingleichen mag, wenn der Schuldner geschworen hat, der Bürge sicher sein, weil auch das zu Gunsten Eines von Beiden ausgefallene Erkenntniss Beiden nützen würde.