Pro emptore
(Als Käufer1.)
1Was hier zu ergänzen und hinzuzudenken ist, ergiebt gleich das erste Gesetz, sowie das zweite.
1Gaj. lib. VI. ad Ed. prov. Der Besitzer, welcher [für eine von ihm eingeklagte Sache] die Streitwürderung erlegt hat, fängt von da an als Käufer zu besitzen.
2Paul. lib. LIV. ad Ed. Als Käufer besitzt Derjenige, wer wirklich gekauft hat; es genügt dabei nicht, dass er nur in der Meinung gestanden habe, als Käufer zu besitzen, sondern es muss ein wirklicher Kauf zum Grunde liegen. Wenn ich aber in dem Glauben, es [im Allgemeinen] schuldig zu sein, dir, ohne dass du um das wahre Verhältniss weisst, Etwas übergebe, so wirst du ersitzen. Weshalb wirst du daher nicht ersitzen, wenn ich glaube, dass ich dir verkauft habe, und übergebe? — Weil bei den übrigen Contracten [der gute Glaube zur] Zeit der Uebergabe genügt. Wenn ich nemlich wissentlich eine fremde Sache stipulire, werde ich sie nur dann ersitzen, wenn ich zu der Zeit, wo sie mir übergeben wird, glaube, dass sie dem Andern gehöre, allein beim Kauf wird auch der Zeitpunkt berücksichtigt, wo der Contract abgeschlossen wird; darum muss man sowohl den Kauf im guten Glauben geschlossen, als den Besitz im guten Glauben erlangt haben. 1Das Besitzverhältniss ist von dem Ersitzungsverhältniss wesentlich verschieden; denn man kann von Jemand sagen, er habe wirklich gekauft, aber im schlechten Glauben; auf diese Weise bezitzt Derjenige als Käufer, wer wissentlich eine fremde Sache gekauft hat, obwohl er nicht ersitzt. 2Wenn ein Kauf unter einer Bedingung geschlossen worden ist, so ersitzt der Käufer während deren Obschwebens nicht. Dasselbe hat statt, wenn er glaubt, es sei eine Bedingung eingetreten, die noch nicht eingetreten ist; denn er steht dann Dem gleich, welcher glaubt, gekauft zu haben. Umgekehrt, wenn sie eingetreten ist, und er es nicht weiss, so kann mit Sabinus, der mehr auf die Wahrheit als das Dafürhalten sieht, behauptet werden, dass er ersitze. Doch findet hier22Unterholzner erläutert dieses Gesetz Thl. I. S. 407. sehr gut. Der Gedankengang im obigen §. ist der: Sabinus lässt die Usucapio des Irrthums ungeachtet eintreten, indem er dabei von dem angegebenen Grundsatz ausgeht, der dies rechtfertigt, wenn man vom wahren Eigenthümer kauft, ohne es zu glauben, dass er es sei. Paulus tritt dem bei, meint aber, diese Fälle seien nicht völlig gleich (indem, wenn Jemand u. s. w. s. o.). Noch auffallender sei diese Verschiedenheit in dem Falle, wenn u. s. w. (s. o.) einige Verschiedenheit statt, indem, wenn Jemand eine Sache für einem Andern gehörig glaubt, die dem Verkäufer gehört, er doch den Willen hat, sie zu kaufen; wenn er aber glaubt, es sei eine Bedingung noch nicht eingetreten, so glaubt er auch gewissermaassen, er habe noch nicht gekauft. Dies erhellt noch deutlicher in dem Fall, wenn der Erblasser gekauft hat, und seinem Erben übergeben worden ist, der nichts davon weiss, dass der Erblasser gekauft habe, sondern [glaubt,] dass ihm aus einem andern Grunde übergeben werde; fällt also die Ersitzung hinweg33Die Frage wird hier unentschieden gelassen; die Basil. bejahen sie: διὰ τῆς χρονίας νομῆς δεσπόζεται. — Die Vulg. durch ihren Zusatz auch.? — 3Sabinus [sagt]: wenn eine Sache dergestalt gekauft worden, dass, wenn nicht während der bestimmten Zeit Zahlung des Preises erfolgt sei, der Kauf rückgängig sein solle, so werde er dieselbe nur dann ersitzen, wenn Zahlung erfolgt sei; allein es kommt hier darauf an, ob dies eine Bedingung, oder ein Uebereinkommen ist? Wenn ein Uebereinkommen, so hängt davon vielmehr das Ende des Contracts als sein Anfang ab44Si conventio, magis resolvetur quam implebitur; s. Glück IV. S. 480. n. 51.; es ist nemlich zu berücksichtigen, dass nur im ersten Fall, der Sprache der Röm. Gesetze nach, der Handel ein bedingter genennt wird, im letztern Fall (einer Resolutivbedingung) ist der Contract zwar eingegangen, und nur seine Wiederauflösung bedingt.. 4Wenn Vorbehalt des bessern Gebotes geschehen ist, d. h. es solle der Kauf vollendet sein, sobald nicht Jemand bessere Bedingungen geboten habe, so glaubte Julianus, dass sowohl die Nutzungen dem Käufer gehörig würden, als auch die Ersitzung vor sich gehe; Andere hingegen, dass auch ein solcher Kauf ein bedingt vollzogener sei, jener aber, dass er nicht [bedingt] vollzogen, sondern wieder aufgelöst werde. Diese Meinung ist richtig. 5Auch der Kauf ist unbedingt, wo man dahin übereingekommen ist, dass, wenn es bis zu einem bestimmten Tage gereuet hätte, derselbe wieder aufgehoben sein solle. 6Als ich den Stichus gekauft hatte, ward mir aus Unkunde Dama statt seiner übergeben. Priscus sagt, ich würde ihn nicht ersitzen, weil Dasjenige, was nicht gekauft worden, [von mir] nicht als Käufer ersessen werden könne. Ist aber ein Landgut gekauft, und dasselbe in einem weitern Umfange besessen worden, so wird das Ganze in langer Zeit ersessen, weil der Gesammtinbegriff desselben besessen wird, und nicht die einzelnen Theile. 7Du hast Dessen Nachlass gekauft, dem Sclaven zur Aufbewahrung übergeben worden waren. Trebatius sagt, du werdest nicht ersitzen, weil sie nicht mit gekauft sind. 8Ad Dig. 41,4,2,8Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 178, Note 7.Ein Vormund kaufte auf der Auction55Actio Hal. Vulg. auctio Fl. Die Bedeutung ist einerlei, s. Gul. Fornerii Select. l. I. c. 16. (T. O. II. 26.) Jac. Curtii Εικαστων l. I. c. 9. 10. (T. O. V. 152.) seines Mündels eine Sache, die er für demselben gehörig hielt; Servius sagt, er könne sie ersitzen; man hat seine Meinung angenommen, weil die Lage des Mündels nicht dadurch verschlechtert wird, wenn er einen Käufer hat, der mehr66Man darf wohl unzweifelhaft die Lesart der Vulg. u. Hal. pluris statt propius annehmen; letzteres gäbe gar keinen Sinn. giebt; und wenn er für einen geringern Preis gekauft hat, so haftet er durch die Vormundschaftsklage, wie wenn er einem Andern für einen geringern77Diese Comparativen setzen die Möglichkeit höhern Verkaufs und culpa oder dolus des Vormunds voraus. Preis zugeschlagen hätte; dies soll auch der Kaiser Trajanus verordnet haben. 9Auch der Geschäftsbesorger, der in einer im Auftrag des Herrn veranstalteten Auction Etwas gekauft hat, wird, nach der Meinung der Meisten des Nutzens halber, als Käufer ersitzen. Dasselbe kann dann behauptet werden, wenn ein Geschäftsführer des darum nicht wissenden Herrn Etwas gekauft hat, und zwar wegen desselben Nutzens. 10Wenn dein Sclave aus einem auf sein Sondergut Bezug habenden Grunde eine Sache gekauft hat, von der er weiss, dass sie eine fremde sei, so wirst du nicht ersitzen, wenn du gleich nicht weisst, dass sie eine fremde sei. 11Celsus schreibt, wenn mein Sclave Namens seines Sondergutes den Besitz erlangt, so werde ich auch ohne mein Wissen ersitzen; wenn nicht aus einem auf das Sondergut Bezug habenden Grunde, nur dann, wenn ich darum wisse88Dies ist ein Zwischensatz und die folgenden Worte hängen mit dem Anfang des §. zusammen. Unterholzner Thl. I. Seite 418.; und wenn er mangelhaft zu besitzen angefangen, so sei mein Besitz mit demselben Mangel behaftet. 12Pomponius sagt, es sei auch in Ansehung Dessen, was Namens des Herrn besessen werde, vielmehr auf den Willen des Herrn als des Sclaven zu sehen; wenn aber in Angelegenheiten seines Sonderguts, so sei vielmehr der des Sclaven in Betracht zu ziehen; und wenn der Sclave im schlechten Glauben besitze, und der Herr denselben überkommen hat, sodass er im eigenen Namen besitze, z. B. dadurch, dass er ihm das Sondergut entzieht, so bleibt der Grund des Besitzes derselbe, und es geht darum für ihn die Ersitzung ebensowenig von statten. 13Wenn [m] ein Sclave in Angelegenheiten seines Sondergutes Etwas im guten Glauben gekauft hat, ich aber, sobald ich es erfahren, weiss, dass die Sache einem Andern gehöre, so, sagt Celsus, werde die Ersitzung von Statten gehen, denn der Anfang des Besitzes sei ohne Mangel gewesen, wenn aber zu der Zeit selbst, wo er kauft, so werde ich, wenn er auch im guten Glauben handele, ich aber wisse, dass die Sache einem Andern gehöre, nicht ersitzen. 14Derselbe Celsus sagt, dass, wenn mir auch mein Sclave vermöge eines über seine Freiheit geschlossenen Vertrages Etwas gegeben habe, was er im schlechten Glauben gekauft hat, ich doch nichtsdestomehr ersitzen werde; denn es dauere der erste Grund des Besitzes fort. 15Wenn ich von einem Mündel ohne seines Vormundes Ermächtigung99Eine fremde Sache, so nach Pulvaeus’ l. l. cap. ult. Annahme, die auch Unterholzner für unentbehrlich hält, Thl. I. S. 128 f. gekauft habe, den ich für mündig hielt, so, sagen wir, erfolge die Ersitzung, sodass hier auf die Wirklichkeit mehr ankommt, als auf das Dafürhalten1010Jens. l. l. p. 435. kehr die Ordnung hier um: ut plus sit in existimat. quam in re.; wenn du hingegen weisst, dass er ein Unmündiger sei, aber glaubst, dass den Unmündigen die Verwaltung ihres Vermögens ohne des Vormundes Ermächtigung gestattet sei, so wirst du nicht ersitzen, weil ein Rechtsirrthum Niemandem nützt. 16Ad Dig. 41,4,2,16Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 199, Note 5.Wenn ich von einem Wahnsinnigen gekauft habe, in dem Glauben, er sei verstandesmächtig, so kann ich bekanntlich des Nutzens halber ersitzen, obwohl kein Kauf vorhanden ist, und deshalb auch mir ebensowenig eine Klage wegen Entwährung zuständig ist, als die Publiciana, und die Anknüpfung des Besitzes. 17Wenn du eine Sache, die du als Käufer ersassest, an mich verkauft hast, der ich weiss, dass sie einem Andern gehöre, so werde ich sie nicht ersitzen. 18Auch dem fernerweiten Erben nützt der Besitz des [ersten] Erblassers, wenn auch der in der Mitte stehende Erbe den Besitz desselben nicht erlangt hat. 19Wenn der Erblasser im guten Glauben gekauft hat, so wird die Sache ersessen werden, wenn der Erbe auch weiss, dass sie einem Andern gehöre. Dies ist sowohl in Ansehung der Nachlassbesitzer, als der Fideicommissinhaber, denen eine Erbschaft nach dem Trebellianischen Senatsschluss herausgegeben wird, und der übrigen prätorischen Rechtsnachfolger beobachtet worden. 20Dem Käufer nützt die Zeit des Verkäufers zur Ersitzung. 21Wenn ich eine fremde Sache gekauft habe, und während ich sie ersass, der Eigenthümer sie, wider mich klagend, in Anspruch genommen hat, so wird meine Ersitzung durch die Einleitung des Verfahrens nicht unterbrochen. Wenn ich aber die Streitwürderung zu erlegen vorgezogen habe, so, sagt Julianus, werde der Grund seines Besitzes für Den verändert, der die Streitwürderung übernommen habe. Dasselbe sei der Fall, wenn der Eigenthümer Dem, der die Sache vom Nichteigenthümer gekauft hat, geschenkt habe. Diese Ansicht ist richtig.
3Ulp. lib. LXXV. ad Ed. Die Streitwürderung ist dem Kaufe ähnlich.
4Javolen. lib. II. ex Plaut. Der Käufer eines Landgutes wusste, dass ein Theil davon einem Andern gehöre; es ist hierüber zum Bescheide ertheilt worden, er werde von diesem Landgute durch langen Besitz nichts ersitzen; dies halte ich unter der Beschränkung für wahr, wenn der Käufer nicht gewusst hatte, welcher Theil davon einem Andern gehöre. War ihm der Ort bestimmt bekannt, so zweifele ich durchaus nicht, dass die Theile durch langen Besitz ersessen werden können. 1Dasselbe ist dann Rechtens, wenn Derjenige, der das ganze Landgut kaufte, weiss, dass ein Theil als ungetheilt einem Andern gehöre; nur diesen wird er nicht ersitzen, von den übrigen Theilen wird die Ersitzung durch langen Besitz nicht verhindert werden.
6Pompon. lib. XXXII. ad Sabin. Wer, während er als Erbe oder als Käufer ersass, bittweise [um den Besitz] ansuchte, kann nicht ersitzen; was ist nemlich für ein Unterschied, da Der in beiden Fällen aus dem frühern Grunde zu besitzen aufhört, wer Etwas bittweise haben will? — 1Ad Dig. 41,4,6,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 176, Note 3.Wenn ich von zehn Sclaven, die ich gekauft habe, einige für fremde halte, und weiss, welche es sind, so werde ich die übrigen ersitzen; weiss ich es aber nicht, welches die fremden sind, so kann ich keinen ersitzen. 2Wenn nach dem Tode Dessen, der einen Sclaven gekauft hatte, die an der Ersitzung noch fehlende Zeit abgelaufen ist, so wird der Sclave dem Erben doch gehörig, wenn der Erbe denselben auch gar nicht zu besitzen angefangen; es versteht sich dabei, dass ihn kein Anderer besessen habe.
7Julian. lib. XLIV. Dig. Es starb Jemand, der ein Landgut als Käufer besass, bevor er den langen Besitz erfüllt hatte; die Sclaven, welche im Besitz hinterlassen worden waren, gingen in der Absicht hinweg, um ihn in Stich zu lassen. Hier entstand die Frage, ob für den Erben nichtsdestoweniger die Zeit des langen Besitzes laufen kann? Antwort: auch wenn die Sclaven weggegangen sind, läuft diese Zeit für den Erben. 1Wenn ich das Cornelianische Landgut als Käufer durch Ablauf langer Zeit ersitze und einen Theil von des Nachbars Landgut dazuthue, werde ich diesen Theil auch durch Ablauf der übrigen Zeit als Käufer ersitzen, oder durch die ganze vorgeschriebene Zeit? Antwort: die Theile, welche zu dem Ankauf des Landgutes geschlagen werden, befinden sich in einem eigenthümlichen und besondern Verhältniss, und darum muss man auch den Besitz durch die ganze vorgeschriebene Zeit erfüllen. 2Mein Sclave beauftragte den Titius, ihm ein Landgut zu kaufen, und Titius übergab ihm den Besitz, nachdem er freigelassen worden war. Hier entstand die Frage, ob er durch langen Besitz ersitze? Antwort, wenn mein Sclave dem Titius aufgetragen, ihm ein Landgut zu kaufen, und Titius ihm dasselbe, nachdem er freigelassen worden, übergeben hat, da er glaubte, dass ihm sein Sondergut mitzugestanden worden sei, oder auch, da er wusste, dass ihm sein Sondergut nicht zugestanden worden sei, so erwirbt der Sclave nichtsdestoweniger durch langen Besitz nicht1111Man muss entweder nihilominus nach der Flor. mit Cujac. ad h. l. für nullo modo erklären, oder n. magis mit Hal. und der Vulg. lesen, s. Unterholzner Thl. I. S. 408., weil er entweder weiss, dass ihm sein Sondergut nicht zugestanden worden sei, oder es wissen muss, und hiernach Dem ähnlich ist, der sich für einen Gläubiger ausgiebt; weiss hingegen Titius, dass das Sondergut dem Freigelassenen nicht zugestanden worden sei, so wird von ihm angenommen, dass er vielmehr demselben ein Geschenk machen wollen, als das Landgut als nicht schuldiges entrichtet habe. 3Wenn der Vormund seines Mündels Sache gestohlen und verkauft hat, so tritt die Ersitzung nicht eher ein, als die Sache in des Mündels Gewalt zurückkehrt; denn der Vormund wird in Ansehung dessen Vermögens dann für den Herrn gehalten, wenn er die Vormundschaft führt, und nicht wenn er ihn beraubt. 4Wer im guten Glauben ein fremdes Landgut gekauft und dessen Besitz verloren, nachher ihn aber zu einer Zeit wiedererhalten hat, wo er weiss, dass dasselbe einem Andern gehöre, so wird er es durch Ablauf langer Zeit nicht ersitzen, weil der Anfang des zweiten Besitzes nicht ohne Mangel sein wird. Auch ist er Demjenigen nicht unähnlich1212Wegen der Florenzer Lesart: nec similis, hat man viele unnöthige Aenderungen machen wollen, s. Unterholzner Thl. I. S. 343. Anm. 343; nec hat, wenn man ihr folgt, wie öfters, die Bedeutung auch nicht, nicht einmal., der zwar zur Zeit des Kaufabschlusses das Landgut für den Verkäufer gehörig hielt, und zu der der Uebergabe erfahren hat, dass es ein fremdes sei. Denn wenn der Besitz einmal verloren ist, so muss wiederum auf den Zeitpunkt der Wiedererlangung desselben gesehen werden. Wenn daher der Verkäufer1313Alles ohne Unterschied liest emtor; es ist klar, dass der Verkäufer verstanden werden muss, s. Unterholzner Thl. I. S. 344. Anm. 344. Eine ähnliche Verwechselung s. l. 13. §. 25. D. de action. emti et venditi. zu der Zeit genöthigt wird, einen verkauften Sclaven zurückzunehmen, wo er weiss, dass er ein fremder sei, so hat keine Ersitzung statt, wenn er auch, bevor er verkaufte, sich in der Lage befunden, dass er ersitzen konnte. Dasselbe ist Rechtens in Ansehung Dessen, der von einem Landgute vertrieben, den Besitz durch ein Interdict wiedererlangt hat, wenn er nun weiss, dass dasselbe ein fremdes sei. 5Wer wissentlich eine Sache von Dem kauft, dem der Prätor wie einem verdächtigen Erben die Verringerung der Masse verboten hat, der wird nicht ersitzen. 6Wenn dein Geschäftsbesorger ein Landgut, welches er für hundert Goldstücke verkaufen konnte, blos in der einzigen Absicht für dreissig Goldstücke weggegeben hat, um dich in Schaden zu bringen, ohne dass jedoch der Käufer dies gewusst hat, so kann nicht gezweifelt werden, dass der Käufer durch Ablauf langer Zeit ersitzen könne. Denn auch wenn Jemand wissentlich ein fremdes Landgut an einen nichts davon Wissenden verkauft hat, wird der lange Besitz nicht verhindert. Wenn hingegen der Käufer mit dem Geschäftsbesorger zusammen durchgestochen und ihn durch eine Belohnung gewonnen hat, ihm niedriger zu verkaufen, so wird er nicht als Käufer guten Glaubens angesehen werden, noch in langer Zeit ersitzen, und wenn er angefangen wider den klagenden Eigenthümer sich der Einrede zu bedienen, die Sache sei mit seinem Willen verkauft worden, so wird die Replik der Arglist von Nutzen sein. 7Eine gestohlene Sache wird nicht als in des Eigenthümers Gewalt zurückgekehrt betrachtet, wenn er sie auch [wieder] besitzt, sobald er nicht weiss, dass sie gestohlen sei; wenn ich dir also einen dir gestohlenen Sclaven, ohne dass du weisst, es sei der deinige, zum Pfande gegeben, und nach Zahlung des Geldes ihn an Titius verkauft habe, wird Titius nicht ersitzen können. 8Ein freier Mensch, der uns im guten Glauben dient, erwirbt auf dieselbe Weise aus unserm Vermögen für uns, wie wir durch unsern Sclaven zu erwerben pflegen; wie wir daher durch Uebergabe bei Zwischenkunft einer freien Person eine Sache zu der unsern machen werden, so auch durch Ersitzung; und wenn Namens eines Sonderguts ein Kauf geschlossen worden ist, welches uns folgen muss, so werden wir, auch ohne es zu wissen, ersitzen.
8Julian. lib. II. ex Minicio. Wer weiss, dass der Verkäufer das Geld auf der Stelle durchbringen werde, und Sclaven von ihm gekauft hat, der ist, nach Ansicht der Meisten, nichtsdestoweniger Käufer im guten Glauben; und das ist richtig, denn wie soll angenommen werden, er habe im schlechten Glauben gekauft, da er vom Eigenthümer gekauft hat? — Auch wer von einem Schwelger Sclaven kauft, der das Geld sogleich an Huren geben wird, wird sie ersitzen1414Cujac. will in der Stellung nisi forti et is — non usucapiet, gerade eine Verneinung finden; wenn er die Basil. Uebersetzung dieser Stelle schon gekannt hätte, würde er schwerlich dieser Ansicht gewesen sein: καὶ ὁ παρὰ τρυφητοῦ γὰρ ἀγοράσας διὰ τῆς γρονίας νομῆς δεσπόζεται. Der Sinn muss bejahend genommen werden, s. Unterholzner Thl. I. S. 406. Anm. 409..
9Idem lib. III. ad Ursej. Feroc. Wer in Folge eines über die Freiheit getroffenen Uebereinkommens von einem Sclaven eine gestohlene Sclavin erhalten hat, kann deren Kind als Käufer ersitzen.
10Idem lib. II. ad Minic. Ein Sclave gab seinem Herrn eine gestohlene Sclavin für sich1515Um frei zu werden., und diese ward schwanger. Es entstand nun die Frage, ob der Herr das Kind ersitzen könne. Antwort: Hier kann der Herr gleichsam als Käufer ersitzen; denn der für die Sclavin gegebene Gegenstand fehlt ihn, und es ist gewissermaassen zwischen Sclaven und Herrn ein Verkauf geschlossen worden1616Ueber den scheinbaren Widerspruch der ll. 9. u. 10. mit l. 4. §. 16. de usuc. s. Unterholzner Thl. I. S. 427. Donell. V. 25. §. 5 löst ihn dadurch, dass er zeigt, es sei im letztern Fall die nach der Freilassung geschehene traditio gemeint. (Servus würde also dann uneigentlich noch servus genannt, wie sich dies oft findet!).
11African. lib. VII. Quaest. Die allgemeine Regel, dass Derjenige, wer da glaubt, Etwas gekauft zu haben, und nicht gekauft hat, nicht als Käufer ersitzen könne, sagt er, ist mit der Beschränkung zu verstehen, wenn der Käufer keinen rechtmässigen Entschuldigungsgrund seines Irrthumes hat; denn wenn der Sclave oder Geschäftsbesorger, dem er eine Sache zu kaufen aufgetragen, ihm vorgeschwatzt hat, dass er gekauft habe, und dann übergeben hat, so spricht mehr für den Eintritt der Ersitzung.
13Scaevola lib. V. Resp. Es kaufte Jemand einen fremden leeren Platz im guten Glauben, und fing vor Erfüllung des langen Besitzes an, zu bauen; als der Eigenthümer des Grund und Bodens ihm deshalb Anzeige machte, verharrt er binnen der Zeit des langen Besitzes [im Besitz]. Ich frage, ob die [Ersitzung] unterbrochen, oder da sie einmal angefangen, auch fortgedauert habe? Antwort: den vorliegenden Umständen nach, habe keine Unterbrechung stattgefunden.
14Idem lib. XXV. Dig. Der Nachlass einer testamentslos verstorbenen Schwester fiel an zwei Brüder, von denen der eine abwesend, und der andere gegenwärtig war, der letztere betrieb des erstern Angelegenheit mit; er verkaufte aus diesem Nachlass in seinem und seines Bruders Namen ein Landgut auf das Ganze an Lucius Titius, der im guten Glauben kaufte. Nun entstand die Frage, ob, da er gewusst, dass die Hälfte dem Abwesenden gehöre, [der Käufer] das Landgut durch langen Besitz ganz ersessen habe? Antwort: wenn er geglaubt habe, dass der Verkauf im Auftrag des Bruders stattgefunden, so habe er durch Ablauf langer Zeit ersessen.