Quod vi aut clam
(Was gewaltsam oder heimlich.)
1Ulp. lib. LXXI. ad Ed. Der Prätor sagt: Was gewaltsam oder heimlich geschehen ist, worüber Klage erhoben wird, das sollst du, da11Cum exper. potestas est; dies ist etwas dunkel gegeben, weshalb wohl Cod. Rhed. (der einzige, der soweit mir bekannt, abweicht) restituendi lässt; ich verstehe cum als Grund, „da ja der Weg Rechtens offensteht.“ die Möglichkeit vorhanden ist, die Sache rechtlich zu erörtern, wiederherstellen. 1Dieses Interdict ist ein die Wiederherstellung gebietendes, und es wird dadurch der List Derer begegnet, die Etwas gewaltsam oder heimlich unternehmen; denn es wird ihnen dadurch die Wiederherstellung geboten. 2Es ist dabei einerlei, ob er ein Recht dazu gehabt habe, es zu thun, oder nicht; denn er mag dazu ein Recht gehabt haben, oder nicht, er haftet durch dieses Interdict dennoch wegen Dessen, was er gewaltsam oder heimlich gethan hat; denn er durfte wohl sein Recht schützen, nicht aber auf Ungerechtigkeiten sinnen. 3Es ist auch die Frage erhoben worden, ob man Dem, der sich dieses Interdicts bedient, die Einrede entgegenstellen kann, wenn ich es nicht in Folge eines mir zustehenden Rechts zurückgenommen habe. Allein es spricht mehr dafür, dass man es nicht könne, denn begangene Gewaltthätigkeit, oder was heimlich geschehen, kann man mit keiner rechtmässigen Einrede vertheidigen. 4Dieses Interdict bezieht sich blos auf diejenigen Unternehmungen, die an Grund und Boden heimlich geschehen. 5Untersuchen wir, was es heisse, es sei Etwas gewaltsam oder heimlich geschehen. Gewaltsam, sagt Quintus Mucius, erscheint Dasjenige geschehen, wenn Jemand dem ergangenen Verbote zuwidergehandelt hat; diese Begriffsbestimmung des Quintus Mucius scheint mir erschöpfend. 6Auch wer an Dem, was er thun will, durch den Wurf des kleinsten Steines verhindert, bei der Fortsetzung beharrt hat, wird als gewaltsam handelnd betrachtet, schreiben Pedius und Pomponius; und das ist bei uns Rechtens. 7Ebenso ist es, der Ansicht des Cascellius und Trebatius zufolge, wenn er einer Erklärung vor Zeugen und Verkündigung zuwidergehandelt hat. 8Auch Der, sagt Aristo, handelt gewaltsam, wer, wohlwissend, dass er daran verhindert werden würde, es gewaltsamerweise dahingebracht hat, dass er nicht verhindert werden konnte. 9Ingleichen sagt Labeo, wenn ich Jemandem, der Etwas unternimmt, dies verboten habe, derselbe zwar für den Augenblick davon abgelassen, nachher aber wiederum von Neuem dasselbe begonnen hat, so scheine es, dass er gewaltsam gehandelt habe, er müsste es denn auf meine vorherige Erlaubniss gethan haben, oder aus einer hinzugekommenen sonstigen rechtlichen Ursache. 10Wenn aber Jemand aus Furchtsamkeit22Imbecillitas, s. Duker de Lat. Vet. ICt. p. 357., oder auch um entweder dich, oder einen Andern, der dich hochschätzt, nicht zu beleidigen, nicht zur Verhinderung geschritten ist, so scheint der Gegner nicht gewaltsam gehandelt zu haben; dies sagt Labeo. 11Derselbe sagt, dass, wenn dich, indem du zur Verhinderung schreiten wolltest, Jemand davon abgeschreckt habe, etwa mit Waffen, ohne dass jedoch im Geringsten eine Arglist meinerseits im Spiele war, und du deshalb nicht dazu gethan habest, so werde ebensowenig angenommen, dass ich gewaltsam gehandelt habe,
2Venulej. lib. II. Interdict. damit es nicht in der Gewalt eines Dritten steht, mich, der ich nichts verbreche, in ein nachtheiligeres Verhältniss zu versetzen.
3Ulp. lib. LXXI. ad Ed. Das Verhindern braucht übrigens nicht von der Person [des Betheiligten] selbst auszugehen, sondern es wird dasselbe als genügend geschehn betrachtet, wenn es Jemand durch seinen Sclaven oder Geschäftsbesorger gethan hat; ingleichen wenn es Jemand gethan, der in meinem Lohne steht. Es lasse sich auch hierin Niemand durch den Rechtsgrundsatz irre leiten, dass eine Klage in der Regel durch keine freie Person erworben werden könne, denn diese Verhinderung thut [blos] dar, dass du gewaltsam handelst. Ja! habe ich nicht auch die Klage dann, wenn du heimlich Etwas wider mich gethan hast? Die Klage wird also für mich vielmehr durch deine eigene verbrecherische Handlung erworben, als durch die eines Dritten. 1Das ist zu bemerken, dass es nicht nothwendig sei, dass die Gewaltthätigkeit fortwährend in jedem Augenblick stattgefunden habe, sondern wenn sie auch nur zu Anfang ein einziges Mal angewendet worden, [ihre Folgen] fortdauern. 2Hat es aber [der Betheiligte] erlaubt, so wird, wenn er sich dann noch des Interdicts bedienen will, eine Einrede nothwendig sein. 3Diese wird nicht nur dann statthaben, wenn ich selbst die Erlaubniss ertheilt habe, sondern auch wenn mein Geschäftsbesorger, oder der Vormund, der die Vormundschaft verwaltet, oder der Curator eines Unmündigen, eines Wahnsinnigen, oder eines Jünglings. 4Wenn freilich der Präsident, oder der Curator eines städtischen Gemeinwesens die Erlaubniss ertheilt hat, an einem öffentlichen Orte Etwas zu unternehmen, so, sagt Nerva, habe die Einrede nicht statt, weil, wenn ihm auch die Besorgung der öffentlichen Angelegenheiten übertragen worden, dennoch diese Erlaubnissertheilung nicht gegeben ist. Es versteht sich, dass dies nur dann gelte, wenn nicht eine Municipalverordnung dem Curator des städtischen Gemeinwesens eine weitere Befugniss einräumt. Dies gilt auch, wenn es der Kaiser [erlaubt], oder Derjenige, dem der Kaiser das Recht dieser Erlaubniss ertheilt hat. 5Ad Dig. 43,24,3,5Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 465, Note 8.Ist von Demjenigen, welcher bereit ist, sich in einem rechtlichen Verfahren gegen Diejenigen zu vertheidigen, welche glauben, zum Interdict greifen zu müssen, damit eine Unternehmung nicht statthabe, anzunehmen, als höre er auf, gewaltsam zu handeln? — Es spricht mehr für die Bejahung dieser Frage, vorausgesetzt, dass er Bürgschaft bestellt, und zur Vertheidigung bereit ist, wenn Einer Klage erhebt; so schreibt Sabinus. 6Auch wer bereit ist, wegen drohenden Schadens Sicherheit zu bestellen, wird als fernerhin nicht gewaltsam handelnd betrachtet, indem er nur deswegen [an der Fortsetzung des Begonnenen] verhindert worden ist, weil er sich rechtlich angegriffen entweder gar nicht vertheidigte, oder wegen drohenden Schadens nicht Sicherheit bestellte. 7Heimlich handelnd, schreibt Cassius, wird Derjenige betrachtet, der sich vor seinem Gegner verborgen hielt, und ihm keine Anzeige davon machte, vorausgesetzt, dass er von Seiten desselben einen Widerspruch fürchtete, oder fürchten musste. 8Ingleichen glaubt Aristo, dass auch Derjenige heimlich handele, welcher die Absicht hat, vor Dem verborgen zu bleiben, von dem er wusste, dass er ihn daran verhindern werde, und glaubt, oder glauben muss, dass er verhindert werden werde.
4Ad Dig. 43,24,4ROHGE, Bd. 12 (1874), Nr. 58, S. 172: Voraussetzung der Aufmerksamkeit des Geschäftsmannes bei Behandlung seiner Angelegenheiten. Seeversicherung. Kenntniß erheblicher Umstände.Venulej. lib. II. Interdict. Servius [sagt], es handele anch Derjenige heimlich, welcher glauben müsse, dass ihm Widerspruch werden werde, weil seine Meinung und Dafürhalten nicht nachlässig sein33Esse behalte ich gegen das sequi der Vulg. dürfe, damit die Einfältigen nicht besser daran seien, als die Klugen;
5Ulp. lib. LXX. ad Ed. oder wer etwas Anderes unternommen, als er angezeigt hat, oder wer Den hintergangen hat, dem daran lag, dass Etwas nicht geschehe, oder absichtlich dem Gegner zu einer Zeit Anzeige macht, wo er weiss, dass er ihn nicht mehr daran verhindern könne, oder so spät Anzeige macht, dass derselbe, bevor es geschehen, gar nicht mehr zur Verhinderung schreiten kann; dieses, sagt Aristo, sei so des Labeo Ansicht. 1Wenn Jemand Anzeige gemacht hat, dass er ein Werk unternehmen werde, so wird nicht immer angenommen, dass er es nicht heimlich gethan, wenn er es nach der Anzeige gethan hat. Denn er muss, und so sagt Labeo, in der Anzeige Tag und Stunde angeben, und wo, und was für ein Werk errichtet werden solle, und seine Anzeige darf nicht verwirrt und undeutlich sein, auch seinem Gegner nicht eine so enge Frist stellen, dass er nicht binnen eines Tages zur Verhinderung herzueilen könne. 2Ist etwa Niemand vorhanden, dem die Anzeige geschehen kann, und auch dies nicht durch Arglist bewirkt, so muss er dessen Freunden, oder seinem Geschäftsbesorger, oder in seiner Wohnung Anzeige machen. 3Auch sagt Servius richtig, dass es hinreichend sei, den Mann einer Frau davon zu benachrichtigen, dass man ein Werk unternehmen werde, oder auch es mit dessen Vorwissen zu beginnen, wenngleich es auch im Grunde hinreichend ist, überhaupt nicht die Absicht zu haben, Etwas verheimlichen zu wollen. 4Derselbe sagt, wenn Jemand auf öffentlichem Grund und Boden einer Municipalstadt Etwas unternehmen wolle, so sei es hinreichend, wenn er dem Curator des städtischen Gemeinwesens Anzeige mache. 5Wenn Jemand in dem Glauben, ein Ort gehöre dir, der mir gehört, Etwas in der Absicht, es dir und nicht mir zu verheimlichen, gethan hat, so stehe mir das Interdict zu. 6Derselbe sagt, es stehe mir das Interdict auch dann zu, wenn Etwas zur Verheimlichung meines Sclaven oder Geschäftsbesorgers geschehn sei. 7Wenn Jemand, der keine Anzeige gemacht, dass er ein Werk unternehmen werde, dem aber angekündigt worden ist, dass er es unterlassen solle, es dennoch gethan hat, so halte ich die Annahme für richtiger, dass er gewaltsam gehandelt habe. 8Die Worte: Was gewaltsam oder heimlich geschehen ist, sagt Mucius, seien so zu verstehen, was du, oder einer der Deinigen gethan, oder auf Deinen Befehl geschehen ist. 9Labeo aber sagt, es seien in diesen Worten mehr Personen begriffen, denn er glaubt, dass auch die Erben Derer, welche Mucius aufzählt, darunter begriffen seien. 10Derselbe sagt: es könne auch wider Geschäftsbesorger, Vormünder, Curatoren und Syndiken der Municipalstädte dieses Interdict erlassen werden. 11Wenn mein Sclave Etwas gethan hat, so findet deshalb keine Klage wider mich statt, sondern nur wenn er es in meinem oder seinem Namen gethan hat; denn wenn ich deinen Sclaven um Lohn gedungen habe, so wird wegen Dessen, was er in meinem Namen gethan hat, nicht wider dich, sondern wider mich mit diesem Interdicte geklagt werden müssen, auf dessen Befehl, oder in dessen Namen das [fragliche] Werk von deinem Sclaven errichtet worden ist. 12Ebenso findet diese Klage, wenn Etwas auf Jemandes Befehl geschehen ist, nicht wider Den statt [der den Befehl ertheilt hat], sondern wider Den, in dessen Namen er befohlen hat. Denn wenn der Geschäftsbesorger, der Vormund, der Curator, der Duumvir in einer Municipalstadt befohlen hat, dass Jemand Etwas in Dessen Namen thun solle, dessen Geschäfte er besorgte, so wird wider Den Klage erhoben werden müssen, in dessen Namen Etwas geschehen sein wird, und nicht wider Den, der dazu den Befehl ertheilt hat. Auch wenn ich dir den Auftrag gegeben habe, den Befehl zu ertheilen, es solle ein Werk errichtet werden, und du mir hierin Folge geleistet hast, wird die Klage wider mich und nicht wider dich stattfinden. 13Und da das Interdict so gefasst ist: Was gewaltsam oder heimlich geschehen ist, nicht so: Was du gewaltsam oder heimlich gethan hast, so glaubt Labeo, dass sich dasselbe noch weiter erstrecke, als auf die aufgezählten Personen. 14Und das ist bei uns Rechtens, dass ich durch das Interdict Was gewaltsam oder heimlich hafte, ich mag selbst der Thäter gewesen sein, oder den Befehl dazu ertheilt haben.
6Paul. lib. LXVII. ad Ed. Wenn ich dir den Auftrag ertheilt habe, einen Neubau zu machen, und du einem Andern, so kann nicht angenommen werden, dass dies auf meinen Befehl geschehn sei; mithin wirst du haften und jener; ob ich hafte, ist die Frage. Indessen spricht mehr dafür, dass auch ich hafte, weil ich jenem die ursprüngliche Veranlassung dazu gegeben habe. Wenn aber einer von allen Dreien Genugthuung geleistet hat, so werden die Andern frei.
7Ulp. lib. LXXI. ad Ed. Wenn ein Anderer Etwas wider meinen Willen gethan hat, so hafte ich insoweit, dass ich vertreten muss, es haben geschehen zu lassen. 1Auch schreibt Neratius, dass Derjenige, dessen Sclave Etwas gewaltsam oder heimlich gethan hat, dem Interdicte gemäss entweder das Werk auf seine Kosten wiederherstellen, oder die Wiederherstellung ruhig geschehen lassen, und den Sclaven an Schädensstatt ausliefern müsse; wird freilich nach dem Ableben oder der Veräusserung eines Sclaven zum Interdicte gegriffen, so braucht er weiter nichts zu thun, als es sich ruhig gefallen zu lassen, sodass also auch der Käufer mit diesem Interdicte belangt werden kann, die Kosten zu bezahlen, oder ihn an Schädensstatt auszuliefern, wenn aber der Herr des Werkes es auf seine Kosten wiederhergestellt, oder dazu verurtheilt worden ist, weil er es nicht gethan hat, der Käufer befreit wird. Dasselbe gilt, wenn umgekehrt der Herr des Sclaven entweder das Werk wiederhergestellt hat, oder zur Streitwürderung verurtheilt worden ist; hat er nur denselben an Schädensstatt ausgeliefert, so wird wider den Herrn des Werks eine analoge Anwendung von dem Interdicte gemacht werden. 2Julianus sagt, wer von der Remission des Einspruchs wegen Neubaues, durch welchen ein Verbot eingelegt worden, dass Werk dennoch fortgesetzt hat, der wird durch zwei Interdicte gehalten, erstens durch das, welches durch den Einspruch wegen Neubaues zuständig ist, und sodann durch das Was gewaltsam oder heimlich. Ist hingegen Remission geschehen, so kann nicht angenommen werden, dass er gewaltsam oder heimlich handele, wenn auch [von Neuem] ein Verbot erfolgt; denn es muss Dem, der Bürgschaft bestellt, weiterzubauen erlaubt werden, da er selbst hierdurch in das Verhältniss eines Besitzers44Und insofern eines Beklagten. kommt; heimlich zu handeln kann er [übrigens]55Clamque facere nec ante remiss. etc. Diese Worte sind meiner Ansicht nach ein Zusatz des Ulpian, worin er den Julianus berichtigt, nemlich, dass überhaupt facta nunciatione gar nicht davon die Rede sein könne, dass Etwas clam geschehe. Der Verbindung wegen muss ein übrigens oder ähnliches Wort dann hinzugedacht werden, oder man müsste denn annehmen, dass Ulpian schon bei remissione antem facta eintrete, dem auch nichts entgegensteht, und wodurch sich die Uebersetzung in gar nichts ändert. weder vor der Remission noch nachher betrachtet werden, da Derjenige, welcher Einspruch wegen Neubaus erhebt, nichts verheimlicht und ihm nicht zuvorgekommen worden sein kann, ehe er Widerspruch erhöbe. 3Scharfsinnig wird bei Julianus die Frage erörtert, ob bei diesem Interdicte die Einrede: wenn du nichts gewaltsam oder heimlich gethan hast, von nachtheiliger Wirkung sein möchte? — Z. B. ich bediene mich wider dich des Interdicts Was gewaltsam oder heimlich, kannst da mir nicht da selbst die Einrede: wenn du nichts gewaltsam oder heimlich gethan hast, entgegensetzen? — Julianus sagt, es sei der Billigkeit völlig angemessen, diese Einrede zu ertheilen; denn, sagt er, wenn du gewaltsam oder heimlich gebauet hast, und ich dies gewaltsam oder heimlich eingerissen habe, und du dich wider mich des Interdicts bedienest, so wird mir diese Einrede von Nutzen sein; dies kann aber nur aus gewichtigem und völlig genügendem Grunde geschehen; ausserdem muss dieses Alles durch die Amtspflicht des Richters erörtert werden. 4Es giebt noch eine andere Einrede, von der Celsus nicht bezweifelt, dass sie vorgeschützt werden könne, nemlich wenn ich z. B. meines Nachbars Haus abgebrochen habe, um einer Feuersbrunst Einhalt zu thun, und dann Was gewaltsam oder heimlich gegen mich geklagt wird, oder wegen widerrechtlichen Schadens. Gallus66Gallus; Noodt ad leg. Aquil. c. 9. (Op. p. 145.) behauptet, dass Celsus gelesen werden müsse; dubito an, = non; derselbe. bezweifelt nemlich nicht, dass hier die Einrede von Wirksamkeit sei, wenn es nicht geschehen ist, um sich vor einer Feuersbrunst zu vertheidigen. — Servius sagt aber, wenn es eine Behörde gethan, müsse sie ertheilt werden, einem Privatmanne hingegen sei dies nicht zu gestatten; wenn jedoch Etwas gewaltsam oder heimlich geschehen, und das Feuer nicht bis dahin vorgedrungen sei, so dürfe die Streitwürderung nur einfach geschehen; sei es aber bis dahin gelangt, so müsse der Thäter freigesprochen werden. Ebenso sei es, sagt er, wenn wegen widerrechtlichen Schadens geklagt worden, weil nicht angenommen werden könne, dass er eine Ungerechtigkeit oder einen Schaden anrichte, da das Haus ohnehin verloren gehen würde. Wenn du es aber gethan hast, ohne dass eine Feuersbrunst vorhanden war, und nachher eine solche entstanden ist, so wird nicht dasselbe gelten, weil, wie Labeo sagt, der Schaden nicht durch das nachherige Ereigniss als entstanden betrachtet werden müsse, sondern ob aus dem gegenwärtigen Zustande, oder nicht. 5Wir haben oben schon bemerkt, dass, wenngleich die Worte des Interdicts eine weite Ausdehnung haben, dennoch dasselbe nur diejenigen Werke betreffe, die auf Grund und Boden geschehen; wer sich nemlich an Früchten vergreift, der haftet durch das Interdict Was gewaltsam oder heimlich nicht, denn er unternimmt kein Werk auf Grund und Boden. Wer aber Bäume fällt, der haftet jedenfalls, sowie Der, wer Rohr und Satzweiden [abschneidet], denn er legt Hand an den Erdboden selbst und gewissermaassen an die Verderbung des Grund und Bodens. Dasselbe gilt von abgeschnittenen Weinstöcken. Wer Früchte wegholt, der muss übrigens mit der Klage wegen Diebstahls angegriffen werden. Geschieht also ein Werk an Grund und Boden, so hat das Interdict statt. An Grund und Boden verstehen wir, dass auch dann Etwas geschehe, wenn es die Bäume angeht, nicht, wenn nur die Früchte der Bäume. 6Wenn Jemand einen Düngerhaufen auf einen fetten Acker gebreitet77Das, glaube ich, ist der technische Ausdruck für ausstreuen. hat, so kann wider ihn geklagt werden, Was gewaltsam oder heimlich geschehen ist, und das ist wahr, weil dem Acker dadurch geschadet wird. 7Wenn Etwas zur Bestellung des Ackers geschehen ist, so findet natürlich das Interdict Was gewaltsam oder heimlich nicht statt, sobald der Zustand des Ackers verbessert worden ist, wenn es Jemand auch dem Verbote zuwider, gewaltsam oder heimlich gethan hat. 8Hast du aber in einem öffentlichen Walde einen Graben gemacht, und mein Ochs ist hineingestürzt, so kann ich aus dem Interdicte Klage erheben, weil es auf öffentlichem Grund und Boden geschehen ist. 9Dass, wer ein Gebäude eingerissen hat, wenn auch nicht bis auf den Grund, durch das Interdict hafte, unterliegt keinem Zweifel mehr. 10Mithin spricht auch mehr dafür, dass Der durch dasselbe hafte, wer Dachsteine von einem Gebäude abgenommen hat.
8Venulej. lib. II. Interdict. Denn es findet hier ein Zusammenhang mit dem Grund und Boden statt88Nam origo hujus rei a solo oritur, kann wohl nicht anders verstanden werden.. Uebrigens werden Dachziegel nicht für sich allein besessen, sondern mit dem gesammten Inbegriff des Gebäudes, und es thut auch nichts zur Sache, ob sie befestigt oder blos aufgelegt sind.
9Ulp. lib. LXXI. ad Ed. Denn wir lassen dieses Interdict auch dann noch zu, wenn Jemand Zweige von den Bäumen abgeschnitten hat. Es versteht sich hierbei, dass die Dachziegel von einem Gebäude abgenommen worden sein müssen; wenn dies aber nicht der Fall gewesen, sondern sie besonders wo gelegen haben, so fällt dieses Interdict weg. 1Ist aber ein Schloss, ein Schlüssel, oder ein Gitter oder ein Spiegel entfremdet worden, so wird nicht Was gewaltsam oder heimlich geklagt werden können. 2Wenn aber Jemand Etwas, das an einem Hause befestigt ist, abgerissen hat, etwa eine Statue, oder sonst etwas Anderes, so wird er durch das Interdict Was gewaltsam oder heimlich haften. 3Wer gewaltsamer oder heimlicher Weise einen Acker bepflügt, oder einen Graben gemacht hat, der wird durch dieses Interdict haften; aber wenn er einen Düngerhaufen angezündet oder zerstreuet hat, ohne ihn zum Gebrauch für den Acker zu verwenden, wird das Interdict nicht Platz ergreifen,
10Venulej. lib. II. Interdict. weil der Düngerhaufen nicht mit dem Boden zusammenhängt, sondern auf der Erde liegt, Gebäude aber mit dem Erdboden zusammenhängen.
11Ulp. lib. LXXI. ad Ed. Wer Etwas in des Nachbars Brunnen geschüttet, um dadurch das Wasser zu verderben, der, sagt Labeo, hafte durch das Interdict Was gewaltsam oder heimlich; denn lebendiges Wasser erscheint als ein Theil eines Ackers, und es ist ebenso, wie wenn er ein Werk im Wasser unternommen hätte. 1Es ist die Frage erhoben worden, ob Derjenige, wer gewaltsamer oder heimlicher Weise von einem öffentlichen Platze in einer Municipalstadt eine Statue hinweggenommen habe, durch dieses Interdict hafte? — Es ist hierüber eine Ansicht des Casius vorhanden, dass Derjenige, dem die auf dem Platze aufgestellte Statue gehöre, Was gewaltsam oder heimlich klagen könne, weil ihm daran gelegen, dass sie nicht hinweggenommen werde, die Municipalstädte können aber auch wegen Diebstahls klagen, weil dieselbe gleichsam öffentliches Gut99Publicata, s. die Note bei Gothofred. geworden ist; ist sie aber umgefallen, so können sie dieselbe selbst hinwegschaffen; diese Meinung ist richtig. 2Wenn Jemand von einem Denkmal eine Statue hinweggenommen hat, wird Demjenigen da eine Klage verstattet werden, der das Recht des Begräbnisses hat? — Man hat auch hier die Zulässigkeit des Interdicts angenommen. Und es ist in der That richtig, dass, wenn Etwas zur Zierde eines Grabmals hingesetzt worden, es als zu demselben gehörig erscheine; ebenso ist es, wenn Jemand eine Thür abreisst oder erbricht. 3Wenn Jemand in meinen Weinberg gekommen ist und Weinpfähle ausgerissen hat, so wird er durch dieses Interdict haften. 4Es ist die Frage, von welcher Zeit die Worte des Prätors Was gewaltsam oder heimlich geschehen ist, zu verstehen seien, ob von der vergangenen, oder der gegenwärtigen; dieser Fall findet sich bei Julianus erörtert; er sagt, es müsse bei diesem Interdicte die gegenwärtige Zeit als bezeichnet verstanden werden; wenn jedoch, sagt er, durch das Werk ein Schade entstanden ist, und der Eigenthümer oder Der, dessen Grundstück dadurch in Schaden gebracht ward, es auf seine Kosten wieder hinweggeschafft hat, so wird es sich als nützlicher bewähren1010Die hier in der Flor. folgenden Worte quod Julianus tentat, sind völlig ohne Sinn, denn Julianus citirte sich ja dann selbt; Hal. hat sie daher mit Recht gestrichen; der §. mag ohnehin etwas corrupt sein., dass sowohl der Schaden vergütet, als die Kosten ersetzt werden müssen. 5Das Interdict begreift alles Dasjenige, was gewaltsamer oder heimlicher Weise geschehen ist. Zuweilen trägt es sich aber zu, dass an demselben Werke etwas sowohl gewaltsam als heimlich, oder theils gewaltsam, theils heimlich geschieht. Z. B. du hast, nachdem ich es dir verboten, einen Grund gelegt; nachher, nachdem ich Klage wider dich erhoben, damit du das übrige Werk nicht vollenden mögest, hast du dasselbe in meiner Abwesenheit und ohne mein Wissen vollendet; oder umgekehrt, du hast den Grund heimlich gelegt, und nachher trotz meinem Verbote das Uebrige gebauet; hier ist es bei uns Rechtens, dass dieses Interdict genüge, wenn auch Etwas sowohl gewaltsam als heimlich geschehen. 6Wenn Etwas auf Befehl des Vormundes oder Curators geschehen ist, so wird, weil man sich dafür erklärt, was Cassius billigt, dass nemlich der Mündel oder der Wahnsinnige aus seines Vormundes oder Curators Arglist nicht hafte, der Fall eintreten, dass entweder eine analoge Klage wider den Vormund und Curator zuständig ist, oder auch ein analoges Interdict. Natürlich haften Mündel und Wahnsinniger aber insoweit, dass sie sich die Wiederhinwegnahme gefallen lassen und Auslieferung an Schädensstatt leisten müssen. 7Wird einem Sclaven Verzeihung zu Theil werden, der dem Vormunde oder Curator gehorcht hat? Denn in manchen Stücken, die keinen besondern Charakter einer Schandthat oder eines Verbrechens an sich tragen, wird den Sclaven Verzeihung zu Theil, wenn sie ihren Herren, oder Denjenigen, die Herren Stelle vertreten, gehorcht haben; dies ist auch in diesem Falle anwendbar. 8Wenn ein Landgut verkauft worden, nachdem daran Etwas gewaltsam oder heimlich geschehen, so frägt es sich, ob der Verkäufer nichtsdestoweniger von diesem Interdicte Gebrauch machen könne? Es ist darüber eine Meinung vorhanden, welche dahin geht, es stehe ihm das Interdict nichtsdestoweniger zu, und erreiche mithin durch den Verkauf seine Endschaft nicht, doch hafte er auch nicht mittels der Klage aus dem Kauf darauf, dem Käufer wegen des Werks, da es schon vor dem Verkauf errichtet gewesen, etwas ersetzen zu müssen; denn es sei schon hinreichend, dass er wegen dieses Werkes das Grundstück zu einem niedrigern Preise verkauft habe. Uebrigens gilt dasselbe, wenn er es auch zu keinem niedrigern Preise verkauft haben sollte. 9Wenn freilich das Werk nach dem Verkauf des Landguts geschehen ist, so wird, wenn der Verkäufer auch selbst klagen mag, weil die Uebergabe noch nicht geschehen, derselbe dennoch dem Käufer mittels der Klage aus dem Kauf haften, denn es muss aller Vortheil und Nachtheil den Käufer treffen. 10Wenn ein Landgut unter dem Vorbehalt des bessern Gebots verkauft worden ist, wem steht dann das Interdict zu? Julianus sagt, das Interdict Was gewaltsam oder heimlich stehe Dem zu, dem an der Nichterrichtung des Werkes gelegen sei; denn wenn ein Landgut unter dem Vorbehalt des bessern Gebotes verkauft worden, so, sagt er, treffe aller Vortheil und Nachtheil den Käufer solange, bis der Verkauf rückgängig geworden ist1111Transferatur, s. l. 4. §. 4. D. de in diem add., und wenn daher dann Etwas gewaltsam oder heimlich geschehen ist, so wird er selbst ein analoges Interdict haben, wenngleich eine bessere Bedingung geboten worden ist; aber er kann, sagt er, zur Abtretung dieser Klage und der in der Zwischenzeit gezogenen Nutzungen vermöge der Klage aus dem Verkauf genöthigt werden. 11Aristo sagt aber, es könne auch dem Nichtbesitzer1212D. h. Dem, der gekauft hat, dem aber noch nicht übergeben worden ist, Cujac. Obs. II. c. 25. Anzeige geschehen; denn wenn Jemand, sagt er, mir ein Landgut verkauft und noch nicht übergeben hat, und der Nachbar, der ein Werk aufführen wollte, und wusste, dass ich gekauft habe und mich auf dem Landgute befinde, mir desfalsige Anzeige gemacht hat, so werde er gegen den Verdacht eines heimlich errichteten Werkes sicher sein; dies ist richtig. 12Wenn also nach geschehenem Vorbehalte des bessern Gebots ein Landgut [dem Käufer] bittweise übergeben worden ist, so sollte ich meinen, dass der Käufer das Interdict Was gewaltsam oder heimlich habe. Wenn aber entweder die Uebergabe noch nicht geschehen, oder kein1313Si vero aut nondum traditio facta est, aut etiam facta est precarii rogatio etc. — und vorher zu Anfang des §. Ego, si post in d. add. factam fund. precario traditus sit, putem emtorem etc. — Quaestionis est, sagt Cujac. l. l., utri competat Itdct. Quod vi etc. venditori an emtori cui ad d. fundus add. est? — Hac de re Ulp. tractans primum sic ait: Ego etc. Mox tamen addit: Si vero etc. sed et emtorem forsitan hoc interdicto uti posse, quia ipsius interest. Quod additum est supervacuo, aut cum ante sit propositum intrepide, sub diffidentiae nota, inscite mox repetitum est, nisi priorem sententiam ita emendemus: Ego — non precario etc. quibus verbis Ulp. demonstrat sequi se Juliani sententiam. Allein ich gestehe, dass ich weder die Meinung des Ulpianus von Seiten des Cujac. für richtig verstanden, noch das Einschieben des non für nöthig halte. Meinungen anderer Interpreten fehlen ganz. Erörterung ist daher hier um so nöthiger, als die Sache sehr dunkel ist, wie schon aus dem Mittel, zu dem Cujac. greift, erhellt. Um eine gehörige Anschauung zu gewinnen, ist ein Ueberblick der Stelle im Zusammenhang nöthig: §. 8. lehrt: dass ein vor dem Verkauf eines fundi errichtetes opus das Interdict. Qu. v. a. cl. für den Verkäufer begründe. §. 9. lehrt, dass, wenn dies nach dem Verkauf, jedoch ante traditionem geschehe, der Verkäufer auch klagen müsse, dagegen aber dem Käufer ex emto hafte. §. 10. fängt an die Frage zu behandeln, die Cujac. an die Spitze stellt. Diese beantwortet Julianus dahin, dass das Interdict dem Käufer zustehe. Er setzt dabei voraus, dass er sich im Besitz befinde; dies beweist die erfoderte cessio actionis, und besonders die erwähnte perceptio fructuum. §. 11. lehrt: die Anzeige eines zu beginnenden operis könne auch dem non possessor (Cujac. l. l.) geschehen, um den nachtheiligen Folgen des Interdicts vorzubeugen. Mit §. 12. fängt nun Ulpian’s eigene Meinung an, die sich erläuternd über das Vorherige verbreitet, sehr natürlich also die Art des Besitzes betrachtet, die Julianus nicht berührt, auf die aber Aristo theilweise anspielt, und hebt gleich mit dem Satz an, in den Cujac. (nach Mspten.) non einschieben will. Allein dies geht darum wohl schwerlich an, weil dann das schnurgerade Gegentheil folgt von Dem, was §. 12. weiter unten ganz klar sagt, denn was sollen wir denn nun mit den Worten: Si tamen precario etc. anfangen, woraus die Folgerung ergo etsi conduxit, multo magis etc. gezogen wird? — Danach steht fest, dass der precario possidens das Interdict erhält; und mit Cujac. erhalten wir das entgegengesetzte Resultat. Man verkenne ferner hierbei nicht, wie abgerissen und isolirt dann der ganze §. 11. steht, von dem ich wenigstens nicht weiss, wo unter diesen Umständen ich ihn hindeuten sollte. Folgende Erklärung scheint mir die Schwierigkeit zu heben. Fürs erste muss man statt Ego mit der Vulgat. Ergo lesen. Hierdurch kommt §. 12. in einen ganz natürlichen Zusammenhang und richtigen Ideengang mit §. 11., nemlich, was vorher gegen den non-possessor als gültig gelehrt wird, dass ihm denuncirt werden könne, muss auch die Folgerung zulässig machen, dass der precario possidens das Interdict anstellen könne, sonst stände er in einem durch kein Gleichgewicht aufgewogenen Nachtheil. Nun scheint zwar der Nachsatz Si vero aut nondum traditio facta est, aut etiam facta est precarii rogatio dies geradezu umzustossen, allein wohl nur, wenn man sich durch den Klang der Worte über den Sinn derselben täuschen lässt, denn man muss offenbar hinter etiam, non oder nondum als wiederholt gedacht verstehen. — So hoffe ich, wird alle Schwierigkeit schwinden. bittweises Ersuchen dazu vorangegangen, so, glaube ich, unterliegt es keinem Zweifel, dass dem Verkäufer das Interdict zustehe; denn es muss ihm zustehen, wenn auch die Sache nicht auf seine Gefahr geht; es ist auch einerlei, ob die Sache auf Gefahr des Käufers geht, denn so geht ja auch sogleich nach Abschluss des Verkaufs die Gefahr auf den Käufer über, und doch fällt es Niemanden ein, zu sagen, es stehe ihm das Interdict zu, bevor die Uebergabe geschehen. Wenn er sich jedoch bittweise im Besitz befindet, sollte er da nicht, weil er ein eigenes Interesse hat, sein Besitz mag sein, von welcher Art er will, schon vom Interdicte Gebrauch machen können? — Um so mehr nun also auch, wenn er [das Landgut] in Pacht genommen hat; denn dass auch der Pächter sich des Interdictes bedienen könne, wird gar nicht bezweifelt. Ist freilich später, nach dem geschehenen Anerbieten einer bessern Bedingung, irgend Etwas gewaltsam oder heimlich geschehen, so möchte auch wohl Julianus selbst nicht bezweifeln1414Ich behalte dubitaret (Flor.) gegen Hal. dubitat., dass dem Verkäufer das Interdict zustehe; denn [auch] zwischen Cassius und Julianus ist blos darüber eine Meinungsverschiedenheit, was sich in der Zwischenzeit zugetragen, nicht über ein Werk, was erst nachher zur Sprache kommt. 13Wenn ein Grundstück unter der Bedingung verkauft worden ist, dass, wenn es gereuen sollte, der Kauf rückgängig werden solle, so werden wir noch weniger Anstand nehmen, das Interdict dem Käufer zuzugestehen, sobald er sich nur im Besitz befindet. Dasselbe wird auch dann gelten, wenn die Wiederaufhebung eines Kaufs in das Ermessen eines Dritten gestellt wird. Ingleichen, wenn der Verkauf eines Grundstücks dergestalt geschlossen worden ist, dass er auf den Fall des Eintritts einer Bedingung ungültig sein solle. Endlich auch dann, wenn mit dem Nebenvertrage des Verfalls verkauft worden ist. 14Derselbe Julianus schreibt, es stehe dieses Interdict nicht nur dem Eigenthümer des [betheiligten] Grundstücks zu, sondern auch denen an der Nichterrichtung eines Werkes gelegen ist.
12Venulej. lib. II. Interdict. Obgleich aber Pächter und Niessbraucher Namens der Früchte zu diesem Interdicte zugelassen werden, so wird dasselbe dennoch auch dem Eigenthümer zustehen, wenn er sonst ausserdem ein Interesse dabei hat.
13Ulp. lib. LXXI. ad Ed. Auch wenn Bäume auf dem Landgute, dessen Niessbrauch dem Titius gebührt, von einem Dritten, oder vom Eigenheitsherrn abgeschnitten worden sind, kann Titius sowohl aus dem Aquilischen Gesetze, als mit dem Interdicte Was gewaltsam oder heimlich wider Beide rechtlichermaassen Klage erheben. 1Labeo schreibt, wenn ein Werk errichtet worden ist, während dein Sohn sich demselben widersetzt hat, so habest du ebensowohl1515Ich behalte ac (Flor.) gegen das at des Hal. Man s. übrigens de Retes Excurs. analect. l. III exc. VI. (T. O. V. 1278.) das Interdict, als wenn es deinem Verbote zuwider errichtet worden wäre, und dein Sohn nichtsdestoweniger auch. 2Derselbe sagt, in einer Sondergutsangelegenheit werde niemals angenommen, dass Jemand gegen einen Haussohn heimlich gehandelt habe; denn weiss er, dass jener ein Haussohn sei, so kann nicht angenommen werden, dass er er es gethan habe, um es Dem zu verheimlichen, von dem er sicher war, dass er keine Klage wider ihn habe. 3Hat einer von zwei Gesellschaftern zu einem Landgute Bäume abgeschnitten, so kann der andere Gesellschafter dieses Interdict wider ihn erheben, da es Jedem zusteht, der ein Interesse hat. 4Daher findet sich bei Servius weiter berichtet, dass, wenn du mir gestattet hast, auf deinem Landgute Bäume zu fällen, und dieselben nachher ein Anderer gewaltsamer oder heimlicher Weise gefällt hat, dieses Interdict mir zuständig sei, weil ich Derjenige bin, der dabei interessirt ist; dies wird daher um so leichter dann zulässig sein, wenn ich von dir gekauft, oder sonst die Erlaubniss zum Baumfällen aus irgend einem andern Contracte erlangt habe. 5Es ist die Frage erhoben worden, ob, wenn, während ein Grundstück Niemandem gehörig war, Etwas gewaltsamer oder heimlicher Weise geschehn, nachher, nachdem das Eigenthum an irgend Jemand gefallen, das Interdict Platz ergreife; z. B. es liegt eine Erbschaft erblos da; nachher tritt Titius dieselbe an, steht ihm da das Interdict zu? — Es findet sich bei Vivianus wiederholt angeführt, dass dem Erben dieses Interdict wegen Dessen, was vor dem Erbantritt geschehen, zuständig sei. Auch, sagt Labeo, trage es nichts aus, dass er nicht gewusst habe, wer Erbe sein würde; denn sonst könnte sich ja Einer damit auch nach dem Erbschaftsantritt entschuldigen! — Nicht einmal Das, sagt Labeo, ist ein Hinderniss, dass zu jener Zeit Niemand Herr war; denn auch von einem Begräbniss ist Niemand Herr, und ich kann dennoch, wenn daran Etwas geschieht, Was gewaltsam oder heimlich klagen. Hierzu kommt, dass die Erbschaft die Stelle des Herrn vertritt, es wird daher auch richtig gefolgert werden, dass es dem Erben und den übrigen Rechtsnachfolgern zuständig sei, es möge nun Etwas gewaltsamer oder heimlicher Weise, schon bevor er Nachfolger geworden, geschehen sein, oder nachher. 6Wenn mein Pächter ein Werk errichtet hat, und zwar mit meinem Willen, oder meiner Genehmigung, so ist es ebenso, wie wenn es mein Geschäftsbesorger gethan hätte, in welchem Fall man angenommen hat, dass ich haften müsse, er möge es mit meinem Willen gethan, oder ich genehmigt haben, was mein Geschäftsbesorger gethan hat. 7Julianus sagt, wenn ein Pächter einen streitigen Baum umgehauen, oder sonst ein anderes Werk errichtet hat, so werden, wenn er es auf Geheiss des Eigenthümers gethan hat, Beide haften, und zwar nicht nur dazu, es ruhig geschehen zu lassen, sondern auch die Kosten der Wiederherstellung zu bezahlen; hat es ihm der Eigenthümer aber nicht geheissen, so wird der Pächter zwar darauf haften, es sich gefallen zu lassen, und die Kosten zu bezahlen, der Eigenthümer aber nichtsdestoweniger genöthigt werden, es auch ruhig geschehen zu lassen.
14Julian. lib. LXVIII. Dig. Denn auch wenn mein Sclave ohne mein Wissen ein Werk errichtet, und ich ihn verkauft oder freigelassen habe, so wird wider mich nur deshalb geklagt werden können, dass ich mir die Hinwegnahme des Werkes gefallen lasse, wider den Käufer des Sclaven aber darauf, ihn entweder an Schädensstatt auszuliefern, oder die auf die Wiederherstellung verwendeten Kosten zu bezahlen; ist er freigelassen worden, so kann wider ihn selbst auch rechtlichermaassen Klage erhoben werden.
15Ulp. lib. LXXI. ad Ed. Dieses Interdict ist allemal wider den Besitzer des Werkes zuständig; hat daher irgend Jemand, ohne mein Wissen oder Willen ein Werk auf meinem Grund und Boden errichtet, so wird das Interdict statthaben. 1Derjenige, dem du ein Landgut zur Weide verpachtet hattest, nahm die Grenzsteine weg, und setzte sie weiter hin auf das Grundstück des Nachbars; hier, sagt Labeo, haftest du nicht [durch das Interdict] Was gewaltsam oder heimlich, ausser wenn es auf deinen Befehl geschehn; ich glaube, dass der Pächter haftet, der Verpächter [den gedachten Fall ausgenommen]1616Glosse. aber nur dann, wenn er entweder es sich ruhig gefallen lassen kann, oder eine Klage hat, welche er abtreten kann, sonst braucht er nicht zu haften. 2Ad Dig. 43,24,15,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 298, Note 15.Wenn auf einem fremden Grabmale, meinem Befehle nach, Erde aufgeschüttet worden ist, so, sagt Labeo, müsse wider mich Was gewaltsam oder heimlich geklagt werden, und wenn es nach dem gemeinschaftlichen Plane Mehrerer geschehen sei, so könne entweder wider Einen, oder wider jeden Einzelnen Klage erhoben werden; denn das Werk, was von Mehreren als ein ganzes errichtet worden ist, verpflichtet jeden Einzelnen auf das Ganze; habe es hingegen jeder von ihnen allein auf eigenen Antrieb gethan, so müsse wider Alle Klage erhoben werden, nemlich auf das Ganze. Wenn daher Einer verklagt worden ist, so wird der Andere dadurch nicht frei werden, sondern erst wenn der Eine [dem Kläger] Genngthuung geleistet hat; im ersten Fall aber befreiet die Belangung des Einen den Andern. Ueberdies kann auch die Klage wegen verletzten Grabmales erhoben werden1717D. Joann. Suarez de Mendoza ad leg. Aquil. l. 1. c. III. S. II. §§. 19 sq. sagt: quae lex anxium me habuit non parumper, tenebrosa sane est etc. Er löst sie so: der Inhalt des §. ist der: haben mehrere freie Menschen communi consilio einen Schaden angerichtet, so erscheint die That als eine; die volle Befreiung der Uebrigen tritt hier mit der Belangung Eines ein, haben Mehrere aber proprio quisque consilio dies gethan, nur mit der perceptio ab altero, quamvis utrobique singuli in re integra in solidum essent obligati (ich bemerke hier, dass quis eorum soviel heisst als quisque, wie auch Manche lesen, und perceptio = praestatio). Woher, und warum dieser Unterschied? — Ein Theil der Schwierigkeit schwindet, wenn man in Betracht zieht, dass das Interdict. quod vi aut clam ein restitutorium ist; itaque opere ab uno restituto adversus ceteros perimitur actio. — Allein posterior difficultas mihi crux mihi culeus, sagt Mendoza, non video enim, quemadmodum in prima specie sufficiat sola unius conventio, in posteriori exigatur solutio, und nun fährt er fort: — Im ersten Fall ist eine Obligation für Alle vorhanden, und es haftet nicht jeder blos pro parte sua, weil die restitutio individua ist. Da nun, wenn lis mit Einem contestirt ist, dadurch die actio judicati entstehen wird, hierdurch aber eine novatio obligationis geschieht, so erlischt in diesem Fall die Verbindlichkeit für die Uebrigen. — Im zweiten Fall hingegen sind soviel Personen als verschiedene Verbindlichkeiten in solidum, die novatio kann sich also nur auf die Verbindlichkeit jedes Einzelnen beziehen, und es erlöschen die obligationes ceterorum nicht. Zur Befreiung Aller gehört daher die solutio. Deshalb kann der Kläger, wenn der Beklagte freigesprochen wird, oder er sonst aus irgend einem Grunde nicht befriedigt wird, die Andern verklagen, bis letztere erfolgt. — Nun liesse sich freilich gegen die Lösung des ersten Falls sagen, dass eine novatio nicht ohne nova obligatio denkbar sei, und diese zwar durch litis cont. möglich und durch erfolgende condemnatio, zufolge dann entstehender actio judicati begründet werde; wie aber, wenn der Beklagte freigesprochen wird, dann entsteht ja keine neue obligatio, sondern die alte dauert fort, und somit sind wir ganz auf dem alten Fleck? — Allein, dient hier zur Antwort, die obige Pandectenstelle behandelt jus antiquam, welches allerdings dem strengen Rechte nach an die conventio diese strenge Folge band; die Billigkeit hat dies zwar schon früher hin und wieder geändert, s. z. B. l. 1. §. 43. D. depositi, und nicht wenige andere Stellen sagen dasselbe (vorzüglich ist zu berücksichtigen l. 32. D. de pecul.), allein erst l. 28. Cod. de fidejuss. et mand. hat dies völlig aufgehoben und die Tilgung der obligatio unbedingt an die solutio gebunden.. 3Dieses Interdict wird wider den Erben und die übrigen Rechtsnachfolger auf Dasjenige ertheilt, was an sie gelangt ist, steht aber nach einem Jahre nicht weiter zu. 4Dieses Jahr fängt von da an zu laufen, wo das errichtete Werk vollendet, oder nicht länger daran gearbeitet worden, wenn es auch nicht vollendet ist; denn wollte man das Jahr vom Anfang des Werkes an rechnen, so würde es nothwendig sein, wider Diejenigen öfter zu klagen, die daran langsamer arbeiten. 5Ist der Ort, wo das Werk errichtet worden ist, ein solcher, wo man nicht leicht hinkann, z. B. es ist auf einem Begräbnissplatz Etwas gewaltsam oder heimlich errichtet worden, oder auf einem andern abgelegenen Orte, oder wenn ein Werk unter der Erde, oder unter dem Wasser, oder in einem Kloak errichtet worden ist, so ist das Interdict wegen des Geschehenen nach Umständen auch noch nach Jahresfrist zuständig, denn nach Erörterung der Sache muss dann die Einrede der abgelaufenen Jahresfrist erlassen werden, d. h. wenn eine gewichtige und rechtmässige Ursache der Unwissenheit eintritt. 6Ad Dig. 43,24,15,6ROHGE, Bd. 22 (1878), Nr. 69, S. 308: Restitution Minderjähriger gegen Wechselverjährung.Wenn Jemand, der in Staatsgeschäften abwesend gewesen, nach seiner Rückkehr vom Interdicte Was gewaltsam oder heimlich Gebrauch machen will, so ist es richtiger, dass er durch den Ablauf des Jahres nicht ausgeschlossen werde, sondern diese Frist noch nach seiner Rückkunft habe; denn auch wenn ein Minderjähriger in Staatsgeschäften verreist, und nachher grossjährig geworden, während er noch in Staatsgeschäften abwesend ist, wird die Folge die sein, dass für ihn das Jahr von da an gerechnet wird, wo er zurückgekehrt ist, nicht von da an, wo er das fünfundzwanzigste Jahr erfüllt hat; so haben Divus Pius und nach ihm alle Kaiser rescribirt. 7Durch dieses Interdict wird die Streitwürderung so hoch gestellt, als der Kläger bei der Errichtung des Werkes interessirt ist. Vermöge seiner Amtspflicht muss der Richter aber die Wiederherstellung in der Art mittels Erkenntnisses anordnen, dass der Kläger in jeder Hinsicht in diejenige Lage versetzt wird, worin er sich befinden würde, wenn das Werk, um welches es sich handelt, weder gewaltsam noch heimlich errichtet worden wäre. 8Es muss also zuweilen auch auf das Eigenthum Rücksicht genommen werden, z. B. wenn wegen des errichteten Werkes Dienstbarkeiten verloren gehen, oder der Niessbrauch erlischt; dies wird nicht nur dann stattfinden, wenn Jemand ein Gebäude aufgeführt, sondern auch, wenn er es eingerissen und ein nachtheiligeres Verhältniss herbeigeführt hat, sei es für Dienstbarkeiten, oder den Niessbrauch, oder die Eigenheit selbst. 9Sein Interesse wird entweder durch den Eid, den der Kläger zur Streitwürderung leistet, oder, wenn er nicht schwören kann, durch die Amtspflicht des Richters festgestellt. 10Wer sich arglistigerweise die Wiederherstellung unmöglich gemacht hat, von dem wird doch angenommen, als könne er sie bewirken. 11Auch Verschuldung ist Gegenstand dieses Interdicts, wie man für zulässig erachten muss, doch wird deren Würderung dem Ermessen des Richters unterliegen. 12Weil dieses Interdict aber das Interesse begreift, so wird, wenn Jemand das Interesse, was er an der Nichterrichtung des Werkes hatte, durch eine andere Klage erlangt hat, die Behauptung folgerichtig sein, dass er durch das Interdict nichts erlangen könne.
16Paul. lib. LXVII. ad Ed. Dieses Interdict ist auch Denen zuständig, die nicht besitzen, sobald sie nur ein Interesse haben. 1Wenn Jemand nicht fruchttragende Bäume gewaltsam oder heimlich gefällt hat, z. B. Cypressen, so steht das Interdict nur dem Eigenthümer zu. Wenn aber einem Andern durch Bäume dieser Art eine Annehmlichkeit gewährt wird, so kann man behaupten, dass auch der Niessbraucher wegen des Vergnügens und Spatzierganges ein Interesse dabei habe, und dieses Interdict stattfinde. 2Mit einem Worte, Derjenige, wer als Besitzer Etwas gewaltsam oder heimlich gethan hat, muss sich gefallen lassen, dass das Werk wieder hinweggenommen werde, und die Kosten bezahlen; wer es gethan, ohne Besitzer zu sein, muss die Kosten bezahlen, und wer besitzt, ohne es gethan zu haben, muss sich die Hinwegnahme gefallen lassen.
17Idem lib. LXIX. ad Ed. Das Interdict Was gewaltsam oder heimlich kann für den Eigenthümer durch Jeden erworben werden, auch durch den Miethsmann.
18Cels. lib. XXV. Dig. Wer einen noch nicht schlagbaren Schlagwald gehauen hat, der haftet durch das Interdict Was gewaltsam oder heimlich; wenn er einen schlagbaren gehauen, ohne den Eigenthümer in Schaden zu bringen, so wird er nichts zu ersetzen haben. 1Es ist nicht ohne Grund zum Gutachten ertheilt worden, dass, wenn du eine Behörde darum ersucht, deinen Gegner vor Gericht vorzuladen, damit er dir nicht Einspruch wegen Neubaus erheben möge, du das unterdessen errichtete Werk heimlich errichtet zu haben scheinest.
19Ulp. lib. LVII. ad Ed. Sabinus sagt, einen Haussohn, der Pächter ist, steht, wenn Bäume umgehauen worden, das Interdict Was gewaltsam oder heimlich zu.
20Paul. lib. XIII. ad Sabin. Gewaltsam handelt sowohl Derjenige, wer verhindert worden ist [, Etwas zu thun], als Derjenige, der es dahin gebracht hat, dass er nicht verhindert werde, etwa durch Anzeige einer Gefahr an den Gegner, oder durch Verschliessen der Thür. 1Die Verhinderung wird durch jede Handlung des Verhindernden als geschehen angesehen; d. h. entweder durch mündliches Verbot, oder durch thätliche Widersetzung, oder durch einen Steinwurf als Zeichen des Verbots. 2Der Verhinderte handelt aber so lange gewaltsam, als die Sache im unveränderten Zustande bleibt; findet nachher ein Uebereinkommen mit dem Gegner statt, so hört er auf gewaltsam zu handeln. 3Ingleichen wenn der Erbe des Verhinderten, oder Derjenige, der von ihm gekauft hat, ohne von dem Vorhergegangenen unterrichtet zu sein, Etwas gethan hat, sagt Pomponius, verfalle er nicht dem Interdicte. 4Was an einem Schiffe geschieht, oder an irgend einer andern beweglichen, wenn auch noch so grossen Sache, ist in dieses Interdict nicht begriffen. 5Dieses Interdict findet statt, es mag ein Werk an einem öffentlichen, oder einem Privatmanne gehörigen, oder einem heiligen oder religiösen Orte errichtet werden.
21Pompon. lib. XXIX. ad Sabin. Wenn ein Werk, dessen Wiederherstellung Jemandem von dem zufolge dieses Interdicts bestellten Richter anbefohlen worden ist, ein Anderer gewaltsamer oder heimlicher Weise hinweggenommen hat, so wird dem Erstern die Wiederherstellung desselben nichtsdestoweniger anbefohlen. 1Wenn ich meinem Sclaven die Errichtung eines Werkes anbefohlen habe, und, was mich anbelangt, mich der Verdacht der Heimlichkeit nicht trifft, mein Sclave aber in dem Glauben gewesen war, dass, wenn der Gegner es gewusst hätte, er ihn daran verhindern würde, werde ich da haften? — Ich glaube nicht, denn es ist hierbei lediglich meine Person zu berücksichtigen. 2Bei Anlegung eines Neubaus muss sowohl der Boden als der Luftraum vermessen werden. 3Wenn Jemand durch die Errichtung eines Werkes irgend eines Rechtes an einem Grundstücke verlustig gegangen ist, so muss dasselbe zufolge dieses Interdicts wiederhergestellt werden.
22Venulej. lib. II. Interdict. Wenn du meinen Weinstock aus meinem Landgut in das deinige übergelegt hast, und derselbe in dem letztern festgewachsen ist, so ist das Interdict Was gewaltsam oder heimlich binnen Jahresfrist von Wirkung; wenn aber das Jahr vorübergegangen ist, so verbleibt keine Klage, und die Wurzeln, welche sich auf meinem Landgute befinden, werden dein, weil sie ein Zubehör dazu sind. 1Wenn Jemand gewaltsamer oder heimlicher Weise gepflügt hat, so glaube ich, dass er durch dieses Interdict hafte, wie, wenn er einen Graben gezogen hätte; denn die Anwendung dieses Interdicts hängt nicht von der Beschaffenheit eines Werkes ab, sondern blos von der Frage, ob ein solches vorhanden sei, welches mit dem Grund und Boden zusammenhängt? 2Wenn du an meine Thür Bretter genagelt hast, und ich dieselben eher wieder abgerissen, als dir Einspruch erhoben habe, und nachher wir Beide gegenseitig das Interdict Was gewaltsam oder heimlich erhoben haben, so musst du, wenn du mir dasselbe nicht erlässest, sodass ich losgesprochen werde, zum Ersatz des Interesses verurtheilt werden, wie wenn du die Sache nicht wiederherstellest, oder es wird mir die Einrede von Nutzen sein: Wenn du nicht gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise gehandelt hast. 3Wenn du Dünger durch mein Landgut getragen hast, obwohl ich es dir verboten hatte, so, sagt Trebatius, haftest du dennoch durch das Interdict Was gewaltsam oder heimlich, wenn du mir auch keinen Schaden gethan und mein Landgut in seinem Aeussern nicht verändert habest; Labeo hingegen sagt das Gegentheil, und es hafte auch nicht Derjenige durch dieses Interdict, wer blos den Weg über mein Landgut genommen, oder einen Vogel getragen, oder, ohne eine Vorrichtung am Boden zu treffen, gejagt habe. 4Wenn Jemand einen Erker oder eine Traufe über ein Begräbniss vorschiebt, so kann wider ihn, wenn er auch das Denkmal selbst nicht berührt, rechtlichermaassen deshalb geklagt werden, was an demselben gewaltsam oder heimlich geschehen sei, weil unter einem Begräbniss nicht blos der Ort verstanden wird, der zur Bestattung dient, sondern auch der ganze Luftraum darüber; deshalb kann auch die Klage wegen verletzten Begräbnisses erhoben werden. 5Wenn Der, welcher angezeigt, dass er ein Werk errichten werde, sogleich darauf ein dergleichen errichtet hat, so kann nicht angenommen werden, dass er heimlich gehandelt habe; dies würde aber der Fall sein, wenn es einige Zeit darnach geschehen wäre.