De superficiebus
(Von Erbpachtungen1.)
1Ich habe dieses Wort, getreu dem Grundsatz, was möglich ist, zu verdeutschen, durch die Bezeichnung eines deutschen Rechtsverhältnisses (schon früherhin öfters) wiederzugeben gesucht, von dem man mir zwar zutrauen wird, dass ich die Verschiedenheiten beider kenne, und insofern das Mangelhafte der Uebersetzung, indessen auch zugeben wird, dass die Aehnlichkeit ausserordentlich gross ist. Da man nun für Emphyteusis nicht ansteht, Erbzinscontract u. s. w. für ausreichend zu erachten (z. B. Unterholzner i. a. Werke), so bitte ich, die oben versuchte aproximative Uebersetzung meinem Misbehagen zu Gute zuhalten, lateinische Worte in die deutsche Uebersetzung zu mischen, was freilich hin und wieder unumgänglich ist, aber doch ohne alle Ausnahme wie ein Flicklappen auf einem Rock aussieht. Zur Erläuterung der Superficies nach Savigny S. 250. merke man, dass sie ein jus in re ist, dessen Natur dem Eigenthum sehr nahe steht, und durch deren Verhältniss zum letztern sich Alles befriedigend erklärt; der Superficiar hat eine juris quasipossessio, welche mit dem Besitz persönlicher Servituten die grösste Aehnlichkeit hat und von diesem abhängt.
1Ulp. lib. LXX. ad Ed. Der Prätor sagt: Wie ihr zufolge des Pachtcontracts die Erbpachtung, um welche es sich handelt, weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise Einer wider den Andern im Genuss habt, sodass ihr sie nicht geniesset, verbiete ich alle Gewaltthätigkeit; wenn eine andere Klage über eine Erbpachtung gefodert werden sollte, so werde ich dieselbe nach Erwägung der Sache ertheilen. 1Wer fremden Grund und Boden in Erbpacht hat, wird durch eine bürgerlichrechtliche Klage gesichert; denn hat er die Erbpacht erpachtet, so kann er wider den Grundherrn aus dem Pacht, wenn er sie gekauft, aus dem Kaufe klagen. Denn legt ihm jener selbst Hindernisse, so wird er durch die Klage sein Interesse erlangen; wenn aber ein Anderer, so muss ihm der Grundherr seine Klagen gewähren und abtreten. Es hat daher, zumal es unbestimmt war, ob eine Verpachtung statthabe22Dies bezieht sich, wie ich glaube, auf den öfters nicht genau nachzuweisenden Ursprung der Superficies., und weil es vortheilhafter ist, sich im Besitz zu befinden, als eine persönliche Klage zu erheben, höchst nützlich geschienen, dieses Interdict zu begründen und eine gleichsam dingliche Klage zu versprechen. 2Das Interdict ist zweiseitig, nach Art des Interdicts Wie ihr besitzet. Der Prätor beschützt mithin Den, der die Erbpachtung fodert, gleichsam wie mit dem Interdicte Wie ihr besitzet; er frägt nicht darnach, welchen Grund des Besitzes er habe, nur nimmt er darauf Rücksicht, ob er wider seinen Gegner gewaltsam, heimlich oder bittweise besitze. Uebrigens gilt hier ganz Dasselbe, was beim Interdicte Wie ihr besitzet. 3Die Worte des Prätors, wenn eine andere Klage wegen der Erbpacht gefodert wird, werde ich sie nach Erwägung der Sache ertheilen, sind so zu verstehen, dass, wenn Jemand eine Erbpachtung auf Zeit gepachtet hat, ihm die dingliche Klage verweigert werde. Nach Erwägung der Sache wird jedoch Dem, der eine Erbpachtung auf lange Zeit in Pacht genommen hat, die dingliche Klage zustehen. 4Der, an dessen Grund und Boden eine Erbpacht stattfindet, bedarf der analogen Klage nicht, sondern er hat dieselbe dingliche Klage, wie über den Grund und Boden. Wenn er freilich die Eigenthumsklage wider den Erbpächter anstellen will, so kann dieser sich mit einer auf das Geschehene ertheilten Einrede schützen; denn wem wir eine Klage ertheilen, dem muss umsomehr auch eine Einrede zuständig sein. 5Wenn dem Besitzer vom Grund und Boden die Erbpachtung entwährt wird, so wird es der Billigkeit angemessen sein, ihm entweder mit der Klage aus der Stipulation über Entwährung zu helfen, oder wenigstens mit der Klage aus dem Kaufe. 6Ad Dig. 43,18,1,6Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 223, Note 7.Weil aber wegen der Erbpachtung auch eine dingliche Klage ertheilt werden wird, so muss man annehmen, dass auch dem Kläger33Die ersten Worte des §. beziehen Manche auf den dominus soli, und dann soll der „Kläger“ der Superficiarius sein; Andere auf den Letztern, und dann wäre der petitor dahin zu erklären, der servitutem petit. Das Letztere scheint unzulässig (s. §. 9) und das Erste unverständlich. Ich verstehe unter petitor Jeden, der einen dinglichen Anspruch erhebt und in superficiem so wie übersetzt ist, in superficiem ist dann dem in rem ganz analog. eine solche wider die Erbpachtung ertheilt werde, und dass ein Quasi-Niessbrauch oder Gebrauch daran bestehen und durch analoge Klagen bestellt werden könne44S. Jac. Gothofredi Animadvers. jur. civ. cap. 6. (T. O. III. p. 279).. 7Auch muss angenommen werden, dass er übergeben, vermacht und verschenkt werden könne. 8Wenn [die Erbpachtung] Zweien gemeinschaftlich gehört, wird man auch eine analoge Gemeingutstheilungsklage ertheilen. 9Es können ferner nach prätorischem Rechte auch Dienstbarkeiten daran bestellt, und dieselben, nach Art derjenigen, die nach bürgerlichem Rechte55Ipso jure = j. civili. Donell. Comm. l. IX. c. 17. §. 6. bestellt worden sind, mit analogen Klagen gefodert werden; es findet derselben wegen auch ein analoges Interdict statt.
2Gaj. lib. XXV. ad Ed. prov. Erbpachtshäuser nennt man diejenigen, welche auf erpachtetem66Conducto ist nur von der (beispielsweise) angenommenen Bestellung der superficies zu verstehen, s. die Note bei Gothofred. Grund und Boden stehen, an denen die Eigenheit nach bürgerlichem und Naturrechte Dem gehört, dessen der Grund und Boden ist.