Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Neuntes Buch übersetzt von Sintenis
Dig. IX4,
De noxalibus actionibus
Liber nonus
IV.

De noxalibus actionibus

(Von den Noxalklagen.)

1Gaius libro secundo ad edictum provinciale. Noxales actiones appellantur, quae non ex contractu, sed ex noxa atque maleficio servorum adversus nos instituuntur: quarum actionum vis et potestas haec est, ut, si damnati fuerimus, liceat nobis deditione ipsius corporis quod deliquerit evitare litis aestimationem.
1Gaj. lib. II. ad Ed. prov. Noxalklagen heissen diejenigen Klagen, welche aus keinem Contracte, sondern aus einer Noxa11Noxa hat drei Bedeutungen: (s. Brisson. k. v.) 1) den Schaden, den ein Sclav angerichtet hat; 2) das Vergehen, woraus der Schaden entstanden ist, in welcher Bedeutung es meist mit committere construirt wird; 3) die Strafe dafür, in welcher letzten Bedeutung: Auslieferung an Schädens Statt, dem Sinn entspricht. und Uebelthat [unserer] Sclaven wider uns angestellt werden. Der Erfolg und die Wirkung dieser Klagen ist die, dass, wenn wir verurtheilt worden sind, uns freisteht, der Streitwürderung durch Auslieferung des Sclaven selbst, der Etwas begangen hat, zu entgehen.
2Ulpianus libro octavo decimo ad edictum. Si servus sciente domino occidit, in solidum dominum obligat, ipse enim videtur dominus occidisse: si autem insciente, noxalis est, nec enim debuit ex maleficio servi in plus teneri, quam ut noxae eum dedat. 1Is qui non prohibuit, sive dominus manet sive desiit esse dominus, hac actione tenetur: sufficit enim, si eo tempore dominus, quo non prohibeat, fuit, in tantum, ut Celsus putet, si fuerit alienatus servus in totum vel in partem vel manumissus, noxam caput non sequi: nam servum nihil deliquisse, qui domino iubenti obtemperavit. et sane si iussit, potest hoc dici: si autem non prohibuit, quemadmodum factum servi excusabimus? Celsus tamen differentiam facit inter legem Aquiliam et legem duodecim tabularum: nam in lege antiqua, si servus sciente domino furtum fecit vel aliam noxam commisit, servi nomine actio est noxalis nec dominus suo nomine tenetur, at in lege Aquilia, inquit, dominus suo nomine tenetur, non servi. utriusque legis reddit rationem, duodecim tabularum, quasi voluerit servos dominis in hac re non obtemperare, Aquiliae, quasi ignoverit servo, qui domino paruit, periturus si non fecisset. sed si placeat, quod Iulianus libro octagensimo sexto scribit ‘si servus furtum faxit noxiamve nocuit’ etiam ad posteriores leges pertinere, poterit dici etiam servi nomine cum domino agi posse noxali iudicio, ut quod detur Aquilia adversus dominum, non servum excuset, sed dominum oneret. nos autem secundum Iulianum probavimus, quae sententia habet rationem et a Marcello apud Iulianum probatur.
2Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Hat ein Sclav mit Vorwissen seines Herrn einen Mord begangen, so verpflichtet er seinen Herrn auf das Ganze, denn es wird dann angenommen, als habe der Herr den Mord selbst begangen; geschah es ohne sein Wissen, so findet die Noxalklage Statt, denn er darf aus der Uebelthat des Sclaven nicht zu mehr verpflichtet werden, als ihn an Schädens Statt auszuliefern. 1Durch diese Klage haftet derjenige, welcher [dem Sclaven] kein Hinderniss entgegengesetzt hat, er mag Herr geblieben oder aufgehört haben, es zu sein; denn es ist hinreichend, dass er zu der Zeit Herr war, wo er ihn nicht verhindert hat; ja, Celsus ist der Ansicht, dass sogar, wenn der Sclav ganz oder zum Theil veräussert oder freigelassen worden sei, die Noxa demselben nicht folge; denn der Sclav habe nichts verbrochen, sobald er dem Befehle seines Herrn Folge geleistet hat. Und man kann dies allerdings sagen, sobald er es befohlen hat; wie will man aber, wenn er es nicht verhindert hat, die That des Sclaven entschuldigen? — Celsus macht hier einen Unterschied zwischen dem Aquilischen und dem Zwölftafelgesetz; nach dem alten Gesetz findet, wenn der Sclav mit Vorwissen seines Herrn gestohlen oder eine andere Noxa begangen hat, die Noxalklage des Sclaven wegen Statt; seiner selbst wegen haftet der Herr nicht; zufolge des Aquilischen Gesetzes hingegen haftet der Herr seiner selbst, und nicht des Sclaven wegen. Den Grund beider Gesetze gibt er [dahin] an, als habe das Zwölftafelgesetz bezweckt, dass die Sclaven in diesem Fall ihren Herrn keinen Gehorsam leisten sollen, den des Aquilischen Gesetzes aber, als verzeihe es dem Sclaven, der seinem Herrn gehorcht hat, indem er bestraft werden würde22Periturus; die Interpunction in unserem Text, das Komma hinter periturus, ist weniger gut, als die der Göttinger C. J. Ausgabe, welche es vorstellt., wenn er es nicht thäte. Wenn es aber richtiger scheint, was Julian im 86. Buche schreibt, dass, wenn ein Sclav gestohlen oder [sonst] eine Uebelthat begangen hat, die letzteren Gesetze33Ad posteriores leges pertinere; s. Brisson. h. v. Die Glosse drückt sich ziemlich unverständlich folgendermaassen aus: qualiter ad l. posteriorem pertinet? Resp. lex XII. Tab. antiquior est, Aquilia posterior; in l. enim XII. Tab. continebatur, ut dominus non teneretur, at lex Aquilia dominum teneri voluit: lex ergo antiqua pertinet ad posteriorem, quia dominus, qui jussit furtum fieri vel rapinam, tenebitur. Sed et lex Aquilia pertinet ad priorem, sc. ad leg. XII. Tab., quia potest agi noxali etc. sich hierauf auch erstrecken, so kann man auch sagen, dass die Noxalklage wider den Herrn des Sclaven wegen erhoben werden könne, so dass, wenn die Aquilie wider den Herrn ertheilt wird, sie zwar den Sclaven nicht entschuldigt, aber den Herrn auch beschwert. Wir treten dem Julian bei; seine Ansicht ist wohl begründet; und wird auch vom Marcell bei Julian gebilligt.
3Idem libro tertio ad edictum. In omnibus noxalibus actionibus, ubicumque scientia exigitur domini, sic accipienda est, si, cum prohibere posset, non prohibuit: aliud est enim auctorem esse servo delinquenti, aliud pati delinquere.
3Idem lib. III. ad Ed. Bei allen Noxalklagen, wo Wissenschaft des Herrn erfordert wird, ist diese so zu verstehen, dass er [die That] nicht verhindert hat, wiewohl er [sie] verhindern konnte. Denn es ist ein Unterschied, dem Sclaven die Veranlassung zum Verbrechen zu geben, und dasselbe geschehen lassen.
4Paulus libro tertio ad edictum. In delictis servorum scientia domini quemadmodum accipienda est? utrum cum consilio? an et si viderit tantum, quamvis prohibere non potuerit? quid enim si ad libertatem proclamans domino sciente faciat aut qui contemnat dominum? vel cum trans flumen sit servus, vidente quidem, sed invito domino noxiam noceat? rectius itaque dicitur scientiam eius accipiendam, qui prohibere potest: et hoc in toto edicto intellegendum est circa scientiae verbum. 1Si extraneus servus sciente me fecerit eumque redemero, noxalis actio in me dabitur, quia non videtur domino sciente fecisse, cum eo tempore dominus non fuerim. 2Cum dominus ob scientiam teneatur, an servi quoque nomine danda sit actio, videndum est: nisi forte praetor unam poenam a domino exigi voluit. ergo dolus servi impunitus erit? quod est iniquum: immo utroque modo dominus tenebitur, una autem poena exacta, quam actor elegerit, altera tollitur. 3Si detracta noxae deditione quasi cum conscio domino actum sit, qui non erat conscius: absolutione facta et finito iudicio amplius agendo cum noxae deditione exceptione rei iudicatae summovebitur, quia res in superius iudicium deducta et finita est. donec autem prius iudicium agitatur, licentia agenti est, si eum de scientia domini arguenda paeniteat, tunc ad noxalem causam transire. contra quoque si cum eo qui scit cum noxae deditione actum sit, amplius in dominum detracta noxae deditione danda actio non est: in ipso autem iudicio si voluerit et scientiam domini arguere, non est prohibendus.
4Paul. lib. III. ad Ed. Wie ist die Wissenschaft des Herrn in Betreff der Verbrechen der Sclaven zu verstehen? Ist der Rath dazu [erforderlich,] oder [genügt es], wenn er es blos mit angesehen, wiewohl es nicht hat verhindern können? Denn wie, wenn es [ein Sclav], der sich darauf beruft, dass er frei sei, mit Vorwissen des Herrn begeht? Oder der seinen Herrn verachtet? Oder wenn sich der Sclav jenseits eines Flusses befindet, und zwar im Angesicht seines Herrn, aber wider dessen Willen, eine Uebelthat begeht? — Richtiger versteht man Wissenschaft daher nur von dem, der [die That] verhindern kann; und so ist das Wort Wissenschaft im ganzen Edict zu verstehen. 1Wenn ein fremder Sclav etwas mit meinem Wissen gethan hat, und ich denselben erkauft habe, so wird die Noxalklage wider mich ertheilt werden, weil man nicht annehmen kann, dass er es mit Vorwissen seines Herrn gethan habe, da ich zu der Zeit nicht sein Herr war. 2Wenn nun der Herr wegen seiner Wissenschaft haften muss, so fragt es sich, ob die Klage auch des Sclaven wegen zu ertheilen sei, und ob nicht der Prätor blos eine Strafe vom Herrn hat eintreiben wollen; wird also die Arglist des Sclaven straflos ausgehen? Dies wäre unbillig, es wird vielmehr der Herr auf beide Weise verbindlich; allein wenn die eine Strafe je nach der Wahl des Klägers eingetrieben worden ist, so fällt die andere weg. 3Wenn, ohne Auslieferung an Schädens Statt zu verlangen44Detracta noxae deditione, eigentlich: mit absichtlicher Nichtberücksichtigung; dieser Ausdruck hat den Umständen nach verschieden übersetzt werden müssen., wider den Herrn als Mitwisser Klage erhoben worden ist, der nicht Mitwisser war, so kann [der Kläger], wenn er nach geschehener Freisprechung und geendigtem Verfahren von Neuem auf Auslieferung an Schädens Statt Klage erheben will, mit der Einrede der rechtlich entschiedenen Sache abgewehrt werden, weil die Sache schon im vorigen Verfahren zur Erörterung gebracht und beendigt worden ist. So lange aber das erstere Verfahren noch im Gange ist, steht dem Kläger frei, wenn es ihm leid werden sollte, den Herrn der Mitwissenschaft beschuldigt zu haben, zur Noxalklage überzugehen. Auch wenn umgekehrt wider den Herrn, der davon gewusst hat, die Klage auf Auslieferung an Schädens Statt geführt worden ist, darf [nachher] wider denselben keine Klage, welche die Ausliefe rung an Schädens Statt abschnitte, weiter ertheilt werden. Will er ihn aber noch während des Verfahrens selbst der Mitwissenschaft beschuldigen, so steht ihm nichts im Wege.
5Ulpianus libro tertio ad edictum. Si plurium servus deliquerit omnibus ignorantibus, noxale iudicium in quemvis dabitur: sed si omnibus scientibus, quivis eorum tenebitur detracta noxae deditione, quemadmodum si plures deliquissent, nec altero convento alter liberabitur: sed si alter scit, alter ignoravit, qui scit detracta noxae deditione convenitur, qui nescit, cum noxae deditione. 1Differentia autem harum actionum non solum illa est, quod qui scit in solidum tenetur, verum illa quoque, quod, sive alienaverit servum qui scit sive manumiserit sive decesserit servus, dominus tenetur: sed si ipse dominus decesserit, heres eius non tenetur.
5Ulp. lib. III. ad Ed. Wenn ein Mehreren gehöriger Sclav ohne Wissen eines Einzigen etwas verbrochen hat, so wird die Noxalklage wider jeden derselben ertheilt; wenn aber mit Vorwissen Aller, so haftet ein jeder, während die Auslieferung an Schädens Statt wegfällt, wie wenn Mehrere etwas verbrochen haben, und es wird der Eine dadurch nicht frei, dass der Andere belangt worden ist. Wenn aber der Eine davon weiss, und der Andere nicht, so kann der Erstere, ohne Rücksicht auf die Auslieferung an Schädens Statt, belangt werden, der Letztere aber nur mit Rücksicht auf Auslieferung an Schädens Statt. 1Der Unterschied dieser Klagen besteht aber nicht blos darin, dass derjenige, welcher davon weiss, auf das Ganze [des angerichteten Schadens] haftet, sondern auch darin, dass derjenige Herr, mit dessen Wissen es geschehen ist, [selbst dann] haftet, wenn er den Sclaven verkauft oder freigelassen hat, oder dieser selbst gestorben ist. Wenn der Herr aber selbst gestorben ist, so haftet sein Erbe nicht;
6Idem libro octavo decimo ad edictum. Sed et ipse servus manumissus tenetur.
6Idem lib. XVIII. ad Ed. doch haftet der Sclav, wenn er freigelassen worden ist, auch selbst.
7Idem libro tertio ad edictum. Noxalis autem non alias datur, nisi apud me sit servus: et si apud me sit, licet eo tempore non fuit, quo delinquebat, teneor, et heres meus tenetur, si noxius vivat. 1Pomponius ait, si emptor servi noxali conventus sit, venditorem, quo sciente factum est, conveniri iam non posse.
7Idem lib. III. ad Ed. Die Noxalklage wird [wider mich] nur dann ertheilt, wenn der Sclav sich bei mir befindet; wenn er aber bei mir ist, so hafte ich auch dann, wenn er zu der Zeit, wo er die Uebelthat beging, nicht bei mir war, und mein Erbe haftet so lange der Schadensstifter lebt. 1Pomponius sagt, wenn der Käufer des Sclaven mit der Noxalklage in Anspruch genommen worden ist, so könne der Verkäufer, mit dessen Wissen [der Schaden angerichtet] worden ist, nicht weiter angegriffen werden.
8Idem libro trigensimo septimo ad edictum. Si servus communis furtum fecerit, quivis ex dominis in solidum noxali iudicio tenetur: eoque iure utimur. sed non alias poterit is qui conventus est evadere litis aestimationem, nisi in solidum noxae dederit servum, nec ferendus est, si partem dedere fuerit paratus. plane si propter hoc, quod socii dedere parati non fuerint, in solidum fuerit condemnatus, communi dividundo vel familiae erciscundae iudicio adversus eos experietur. ante noxale sane iudicium acceptum poterit sua parte cedendo securitatem consequi, ne necesse habeat suscipere iudicium: quamquam quis possit dicere evenire, ut, dum pars eive data amittat actionem: dominus enim pro parte factus non potest cum socio noxali experiri. fortassis nec communi dividundo agere possit eius maleficii nomine, quod ante communionem admissum est: quod si non potest, evidenti iniuria adficietur. sed melius est dicere, competere ei communi dividundo iudicium.
8Idem lib. XXXVII. ad Ed. Wenn ein Mehreren gehöriger Sclav einen Diebstahl begangen hat, so haftet jeder seiner Herren durch die Noxalklage auf das Ganze; dies ist Rechtens. Der in Anspruch genommene kann aber der Streitwürderung nur dadurch entgehen, wenn er den Sclaven ganz an Schädens Statt ausliefert, und er wird nicht gehört werden, wenn er auch seinen Antheil abzutreten bereit ist. Ist er aber deswegen, dass seine Mitgenossen sich nicht zur Auslieferung verstanden haben, auf das Ganze verurtheilt worden, so kann er gegen dieselben die Gemeinguts- oder Erbtheilungsklage erheben. So lange er sich auf die Noxalklage noch nicht eingelassen hat, kann er sich durch die Abtretung seines Antheils sicher stellen, um nicht zur Einlassung auf dieselbe genöthigt zu sein, wiewohl man auf der andern Seite behaupten kann, dass wenn dem[jenigen, der den Schaden erlitten hat,] ein Antheil abgetreten werde, er dadurch die Klage verliere; denn sobald er zum Theil Herr geworden ist, kann er nicht wider seinen Mitgenossen die Noxalklage erheben, — ja er dürfte wohl gar nicht einmal die Gemeingutstheilungsklage wegen einer solchen Uebelthat erheben dürfen, die vor [dem Anfang] der Gemeinschaft begangen worden ist —; allein wenn ihm dies nicht freistände, so würde er offenbar zu kurz kommen; darum ist es richtiger, anzunehmen, dass ihm die Gemeingutstheilungsklage zustehe.
9Paulus libro trigensimo nono ad edictum. Si communis familia vel communis servus furtum fecerit altero ex dominis sciente, is qui scit omnium nomine tenebitur et conventus alterum quoque liberat nec a socio quicquam debebit consequi: sui enim facti nomine poenam meruit. quod si is qui ignoravit duplum praestiterit, a socio simplum consequetur.
9Paul. lib. XXXIX. ad Ed. Wenn ein Mehreren gehöriges Gesinde oder ein Mehreren gehöriger Sclav, mit Vorwissen eines der Herren gestohlen hat, so haftet derselbe im Namen aller, und befreiet, wenn er belangt worden ist, den andern mit, kann auch von seinen Mitgenossen keinen Ersatz verlangen; denn er hat wegen seiner eigenen That die Strafe verdient. Wenn aber derjenige, ohne dessen Vorwissen es geschah, den doppelten Betrag hat erlegen müssen, so wird er von seinem Mitgenossen den einfachen wiedererlangen.
10Idem libro vicensimo secundo ad edictum. Sed et eo nomine agere cum socio poterit, quod servum communem deteriorem fecit, quemadmodum cum quolibet alio, qui rem communem deteriorem fecisset. ceterum si nihil praeterea post noxae deditionem commune habebit, pro socio vel, si socii non fuerunt, in factum agi poterit.
10Idem lib. XXII. ad Ed. Man kann aber auch aus dem Grunde wider den Mitgenossen klagen, dass er den gemeinschaftlichen Sclaven schlechter gemacht hat, ebensowohl wie wider jeden Andern, der eine gemeinschaftliche Sache schlechter gemacht hat. Sollte er übrigens nach der Auslieferung an Schädens Statt ausserdem nichts weiter mit uns gemeinschaftlich haben, so kann die Gesellschaftsklage, oder wenu wir in keiner Gesellschaft gestanden, die auf das Geschehene erhoben werden.
11Ulpianus libro septimo ad edictum. Bona fide servi possessor eius nomine furti actione tenebitur, dominus non tenetur. sed noxae dedendo non facit quidem actoris: cum autem coeperit istum servum dominus vindicare, doli exceptione summovebitur vel officio iudicis consequetur, ut indemnis maneat.
11Ulp. lib. VII. ad Ed. Der Besitzer eines Sclaven im guten Glauben haftet wegen desselben durch die Diebstahlsklage; der Eigenthümer desselben aber nicht; allein durch die Auslieferung an Schädens Statt macht er ihn nicht dem Kläger zu eigen. Wenn aber der Herr jenes Sclaven wegen desselben die Eigenthumsklage erheben sollte, so wird er durch die Einrede der Arglist abgewehrt werden, oder [der Beklagte] Schadloshaltung durch die richterliche Amtspflicht erhalten.
12Paulus libro sexto ad edictum. Si bona fide possessor eum servum, quem bona fide possidebat, dimiserit, ne agi cum eo ex noxali causa possit, obligari eum actione, quae datur adversus eos, qui servum in potestate habeant aut dolo fecerint, quo minus haberent, quia per hoc adhuc possidere videntur.
12Paul. lib. VI. ad Ed. Wenn der Besitzer im guten Glauben den Sclaven, welchen er im guten Glauben besass, entlassen hat, um nicht mit der Noxalklage in Anspruch genommen zu werden, so wird er durch die Klage gehalten, welche wider diejenigen ertheilt wird, die einen Sclaven in der Gewalt haben, oder arglistiger Weise es dahin gebracht haben, dass sie ihn nicht mehr besitzen, weil sie in Folge dessen noch für die Besitzer angesehen werden.
13Gaius libro tertio decimo ad edictum provinciale. Non solum adversus bona fide possessorem, sed etiam adversus eos qui mala fide possident noxalis actio datur: nam et absurdum videtur eos quidem qui bona fide possiderent excipere actionem, praedones vero securos esse.
13Gaj. lib. XIII. ad Ed. prov. Die Noxalklage findet aber nicht blos wider den Besitzer im guten Glauben, sondern auch wider den im bösen Glauben Statt, denn es würde widersinnig sein, dass die Besitzer im guten Glauben sich auf die Klage einlassen, die Räuber aber dagegen sicher sein sollten.
14Ulpianus libro octavo decimo ad edictum. Si quis a multis conveniatur ex noxa eiusdem servi, vel si ab uno, ex pluribus tamen delictis, non necesse habet, quia omnibus dedere non potest, litis aestimationem offerre his, quibus dedere non potest. quid ergo est, si a pluribus conveniatur? si quidem unus occupavit, an melior sit condicio, ut ipsi soli dedatur? an vero vel omnibus dedi debeat vel cavere debeat defensu iri adversus ceteros? et verius est occupantis meliorem esse condicionem. ei itaque dedetur non qui prior egit, sed qui prior ad sententiam pervenit: et ideo ei, qui postea vicerit, actionem denegari iudicati. 1Sed et si statuliber sit et ante deditionem exstiterit condicio vel fideicommissa libertas fuerit ante praestita vel existente condicione legati dominium fuerit translatum, arbitrio iudicis absolvi eum oportet: et officii iudicis hoc quoque erit, ut caveatur ei cui deditur ob evictionem ob suum factum contingentem.
14Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Wer von Vielen aus dem Vergehen desselben Sclaven in Anspruch genommen wird, oder zwar von Einem, aber wegen mehrerer Vergehen, der hat nicht nöthig, weil er die Auslieferung nicht an Alle bewirken kann, denen die Streitwürderung anzubieten, welchen er nicht ausliefern kann. Wie also nun, wenn er von Mehreren in Anspruch genommen wird? Ist derjenige, welcher den Uebrigen zuvorkommt, insofern besser daran, dass die Auslieferung an ihn allein geschehen muss, oder muss dieselbe Allen geleistet werden, oder muss [jener] Sicherheit bestellen, ihn gegen die Uebrigen vertreten zu wollen? Es ist richtiger, anzunehmen, dass derjenige welcher den Uebrigen zuvor kommt, besser daran sei. Die Auslieferung wird daher nicht demjenigen geleistet, wer zuerst Klage erhoben, sondern wer zuerst ein [obsiegendes ] Erkenntniss erlangt hat; deshalb wird demjenigen, der nachher erst obgesiegt hat, die Klage der entschiedenen Sache verweigert. 1Auch wenn es ein Bedingtfreier gewesen, und die Bedingung vor der Auslieferung eingetreten und die Freiheit zufolge Fideicommisses zuvor gewährt, oder durch die eintretende Bedingung eines Vermächtnisses das Eigenthum [an dem Sclaven auf einen Andern] übertragen worden ist, muss der [vorige Herr] durch das billige Ermessen des Richters freigesprochen werden. Es wird auch Gegenstand der richterlichen Amtspflicht sein, demjenigen, dem ausgeliefert worden ist, wegen einer in Folge seiner, [des Ausliefernden], eigenen Handlung eintretenden Entwährung Sicherheit zu bestellen.
15Gaius libro sexto ad edictum provinciale. Praetor decernere debet translationem iudicii in statuliberum fieri: si vero rei iudicandae tempore adhuc in suspenso sit statuta libertas, Sabinus et Cassius liberari heredem putant tradendo servum, quia toto suo iure cederet: quod et verum est.
15Gaj. lib. VI. ad Ed. prov. Der Prätor muss die Uebertragung der Klage wider den Bedingtfreien verfügen. Wenn aber zur Zeit der rechtlichen Entscheidung die bedingt ertheilte Freiheit noch obschwebend ist, so, glauben Sabinus und Cassius, werde der Erbe durch die Uebergabe des Sclaven befreiet, weil er sein gesammtes Recht abtritt; dies ist richtig.
16Iulianus libro vicensimo secundo digestorum. Si heres dolo malo fecerit, ne statuliberum in potestate haberet, et propter hoc iudicium sine noxae deditione acceperit: et impleta condicione statutae libertatis condemnari debebit, sicuti mortuo servo condemnaretur.
16Julian. lib. XXII. Dig. Wenn ein Erbe arglistiger Weise einen Bedingtfreien aus seiner Gewalt entfernt hat, und sich dieserhalb auf die Klage ohne Rücksicht auf die Auslieferung an Schädens Statt eingelassen hat, so muss derselbe auch, wenn die Bedingung für die bedingt ertheilte Freiheit erfüllt worden ist, verurtheilt werden, wie es der Fall sein würde, wenn der Sclav gestorben wäre.
17Paulus libro vicensimo secundo ad edictum. Si ex duobus dominis uno sciente, altero ignorante servus deliquit, si ante cum altero qui nesciebat actum sit et noxae dediderit servum, iniquum est vilissimi hominis deditione alterum quoque liberari: igitur agetur et cum altero, et si quid amplius est in damni persecutione, consequetur computato pretio hominis noxae dediti. ipsi tamen inter se sic debent pensare communi dividundo iudicium, ut, si ille quo sciente fecit praestiterit, non totius partem ferat, sed partem eius, quanti servus est: sic et si alter aliquid praestiterit, eius partem fieri. illud iniquum est eum, qui iussit servum facere, consequi aliquid a socio, cum ex suo delicto damnum patiatur. 1Si plures eiusdem servi nomine noxali mecum agere velint vel si unus pluribus iudiciis eiusdem servi nomine agat, in quo usus fructus tuus, proprietas mea sit, officio iudicis continebitur, cum eum noxae dedero, ut etiam usum fructum actoris faciam: sed per praetorem id consequar ego dominus proprietatis, ut aut cogat praetor te pro aestimatione usus fructus conferre ad litis aestimationem aut usu fructu cedere, si hoc expediat. et si ego dominus proprietatis eum servum nolui defendere, defensio tibi permittenda est, et si damnatus hominem tradas, et adversus me tueris.
17Paul. lib. XXII. ad Ed. Wenn ein Sclav mit Vorwissen des einen seiner beiden Herrn, aber ohne Wissen des andern, ein Verbrechen begangen hat, und zuvor wider denjenigen, der nichts davon wusste, Klage erhoben worden ist, und dieser den Sclaven an Schädens Statt ausgeliefert hat, so ist es unbillig, dass der Andere durch die Auslieferung eines Taugenichtses auch befreit werden solle. Es wird daher auch wider den Andern Klage erhoben werden können, und es wird [der Beeinträchtigte], wenn er seinem Schaden noch nicht vollständig beigekommen ist, ihn, mit Veranschlagung des Werthes des an Schädens Statt ausgelieferten Sclaven, erlangen; die Herren unter sich müssen sich aber vermittelst der Gemeingutstheilungsklage dergestalt ausgleichen, dass, wenn derjenige, mit dessen Wissen es geschehen ist, den vollen Schadensersatz geleistet hat, er nicht die Hälfte des ganzen Ersatzes, sondern nur die des Werthes des Sclaven erhält; solchergestalt wird auch, wenn der Andere den Ersatz geleistet hat, demselben die Hälfte davon zu Theil. Dass derjenige, welcher einem Sclaven etwas zu thun befahl, von seinem Mitgenossen Entschädigung erhalten sollte, wäre unbillig, indem er den Schaden durch sein eigenes Vergehen leidet. 1Wenn Mehrere wegen desselben Sclaven die Noxalklage wider mich erheben wollen, oder Einer wegen desselben Sclaven mehrere Klagen anstellt, an dem dir der Niessbrauch zusteht, die Eigenheit aber mein ist, so liegt es in der Amtspflicht des Richters, dass, wenn ich denselben an Schädens Statt ausgeliefert habe, ich dem Kläger auch den Niessbrauch verschaffe; ich, als Eigenheitsherr, werde aber durch den Prätor das erlangen, dass er dich nöthigt, entweder nach der Werthschätzung des Niessbrauchs zur Streitwürderung beizutragen, oder denselben abzutreten, wenn dies annehmlicher erscheinen sollte; will ich, als Eigenheitsherr, aber den Sclaven nicht vertreten, so ist dir dessen Vertheidigung zu verstatten, und wenn du, verurtheilt, denselben übergeben hast, so wirst du auch gegen mich geschützt.
18Pomponius libro octavo decimo ad Sabinum. Is qui usum fructum in servo habet, perinde cum domino habet actionem furti, atque si quilibet alius esset: sed cum eo non est, quamvis serviat ei, et ideo dominus damnatus fructuario noxae dedens liberabitur11Die Großausgabe liest liberatur statt liberabitur..
18Pompon. lib. XVIII. ad Sabin. Derjenige, wer den Niessbrauch an einem Sclaven hat, hat in Folge dessen auch die Diebstahlsklage wider dessen Herrn, wie wenn er ein Dritter wäre; wider ihn findet dieselbe aber nicht Statt, wiewohl jener ihm dient; daher wird der verurtheilte Herr, wenn er dem Niessbraucher den Sclaven an Schädens Statt ausgeliefert hat, frei.
19Paulus libro vicensimo secundo ad edictum. Si in re communi mea et tua damnum nobis dederit Titii servus, si cum eo agemus, erit noxali Aquiliae actioni locus, ne damnatus in solidum singulis noxae dedere cogatur. sed potest dici, quasi unius damnum sit et una obligatio, aut utrisque pecuniam sufferendam aut officio iudicis simul utrisque noxae dedendum: sed et si alterutri nostrum in solidum noxae deditus fuerit et ob id ab utroque dominus sit absolutus, recte dicitur eum, cui noxae deditus sit, alteri teneri communi dividundo iudicio, ut communicet servum noxae sibi deditum, cum ob rem communem aliquid ad socium pervenerit. 1Si servi, in quo usus fructus alienus est, dominus proprietatis operas conduxerit, verba efficiunt, ut cum noxae deditione damnetur. 2Si servus tuus navem exercuerit eiusque vicarius et idem nauta in eadem nave damnum dederit, perinde in te actio danda est ac si is exercitor liber et hic vicarius servus eius esset, ut de peculio servi tui ad noxam dedere vicarium damneris: ut tamen, si servi tui iussu vel sciente et patiente eo damnum vicarius dederit, noxalis actio servi tui nomine esse debeat. idemque sit etiam, si nautam facere iusserit.
19Paul. lib. XXII. ad Ed. Wenn der Sclav des Titius einer mir und dir gemeinschaftlich gehörigen Sache einen Schaden zugefügt hat, und wir wider denselben Klage erheben wollen, so findet die Noxalklage Statt, damit der Verurtheilte nicht in Betracht jedes Einzelnen zur Auslieferung an Schädens Statt auf das Ganze genöthigt werde. Es lässt sich aber auch behaupten, der Schade sei gewissermaassen nur Einem zugegefügt und [mithin] auch nur eine Verbindlichkeit vorhanden, oder es sei beiden zusammen die Entschädigung in baarem Gelde zu leisten, oder an beide zugleich in Folge der richterlichen Amtspflicht die Auslieferung an Schädens Statt zu bewirken. Wenn aber [der Sclav] dem Einen von uns allein an Schädens Statt ganz ausgeliefert, und deshalb der Herr desselben in Ansehung beider freigesprochen worden ist, so haftet derjenige, dem an Schädens Statt ausgeliefert worden ist, dem Andern durch die Gemeingutstheilungsklage, so dass er demselben an dem an Schädens Statt ausgeliefert erhaltenen Sclaven die Gemeinschaft zugestehen muss, indem [er,] der Mitgenosse wegen einer gemeinschaftlichen Sache etwas erhalten hat. 1Wenn der Eigenheitsherr eines Sclaven, an dem der Niessbrauch einem Andern zusteht, dessen Handdienste gemiethet hat, so wird er den Worten [des Edicts] zufolge zur Auslieferung an Schädens Statt verurtheilt. 2Wenn dein Sclav ein Schiff führt, und dessen stellvertretender Untersclav, ebenfalls ein Schiffer, auf demselben Schiffe einen Schaden angerichtet hat, so wird wider dich ebensowohl eine Klage ertheilt werden, wie wenn der Schiffsrheder ein Freier und dieser Stellvertreter sein Sclav war, dergestalt, dass du [mittelst der Klage] wegen des Sondergutes deines Sclaven zur Auslieferung des stellvertretenden Untersclaven an Schädens Statt verurtheilt wirst; hat jedoch der Stellvertreter auf Geheiss deines Sclaven, oder mit dessen Vorwissen und während derselbe es geschehen liess, den Schaden angerichtet, so findet die Noxalklage wegen deines Sclaven selbst Statt, und dasselbe ist der Fall, wenn er es einem Matrosen befohlen hat.
20Gaius libro septimo ad edictum provinciale. Qui ex pluribus noxis diversis temporibus experitur, ex una noxia servi dominium nanctus nullam amplius actionem habet adversus eum, qui dominus fuerat, cum actio noxalis caput sequatur: at si maluit dominus priori iudicio litis aestimationem sufferre, vel eidem vel alii ex alio maleficio agenti nihilo minus tenetur.
20Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wer aus mehreren Noxen zu verschiedenen Zeiten Klage erhebt, und in Folge der einen Uebelthat die Herrschaft über den Sclaven erworben hat, dem steht [von da an] keine Klage weiter wider den vorigen Herrn zu, indem die Noxalklage dem Sclaven folgt. Wenn hingegen der Herr bei der ersten Klage vorgezogen hat, die Streitwürderung zu tragen, so haftet er demselben Kläger, oder einem Andern, der aus einer andern Uebelthat Klage erhebt, nichts desto weniger.
21Ulpianus libro vicensimo tertio ad edictum. Quotiens dominus ex noxali causa convenitur, si nolit suscipere iudicium, in ea causa res est, ut debeat noxae dedere eum, cuius nomine iudicium non suscipitur: aut si id non faciat, iudicium suscipiet omnimodo, sed non alias condemnabitur, quam si in potestate habeat dolove malo fecerit, quo minus haberet. 1Eos, quorum nomine noxali iudicio agitur, etiam absentes defendi posse placuit, sed hoc ita demum, si proprii sint servi: nam si alieni, praesentes esse oportet, aut si dubitetur, utrum proprii sint an alieni. quod ita puto accipiendum, ut si constet vel bona fide servire, etiam absentes possint defendi. 2Praetor ait: ‘Si is in cuius potestate esse dicetur negabit se in sua potestate servum habere: utrum actor volet, vel deierare iubebo in potestate sua non esse neque se dolo malo fecisse, quo minus esset, vel iudicium dabo sine noxae deditione.’ 3‘In potestate’ sic accipere debemus, ut facultatem et potestatem exhibendi eius habeat: ceterum si in fuga sit vel peregre, non videbitur esse in potestate. 4Quod si reus iurare nolit, similis est ei, qui neque defendit absentem neque exhibet: qui condemnantur quasi contumaces. 5Si tutor vel curator extent, ipsi iurare debent in potestate domini non esse: si autem procurator sit, dominus ipse iuret necesse est. 6Si iusiurandum exegit actor reusque iuravit, deinde postea noxali velit actor experiri, videndum est, an exceptio iurisiurandi debeat adversus actorem dari. et Sabinus putat non esse dandam, quasi de alia re sit iuratum, hoc est tunc non fuisse in potestate: modo vero cum in potestate deprehendatur, de facto eius posse agi. Neratius quoque dicebat post exactum iusiurandum posse actorem detracta noxae deditione experiri, si modo hoc contendat, posteaquam iuratum est coepisse in potestate habere.
21Ulp. lib. XXIII. ad Ed. Sobald ein Herr mit der Noxalklage angegriffen wird, und sich auf dieselbe nicht einlassen will, so bleibt nichts übrig, als denjenigen [Sclaven] an Schädens Statt auszuliefern, dessen wegen er sich nicht auf die Klage einlassen will, oder, wenn er es nicht thut, sich jeden Falls auf die Klage einzulassen; die Verurtheilung geschieht jedoch unter keiner andern Bedingung, als wenn er [den Sclaven] in der Gewalt hat, oder arglistiger Weise es dahin gebracht, dass er ihn nicht mehr besitzt. 1Diejenigen [Sclaven], deren wegen die Noxalklage erhoben worden ist, können, wie man angenommen hat, auch wenn sie abwesend sind, vertheidigt werden; jedoch nur, wenn sie eigene Sclaven sind; sind es fremde, oder ist es zweifelhaft, ob es eigene oder fremde seien, so müssen sie gegenwärtig sein; ich verstehe dies so, dass, wenn es sich ausweist, dass dieselben in gutem Glauben dienen, sie auch abwesend vertheidigt werden können. 2Der Prätor sagt: Wenn derjenige, in dessen Gewalt sich ein Sclav befinden soll, denselben in der Gewalt zu haben geleugnet hat, so werde ich, je nachdem es der Kläger wollen wird, ihm entweder den Eid auferlegen, dass sich derselbe wirklich nicht in seiner Gewalt befinde, und er auch arglistiger Weise es nicht dahin gebracht, dass er es nicht mehr sei, oder eine Klage ohne Rücksicht auf die Auslieferung an Schädens Statt ertheilen. 3In der Gewalt ist so zu verstehen, dass er die Fähigkeit und Gewalt habe, denselben zu stellen; ist er flüchtig geworden, oder ausser Landes befindlich, so ist nicht anzunehmen, dass er sich in der Gewalt befinde. 4Will der Beklagte den Eid nicht leisten, so befindet er sich ganz in derselben Lage, wie derjenige, der weder den Abwesenden vertheidigen noch ihn stellen will; dieselben werden als Ungehorsame verurtheilt. 5Wenn ein Vormund oder Curator auftritt, so muss einer wie der andere selbst schwören, dass sich [der Sclav] nicht in seines Herrn Gewalt befinde; wenn aber ein Geschäftsbesorger, so ist der Herr selbst zum Eide genöthigt. 6Wenn der Kläger auf dem Eid bestanden und der Beklagte denselben geleistet hat, und nachher der erstere die Noxalklage anstellen will, so fragt es sich, ob die Einrede des Schwures wider denselben zugelassen werden dürfe? Sabinus ist der verneinenden Ansicht, indem der Eid gleichsam etwas ganz Anderes betroffen habe, das heisst, dass derselbe sich damals nicht in seiner Gewalt befunden habe, sobald er aber in der Gewalt betroffen werde, auch wegen dessen Handlung Klage erhoben werden könne. Auch Neratius sagt, dass nach der geschehenen Eidesleistung der Kläger ohne Rücksicht auf die Auslieferung an Schädens Statt klagen könne, sobald er von der Behauptung ausgeht, dass [d]er [Beklagte] nach der Leistung des Eides [den Sclaven] in seine Gewalt bekommen habe.
22Paulus libro octavo decimo ad edictum. Si servus depositus vel commodatus sit, cum domino agi potest noxali actione: ei enim servire intellegitur et, quod ad hoc edictum attinet, in potestate eius est, maxime si copiam habeat reciperandi hominis. 1Is qui pignori accepit vel qui precario rogavit non tenetur noxali actione: licet enim iuste possideant, non tamen opinione domini possident: sed hos quoque in potestate domini intellegi, si facultatem repetendi eos dominus habeat. 2Quid est habere facultatem repetendi? habeat pecuniam, ex qua liberari potest: nam non debet cogi vendere res suas, ut solvat pecuniam et repetat servum. 3Dominus, qui servum in sua potestate esse confitetur, aut exhibere eum debet aut absentem defendere: quod nisi faciat, punitur atque si praesentem non noxae dederit. 4Si negavit dominus in sua potestate esse servum, permittit praetor actori arbitrium, utrum iureiurando id decidere an iudicium dictare sine noxae deditione velit, per quod vincet, si probaverit eum in potestate esse vel dolo eius factum, quo minus esset: qui autem non probaverit in potestate adversarii esse servum, rem amittit.
22Paul. lib. XVIII. ad Ed. Wenn ein Sclav [Jemandem] in Verwahrung gegeben, oder geliehen worden ist, so kann die Noxalklage [nichts desto weniger] wider den Herrn erhoben werden; denn man nimmt an, dass er diesem dienstbar sei; und es befindet sich derselbe, wenn man das Edict berücksichtigt, auch in dessen Gewalt, besonders wenn er die Fähigkeit hat, den Sclaven zurückzufordern. 1Wer einen solchen zum Pfande empfangen, oder auf bittliches Ansuchen erhalten hat, haftet nicht durch die Noxalklage; denn wenn beide denselben auch rechtlicher Weise besitzen, so besitzen sie ihn doch nicht in dem Glauben, dessen Herren zu sein; sondern auch hier wird angenommen, dass er sich in des Herren Gewalt befinde, sobald der Herr die Fähigkeit besitzt, ihn zurückzufordern. 2Was heisst das aber, die Fähigkeit der Zurückforderung haben? Wenn Jemand Geld hat, um sich von seiner Verbindlichkeit damit zu befreien; denn Sachen zu verkaufen, um das Geld zu bezahlen und den Sclaven zurückzufordern, dazu darf er nicht gezwungen werden. 3Der Herr, welcher einen Sclaven in seiner Gewalt zu haben geständig ist, muss ihn entweder stellen, oder abwesend vertheidigen; wenn er dies nicht thut, so wird er gestraft, wie wenn er ihn gegenwärtig nicht an Schädens Statt ausgeliefert hätte. 4Hat der Herr geleugnet, ihn in seiner Gewalt zu haben, so überlässt der Prätor dem Kläger die Wahl, ob er die Entscheidung vom Eide abhängen lassen, oder eine Klage ohne Rücksicht auf die Auslieferung an Schädens Statt erheben wolle; hiernach wird er obsiegen, wenn er beweist, dass er sich in der Gewalt befinde, oder dass es durch [des Herrn] Arglist dahin gekommen sei, dass er es nicht mehr sei; wer den Beweis, dass der Sclav sich in seines Gegners Gewalt befinde, nicht führen kann, wird sachfällig.
23Gaius libro sexto ad edictum provinciale. Sed et si postea adversarius eius in potestate habere coeperit servum, tenetur ex nova possessione denegata ei exceptione.
23Gaj. lib. VI. ad Ed. prov. Auch wenn der Gegner desselben den Sclaven erst nachher in seine Gewalt bekommen, haftet derselbe aus dem neuerworbenen Besitz, während ihm die Einrede versagt wird.
24Paulus libro octavo decimo ad edictum. De illo videndum, utrum adversus eum tantum, qui dolo fecit, quo minus in potestate haberet, actio locum habeat noxalis, si ex dolo eius acciderit, ut cesset noxalis actio (forte si servo suo fugam mandavit) an et si possit nihilo minus cum alio agi (quod accidit, cum alienatus manumissusve est). quod est verius: in quo casu electio est actoris, cum quo velit agere. Iulianus autem ait de eo qui manumisit, si paratus sit defendere se manumissus, exceptionem dandam ei qui manumisit. hoc et Labeo.
24Paul. lib. XVIII. ad Ed. Es ist die Frage, ob blos wider denjenigen, der es arglistiger Weise dahin gebracht, dass er ihn nicht mehr in seiner Gewalt hat, die Noxalklage Statt finde, wenn es durch seine Arglist dahin gekommen ist, dass [die directe]55Glosse. Noxalklage wegfalle, z. B. wenn er seinem Sclaven Auftrag zur Flucht gegeben, oder ob demungeachtet auch wider jeden Andern Klage erhoben werden könne, was der Fall ist, wenn [der Sclav] veräussert oder freigelassen worden ist? Das Letztere ist richtiger. In diesem Fall kann der Kläger wählen, wider wen er klagen will. Julian sagt aber von demjenigen, der ihn freigelassen, dass, wenn der Freigelassene sich zu vertheidigen bereit ist, dem erstern eine Einrede zu ertheilen sei.
25Gaius libro sexto ad edictum provinciale. Idem est, et si novus dominus servi iudicium patiatur.
25Gaj. lib. VI. ad Ed. prov. Dasselbe ist der Fall, wenn ein neuer Herr sich die Klage wegen des Sclaven gefallen lässt.
26Paulus libro octavo decimo ad edictum. Electio vero alterum liberabit: id enim praetor introduxit, ne eluderetur actor, non ut etiam lucrum faceret: ideoque exceptione a sequenti summovebitur. 1His consequens est, ut, si plures dolo fecerint, quo minus in potestate haberent, eligere debeat actor, quem velit convenire. 2Item si ex pluribus dominis quidam dolo malo partes suas desierint possidere, electio erit actoris, utrum directo agere velit cum eo qui possidet, an praetoria cum eo qui desiit possidere. 3Si servum alienum alius in iure suum esse responderit, altero solvente alter liberatur. 4Si is, quem desieris dolo possidere, decesserit, priusquam hac actione convenireris, liberaris, quia haec actio in locum directae actionis succedit: diversum dicemus, si moram feceris in iudicio accipiendo. 5Neque heredi neque in heredem, quod defunctus mentitus est, actio danda est, nec in ipsum quolibet tempore: nam liberum esse debet defendenti absentem servum huius edicti poenam evitare, id est ut sine noxae deditione conveniatur. et ideo si negaveris servum in tua potestate esse, postea fateri poteris, nisi si iam lis adversus te contestata est: nam tunc audiri non debebis, ut Labeo ait: Octavenus ex causa etiam lite contestata tibi succurrendum, utique si aetas tua ea sit, ut ignosci tibi debeat. 6Si absente domino ductus sit servus vel etiam praesente et in eadem causa sit, ut in integrum restitui possit, defensio permittitur eius nomine qui ductus est: postulantibus enim exhiberi eum ad defendendum indulgere praetor debet. idem concedendum est fructuario vel cui pignoris nomine obligatus est, si praesens dominus defendere noluerit, ne alterius dolus aut desidia aliis noceat. idem praestandum est in servo communi, quem alter ex dominis praesens noluit defendere. sed et actori his casibus succurrendum est, quia placet dominii adquisitione extingui actionem: iussu enim praetoris ductus in bonis fit eius qui duxit.
26Paul. lib. XVIII. ad Ed. Die Wahl des Einen befreiet aber den Andern; denn der Prätor hat dafür gesorgt, dass der Kläger nicht geprellt werde, nicht aber gewollt, dass er einen Gewinn machen solle, und darum wird er vom Zweiten durch eine Einrede abgewehrt werden. 1Diesem nach ist es folgerichtig, dass wenn Mehrere es arglistiger Weise dahin gebracht haben, dass sie ihn nicht mehr in ihrer Gewalt haben, der Kläger wählen dürfe, wen er verklagen will. 2Ebenso steht, wenn einige von mehreren Herren arglistiger Weise aufgehört haben, ihre Antheile zu besitzen, dem Kläger die Wahl zu, ob er unmittelbar wider den [nunmehrigen] Besitzer klagen, oder die prätorische Klage wider den, der sich des Besitzes entlediget hat, erheben will. 3Wenn Jemand vor Gericht zugegeben hat, dass ein ihm nicht gehöriger Sclav ihm gehöre, so wird der Andere, wenn derselbe zahlt, befreiet. 4Wenn derjenige, dessen Besitz man sich arglistiger Weise entledigt hat, mit Tode abgegangen ist, bevor diese Klage erhoben worden, so wird man frei, weil dieselbe an die Stelle der unmittelbaren Klage nachfolgt; das Entgegengesetzte findet Statt, wenn man die Einlassung auf die Klage verzögert hat. 5Weder dem Erben noch wider den Erben ist deswegen die Klage zu verstatten, wenn der Erblasser [den Besitz] fälschlich geleugnet hat, noch jemals wider diesen selbst66Wenn er nämlich nachher seine Lüge widerruft.; denn es muss dem, der einen abwesenden Sclaven vertheidigt, freistehen, die Strafe des Edicts abzuwenden, d. h., dass er ohne [zur] Auslieferung an Schädens Statt [gelassen zu werden] belangt werde. Daher kannst du, wenn du, [anfänglich] geleugnet hast, dass der Sclav in deiner Gewalt sei, es nachher eingestehen, es müsste denn das Verfahren bereits wider dich eingeleitet sein; denn alsdann darfst du, wie Labeo sagt, kein Gehör finden. Octavenus sagt aber, man müsse dir unter Umständen auch, wenn bereits der Streit im Verfahren befangen sei, zu Hülfe kommen, wenigstens wenn dein Alter von der Art sei, dass dir Nachsicht zu Theil werden müsse. 6Wenn ein Sclav in Abwesenheit oder auch in Gegenwart seines Herrn festgenommen worden ist, und sich derselbe in solchem Verhältniss befindet, dass er in den vorigen Stand wieder eingesetzt werden kann, so wird ihm die Vertheidigung des festgenommenen verstattet; denn wer dessen Stellung fordert, den muss der Prätor zur Vertheidigung zulassen. Dasselbe ist dem Niessbraucher zu verstatten, oder wem [der Sclav] als Pfand bestellt worden, wenn der Herr gegenwärtig ist, und die Vertheidigung nicht übernehmen will, damit nicht des Einen Arglist oder Nachlässigkeit Andern Schaden bereite. Ein gleiches ist der Fall bei einem gemeinschaftlichen Sclaven, den der eine von seinen Herren [, wiewohl] gegenwärtig, nicht vertheidigen will. Allein man muss in diesen Fällen auch dem Kläger zu Hülfe kommen77Durch Wiederverleihung der Noxalklage., weil man angenommen hat, dass durch die Erwerbung des Eigenthums die Klage verloren gehe; denn sobald der Sclav auf Befehl des Prätors abgeführt worden, wird er dem gehörig, der ihn abgeführt hat.
27Gaius libro sexto ad edictum provinciale. Si noxali iudicio agitur de servo qui pignoris iure tenetur aut de eo cuius usus fructus alterius est, admonendi sumus, si creditor vel usufructuarius praesens defensionem suscipere noluerit, proconsulem interventurum et pignoris persecutionem vel usus fructus actionem negaturum. quo casu dici potest ipso iure pignus liberari (nullum enim pignus est, cuius persecutio negatur): usus fructus autem, etiamsi persecutio eius denegetur, ipso iure durat eo usque, donec non utendo constituto tempore pereat. 1Ex his quae diximus de servo qui alicui pignoris iure obligatus est deque statulibero et de eo cuius usus fructus alienus est, apparet eum, qui alienum servum in iure suum esse responderit, quamvis noxali iudicio teneantur, non tamen posse noxae deditione ipso iure liberari, quia nullum ad actorem dominium transferre possunt, cum ipsi domini non sint. certe tamen, si ex ea causa traditum postea dominus vindicet nec litis aestimationem offerat, poterit per exceptionem doli mali repelli.
27Gaj. lib. VI. ad Ed. prov. Wenn es sich in einer Noxalklage um einen Sclaven handelt, der [einem Andern] unterpfandsweise haftet, oder dessen Niessbrauch einem Andern zusteht, so ist zu bemerken, dass, wenn der Gläubiger oder Niessbraucher gegenwärtig dessen Vertheidigung nicht übernehmen will, der Proconsul einschreiten und die rechtliche Verfolgung des Pfandes oder die Klage wegen des Niessbrauches verweigern werde. In diesem Fall, kann man sagen, löst sich die Pfandverbindlichkeit von selbst auf; denn ein Pfand, dessen rechtliche Verfolgung verweigert wird, ist so gut wie keines. Der Niessbrauch hingegen dauert, wenn auch dessen Verfolgung verweigert wird, dem Rechte selbst zufolge so lange, bis er nach Ablauf der bestimmten Verjährungszeit durch Nichtgebrauch erlischt. 1Aus dem, was wir über den Sclaven, der Jemandem unterpfandsweise verpflichtet ist, vom Bedingtfreien, und demjenigen, woran der Niessbrauch einem Andern zusteht, gesagt haben, erhellt, dass derjenige, wer einen ihm nicht gehörigen Sclaven vor Gericht für ihm gehörig ausgegeben hat, durch die Auslieferung des Schadenstifters dennoch dem Rechte selbst zufolge nicht befreiet werden könne, wiewohl er durch die Noxalklage hafte, weil sie kein Eigenthum auf den Kläger übertragen können, indem sie selbst nicht Eigenthümer sind. Wenn jedoch der Eigenthümer den aus einem solchen Grunde übergebenen [Sclaven] nachher eigenthümlich zurückverlangen sollte, ohne die Streitwürderung anzubieten, so kann er durch die Einrede der Arglist abgewehrt werden.
28Africanus libro sexto quaestionum. Et generaliter si alieni servi nomine, qui tibi iustam servitutem serviret, noxali tecum egerim tuque eum mihi noxae dederis: sive me possidente dominus eum vindicet, exceptione doli mali, nisi litis aestimationem offerat, eum summovere possum, sive ipse possideat, Publiciana mihi datur, et adversus excipientem ‘si dominus eius sit’ utilem mihi replicationem doli mali profuturam et secundum haec usu quoque me capturum, quamvis sciens alienum possideam: alioquin si aliter constituatur, futurum, ut summa iniquitate bonae fidei possessor adficiatur, si, cum ipso iure noxalis actio adversus eum competit, necessitas ei imponatur, ut litis aestimationem sufferat. eademque dicenda sunt et si, cum ab eo non defenderetur, iussu praetoris eum duxerim, quoniam isto quoque casu iustam causam possidendi habeo.
28African. lib. VI. Quaest. Ich kann überhaupt, wenn ich eines fremden Sclaven wegen, der dir in rechtmässiger Sclaverei dient, wider dich die Noxalklage erhoben, und du ihn mir an Schädens Statt ausgeliefert hast, sowohl wenn dessen Herr ihn von mir, als derzeitigem Besitzer, eigenthümlich zurückverlangt, ihn durch die Einrede der Arglist, wenn er die Streitwürderung zu erlegen sich nicht erbietet, abwehren, als es wird auch mir, wenn er selbst ihn besitzt, die Publiciane ertheilt, und es wird mir wider denselben, wenn er sich einredeweise [auf das Eigenthum] berufen sollte, dafern er Eigenthümer desselben ist, die Replik der Arglist von Nutzen sein. Hiernach werde ich denselben auch durch den Gebrauch ersitzen, wenn ich ihn gleich als einen fremden wissentlich besitze; denn wollte man hier anders bestimmen, so würde der Besitzer im guten Glauben die grösste Unbilligkeit erleiden, wenn ihm, da wider ihn dem Rechte selbst zufolge die Noxalklage Statt findet, die Nothwendigkeit obliegen sollte, die Streitwürderung zu tragen. Dasselbe muss alsdann zur Anwendung kommen, wenn ich den [Sclaven], weil er von dem [Herrn] nicht vertheidigt ward, auf Befehl des Prätors abgeführt habe, weil ich auch in diesem Fall einen rechtmässigen Grund des Besitzes habe.
29Gaius libro sexto ad edictum provinciale. Non solum autem qui in potestate non habet recusare potest noxale iudicium, verum et habenti in potestate liberum est evitare iudicium, si indefensam eam personam relinquat: sed huic necesse est ius suum ad actorem transferre, perinde ac si damnatus esset.
29Gaj. lib. VI. ad Ed. prov. Es kann aber nicht blos derjenige, wer [den Sclaven] nicht in der Gewalt hat, [die Einlassung auf] die Noxalklage verweigern, sondern es steht auch demjenigen, wer ihn in der Gewalt hat, frei, die Klage dadurch zu vermeiden, dass er ihn unvertheidigt in Stich lässt; der letztere muss jedoch dann sein Recht, wie wenn er verurtheilt worden wäre, auf den Kläger übertragen.
30Idem libro ad edictum praetoris urbani, titulo de damno infecto. In noxalibus actionibus eorum qui bona fide absunt ius non corrumpitur, sed reversis defendendi ex bono et aequo potestas datur, sive domini sint sive aliquid in ea re ius habeant, qualis est creditor et fructuarius.
30Idem lib. ad Ed. Praet. urb. tit. de damno inf. Bei den Noxalklagen kommen diejenigen, welche im guten Glauben abwesend sind, nicht um ihr Recht, sondern es wird ihnen, wenn sie zurückgekehrt sind, die Befugniss der Vertheidigung nach billigem Ermessen ertheilt, vorausgesetzt, dass sie die Herren sind, oder ein anderes Recht an der Sache haben, wie Gläubiger und Niessbraucher.
31Paulus libro septimo ad Plautium. Quod ait praetor, cum familia furtum faciat, ad eum modum se actionem daturum, ut tantum actor consequatur, quantum si liber fecisset consequeretur, quaeritur, utrum ad pecuniae praestationem respiciat an etiam ad noxae deditionem, ut puta si ex pretiis noxae deditorum duplum colligatur, sequentes actiones inhibeantur. Sabinus et Cassius putant pretium quoque noxae deditorum imputari debere, quod Pomponius probat et est verum: nam et si servus indefensus ductus sit, aestimatio eius imputanda est. certe non tantum duplationis, sed et condictionis rationem habendam Iulianus putat. furti faciendi tempus spectandum esse, an eiusdem familiae sint servi: nam si hi, qui plurium dominorum erunt, unius esse postea coeperint, locus edicto non erit.
31Paul. lib. VII. ad Plaut. Wenn der Prätor sagt, er werde, wenn ein ganzes Gesinde einen Diebstahl begangen, in der Art eine Klage ertheilen, dass der Kläger ebensoviel erlange, als er erlangen würde, wenn es ein Freier gethan hätte, so fragt es sich, ob er hier den Schadensersatz in Gelde, oder auch die Auslieferung an Schädens Statt vor Augen habe, dass also, wenn aus dem Erlöse der an Schädens Statt Ausgelieferten das Doppelte [des wirklichen Schadenbetrags] vereinnahmt wird, die folgenden Klagen dadurch wegfallen. Sabinus und Cassius sind der Meinung, es müsse auch der Erlös aus den an Schädens Statt Ausgelieferten in Anrechnung gebracht werden; diesem tritt Pomponius bei, und es ist wahr; denn auch wenn ein Sclav, den Niemand vertheidigt, abgeführt worden ist, kommt dessen Werthschätzung in Betracht. Julian meint, es sei wenigstens nicht blos auf die Verdoppelung, sondern auch auf die Condiction Rücksicht zu nehmen; man müsse darauf sehen, ob die Sclaven zur Zeit des begangenen Diebstahls alle zu einem Gesinde gehört haben; denn wenn die [vorher] mehreren Herren gehörigen Sclaven nachher einem einzigen gehörig geworden seien, so findet das Edict nicht Statt.
32Callistratus libro secundo edicti monitorii. Is qui in aliena potestate est si noxam commississe dicatur, si non defendatur, ducitur: et si praesens est dominus, tradere eum et de dolo malo promittere debet.
32Callistrat. lib. II. Ed. monit. Wenn derjenige, welcher sich in fremder Gewalt befindet, und von dem behauptet wird, dass er ein Vergehen begangen habe, nicht vertheidigt wird, so wird er [vom Kläger] abgeführt; ist der Herr gegenwärtig, so muss er ihn übergeben, und wegen Arglist zu haften versprechen.
33Pomponius libro quarto decimo ad Sabinum. Noxali iudicio invitus nemo cogitur alium defendere, sed carere debet eo quem non defendit, si servus est: quod si liber est qui in potestate sit, indistincte ipsi sui defensio danda est:
33Pompon. lib. XIV. ad Sabin. Niemand kann gezwungen werden, im Wege der Noxalklage einen Andern zu vertheidigen; wenn dieser aber, den er nicht vertheidigen will, ein Sclav ist, so muss er auf denselben Verzicht leisten; ist es ein Freier, der sich in der Gewalt befindet, so ist ihm ohne Unterschied seine Vertheidigung selbst zu überlassen;
34Iulianus libro quarto ad Urseium Ferocem. quotiens enim nemo filium familias ex causa delicti defendit, in eum iudicium datur
34Julian. lib. IV. ad Urseium Ferocem. denn sobald Einer seinen Familiensohn wegen eines Verbrechens nicht vertheidigen will, wird wider denselben selbst eine Klage ertheilt.
35Ulpianus libro quadragensimo primo ad Sabinum. et si condemnatus fuerit, filius iudicatum facere debet: tenet enim condemnatio. quin immo etiam illud dicendum est patrem quoque post condemnationem filii dumtaxat de peculio posse conveniri.
35Ulp. lib. XLI. ad Sabin. Und wenn der Sohn verurtheilt worden ist, so muss er das Erkannte leisten; denn es bindet ihn die Verurtheilung. Ja, man kann sogar auch das behaupten, dass der Vater nach der Verurtheilung des Sohnes nur auf dessen Sondergut in Anspruch genommen werden könne.
36Idem libro trigensimo septimo ad edictum. Si quis servum pigneratum, deinde a debitore subreptum emerit a debitore, nomine eius furti tenebitur dominio servi adquisito, nec oberit, quod Serviana potest ei homo avocari. idemque et si a minore quis viginti quinque annis emerit vel in fraudem creditorum sciens: hi enim, quamvis auferri eis dominium possit, interim tamen conveniendi sunt.
36Idem lib. XXXVII. ad Ed. Wer einen verpfändeten, nachher aber vom Schuldner wieder heimlich zu sich genommenen Sclaven vom Schuldner gekauft hat, der haftet für denselben wegen [von demselben begangenen] Diebstahls, weil er das Eigenthum an dem Sclaven erworben hat, und es thut nichts, dass derselbe ihm durch die Servianische Klage entrissen werden kann. Dasselbe ist der Fall, wenn Jemand von Einem, der noch nicht fünfundzwanzig Jahre alt ist, oder wissentlich, dass es zum betrüglichen Nachtheil der Gläubiger geschehe, [den Sclaven] gekauft hat; denn diese müssen, wiewohl ihnen das Eigenthum entzogen werden kann, dennoch unterdessen belangt werden.
37Tryphoninus libro quinto decimo disputationum. Si alienus servus furtum mihi fecerit, qui postea in meum dominium pervenerit, extinguitur furti actio, quae mihi conpetierat, nondum in iudicium deducta, nec si postea alienavero eum, quem ante litem contestatam emeram, furti actio restaurabitur: quod si post litem contestatam eum redemero, condemnandus erit venditor,
37Tryphonin. lib. XV. Disp. Wenn mir ein fremder Sclav etwas gestohlen hat, der nachher mein eigen geworden ist, so erlischt die Diebstahlsklage, welche mir zustand, sobald sie noch nicht anhängig gemacht worden ist; auch wird dieselbe, wenn ich nachher denselben wieder veräussert, den ich vor der Einleitung des Verfahrens gekauft hatte, nicht wieder hergestellt. Habe ich ihn hingegen erst nach der Einleitung des Verfahrens gekauft, so muss der Verkäufer verurtheilt werden,
38Ulpianus libro trigensimo septimo ad edictum. quemadmodum si alii vendidisset: parvi enim refert, cui vendiderit, adversario an alii: suaque culpa litis aestimationem sublaturum, qui vendendo noxae deditionem sibi ademit. 1Iulianus autem libro vicensimo secundo digestorum scribit, si servum pro derelicto habeam, qui tibi furtum fecerat, liberari me, quia statim meus esse desinit, ne eius nomine, qui sine domino sit, furti sit actio. 2Si servus meus rem tuam subtraxerit et vendiderit tuque nummos quos ex pretio habebat ei excusseris, locus erit furti actioni ultro citroque: nam et tu adversus me furti ages noxali servi nomine et ego adversus te nummorum nomine. 3Sed et si servo creditoris mei solverim nummos, ut is eos domino suo det, aeque locus erit furti actioni, si is nummos acceptos interceperit.
38Ulp. lib. XXXVII. ad Ed. wie wenn er ihn an einen Andern verkauft hätte; denn es ist einerlei, an wen er ihn verkauft hat, ob an den Gegner selbst oder an einen Andern, und wenn er sich durch den Verkauf der Möglichkeit der Auslieferung des Schadensstifters beraubt hat, so muss er durch seine eigene Schuld die Streitwürderung tragen. 1Julian schreibt aber im zweiundzwanzigsten Buche der Digesten, dass ich, wenn ich einen Sclaven laufen lasse, der dich bestohlen hat, frei von aller Verbindlichkeit werde, weil er sofort aufhört, mir gehörig zu sein, damit nicht wegen eines herrenlosen Sclaven die Diebstahlsklage Statt finde. 2Wenn mein Sclav eine dir gehörige Sache gestohlen und verkauft hat, und du ihm das aus deren Verkauf gelöste Geld aus der Hand geschlagen hast, so findet von beiden Seiten die Diebstahlsklage Statt; denn du kannst sowohl wegen des von dem Sclaven begangenen Diebstahls die Noxalklage wider mich erheben, als ich wider dich wegen der Geldstücke. 3Auch wenn ich dem Sclaven meines Gläubigers Geld gezahlt habe, damit dieser es seinem Herrn gebe, wird, wenn dieser die empfangenen Gelder untergeschlagen, ebenfalls die Diebstahlsklage Statt finden.
39Iulianus libro nono digestorum. Si plurium servus furtum fecerit et omnes dolo fecerint, quo minus eum in potestate haberent, subsequi debet praetor iuris civilis actionem et iudicium honorarium, quod ex hac causa pollicetur, in eum dare, quem actor elegerit: neque enim amplius praestare actori debet, quam ut detracta noxae deditione agere possit cum eo, cum quo noxali iudicio experiri potuisset, si servus exhiberetur. 1Qui alienum servum suum esse fatetur, quamvis noxali actione obligetur, nihilo minus causa cognita satisdare debet: qui autem pro servo convenitur, satisdatione onerandus non est: non enim offert se defensioni alieni servi. 2Si quis dicet dominum dolo fecisse, quo minus in potestate eius servus esset, ille autem contendat eum servum ab alio defendi cum satisdatione, doli mali exceptioni locus erit. 3Sed et si post iudicium acceptum cum domino servus apparuerit et, quia non defendebatur, ductus sit, exceptione doli mali posita dominus absolvetur. 4Sed et mortuo servo antequam iudicium accipiatur, omnino hac actione non tenebitur dominus.
39Julian. lib. IX. Dig. Wenn ein Mehreren gemeinschaftlich gehöriger Sclav einen Diebstahl begangen und Alle es arglistiger Weise dahin gebracht haben, dass sie ihn nicht mehr in ihrer Gewalt haben, so muss der Prätor der Klage des bürgerlichen Rechts folgen, und eine würdenrechtliche Klage, welche er aus diesem Grunde verspricht, wider denjenigen ertheilen, den der Kläger ausgewählt hat; denn er braucht dem Kläger nicht mehr zu gewähren, als dass er, ohne Berücksichtigung der Auslieferung des Schädensstifters, wider den klagen könne, gegen den er die Noxalklage hätte erheben können, wenn der Sclav gestellt worden wäre. 1Wer einbekennt, dass ein fremder Sclav ihm gehöre, muss, wenn er88Unser Text hat hier wahrscheinlich durch einen Druckfehler eine falsche Interpunction. auch durch die Schädensklage verpflichtet ist, demungeachtet nach Untersuchung der Sache Bürgschaft bestellen. Wer aber wegen eines [eigenen] Sclaven belangt wird, darf mit keiner Bürgschaftsstellung beschwert werden, denn er übernimmt ja nicht freiwillig die Vertheidigung eines fremden Sclaven. 2Wenn Jemand den Herrn bezüchtigt, es arglistiger Weise dahin gebracht zu haben, dass sich ein Sclav nicht mehr in seiner Gewalt befinde, jener aber behauptet, dass dieser Sclav von einem Andern mit Bestellung einer Bürgschaft vertheidigt werde, so findet die Einrede der Arglist Statt. 3Es wird aber der Herr, auch wenn der Sclav nach Einleitung des Verfahrens mit ihm erschienen, und weil er nicht vertheidigt ward, abgeführt worden ist, durch Vorschützung der Einrede der Arglist freigesprochen werden. 4Wenn der Sclav vor der Einleitung des Verfahrens gestorben ist, so haftet der Herr durch diese Klage keinen Falls.
40Idem libro vicensimo secundo digestorum. Si servus legatus ante aditam hereditatem rem heredis futuri subtraxerit, poterit is cum legatario qui legatum agnoverit furti agere: sed si idem servus hereditariam rem subtraxerit, furti actio cessabit, quia huiusmodi rerum furtum non fit: ad exhibendum autem actio competit.
40Idem lib. XXII. Dig. Wenn ein vermachter Sclav vor dem Erbantritt dem künftigen Erben eine Sache gestohlen hat, so kann derselbe wider den Vermächtnissinhaber, nach Empfang des Vermächtnisses, wegen Diebstahls Klage erheben. Hat hingegen derselbe Sclav eine Erbschaftssache gestohlen, so fällt die Diebstahlsklage weg, weil an Sachen dieser Art kein Diebstahl geschehen kann; dagegen findet die Klage auf Auslieferung Statt.
41Idem libro secundo ad Urseium Ferocem. Cum servus communis alteri dominorum damnum iniuria dedit, idcirco legis Aquiliae actio non est, quia, si extraneo damnum dedisset, cum altero in solidum lege Aquilia agi posset: sicuti, cum servus communis furtum fecerit, cum altero domino furti agi non potest, sed communi dividundo agi potest.
41Idem lib. II. ad Urseium Ferocem. Wenn ein Zweien gemeinschaftlich gehöriger Sclav dem einen seiner Herren einen widerrechtlichen Schaden zugefügt hat, so findet deshalb die Aquilische Klage nicht Statt, weil, wenn er einem Dritten geschadet hätte, wider den einen von beiden allein die Aquilische Klage auf das Ganze erhoben werden kann; gleichwie wenn ein Zweien gemeinschaftlich gehöriger Sclav [den einen von beiden] bestohlen hat, wider den andern nicht die Diebstahlsklage, sondern nur die Gemeingutstheilungsklage angestellt werden kann.
42Ulpianus libro trigensimo septimo ad edictum. Si ad libertatem proclamaverit is cuius nomine noxale iudicium susceptum est, sustineri debet id iudicium, quoad de statu eius iudicetur: et sic, si quidem servus fuerit pronuntiatus, noxale iudicium exercebitur, si liber, inutile videbitur. 1Si quis pro servo mortuo ignorans eum decessisse noxale iudicium acceperit, absolvi debet, quia desiit11Die Großausgabe liest desit statt desiit. verum esse propter eum dare oportere. 2Hae actiones perpetuae sunt locumque habebunt tamdiu, quamdiu servi dedendi facultatem habemus: nec tantum nobis, verum etiam successoribus nostris competent, item adversus successores, sed non quasi in successores, sed iure dominii. proinde et si servus ad alium pervenisse proponatur, iure dominii noxali iudicio novus dominus convenietur.
42Ulp. lib. XXXVII. ad Ed. Wenn derjenige, dessen wegen eine Noxalklage eingeleitet worden, frei zu sein behauptet hat, so muss dieses Verfahren angehalten werden, bis über sein Standesrecht erkannt worden ist; ist er nun also für einen Sclaven erklärt worden, so tritt die Noxalklage wieder in Wirksamkeit, wenn aber für einen Freien, so erscheint sie als unnütz. 1Wer wegen eines gestorbenen Sclaven, ohne von seinem Tode unterrichtet zu sein, sich auf eine Noxalklage eingelassen hat, der muss freigesprochen werden, weil die Verbindlichkeit, seinetwegen Ersatz zu leisten, wegfällt. 2Diese Klagen sind immerwährend, und haben so lange Statt, als man die Fähigheit besitzt, den Sclaven auszuliefern; auch steht sie nicht blos uns selbst, sondern auch unsern Nachfolgern zu; nicht minder wider die Nachfolger, jedoch nicht als solche, sondern in Folge des Eigenthumsrechts. Wenn es daher der Fall ist, dass ein Sclav an einen Andern gekommen ist, so wird der neue Herr in Folge des Eigenthumsrechts mit der Noxalklage belangt.
43Pomponius libro octavo epistularum. Servi, quorum noxa caput sequitur, ibi defendendi sunt, ubi deliquisse arguentur: itaque servos dominus eodem loco exhibere debet, ubi vim intulisse dicentur et carere omnium dominio potest, si eos non defendat.
43Pompon. lib. VIII. Epist. Die Sclaven, welchen die Noxa folgt, müssen da vertheidigt werden, wo ihnen die Begehung des Verbrechens Schuld gegeben wird; darum muss der Herr dieselben da stellen, wo sie die Gewaltthätigkeit ausgeübt zu haben bezichtigt werden, und es kann der Fall eintreten, dass derselbe das Eigenthum über alle verliert, wenn er sie nicht vertheidigt.