De noxalibus actionibus
(Von den Noxalklagen.)
1Gaj. lib. II. ad Ed. prov. Noxalklagen heissen diejenigen Klagen, welche aus keinem Contracte, sondern aus einer Noxa11Noxa hat drei Bedeutungen: (s. Brisson. k. v.) 1) den Schaden, den ein Sclav angerichtet hat; 2) das Vergehen, woraus der Schaden entstanden ist, in welcher Bedeutung es meist mit committere construirt wird; 3) die Strafe dafür, in welcher letzten Bedeutung: Auslieferung an Schädens Statt, dem Sinn entspricht. und Uebelthat [unserer] Sclaven wider uns angestellt werden. Der Erfolg und die Wirkung dieser Klagen ist die, dass, wenn wir verurtheilt worden sind, uns freisteht, der Streitwürderung durch Auslieferung des Sclaven selbst, der Etwas begangen hat, zu entgehen.
2Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Hat ein Sclav mit Vorwissen seines Herrn einen Mord begangen, so verpflichtet er seinen Herrn auf das Ganze, denn es wird dann angenommen, als habe der Herr den Mord selbst begangen; geschah es ohne sein Wissen, so findet die Noxalklage Statt, denn er darf aus der Uebelthat des Sclaven nicht zu mehr verpflichtet werden, als ihn an Schädens Statt auszuliefern. 1Durch diese Klage haftet derjenige, welcher [dem Sclaven] kein Hinderniss entgegengesetzt hat, er mag Herr geblieben oder aufgehört haben, es zu sein; denn es ist hinreichend, dass er zu der Zeit Herr war, wo er ihn nicht verhindert hat; ja, Celsus ist der Ansicht, dass sogar, wenn der Sclav ganz oder zum Theil veräussert oder freigelassen worden sei, die Noxa demselben nicht folge; denn der Sclav habe nichts verbrochen, sobald er dem Befehle seines Herrn Folge geleistet hat. Und man kann dies allerdings sagen, sobald er es befohlen hat; wie will man aber, wenn er es nicht verhindert hat, die That des Sclaven entschuldigen? — Celsus macht hier einen Unterschied zwischen dem Aquilischen und dem Zwölftafelgesetz; nach dem alten Gesetz findet, wenn der Sclav mit Vorwissen seines Herrn gestohlen oder eine andere Noxa begangen hat, die Noxalklage des Sclaven wegen Statt; seiner selbst wegen haftet der Herr nicht; zufolge des Aquilischen Gesetzes hingegen haftet der Herr seiner selbst, und nicht des Sclaven wegen. Den Grund beider Gesetze gibt er [dahin] an, als habe das Zwölftafelgesetz bezweckt, dass die Sclaven in diesem Fall ihren Herrn keinen Gehorsam leisten sollen, den des Aquilischen Gesetzes aber, als verzeihe es dem Sclaven, der seinem Herrn gehorcht hat, indem er bestraft werden würde22Periturus; die Interpunction in unserem Text, das Komma hinter periturus, ist weniger gut, als die der Göttinger C. J. Ausgabe, welche es vorstellt., wenn er es nicht thäte. Wenn es aber richtiger scheint, was Julian im 86. Buche schreibt, dass, wenn ein Sclav gestohlen oder [sonst] eine Uebelthat begangen hat, die letzteren Gesetze33Ad posteriores leges pertinere; s. Brisson. h. v. Die Glosse drückt sich ziemlich unverständlich folgendermaassen aus: qualiter ad l. posteriorem pertinet? Resp. lex XII. Tab. antiquior est, Aquilia posterior; in l. enim XII. Tab. continebatur, ut dominus non teneretur, at lex Aquilia dominum teneri voluit: lex ergo antiqua pertinet ad posteriorem, quia dominus, qui jussit furtum fieri vel rapinam, tenebitur. Sed et lex Aquilia pertinet ad priorem, sc. ad leg. XII. Tab., quia potest agi noxali etc. sich hierauf auch erstrecken, so kann man auch sagen, dass die Noxalklage wider den Herrn des Sclaven wegen erhoben werden könne, so dass, wenn die Aquilie wider den Herrn ertheilt wird, sie zwar den Sclaven nicht entschuldigt, aber den Herrn auch beschwert. Wir treten dem Julian bei; seine Ansicht ist wohl begründet; und wird auch vom Marcell bei Julian gebilligt.
3Idem lib. III. ad Ed. Bei allen Noxalklagen, wo Wissenschaft des Herrn erfordert wird, ist diese so zu verstehen, dass er [die That] nicht verhindert hat, wiewohl er [sie] verhindern konnte. Denn es ist ein Unterschied, dem Sclaven die Veranlassung zum Verbrechen zu geben, und dasselbe geschehen lassen.
4Paul. lib. III. ad Ed. Wie ist die Wissenschaft des Herrn in Betreff der Verbrechen der Sclaven zu verstehen? Ist der Rath dazu [erforderlich,] oder [genügt es], wenn er es blos mit angesehen, wiewohl es nicht hat verhindern können? Denn wie, wenn es [ein Sclav], der sich darauf beruft, dass er frei sei, mit Vorwissen des Herrn begeht? Oder der seinen Herrn verachtet? Oder wenn sich der Sclav jenseits eines Flusses befindet, und zwar im Angesicht seines Herrn, aber wider dessen Willen, eine Uebelthat begeht? — Richtiger versteht man Wissenschaft daher nur von dem, der [die That] verhindern kann; und so ist das Wort Wissenschaft im ganzen Edict zu verstehen. 1Wenn ein fremder Sclav etwas mit meinem Wissen gethan hat, und ich denselben erkauft habe, so wird die Noxalklage wider mich ertheilt werden, weil man nicht annehmen kann, dass er es mit Vorwissen seines Herrn gethan habe, da ich zu der Zeit nicht sein Herr war. 2Wenn nun der Herr wegen seiner Wissenschaft haften muss, so fragt es sich, ob die Klage auch des Sclaven wegen zu ertheilen sei, und ob nicht der Prätor blos eine Strafe vom Herrn hat eintreiben wollen; wird also die Arglist des Sclaven straflos ausgehen? Dies wäre unbillig, es wird vielmehr der Herr auf beide Weise verbindlich; allein wenn die eine Strafe je nach der Wahl des Klägers eingetrieben worden ist, so fällt die andere weg. 3Wenn, ohne Auslieferung an Schädens Statt zu verlangen44Detracta noxae deditione, eigentlich: mit absichtlicher Nichtberücksichtigung; dieser Ausdruck hat den Umständen nach verschieden übersetzt werden müssen., wider den Herrn als Mitwisser Klage erhoben worden ist, der nicht Mitwisser war, so kann [der Kläger], wenn er nach geschehener Freisprechung und geendigtem Verfahren von Neuem auf Auslieferung an Schädens Statt Klage erheben will, mit der Einrede der rechtlich entschiedenen Sache abgewehrt werden, weil die Sache schon im vorigen Verfahren zur Erörterung gebracht und beendigt worden ist. So lange aber das erstere Verfahren noch im Gange ist, steht dem Kläger frei, wenn es ihm leid werden sollte, den Herrn der Mitwissenschaft beschuldigt zu haben, zur Noxalklage überzugehen. Auch wenn umgekehrt wider den Herrn, der davon gewusst hat, die Klage auf Auslieferung an Schädens Statt geführt worden ist, darf [nachher] wider denselben keine Klage, welche die Ausliefe rung an Schädens Statt abschnitte, weiter ertheilt werden. Will er ihn aber noch während des Verfahrens selbst der Mitwissenschaft beschuldigen, so steht ihm nichts im Wege.
5Ulp. lib. III. ad Ed. Wenn ein Mehreren gehöriger Sclav ohne Wissen eines Einzigen etwas verbrochen hat, so wird die Noxalklage wider jeden derselben ertheilt; wenn aber mit Vorwissen Aller, so haftet ein jeder, während die Auslieferung an Schädens Statt wegfällt, wie wenn Mehrere etwas verbrochen haben, und es wird der Eine dadurch nicht frei, dass der Andere belangt worden ist. Wenn aber der Eine davon weiss, und der Andere nicht, so kann der Erstere, ohne Rücksicht auf die Auslieferung an Schädens Statt, belangt werden, der Letztere aber nur mit Rücksicht auf Auslieferung an Schädens Statt. 1Der Unterschied dieser Klagen besteht aber nicht blos darin, dass derjenige, welcher davon weiss, auf das Ganze [des angerichteten Schadens] haftet, sondern auch darin, dass derjenige Herr, mit dessen Wissen es geschehen ist, [selbst dann] haftet, wenn er den Sclaven verkauft oder freigelassen hat, oder dieser selbst gestorben ist. Wenn der Herr aber selbst gestorben ist, so haftet sein Erbe nicht;
6Idem lib. XVIII. ad Ed. doch haftet der Sclav, wenn er freigelassen worden ist, auch selbst.
7Idem lib. III. ad Ed. Die Noxalklage wird [wider mich] nur dann ertheilt, wenn der Sclav sich bei mir befindet; wenn er aber bei mir ist, so hafte ich auch dann, wenn er zu der Zeit, wo er die Uebelthat beging, nicht bei mir war, und mein Erbe haftet so lange der Schadensstifter lebt. 1Pomponius sagt, wenn der Käufer des Sclaven mit der Noxalklage in Anspruch genommen worden ist, so könne der Verkäufer, mit dessen Wissen [der Schaden angerichtet] worden ist, nicht weiter angegriffen werden.
8Idem lib. XXXVII. ad Ed. Wenn ein Mehreren gehöriger Sclav einen Diebstahl begangen hat, so haftet jeder seiner Herren durch die Noxalklage auf das Ganze; dies ist Rechtens. Der in Anspruch genommene kann aber der Streitwürderung nur dadurch entgehen, wenn er den Sclaven ganz an Schädens Statt ausliefert, und er wird nicht gehört werden, wenn er auch seinen Antheil abzutreten bereit ist. Ist er aber deswegen, dass seine Mitgenossen sich nicht zur Auslieferung verstanden haben, auf das Ganze verurtheilt worden, so kann er gegen dieselben die Gemeinguts- oder Erbtheilungsklage erheben. So lange er sich auf die Noxalklage noch nicht eingelassen hat, kann er sich durch die Abtretung seines Antheils sicher stellen, um nicht zur Einlassung auf dieselbe genöthigt zu sein, wiewohl man auf der andern Seite behaupten kann, dass wenn dem[jenigen, der den Schaden erlitten hat,] ein Antheil abgetreten werde, er dadurch die Klage verliere; denn sobald er zum Theil Herr geworden ist, kann er nicht wider seinen Mitgenossen die Noxalklage erheben, — ja er dürfte wohl gar nicht einmal die Gemeingutstheilungsklage wegen einer solchen Uebelthat erheben dürfen, die vor [dem Anfang] der Gemeinschaft begangen worden ist —; allein wenn ihm dies nicht freistände, so würde er offenbar zu kurz kommen; darum ist es richtiger, anzunehmen, dass ihm die Gemeingutstheilungsklage zustehe.
9Paul. lib. XXXIX. ad Ed. Wenn ein Mehreren gehöriges Gesinde oder ein Mehreren gehöriger Sclav, mit Vorwissen eines der Herren gestohlen hat, so haftet derselbe im Namen aller, und befreiet, wenn er belangt worden ist, den andern mit, kann auch von seinen Mitgenossen keinen Ersatz verlangen; denn er hat wegen seiner eigenen That die Strafe verdient. Wenn aber derjenige, ohne dessen Vorwissen es geschah, den doppelten Betrag hat erlegen müssen, so wird er von seinem Mitgenossen den einfachen wiedererlangen.
10Idem lib. XXII. ad Ed. Man kann aber auch aus dem Grunde wider den Mitgenossen klagen, dass er den gemeinschaftlichen Sclaven schlechter gemacht hat, ebensowohl wie wider jeden Andern, der eine gemeinschaftliche Sache schlechter gemacht hat. Sollte er übrigens nach der Auslieferung an Schädens Statt ausserdem nichts weiter mit uns gemeinschaftlich haben, so kann die Gesellschaftsklage, oder wenu wir in keiner Gesellschaft gestanden, die auf das Geschehene erhoben werden.
11Ulp. lib. VII. ad Ed. Der Besitzer eines Sclaven im guten Glauben haftet wegen desselben durch die Diebstahlsklage; der Eigenthümer desselben aber nicht; allein durch die Auslieferung an Schädens Statt macht er ihn nicht dem Kläger zu eigen. Wenn aber der Herr jenes Sclaven wegen desselben die Eigenthumsklage erheben sollte, so wird er durch die Einrede der Arglist abgewehrt werden, oder [der Beklagte] Schadloshaltung durch die richterliche Amtspflicht erhalten.
12Paul. lib. VI. ad Ed. Wenn der Besitzer im guten Glauben den Sclaven, welchen er im guten Glauben besass, entlassen hat, um nicht mit der Noxalklage in Anspruch genommen zu werden, so wird er durch die Klage gehalten, welche wider diejenigen ertheilt wird, die einen Sclaven in der Gewalt haben, oder arglistiger Weise es dahin gebracht haben, dass sie ihn nicht mehr besitzen, weil sie in Folge dessen noch für die Besitzer angesehen werden.
13Gaj. lib. XIII. ad Ed. prov. Die Noxalklage findet aber nicht blos wider den Besitzer im guten Glauben, sondern auch wider den im bösen Glauben Statt, denn es würde widersinnig sein, dass die Besitzer im guten Glauben sich auf die Klage einlassen, die Räuber aber dagegen sicher sein sollten.
14Ulp. lib. XVIII. ad Ed. Wer von Vielen aus dem Vergehen desselben Sclaven in Anspruch genommen wird, oder zwar von Einem, aber wegen mehrerer Vergehen, der hat nicht nöthig, weil er die Auslieferung nicht an Alle bewirken kann, denen die Streitwürderung anzubieten, welchen er nicht ausliefern kann. Wie also nun, wenn er von Mehreren in Anspruch genommen wird? Ist derjenige, welcher den Uebrigen zuvorkommt, insofern besser daran, dass die Auslieferung an ihn allein geschehen muss, oder muss dieselbe Allen geleistet werden, oder muss [jener] Sicherheit bestellen, ihn gegen die Uebrigen vertreten zu wollen? Es ist richtiger, anzunehmen, dass derjenige welcher den Uebrigen zuvor kommt, besser daran sei. Die Auslieferung wird daher nicht demjenigen geleistet, wer zuerst Klage erhoben, sondern wer zuerst ein [obsiegendes ] Erkenntniss erlangt hat; deshalb wird demjenigen, der nachher erst obgesiegt hat, die Klage der entschiedenen Sache verweigert. 1Auch wenn es ein Bedingtfreier gewesen, und die Bedingung vor der Auslieferung eingetreten und die Freiheit zufolge Fideicommisses zuvor gewährt, oder durch die eintretende Bedingung eines Vermächtnisses das Eigenthum [an dem Sclaven auf einen Andern] übertragen worden ist, muss der [vorige Herr] durch das billige Ermessen des Richters freigesprochen werden. Es wird auch Gegenstand der richterlichen Amtspflicht sein, demjenigen, dem ausgeliefert worden ist, wegen einer in Folge seiner, [des Ausliefernden], eigenen Handlung eintretenden Entwährung Sicherheit zu bestellen.
15Gaj. lib. VI. ad Ed. prov. Der Prätor muss die Uebertragung der Klage wider den Bedingtfreien verfügen. Wenn aber zur Zeit der rechtlichen Entscheidung die bedingt ertheilte Freiheit noch obschwebend ist, so, glauben Sabinus und Cassius, werde der Erbe durch die Uebergabe des Sclaven befreiet, weil er sein gesammtes Recht abtritt; dies ist richtig.
16Julian. lib. XXII. Dig. Wenn ein Erbe arglistiger Weise einen Bedingtfreien aus seiner Gewalt entfernt hat, und sich dieserhalb auf die Klage ohne Rücksicht auf die Auslieferung an Schädens Statt eingelassen hat, so muss derselbe auch, wenn die Bedingung für die bedingt ertheilte Freiheit erfüllt worden ist, verurtheilt werden, wie es der Fall sein würde, wenn der Sclav gestorben wäre.
17Paul. lib. XXII. ad Ed. Wenn ein Sclav mit Vorwissen des einen seiner beiden Herrn, aber ohne Wissen des andern, ein Verbrechen begangen hat, und zuvor wider denjenigen, der nichts davon wusste, Klage erhoben worden ist, und dieser den Sclaven an Schädens Statt ausgeliefert hat, so ist es unbillig, dass der Andere durch die Auslieferung eines Taugenichtses auch befreit werden solle. Es wird daher auch wider den Andern Klage erhoben werden können, und es wird [der Beeinträchtigte], wenn er seinem Schaden noch nicht vollständig beigekommen ist, ihn, mit Veranschlagung des Werthes des an Schädens Statt ausgelieferten Sclaven, erlangen; die Herren unter sich müssen sich aber vermittelst der Gemeingutstheilungsklage dergestalt ausgleichen, dass, wenn derjenige, mit dessen Wissen es geschehen ist, den vollen Schadensersatz geleistet hat, er nicht die Hälfte des ganzen Ersatzes, sondern nur die des Werthes des Sclaven erhält; solchergestalt wird auch, wenn der Andere den Ersatz geleistet hat, demselben die Hälfte davon zu Theil. Dass derjenige, welcher einem Sclaven etwas zu thun befahl, von seinem Mitgenossen Entschädigung erhalten sollte, wäre unbillig, indem er den Schaden durch sein eigenes Vergehen leidet. 1Wenn Mehrere wegen desselben Sclaven die Noxalklage wider mich erheben wollen, oder Einer wegen desselben Sclaven mehrere Klagen anstellt, an dem dir der Niessbrauch zusteht, die Eigenheit aber mein ist, so liegt es in der Amtspflicht des Richters, dass, wenn ich denselben an Schädens Statt ausgeliefert habe, ich dem Kläger auch den Niessbrauch verschaffe; ich, als Eigenheitsherr, werde aber durch den Prätor das erlangen, dass er dich nöthigt, entweder nach der Werthschätzung des Niessbrauchs zur Streitwürderung beizutragen, oder denselben abzutreten, wenn dies annehmlicher erscheinen sollte; will ich, als Eigenheitsherr, aber den Sclaven nicht vertreten, so ist dir dessen Vertheidigung zu verstatten, und wenn du, verurtheilt, denselben übergeben hast, so wirst du auch gegen mich geschützt.
18Pompon. lib. XVIII. ad Sabin. Derjenige, wer den Niessbrauch an einem Sclaven hat, hat in Folge dessen auch die Diebstahlsklage wider dessen Herrn, wie wenn er ein Dritter wäre; wider ihn findet dieselbe aber nicht Statt, wiewohl jener ihm dient; daher wird der verurtheilte Herr, wenn er dem Niessbraucher den Sclaven an Schädens Statt ausgeliefert hat, frei.
19Paul. lib. XXII. ad Ed. Wenn der Sclav des Titius einer mir und dir gemeinschaftlich gehörigen Sache einen Schaden zugefügt hat, und wir wider denselben Klage erheben wollen, so findet die Noxalklage Statt, damit der Verurtheilte nicht in Betracht jedes Einzelnen zur Auslieferung an Schädens Statt auf das Ganze genöthigt werde. Es lässt sich aber auch behaupten, der Schade sei gewissermaassen nur Einem zugegefügt und [mithin] auch nur eine Verbindlichkeit vorhanden, oder es sei beiden zusammen die Entschädigung in baarem Gelde zu leisten, oder an beide zugleich in Folge der richterlichen Amtspflicht die Auslieferung an Schädens Statt zu bewirken. Wenn aber [der Sclav] dem Einen von uns allein an Schädens Statt ganz ausgeliefert, und deshalb der Herr desselben in Ansehung beider freigesprochen worden ist, so haftet derjenige, dem an Schädens Statt ausgeliefert worden ist, dem Andern durch die Gemeingutstheilungsklage, so dass er demselben an dem an Schädens Statt ausgeliefert erhaltenen Sclaven die Gemeinschaft zugestehen muss, indem [er,] der Mitgenosse wegen einer gemeinschaftlichen Sache etwas erhalten hat. 1Wenn der Eigenheitsherr eines Sclaven, an dem der Niessbrauch einem Andern zusteht, dessen Handdienste gemiethet hat, so wird er den Worten [des Edicts] zufolge zur Auslieferung an Schädens Statt verurtheilt. 2Wenn dein Sclav ein Schiff führt, und dessen stellvertretender Untersclav, ebenfalls ein Schiffer, auf demselben Schiffe einen Schaden angerichtet hat, so wird wider dich ebensowohl eine Klage ertheilt werden, wie wenn der Schiffsrheder ein Freier und dieser Stellvertreter sein Sclav war, dergestalt, dass du [mittelst der Klage] wegen des Sondergutes deines Sclaven zur Auslieferung des stellvertretenden Untersclaven an Schädens Statt verurtheilt wirst; hat jedoch der Stellvertreter auf Geheiss deines Sclaven, oder mit dessen Vorwissen und während derselbe es geschehen liess, den Schaden angerichtet, so findet die Noxalklage wegen deines Sclaven selbst Statt, und dasselbe ist der Fall, wenn er es einem Matrosen befohlen hat.
20Gaj. lib. VII. ad Ed. prov. Wer aus mehreren Noxen zu verschiedenen Zeiten Klage erhebt, und in Folge der einen Uebelthat die Herrschaft über den Sclaven erworben hat, dem steht [von da an] keine Klage weiter wider den vorigen Herrn zu, indem die Noxalklage dem Sclaven folgt. Wenn hingegen der Herr bei der ersten Klage vorgezogen hat, die Streitwürderung zu tragen, so haftet er demselben Kläger, oder einem Andern, der aus einer andern Uebelthat Klage erhebt, nichts desto weniger.
21Ulp. lib. XXIII. ad Ed. Sobald ein Herr mit der Noxalklage angegriffen wird, und sich auf dieselbe nicht einlassen will, so bleibt nichts übrig, als denjenigen [Sclaven] an Schädens Statt auszuliefern, dessen wegen er sich nicht auf die Klage einlassen will, oder, wenn er es nicht thut, sich jeden Falls auf die Klage einzulassen; die Verurtheilung geschieht jedoch unter keiner andern Bedingung, als wenn er [den Sclaven] in der Gewalt hat, oder arglistiger Weise es dahin gebracht, dass er ihn nicht mehr besitzt. 1Diejenigen [Sclaven], deren wegen die Noxalklage erhoben worden ist, können, wie man angenommen hat, auch wenn sie abwesend sind, vertheidigt werden; jedoch nur, wenn sie eigene Sclaven sind; sind es fremde, oder ist es zweifelhaft, ob es eigene oder fremde seien, so müssen sie gegenwärtig sein; ich verstehe dies so, dass, wenn es sich ausweist, dass dieselben in gutem Glauben dienen, sie auch abwesend vertheidigt werden können. 2Der Prätor sagt: Wenn derjenige, in dessen Gewalt sich ein Sclav befinden soll, denselben in der Gewalt zu haben geleugnet hat, so werde ich, je nachdem es der Kläger wollen wird, ihm entweder den Eid auferlegen, dass sich derselbe wirklich nicht in seiner Gewalt befinde, und er auch arglistiger Weise es nicht dahin gebracht, dass er es nicht mehr sei, oder eine Klage ohne Rücksicht auf die Auslieferung an Schädens Statt ertheilen. 3In der Gewalt ist so zu verstehen, dass er die Fähigkeit und Gewalt habe, denselben zu stellen; ist er flüchtig geworden, oder ausser Landes befindlich, so ist nicht anzunehmen, dass er sich in der Gewalt befinde. 4Will der Beklagte den Eid nicht leisten, so befindet er sich ganz in derselben Lage, wie derjenige, der weder den Abwesenden vertheidigen noch ihn stellen will; dieselben werden als Ungehorsame verurtheilt. 5Wenn ein Vormund oder Curator auftritt, so muss einer wie der andere selbst schwören, dass sich [der Sclav] nicht in seines Herrn Gewalt befinde; wenn aber ein Geschäftsbesorger, so ist der Herr selbst zum Eide genöthigt. 6Wenn der Kläger auf dem Eid bestanden und der Beklagte denselben geleistet hat, und nachher der erstere die Noxalklage anstellen will, so fragt es sich, ob die Einrede des Schwures wider denselben zugelassen werden dürfe? Sabinus ist der verneinenden Ansicht, indem der Eid gleichsam etwas ganz Anderes betroffen habe, das heisst, dass derselbe sich damals nicht in seiner Gewalt befunden habe, sobald er aber in der Gewalt betroffen werde, auch wegen dessen Handlung Klage erhoben werden könne. Auch Neratius sagt, dass nach der geschehenen Eidesleistung der Kläger ohne Rücksicht auf die Auslieferung an Schädens Statt klagen könne, sobald er von der Behauptung ausgeht, dass [d]er [Beklagte] nach der Leistung des Eides [den Sclaven] in seine Gewalt bekommen habe.
22Paul. lib. XVIII. ad Ed. Wenn ein Sclav [Jemandem] in Verwahrung gegeben, oder geliehen worden ist, so kann die Noxalklage [nichts desto weniger] wider den Herrn erhoben werden; denn man nimmt an, dass er diesem dienstbar sei; und es befindet sich derselbe, wenn man das Edict berücksichtigt, auch in dessen Gewalt, besonders wenn er die Fähigkeit hat, den Sclaven zurückzufordern. 1Wer einen solchen zum Pfande empfangen, oder auf bittliches Ansuchen erhalten hat, haftet nicht durch die Noxalklage; denn wenn beide denselben auch rechtlicher Weise besitzen, so besitzen sie ihn doch nicht in dem Glauben, dessen Herren zu sein; sondern auch hier wird angenommen, dass er sich in des Herren Gewalt befinde, sobald der Herr die Fähigkeit besitzt, ihn zurückzufordern. 2Was heisst das aber, die Fähigkeit der Zurückforderung haben? Wenn Jemand Geld hat, um sich von seiner Verbindlichkeit damit zu befreien; denn Sachen zu verkaufen, um das Geld zu bezahlen und den Sclaven zurückzufordern, dazu darf er nicht gezwungen werden. 3Der Herr, welcher einen Sclaven in seiner Gewalt zu haben geständig ist, muss ihn entweder stellen, oder abwesend vertheidigen; wenn er dies nicht thut, so wird er gestraft, wie wenn er ihn gegenwärtig nicht an Schädens Statt ausgeliefert hätte. 4Hat der Herr geleugnet, ihn in seiner Gewalt zu haben, so überlässt der Prätor dem Kläger die Wahl, ob er die Entscheidung vom Eide abhängen lassen, oder eine Klage ohne Rücksicht auf die Auslieferung an Schädens Statt erheben wolle; hiernach wird er obsiegen, wenn er beweist, dass er sich in der Gewalt befinde, oder dass es durch [des Herrn] Arglist dahin gekommen sei, dass er es nicht mehr sei; wer den Beweis, dass der Sclav sich in seines Gegners Gewalt befinde, nicht führen kann, wird sachfällig.
23Gaj. lib. VI. ad Ed. prov. Auch wenn der Gegner desselben den Sclaven erst nachher in seine Gewalt bekommen, haftet derselbe aus dem neuerworbenen Besitz, während ihm die Einrede versagt wird.
24Paul. lib. XVIII. ad Ed. Es ist die Frage, ob blos wider denjenigen, der es arglistiger Weise dahin gebracht, dass er ihn nicht mehr in seiner Gewalt hat, die Noxalklage Statt finde, wenn es durch seine Arglist dahin gekommen ist, dass [die directe]55Glosse. Noxalklage wegfalle, z. B. wenn er seinem Sclaven Auftrag zur Flucht gegeben, oder ob demungeachtet auch wider jeden Andern Klage erhoben werden könne, was der Fall ist, wenn [der Sclav] veräussert oder freigelassen worden ist? Das Letztere ist richtiger. In diesem Fall kann der Kläger wählen, wider wen er klagen will. Julian sagt aber von demjenigen, der ihn freigelassen, dass, wenn der Freigelassene sich zu vertheidigen bereit ist, dem erstern eine Einrede zu ertheilen sei.
25Gaj. lib. VI. ad Ed. prov. Dasselbe ist der Fall, wenn ein neuer Herr sich die Klage wegen des Sclaven gefallen lässt.
26Paul. lib. XVIII. ad Ed. Die Wahl des Einen befreiet aber den Andern; denn der Prätor hat dafür gesorgt, dass der Kläger nicht geprellt werde, nicht aber gewollt, dass er einen Gewinn machen solle, und darum wird er vom Zweiten durch eine Einrede abgewehrt werden. 1Diesem nach ist es folgerichtig, dass wenn Mehrere es arglistiger Weise dahin gebracht haben, dass sie ihn nicht mehr in ihrer Gewalt haben, der Kläger wählen dürfe, wen er verklagen will. 2Ebenso steht, wenn einige von mehreren Herren arglistiger Weise aufgehört haben, ihre Antheile zu besitzen, dem Kläger die Wahl zu, ob er unmittelbar wider den [nunmehrigen] Besitzer klagen, oder die prätorische Klage wider den, der sich des Besitzes entlediget hat, erheben will. 3Wenn Jemand vor Gericht zugegeben hat, dass ein ihm nicht gehöriger Sclav ihm gehöre, so wird der Andere, wenn derselbe zahlt, befreiet. 4Wenn derjenige, dessen Besitz man sich arglistiger Weise entledigt hat, mit Tode abgegangen ist, bevor diese Klage erhoben worden, so wird man frei, weil dieselbe an die Stelle der unmittelbaren Klage nachfolgt; das Entgegengesetzte findet Statt, wenn man die Einlassung auf die Klage verzögert hat. 5Weder dem Erben noch wider den Erben ist deswegen die Klage zu verstatten, wenn der Erblasser [den Besitz] fälschlich geleugnet hat, noch jemals wider diesen selbst66Wenn er nämlich nachher seine Lüge widerruft.; denn es muss dem, der einen abwesenden Sclaven vertheidigt, freistehen, die Strafe des Edicts abzuwenden, d. h., dass er ohne [zur] Auslieferung an Schädens Statt [gelassen zu werden] belangt werde. Daher kannst du, wenn du, [anfänglich] geleugnet hast, dass der Sclav in deiner Gewalt sei, es nachher eingestehen, es müsste denn das Verfahren bereits wider dich eingeleitet sein; denn alsdann darfst du, wie Labeo sagt, kein Gehör finden. Octavenus sagt aber, man müsse dir unter Umständen auch, wenn bereits der Streit im Verfahren befangen sei, zu Hülfe kommen, wenigstens wenn dein Alter von der Art sei, dass dir Nachsicht zu Theil werden müsse. 6Wenn ein Sclav in Abwesenheit oder auch in Gegenwart seines Herrn festgenommen worden ist, und sich derselbe in solchem Verhältniss befindet, dass er in den vorigen Stand wieder eingesetzt werden kann, so wird ihm die Vertheidigung des festgenommenen verstattet; denn wer dessen Stellung fordert, den muss der Prätor zur Vertheidigung zulassen. Dasselbe ist dem Niessbraucher zu verstatten, oder wem [der Sclav] als Pfand bestellt worden, wenn der Herr gegenwärtig ist, und die Vertheidigung nicht übernehmen will, damit nicht des Einen Arglist oder Nachlässigkeit Andern Schaden bereite. Ein gleiches ist der Fall bei einem gemeinschaftlichen Sclaven, den der eine von seinen Herren [, wiewohl] gegenwärtig, nicht vertheidigen will. Allein man muss in diesen Fällen auch dem Kläger zu Hülfe kommen77Durch Wiederverleihung der Noxalklage., weil man angenommen hat, dass durch die Erwerbung des Eigenthums die Klage verloren gehe; denn sobald der Sclav auf Befehl des Prätors abgeführt worden, wird er dem gehörig, der ihn abgeführt hat.
27Gaj. lib. VI. ad Ed. prov. Wenn es sich in einer Noxalklage um einen Sclaven handelt, der [einem Andern] unterpfandsweise haftet, oder dessen Niessbrauch einem Andern zusteht, so ist zu bemerken, dass, wenn der Gläubiger oder Niessbraucher gegenwärtig dessen Vertheidigung nicht übernehmen will, der Proconsul einschreiten und die rechtliche Verfolgung des Pfandes oder die Klage wegen des Niessbrauches verweigern werde. In diesem Fall, kann man sagen, löst sich die Pfandverbindlichkeit von selbst auf; denn ein Pfand, dessen rechtliche Verfolgung verweigert wird, ist so gut wie keines. Der Niessbrauch hingegen dauert, wenn auch dessen Verfolgung verweigert wird, dem Rechte selbst zufolge so lange, bis er nach Ablauf der bestimmten Verjährungszeit durch Nichtgebrauch erlischt. 1Aus dem, was wir über den Sclaven, der Jemandem unterpfandsweise verpflichtet ist, vom Bedingtfreien, und demjenigen, woran der Niessbrauch einem Andern zusteht, gesagt haben, erhellt, dass derjenige, wer einen ihm nicht gehörigen Sclaven vor Gericht für ihm gehörig ausgegeben hat, durch die Auslieferung des Schadenstifters dennoch dem Rechte selbst zufolge nicht befreiet werden könne, wiewohl er durch die Noxalklage hafte, weil sie kein Eigenthum auf den Kläger übertragen können, indem sie selbst nicht Eigenthümer sind. Wenn jedoch der Eigenthümer den aus einem solchen Grunde übergebenen [Sclaven] nachher eigenthümlich zurückverlangen sollte, ohne die Streitwürderung anzubieten, so kann er durch die Einrede der Arglist abgewehrt werden.
28African. lib. VI. Quaest. Ich kann überhaupt, wenn ich eines fremden Sclaven wegen, der dir in rechtmässiger Sclaverei dient, wider dich die Noxalklage erhoben, und du ihn mir an Schädens Statt ausgeliefert hast, sowohl wenn dessen Herr ihn von mir, als derzeitigem Besitzer, eigenthümlich zurückverlangt, ihn durch die Einrede der Arglist, wenn er die Streitwürderung zu erlegen sich nicht erbietet, abwehren, als es wird auch mir, wenn er selbst ihn besitzt, die Publiciane ertheilt, und es wird mir wider denselben, wenn er sich einredeweise [auf das Eigenthum] berufen sollte, dafern er Eigenthümer desselben ist, die Replik der Arglist von Nutzen sein. Hiernach werde ich denselben auch durch den Gebrauch ersitzen, wenn ich ihn gleich als einen fremden wissentlich besitze; denn wollte man hier anders bestimmen, so würde der Besitzer im guten Glauben die grösste Unbilligkeit erleiden, wenn ihm, da wider ihn dem Rechte selbst zufolge die Noxalklage Statt findet, die Nothwendigkeit obliegen sollte, die Streitwürderung zu tragen. Dasselbe muss alsdann zur Anwendung kommen, wenn ich den [Sclaven], weil er von dem [Herrn] nicht vertheidigt ward, auf Befehl des Prätors abgeführt habe, weil ich auch in diesem Fall einen rechtmässigen Grund des Besitzes habe.
29Gaj. lib. VI. ad Ed. prov. Es kann aber nicht blos derjenige, wer [den Sclaven] nicht in der Gewalt hat, [die Einlassung auf] die Noxalklage verweigern, sondern es steht auch demjenigen, wer ihn in der Gewalt hat, frei, die Klage dadurch zu vermeiden, dass er ihn unvertheidigt in Stich lässt; der letztere muss jedoch dann sein Recht, wie wenn er verurtheilt worden wäre, auf den Kläger übertragen.
30Idem lib. ad Ed. Praet. urb. tit. de damno inf. Bei den Noxalklagen kommen diejenigen, welche im guten Glauben abwesend sind, nicht um ihr Recht, sondern es wird ihnen, wenn sie zurückgekehrt sind, die Befugniss der Vertheidigung nach billigem Ermessen ertheilt, vorausgesetzt, dass sie die Herren sind, oder ein anderes Recht an der Sache haben, wie Gläubiger und Niessbraucher.
31Paul. lib. VII. ad Plaut. Wenn der Prätor sagt, er werde, wenn ein ganzes Gesinde einen Diebstahl begangen, in der Art eine Klage ertheilen, dass der Kläger ebensoviel erlange, als er erlangen würde, wenn es ein Freier gethan hätte, so fragt es sich, ob er hier den Schadensersatz in Gelde, oder auch die Auslieferung an Schädens Statt vor Augen habe, dass also, wenn aus dem Erlöse der an Schädens Statt Ausgelieferten das Doppelte [des wirklichen Schadenbetrags] vereinnahmt wird, die folgenden Klagen dadurch wegfallen. Sabinus und Cassius sind der Meinung, es müsse auch der Erlös aus den an Schädens Statt Ausgelieferten in Anrechnung gebracht werden; diesem tritt Pomponius bei, und es ist wahr; denn auch wenn ein Sclav, den Niemand vertheidigt, abgeführt worden ist, kommt dessen Werthschätzung in Betracht. Julian meint, es sei wenigstens nicht blos auf die Verdoppelung, sondern auch auf die Condiction Rücksicht zu nehmen; man müsse darauf sehen, ob die Sclaven zur Zeit des begangenen Diebstahls alle zu einem Gesinde gehört haben; denn wenn die [vorher] mehreren Herren gehörigen Sclaven nachher einem einzigen gehörig geworden seien, so findet das Edict nicht Statt.
32Callistrat. lib. II. Ed. monit. Wenn derjenige, welcher sich in fremder Gewalt befindet, und von dem behauptet wird, dass er ein Vergehen begangen habe, nicht vertheidigt wird, so wird er [vom Kläger] abgeführt; ist der Herr gegenwärtig, so muss er ihn übergeben, und wegen Arglist zu haften versprechen.
33Pompon. lib. XIV. ad Sabin. Niemand kann gezwungen werden, im Wege der Noxalklage einen Andern zu vertheidigen; wenn dieser aber, den er nicht vertheidigen will, ein Sclav ist, so muss er auf denselben Verzicht leisten; ist es ein Freier, der sich in der Gewalt befindet, so ist ihm ohne Unterschied seine Vertheidigung selbst zu überlassen;
34Julian. lib. IV. ad Urseium Ferocem. denn sobald Einer seinen Familiensohn wegen eines Verbrechens nicht vertheidigen will, wird wider denselben selbst eine Klage ertheilt.
36Idem lib. XXXVII. ad Ed. Wer einen verpfändeten, nachher aber vom Schuldner wieder heimlich zu sich genommenen Sclaven vom Schuldner gekauft hat, der haftet für denselben wegen [von demselben begangenen] Diebstahls, weil er das Eigenthum an dem Sclaven erworben hat, und es thut nichts, dass derselbe ihm durch die Servianische Klage entrissen werden kann. Dasselbe ist der Fall, wenn Jemand von Einem, der noch nicht fünfundzwanzig Jahre alt ist, oder wissentlich, dass es zum betrüglichen Nachtheil der Gläubiger geschehe, [den Sclaven] gekauft hat; denn diese müssen, wiewohl ihnen das Eigenthum entzogen werden kann, dennoch unterdessen belangt werden.
37Tryphonin. lib. XV. Disp. Wenn mir ein fremder Sclav etwas gestohlen hat, der nachher mein eigen geworden ist, so erlischt die Diebstahlsklage, welche mir zustand, sobald sie noch nicht anhängig gemacht worden ist; auch wird dieselbe, wenn ich nachher denselben wieder veräussert, den ich vor der Einleitung des Verfahrens gekauft hatte, nicht wieder hergestellt. Habe ich ihn hingegen erst nach der Einleitung des Verfahrens gekauft, so muss der Verkäufer verurtheilt werden,
38Ulp. lib. XXXVII. ad Ed. wie wenn er ihn an einen Andern verkauft hätte; denn es ist einerlei, an wen er ihn verkauft hat, ob an den Gegner selbst oder an einen Andern, und wenn er sich durch den Verkauf der Möglichkeit der Auslieferung des Schadensstifters beraubt hat, so muss er durch seine eigene Schuld die Streitwürderung tragen. 1Julian schreibt aber im zweiundzwanzigsten Buche der Digesten, dass ich, wenn ich einen Sclaven laufen lasse, der dich bestohlen hat, frei von aller Verbindlichkeit werde, weil er sofort aufhört, mir gehörig zu sein, damit nicht wegen eines herrenlosen Sclaven die Diebstahlsklage Statt finde. 2Wenn mein Sclav eine dir gehörige Sache gestohlen und verkauft hat, und du ihm das aus deren Verkauf gelöste Geld aus der Hand geschlagen hast, so findet von beiden Seiten die Diebstahlsklage Statt; denn du kannst sowohl wegen des von dem Sclaven begangenen Diebstahls die Noxalklage wider mich erheben, als ich wider dich wegen der Geldstücke. 3Auch wenn ich dem Sclaven meines Gläubigers Geld gezahlt habe, damit dieser es seinem Herrn gebe, wird, wenn dieser die empfangenen Gelder untergeschlagen, ebenfalls die Diebstahlsklage Statt finden.
39Julian. lib. IX. Dig. Wenn ein Mehreren gemeinschaftlich gehöriger Sclav einen Diebstahl begangen und Alle es arglistiger Weise dahin gebracht haben, dass sie ihn nicht mehr in ihrer Gewalt haben, so muss der Prätor der Klage des bürgerlichen Rechts folgen, und eine würdenrechtliche Klage, welche er aus diesem Grunde verspricht, wider denjenigen ertheilen, den der Kläger ausgewählt hat; denn er braucht dem Kläger nicht mehr zu gewähren, als dass er, ohne Berücksichtigung der Auslieferung des Schädensstifters, wider den klagen könne, gegen den er die Noxalklage hätte erheben können, wenn der Sclav gestellt worden wäre. 1Wer einbekennt, dass ein fremder Sclav ihm gehöre, muss, wenn er88Unser Text hat hier wahrscheinlich durch einen Druckfehler eine falsche Interpunction. auch durch die Schädensklage verpflichtet ist, demungeachtet nach Untersuchung der Sache Bürgschaft bestellen. Wer aber wegen eines [eigenen] Sclaven belangt wird, darf mit keiner Bürgschaftsstellung beschwert werden, denn er übernimmt ja nicht freiwillig die Vertheidigung eines fremden Sclaven. 2Wenn Jemand den Herrn bezüchtigt, es arglistiger Weise dahin gebracht zu haben, dass sich ein Sclav nicht mehr in seiner Gewalt befinde, jener aber behauptet, dass dieser Sclav von einem Andern mit Bestellung einer Bürgschaft vertheidigt werde, so findet die Einrede der Arglist Statt. 3Es wird aber der Herr, auch wenn der Sclav nach Einleitung des Verfahrens mit ihm erschienen, und weil er nicht vertheidigt ward, abgeführt worden ist, durch Vorschützung der Einrede der Arglist freigesprochen werden. 4Wenn der Sclav vor der Einleitung des Verfahrens gestorben ist, so haftet der Herr durch diese Klage keinen Falls.
40Idem lib. XXII. Dig. Wenn ein vermachter Sclav vor dem Erbantritt dem künftigen Erben eine Sache gestohlen hat, so kann derselbe wider den Vermächtnissinhaber, nach Empfang des Vermächtnisses, wegen Diebstahls Klage erheben. Hat hingegen derselbe Sclav eine Erbschaftssache gestohlen, so fällt die Diebstahlsklage weg, weil an Sachen dieser Art kein Diebstahl geschehen kann; dagegen findet die Klage auf Auslieferung Statt.
41Idem lib. II. ad Urseium Ferocem. Wenn ein Zweien gemeinschaftlich gehöriger Sclav dem einen seiner Herren einen widerrechtlichen Schaden zugefügt hat, so findet deshalb die Aquilische Klage nicht Statt, weil, wenn er einem Dritten geschadet hätte, wider den einen von beiden allein die Aquilische Klage auf das Ganze erhoben werden kann; gleichwie wenn ein Zweien gemeinschaftlich gehöriger Sclav [den einen von beiden] bestohlen hat, wider den andern nicht die Diebstahlsklage, sondern nur die Gemeingutstheilungsklage angestellt werden kann.
42Ulp. lib. XXXVII. ad Ed. Wenn derjenige, dessen wegen eine Noxalklage eingeleitet worden, frei zu sein behauptet hat, so muss dieses Verfahren angehalten werden, bis über sein Standesrecht erkannt worden ist; ist er nun also für einen Sclaven erklärt worden, so tritt die Noxalklage wieder in Wirksamkeit, wenn aber für einen Freien, so erscheint sie als unnütz. 1Wer wegen eines gestorbenen Sclaven, ohne von seinem Tode unterrichtet zu sein, sich auf eine Noxalklage eingelassen hat, der muss freigesprochen werden, weil die Verbindlichkeit, seinetwegen Ersatz zu leisten, wegfällt. 2Diese Klagen sind immerwährend, und haben so lange Statt, als man die Fähigheit besitzt, den Sclaven auszuliefern; auch steht sie nicht blos uns selbst, sondern auch unsern Nachfolgern zu; nicht minder wider die Nachfolger, jedoch nicht als solche, sondern in Folge des Eigenthumsrechts. Wenn es daher der Fall ist, dass ein Sclav an einen Andern gekommen ist, so wird der neue Herr in Folge des Eigenthumsrechts mit der Noxalklage belangt.
43Pompon. lib. VIII. Epist. Die Sclaven, welchen die Noxa folgt, müssen da vertheidigt werden, wo ihnen die Begehung des Verbrechens Schuld gegeben wird; darum muss der Herr dieselben da stellen, wo sie die Gewaltthätigkeit ausgeübt zu haben bezichtigt werden, und es kann der Fall eintreten, dass derselbe das Eigenthum über alle verliert, wenn er sie nicht vertheidigt.