Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 44 übersetzt von Sintenis
Dig. XLIV5,
Quarum rerum actio non datur
Liber quadragesimus quartus
V.

Quarum rerum actio non datur

(In welchen Angelegenheiten keine Klage ertheilt wird.)

1Ulpianus libro septuagensimo sexto ad edictum. Iusiurandum vicem rei iudicatae optinet non immerito, cum ipse quis iudicem adversarium suum de causa sua fecerit deferendo ei iusiurandum. 1Si pupillus sine tutoris auctoritate detulerit iusiurandum, dicemus non obstare exceptionem istam, nisi tutore auctore in iudicio delatio facta sit. 2Si petitor fundi iusiurandum detulerit adversario, ut, si auctor eius iurasset suum fundum se tradidisse, ab ea controversia discessurum se, exceptio possessori fundi dabitur. 3Si fideiussor iuravit, si quidem de sua persona tantum iuravit, quasi se non esse obligatum, nihil reo proderit: si vero in rem iuravit, dabitur exceptio reo quoque. 4Si manumisero eum servum, qui negotia mea gesserat in servitute, deinde stipulatus ab eo fuero, quod negotia mea gesserit, quidquid ob eam rem, si tunc liber fuisset, eum mihi dare oporteret, id dari, deinde ex stipulatu agam, non summoveri me exceptione: neque enim oneratum se hoc nomine potest queri libertus, si lucrum abruptum ex re patroni non faciat. 5Quae onerandae libertatis causa stipulatus sum, a liberto exigere non possum. onerandae autem libertatis causa facta bellissime ita definiuntur, quae ita imponuntur, ut, si patronum libertus offenderit, petantur ab eo semperque sit metu exactionis ei subiectus, propter quem metum quodvis sustineat patrono praecipiente. 6In summa si in continenti impositum quid sit liberto, quod ἐπαιωρούμενον oneret eius libertatem, dicendum est exceptioni locum facere. sed si post intervallum, habet quidem dubitationem, quia nemo eum cogebat hoc promittere: sed idem erit probandum et hic, tamen causa cognita, si liquido appareat libertum metu solo vel nimia patrono reverentia ita se subiecisse, ut vel poenali quadam stipulatione se subiceret. 7Si libertatis causa societatem libertus cum patrono coierit et patronus cum liberto pro socio agat, an haec exceptio sit necessaria? et puto ipso iure tutum esse libertum adversus exactionem patroni. 8Exceptionem onerandae libertatis causa, sicut et ceteras fideiussori non esse denegandas sciendum est, nec ei quidem, qui rogatu liberti reus factus est: sed et ipsi liberto, sive procurator ad defendendum a reo datus fuerit sive heres ei exstiterit. cum enim propositum sit praetori in huiusmodi obligationibus reo succurrere, non servaturum propositum suum, nisi fideiussorem quoque et eum, qui rogatu liberti reus factus fuerit, adversus patronum defenderit: etenim parvi refert, protinus libertus patrono cogatur dare an per interpositam fideiussoris vel rei personam. 9Sive autem ipsi patrono sit promissum sive alii voluntate patroni, onerandae libertatis causa videtur factum et ideo haec exceptio locum habebit. 10Quod si patronus libertum suum delegaverit creditori, an adversus creditorem, cui delegatus promisit libertatis causa onerandae, exceptione ista uti possit, videamus. et Cassius existimasse Urseium refert creditorem quidem minime esse submovendum exceptione, quia suum recepit: verumtamen libertum patrono posse condicere, si non transigendae controversiae gratia id fecit. 11Item si libertus debitorem suum patrono delegaverit, nulla exceptione summovendus est patronus, sed libertus a patrono per condictionem hoc repetet. 12Haec exceptio non tantum ipsi liberto, verum successoribus quoque liberti danda est: et versa vice heredem patroni summovendum, si haec persequatur, sciendum est.
1Ulp. lib. LXXVI. ad Ed. Der Eid vertritt die Stelle der rechtlich entschiedenen Sache, und mit Recht, indem man durch den Eidesantrag seinen Gegner zum Richter in eigener Sache macht. 1Wenn ein Unmündiger ohne seines Vormundes Ermächtigung einen Eid angetragen hat, so werden wir sagen, dass jene Einrede11Des Eides. nicht entgegenstehe, ausser wenn der Eidesantrag unter Ermächtigung des Vormundes vor Gericht geschehen ist. 2Wenn Der, welcher Klage auf ein Landgut erhoben, seinem Gegner einen Eid angetragen hat, sodass er, wenn dessen Vorgänger [im Besitz] geschworen, dass er das Landgut als ihm gehörig übergeben habe, vom Streite ablassen wolle, so wird dem Besitzer des Landgutes die Einrede ertheilt werden. 3Wenn der Bürge geschworen hat, und zwar blos in Rücksicht seiner Person, er sei nicht verbindlich, so nützt dies dem Schuldner nichts; hat sein Eid aber eine dingliche Beziehung, so wird auch dem Letztern eine Einrede ertheilt. 4Wenn ich den Sclaven freigelassen habe, der, während er in dem Verhältniss als Sclave stand, meine Geschäfte geführt hat, und ich nachher von ihm stipulirt habe, er solle mir alles Dasjenige in Bezug auf die geschehene Geschäftsführung22Die Uebersetzung der Worte quod (Flor.) negotia mea gesserit, quicquid ob eam rem etc. ist ein wenig freier, um nicht unbehülflich zu sein. geben, was er mir würde geben müssen, wenn er damals schon ein Freier gewesen wäre, und darauf aus der Stipulation Klage erhebe, so werde ich durch keine Einrede abgewiesen, denn der Freigelassene kann sich nicht beklagen, als sei er dadurch beschwert worden, wenn er einen aus dem Vermögen des Freilassers gezogenen Gewinn nicht behält. 5Was ich zur Beschwerung der Freiheit stipulirt habe, kann ich von einen Freigelassenen nicht fodern. Dass Etwas zur Beschwerung der Freiheit geschehen sei, wird dem Begriff nach am richtigsten so bezeichnet: Alles, was dergestalt auferlegt worden, dass, wenn der Freigelassene den Freilasser beleidigt hat, es von demselben gefodert werden kann, und er immer ihm durch die Besorgniss, dass er seine Foderung geltend machen werde, unterthan ist, wegen welcher Furcht er auf Befehl seines Freilassers sich lieber Alles gefallen lässt. 6Ueberhaupt kann man sagen, dass, wenn einem Freigelassenen sofort [bei der Freilassung] Etwas auferlegt worden, was seine Freiheit mit einer Bedrohung beschwert, die Einrede Platz ergreife. Wenn aber nach Verlauf einer Zwischenzeit, so liesse sich zwar ein Zweifel aufstellen, weil ihn Niemand zu dem Versprechen zwang, allein es gilt auch hier das Nämliche, natürlich wenn sich nach vorheriger Erörterung klar ergiebt, dass der Freigelassene allein durch Furcht, oder zu grosse Ehrfurcht sich dergestalt unterworfen habe, dass er gewissermaassen sich durch eine Strafstipulation unterwarf. 7Wenn ein Freigelassener mit seinem Freilasser der Freiheit wegen einen Gesellschaftscontract eingegangen ist, und der Freilasser wider denselben die Gesellschaftsklage erhebt, ist da diese Einrede nöthig? Meiner Ansicht nach ist der Freigelassene wider des Freilassers Anfoderungen dem Rechte selbst zufolge sicher. 8Es ist zu bemerken, dass die Einrede, es sei Etwas zur Beschwerung des Freiheit geschehen, dem Bürgen sowenig wie jede andere verweigert werden dürfe; ebensowenig auch Dem, der auf Ersuchen des Freigelassenen Hauptschuldner geworden ist, aber auch dem Freigelassenen selbst33Diese Verbindung giebt schon die Negation zu erkennen, die unser Text mit Hal. supplirt., er möge nun vom Hauptschuldner als Geschäftsbesorger zur Vertheidigung [wider eine desfalsige Klage] bestellt, oder sein Erbe geworden sein; denn da es des Prätors Absicht ist, bei Verbindlichkeiten dieser Art dem Schuldner zu helfen, so würde er seinen Vorsatz nicht ausführen, wenn er nicht auch den Bürgen, und Den, der auf Ersuchen des Freigelassenen Schuldner geworden ist, wider den Freilasser in Schutz nähme; denn es ist einerlei, ob der Freigelassene selbst zur Entrichtung einer Verbindlichkeit an den Freilasser genöthigt werde, oder durch die Zwischenperson eines Bürgen oder Hauptschuldners. 9Der Begriff, dass Etwas zur Beschwerung der Freiheit geschehen sei, bleibt sich gleich, es mag dem Freilasser, oder mit seinem Willen einem Andern das Versprechen geleistet worden sein, und darum wird diese Einrede auch statthaben. 10Es ist die Frage, ob sich der Freigelassene dieser Einrede wider den Gläubiger bedienen könne, dem ihm sein Freilasser unterstellt, und dem er ein Versprechen zur Belästigung der Freiheit gethan hat? — Cassius sagt, Ursejus sei der Ansicht gewesen, der Gläubiger dürfe zwar durch keine Einrede abgewehrt werden, weil er nur das Seine wiederfodere, es könne aber der Freigelassene den Freilasser mit einer Condiction angreifen, wenn er es44Das Versprechen an den Gläubiger: Glosse. nicht zur Beseitigung eines Streites im Wege des Vergleichs gethan hat. 11Ingleichen darf der Freilasser, wenn ein Freigelassener seinem Freilasser seinen Schuldner unterstellt hat, durch keine Einrede abgewehrt werden, sondern der Freigelassene wird dies vom Freilasser durch eine Condiction zurückfodern. 12Diese Einrede muss nicht blos dem Freigelassenen selbst, sondern auch seinen Rechtsnachfolgern ertheilt werden, und umgekehrt des Freilassers Erbe abgewehrt werden, wenn er Klage auf dergleichen erheben sollte.
2Paulus libro septuagensimo primo ad edictum. Si filio familias delatum sit iusiurandum et iuraverit patrem suum dare non oportere, danda est patri exceptio. 1Si in alea rem vendam, ut ludam, et evicta re conveniar, exceptione summovebitur emptor. 2Si servus promittat domino pecuniam, ut manumittatur, cum alias non esset manumissurus dominus, eamque liber factus spondeat: dicitur non obstare exceptionem patrono, si eam petat: non enim onerandae libertatis causa haec pecunia promissa est. alioquin iniquum est, dominum et servo carere et pretio eius. totiens ergo onerandae libertatis causa pecunia videtur promitti, quotiens sua sponte dominus manumisit et propterea velit libertum pecuniam promittere, ut non exigat eam, sed ut libertus eum timeat et obtemperet ei.
2Paul. lib. LXXI. ad Ed. Wenn einem Haussohne ein Eid angetragen worden ist, und er geschworen hat, dass sein Vater nicht zu geben verpflichtet sei, so muss dem Vater eine Einrede ertheilt werden. 1Ad Dig. 44,5,2,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 420, Note 7.Wenn ich eine Sache im Hasardspiele verkaufe, um zu spielen, und nachdem dieselbe entwährt worden, angegriffen werde, so wird der Käufer durch eine Einrede abgewiesen werden. 2Wenn ein Sclave seinem Herrn Geld verspricht, um freigelassen zu werden, da ihn der Herr nicht anders freigelassen haben würde, und derselbe ihm, freigeworden, deshalb angelobt, so steht dem Freilasser, wenn er darauf Klage erhebt, keine Einrede entgegen; denn dieses Geld ist nicht zur Belästigung der Freiheit versprochen worden; es wäre vielmehr unbillg, wenn der Herr um seinen Sclaven kommen sollte, und um dessen Preis dazu. Zur Belästigung der Freiheit scheint also vielmehr allemal dann Geld versprochen zu werden, wenn der Herr einen Sclaven freiwillig freigelassen hat, und verlangt, dass der Freigelassene deshalb eine Summe Geldes verspreche, nicht gerade um sie zu fodern, sondern damit der Freigelassene ihn fürchte und gehorche.