De publicanis et vectigalibus et commissis
(Von den Staatspächtern, den Zöllen und verfallenen Sachen.)
1Ulp. lib. LV. ad Ed. Der Prätor sagt: „Was ein Staatspächter oder ein Anderer in des Staatspächters Namen11Nach der Lesart ejus publici nomine Cujac. (ὀνόματι τοῦ τέλους, Basilic.)Der Sinn der andern Lesart: „Seu alius publicani nomine,“ ist von selbst klar., mit Gewalt [Jemandem] abgenommen, oder die Familie der Staatspächter, dafür werde ich, wenn es nicht zurückerstattet worden, eine Klage auf das Doppelte, oder, wenn nach Jahresfrist geklagt werden wird, auf das Einfache ertheilen. Ebenso werde ich eine Klage ertheilen, wenn [bei der Zollerhebung] ein widerrechtlicher Schaden oder Diebstahl verübt worden zu sein angegeben werden wird. Werden andiejenigen (Sclaven)22Nach der Lesart: Si ii, ad quos ea res pertinebit, non exhibebuntur., welche die Sache geht, nicht vorgezeigt, so werde ich eine Klage gegen die Herren ertheilen, ohne dass diese von der Auslieferung an Schadens Statt Gebrauch machen dürfen.“ 1Dieser Titel hat auf die Staatspächter Bezug. Staatspächter sind aber Diejenigen, welche das öffentliche Einkommen beziehen, — denn daher haben sie den Namen, — sie mögen solches an den öffentlichen Schatz wiederabliefern, oder es für eigene Rechnung erheben; auch Alle, die etwas mit Recht vom Fiscus pachten, werden mit Recht Staatspächter genannt. 2Es könnte Jemand sagen, wozu denn überhaupt dieses Edict erlassen sei? als ob der Prätor nicht auch sonst den Diebstahlen, den [widerrechtlichen] Schadenstiftungen und dem Raube vorgebeugt habe? Er hielt es aber für nützlich, gegen die Staatspächter auch insbesondere ein Edict ergehen zu lassen. 3Dieses Edict ist einestheils milder: da es nemlich auf das Doppelte verliehen ist, während die Klage wegen Raubes auf das Vierfache geht, und die wegen öffentlichen Diebstahls gleichfalls auf das Vierfache. 4Dem Staatspächter ist auch die Befugniss ertheilt, das widerrechtlich Erpresste zurückzuerstatten: hat er dies gethan, so wird derselbe aller Verbindlichkeit entledigt, und von der Strafklage aus diesem Theile des Edicts frei. Deshalb fragt es sich, wenn Jemand wider einen Staatspächter nicht aus diesem Edicte, sondern überhaupt wegen Raubes, widerrechtlicher Schadenstiftung oder Diebstahls klagen wolle, ob er es könne? Die Meinung ist, er könne es: es schreibt dies auch Pomponius; denn es ist ungereimt, anzunehmen, dass [durch dieses Edict] der Standpunkt der Staatspächter besser, als jener der Uebrigen geworden sei. 5Den Namen „Familie“ müssen wir hier nicht blos auf die Sclaven der Staatspächter beziehen, sondern auch auf Diejenigen, welche zu der Zahl der Familiaren des Staatspächters gehören. Es mögen also Kinder [der Staatspächter] sein, oder fremde Sclaven, welche den Staatspächtern bei [Erhebung] des Zolles Dienste leisten, so werden sie in diesem Edicte begriffen sein. Wenn aber ein Sclave eines Staatspächters, der jedoch nicht zu jener Familie gehört, die den öffentlichen Zoll erhebt, einen Raub verübt hat, so findet dieses Edict nicht Statt. 6Was der Prätor zuletzt sagt: „Wenn diese [Sclaven] nicht vorgezeigt werden, so werde ich eine Klage gegen die Herren ertheilen, ohne dass dieselben von der Auslieferung an Schadens Statt Gebrauch machen dürfen,“ ist eine Eigenthümlichkeit dieses Edicts. Werden die Sclaven nicht vorgezeigt, so findet die Klage Statt, ohne dass die Auslieferung an Schadens Statt [von Seite der Herren] zulässig wäre; diese mögen solche in ihrer Gewalt haben, oder nicht; herausgeben können oder nicht.
2Gaj. lib. XXI. ad Edictum prov. Es wird auch dem Herrn nicht gestattet sein, den abwesenden [Sclaven] zu vertheidigen,
3Ulp. lib. LV. ad Ed. da dieselben, wenn sie diese vorgezeigt hätten, mit der Noxalklage belangt werden würden. Es ist aber darum ihre Stellung so erschwert worden, weil sie zu diesem Dienste gute Sclaven auswählen müssen. 1Der Ausdruck „gegen die Herren“ ist auch so zu verstehen, gegen die Zolltheilhaber, wenn solche gleich nicht die Herren [der Sclaven] sind. 2Zuvor aber muss der Kläger sagen, wen, oder welche [Sclaven] er vorgezeigt haben wolle, so dass, wenn die Vorzeigung nicht erfolgt, aus diesem Edicte Klage gestellt wird. Wenn er aber sagt: Zeige sie alle vor, damit ich unterscheiden kann, welcher es sei, so muss ihm, nach meiner Meinung, gewillfahrt werden. 3Haben mehrere Sclaven den Diebstahl, oder die Beschädigung vollführt, so muss es so gehalten werden, dass, wenn so viel Ersatz geleistet wird, als wenn sie Ein Freier verübt hätte, die Freisprechung erfolgt.
4Paul. lib. LII. ad Ed. Ist ein Staatspächter, der gewaltsam [Zoll] abgenommen hat, gestorben, so findet gegen dessen Erben, insoweit derselbe [dadurch] bereichert worden ist, die Klage Statt. 1Hinsichtlich jener Gegenstände, welche die [Provinzial-]Präsidenten sich zu ihrem eignen Gebrauch zuführen lassen, hat der Kaiser Hadrianus an die Präsidenten in Gallien geschrieben, dass, so oft Einer [von ihnen] Jemanden zum Einkaufe seiner Bedürfnisse aussende, sei es entweder für den Gebrauch Derjenigen, welche über die Provinzen und Herren befehligen, oder für den seiner Procuratoren, er es in einem, von ihm eigenhändig unterschriebenen Verzeichnisse anzeigen, und dieses dem Staatspächter zuschicken solle, damit, wenn Jener etwas mehr, als ihm aufgetragen worden, hereinbringt, solches verzollt werde. 2Bei allen Zöllen pflegt gemeiniglich auf die Gewohnheit Rücksicht genommen zu werden; dies wird auch in kaiserlichen Constitutionen verordnet.
5Gaj. ad Ed. Praet. Urb. tit. de publ. Durch dieses Edict wird bewirkt, dass, wenn die Zurückgabe [des widerrechtlich Erhobenen] vor der Einlassung auf die Klage geschieht, die Klage erlischt, nach der Einlassung auf die Klage aber nichtsdestoweniger [ungeachtet der Zurückgabe] die Strafe fortbesteht; doch muss auch Derjenige, welcher nach der Einlassung auf die Klage zur Zurückgabe bereit ist, freigesprochen werden. 1Auf unsere Anfrage aber, ob das ganze Doppelte Strafe sei, und ausserdem noch die Verfolgung der Sache33D. h. eine Klage auf Schadensersatz. Statt finde, oder in dem Doppelten auch die Verfolgung der Sache begriffen sei, so dass die Strafe auf das Einfache gehe, entschied man sich dahin, dass im Doppelten die Verfolgung der Sache mitbegriffen sei.
6Modestin. lib. II. de poen. Sind der Staatspächter, die etwas auf unerlaubte Art erhoben haben, mehrere, so tritt keine Vervielfältigung der Klage auf das Doppelte ein, sondern es hat jeder derselben seinen Antheil [dazu] zu leisten; und was der Eine nicht zu leisten vermag, kann von dem Andern gefordert werden, wie die Kaiser Severus und Antoninus verordnet haben; denn zwischen den Mitschuldigen eines Verbrechens und den Theilnehmern einer Bevortheilung sei, so verordneten sie, ein grosser Unterschied.
7Papir. Just. lib. II. de Constit. Die Kaiser Antoninus und Verus verordneten: bei Staatsgefällen würden die Güter selbst, nicht die Personen belangt: daher müssten die Besitzer auch für die verflossene Zeit die Gefälle bezahen, und es stehe ihnen desfalls, wenn sie [den Rückstand] nicht gekannt, die Klage [aus dem Kaufe] zu. 1Desgleichen verordneten dieselben, einem Unmündigen erliessen sie die Strafe des Verfalls, wenn derselbe binnen dreissig Tagen den Zoll nachgezahlt habe.
8Papin. lib. XIII. Resp. Das Verbrechen der Zollübertretung geht, hinsichtlich des Verfalls, auf den Erben Desjenigen, welcher die Uebertretung begangen hat, über. 1Wenn aber Einer von mehreren Erben eine gemeinschaftliche Sache der Verzollung entzogen hat, so verwirken die Uebrigen ihre Antheile nicht.
9Paul. lib. V. Sentent. Eine Verpachtung der Zölle, welche die Hitze des Meistbietenden über den Betrag des gewöhnlichen Pachts hinaufgetrieben hat, ist lediglich alsdann zu genehmigen, wenn Derjenige, welcher in der Versteigerung die Oberhand behielt, zuverlässige Bürgen und Sicherheit zu stellen bereit ist. 1Zur Zollpachtung wird Niemand wider seinen Willen genöthigt; daher sind sie, nach vollendeter Pachtzeit [von Neuem] zu verpachten. 2Diejenigen Staatspächter, welche sich mit ihrem Pachtgelde noch im Rückstande befinden, dürfen zur Erneuerung des Pachts nicht zugelassen werden, bevor sie nicht [ihrer Verpflichtung aus] dem früheren Pachte Genüge leisten. 3Den Schuldnern des Fiscus, und ebenso jenen des Staats, ist der Pacht der Zölle untersagt, damit sich nicht ihre Verbindlichkeiten durch eine neue Veranlassung übermässig vermehren: wenn sie nicht etwa solche Bürgen gestellt haben, die ihre Schulden zu berichtigen bereit sind. 4Wenn die Theilhaber an den Zöllen ihre Antheile gesondert verwalten, so kann der Eine mit Recht verlangen, dass der Antheil des Andern, der weniger zahlungsfähig ist, auf ihn übertragen werde. 5Was [von den Staatspächtern] unerlaubterweise öffentlich oder heimlich erhoben worden ist, wird Denjenigen, die den Schaden erlitten haben, doppelt zurückerstattet: das gewaltsam Erpresste aber wird mit der Strafe des Dreifachen zurückgegeben. Ausserdem verfallen [die Staatspächter] noch in eine ausserordentliche Strafe: denn das Eine erheischt das Beste der Privaten, das Andere die Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung. 6Diejenigen Gegenstände, von welchen nie ein Zoll entrichtet worden, brauchen nicht verzollt zu werden. Ist die Erhebung eines herkömmlichen Zolles durch Nachlässigkeit eines Staatspächters unterblieben, so bleibt es einem andern Pächter unverwehrt, solchen einzufordern. 7Gegenstände, die für das Heer angeschafft werden, sind der Zollentrichtung nicht unterworfen. 8Der Fiscus ist von Entrichtung aller Zölle befreit; Kaufleute aber, die [den Ertrag] von fiscalischen Gütern zu kaufen pflegen, können keine Befreiung vom öffentlichen Zoll in Anspruch nehmen.
10Hermogen. lib. V. Epit. Ohne kaiserlichen Befehl können weder der [Provinzial-]Präsident, noch der Procurator [des Kaisers], noch die Curien44In Munizipalstädten., [neue] Zölle einführen, oder bereits bestehende abändern und erhöhen, oder herabsetzen. 1Haben die Pächter das Pachtgeld für die Zölle nicht entrichtet, so ist es gestattet, dieselben, wenn auch die Pachtzeit noch nicht vollendet ist, [aus dem Pacht] zu treiben, oder von ihnen Verzugszinsen zu fordern.
11Paul. lib. V. Sent. Schleifsteine, welche zum Schärfen des Eisens nothwendig sind, kann man ebensowenig als Eisen, Getraide und Salz, ohne die Todesstrafe zu verwirken, an die Feinde verkaufen. 1Dem Staate gehörige Aecker, die für immer verpachtet werden, können [den Pächtern], ohne kaiserlichen Befehl, vom Procurator [des Kaisers] nicht entzogen werden. 2Wenn der Schiffseigenthümer selbst, oder die Reisenden, etwas unerlaubterweise in das Schiff geladen haben, so verfällt auch das Schiff dem Fiscus. Ist dieses in Abwesenheit des Eigenthümers, vom Schiffsrheder oder dem Steuermanne, oder dem Untersteuermanne55Proreta, der im Vordertheile des Schiffes commandirt. Brisson., oder einem Matrosen geschehen, so werden diese selbst mit dem Tode bestraft, und die Waaren eingezogen, das Schiff aber dem Eigenthümer zurückgegeben. 3Die Beschlagnahme verbotener Waaren geht auch wider den Erben. 4Eine Sache, welche [dem Fiscus] verfallen eingezogen worden ist, darf der [frühere] Eigenthümer entweder selbst, oder durch Andere, denen er es aufgetragen, wieder kaufen. 5Diejenigen, welche aus der Pachtung der Zölle sehr grossen Nutzen gezogen haben, müssen, im Falle solche später nicht eben so hoch verpachtet werden können, dieselben um das frühere Pachtgeld selbst übernehmen.
12Ulp. lib. XXXVIII. ad Ed. Wie keck und verwegen die Staatspächterbanden seien, ist Jedermann bekannt; deshalb hat der Prätor, um ihrer Frechheit Zügel anzulegen, dieses Edict erlassen. 1Wenn das Gesinde der Staatspächter einen Diebstahl, ebenso, wenn dasselbe einen widerrechtlichen Schaden verübt zu haben angegeben wird, und diejenigen [Sclaven], welche die Sache angeht, nicht vorgezeigt werden, so werde ich eine Klage gegen den Herrn verleihen, ohne dass dass dieser von der Auslieferung an Schadens Statt Gebrauch machen darf. 2Unter der Benennung Gesinde (familia) werden aber hier die zum Gesinde gehörigen Sclaven verstanden. Aber auch wenn ein fremder Sclave in guten Glauben dem Staatspächter als Sclave dient, so wird solcher ebenfalls darin begriffen sein; vielleicht auch wenn in bösem Glauben; denn gemeiniglich werden herumstreifende und flüchtige Sclaven auch von Solchen, die das wissen, zu diesen Geschäften gehalten. Also auch wenn ein freier Mensch als Sclave dient, hat dieses Edict Statt. 3Publicani (Staatspächter) aber heissen Diejenigen, welche publica vectigalia (Staatsgefälle) gepachtet haben.
13Gaj. lib. XIII. ad Ed. prov. Aber auch Diejenigen, welche Salinen, Kreidegruben und Bergwerke [gepachtet] haben, gelten als Staatspächter. 1Ferner, wenn Jemand von einer Stadtgemeinde ein Gefälle gepachtet hat, erleidet dieses Edict auch Anwendung. 2Es mag aber der Sclave verkauft, oder freigelassen, oder flüchtig geworden sein, so kann Derjenige, welcher ein so schlechtes66Factiosam, i. e. malam. Accurs. Gesinde gehalten hat, wegen des Sclaven belangt werden. 3Wie jedoch, wenn der Sclave gestorben ist? hat alsdann der Staatspächter, gleichwie für seine eigene Handlung zu haften? Ich glaube aber, derselbe müsse, weil er [den Sclaven] nicht auszuliefern vermag, auch keine Arglist von seiner Seite vorliegt, freigesprochen werden. 4Diese Klage werden wir auf immerwährende Dauer, sowie dem Erben und den übrigen Nachfolgern verleihen.
14Ulp. lib. VIII. Disput. [Die Strafe] des Verfalls wegen einer Zoll [Uebertretung] geht auch auf den Erben über; denn was verfallen ist, hört alsbald auf, Eigenthum Desjenigen zu sein, der das Verbrechen verübt hat, und das Eigenthum der Sache fällt der Zollstelle anheim. Deshalb steht die gerichtliche Verfolgung des Verfallenen sowie gegen jeden Besitzer, auch wider den Erben zu.
15Alfen. Var. lib. VII. Dig. Cäsar hatte, als er die Schleifsteingruben der Insel Creta verpachtete, eine Verordnung des Inhalts erlassen: „Es solle Niemand, ausser dem Pächter, nach dem funfzehnten März einen Schleifstein auf der Insel Creta graben, ausheben oder brechen.“ Ein Schiff war, mit Schleifsteinen beladen, vor dem funfzehnten März aus dem Hafen von Creta ausgelaufen, durch den Wind aber wieder in den Hafen zurückgetrieben worden, und hierauf nach dem funfzehnten März wiederholt abgegangen. Es wurde angefragt, ob die Schleifsteine als, der Verordnung zuwider, nach dem funfzehnten März aus Creta ausgeführt zu betrachten seien? Ich habe zur Antwort ertheilt: obgleich auch die auf einer Insel befindlichen Häfen alle als zur Insel gehörig zu betrachten seien, so scheine dennoch Derjenige, welcher vor dem funfzehnten März den Hafen verlassen und, durch einen Sturm zurückgehalten, auf der Insel wieder gelandet habe, nicht gegen das Gesetz gehandelt zu haben, wenn er von dort wieder ausgelaufen sei: aus dem Grunde, weil ohnehin die Schleifsteine als schon zu Anfang, da das Schiff vom Hafen ausgelaufen war, ausgeführt zu betrachten seien.
16Marcian. lib. sing. de Delat. Zuweilen darf auch derjenige Sclave, welcher wegen Zollübertretung verfallen ist, nicht verkauft werden, sondern der Herr muss statt desselben die Würderung zahlen. Denn die Kaiser Severus und Antoninus haben verordnet: wenn ein Sclave, der ein Geschäft seines Herrn verrichtet habe, wegen Zollübertretung verfallen sei, so müsse derselbe nicht verkauft werden, sondern statt seiner die nach dem Ermessen eines rechtlichen Mannes zu bestimmende Würderung entrichtet werden. 1Dieselben aber verordneten in dem nemlichen Sendschreiben: wenn ein Sclave nicht angezeigt worden, und erweislich wegen Zollübertretung verfallen sei, und entweder die Ehefrau seines Herrn verführt, oder noch etwas Schwereres begangen zu haben beschuldigt werde, so solle der Procurator [des Fiscus] die Sache untersuchen, und wenn sich diese Anschuldigungen bestätigten, die Würderung des Sclaven entrichtet und derselbe seinem Herrn zur Bestrafung übergeben werden. 2Die nemlichen Kaiser Severus und Antoninus verordneten: wenn Sclaven verfallen seien, so sei ihr Sondergut nicht mitverfallen, mit Ausnahme dessen, was für sich wegen Zollübertretung verfallen ist. 3So oft Jemand eingeführte Sclaven nicht angezeigt hat, es mögen solche zum Verkaufe oder zum eigenen Gebrauche bestimmt sein, tritt die Strafe des Verfalls ein, wenn es anders neue Sclaven gewesen, und nicht alte. Alte aber sind diejenigen, welche ein Jahr lang ununterbrochen in der Stadt Sclavendienste geleistet haben; unter neuen Sclaven hingegen werden jene verstanden, die noch kein Jahr lang Sclave gewesen. 4Sclaven, die sich auf der Flucht befinden, verfallen nicht wegen Zollübertretung, da sie ohne Zustimmung des Herrn die Grenzen überschritten haben. Dies wird auch in kaiserlichen Constitutionen verordnet; gleichwie es auch Kaiser Pius sehr oft rescribirt hat, damit [sagt derselbe] es nicht in der Macht der Sclaven liege, dadurch, dass sie wider den Willen oder ohne Wissen der Herren sich auf die Flucht begeben, sich deren Herrschaft zu entziehen. 5Wenngleich Jemand behaupte, [das Zollgesetz] nicht gekannt zu haben, so verfalle derselbe demohngeachtet, verordnete der Kaiser Hadrianus, in die Zollstrafe. 6Auch verordneten die Kaiser Marcus und Commodus: es könne einem Staatspächter nicht zur Last gelegt werden, dass er einen Vorübergehenden nicht [von dem Zollgesetze] unterrichtet habe; darüber aber müsse man wachen, dass er Diejenigen, welche die Anzeige machen wollen, nicht [zur Verheimlichung] verleite. 7Gegenstände, welche der Verzollung unterliegen [sind folgende]: Zimmet77Cinnamomum, s. Plin. H. N. Lib. XII. §. 42. A. d. R. (Ebenso was in (-) in den folgenden Anm. folgt)., langer Pfeffer, weisser Pfeffer, folium pentasphaerum88Eine Art Specereien., folium barbaricum99(Bynkershoek Obs. IV. Cap. 5.), Kostwurzel1010Ein wohlriechendes Kraut. (Plin. H. N. Lib. XIII. §. 2.), costamomum1111Eine Gewürzpflanze., Narde, cassia turiana1212Eine Art Gewürz. (Plin. H. N. XII. §. 43. Den Beisatz erklärt Bynkershoek l. l. entweder für Tyriana, oder Syriaca.), Cassienholz, Myrrhe, amomum1313Ein gewürztes Holz, oder eine gewürzhafte Frucht, woraus die Römer eine Art Balsam machten. (Plin. H. N. XII. §. 28. und XIII. §. 2.), Ingwer, malabathrum1414Ein syrischer Baum, woraus ein Oel zum Salben gepresst wurde. (Plin. l. l. XII. §. 59.), indisches Gewürz, Galban1515(Plin. l. l. §. 56.), Lasersaft1616(laser, s. Vitruv. VIII. 3. u. Rode’s Wörterbuch zu Vitruv.), alchelucia1717(wird für verfälscht gehalten, u. geglaubt, man müsse agallochus lesen — Aloeholz. Brisson. h. v.), Fischleim, arabischer Onyx, Cardamome1818(Plin. l. l. XIII. §. 2.), Zimmtholz1919(Plin. l. l. XII. §. 42.), Gewebe von Byssus2020Eine sehr feine Art von Flachs., babylonische Felle, parthische Felle, Elfenbein, indisches Eisen, carpasum2121Planta, ex qua succus medicamentis utilis exprimebatur. Brisson., alle Edelsteine, Perlen, Sardonix2222(Plin. l. l. XXXVII. §. 23.), ceraunium2323Eine Art Krystall. (Plin. XXXIII. §. 51.), Hyazinthen, Smaragde, Diamanten, Saphire, callainus2424Ein Edelstein. (Plin. l. l. XXXVII. §. 56.), Beryllus2525(Plin. l. l. §. 20.), Chelynien2626(es dürfte hier doch wohl chelonia zu lesen sein, was Plin. l. l. §. 56. für das Auge einer Schildkröte ausgiebt.), alle indische Produkte2727hopia indica; man hat hier theils opia (Opium), theils weil man hier und da chopia liest, durch Versetzung der Buchstaben cophia (Caffée!!) herausbringen wollen. Bynkershoek l. l. hat wohl Recht, wenn er statt hopia: opera lesen will; Haloander hat omnia. Die darauf folgenden Worte vel adserta sind aller Bemühungen ungeachtet nicht zu enträthseln, und mit Bynkershoek’s Emendation es zu indica zu ziehen, und zu lesen, vela, serica, geräth man in ein ebenso grosses Labyrinth, und muss hopia herauswerfen; incidit in Seylam qui vult vitare Charybdin. A. d. R., rohe Seide, seidene, halbseidene, oder gefärbte Kleider, Kleider von Leinwand, Seidenfaden, Verschnittene, indische Löwen, Löwinnen, Pardel, Leoparden, Panther, Purpur; ferner Wolle2828marocorum lana. Hierüber sind die ungereimtesten Verbesserungen an das Tageslicht gekommen. Es wird wohl am besten sein, mit Bynkershoek lieber ignorantiam suam fateri, als nach unnützen Speculationen zu haschen. Uebrigens ist es wohl immer noch einerlei an Güte, ob man mit Pancirol. arborum, oder mit Bynkershoek ombricorum emendirt; am kürzesten hielt sich Haloander, der das Wort marocorum herauswirft! — A. d. R., Färbestrauch, indische Haare2929Bynkershoek l. l. erklärt dies von Thierhaaren. Ueber dieses Fragment hat ein eigner Unstern gewaltet; die Codd. fördern, wie Brencman sagt, mera monstra zu Tage. A. d. R.. 8Ist eine [Schiffs-]Ladung nothgedrungen wegen eines Sturmes gelöscht worden, so darf sie nicht, als wegen Zollübertretung verfallen, in Anspruch genommen werden, also verordneten die kaiserlichen Gebrüder. 9Auch verordnete der Kaiser Pius, wenn Jemand, der im Alter der Minderjährigkeit zu stehen behaupte, Sclaven zum eigenen Gebrauche eingeführt und sich blos hinsichtlich der Anzeige verfehlt habe, so sei ihm die Strafe zu erlassen. 10Auch verordneten die kaiserlichen Gebrüder, wenn Jemand nicht absichtlich, sondern aus Irrthum eine Zollübertretung begangen habe, so hätten sich die Staatspächter mit dem doppelten Betrage des Zolles zu begnügen und die Sclaven zurückzugeben. 11Marcus Antoninus verordnete: wenn ein Pächter oder die Sclaven des Eigenthümers eines Grundstücks, ohne Wissen des Eigenthümers, unerlaubterweise auf dem Grundstücke einen Diebstahl3030Hal. liest ferrum; und in der That weiss ich nicht, was man hier mit factum anstellen soll. S. d. Anm. bei Gothfr. A. d. R. begangen hätten, so sei der Eigenthümer zu keiner Strafe gehalten. 12Hat Jemand beim Staatspächter [die Waaren] angezeigt, jedoch den Zoll nicht entrichtet, und zwar mit Bewilligung des Staatspächters [wie es zu geschehen pflegt], so verfallen die Waaren nicht wegen Zollübertretung; also verordneten die Kaiser Severus und Antoninus: „Denn da, [sagen sie] die Anzeigen gemacht werden, so hat die Strafe des Verfalles nicht Statt, weil der Fiscus aus dem Vermögen der Staatspächter oder deren Bürgen seine Befriedigung erhalten kann.“ 13Strafen können von dem Erben nicht gefordert werden, wenn nicht bei Lebzeiten Dessen, der die Uebertretung begangen, die Untersuchung begonnen hat: und es findet dies, wie bei den übrigen Strafen, so auch bei den Zöllen Statt. 14Hat aber ein Zollpächter durch Irrthum des Entrichters etwas [als Zoll] über die Gebühr erhalten, so müsse er, verordneten die Kaiser Severus und Antoninus, es zurückerstatten.