Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 40 übersetzt von Schneider unter Redaction von Sintenis
Dig. XL16,
De collusione detegenda
Liber quadragesimus
XVI.

De collusione detegenda

(Von der Entdeckung eines heimlichen Einverständnisses.)

1Gaius li­bro se­cun­do ad edic­tum prae­to­ris ur­ba­ni ti­tu­lo de li­be­ra­li cau­sa. Ne quo­run­dam do­mi­no­rum er­ga ser­vos ni­mia in­dul­gen­tia in­qui­na­ret am­plis­si­mum or­di­nem eo, quod pa­te­ren­tur ser­vos suos in in­ge­nui­ta­tem pro­clama­re li­be­ros­que iu­di­ca­ri, se­na­tus con­sul­tum fac­tum est Do­mi­ti­a­ni tem­po­ri­bus, quo cau­tum est, ut, si quis pro­bas­set per col­lu­sio­nem quic­quam fac­tum, si is­te ho­mo ser­vus sit, fie­ret eius ser­vus qui de­te­xis­set col­lu­sio­nem.

1Gaj. lib. II. ad Ed. Praet. urb., tit. de lib. causa. Damit nicht die allzugrosse Güte gewisser Herren gegen [ihre] Sclaven den hochachtbaren Senat verunreinigen möchte, dadurch dass sie duldeten, dass ihre Sclaven die freie Geburt in Anspruch nähmen, und für Freie erklärt würden, so ist zu den Zeiten des Domitianus ein Senatsschluss errichtet worden, durch welchen verordnet worden ist, dass, wenn Jemand bewiesen hätte, dass irgend Etwas durch heimliches Einverständniss geschehen sei, der Mensch, wenn er ein Sclave sei, der Sclave Desjenigen werden sollte, welcher das heimliche Einverständniss entdeckt hätte.

2Ul­pia­nus li­bro se­cun­do de of­fi­cio con­su­lis. Con­lu­sio­nem de­te­ge­re in­ge­nui­ta­tis post sen­ten­tiam in­tra quin­quen­nium pos­se di­vus Mar­cus con­sti­tit. 1Quin­quen­nium au­tem con­ti­nuum uti­que ac­ci­pie­mus. 2Si­cu­bi pla­ne ae­tas eius, cu­ius re­trac­ta­tur con­lu­sio, dif­fe­ren­dam re­trac­ta­tio­nem in tem­pus pu­ber­ta­tis vel al­te­rius rei sua­deat, quin­quen­nium non cur­re­re di­cen­dum est. 3Quin­quen­nium au­tem non ad per­fi­cien­dam re­trac­ta­tio­nem, sed ad in­choan­dam pu­to prae­fi­ni­tum: ali­ter at­que cir­ca eum, qui ex li­ber­ti­ni­ta­te se in in­ge­nui­ta­tem pe­tit. 4Ora­tio­ne di­vi Mar­ci ca­ve­tur, ut et­iam ex­tra­neis, qui pro al­te­ro pos­tu­lan­di ius ha­be­rent, li­ce­ret de­te­ge­re col­lu­sio­nem.

2Ulp. lib. II. de off. Cons. Der höchstselige Marcus hat verordnet, dass man ein heimliches Einverständniss nach dem Urtheil über die freie Geburt innerhalb fünf Jahren entdecken könne. 1Wir werden aber jeden Falls ununterbrochen fortlaufende fünf Jahre annehmen. 2Wenn freilich das Alter Desjenigen, dessen heimliches Einverständniss angefochten wird, es räthlich macht, das Rechtsmittel auf die Zeit der Mündigkeit oder einer anderen Sache zu verschieben, dann ist zu sagen, dass die Frist von fünf Jahren nicht laufe. 3Ich glaube aber, dass die fünf Jahre nicht für die Beendigung, sondern für den Anfang des Rechtsmittels bestimmt seien, anders, als bei Dem, welcher in dem Zustand eines Freigelassenen stehend, auf die freie Geburt Anspruch erhebt. 4Durch eine Rede des höchstseligen Marcus wird verordnet, dass es auch Fremden, welche das Recht hätten, für einen Anderen gerichtliche Anträge zu machen, erlaubt sein solle, ein heimliches Einverständniss zu entdecken.

3Cal­lis­tra­tus li­bro quar­to de co­gni­tio­ni­bus. Cum non ius­to con­tra­dic­to­re quis in­ge­nuus pro­nun­tia­tus est, per­in­de in­ef­fi­cax est de­cre­tum, at­que si nul­la iu­di­ca­ta res in­ter­ve­nis­set: id­que prin­ci­pa­li­bus con­sti­tu­tio­ni­bus ca­ve­tur.

3Callistrat. lib. IV. de Cognition. Wenn Jemand, da kein rechtmässiger Widersacher vorhanden war, für einen Freigeborenen erklärt worden ist, so ist das Decret ebenso kraftlos, als wenn keine Entscheidung Statt gefunden hätte; und das wird durch kaiserliche Constitutionen verordnet.

4Ul­pia­nus li­bro pri­mo ad le­gem Iu­liam et Pa­piam. Si li­ber­ti­nus per col­lu­sio­nem fue­rit pro­nun­tia­tus in­ge­nuus, con­lu­sio­ne de­tec­ta in qui­bus cau­sis qua­si li­ber­ti­nus in­ci­pit es­se. me­dio ta­men tem­po­re, an­te­quam col­lu­sio de­te­ga­tur et post sen­ten­tiam de in­ge­nui­ta­te la­tam, uti­que qua­si in­ge­nuus ac­ci­pi­tur.

4Ulp. lib. I. ad leg. Jul. et Pap. Wenn ein Freigelassener durch heimliches Einverständniss für einen Freigebornen erklärt worden ist, so fängt er, nachdem das heimliche Einverständniss entdeckt worden ist, in einigen Fällen an als Freigelassener zu gelten. In der Zwischenzeit aber, ehe das heimliche Einverständniss entdeckt wird, und nach dem über die freie Geburt gefällten Urtheil, wird er schlechterdings als Freigeborner angesehen.

5Her­mo­ge­nia­nus li­bro quin­to iu­ris epi­to­ma­rum. Sen­ten­tiam pro in­ge­nui­ta­te dic­tam col­lu­sio­nis prae­tex­tu se­mel re­trac­ta­re per­mit­ti­tur. 1Si plu­res ad col­lu­sio­nem de­te­gen­dam pa­ri­ter ac­ce­dant, cau­sa co­gni­ta quis de­beat ad­mit­ti, com­pa­ra­tis om­nium mo­ri­bus et ae­ta­ti­bus et cu­ius ma­gis in­ter­est, sta­tui opor­tet.

5Hermogen. lib. V. jur. Epitom. Ein für die freie Geburt gesprochenes Urtheil darf auch unter dem Vorwand eines heimlichen Einverständnisses [nur] einmal angefochten werden. 1Wenn Mehrere zugleich die Entdeckung eines heimlichen Einverständnisses übernehmen wollen, so muss nach Untersuchung der Sache, [so dass] der Charakter [und] das Alter Aller, und das grössere Interesse eines Jeden in Ueberlegung gezogen ist, bestimmt werden, wer zugelassen werden solle.