Liber quadragesimus
XIII.
Quibus ad libertatem proclamare non licet
(Welche nicht auf die Freiheit Anspruch machen dürfen.)
1Ulpianus libro secundo de officio proconsulis. Maiores viginti annis ita demum ad libertatem proclamare non possunt, si pretium ad ipsum qui veniit pervenerit: ex ceteris autem causis, quamvis maior viginti annis se venum dari passus sit, ad libertatem ei proclamare licet. 1Minori autem viginti annis ne quidem ex causa supra scripta debet denegari libertatis proclamatio, nisi maior annis viginti factus duravit in servitute: tunc enim si pretium partitus sit, dicendum erit denegari ei debere libertatis proclamationem.
1Ulp. lib. II. de off. Procons. Diejenigen, welche älter als zwanzig Jahre sind, können nur dann nicht auf die Freiheit Anspruch machen, wenn der Kaufpreis an Den selbst, der verkauft worden, gekommen ist. 1Wer jünger als zwanzig Jahre ist, dem darf aber nicht einmal aus dem eben erwähnten Grund die Berufung auf die Freiheit versagt werden, wenn er nicht, nachdem er zwanzig Jahre geworden, in der Sclaverei geblieben ist; dann nemlich wird man, wenn er des Kaufpreises theilhaft geworden ist, sagen müssen, dass ihm die Berufung auf die Freiheit versagt werden müsse.
2Marcellus libro vicensimo quarto digestorum. Servum quis per vim a Titio accepit et testamento liberum esse iussit: quamquam solvendo decesserit, non erit ille liber: alioquin fraudabitur Titius, qui non procedente quidem libertate cum herede eius agere potest, at si ad libertatem servus pervenerit, nullam actionem habiturus est, quia nihil videbitur heres ex defuncti dolo consecutus.
2Marcell. lib. XXIV. Dig. Jemand hat einen Sclaven durch Gewalt vom Titius erhalten, und denselben im Testamente für frei erklärt. Der [Sclave] wird, wenngleich [jener] zahlungsfähig gestorben ist, [doch] nicht frei sein; sonst würde Titius bevortheilt werden, der, wenn die Freiheit nicht gültig ist, gegen den Erben desselben klagen kann; aber wenn der Sclave zur Freiheit gelangt ist, so wird er keine Klage haben, weil der Erbe Nichts in Folge der Arglist des Verstorbenen erlangt zu haben scheint.
3Pomponius libro undecimo epistularum et variarum lectionum. Eis, qui se passi sint venire, ad libertatem proclamandi licentiam denegari. quaero, an et ad eos, qui ex mulieribus, quae se passae sint venire, nascuntur, ita senatus consulta pertinent? dubitari non potest, quin ei quoque, quae maior annis viginti venire se passa est, ad libertatem proclamandi licentia fuerit deneganda. his quoque danda non est, qui ex ea nati tempore servitutis eius erunt.
3Pompon. lib. XI. Epistolar. et var. Lectt. Denen, welche sich haben verkaufen lassen, wird die Erlaubniss, sich auf die Freiheit zu berufen, versagt. Ich frage, ob sich jene Senatsschlüsse auch auf Die beziehen, welche von Frauenspersonen, welche sich haben verkaufen lassen, geboren werden? Es kann nicht gezweifelt werden, dass auch einer Solchen, welche, älter als zwanzig Jahre, sich hat verkaufen lassen, die Erlaubniss, auf die Freiheit Anspruch zu erheben, zu versagen gewesen sei. Auch Denen ist sie nicht zu ertheilen, welche von ihr zur Zeit ihrer Sclaverei geboren sein werden.
4Paulus libro duodecimo quaestionum. Licinnius Rufinus Iulio Paulo. is cui fideicommissa libertas debebatur post vicensimum annum veniri se passus est: quaero, denegandum sit ei ad libertatem proclamare. movet me exemplum cuiusvis liberi hominis: nam et si consecutus esset libertatem, 11Die Großausgabe fügt si ein. se vendidisset, denegaretur ei ad libertatem proclamare, nec debet meliori loco intellegi, quod in servitute constitutus passus est se venum dari, quam si esset libertatem consecutus. sed e contrario movet me, quod in hoc, de quo quaeritur, venditio constitit et est qui veneat, in libero autem homine neque venditio constitit et nihil est quod veneat. peto itaque plenissime instruas. respondit: venditio quidem tam servi quam liberi contrahi potest et stipulatio de evictione contrahitur: non enim de eo loquimur, qui sciens liberum emit: nam adversus hunc nec ad libertatem proclamatio denegatur. sed is, qui adhuc servus est, etiam invitus veniri potest, quamvis et ipse in eo malus sit, quod de condicione sua dissimulat, cum in sua potestate habeat, ut statim ad libertatem perveniat. quod quidem non potest ei imputari, cui nondum libertas debetur. pone statuliberum passum se venum dari: nemo dicturus est superveniente condicione, quae non fuit in eius potestate, libertatis petitionem ei denegandam. idem puto, etiamsi in ipsius potestate fuit condicio. sed in proposito magis probandum est, ut denegetur ei libertatis petitio, qui potuit petere libertatem et maluit se venum dari, quia indignus est auxilio praetoris fideicommissarii.
4Paul. lib. XII. Quaest. Licinius Rufinus an den Julius Paulus. Jemand, welchem eine fideicommissarische Freiheit gebührte, hat sich nach seinem zwanzigsten Jahre verkaufen lassen. Ich frage, ob ihm der Anspruch auf die Freiheit zu versagen sei? Es macht mich das Beispiel eines jeden freien Menschen schwankend; denn auch wenn er sich, nachdem er die Freiheit erlangt hat, verkauft hätte, würde es ihm versagt werden, sich auf die Freiheit zu berufen; auch darf man nicht annehmen, dass er sich in einer besseren Lage befinde, wenn er, in der Sclaverei stehend, sich hat verkaufen lassen, als wenn er die Freiheit erlangt hätte. Aber von der anderen Seite macht mich [der Umstand] schwankend, dass in Ansehung des in Rede stehenden der Verkauf von Bestand gewesen ist, und er es ist, welcher verkauft wird; in Betreff eines freien Menschen aber, so wenig der Verkauf von Bestand gewesen, als Etwas vorhanden ist, was verkauft wird. Ich bitte daher, dass Du mich auf das Vollständigste unterrichten mögest. [Paulus] hat geantwortet: Es kann zwar der Verkauf sowohl eines Sclaven, als eines Freien contrahirt werden, auch wird die Stipulation wegen der Entwährung contrahirt; wir sprechen nemlich nicht von einem Solchen, welcher wissentlich einen Freien gekauft hat; denn gegen diesen wird auch nicht die Berufung auf die Freiheit versagt. Wer aber noch Sclave ist, kann auch wider Willen verkauft werden, obwohl er auch selbst darin schlecht handelt, dass er seine Lage verhehlt, da er es in seiner Gewalt hat, sogleich zur Freiheit zu gelangen. Dies kann nun zwar nicht Dem zugerechnet werden, welchem die Freiheit noch nicht gebührt; setze [nemlich] den Fall, ein Bedingtfreier habe sich verkaufen lassen; Niemand wird sagen, dass, wenn die Bedingung nachher eintritt, welche nicht in seiner Gewalt gestanden hat, ihm die Forderung der Freiheit zu versagen sei. Aber im vorliegenden Falle ist mehr anzunehmen, dass Dem die Forderung der Freiheit versagt werde, welcher die Freiheit hätte fordern können, und lieber gewollt hat, dass er verkauft werde, weil er der Hülfe des fideicommissarischen Prätors unwürdig ist.
5Paulus libro singulari ad senatus consultum Claudianum. Si duo liberum hominem maiorem annis viginti emerimus, unus sciens eius condicionem, alter ignorans, non propter eum qui scit ad libertatem ei proclamare permittitur, sed propter eum qui ignorat servus efficietur, sed non etiam eius qui scit, sed tantum alterius.
5Paul. lib. sing. ad SC. Claudian. Wenn wir Zwei einen freien Menschen, welcher älter als zwanzig Jahre ist, gekauft haben, indem der Eine die Lage desselben kennt, der Andere [sie] nicht kennt, wird nicht wegen Dessen, welcher [sie] kennt, es dem [Sclaven] erlaubt, sich auf die Freiheit zu berufen, aber wegen Dessen, welcher [sie] nicht kennt, er Sclave werden? Aber nicht auch Dessen, welcher [sie] nicht kennt, sondern nur des Andern.