De fluminibus. ne quid in flumine publico ripave eius fiat, quo peius navigetur
(Von den Flüssen, dass Etwas in einem öffentlichen Flusse oder an dessen Ufer nicht geschehe, wodurch die Schifffahrt beeinträchtigt wird.)
1Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: in einem öffentlichen Flusse und an dessen Ufer darfst du nichts unternehmen, du darfst in denselben oder an dasselbe nichts vorschieben, wodurch die Anfuhrplätze und die Schifffahrt schlechter sind und werden. 1Der Fluss unterscheidet sich vom Bach durch die Grösse, oder durch die Meinung der Anwohner. 2Die Flüsse sind theils perennirende, theils strömende; perennirend ist derjenige, der immer fliesst, ἀένναος, strömend, der zur Winterszeit [fliesst], χειμάῤῥους. Ist jedoch [ein Fluss], der sonst das ganze Jahr über floss, einmal in einem Sommer ausgetrocknet, so ist er deshalb nicht weniger perennirend. 3Einige Flüsse sind öffentliche, andere nicht. Ein öffentlicher Fluss, sagt Cassius, ist derjenige, der das ganze Jahr über fliesst. Diese Ansicht des Cassius, der auch Celsus beitritt, scheint richtig zu sein. 4Das vor erwähnte Interdict geht die öffentlichen Flüsse an, bei Privatflüssen wird es wegfallen, denn ein Privatfluss unterscheidet sich von andern Privatplätzen in nichts. 5Ufer wird richtig dem Begriffe nach so bestimmt den, es sei Dasjenige, was den Fluss in sich begreift, indem es den natürlichen Strom seines Laufes enthält. Ist übrigens ein Fluss durch Regengüsse, durch das Meer, oder sonst durch einen andern Grund auf einige Zeit angewachsen, so verändert er seine Ufer nicht. Denn so hat z. B. noch Niemand behauptet, dass der Nil, der durch sein Anwachsen Aegypten überschwemmt, seine Ufer verändere oder erweitere. Denn sobald er zu seinem gewöhnlichen Wasserstande zurückgekehrt ist, müssen die Ufer seines Strombettes wiederhergestellt werden. Wenn jedoch [ein Fluss] von Natur angewachsen ist, sodass seine Zunahme von fortwährender Dauer ist, etwa durch Verbindung mit einem andern Flusse, oder sonst einen andern Grund, so kann man auch ohne Zweifel behaupten, dass er sein Ufer verändert habe, gleichwie wenn er mit Veränderung seines Strombettes, einen andern Lauf nimmt. 6Wenn in einem öffentlichen Flusse eine Insel enstanden, und darauf Etwas errichtet worden ist, so wird nicht angenommen, dass dies im Flusse geschehen sei, denn die Insel gehört entweder Dem, der sich in ihren Besitz gesetzt hat, wenn die Aecker bestimmt begrenzt waren, oder Dem, an dessen Ufer sie zunächst liegt, oder, wenn sie mitten im Flussbett entstanden ist, Denen, welche an den beiden nächsten Ufern Grundstücke besitzen. 7Ebensowenig geht Das, was, wenn der Fluss auf ähnliche Weise sein Bett verlassen und seinen Lauf wo anders genommen hat, im alten Flussbette errichtet worden ist, dieses Interdict an; denn es kann nicht in einem öffentlichen Flusse errichtet sein, wo [der Grund und Boden] den beiden anstossenden Nachbarn gehört. Wenn aber die [daranstossenden] Aecker bestimmt begrenzt sind, so wird das Flussbett Dem gehörig, der sich in dessen Besitz setzt; wenigstens hört es auf öffentlich zu sein. Auch dasjenige Flussbett, welches sich ein Fluss macht, wird, wenn es gleich vorher Privateigenthum gewesen, dennoch öffentlich, weil es unmöglich ist, dass das Bett eines öffentlichen Flusses nicht auch sollte öffentlich sein. 8Wenn ein Graben von Menschenhänden gemacht ist, durch den ein öffentlicher Fluss fliesst, so wird er nichtsdestoweniger öffentlich, und was darin errichtet wird, wird als in einem öffentlichen Flusse geschehen betrachtet. 9Anders ist es dann, wenn der Fluss eine Strecke Landes überschwemmt und nicht sich ein neues Bett gemacht hat, denn dann wird Das, was unter Wasser steht, nicht öffentlich. 10Ingleichen bleibt, wenn ein Fluss um eine Strecke Landes herumgeht, dieselbe ihrem Eigenthümer. Ist also Etwas darin errichtet worden, so ist es nicht in einem öffentlichen Flusse geschehen, und es geht dieses Interdict nichts an, was an einem Privatort geschehen ist, auch nicht wenn in einem Privatflusse, denn, was in einem Privatflusse geschieht, steht Dem ganz gleich, was an jedem andern Privatorte errichtet worden ist. 11Als in einem öffentlichen Flusse errichtet wird Alles Dasjenige betrachtet, was im Wasser geschieht; ist Etwas ausserhalb geschehen, so ist es dies nicht im Flusse; auch was am Ufer geschieht, wird nicht als im Flusse geschehen betrachtet. 12Nicht Alles aber, was in einem öffentlichen Flusse oder auf dessen Ufer geschieht, verbietet der Prätor, sondern nur wenn Etwas von der Art, wodurch die Anfuhr und die Schifffahrt schlechter wird. Es bezieht sich mithin dieses Interdict nur auf diejenigen öffentlichen Flüsse, die schiffbar sind, auf andere nicht. Labeo schreibt aber, es sei nicht unbillig, dass, wenn Etwas auch in einem nichtschiffbaren Flusse errichtet werde, sodass er austrocknet, oder der Lauf des Wassers gehemmt wird, ein analoges Interdict zuständig sei, dass der Hinwegnahme, dem Einreissen, der Reinigung und Wiederherstellung Dessen keine Gewalt angethan werde, was in dem Flussbett oder am Ufer so errichtet worden ist, wodurch die Richtung und der Lauf des Flusses schlechter ist, oder wird. 13Anfuhrt (statio) sagt man vom Anfahren (stare); es ist also der Ort gemeint, wo die Schiffe sicher liegen können. 14Der Prätor sagt: und die Strasse für die Schifffahrt schlechter wird; dies heisst soviel, als das Schiffen selbst; ja, man sagt auch wohl Schifffahrt für das Schiff selbst. Strasse für die Schifffahrt kann man also auch so verstehen, dass die Strasse für die Schiffe schlechter wird. Unter der Benennung der Schifffahrt sind auch Flösse begriffen, weil meist deren Gebrauch ein nothwendiger ist. Wenn dem Leinpfade11Glosse: iter pedestre. ein Hinderniss in den Weg gelegt wird, so wird dadurch die Strasse für die Schifffahrt nicht weniger schlechter. 15Eine Anfuhrt sowie eine Strasse der Schifffahrt scheinen dann schlechter zu werden, wenn ihr Gebrauch verdorben oder erschwert, oder vermindert, oder seltener, oder ganz und gar entzogen wird. Sobald daher das Wasser abgelassen wird, sodass, wenn es gefallen, es weniger schiffbar ist, oder wenn [die Ufer] erweitert werden, sodass das Wasser weiter ausgedehnt und dadurch flach wird, oder wenn es umgekehrt so eingeengt wird, dass es den Fluss reissender macht, oder sonst etwas Anderes geschieht, was die Schifffahrt unbequem macht, erschwert, oder ganz verhindert, findet stets das Interdict statt. 16Labeo schreibt, dem mit dem Interdicte Belangten sei die Einrede: oder wenn er es zum Schutz des Ufers gethan hat, nicht zu ertheilen, sondern er sagt, die Einrede müsse so gefasst werden: ausser wenn Etwas so unternommen worden ist, wie es nach dem Gesetze gestattet war. 17Wenn im Meere etwas [hierher Bezügliches] unternommen wird, so, sagt Labeo, stehe folgendes Interdict zu: dass im Meere und am Seeufer nichts geschehe, wodurch Hafen, Anfuhrt und Strasse der Schifffahrt schlechter werde. 18Derselben Ansicht ist er, wenn Etwas in einem öffentlichen, jedoch nicht schiffbaren Fluss geschieht. 19Hernach sagt der Prätor: Was in einem öffentlichen Flusse oder an dessen Ufer geschieht, oder was du in den Fluss oder sein Ufer Hineingeschobenes innehast, wodurch Anfuhrt und Schifffahrtsstrasse schlechter ist oder wird, sollst du wiederherstellen. 20Das erstgedachte Inderdict ist ein verbietendes, das letztere ein die Wiederherstellung verfügendes, welches übrigens denselben Gegenstand zum Zweck hat. 21Es wird aber Dem, der etwas Errichtetes oder Hineingeschobenes innehat, die Wiederherstellung desselben anbefohlen, sobald es die Anfuhrt oder Schifffahrt schlechter macht. 22Diese Worte: Errichtetes innehast oder Hineingeschobenes innehast, beweisen, dass nicht Der hafte, der es errichtet oder hineingeschoben hat, sondern wer das Eine oder das Andere innehat. Auch sagt Labeo, dass [du auch dann] durch dieses Interdict haftest, wenn dein Vorgänger das Wasser abgeleitet hat und du davon Gebrauch machest.
2Pompon. lib. XXIV. ad Sabin. Wasser aus einem öffentlichen Fluss zu leiten ist unverwehrt, es müsste es denn der Kaiser oder der Senat verbieten, sobald dieses Wasser nur zu keinem öffentlichen Gebrauche dient; ist er aber schiffbar, oder wird ein anderer durch ihn schiffbar, so ist es verboten.
3Paul. lib. XVI. ad Sabin. Die Flüsse, welche immer22Semper schiebt unser Text mir Hal. ein, und ich gestehe, dass ich mir ohnedies unter einem flumen quod fluit nichts denken kann. fliessen, sind öffentliche, und ihre Ufer sind auch öffentlich. 1Als Ufer wird Das betrachtet, innerhalb dessen sich der Fluss bei seinem höchsten Wasserstande befindet. 2Längs der Flussufer sind nicht alle Plätze öffentliche, sondern es gehört zum Ufer nur derjenige Raum, von wo der Abhang von dem Lande bis zum Wasser beginnt.