Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Elftes Buch übersetzt von Sintenis
Dig. XI5,
De aleatoribus
Liber undecimus
V.

De aleatoribus

(Von den Hasardspielern1.)

1Dieses neuere und nicht deutsche Wort ist dem lateinischen ganz und gar entsprechend (s. Glück zu diesem Titel zu Anfang); ich habe es daher vorgezogen, weil unser: Glücksspieler nicht so verständlich ist.

1Ul­pia­nus li­bro vi­cen­si­mo ter­tio ad edic­tum. Prae­tor ait: ‘Si quis eum, apud quem alea lu­sum es­se di­ce­tur, ver­be­ra­ve­rit dam­num­ve ei de­de­rit si­ve quid eo tem­po­re do­lo eius sub­trac­tum est, iu­di­cium non da­bo. in eum, qui aleae lu­den­dae cau­sa vim in­tu­le­rit, uti quae­que res erit, anim­ad­ver­tam.’ 1Si ra­pi­nas fe­ce­rint in­ter se col­lu­so­res, vi bo­no­rum rap­to­rum non de­ne­ga­bi­tur ac­tio: sus­cep­to­rem enim dum­ta­xat pro­hi­buit vin­di­ca­ri, non et col­lu­so­res, quam­vis et hi in­dig­ni vi­dean­tur. 2Item no­tan­dum, quod sus­cep­to­rem ver­be­ra­tum qui­dem et dam­num pas­sum ubi­cum­que et quan­do­cum­que non vin­di­cat: ve­rum fur­tum fac­tum do­mi et eo tem­po­re quo alea lu­de­ba­tur, li­cet lu­sor non fue­rit qui quid eo­rum fe­ce­rit, im­pu­ne fit. do­mum au­tem pro ha­bi­ta­tio­ne et do­mi­ci­lio nos ac­ci­pe­re de­be­re cer­tum est. 3Quod au­tem prae­tor ne­gat se fur­ti ac­tio­nem da­tu­rum, vi­dea­mus utrum ad poe­na­lem ac­tio­nem so­lam per­ti­neat an et si ad ex­hi­ben­dum ve­lit age­re vel vin­di­ca­re vel con­di­ce­re. et est re­la­tum apud Pom­po­nium so­lum­mo­do poe­na­lem ac­tio­nem de­ne­ga­tam, quod non pu­to ve­rum: prae­tor enim sim­pli­ci­ter ait ‘si quid sub­trac­tum erit, iu­di­cium non da­bo.’ 4‘In eum’, in­quit, ‘qui aleae lu­den­dae cau­sa vim in­tu­le­rit, uti quae­que res erit, anim­ad­ver­tam.’ haec clau­su­la per­ti­net ad anim­ad­ver­sio­nem eius qui con­pu­lit lu­de­re, ut aut mul­ta mul­te­tur aut in lau­tu­mias vel in vin­cu­la pu­bli­ca du­ca­tur:

1Ulp. lib. XXIII. ad Ed. Der Prätor sagt: Wenn Jemand denjenigen, bei dem ein Hasardspiel gespielt worden, geprügelt, oder ihm einen Schaden zugefügt hat, oder zu einer solchen Zeit aus dessen Hause etwas entfremdet worden ist, so werde ich keine Klage ertheilen; wider denjenigen, der des Hasardspiels wegen Gewaltthätigkeit verübt hat, werde ich nach Befinden der Sache es ahnden. 1Wenn die Spieler sich unter einander beraubt haben, so wird die Klage wegen Raubes nicht verweigert werden; denn er [der Prätor] hat nur dem, der die Spieler aufgenommen hat, die Eigenthumsklage versagt, nicht auch den Spielern, wiewohl auch sie als dessen unwürdig erscheinen. 2Ingleichen ist zu bemerken, dass dem Aufnehmer wegen erlittener Prügel oder Schadens keine Klage zugestanden werde, es mag geschehen sein, wo und wann es wolle; ein Diebstahl bleibt aber [nur dann] ungestraft, wenn er im Hause und zu der Zeit, wo das Hasardspiel getrieben ward, auch wenn der Thäter kein Spieler gewesen, begangen worden ist. Dass unter Haus die Wohnung und der Wohnort zu verstehen sei, liegt ausser Zweifel. 3Wenn der Prätor sagt, er werde keine Diebstahlsklage ertheilen, so fragt es sich, ob dies blos auf die Strafklage gehe, oder auch wenn [der Betheiligte] auf Auslieferung klagen, oder die Eigenthumsklage oder Condiction erheben will? Bei Pomponius findet sich berichtet, dass blos die Strafklage verweigert werde; dies halte ich nicht für richtig, denn der Prätor sagt ganz einfach: wenn etwas entfremdet worden ist, so werde ich keine Klage ertheilen. 4Wider den, fährt er fort, der wegen Hasardspieles Gewaltthätigkeiten verübt hat, werde ich es nach Befinden der Umstände ahnden; dieser Satz bezieht sich auf die Bestrafung dessen, der zum Spiel angetrieben hat, um ihn entweder in eine Geldstrafe zu nehmen, oder ihn in ein Strafbehältniss22Lautumiae, s. Noodt Commentar. ad h. l. oder öffentliches Gefängniss abzuführen;

2Pau­lus li­bro no­no de­ci­mo ad edic­tum. so­lent enim qui­dam et co­ge­re ad lu­sum vel ab in­itio vel vic­ti dum re­ti­nent. 1Se­na­tus con­sul­tum ve­tuit in pe­cu­niam lu­de­re, prae­ter­quam si quis cer­tet has­ta vel pi­lo ia­cien­do vel cur­ren­do sa­lien­do luc­tan­do pug­nan­do quod vir­tu­tis cau­sa fiat:

2Paul. lib. XIX. ad Ed. denn Manche pflegen sogar [Andere] zum Spiel entweder von Anfang an zu zwingen, oder wenn sie verloren haben33Voet Commentar. ad h. l. sie festzuhalten. 1Der Senatsbeschluss hat verboten, um Geld zu spielen, ausser wenn Jemand einen Wettkampf mit Speer- oder Lanzenwerfen, oder Laufen, Springen, Ringen und Boxen eingeht, weil es der Ehre wegen geschieht;

3Mar­cia­nus li­bro quin­to re­gu­la­rum. in qui­bus re­bus ex le­ge Ti­tia et Pu­bli­cia et Cor­ne­lia et­iam spon­sio­nem fa­ce­re li­cet: sed ex aliis, ubi pro vir­tu­te cer­ta­men non fit, non li­cet.

3Marcian. lib. V. Regul. in welchen Fällen nach dem Titischen, Publicischen und Cornelischen Gesetze auch Wetten erlaubt sind; in anden, wo der Wettkampf nicht der Ehre wegen geschieht, ist dies verboten.

4Pau­lus li­bro no­no de­ci­mo ad edic­tum. Quod in con­vi­vio ves­cen­di cau­sa po­ni­tur, in eam rem fa­mi­lia lu­de­re per­mit­ti­tur. 1Si ser­vus vel fi­lius fa­mi­lias vic­tus fue­rit, pa­tri vel do­mi­no com­pe­tit re­pe­ti­tio. item si ser­vus ac­ce­pe­rit pe­cu­niam, da­bi­tur in do­mi­num de pe­cu­lio ac­tio, non noxa­lis, quia ex neg­otio ges­to agi­tur: sed non am­plius co­gen­dus est prae­sta­re, quam id quod ex ea re in pe­cu­lio sit. 2Ad­ver­sus pa­ren­tes et pa­tro­nos re­pe­ti­tio eius quod in alea lu­sum est uti­lis ex hoc edic­to dan­da est.

4Paul. lib. XIX. ad Ed. Wegen dessen, was bei einen Gastmahle um verzehrt zu werden aufgesetzt wird, darf das Gesinde spielen. 1Wenn ein Sclav oder ein Familiensohn verloren hat, so darf es der Herr oder Vater zurückfordern. Ingleichen findet, wenn der Sclav Geld empfangen hat, wider den Herrn die Klage wegen des Sonderguts Statt, nicht die Noxalklage, weil aus der Geschäftsführung Klage erhoben wird. Er kann aber nur zur Herausgabe dessen genöthigt werden, was sich davon noch im Sondergute befindet. 2Wider die Eltern und Freilasser ist eine analoge [Klage zur] Zurückforderung dessen, was beim Hasardspiel verloren gegangen ist, aus diesem Edict zu ertheilen.