Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Erstes Buch übersetzt von Sintenis
Dig. I16,
De officio proconsulis et legati
Liber primus
XVI.

De officio proconsulis et legati

(Von der Amtspflicht des Proconsul und des Legaten.)

1Ul­pia­nus li­bro pri­mo dis­pu­ta­tio­num. Pro­con­sul ubi­que qui­dem pro­con­su­la­ria in­sig­nia ha­bet sta­tim at­que ur­bem egres­sus est: po­tes­ta­tem au­tem non ex­er­cet ni­si in ea pro­vin­cia so­la, quae ei de­cre­ta est.

1Ulp. lib. I. Disput. Der Proconsul hat zwar überall, sobald er sich aus der Stadt begiebt, seine Proconsular-Insignien; seine Gewalt aber darf er nur in der ihm überwiesenen Provinz allein ausüben.

2Mar­cia­nus li­bro pri­mo in­sti­tu­tio­num. Om­nes pro­con­su­les sta­tim quam ur­bem egres­si fue­rint ha­bent iu­ris­dic­tio­nem, sed non con­ten­tio­sam, sed vo­lun­ta­riam: ut ec­ce ma­nu­mit­ti apud eos pos­sunt tam li­be­ri quam ser­vi et ad­op­tio­nes fie­ri. 1Apud le­ga­tum ve­ro pro­con­su­lis ne­mo ma­nu­mit­te­re pot­est, quia non ha­bet iu­ris­dic­tio­nem ta­lem.

2Marcian. lib. I. Instit. Jeder Proconsul hat, sobald er sich aus der Stadt begeben hat, die Gerichtsbarkeit, aber keine streitige, sondern blos eine freiwillige, so dass also vor ihnen sowohl Kinder als Sclaven entlassen und Annahmen an Kindes Statt geschehen können. 1Vor dem Legaten des Proconsuls kann aber Niemand freilassen, weil er keine Gerichtsbarkeit dazu hat,

3Ul­pia­nus li­bro vi­cen­si­mo sex­to ad Sa­binum. Nec ad­op­ta­re pot­est: om­ni­no enim non est apud eum le­gis ac­tio.

3Ulp. lib. XXVI. ad Sabin. noch an Kindes Statt annehmen; denn er hat überhaupt keine Gewalt zur Leitung rechtlicher Verhandlungen.

4Idem li­bro pri­mo de of­fi­cio pro­con­su­lis. Ob­ser­va­re au­tem pro­con­su­lem opor­tet, ne in hos­pi­tiis prae­ben­dis one­ret pro­vin­ciam, ut im­pe­ra­tor nos­ter cum pa­tre Au­fi­dio Se­ve­ria­no re­scrip­sit. 1Ne­mo pro­con­su­lum stra­to­res suos ha­be­re pot­est, sed vi­ce eo­rum mi­li­tes mi­nis­te­rio in pro­vin­ciis fun­gun­tur. 2Pro­fi­cis­ci au­tem pro­con­su­lem me­lius qui­dem est si­ne uxo­re: sed et cum uxo­re pot­est, dum­mo­do sciat se­na­tum Cot­ta et Mes­sa­la con­su­li­bus cen­suis­se fu­tu­rum, ut si quid uxo­res eo­rum qui ad of­fi­cia pro­fi­cis­cun­tur de­li­que­rint, ab ip­sis ra­tio et vin­dic­ta ex­iga­tur. 3An­te­quam ve­ro fi­nes pro­vin­ciae de­cre­tae si­bi pro­con­sul in­gres­sus sit, edic­tum de­bet de ad­ven­tu suo mit­te­re con­ti­nens com­men­da­tio­nem ali­quam sui, si qua ei fa­mi­lia­ri­tas sit cum pro­vin­cia­li­bus vel con­iunc­tio, et ma­xi­me ex­cu­san­tis, ne pu­bli­ce vel pri­va­tim oc­cur­rant ei: es­se enim con­gruens, ut unus­quis­que in sua pa­tria eum ex­ci­pe­ret. 4Rec­te au­tem et or­di­ne fa­ciet, si edic­tum de­ces­so­ri suo mi­se­rit sig­ni­fi­cet­que, qua die fi­nes sit in­gres­su­rus: ple­rum­que enim in­cer­ta haec et in­opi­na­ta tur­bant pro­vin­cia­les et ac­tus im­pe­diunt. 5In­gres­sum et­iam hoc eum ob­ser­va­re opor­tet, ut per eam par­tem pro­vin­ciam in­gre­dia­tur, per quam in­gre­di mo­ris est, et quas Grae­ci ἐπιδημίας ap­pel­lant si­ve κατάπλουν ob­ser­va­re, in quam pri­mum ci­vi­ta­tem ve­niat vel ap­pli­cet: mag­ni enim fa­cient pro­vin­cia­les ser­va­ri si­bi con­sue­tu­di­nem is­tam et hu­ius­mo­di prae­ro­ga­ti­vas. quae­dam pro­vin­ciae et­iam hoc ha­bent, ut per ma­re in eam pro­vin­ciam pro­con­sul ve­niat, ut Asia, sci­li­cet us­que ad­eo, ut im­pe­ra­tor nos­ter An­to­ni­nus Au­gus­tus ad de­si­de­ria Asia­no­rum re­scrip­sit pro­con­su­li ne­ces­si­ta­tem im­po­si­tam per ma­re Asiam ap­pli­ca­re καὶ τῶν μητροπόλεων Ἔφεσον pri­mam at­tin­ge­re. 6Post haec in­gres­sus pro­vin­ciam man­da­re iu­ris­dic­tio­nem le­ga­to suo de­bet nec hoc an­te fa­ce­re, quam fue­rit pro­vin­ciam in­gres­sus; est enim per­quam ab­sur­dum, an­te­quam ip­se iu­ris­dic­tio­nem nan­cis­ca­tur (nec enim prius ei com­pe­tit, quam in eam pro­vin­ciam ve­ne­rit) alii eam man­da­re, quam non ha­bet. sed si et an­te fe­ce­rit et in­gres­sus pro­vin­ciam in ea­dem vo­lun­ta­te fue­rit, cre­den­dum est vi­de­ri le­ga­tum ha­be­re iu­ris­dic­tio­nem, non ex­in­de ex quo man­da­ta est, sed ex quo pro­vin­ciam pro­con­sul in­gres­sus est.

4Id. lib. I. de off. Procons. Der Proconsul hat darauf zu sehen, dass er seine Provinz nicht durch Einquartierung von Truppen beschwere, wie unser Kaiser mit seinem Vater Aufidius Severianus verordnet hat. 1Kein Proconsul darf eine eigene Leibwache halten, sondern es versehen an deren Statt in den Provinzen Soldaten diesen Dienst. 2Es ist zwar besser, dass der Proconsul ohne seine Gattin [in seine Provinz] reise, doch kann er sie auch mitnehmen, nur möge er dann wissen, dass der Senat unter den Consulen Cotta und Messala sich dahin ausgesprochen habe, dass wenn die Gattinnen derer, welche zu ihrem Posten reisen, etwas verbrochen haben, von ihnen selbst Rechenschaft und Ersatz gefordert werde. 3Bevor der Proconsul aber die Grenzen der ihm angewiesenen Provinz betritt, muss er ein Edict über seine Ankunft erlassen, enthaltend eine Art Empfehlung seiner selbst, wenn er etwa mit den Einwohnern der Provinz in Bekanntschaft oder Verbindung steht, besonders aber es ablehnen, dass man ihm öffentlich oder aus eigenem Antrieb entgegenkomme; denn es sei angemessener, dass Jeder ihn in seiner Heimath empfange. 4Der Ordnung nach gehört es sich auch, dass er das Edict seinem Vorgänger mittheile, und ihm anzeige, an welchem Tage er die grenzen betreten werde; denn wenn dies unbestimmt ist, und unerwartet geschieht, so setzt es die Provinzialeinwohner meistens in Unruhe und stört die Beschäftigungen. 5Wenn er nun daselbst eintrifft, so muss er auch darauf Acht haben, dass er durch den Theil in der Provinz anlange, wo dies Sitte ist, und, wie es die Griechen nennen, ἐπιδημίας (die Straße zur Provinz) oder κατάπλουν (die Landung) beobachte, in welche Stadt er zuerst eintreffen, oder wo er landen müsse; denn die Provicialeinwohner machen viel daraus, dass diese Gewohnheit und Vorrechte dieser Art aufrecht erhalten werden. Mehrere Provinzen sind so gelegen, dass der Proconsul in der Provinz zur See ankommt, wie Asien, so dass, wie unser Kaiser Antoninus Augustus auf das Ansuchen der Asianer rescribirte, dem Proconsul die Nothwendigkeit obliegt, zur See nach Asien zu gehen, καὶ τῶν μητροπόλεων Ἔφεσον (und unter den Hauptstädten Ephesus) zuerst zu betreten. 6Eingetroffen in die Provinz muss er darauf seinen Legaten mit der Gerichtsbarkeit beauftragen, darf es aber nicht eher thun, als bis er die Provinz betreten hat. Denn es wäre ganz widersinnig, die Gerichtsbarkeit, ehe er sie selbst überkommen hat (denn sie steht ihm nicht eher zu, als bis er in die Provinz gekommen ist), einem Andern zu übertragen, da er sie selbst [noch] nicht hat; wenn er es aber vorher gethan hat, und angelangt in der Provinz bei seinem Willen beharrt, so ist anzunehmen, dass der Legat die Gerichtsbarkeit nicht [schon] von da an habe, wo er damit beauftragt worden, sondern erst von da an, wo der Proconsul in der Provinz angelangt ist.

5Pa­pi­nia­nus li­bro pri­mo quaes­tio­num. Ali­quan­do man­da­re iu­ris­dic­tio­nem pro­con­sul pot­est, et­si non­dum in pro­vin­ciam per­ve­ne­rit. quid enim si ne­ces­sa­riam mo­ram in iti­ne­re pa­tia­tur, ma­tu­ris­si­me au­tem le­ga­tus in pro­vin­ciam per­ven­tu­rus sit?

5Papin. lib. I. Quaest. Zuweilen kann der Proconsul schon Jemanden mit der Gerichtsbarkeit beauftragen, wenn er auch noch nicht in der Provinz angekommen ist; denn wie, wenn er einen nothwendigen Aufenthalt auf seiner Reise erleidet, der Legat aber viel früher in der Provinz ankommen kann? —

6Ul­pia­nus li­bro pri­mo de of­fi­cio pro­con­su­lis. So­lent et­iam cus­to­dia­rum co­gni­tio­nem man­da­re le­ga­tis, sci­li­cet ut prae­au­di­tas cus­to­dias ad se re­mit­tant, ut in­no­cen­tem ip­se li­be­ret. sed hoc ge­nus man­da­ti ex­tra­or­di­na­rium est: nec enim pot­est quis gla­dii po­tes­ta­tem si­bi da­tam vel cu­ius al­te­rius co­er­ci­tio­nis ad alium trans­fer­re, nec li­be­ran­di igi­tur reos ius, cum ac­cu­sa­ri apud eum non pos­sint. 1Sic­ut au­tem man­da­re iu­ris­dic­tio­nem vel non man­da­re est in ar­bi­trio pro­con­su­lis, ita ad­ime­re man­da­tam iu­ris­dic­tio­nem li­cet qui­dem pro­con­su­li, non au­tem de­bet in­con­sul­to prin­ci­pe hoc fa­ce­re. 2Le­ga­tos non opor­tet prin­ci­pem con­su­le­re, sed pro­con­su­lem suum, et is ad con­sul­ta­tio­nes le­ga­to­rum de­be­bit re­spon­de­re. 3Non ve­ro in to­tum xe­niis abs­ti­ne­re de­be­bit pro­con­sul, sed mo­dum ad­ice­re, ut ne­que mo­ro­se in to­tum abs­ti­neat ne­que ava­re mo­dum xe­nio­rum ex­ce­dat. quam rem di­vus Se­ve­rus et im­pe­ra­tor An­to­ni­nus ele­gan­tis­si­me epis­tu­la sunt mo­de­ra­ti, cu­ius epis­tu­lae ver­ba haec sunt: ‘Quan­tum ad xe­nia per­ti­net, au­di quid sen­ti­mus: ve­tus pro­ver­bium est: οὔτε πάντα οὔτε πάντοτε οὔτε παρὰ πάντων. nam val­de in­hu­ma­num est a ne­mi­ne ac­ci­pe­re, sed pas­sim vi­lis­si­mum est et om­nia ava­ris­si­mum.’ et quod man­da­tis con­ti­ne­tur, ne do­num vel mu­nus ip­se pro­con­sul vel qui in alio of­fi­cio erit ac­ci­piat emat­ve quid ni­si vic­tus cot­ti­dia­ni cau­sa, ad xe­nio­la non per­ti­net, sed ad ea quae edu­lium ex­ce­dant usum. sed nec xe­nia pro­du­cen­da sunt ad mu­ne­rum qua­li­ta­tem.

6Ulp. lib. I. de off. Procons. Gewöhnlich beauftragt er die Legaten auch mit dem Verhör der Verhafteten, so dass sie dieselben nach dem Verhör übergeben, um die Unschuldigen selbst freizusprechen. Diese Art der Beauftragung ist aber eine ausserordentliche; denn Niemand darf die ihm verliehene Gewalt über Leben und Tod, oder irgend einer andern Strafmaassregel, auf einen Andern übertragen, also auch nicht das Recht, die Angeklagten freizusprechen, da sie bei demselben nicht angeklagt werden können. 1Sowie es aber in dem Belieben des Proconsuls beruhet, mit der Gerichtsbarkeit Jemanden zu beauftragen, oder nicht, so steht es ihm zwar auch frei, einen ertheilten Auftrag dieser Art zurückzunehmen, doch darf er es nicht thun, ohne bei dem Kaiser deshalb angefragt zu haben. 2Die Legaten müssen nicht den Kaiser um Rath fragen, sondern ihren Proconsul, und dieser muss auf die Anfragen der Legaten Antwort ertheilen. 3Der Proconsul braucht Geschenke nicht gänzlich auszuschlagen, sondern nur darin Maass zu halten, so dass er sich auf der einen Seite weder mürrischer Weise ganz und gar weigern soll, sie anzunehmen, noch auf der andern, aus Habsucht, in den Geschenken alles Maas überschreiten darf. Der Kaiser Severus und der Kaiser Antonin haben sich in einem Schreiben hierüber vortrefflich ausgesprochen; die Worte dieses Schreiben lauten so: Was Geschenke betrifft, so höre, wie Wir darüber denken. Es ist ein altes Sprichwort: οὔτε πάντα οὔτε πάντοτε οὔτε παρὰ πάντων (weder alles, noch zu jeder Zeit, noch von allen); denn es ist sehr abstossend, von Niemand etwas annehmen zu wollen, aber schlecht, ohne Auswahl, und habsüchtig, alles zu nehmen. Wenn es nun in den Verhaltungsbefehlen heisst, dass der Proconsul selbst, oder wer in einem [öffentlichen] Amt stehe, keine Gabe oder Geschenk annehmen und nichts kaufen solle, als zum täglichen Bedarf an Nahrungsmitteln, so erstreckt sich dies doch nicht auf unbedeutende Geschenke, sondern auf solche, welche die Bestimmung, zur Speise zu dienen, überschreiten. Solche unbedeutende Geschenke kann man auch gar nicht zu der Eigenschaft von [eigentlichen] Geschenken emporheben.

7Idem li­bro se­cun­do de of­fi­cio pro­con­su­lis. Si in aliam quam ce­le­brem ci­vi­ta­tem vel pro­vin­ciae ca­put ad­ve­ne­rit, pa­ti de­bet com­men­da­ri si­bi ci­vi­ta­tem lau­des­que suas non gra­va­te au­di­re, cum ho­no­ri suo pro­vin­cia­les id vin­di­cent: et fe­rias se­cun­dum mo­res et con­sue­tu­di­nem quae re­tro op­ti­nuit da­re. 1Ae­des sa­cras et ope­ra pu­bli­ca cir­cum­ire in­spi­cien­di gra­tia, an sar­ta tec­ta­que sint vel an ali­qua re­fec­tio­ne ind­igeant, et si qua coep­ta sunt ut con­sum­men­tur, pro­ut vi­res eius rei pu­bli­cae per­mit­tunt, cu­ra­re de­bet cu­ra­to­res­que ope­rum di­li­gen­tes sol­lem­ni­ter prae­po­ne­re, mi­nis­te­ria quo­que mi­li­ta­ria, si opus fue­rit, ad cu­ra­to­res ad­iu­van­dos da­re. 2Cum ple­nis­si­mam au­tem iu­ris­dic­tio­nem pro­con­sul ha­beat, om­nium par­tes, qui Ro­mae vel qua­si ma­gis­tra­tus vel ex­tra or­di­nem ius di­cunt, ad ip­sum per­ti­nent:

7Id. lib. II. de off. Procons. Wenn er in eine unbedeutendere Stadt kommt, so muss er gestatten, dass ihm dieselbe empfohlen werde, und ohne Unwillen sein Lob mit anhören, indem die Provincialeinwohner hierauf als eine Ehre Anspruch mache, und nach der Sitte und dem früher Statt gefundenen Gebrauch Ferien [der Gerichtspflege] gestatten. 1Er muss die heiligen Gebäude und öffentlichen Anstalten besuchen, um sie zu besichtigen, ob sie in Dach und Fach sind, oder einer Ausbesserung bedürfen, und wenn etwas begonnen worden, dafür Sorge tragen, dass es vollendet werde, je nachdem es die Kräfte des Gemeinwesens gestatten, fleissige Aufseher der Bauten feierlich bestellen, auch den Aufsehern, wenn es nöthig ist, Militärbeamten zur Unterstützung zuordnen. 2Da auch der Proconsul eine ganz vollständige Gerichtsbarkeit hat, so liegen ihm die Pflichten aller, welche zu Rom entweder als Staatsbeamten oder ausserordentlich Recht sprechen, [zugleich und allein] ob.

8Idem li­bro tri­gen­si­mo no­no ad edic­tum. et id­eo ma­ius im­pe­rium in ea pro­vin­cia ha­bet om­ni­bus post prin­ci­pem.

8Id. lib. XXXIX. ad Ed. Er hat daher in den Provinzen eine grössere Gewalt, als alle [Beamten] nach dem Kaiser.

9Idem li­bro pri­mo de of­fi­cio pro­con­su­lis. Nec quic­quam est in pro­vin­cia, quod non per ip­sum ex­pe­dia­tur. sa­ne si fis­ca­lis pe­cu­nia­ria cau­sa sit, quae ad pro­cu­ra­to­rem prin­ci­pis re­spi­cit, me­lius fe­ce­rit, si abs­ti­neat. 1Ubi de­cre­tum ne­ces­sa­rium est, per li­bel­lum id ex­pe­di­re pro­con­sul non pot­erit: om­nia enim, quae­cum­que cau­sae co­gni­tio­nem de­si­de­rant, per li­bel­lum non pos­sunt ex­pe­di­ri. 2Cir­ca ad­vo­ca­tos pa­tien­tem es­se pro­con­su­lem opor­tet, sed cum in­ge­nio, ne con­temp­ti­bi­lis vi­dea­tur, nec ad­eo dis­si­mu­la­re, si quos cau­sa­rum con­cin­na­to­res vel red­emp­to­res de­pre­hen­dat11Die Großausgabe liest de­prae­hen­dat statt de­pre­hen­dat., eos­que so­los pa­ti pos­tu­la­re, qui­bus per edic­tum eius pos­tu­la­re per­mit­ti­tur. 3De pla­no au­tem pro­con­sul pot­est ex­pe­di­re haec: ut ob­se­quium pa­ren­ti­bus et pa­tro­nis li­be­ris­que pa­tro­no­rum ex­hi­be­ri iu­beat: com­mi­na­ri et­iam et ter­re­re fi­lium a pa­tre ob­la­tum, qui non ut opor­tet con­ver­sa­ri di­ca­tur, pot­erit de pla­no: si­mi­li­ter et li­ber­tum non ob­se­quen­tem emen­da­re aut ver­bis aut fus­tium cas­ti­ga­tio­ne. 4Ob­ser­va­re ita­que eum opor­tet, ut sit or­do ali­quis pos­tu­la­tio­num, sci­li­cet ut om­nium de­si­de­ria au­dian­tur, ne for­te dum ho­no­ri pos­tu­lan­tium da­tur vel im­pro­bi­ta­ti ce­di­tur, me­dio­cres de­si­de­ria sua non pro­fe­rant, qui aut om­ni­no non ad­hi­bue­runt, aut mi­nus fre­quen­tes ne­que in ali­qua dig­ni­ta­te po­si­tos ad­vo­ca­tos si­bi pro­spe­xe­runt. 5Ad­vo­ca­tos quo­que pe­ten­ti­bus de­be­bit in­dul­ge­re ple­rum­que: fe­mi­nis vel pu­pil­lis vel alias de­bi­li­bus vel his, qui suae men­tis non sunt, si quis eis pe­tat: vel si ne­mo sit qui pe­tat, ul­tro eis da­re de­be­bit. sed si qui per po­ten­tiam ad­ver­sa­rii non in­ve­ni­re se ad­vo­ca­tum di­cat, ae­que opor­te­bit ei ad­vo­ca­tum da­re. ce­te­rum op­pri­mi22Die Großausgabe liest opri­mi statt op­pri­mi. ali­quem per ad­ver­sa­rii sui po­ten­tiam non opor­tet: hoc enim et­iam ad in­vi­diam eius qui pro­vin­ciae prae­est spec­tat, si quis tam im­po­ten­ter se ge­rat, ut om­nes me­tuant ad­ver­sus eum ad­vo­ca­tio­nem sus­ci­pe­re. 6Quae et­iam om­nium prae­si­dum com­mu­nia sunt et de­bent et ab his ob­ser­va­ri.

9Id. lib. I. de off. Procons. Es ist überhaupt nichts in der Provinz, was nicht durch ihn besorgt wird. Wenn es jedoch eine fiscalische Geldangelegenheit ist, welche dem Procurator des Kaisers zukommt, so thut er besser, sich derselben nicht zu unterziehen. 1Wo ein Decret nöthig ist, da kann der Proconsul dies nicht durch einfache Anordnung abthun; denn alles, was eine Erörterung und Entscheidung der Sache erfordert, kann durch eine einfache Anordnung nicht besorgt werden. 2Gegen die Advocaten muss der Proconsul gefällig sein, aber mit Vorsicht, damit er ihnen nicht verächtlich erscheine; auch darf er ihnen nicht durch die Finger sehen, wenn er welche als Aufhetzer oder Aufkäufer von Processen ertappt, und nur solche zum Handeln vor Gericht zulassen, denen dies durch sein Edict gestattet worden ist. 3Ueberall und auf der Stelle kann aber der Prconsul folgende Angelegenheiten beseitigen: [den Kindern und Freigelassenen] anbefehlen, den Eltern und Freilassern und Kindern der Freilasser Folgsamkeit zu leisten; auch Söhne, welche sich schlecht aufführen und von ihren Vätern vorgeführt werden, bedrohen und sie in Furcht setzen; ebenso kann er auch überall und auf der Stelle und auf der Stelle unfolgsame Freigelassene mit Worten ermahnen, oder sie ausprügeln lassen. 4Er muss daher darauf achten, dass bei allen Verhandlungen vor Gericht Ordnung herrsche, und dass eines Jeden Antrag gehört werde, damit nicht, während in Rücksicht auf den Rang derer, welche Anträge gemacht haben, denselben gefügt, oder Unredlichkeiten zugelassen werden, das Verlangen der Armen überhört werde, welche entweder gar keine Advocaten angenommen haben, oder weniger thätige11Frequens. s. Brisson h. v., und solche, die keine Würde weiter bekleiden. 5Auch muss er denen, die darum bitten, Advocaten bestellen, besonders Frauen und Unmündigen, oder anderen hülflosen Personen, oder solchen, die ihres Verstandes nicht mächtig sind, wenn Jemand für diese sie [deshalb] ersucht, oder wenn Niemand vorhanden ist, der darauf anträgt, von selbst ihnen solche zuordnen. Wenn aber Jemand behauptet, dass er wegen des grossen Einflusses seines Gegners keinen Advocaten finden könne, so muss er ihm ebenfalls einen Advocaten bestellen. Uebrigens darf Niemand durch den grossen Einfluss seines Gegners unterdrückt werden; denn das gereicht auch dem Vorsteher der Provinz zum schlechten Ruhm, wenn sich Jemand so hochmüthig beträgt, dass Jeder fürchtet, gegen ihn eine Advocatur zu übernehmen. 6Dies alles gilt auch in Ansehung der Präsidenten, und muss von denselben ebenfalls beobachtet werden.

10Idem li­bro de­ci­mo de of­fi­cio pro­con­su­lis. Me­mi­nis­se opor­te­bit us­que ad ad­ven­tum suc­ces­so­ris om­nia de­be­re pro­con­su­lem age­re, cum sit unus pro­con­su­la­tus et uti­li­tas pro­vin­ciae ex­igat es­se ali­quem, per quem neg­otia sua pro­vin­cia­les ex­pli­cent: er­go in ad­ven­tum suc­ces­so­ris de­be­bit ius di­ce­re. 1Le­ga­tum suum ne an­te se de pro­vin­cia di­mit­tat, et le­ge Iu­lia re­pe­tun­da­rum et re­scrip­to di­vi Ha­d­ria­ni ad Cal­pur­nium Ru­fum pro­con­su­lem Achaiae ad­mo­ne­tur.

10Id. lib. X. de off. Procons. Man erinnere sich, dass der Proconsul bis zur Ankunft seines Nachfolgers alles besorgen müsse, da nur ein Proconsulat vorhanden ist, und die Wohlfahrt der Provinz erfordert, dass Jemand da sei, durch den die Provincialeinwohner ihre Angelegenheiten leiten lassen; er muss daher die Gerichtsverwaltung bis zur Ankunft seines Nachfolgers besorgen. 1Dass er seinen Legaten nicht vor seiner Abreise aus der Provinz entlassen solle, ist ihm sowohl durch das Julische Gesetz, wegen Bestechungen, als durch ein Rescript des Kaisers Hadrian an den Calpurnius Rufus, den Proconsul von Achaia, anempfohlen worden.

11Ve­nu­leius Sa­tur­ni­nus li­bro se­cun­do de of­fi­cio pro­con­su­lis. Si quid erit quod ma­io­rem anim­ad­ver­sio­nem ex­igat, re­ice­re le­ga­tus apud pro­con­su­lem de­bet: ne­que enim anim­ad­ver­ten­di co­er­cen­di vel atro­ci­ter ver­be­ran­di ius ha­bet.

11Venuleius Saturnin. lib. II. de off. Procons. Wenn etwas einer strengern Ahndung bedarf, so muss es der Legat an den Proconsul verweisen, denn er hat kein Recht zu strafen, einstecken oder ausprügeln zu lassen.

12Pau­lus li­bro se­cun­do ad edic­tum. Le­ga­tus man­da­ta si­bi iu­ris­dic­tio­ne iu­di­cis dan­di ius ha­bet.

12Paul. lib. II. ad Ed. Vermöge der ihm aufgetragenen Gerichtsbarkeit hat der Legat das Recht, einen Richter zu bestellen.

13Pom­po­nius li­bro de­ci­mo ad Quin­tum Mu­cium. Le­ga­ti pro­con­su­lis ni­hil pro­prium ha­bent, ni­si a pro­con­su­le eis man­da­ta fue­rit iu­ris­dic­tio.

13Pompon. lib. X. ad Quint. Muc. Der Legat des Proconsuls kann im eigenen Namen nichts thun, wenn ihm der Proconsul die Gerichtsbarkeit nicht übertragen hat22Leg. Proc. nihil proprium habent, nisi a Proc. iis mand fuerit jurdcto. Es ist eine wahre Curiosität, bei Glück III. p. 291. n. 87. zu lesen, wie sich viele Civilisten mit dem Verständniss dieses Gesetzes angestrengt haben, besonders um den grossen Cujaz (Obs. VII. 21.) zu widerlegen, dessen Meinung Glück eine irrige nennt, während die von ihm, mit Hotoman und Perenonius, als die richtige anerkannte Erklärung wörtlich die Cujazische ist. Denn wenn Cujaz l. l. sagt: legatus procons. nihil proprium habet, antequam a proconsule ei mandata sit jurisdictio, und nachher: sed legatus proc. eam (jurisdctm.) habet suo jure, licet non ante quam sit ei m. j. und Glück erwidert: es sei richtiger, die Stelle so zu verstehen, dass der Legat dasjenige, was ihm aus eigenem Recht gebührte, anders nicht habe ausüben können, als wenn ihm der Proconsul die Jurisdiction aufgetragen hatte, so kann ich hierin nur ein Idem per Idem finden, so stark wie es nur sein kann. — Donellus war auf dem selben Wege, wie Cujacius, (s. dessen Commentarien B. XVII. C. X. Ed. Nürnberg. T. XI. p. 94) und liess sich blos durch eine falsche Erklärung des proprium habere auf den Abweg leiten..

14Ul­pia­nus li­bro vi­cen­si­mo ad le­gem Iu­liam et Pa­piam. Pro­con­su­les non am­plius quam sex fas­ci­bus utun­tur.

14Ulp. lib. XX. ad leg. Jul. et Pap. Die Proconsulen haben nur sechs Fasces.

15Li­cin­nius Ru­fi­nus li­bro ter­tio re­gu­la­rum. Et le­ga­ti pro­con­su­lum tu­to­res da­re pos­sunt.

15Licin. Rufin. lib. III. Regul. Auch die Legaten der Consulen können Vormünder bestellen.

16Ul­pia­nus li­bro se­cun­do ad edic­tum. Pro­con­sul por­tam Ro­mae in­gres­sus de­po­nit im­pe­rium.

16Ulp. lib. II. ad Ed. Sobald der Proconsul das Thor zu Rom betritt, legt er seine Gewalt nieder.