Quarum rerum actio non datur
(In welchen Angelegenheiten keine Klage ertheilt wird.)
1Ulp. lib. LXXVI. ad Ed. Der Eid vertritt die Stelle der rechtlich entschiedenen Sache, und mit Recht, indem man durch den Eidesantrag seinen Gegner zum Richter in eigener Sache macht. 1Wenn ein Unmündiger ohne seines Vormundes Ermächtigung einen Eid angetragen hat, so werden wir sagen, dass jene Einrede11Des Eides. nicht entgegenstehe, ausser wenn der Eidesantrag unter Ermächtigung des Vormundes vor Gericht geschehen ist. 2Wenn Der, welcher Klage auf ein Landgut erhoben, seinem Gegner einen Eid angetragen hat, sodass er, wenn dessen Vorgänger [im Besitz] geschworen, dass er das Landgut als ihm gehörig übergeben habe, vom Streite ablassen wolle, so wird dem Besitzer des Landgutes die Einrede ertheilt werden. 3Wenn der Bürge geschworen hat, und zwar blos in Rücksicht seiner Person, er sei nicht verbindlich, so nützt dies dem Schuldner nichts; hat sein Eid aber eine dingliche Beziehung, so wird auch dem Letztern eine Einrede ertheilt. 4Wenn ich den Sclaven freigelassen habe, der, während er in dem Verhältniss als Sclave stand, meine Geschäfte geführt hat, und ich nachher von ihm stipulirt habe, er solle mir alles Dasjenige in Bezug auf die geschehene Geschäftsführung22Die Uebersetzung der Worte quod (Flor.) negotia mea gesserit, quicquid ob eam rem etc. ist ein wenig freier, um nicht unbehülflich zu sein. geben, was er mir würde geben müssen, wenn er damals schon ein Freier gewesen wäre, und darauf aus der Stipulation Klage erhebe, so werde ich durch keine Einrede abgewiesen, denn der Freigelassene kann sich nicht beklagen, als sei er dadurch beschwert worden, wenn er einen aus dem Vermögen des Freilassers gezogenen Gewinn nicht behält. 5Was ich zur Beschwerung der Freiheit stipulirt habe, kann ich von einen Freigelassenen nicht fodern. Dass Etwas zur Beschwerung der Freiheit geschehen sei, wird dem Begriff nach am richtigsten so bezeichnet: Alles, was dergestalt auferlegt worden, dass, wenn der Freigelassene den Freilasser beleidigt hat, es von demselben gefodert werden kann, und er immer ihm durch die Besorgniss, dass er seine Foderung geltend machen werde, unterthan ist, wegen welcher Furcht er auf Befehl seines Freilassers sich lieber Alles gefallen lässt. 6Ueberhaupt kann man sagen, dass, wenn einem Freigelassenen sofort [bei der Freilassung] Etwas auferlegt worden, was seine Freiheit mit einer Bedrohung beschwert, die Einrede Platz ergreife. Wenn aber nach Verlauf einer Zwischenzeit, so liesse sich zwar ein Zweifel aufstellen, weil ihn Niemand zu dem Versprechen zwang, allein es gilt auch hier das Nämliche, natürlich wenn sich nach vorheriger Erörterung klar ergiebt, dass der Freigelassene allein durch Furcht, oder zu grosse Ehrfurcht sich dergestalt unterworfen habe, dass er gewissermaassen sich durch eine Strafstipulation unterwarf. 7Wenn ein Freigelassener mit seinem Freilasser der Freiheit wegen einen Gesellschaftscontract eingegangen ist, und der Freilasser wider denselben die Gesellschaftsklage erhebt, ist da diese Einrede nöthig? Meiner Ansicht nach ist der Freigelassene wider des Freilassers Anfoderungen dem Rechte selbst zufolge sicher. 8Es ist zu bemerken, dass die Einrede, es sei Etwas zur Beschwerung des Freiheit geschehen, dem Bürgen sowenig wie jede andere verweigert werden dürfe; ebensowenig auch Dem, der auf Ersuchen des Freigelassenen Hauptschuldner geworden ist, aber auch dem Freigelassenen selbst33Diese Verbindung giebt schon die Negation zu erkennen, die unser Text mit Hal. supplirt., er möge nun vom Hauptschuldner als Geschäftsbesorger zur Vertheidigung [wider eine desfalsige Klage] bestellt, oder sein Erbe geworden sein; denn da es des Prätors Absicht ist, bei Verbindlichkeiten dieser Art dem Schuldner zu helfen, so würde er seinen Vorsatz nicht ausführen, wenn er nicht auch den Bürgen, und Den, der auf Ersuchen des Freigelassenen Schuldner geworden ist, wider den Freilasser in Schutz nähme; denn es ist einerlei, ob der Freigelassene selbst zur Entrichtung einer Verbindlichkeit an den Freilasser genöthigt werde, oder durch die Zwischenperson eines Bürgen oder Hauptschuldners. 9Der Begriff, dass Etwas zur Beschwerung der Freiheit geschehen sei, bleibt sich gleich, es mag dem Freilasser, oder mit seinem Willen einem Andern das Versprechen geleistet worden sein, und darum wird diese Einrede auch statthaben. 10Es ist die Frage, ob sich der Freigelassene dieser Einrede wider den Gläubiger bedienen könne, dem ihm sein Freilasser unterstellt, und dem er ein Versprechen zur Belästigung der Freiheit gethan hat? — Cassius sagt, Ursejus sei der Ansicht gewesen, der Gläubiger dürfe zwar durch keine Einrede abgewehrt werden, weil er nur das Seine wiederfodere, es könne aber der Freigelassene den Freilasser mit einer Condiction angreifen, wenn er es44Das Versprechen an den Gläubiger: Glosse. nicht zur Beseitigung eines Streites im Wege des Vergleichs gethan hat. 11Ingleichen darf der Freilasser, wenn ein Freigelassener seinem Freilasser seinen Schuldner unterstellt hat, durch keine Einrede abgewehrt werden, sondern der Freigelassene wird dies vom Freilasser durch eine Condiction zurückfodern. 12Diese Einrede muss nicht blos dem Freigelassenen selbst, sondern auch seinen Rechtsnachfolgern ertheilt werden, und umgekehrt des Freilassers Erbe abgewehrt werden, wenn er Klage auf dergleichen erheben sollte.
2Paul. lib. LXXI. ad Ed. Wenn einem Haussohne ein Eid angetragen worden ist, und er geschworen hat, dass sein Vater nicht zu geben verpflichtet sei, so muss dem Vater eine Einrede ertheilt werden. 1Ad Dig. 44,5,2,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 420, Note 7.Wenn ich eine Sache im Hasardspiele verkaufe, um zu spielen, und nachdem dieselbe entwährt worden, angegriffen werde, so wird der Käufer durch eine Einrede abgewiesen werden. 2Wenn ein Sclave seinem Herrn Geld verspricht, um freigelassen zu werden, da ihn der Herr nicht anders freigelassen haben würde, und derselbe ihm, freigeworden, deshalb angelobt, so steht dem Freilasser, wenn er darauf Klage erhebt, keine Einrede entgegen; denn dieses Geld ist nicht zur Belästigung der Freiheit versprochen worden; es wäre vielmehr unbillg, wenn der Herr um seinen Sclaven kommen sollte, und um dessen Preis dazu. Zur Belästigung der Freiheit scheint also vielmehr allemal dann Geld versprochen zu werden, wenn der Herr einen Sclaven freiwillig freigelassen hat, und verlangt, dass der Freigelassene deshalb eine Summe Geldes verspreche, nicht gerade um sie zu fodern, sondern damit der Freigelassene ihn fürchte und gehorche.