Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 43 übersetzt von Sintenis
Dig. XLIII27,
De arboribus caedendis
Liber quadragesimus tertius
XXVII.

De arboribus caedendis

(Vom Baumfällen.)

1Ul­pia­nus li­bro sep­tua­gen­si­mo pri­mo ad edic­tum. Ait prae­tor: ‘Quae ar­bor ex ae­di­bus tuis in ae­des il­lius im­pen­det, si per te stat, quo mi­nus eam ad­imas, tunc, quo mi­nus il­li eam ar­bo­rem ad­ime­re si­bi­que ha­be­re li­ceat, vim fie­ri ve­to’. 1Hoc in­ter­dic­tum pro­hi­bi­to­rium est. 2Si ar­bor ae­di­bus alie­nis im­pen­deat, utrum to­tam ar­bo­rem iu­beat prae­tor ad­imi an ve­ro id so­lum, quod su­per­ex­cur­rit, quae­ri­tur. et Ruti­lius ait a stir­pe ex­ci­den­dam id­que ple­ris­que vi­de­tur ve­rius: et ni­si ad­imet do­mi­nus ar­bo­rem, La­beo ait per­mit­ti ei, cui ar­bor of­fi­ce­ret, ut si vel­let suc­ci­de­ret eam lig­na­que tol­le­ret. 3Ar­bo­ris ap­pel­la­tio­ne et­iam vi­tes con­ti­nen­tur. 4Non so­lum au­tem do­mi­no ae­dium, sed et­iam ei qui usum­fruc­tum ha­bet com­pe­tit hoc in­ter­dic­tum, quia et ip­sius in­ter­est ar­bo­rem is­tam non im­pen­de­re. 5Prae­ter­ea pro­ban­dum est, si ar­bor com­mu­ni­bus ae­di­bus im­pen­deat, sin­gu­los do­mi­nos ha­be­re hoc in­ter­dic­tum et qui­dem in so­li­dum, quia et ser­vi­tu­tium vin­di­ca­tio­nem sin­gu­li ha­beant. 6Ait prae­tor: ‘si per te stat, quo mi­nus eam ad­imas, quo mi­nus il­li eam ar­bo­rem ad­ime­re li­ceat, vim fie­ri ve­to’. prius ita­que ti­bi da­tur ad­imen­di fa­cul­tas: si tu non fa­cias, tunc vi­ci­no pro­hi­bet vim fie­ri ad­ime­re vo­len­ti. 7De­in­de ait prae­tor: ‘Quae ar­bor ex agro tuo in agrum il­lius im­pen­det, si per te stat, quo mi­nus pe­des quin­de­cim a ter­ra eam al­tius co­er­ceas, tunc, quo mi­nus il­li ita co­er­ce­re lig­na­que si­bi ha­be­re li­ceat, vim fie­ri ve­to’. 8Quod ait prae­tor, et lex duo­de­cim ta­bu­la­rum ef­fi­ce­re vo­luit, ut quin­de­cim pe­des al­tius ra­mi ar­bo­ris cir­cum­ci­dan­tur: et hoc id­cir­co ef­fec­tum est, ne um­bra ar­bo­ris vi­ci­no prae­dio no­ce­ret. 9Dif­fe­ren­tia duo­rum ca­pi­tum in­ter­dic­ti haec est: si qui­dem ar­bor ae­di­bus im­pen­deat, suc­ci­di eam prae­ci­pi­tur, si ve­ro agro im­pen­deat, tan­tum us­que ad quin­de­cim pe­des a ter­ra co­er­ce­ri.

1Ulp. lib. LXXI. ad Ed. Der Prator sagt: Derjenige Baum, welcher von deinem Hause auf das Haus Des und Dessen herüberhängt, wenn es an dir liegt, dass du ihn nicht hinwegnehmest, dass nicht Demjenigen dann freistehe, diesen Baum wegzunehmen, und zu behalten, verbiete ich alle Gewaltthätigkeit. 1Dieses Interdict ist ein verbietendes. 2Wenn ein Baum über eines Andern Haus hinhängt, so fragt es sich, ob der Prätor die Hinwegnahme des ganzen Baumes befiehlt, oder nur Das, was überhängt? Rutilius sagt, er müsse von Grund aus weggeschlagen werden, und dies halten die Meisten für richtiger; und wenn der Eigenthümer denselben nicht hinwegnehmen wird, so, sagt Labeo, werde Dem, wem der Baum hinderlich ist, erlaubt, denselben, wenn er wolle, wegzuschlagen und das Holz an sich zu nehmen. 3Unter der Benennung Baum sind auch Weinstöcke begriffen. 4Dieses Interdict steht nicht nur dem Eigenthümer des Hauses, sondern auch dem Niessbraucher zu, weil ihm auch daran gelegen ist, dass jener Baum nicht überhänge. 5Ad Dig. 43,27,1,5Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 169a, Note 4d.Ausserdem ist anzunehmen, dass, wenn ein Baum über ein Zweien gemeinschaftlich gehöriges Haus hängt, jeder Eigenthümer dieses Interdict habe, und zwar auf das Ganze, weil auch Jedem freisteht, die Dienstbarkeiten in Anspruch zu nehmen. 6Der Prätor sagt: Wenn es an dir gelegen, dass du ihn nicht hinwegnehmest, dass nicht dann Dem und Dem erlaubt sei, ihn hinwegzunehmen, verbiete ich alle Gewaltthätigkeit. Zuvörderst wird dir daher freigestellt, ihn hinwegzunehmen, wenn du es nicht thust, dann verbietet er dem Nachbar Gewalt anzuthun, wenn er ihn hinwegnehmen will. 7Nachher sagt der Prätor: Welcher Baum von deinem Acker auf den Acker Des und Dessen hängt, wenn es an dir gelegen, dass du ihn nicht bis auf funfzehn Fuss hoch von der Erde beschneidest, so verbiete ich alle Gewaltthätigkeit, dass nicht Dem, und Dem dann erlaubt sei, ihn so zu beschneiden und das Holz für sich zu behalten. 8Was der Prätor sagt, das wollte schon das Zwölftafelgesetz, dass nemlich die Aeste der Bäume bis auf funfzehn Fuss Höhe rund herum abgeschnitten werden, und dies zu dem Zweck, dass der Schatten des Baumes dem benachbarten Grundstück nicht schade. 9Diese beiden Capitel des Interdicts sind darin verschieden, dass, wenn ein Baum über ein Haus hinwegragt, verordnet wird, ihn wegzuschlagen, wenn aber über ein Ackerstück, ihn nur bis auf funfzehn Fuss Höhe von der Erde aus zu beschneiden.

2Pom­po­nius li­bro tri­gen­si­mo quar­to ad Sa­binum. Si ar­bor ex vi­ci­ni fun­do ven­to in­cli­na­ta in tuum fun­dum sit, ex le­ge duo­de­cim ta­bu­la­rum de ad­imen­da ea rec­te age­re potes ius ei non es­se ita ar­bo­rem ha­be­re.

2Pompon. lib. XXXIV. ad Sabin. Wenn ein Baum von des Nachbars Landgute durch den Wind auf das deinige herübergebogen worden ist, so kannst du rechtlichermaassen aus dem Zwölftafelgesetz auf dessen Hinwegnahme klagen, dass er kein Recht habe, den Baum so zu haben.