De rebus eorum, qui sub tutela vel cura sunt, sine decreto non alienandis vel supponendis
(Von der ohne Decret nicht vorzunehmenden Veräusserung oder Verpfähndung der Sachen derer, welche unter Vormundschaft oder Curatel stehen.)
1Ulp. lib. XXXV. ad Ed. Durch die Rede11S. die Bem. zu L. 16. D. de sponsal. 23. 1. Unter Severus ist Septimius Severus zu verstehen. des Kaisers Severus ist den Vormündern und Curatoren verboten worden, ländliche oder einträgliche städtische22Praedia rustica et suburbana. Bei der Bedeutung dieser Ausdrücke ist nicht auf den Ort, wo die praedia liegen, sondern auf die Art und den Zweck ihres Gebrauchs zu sehen. Rustica sind solche, welche blos zur landwirthschaftlichen Benutzung bestimmt sind; suburbana aber solche, welche zwar nicht zu solcher Benutzung bestimmt sind, (z. B. Gärten, Häuser,) aber dadurch, dass sie Ertrag gewähren, den rusticis ähnlich sind, mögen sie nun in der Stadt oder auf dem Lande liegen. S. Dirksen Versuche z. Krit. u. Ausleg. d. Quellen. d. R. R. S. 95. ff. v. Glück a. a. O. S. 465. ff. Grundstücke zu veräussern. 1Und diese Rede ist im Senat unter den Consuln Tertyllus und Clemens am dreizehnten Junius vorgelesen worden. 2Und die Worte derselben lauten so: Ausserdem werde ich, versammelte Väter, den Vormündern und Curatoren untersagen, ländliche oder einträgliche städtische2 Grundstücke zu veräussern, wenn nicht etwa die Väter [der Pflegbefohlenen] im Testamente oder in Codicillen verordnet haben sollten, dass dies geschehen sollte. Wenn aber etwa die Schulden so gross sein werden, dass sie von den übrigen Sachen nicht bezahlt werden können, dann soll man den Stadtprätor, den hochachtbaren Mann33Vir clarissimus, ein Titel, er bei unserer Art zu tituliren, schwerlich genügend wiedergegeben werden kann., angehen, damit derselbe nach seinem besten Gewissen bestimme, welche [Sachen] veräussert werden können, oder verpfändet werden sollen, so dass dem Mündel eine Klage bleibt, wenn er nachher wird haben beweisen können, dass man das Decret vom Prätor erschlichen habe. Wenn die Sache eine gemeinschaftliche sein wird, und der Miteigenthümer zur Theilung auffordern sollte, oder wenn ein Gläubiger, welcher von dem Vater des Mündels ein Grundstück zum Pfand erhalten haben wird, sein Recht geltend machen wird, so bin ich der Meinung, dass nichts [in dem bisherigen Rechte] zu ändern sei. 3Wenn der verstorbene [Vater des Pflegbefohlenen], so lange er lebte, Sachen feil gehabt, jedoch in seinem Testamente nicht verordnet haben wird, dass sie verkauft werden sollten, so wird man sich des Verkaufs zu enthalten haben; denn es ist ja der, welcher selbst hat verkaufen wollen, nicht schlechterdings der Meinung, dass auch hernach verkauft werden solle. 4Ad Dig. 27,9,1,4Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 212, Note 12.Wenn einer, der jünger als fünfundzwanzig Jahre ist, Grundstücke [unter der Bedingung] gekauft hat, dass sie, bis er den Preis zahlen würde, dem Verkäufer verpfändet sein sollten, so glaube ich nicht, dass das Pfand gelte; denn von dem Augenblick an, wo dem Minderjährigen das Eigenthum erworben worden ist, kann die Sache nicht mehr verpfändet werden;
2Ad Dig. 27,9,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 212, Note 12.Paul. lib. sing. ad Orat. D. Sever. aber hier scheint das Zweifel zu erregen, dass das Pfandverhältniss mit dem Eigenthum (zugleich) erworben worden ist, und die Pfandverbindlichkeit44Obligatio drückt hier den Zustand des Verpfändetseins der Grundstücke aus. S. Riedel in Hugo’s civil. Magazin. B. 5. S. 114. nro. 2. von Anfang an [auf dem Eigenthum] gehaftet hat. Wenn er aber vom Fiscus gekauft haben wird, so findet kein Zweifel Statt, dass das Pfandrecht ungeschmälert sei. Wenn daher ein solcher Fall bei einem Verkäufer, der eine Privatperson ist, vorgekommen sein sollte, so bedarf es der kaiserlichen Gnade, damit das Pfand durch ein Rescript bestätigt werde.
3Ulp. lib. XXXV. ad Ed. Aber wenn mit dem Geld eines Mündels für einen anderen Mündel ein Grundstück angeschafft und dasselbe dem Mündel oder Minderjährigen übergeben sein sollte, ob dann wohl der, mit dessen Gelde das Grundstück gekauft worden ist, ein Pfandrecht55Pignoris obligatio bezeichnet hier das Recht des Gläubigers an der verpfändeten Sache, ebenso wie obligatio schlechthin in der L. 11. §. 6. D. de pign. act. 13. 7., wo richtiger Pfandrecht, als Pfandverbindlichkeit übersetzt worden wäre. S. Riedel a. a. O. nro. 1. haben könne? Und es ist mehr dafür, dass der Constitution unsers Kaisers und seines höchstseligen Vaters66Des Antoninus Caracalla und seines Vaters Septim. Severus. S. die Bem. zu L. 33. §. 2. D. de proc. et def. 3. 3. gemäss das Pfandrecht dem Mündel, mit dessen Geld das Grundstück gekauft worden ist, ungeschmälert sei. 1Ein Mündelgrundstück kann jedoch auf Befehl der Obrigkeit oder des Präses, oder einer anderen öffentlichen Gewalt als Pfand weggenommen, und verkauft werden. Aber es kann auch Jemand in den Besitz von Mündelsachen vom Prätor eingewiesen werden, und es wird [dann] ein Pfandrecht begründet, sei es zur Erhaltung von Legaten oder wegen eines bevorstehenden Schadens; [und] damit [die Einweisung] vollkommen wirksam sei, wird er auch [juristisch] zu besitzen angewiesen werden können77Ut procedat, juberi etiam possideri poterit. Vgl. v. Glück XXXIII. S. 14. ff. Anm. 30. u. die Bem. zu L. 1. pr. D. de fundo dot. 23. 5.; denn diese Verpfändungen88Obligatio bedeutet hier, wie in L. 5. §. 10. 11. u. 13. u. L. 7. §. 5. 6, die Handlung, wodurch eine Sache als Pfand verbindlich wird. S. Riedel a. a. O. S. 107. B. oder Veräusserungen haben Statt, weil so Etwas nicht durch den Willen des Vormundes oder Curators, sondern in Folge der Verfügung der Obrigkeiten geschieht. 2Ingleichen kann man fragen, ob, wenn ein Mündelgrundstück vom Vormund gefordert sein, und nicht zurückerstattet werden sollte, der angebotene durch Schätzung bestimmte Werth des streitigen Gegenstands eine Veräusserung veranlasse; und es ist mehr dafür, dass er [eine solche] veranlasse; denn eine solche Veräusserung geschieht nicht nach dem Willen der Vormünder. 3Und dasselbe wird auch zu sagen sein, wenn ein Grundstück gefordert sein sollte, welches dem Mündel gehört hat, und gegen den Mündel entschieden [worden ist,] und die Vormünder [dasselbe] ausgeantwortet haben; denn auch hier wird die Veräusserung wegen der Kraft des Urtheils gelten. 4Wenn der Mündel ein emphyteutisches oder embateutisches Recht99Jus ἐμφυτευτικὸν vel ἐμβατευτικὸν. Ueber das erstere Recht vgl. §. 3. I. de loc. 3. 24. (25.) tit. D. 6. 3. C. 4. 66. Das letztere Recht erklärt Haloander (vgl. die Geb. Spang. Ausg. d. Corp. J. zu dieser Stelle) für das Recht, welches dem ex primo decreto in possessionem missus zusteht, Heineccius zum Brisson. s. h. v. für ein der Emphyteuse ähnliches Recht. Diese Erklärung stützt sich auf eine Stelle beim Hesychius. haben sollte, so wollen wir sehen, ob dies von den Vormündern verkauft werden könne; und es ist mehr dafür, dass [dies] nicht [geschehen] könne, obwohl es vielmehr ein Recht an einem Grundstück ist. 5Auch der Niessbrauch kann nicht veräussert werden, wenn auch der Mündel blos den Niessbrauch gehabt hat. Ob also ein solcher auch nicht durch Nichtgebrauchen verloren geht, wenn der Vormund daran Schuld sein sollte? Und es erhellt augenscheinlich, dass er wiederhergestellt werden müsse. Aber wenn der Mündel das Eigenthum haben sollte, so kann er den Niessbrauch oder Gebrauch nicht veräussern, obwohl die Rede vom Niessbrauch nichts sagt. Auf gleiche Weise kann man sagen, dass auch keine Dienstbarkeit dem Grundstück eines Mündels oder Minderjährigen auferlegt, auch keine erlassen werden könne; was man auch in Betreff eines zum Heirathsgut gehörigen Grundstückes angenommen hat. 6Wenn ein Mündel Steinbrüche, oder sonst andere Bergwerke, Alaun[werke,] oder Gruben [werke] irgend eines anderen Stoffes, oder wenn er Kalkgruben, Silbergruben oder etwas anderes dem Aehnliches gehabt hat,
4Paul. lib. sing. ad Or. D. Sever. was jedoch Privatpersonen besitzen dürfen,
5Ulp. lib. XXXV. ad Ed. so glaube ich mehr, dass nach dem Geist der Rede die Veräusserung verhindert werde. 1Aber auch wenn ein Mündel Salzwerke haben sollte, wird dasselbe zu sagen sein. 2Ad Dig. 27,9,5,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 441, Note 1.Wenn ein Mündel ein fremdes im guten Glauben gekauftes Grundstück besitzen sollte, so glaube ich, dass man sagen muss, dass die Vormünder nicht einmal dieses veräussern können; ein solcher Verkauf aber, durch welchen [ein Grundstück], gleich als ob es dem Mündel gehöre, verkauft worden ist1010Ea enim, qua quasi pupillaris vero distractus est, venditio valet. Dass die Lesart dieser Stelle nicht ganz richtig sei, ergibt sich theils aus den Worten selbst, theils aus den Basil. XXVIII. 9. 5. p. 125. u. Schol. a. p. 146., nach welchen hier an einen Verkauf der Sache des Vormunds, gleich als ob sie dem Mündel gehöre, zu denken ist. Die verschiedenen kritischen Versuche s. bei v. Glück XXXIII. S. 6. ff. Anm. 8. Wahrscheinlich gehört das vero zu enim, so dass es geheissen haben mag: enimvero ea etc. Denn ein Gegensatz zu dem früheren scheint hier erfordert zu werden., gilt. 3Wenn einem Mündel ein Grundstück verpfändet sein sollte, ob die Vormünder dasselbe verkaufen können? [Sie können es;] denn sie verkaufen es als ein Grundstück des Schuldners, das heisst, als ein fremdes? Wenn jedoch der Miündel oder sein Vater es [vom Kaiser] erlangt hatte, dass sie es mit Eigenthumsrecht besitzen können, so wird man folgerichtig sagen müssen, dass es als ein Mündelgrundstück nicht verkauft werden könne. Und dasselbe wird auch Statt finden, wenn er wegen eines bevorstehenden Schadens [juristisch] zu besitzen angewiesen sein wird1111S. L. 3. §. 1. D. h. t.. 4Wenn dem Sejus ein Grundstück legirt oder durch ein Fideicommiss hinterlassen sein sollte, [und zwar so, dass es] von einem Mündel, als eingesetztem Erben, [geleistet werden muss,] ob dann wohl die Vormünder dieses Grundstück ohne Genehmigung des Prätors ausantworten können? Und ich möchte glauben, dass wenn der Erblasser seine eigene Sache legirt hat, die Rede wegfalle; wenn er jedoch [das Grundstück] aus dem Vermögen des Mündels [legirt hat,] die Rede Platz ergreife, und [das Grundstück] ohne dass der Prätor befragt worden ist, veräussert werden könne. 5Wenn ein Mündel Jemandem, der sich [Etwas] stipulirte, [es] gelobt haben sollte, ob er es dann wohl ohne Genehmigung des Prätors zahlen kann? Und es ist mehr dafür, dass er es nicht könne, sonst würde man ein Mittel zum Veräussern gefunden haben. 6Aber wenn der Vater dem, der sich ein Grundstück stipulirte, es gelobt und der Mündel [als Erbe] in die Stipulationsverbindlichkeit1212Stipulatus. S. Riedel a. a. O. S. 103. Anm. *) eingetreten sein sollte, so wird man noch viel mehr sagen können, dass er dasselbe ohne Genehmigung des Prätors geben könne. Und dasselbe [wird Statt finden], wenn er einem Anderen, der verbindlich war, durch Erbrecht nachgefolgt sein wird. 7Auf dieselbe Weise kann man sagen, dass auch, wenn der Vater oder ein Anderer, welchem der Mündel [als Erbe] nachgefolgt sein wird, ein Grundstück verkauft hat, der Mündel das Uebrige bei dem Verkauf, ohne dass der Prätor befragt worden ist, vollziehen könne. 8Ein legirtes Grundstück kann aber ein Mündel ohne Genehmigung des Prätors nicht ausschlagen; denn Niemand zweifelt, dass auch dies eine Veräusserung sei, da die Sache dem Mündel gehört. 9Man durfte den Vormündern den Verkauf unter dem Vorwand von Schulden nicht ohne Unterschied erlauben, denn es ist ihnen ja kein Mittel zum Verkauf ertheilt worden; und darum hat der Senat dem Prätor ein Ermessen in dieser Sache gegeben, und der Pflicht desselben kommt es vorzüglich zu, dass er nachforsche, ob wo andersher Geld zur Verminderung der Schulden ausgemittelt werden könne. Er muss also untersuchen, ob der Mündel Geld entweder baar habe, oder in Forderungen, welche eingeklagt werden können, oder in dem Vorrath von Früchten, oder auch in dem zu hoffenden Ertrag und [den zu hoffenden] Einkünften. Desgleichen muss er untersuchen, ob andere Sachen ausser Grundstücken vorhanden seien, welche verkauft werden könnten, und aus deren Preis die Schulden getilgt werden könnten. Wenn er nun gefunden haben wird, dass die Schulden von etwas Anderem nicht bezahlt werden können, als in Folge eines Verkaufs von Grundstücken, dann wird er erlauben, dass sie verkauft werden können, wenn nur der Gläubiger drängt, oder die Grösse der Zinsen es räthlich macht, den Schulden nachzugeben1313Usurarum modus parendum aeri alieno suadeat, d. h. wenn die Zinsenlast die Bezahlung der Schulden räthlich macht. S. v. Glück a. a. O. S. 29. Anm. 54.. 10Auch muss eben der Prätor erwägen, ob er lieber zu verkaufen, oder zu verpfänden erlauben solle, sowie auch darauf wachsam achten, dass nicht mehr als verzinsliches Darlehn unter der Verpfändung1414S. d. Bem. zu L. 3. §. 1. D. h. t. von Grundstücken aufgenommen werde, als was zur Bezahlung der Schulden nöthig ist, oder wenn er nach seinem Ermessen anordnen wird, dass verkauft werden solle, [so muss er darauf achten,] dass nicht wegen unbedeutender Schulden eine grosse Besitzung verkauft werde; aber wenn eine andere kleinere oder dem Mündel weniger nützliche Besitzung vorhanden sein sollte, [so muss er] eher befehlen, dass diese, als dass eine grössere und nützlichere verkauft werde. 11Vorzüglich muss er also so oft, als man von ihm verlangt, dass er erlauben möge, dass [ein Grundstück] verkauft werde, Jemanden zu Rathe ziehen, welcher ihm1515Qui se (i. e. eum) instruat, vgl. im vorherg. Tit. L. 1. §. 3. über das Vermögen des Mündels Auskunft geben solle, und darf den Vormündern oder Curatoren nicht allzuviel glauben, indem sie zuweilen um ihres Vortheils willen dem Prätor zu versichern pflegen, dass es nothwendig sei, Besitzungen zu verkaufen oder zu verpfänden. Er muss also die, welche dem Mündel am nächsten stehen, entweder die Verwandten, oder einige treue Freigelassene, oder sonst Jemanden zu Rathe ziehen, der Kenntniss von dem Mündelvermögen hat, oder wenn Niemand gefunden werden sollte, oder die, welche gefunden werden, verdächtig sein sollten, so muss er befehlen, dass die Rechnungen, ingleichen das Verzeichniss des Mündelvermögens herausgegeben werden sollen, und muss dem Mündel einen Beistand geben, damit derselbe dem Prätor Auskunft geben könne, ob er nach bestem Gewissen zu dem Verkauf oder zu der Verpfändung1616S. d. Bem. zu L. 3. §. 1. D. h. t. seine Zustimmung geben solle. 12Die Frage kann man aufwerfen, ob, wenn der Prätor angegangen worden sein und erlaubt haben sollte, dass eine Provincialbesitzung verkauft werde, das, was er gethan hat, gelte; und ich möchte glauben, dass es gelte, wenn nur die Vormundschaft in Rom geführt wurde und diese Vormünder auch jene Verwaltung übernommen hatten. 13Damit jedoch die Vormünder nicht, indem sie die Schulden blos als Vorwand angeführt, das Geld, welches sie als Darlehn erhalten haben, verbrauchen mögen, so wird der Prätor dafür sorgen müssen, dass das erhaltene Geld den Gläubigern gezahlt werde, und darüber ein Decret geben, und einen Gerichtsdiener bestellen, welcher ihm melden solle, dass jenes Geld zu dem Zweck verwendet sei, zu welchem die Veräusserung oder Verpfändung1717S. die Bem. zu L. 3. §. D. h. t. verlangt worden ist. 14Wenn keine Schulden vorhanden sein, die Vormünder jedoch anführen sollten, dass es von Nutzen sei, diese Grundstücke zu verkaufen, und entweder andere anzuschaffen, oder wenigstens jene nicht mehr zu haben, so ist zu untersuchen, ob der Prätor es ihnen erlauben dürfe; und es ist mehr dafür, dass er es nicht dürfe, denn dem Prätor ist ja nicht ein freies Ermessen, Mündelsachen zu verkaufen, gegeben worden, sondern nur dann, wenn Schulden dazu drängen sollten. Deshalb werden wir, auch wenn er es erlaubt haben sollte, da nicht Schulden [als Grund] angeführt waren, folgerichtig sagen, dass der Verkauf nichtig und das Decret nichtig sei; denn es ist dem Prätor nicht ohne Unterschied [die Macht] ertheilt worden, zu befehlen, dass verkauft werden solle, sondern nur dann, wenn Schulden dazu drängen sollten. 15Es bleibt dem Mündel eine Klage, wenn er nachher wird beweisen können, dass man [das Decret] vom Prätor erschlichen habe. Aber es ist zu untersuchen, ob wir ihm eine persönliche, oder eine dingliche Klage geben werden; und ist mehr dafür, dass ihm eine dingliche, nicht blos eine persönliche gegen die Vormünder oder Curatoren gegeben werde. 16Als gemeinschaftliche müssen wir die Grundstücke ansehen, wenn sie nach intellectuellen Theilen gemeinschaftlich sein sollten; sonst wenn sie nach abgesonderten Theilen gemeinschaftlich sein sollten, so fällt die Rede weg, und es wird ein Decret Statt haben.
6Idem lib. II. de omnib. Tribunal. Aber wenn etwa der Eine das Eigenthum des Grundstücks, der Andere den Niessbrauch an demselben haben sollte, so ist mehr dafür, dass dieser Theil der Rede, welcher von der Theilung spricht, wegfalle; denn es findet keine Gemeinschaft Statt.
7Idem lib. XXXV. ad Ed. Wenn Mündel, welche verschiedene Vormünder haben, gemeinschaftliche Grundstücke haben sollten, so wollen wir untersuchen, ob eine Veräusserung Statt finden könne. Und da eine Aufforderung [zur Theilung] nöthig ist, so glaube ich, dass die Veräusserung verhindert werde; denn Keiner von Beiden wird [dazu] auffordern können, sondern Beide werden die Aufforderung erwarten müssen. Desgleichen wird man, wenn sie dieselben Vormünder haben sollten, noch vielmehr sagen, dass die Veräusserung verhindert sei. 1Wenn ein Mündel Grundstücke mit Erlaubniss des Prätors zum Pfand gegeben hat, so wird einiger Zweifel Statt finden, ob die Veräusserung verhindert werden könne. Aber man muss sagen, dass der Gläubiger sein Recht geltend machen könne; er wird jedoch sicherer thun, wenn er zuvor den Prätor angegangen sein wird. 2Wenn der Vater oder ein Adscendent Vormund für eines von seinen Kindern sein sollte, ob dann wohl der Prätor [von ihm] anzugehen ist, wenn er verpfänden will? Und es ist mehr dafür, dass er angegangen werden müsse; der Prätor muss jedoch geneigter sein, dem Vater beizustimmen. 3Wenn der Prätor den Vormündern erlaubt haben sollte, zu verkaufen, sie aber verpfändet haben sollten, oder umgekehrt, obwohl das, was geschehen ist, gilt? Und es ist meine Meinung, dass der, welcher etwas Anderes gethan hat, als was vom Prätor durch das Decret bestimmt worden ist, so gut wie nichts gethan habe. 4Wie also, wenn der Prätor so decretirt haben sollte: ich erlaube zu verkaufen, oder zu verpfänden, ob der Vormund dann wohl freies Ermessen haben könne, was er thun wolle? Und es ist mehr dafür, dass er es könne, nur muss man wissen, dass der Prätor seine Obliegenheiten nicht wohl erfüllt habe; denn er hätte selbst bestimmen und wählen sollen, ob er lieber zu verkaufen oder zu verpfänden erlauben wolle. 5Wenn ein Vormund eine Sache ohne Decret verpfändet hat, so findet, obwohl die Verpfändung1818S. die Bem. zu L. 3. §. 1. D. h. t. nicht gilt, doch eine Einrede der bösen Absicht Statt1919Nämlich der Pfandgläubiger hat sie, wenn der Mündel die Veräusserung als nichtig anfechten will und das von jenem dargeliehene Geld zur Abfindung eines früheren Pfandgläubigers verwendet worden ist., aber nur dann, wenn der Vormund das als Darlehn erhaltene Geld dem gezahlt haben wird, der Gläubiger unter einem Pfande war. 6Ingleichen ist zu untersuchen, ob er demselben auch die Sache2020D. h. ob der Vormund dem, welcher zur Abfindung eines Pfandgläubigers Geld darleiht, die dem letzteren verpfändet gewesene Sache verpfänden könne. verpfänden könne, und man muss sagen, dass, wenn er dasselbe Capital, auch nicht mit höheren Zinsen erhalten habe, die Verpfändung2121S. die Bem. zu L. 3. §. 1. D. h. t. gelte, so dass das Recht des früheren Gläubigers auf den folgenden übergeht.
8Idem lib. II. de omnib. Tribunal. Es ist kein Zweifel, dass die, welche dem strengen Recht gemäss weder Vormünder, noch Curatoren sind, sondern als Protutoren oder als Procuratoren die Geschäfte führen, die Sachen der Mündel oder Minderjährigen nicht veräussern können. 1Aber wenn Einer Curator eines Rasenden, oder sonst eines Anderen, der nicht minderjährig ist, sein sollte, so ist zu untersuchen, ob der Verkauf nach dem alten Rechte gelten wird, oder wir diese Rede zulassen werden. Und ich glaube, dass, weil der Kaiser von Mündeln spricht, und mit den Vormündern die Curatoren verbunden werden2222Et conjunctim tutoribus curatores accipiunt oder mit Haloander accipiuntur. Vgl. über diese Stelle v. Glück XXXII. S. 456. ff. Anm. 72., [die Rede] sich [auf die Curatoren eines Wahnsinnigen] beziehe; und ich glaube, dass in Bezug auf die übrigen dasselbe dem Geist der Rede gemäss zu sagen sei. 2Es fragt sich, ob gemeinschaftliche Grundstücke verpfändet werden können; aber ich glaube, dass sie nicht ohne Decret zu verpfänden seien, denn die Ausnahme, welche die Rede gemacht hat, bezieht sich blos darauf, dass die Gemeinschaft aufgehoben, nicht dass die Schwierigkeit der Gemeinschaft vermehrt werde.
9Idem lib. V. Opinion. Obwohl der Vorgänger des Präses decretirt hatte, dass die Grundstücke verkauft werden sollten, welche der Vormund des Mündels, indem er den Namen eines anderen Käufers unterschob, für sich selbst anschaffte, so wird doch der Nachfolger desselben, wenn er einen Betrug und eine böse Absicht gegengen die Verfügung des Senatsschlusses und das in den Vormund gesetzte Vertrauen entdeckt haben wird, erwägen, inwieweit er eine so listige Erdichtung auch zum [warnenden] Beispiel [für Andere] bestrafen müsse.
10Idem lib. VI. Opinion. Wenn, nachdem ein Grundstück eines Mündels oder Minderjährigen nach dem Senatsschluss unerlaubter Weise verkauft worden ist, deshalb auf die Vormundschafts- oder die analoge [Vormundschafts-]Klage eine Schätzung vorgenommen, und der durch dieselbe bestimmte Werth [dem Pflegbefohlenen] bezahlt worden ist, so wird die Vindication des Grundstücks aus Billigkeit behindert.
11Idem lib. III. de off. Procons. Wenn verlangt werden sollte, dass Grundstücke eines solchen, der jünger als fünfundzwanzig Jahre ist, verkauft werden sollen, so muss der Präses der Provinz das nach Untersuchung der Sache erlauben. Dasselbe muss auch beobachtet werden, wenn Curatoren die Grundstücke eines Rasenden, oder Verschwenders, oder irgend eines Anderen verkaufen wollen.
12Marcian. lib. sing. ad Form. hyp. Es wird nicht gegen den Senatsschluss gehandelt, wenn der Vormund von irgend Jemand den Gläubiger des Vaters seines Mündels bezahlt, um in die Stelle desselben zu treten.
13Paul. lib. sing. ad Orat. D. Severi. Wenn ein Grundstück unfruchtbar, oder steinig, oder ungesund sein sollte, so ist zu untersuchen, ob der Vormund dasselbe veräussern könne; und der Kaiser Antoninus und der höchstselige Vater2323Septimius Severus. desselben haben folgendermaassen rescribirt: Was ihr angeführt habt, dass das Grundstück, welches ihr verkaufen wollt, unfruchtbar sei, kann uns nicht bewegen, da es jeden Falls nach dem Betrag der Früchte einen Preis finden wird. 1Obgleich aber der Vormund ein Mündelgrundstück weder verkaufen, noch verpfänden kann, so sagt dennoch Papinianus im fünften Buche der Responsa: der Vormund eines Mündels verkaufe ohne Decret des Prätors nicht mit Recht, wenn er jedoch, sagt er, in Irrthum befangen, verkauft, und den erhaltenen Preis den väterlichen Gläubigern des Pflegbefohlenen gezahlt habe, so werde dem Eigenthümer (Mündel), wenn er einmal das Grundstück mit den Früchten vindiciren wolle, nicht unwirksam die Einrede der bösen Absicht entgegengesetzt, wenn er den Preis und die Zinsen für die Zwischenzeit, welche den Gläubigern gebühren, nicht anbietet, wenn von dem übrigen Vermögen desselben die Schulden nicht haben bezahlt werden können. Ich aber bemerke, auch wenn sie haben bezahlt werden können, wenn jedoch jene Sachen vorhanden sein werden, von deren Preis die Schulden haben getilgt werden können, so muss man sagen, dass die Einrede der bösen Absicht noch entgegenstehe, wenn der Mündel aus fremdem Schaden Gewinn ziehen sollte.
14Idem lib. IX. Resp. Paulus hat das Gutachten ertheilt, auch wenn sich nachher ergeben hat, dass das Testament des Vaters ungültig2424Irritum, d. h. ohne Widerruf des Vaters auf irgend eine Art ungültig geworden. S. v. Glück XXXIII. S. 17. Anm. 32. sei, so scheinen doch die Vormünder des Mündels oder die Curatoren des Sohnes nicht gegen die Rede der höchstseligen Kaiser2525Septimius Severus und Antoninus Caracalla. S. v. Glück XXXII. S. 461. f. gehandelt zu haben, wenn sie dem im Testamente aufgezeichneten Willen des Verstorbenen gemäss ein ländliches Mündelgrundstück verkauft haben.