Pro derelicto
(Als aufgegeben.)
2Paul. lib. LIV. ad Ed. Ad Dig. 41,7,2 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 184, Note 1.Wenn man weiss, dass der Eigenthümer eine Sache als aufgegeben betrachte, so kann man sie erwerben. 1Proculus sagt aber, diese Sache höre nicht eher auf, dem Eigenthümer zu gehören, als bis sie von einem Andern in Besitz genommen worden sei; Julianus hingegen sagt, sie höre allerdings auf, Dem zu gehören, der sie verlasse, werde aber nicht eher einem Andern gehörig, als bis sie in Besitz genommen worden sei; und er hat Recht.
3Ad Dig. 41,7,3Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 169a, Note 5.Modestin. lib. VI. Differ. Ob ein Theil als aufgegeben betrachtet werden könne, darüber pflegt in der Regel Frage zu entstehen. Hat ein Mitgenosse an einer ihm mit einem Andern gemeinschaftlich gehörigen Sache seinen Theil aufgegeben, so hört er allerdings auf, ihm zu gehören, sodass hier Das vom Theile gilt, was sonst vom Ganzen. Allein der Eigenthümer des Ganzen kann es nicht bewirken, dass er die eine Hälfte behält und die andere als aufgegeben betrachtet.
5Pompon. lib. XXXII. ad Sabin. Ad Dig. 41,7,5 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 176, Note 6.Wenn ich Das, was du als aufgegeben besassest, und von dem ich wusste, dass es sich in diesem Verhältniss befinde, von dir gekauft habe, so kann ich es bekanntlich ersitzen, und es steht mir nicht der Umstand entgegen, dass es nicht zu deinem Vermögen gehörig ist. Denn auch, wenn ich wissentlich eine dir von deiner Frau geschenkte Sache gekauft habe, gilt dasselbe, weil du es gleichsam mit Einwilligung und Gestattung des Eigenthümers thust. 1Dasjenige, was Jemand als aufgegeben betrachtet hat, wird sofort mein, sowie wenn Jemand Geld ausgeworfen, oder Vögel hat fortfliegen lassen, beides dennoch Dem gehörig wird, dem es der Zufall zuführt, wenn auch [des Eigenthümers] Wille nicht auf eine bestimmte Person gerichtet war; und es wird dabei, sobald eine Sache von Jemand als verlassen betrachtet wird, zugleich angenommen, dass es sein Wille gewesen, sie solle Jemandem zu Theil werden.
6Julian. lib. III. ad Ursej. Feroc. Niemand kann etwas als aufgegeben ersitzen, der fälschlich geglaubt hat, dass eine Sache als aufgegeben betrachtet worden sei.
7Idem lib. II. ex Minicio. Wenn Jemand über Bord geworfene Waaren gefunden hat, so frägt es sich, ob er sie deshalb nicht ersitzen könne, weil sie nicht als aufgegebene betrachtet werden? — Es ist richtiger, dass er sie nicht als aufgegeben ersitzen könne.
8Paul. lib. XVIII. Resp. Sempronius versuchte der Thetis Streitigkeit wegen ihres persönlichen Standesrechts zu erheben, als sei sie von seiner Sclavin geboren; er hatte aber schon, von der Procula, der Amme der Thetis, rücksichtlich der Zahlung von Alimenten angegriffen, vor Zeugen zur Antwort gegeben, er habe nichts, wovon er ihr Alimente zahlen solle, sondern sie solle sie ihrem Vater Lucius Titius übergeben; als jene dies in ein Gezeugniss hatte fassen lassen, damit sie nachher keine Anfechtung von Seiten des Sempronius erleiden solle, liess Lucius Titius, nachdem er der Seja Procula die Alimente entrichtet hatte, das Mädchen durch feierliche Erklärung aus der Gewalt. Ich frage, ob die Freiheit der Thetis angefochten werden kann? Paulus hat geantwortet: weil der Herr der Sclavin, von der die Thetis geboren worden, die Thetis als aufgegeben betrachtet zu haben scheint, habe sie von Lucius auch zur Freiheit verholfen werden können.