Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Elftes Buch übersetzt von Sintenis
Dig. XI8,
De mortuo inferendo et sepulchro aedificando
Liber undecimus
VIII.

De mortuo inferendo et sepulchro aedificando

(Von der Leichenbestattung und der Erbauung von Begräbnissen.)

1Ul­pia­nus li­bro se­xa­gen­si­mo oc­ta­vo ad edic­tum. Prae­tor ait: ‘Quo qua­ve il­li mor­tuum in­fer­re in­vi­to te ius est, quo mi­nus il­li eo ea­ve mor­tuum in­fer­re et ibi se­pe­li­re li­ceat, vim fie­ri ve­to.’ 1Qui in­fe­ren­di mor­tuum ius ha­bet, non pro­hi­be­tur in­fer­re: pro­hi­be­ri au­tem in­fer­re vi­de­tur, si­ve in lo­cum in­fer­re pro­hi­bea­tur si­ve iti­ne­re ar­cea­tur. 2Hoc in­ter­dic­to de mor­tuo in­fe­ren­do do­mi­nus pro­prie­ta­tis uti pot­est, quod et­iam de lo­co pu­ro com­pe­tit. 3Item si mi­hi in fun­dum via de­bea­tur, in quem fun­dum in­fer­re vo­lo, et via pro­hi­bear, hoc in­ter­dic­to pos­se me ex­per­i­ri pla­cuit, quia in­fer­re pro­hi­beor qui via uti pro­hi­beor: id­que erit pro­ban­dum et si alia ser­vi­tus de­bea­tur. 4Hoc in­ter­dic­tum pro­hi­bi­to­rium es­se pa­lam est. 5Prae­tor ait: ‘Quo il­li ius est in­vi­to te mor­tuum in­fer­re, quo­mi­nus il­li in eo lo­co se­pul­chrum si­ne do­lo ma­lo ae­di­fi­ca­re li­ceat, vim fie­ri ve­to.’ 6In­ter­dic­tum hoc prop­ter­ea pro­pos­i­tum est, quia re­li­gio­nis in­ter­est mo­nu­men­ta ex­strui et ex­or­na­ri. 7Fa­ce­re se­pul­chrum si­ve mo­nu­men­tum in lo­co, in quo ei ius est, ne­mo pro­hi­be­tur. 8Ae­di­fi­ca­re vi­de­tur pro­hi­be­re et qui pro­hi­bet eam ma­te­riam con­ve­hi, quae ae­di­fi­cio ne­ces­sa­ria sit. pro­in­de et si ope­ri ne­ces­sa­rios pro­hi­buit quis venire, in­ter­dic­tum lo­cum ha­bet, et si ma­chi­nam al­li­ga­re quis pro­hi­beat, si ta­men eo lo­ci pro­hi­beat, qui ser­vi­tu­tem de­beat: ce­te­rum si in meo so­lo ve­lis ma­chi­nam po­ne­re, non te­ne­bor in­ter­dic­to, si iu­re te non pa­tiar. 9Ae­di­fi­ca­re au­tem non so­lum qui no­vum opus mo­li­tur in­tel­le­gen­dus est, ve­rum is quo­que, qui vult re­fi­ce­re. 10Is qui id agit, ut la­ba­tur se­pul­chrum, hoc in­ter­dic­to te­ne­tur.

1Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: Wo und auf welchem Wege Jemandem das Recht zusteht, ohne deine Einwilligung einen Todten zu beerdigen, verbiete ich demselben, daselbst und auf diesem Wege den Todten zu beerdigen, ein Hinderniss gewaltsam in den Weg zu legen. 1Wer das Recht hat, einen Todten [irgendwo] zu beerdigen, der wird nicht daran verhindert; an der Beerdigung verhindert zu werden, wird sowohl von der Behinderung an der Bestattung an dem Orte selbst, als von dem Anhalten auf dem Wege dahin verstanden. 2Dieses Interdicts über die Leichenbestattung kann sich der Eigenheitsherr bedienen; es steht auch wegen eines reinen Ortes zu. 3Ingleichen kann man sich dieses Interdicts bedienen, wenn man ein Wegerecht zu dem Landgute hat, auf welches man den Todten hinschaffen will, und in Ansehung des Weges verhindert wird, weil, sobald man an dem Wege verhindert wird, man es auch in Betreff der Bestattung selbst wird; dies gilt auch, wenn man zu einer andern Dienstbarkeit berechtigt ist. 4Dass dieses Interdict ein verbietendes sei, ist einleuchtend. 5Der Prätor sagt: Wo Jemand ein Recht hat, ohne deine Einwilligung einen Todten zu bestatten, verbiete ich, demselben Gewalt anzuthun, wenn er daselbst ein Grabmal ohne arglistige Absicht erbauen will. 6Dieses Interdict ist zu dem Ende erlassen worden, weil bei der Errichtung und Verzierung der Denkmäler die Religion betheiligt ist. 7Ein Begräbniss oder Denkmal an einem Orte anzulegen, wo man ein Recht dazu hat, kann Niemand verhindert werden. 8Den Bau zu verhindern, wird auch von dem angenommen, der die Herbeischaffung von solchen Materialien verhindert, die zum Gebäude nothwendig sind; mithin findet auch, wenn Jemand die nöthigen Arbeitsleute am Kommen verhindert, das Interdict Statt; oder wenn er die Befestigung von Maschinen verhindert, vorausgesetzt, dass dies da geschehe, wo Verpflichtung zu einer Dienstbarkeit vorhanden ist. Willst du aber auf meinem Grund und Boden eine Maschine errichten, so hafte ich nicht durch das Interdict, wenn ich zufolge meines Rechts dies nicht gestatten will. 9Bauen wird nicht blos von dem angenommen, der einen Neubau beabsichtigt, sondern auch von demjenigen, der etwas ausbessern will. 10Wer damit umgeht, ein Begräbniss einzustürzen, haftet durch dieses Interdict.

2Mar­cel­lus li­bro vi­cen­si­mo oc­ta­vo di­ges­to­rum. Ne­gat lex re­gia mu­lie­rem, quae prae­gnas mor­tua sit, huma­ri, an­te­quam par­tus ei ex­ci­da­tur: qui con­tra fe­ce­rit, spem ani­man­tis cum gra­vi­da per­emis­se vi­de­tur.

2Marcell. lib. XXVIII. Dig. Das königliche Gesetz verbietet, eine gestorbene Schwangere zu begraben, bevor die Leibesfrucht herausgeschnitten worden; wer dawider gehandelt hat, von dem wird angenommen, dass er die Hoffnung auf das lebende [Kind] mit der Schwangern zerstört habe.

3Pom­po­nius li­bro no­no ad Sa­binum. Si pro­pius ae­des tuas quis ae­di­fi­cet se­pul­chrum, opus no­vum tu nun­tia­re poteris, sed fac­to ope­re nul­lam ha­be­bis ac­tio­nem ni­si quod vi aut clam. 1Si pro­pius ae­di­fi­cium alie­num in­tra le­gi­ti­mum mo­dum mor­tuus il­la­tus sit, post­ea eum pro­hi­be­re non pot­erit ae­di­fi­cii do­mi­nus, quo­mi­nus alium mor­tuum eo in­fe­rat vel mo­nu­men­tum ae­di­fi­cet, si ab in­itio do­mi­no scien­te hoc fe­ce­rit.

3Pompon. lib. IX. ad Sabin. Wenn Jemand deinen Gebäuden zu nahe ein Begräbniss11S. Buch X. T. I. l. ult. anlegt, so kannst du Anzeige wegen eines Neubaues machen; wenn es aber bereits errichtet worden, steht dir keine Klage zu, ausser [dem Interdict] Was mit Gewalt oder heimlich. 1Wenn eine Leiche innerhalb der gesetzmässigen Entfernung von einem fremden Gebäude bestattet worden ist, so kann denjenigen, [der dies gethan,] der Eigenthümer des Gebäudes an der Bestattung eines andern Todten oder Erbauung eines Denkmals daselbst nicht verhindern, wenn er es ursprünglich mit Wissen des Eigenthümers gethan hat.

4Ul­pia­nus li­bro se­cun­do re­spon­so­rum. Lon­ga pos­ses­sio­ne ius se­pul­chri non tri­bui ei, cui iu­re non com­pe­tit.

4Ulp. lib. II. Resp. Langjähriger Besitz eignet dem, der kein Recht dazu hat, das Recht des Begräbnisses nicht zu.

5Idem li­bro pri­mo opi­nio­num. Si in eo mo­nu­men­to, quod im­per­fec­tum es­se di­ci­tur, re­li­quiae ho­mi­nis con­di­tae sunt, ni­hil im­pe­dit quo­mi­nus id per­fi­cia­tur. 1Sed si re­li­gio­sus lo­cus iam fac­tus sit, pon­ti­fi­ces ex­plo­ra­re de­bent, qua­te­nus sal­va re­li­gio­ne de­si­de­rio re­fi­cien­di ope­ris meden­dum sit.

5Idem lib. I. Opin. Wenn die Gebeine eines Menschen in einem unvollendeten Grabmal beigesetzt worden sind, so steht nichts im Wege, dasselbe zu vollenden. 1Wenn aber der Ort bereits religiös geworden ist, so müssen die Priester darüber bestimmen, inwieweit, ohne der Religion zu nahe zu treten, dem Mangel an dem herzustellenden Gebäude abgeholfen werden kann.